S 7/1 RJ 595/03

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 7/1 RJ 595/03
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

a) Beruflicher Werdegang
02.03.1974 – 20.01.1977 Beifahrer 25.01.1977 – 30.06.1979 Gabelstaplerfahrer
01.02.1980 – 14.12.1989 Busfahrer 11.03.1991 – 18.11.1995 Kraftfahrer 07.03.1998 – 13.08.2001 Kraftfahrer

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen
Die Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule stehen einer Tätigkeit in Verbindung mit Hebe- und Trageleistungen sowie Tätigkeiten in ungünstiger Körperhaltung entgegen.

Auf Grund der wiederkehrenden Reizerscheinungen im Bereich des Steißbeines sind dem Kläger Tätigkeiten, die mit einem längeren Sitzen verbunden sind, nicht zumutbar.

Medizinisch zumutbar sind nur Tätigkeiten überwiegend im Stehen in entsprechender Körperhaltung und ohne Zwangshaltungen. Hebeleistungen im Einzelfall über 5 kg sind ausgeschlossen. Die Einsatzfähigkeit beträgt zumindest 6 Stunden/Arbeitstag.

1) Welches fach- und gesundheitliche Anforderungsprofil hat eine Tätigkeit als LKW-Fahrer im Fernverkehr, Warensortierer, -aufmacher, Versandfertigmacher?

2) Welche der zu 1. genannten Tätigkeiten kann der Kläger vollschichtig ausüben?

3) Falls keine der bei Frage 1. genannten Tätigkeiten in Betracht kommt:

a. Welche sonstigen berufsnahen Tätigkeiten kommen für den Kläger noch in Betracht?

b. Welche berufsfremden Tätigkeiten kommen für den Kläger noch in Betracht?

(bitte auch bei Fragen 3a und b das jeweilige fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil angeben)

4) Handelt es sich bei den Fragen 1 bis 3. genannten Tätigkeiten um

a. gelernte Arbeiten mit einer mehr als zweijährigen Ausbildungszeit,

b. angelernte Arbeiten mit einer Einarbeitungs- bzw. Ausbildungszeit von mehr als drei Monaten bis zu zwei Jahren

c. ungelernte Arbeiten mit lediglich betrieblichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeiten bis zu drei Monaten?

5) Kann der Kläger unter Berücksichtigung des beruflichen Werdeganges und sonstiger beruflicher Qualifikation innerhalb einer bis zu drei Monate dauernden Einarbeitung- und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben?

6) Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?

7) Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang – mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze auf dem gesamten Arbeitsmarkt in Deutschland – zur Verfügung?

Sollten Sie dabei aufgrund des Akteninhaltes einen abweichenden beruflichen Werdegang oder ein abweichendes gesundheitliches Restleistungsvermögen für gegeben halten, bitte ich Sie, diese Abweichung kenntlich zu machen und die Beweisfragen alternativ zu beantworten.
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.) LKW-Fahrer im Fernverkehr LKW-Fahrer/innen führen Fahrten des Gütertransports sicher und unter Berücksichtigung von wirtschaftlichen und umweltschonenden Aspekten durch. Hierbei beachten sie die Rechts- und Sozialvorschriften des Straßenverkehrs und der Güterbeförderung im Inland und in den Ziel- und Durchfahrtsländern. Vor Fahrtantritt führen sie eine Übernahme- und Abfahrtskontrolle am Fahrzeug durch. Durch Sichtkontrolle beurteilen sie beispielsweise Räder, Motor, Beschilderung, Sicherungs- und Sicherheitsmittel, prüfen sie die Funktionsfähigkeit der elektrischen Anlagen, Kontrolleinrichtungen und Bremsanlagen. Außerdem bereiten sie die Fahrzeuge für den Transport von Gütern vor, nehmen das Transportgut an und prüfen es nach Art und Menge sowie auf Mängel. Ebenso planen und prüfen sie die Ladung im Hinblick auf Gewichtsverteilung und Höchstladung und kontrollieren die mitzuführenden Papiere. Zu ihren Aufgaben gehören auch der Umgang mit Kunden, Konfliktlösungen sowie die betriebliche Planung und Logistik.

Die Arbeit wird insbesondere im Fernverkehr durch lange, unregelmäßige Arbeitszeiten bestimmt. Die hohe physische und psychische Belastung wirkt sich auch auf die Teilnahme am familiären, sozialen und kulturellen Leben aus. Häufig erfolgt die Arbeit unter Termindruck. Die langen Alleinfahrten im Fernverkehr erfordern stundenlanges Sitzen und sind von Eintönigkeit begleitet. Im Linien- und Gelegenheitsverkehr (bei vorgegebenen Touren) ist der Arbeitsablauf vorbestimmt, im Bedarfsverkehr müssen selbständige Entscheidungen fern vom Betriebssitz getroffen werden.

Leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit, im Güterverkehr zeitweises Heben und Tragen von schweren Lasten, überwiegend im Sitzen, in Fahrzeugen und geschlossenen Räumen. Im Freien bei Be- und Entladearbeiten oder zur Fahrvorbereitung. Mögliche Belastungen durch Lärm, Schmutzarbeiten, Gase, Blendung, Fahrzeugstöße, Vibrationen. Witterungseinflüsse wie Hitze Kälte, Nässe, Zugluft. Geruchsbelästigung durch Abgase. Umgang mit Ölen, Fetten, Schmiermitteln, Reinigungs- und Lösemitteln. Oft unregelmäßige Arbeitszeit mit Überstunden, Einsatz an Sonn- und Feiertagen, Auswärtsübernachtungen evtl. mit längerer Abwesenheit vom Wohnort. Schichtarbeit, häufig täglich wechselnd, Bereitschaftsdienste. Alleinarbeitsplatz mit selbstständiger Verantwortung, evtl. mit Beifahrer. Arbeiten meist unter Zeitdruck. Unregelmäßige Mahlzeiten und wechselnder Lebensrhythmus. Monotonie auf Langstreckenfahrten. Publikumsverkehr mit Auftraggebern und Kunden.

Warenaufmacher / Versandfertigmacher
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren o.ä., das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen o.ä., das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen o.ä.

Bei diesen beiden Tätigkeiten handelt es sich um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, überwiegend sitzend mit gelegentlichem Gehen.

Warensortierer
Die wesentlichen Aufgaben umfassen leichte Sortierarbeiten im Elektrobereich, in Betrieben der Kunststoffherstellung und Kunststoffbearbeitung, der chemischen Industrie sowie Sortierarbeiten in der Nahrungs- und Genussmittelherstellung.

Bei diesen beiden Tätigkeiten handelt es sich um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, überwiegend sitzend mit gelegentlichem Gehen.

zu 2.) Der Kläger kann die zu 1. genannten Tätigkeiten Warensortierer, Warenaufmacher / Versandfertigmacher noch vollschichtig ausüben. Die Mehrzahl dieser Arbeitsplätze ist zwar auf eine überwiegend sitzende Tätigkeit ausgerichtet, es sind aber – je nach Arbeitsplatz und Betrieb – auch Arbeitsstellen mit stehender Tätigkeit oder häufigem Wechsel sitzend, gehend, stehend, vorhanden. Arbeitsplätze mit Sitzhilfen (stehend angelehnt) werden hier ebenfalls angeboten.

Die Tätigkeit des LKW-Fahrers kommt für den Kläger aufgrund der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen nicht in Betracht.

zu 3.) entfällt

zu 4) Bei den zu Frage 2 genannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.

zu 5.) Für die unter Punkt 2. genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für diesen ausreichend sein.

zu 6.) Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes auch Betriebsfremden zur Verfügung.

zu 7.) Die genannten Tätigkeiten Warensortierer, Warenaufmacher / Versandfertigmacher stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.
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Datum