L 5 R 35/08

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 5 R 35/08
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers: 1975 – 1978 Schreiner-Lehre
1978 – 1979 Schreiner
1979 – 1980 Bundeswehr
1980 – 1997 Schreiner
1998 – 1999 Umschulung zum Haustechniker 1999 – 2001 Fachverkäufer in Holzabteilung eines Baumarktes

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:
- eingeschränkte Greiffunktion der linken Hand, stabiles Zugreifen nicht mehr möglich sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung
- chronischer Schmerzzustand der LWS ohne neurologische Ausfälle
- keine regelmäßige Hebebelastungen mit Lasten über 15 kg
- beginnende Verschleißerscheinung der Innenseite beider Kniegelenke
- erwerbsmindernder Dauereinfluss durch Instabilität im linken Daumensattelgelenk
- Arbeiten, die eine volle Gebrauchsfähigkeit der Hände voraussetzen, sind für den Kläger nicht geeignet
- keine regelmäßigen Witterungseinflüsse wie Kälte, Nässe und Zugluft
- keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten
- keine Hebe- oder Bückarbeit
- Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen
- keine Arbeiten, die besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen stellen
- keine Tätigkeiten in gebückter Haltung
- Tragen mittelschwerer Lasten
- Öffentliche Verkehrsmittel können benutzt werden
- Wegstrecken von mehr als 500 Meter viermal täglich in einem Zeitraum von jeweils weniger als 20 Minuten ohne unzumutbare Schmerzen und Anstrengungen können zurückgelegt werden
- es sind keine betriebsunüblichen Pausen notwendig
- Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von 6 Stunden und mehr können verrichtet werden

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?

Kann der Kläger insbesondere noch auf die Tätigkeit eines Telefonisten, Poststellenmitarbeiters, Warenaufmachers, Versandfertigmachers, Pförtners, Montierer verwiesen werden.
Auskunft
Stellungnahme:

Zu Ihrer o. a. Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:

Zu 1): Folgende Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben:

- Pförtner/Tagespförtner
- Büro-/Verwaltungshilfskraft
- Telefonist

Zu 2): Folgende fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofile haben nachfolgende Tätigkeiten, die der Kläger ausüben kann.

Pförtner/Tagespförtner
Pförtner/innen kontrollieren in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen den Zugang zu Gebäuden oder Betriebsgeländen. Sie sind erste Ansprechpartner für Besucher. Je nach Art des Betriebes oder der Behörde haben sie unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte. Sie überwachen zeitliche bzw. örtliche Zugangsberechtigungen. Sie kontrollieren Werksausweise, stellen Besucherkarten/Passierscheine für Besucher aus und melden diese bei der zuständigen Stelle an.

Zu ihren Aufgaben gehören teilweise auch das Aushändigen von Formularen, sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck und das Verwalten von Schlüsseln und Schließanlagen. Auch die Kontrolle des Kfz- und Warenverkehrs gehört in manchen Betrieben zu ihrer Tätigkeit.

Darüber hinaus können auch einfache Bürotätigkeiten, die Postverteilung im Betrieb sowie der Telefondienst zu ihren Aufgaben gehören. Pförtner/innen werden u. a. als Werkspförtner, Pförtner in Betrieben, Büro- und Geschäftshäusern und öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Heimen oder Museen eingesetzt.

Es handelt sich dabei meist um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu bewerten. Die Tätigkeit beinhaltet keine ständige nervliche Belastung bzw. keinen dauernden Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit. Ganz sind Stress-Situationen erfahrungsgemäß jedoch nicht zu vermeiden. Je nach Arbeitsort kann Schichtdienst vorkommen

Büro-/Verwaltungshilfskraft
Diese Tätigkeit umfasst einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit nach vorgegebenem Schema oder nach jeweiligen Anordnungen verrichtet werden können. Bürohilfskräfte erledigen beispielsweise Schreibarbeiten, kümmern sich um die Verteilung der Post und firmeninterner Umläufe, kopieren Unterlagen, sorgen für die Ablage und erfassen Daten. Je nach vorhandenen Kenntnissen und Fertigkeiten können Bürohilfskräfte einfache Buchhaltungsarbeiten ausführen, bei der Erstellung von Statistiken und Auswertungen mitwirken oder im Telefondienst mitarbeiten. Bei ihren vielfältigen Aufgaben und Tätigkeiten verwenden sie oft moderne Büro- und Kommunikationsmittel und müssen daher mit Computern, Kopierern, Scannern, Telefon, Telefax und anderen Bürogeräten nach entsprechender Einweisung umgehen können. Bürohilfskräfte können in allen Branchen tätig sein. Meist sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse und vertrauter Umgang mit dem Internet.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, zum Teil in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich.

Telefonisten/Telefonistinnen
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Weiterleitung und Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telefonnotizen, Telefaxen, E-Mails u. ä ... Die Anforderungen an Telefonisten/Telefonistinnen sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind, recht unterschiedlich.

Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeit in der Regel auf das Bedienen einer zum Teil recht umfangreichen Telefonanlage beschränkt, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit Bürotätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten.

Oft sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt werden. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert gute Sprech- und Hörfähigkeit. Gelegentlich ist Zeitdruck nicht auszuschließen.

Für folgende Tätigkeiten kommt der Kläger aufgrund seines gesundheitlichen Leistungsvermögens nicht in Betracht:

Poststellenmitarbeiter:
Hierbei handelt sich dabei um eine körperlich leichte, gelegentlich mittelschwere Arbeit; dem Kläger sind jedoch nur leichte Tätigkeiten zumutbar.

Warenaufseher-Versand:
Auf die Tätigkeit Warenaufseher – Versand kann der Kläger nicht verwiesen werden, da hier die Funktionstüchtigkeit beider Arme und Hände gegeben sein sollte.

Montierer:
Für diese Tätigkeit ist u. a. handwerkliches Geschick und Fingerfertigkeit erforderlich; die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände ist beim Kläger nicht gegeben.

Zu 3): Bei den vorgenannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt. Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit keine Tarifsammlung führen. Entsprechende Anfragen bitte ich an die Tarifvertragsparteien oder an die Tarifregisterstelle im Hessischen Ministerium für Arbeit und Sozialordnung zu richten.

Zu 4): Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für ihn ausreichend sein.

zu 5): Die genannten Tätigkeiten zu Nr. 1 stehen alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

Zu 6): Die in Betracht kommenden Verweistätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.

Zusatz: Der Kläger hat nach den Eintragungen der Arge XY. im November 2007 den Führerschein BE für eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer erworben und hat eine Einstellungszusage für März/April 2008 vorgelegt. Des Weiteren ist bei den Vermerken des Vermittlungsbereichs der Arge XY. zu berücksichtigen, dass der Kläger seit September 2006 eine Nebentätigkeit als Hausmeister/Grünanlagenpflege ausübt.
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