S 8 R 192/05

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 8 R 192/05
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
Der Kläger absolvierte von 1966 – 1969 eine Lehre als Dachdecker und arbeitete
bis 1977 als Dachdeckergeselle. Von 1977 bis 1980 arbeitete er als technischer Berater, seit 1981 ist er als selbständiger Dachdeckermeister tätig

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:
Der Kläger leidet nach den Angaben des Sozialmediziners Dr. SK. an einer Funktions- und Belastungseinschränkung des rechten Schultergelenkes mit Instabilität insbesondere im Bereich des Schultereckgelenkes und an einem Wirbelsäulensyndrom. Dr. SK. hält den Kläger noch für in der Lage, unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Einschränkungen leichte Arbeiten zumindest an 6 Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Dabei können nach der Einschätzung von Dr. SK. Tätigkeiten, die eine volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand und des rechten Armes zur Voraussetzung haben, von dem Kläger nicht ausgeübt werden.

II. Beweisfragen:

1. Wie ist die vom Kläger zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit im Rahmen des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts einzustufen? Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben?
Kann er insbesondere noch die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeit eines Angebotskalkulators bzw. eines kaufmännischen Sachbearbeiters wahrnehmen?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1): Nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts ist die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit als selbstständiger Dachdeckermeister den besonders hoch qualifizierten Facharbeitern zuzuordnen.

Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende Tätigkeiten zu verrichten:
- Angebots- und Auftragssachbearbeiter
- Pförtner
- Büro-/Verwaltungshilfskraft

Zu 2): Angebots- und Auftragssachbearbeiter/in
Angebots- und Auftragssachbearbeiter/innen sind in größeren Dachdeckerbetrieben für die Kundenbetreuung und -beratung zuständig. Sie erstellen Angebote für die Kunden, bearbeiten die Aufträge, kalkulieren die entstehenden Kosten und planen, organisieren und Koordinieren die auszuführenden Arbeiten. Im Allgemeinen wird für den Zugang zur Tätigkeit eine abgeschlossene Berufsausbildung als Bürokauffrau/-mann vorausgesetzt. Auch Dachdecker und -meister kommen für diese Tätigkeit in Betracht.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen; gelegentlich können Arbeiten unter Zeitdruck (Terminarbeiten) oder Überstunden eintreten.

Pförtner/in/Tagespförtner/in
Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses. Oft kümmern sie sich auch um die Postverteilung im Betrieb. Zu ihren Aufgaben gehört zum Teil auch der Telefondienst, das Aushändigen von Formularen, sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck.

Die Arbeit ist grundsätzlich körperlich leicht, in der Regel wird in temperierten Räumen gearbeitet, es überwiegt sitzende Körperhaltung (ein Bewegungswechsel ist möglich).

Büro-/Verwaltungshilfskraft
Bürohilfskräfte / Verwaltungshilfskräfte verrichten meist einfache Büroarbeiten. Sie erledigen beispielsweise Schreibarbeiten, kümmern sich um die Verteilung der Post und firmeninterner Umläufe, kopieren Unterlagen, sorgen für die Ablage, erfassen Daten - kurz, sie übernehmen alle Hilfsarbeiten, die im Büro anfallen. Je nach vorhandenen Kenntnissen und Fertigkeiten können sie auch zum Beispiel einfache Buchhaltungsarbeiten ausführen, bei der Erstellung von Statistiken und Auswertungen mitwirken oder im Telefondienst arbeiten. Bei ihren vielfältigen Aufgaben und Tätigkeiten verwenden sie oft moderne Büro- und Kommunikationsmittel und müssen daher mit Computern, Kopierern, Telefon, Telefax und anderen Bürogeräten nach entsprechender Einweisung umgehen können. Bürohilfskräfte können in allen Branchen tätig sein.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und Datenverarbeitung, zunehmend Arbeit am Bildschirm.

zu 3): Angebots- und Auftragssachbearbeiter/in:
Im Allgemeinen wird für den Zugang zur Tätigkeit eine abgeschlossene Berufsausbildung als Bürokauffrau/-mann vorausgesetzt. Auch Dachdecker und -meister kommen für diese Tätigkeit in Betracht.

Bei den Tätigkeiten: Pförtner/in handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.

Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit keine Tarifsammlung führen. Entsprechende Anfragen bitte ich an die Tarifvertragsparteien oder an die Tarifregisterstelle im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung zu richten.

zu 4): Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für ihn ausreichend sein. Der Kläger verfügt über langjährige Berufserfahrung und die Meisterprüfung.

zu 5): Die genannten Tätigkeiten zu Nr. 1 u. 2 stehen alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

zu 6): Die in Betracht kommenden Verweistätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung;
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