S 7/8 RJ 649/00

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 7/8 RJ 649/00
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

a) beruflicher Werdegang
- 1962 – 1980 Fernmeldehandwerker mit abgeschlossener Berufsausbildung zum Fernmeldehandwerker
- 1981 – 1994 Servicetechniker D. X.
- 1995 – 1999 Serviceannahme D. X.
- seitdem an bzw. Betriebsrentner der D. X. AG

b) gesundheitliches Restleistungsvermögen Der Kläger ist in der Lage, leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig zu verrichten. Eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes sollte gewährleistet sein. Neben der Exposition gegenüber Nässe, Kälte Zugluft und starken Temperaturschwankungen ist auch das Besteigen von Leitern und Gerüsten auszuschließen. Überkopfarbeiten können dem Kläger nicht mehr zugemutet werden. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände ist nicht beeinträchtigt. Wegen der blutverdünnenden Therapie verbieten sich jedoch Tätigkeiten an offenen laufenden Maschinen sowie der Umgang mit scharfkantigen Gegenständen. Der Kläger ist in der Lage, Lasten bis 8 kg ohne technische Hilfsmittel zu heben und über kurze Strecken zu tragen. Tätigkeiten, die häufiges Bücken, Hocken oder Knien erfordern, können dem Kläger nicht mehr abverlangt werden. Nach den vorliegenden Befunden besteht keine Einschränkung des Seh- bzw. Hörvermögens, die bei der Erstellung des Leistungsbildes zu berücksichtigten wäre. Wegen der Herzrhythmusstörungen sollte der Kläger nur noch in der Tagesschicht eingesetzt werden. Arbeiten unter Zeitdruck sind als ungünstig anzusehen.

Der Kläger kann zwar mehrere Stunden hintereinander gute geistige Leistungsergebnisse erzielen; dies fordert aber eine erhöhte Anstrengung, um die zugrunde liegenden Aufmerksamkeitsstörungen überwinden zu können. Der Kläger ist also nach einer über Stunden dauernden Arbeitsanforderung stark erschöpft.

Besondere Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit dürfen nicht bestehen, ebenfalls keine besondere nervliche Belastung.

Fragen:

1) Welches fach- und gesundheitliche Anforderungsprofil hat eine Tätigkeit als
- Betriebstechniker bei der Telekom
- Montierer
- Gerätezusammensetzer in der Metall- und Elektroindustrie
- Verdrahtungselektriker
- Abnahme- und Funktionskontrolleur
- Prüfungselektriker
- Telefonist
- Versandfertigmacher
- gehobener Pförtner

2) Welche der zu 1. genannten Tätigkeiten kann d. Kl. vollschichtig bzw. sechs Stunden /Arbeitstag ausüben?

3) Falls keine der bei Frage 1. genannten Tätigkeiten in Betracht kommt:
a) Welche sonstigen berufsnahen Tätigkeiten kommen für d. Kl. noch in Betracht?
b) Welche berufsfremden Tätigkeiten kommen für d. Kl. noch in Betracht?

(bitte auch bei Fragen 3. a und b das jeweilige fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil angeben)

4) Handelt es sich bei der/den bei Frage/n 1.-3. genannten Tätigkeit/en um
a) gelernte Arbeiten mit einer mehr als zweiährigen Ausbildungszeit,
b) angelernte Arbeiten mit einer Einarbeitungs- bzw. Ausbildungszeit von mehr als drei Monaten bis zu zwei Jahren, c) ungelernte Arbeiten mit lediglich betrieblichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeiten bis zu drei Monaten?

5) Kann d. Kl. unter Berücksichtigung des beruflichen Werdeganges und sonstiger beruflicher Qualifikationen innerhalb einer bis zu drei Monate dauernden Einarbeitungs- und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben?

6) Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?

7) Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang -mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze auf dem gesamten Arbeitsmarkt in Deutschland- zur Verfügung?

Sollten Sie dabei aufgrund des Akteninhaltes einen abweichenden beruflichen Werdegang oder ein abweichendes gesundheitliches Restleistungsvermögen für gegeben halten, bitte ich Sie, diese Abweichung kenntlich zu machen und die Beweisfragen alternativ zu beantworten.
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.) Betriebstechniker bei der Telekom
Als Betriebstechniker der Telekom kommen Elektroniker - Informations- u. Telekommunikationstechnik zum Einsatz. Dies ist der Nachfolgeberuf des vom Kläger erlernten Berufes eines Fernmeldehandwerkers. In der Fachrichtung Informations- und Telekommunikationstechnik planen und installieren Elektroniker z.B. Telefonanlagen, Alarmanlagen, Videoüberwachungssysteme und Zutrittskontrollen. Sie montieren elektronische Sicherheits- und Kommunikationssysteme, nehmen die Anlagen in Betrieb, reparieren und warten sie.

Die Installationstätigkeiten werden zum Teil auf Leitern und Gerüsten und in gebückter Haltung ausgeführt. Die Verarbeitung von Kleinteilen erfordert eine präzise Arbeitsweise und eine gute Handgeschicklichkeit. Bei eng terminierten Aufträgen arbeiten sie unter Zeitdruck und es können Überstunden anfallen. Im Notfall- und Bereitschaftsdienst wird auch am Wochenende und an Feiertagen gearbeitet.

Montierer
Montierer sind in unterschiedlichen Produktionszweigen damit beschäftigt, kleinere bis kleinste Einzelteile zu Apparaten und Geräten zusammenzubauen. Sie montieren beispielsweise feinmechanische und optische Instrumente, Büro- und Nähmaschinen, Warenautomaten oder Elektrogeräte für den Haushalt.

Gerätezusammensetzer
Gerätezusammensetzer setzen aus vorgefertigten Teilen Geräte und Teile für Kleinmaschinen zusammen. Beschäftigung finden Gerätezusammensetzer in der industriellen Serienfertigung, zum Beispiel in der Herstellung von Metallerzeugnissen, Haushalts-, Büro- oder Datenverarbeitungsgeräten sowie in Produktionsbetrieben von elektronischen, feinmechanischen oder optischen Erzeugnissen. Auch im Fahrzeugbau werden sie eingesetzt. Sie sind in Fertigungshallen oder Werkstätten tätig.

Montierer und Gerätezusammensetzer arbeiten in ihrem Einsatzbereich meist eigenständig. Ihre Tätigkeiten üben sie im Stehen oder Sitzen aus. Sie arbeiten zum Teil in Zwangshaltung wie zum Beispiel gebückt. Der Umgang mit scharfkantigen Teilen kann nicht ausgeschlossen werden.

Verdrahtungselektriker
Zu diesem Begriff liegen mir keine berufskundlichen Informationen vor. Ich vermute hier eine alte Berufs-/Tätigkeitsbezeichnung, die es auf dem aktuellen Arbeitsmarkt nicht mehr gibt.

Abnahme- und Funktionskontrolleur
Zu diesem Begriff liegen mir keine berufskundlichen Informationen vor. Ich vermute hierunter die Tätigkeit eines Endkontrolleurs.

Endkontrolleure überprüfen produzierte Waren auf Maßhaltigkeit, Einhaltung von Form- und Lagetoleranzen, Oberflächengüte und Genauigkeit sowie Fertigungsqualität. Dabei wenden sie verschiedene Prüfverfahren und Vorrichtungen an, zum Teil auch elektronische Messgeräte. Prüfpläne, Anweisungen und Zeichnungen oder Musterstücke sind die Grundlage für ihre Arbeit. Endkontrolleure und -kontrolleurinnen beanstanden Qualitätsmängel und veranlassen deren Beseitigung. Die ermittelten Ergebnisse halten sie in Protokollen fest.

Diese Tätigkeit ist in den unterschiedlichsten Bereichen der Wirtschaft zu finden, deshalb können hier die Anforderungen an die Gesundheit auch sehr unterschiedlich sein. Gefordert sind hier selbstständige Arbeitsweise, Sorgfalt, Urteilsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit.

Prüffeldelektriker
Die aktuelle Bezeichnung für diese Tätigkeit ist Energieelektroniker/in - Anlagentechnik – Prüffeld, eine Weiterbildungsform des Berufes Energieelektroniker. Energieelektroniker/innen der Fachrichtung Anlagentechnik im Prüffeld sind zuständig für die Durchführung der Funktions- und Qualitätskontrolle von elektrischen und elektronischen Bauteilen, Maschinen und Geräten mit spezifischen Mess- und Prüfverfahren. Die können Eingangsprodukte für die weitere Fertigung sein, aber auch Fertigprodukte, bevor diese die Firma verlassen. Bei ihrer Arbeit verwenden sie spezielle Mess- und Prüfverfahren. Dabei haben sie defekte Teile festzustellen bzw. auszusondern.

Mit Berufserfahrung im Bereich Prüftechnik können zum Beispiel auch Informationselektroniker/innen, Elektroniker/innen für Geräte und Systeme, Systeminformatiker/innen und Elektroniker/innen insbesondere der Fachrichtung Informations- und Telekommunikationstechnik die Tätigkeiten ausüben sowie Fachkräfte aus den 2003 aufgehobenen Ausbildungsberufen Industrieelektroniker/in, Kommunikationselektroniker/in und Fernmeldeanlagenelektroniker/in.

Gefordert sind hier selbstständige Arbeitsweise, Sorgfalt, Urteilsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit. Es handelt sich hierbei um körperlich leichte Tätigkeiten, überwiegend sitzend bzw. in gelegentlichem Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen. Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten, das Heben und Tragen von Lasten, fallen üblicherweise nicht an.

Telefonist
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telegrammen, Telefaxen u. ä., die Entgegennahme und Niederschrift von Nachrichten für Teilnehmer, die vorübergehend abwesend sind. Je nach Art des Betriebes/ der Behörde können diese Tätigkeiten auch mit der Verrichtung von einfachen Büroarbeiten und /oder dem Empfangen und Anmelden von Besuchern gekoppelt sein.

Die Anforderungen an Telefonisten sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeiten in der Regel auf das Bedienen einer z.T. recht umfangreichen Telefonanlage beschränken, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit einfachen Bürotätigkeiten, Schreibtätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten.

Körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen gearbeitet. Sitzhilfen (stehend angelehnt) sind ebenfalls denkbar. Funktionstüchtigkeit der Arme und Hände (Bedienen von Telefonanlagen), Fähigkeit zu beidhändigem Arbeiten, Finger- und Handgeschicklichkeit (Arbeit mit Eingabegeräten) sollten gegeben sein. Gute Sprech- und Hörfähigkeit, normales Reaktionsvermögen, Konzentrationsfähigkeit, gutes Gedächtnis für Namen und Zahlen

Warenaufmacher / Versandfertigmacher
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren o.ä., das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen o.ä., das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen o.ä.

Bei dieser Tätigkeit handelt es sich um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, überwiegend sitzend mit gelegentlichem Gehen.

Pförtner/Tagespförtner
Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses. Der gehobene Pförtner hat zusätzlich noch andere Aufgaben, z.B. verwalten von Schlüssel und Schließanlagen, führen von Aufzeichnungen, annehmen von Postsendungen und weiterleiten zur Verteilung. Oft kümmern sie sich auch um die Postverteilung im Betrieb. Zu ihren Aufgaben gehören zum Teil auch der Telefondienst, das Aushändigen von Formularen, sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck.

Es handelt sich hierbei um körperlich leichte Tätigkeiten, überwiegend sitzend bzw. in gelegentlichem Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen. Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten, das Heben und Tragen von Lasten, fallen üblicherweise nicht an.

zu 2.) Nach dem mir vom Gericht mitgeteilten Leistungsvermögens kann der Kläger die Tätigkeiten eines Prüffeldelektrikers, Warenaufmacher / Versandfertigmacher und Pförter/Tagespförtner noch ausüben.

zu 3.) entfällt

zu 4) Prüffeldelektriker ist eine Weiterbildungsform des Lehrberufes Energieelektroniker, ein Beruf mit mehr als 2 Jahren Ausbildungszeit. Bei den weiteren zu 2 genannten Tätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit bis zu drei Monaten verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.

zu 5.) Für die unter Punkt 2 genannten ungelernten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für diesen ausreichend sein. Prüffeldelektriker kann der Kläger nur nach einer längeren Einarbeitungs- und Einweisungszeit ausüben, da sich das Berufsbild seit der Zeit, in der der Kläger den Elektronikerberuf ausgeübt hat, bedingt durch moderne Technik gewandelt hat. Hier sind Einweisungszeiten und Weiterbildungen notwendig, die üblicherweise mehr als 3 Monate dauern.

zu 6.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes auch Betriebsfremden zur Verfügung

zu 7.) Die genannten Tätigkeiten Prüffeldelektriker, Warenaufmacher / Versandfertigmacher und Pförter/Tagespförtner stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.
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Datum