L 3 RA 57/03

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 RA 199/03
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 RA 57/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 5. November 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Umfang der bei der Rentengewährung an die Klägerin zu berücksichtigenden Kindererziehungszeiten streitig.

Die im XXXXX 1929 geborene Klägerin ist Mutter dreier am XX.XXXXXXXXXX 1959, XX.XXXXXXXXX 1962 und XX.XXXXXXX 1966 geborener Kinder. Sie bezieht von der Beklagten seit September 1994 Regelaltersrente ( Bescheid vom 03. November 1994 in der Fassung der Bescheide vom 03. September 1998 und 22. März 1999 ). Bei dieser Rente wurden für jedes der Kinder ein Jahr Kindererziehungszeit berücksichtigt. Unter dem 14. Dezember 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagte die Überprüfung und Neufeststellung der bislang gewährten Rente mit dem Ziel, eine höhere Rente unter Berücksichtigung von jeweils drei Jahren Kindererziehungszeit pro Kind zu erhalten. Die in § 249 Abs. 1 Sechstes Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung � (SGB VI) normierte Beschränkung auf ein Jahr Kindererziehungszeit für vor dem 01. Januar 1992 geborene Kinder sei verfassungswidrig. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Februar 2002 und Widerspruchsbescheid vom 27. März 2003 ab.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Klage blieb erfolglos. Das Sozialgericht hat sie durch Gerichtsbescheid vom 05. November 2003 abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht die begehrte Neufeststellung der Rente abgelehnt, weil diese ursprünglich unter Beachtung der gesetzlichen Regelungen, insbesondere des § 249 Abs. 1 SGB VI zutreffend festgestellt worden sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstießen diese Regelungen auch nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze.

Gegen den ihr am 18. November 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10. Dezember 2003 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, die Argumentation des Sozialgerichts sei nicht haltbar. Insbesondere sei es in seiner Entscheidung in keiner Weise darauf eingegangen, dass die Verlängerung der Kindererziehungszeiten auf drei Jahre pro ab 1992 geborenem Kind sich erst etwa 40 Jahre später auswirken werde. Im Übrigen bestehe eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Verringerung der Mütterarmut. Deshalb hätte es nahe gelegen, bei der Verlängerung der Kindererziehungszeiten mit den älteren Müttern zu beginnen, da diese ihre Kinder unter größeren Schwierigkeiten großgezogen hätten, als dies bei jüngeren Müttern der Fall sei.

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 05. November 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 03. November 1994 in der Fassung der Bescheide vom 03. September 1998 und 22. März 1999 abzuändern und der Klägerin eine höhere Regelaltersrente unter Anrechnung von jeweils drei Jahren Kindererziehungszeiten für ihre drei Kinder zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 05. November 2003 zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken würden nicht durchgreifen.

Während des Berufungsverfahrens haben sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 24. August 2004 aufgeführten Akten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Berichterstatter kann als Einzelrichter an Stelle des Senats entscheiden, da sich die Beteiligten einvernehmlich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben ( §§ 155 Abs. 3 u. 4 Sozialgerichtsgesetz � SGG � ).

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ( §§ 143, 144, 151 SGG ) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die auf Gewährung einer höheren Rente unter Anrechnung weiterer Kindererziehungszeiten gerichtete Klage durch Gerichtsbescheid vom 05. November 2003 zu Recht abgewiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sie keinen Anspruch darauf, dass ihre seit 1994 gewährte Rente unter Anrechnung von drei Jahren Kindererziehungszeit pro Kind neu festgestellt wird.

Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren gebietet keine andere rechtliche Beurteilung. Soweit sie auf die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Verringerung der Mütterarmut hinweist und damit einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4 Grundgesetz ( GG ) geltend macht, ist dieser nicht ersichtlich. Wie vom Bundesverfassungsgericht ( BVerfG ) in dem Nichtannahmebeschluss vom 29. März 1996 � 1 BvR 1238/95 � ausführlich dargelegt wurde, steht § 249 Abs. 1 SGB VI unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt mit der Verfassung im Einklang. Dieser Beurteilung schließt sich der erkennende Senat an. Soweit die Klägerin aus dieser Entscheidung die Verpflichtung des Gesetzgebers entnehmen will, Verbesserungen der Kindererziehungszeiten auch jenen Elternteilen zukommen zu lassen, die ihre Leistung der Kindererziehung in Zeiträumen vor Inkrafttreten der Neuregelung erbracht haben, verkennt sie, dass das BVerfG dem Gesetzgeber zwar diese Möglichkeit eingeräumt, ihn jedoch dazu nicht verpflichtet hat.

Da der Senat die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen Norm bejaht, kommt eine Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 GG iVm § 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz nicht in Betracht. Auch die Tatsache, dass beim BVerfG eine Verfassungsbeschwerde bezüglich des § 249 Abs. 1 SGB VI anhängig ist ( Az.: 1 BvR 1596/01 ) hindert den Senat nicht an der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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