S 8 R 627/07

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 8 R 627/07
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I.Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen d. Kl.:
Die 1957 geborenen Klägerin hat am 15.07.1977 das Diplomexamen in Vorschulerziehung in Polen abgelegt. Vom 01.05.1993 bis zum 30.04.1994 arbeitete sie als Erzieherin in der Kindergruppe Krabbelkiste e.V. in X-Stadt, vom 16.05.1994 bis zum 31.03.2006 arbeitete sie in der Kindertagesstätte X. in X-Stadt. Während der zuletzt genannten Beschäftigung hat die Klägerin die Qualifikation einer Integrationsfachkraft erworben.

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen d. Kl.:
Nach dem orthopädischen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. C. vom 02.08.2008 kann die Klägerin noch leichte Tätigkeiten vollschichtig ausüben. Die Tätigkeiten sollen in wechselnder Körperhaltung erfolgen ohne Zwangshaltungen. Die Tätigkeiten sollen ohne Hebe- und Bückarbeiten erfolgen können, die maximale Hebebelastung sollte als Dauer der Einzelleistung 8 kg nicht überschreiten. Gefahren, die mit Absturzarbeiten verbunden sind, sowie Arbeiten auf Leistern oder Gerüsten können nicht ausgeführt werden.

Nach dem psychiatrischem Sachverständigengutachten von Herrn D. vom 02.01.2009 kann die Klägerin vollschichtig tätig sein, wobei die von der Klägerin zu verrichtenden Tätigkeiten nur ohne besondere nervliche Belastung und ohne besonderen Zeitdruck verrichtet werden können.

Nach dem neurologischen Sachverständigengutachten von Prof. E. vom 25.05.2009 kann die Klägerin mittelschwere Tätigkeiten zumindest 6 Stungen täglich an 5 Tagen in der Woche ausüben. Diese bedingen wechselnde Körperhaltung, Hebe- und Bückarbeiten können nicht verrichtet werden, die maximale Hebebelastung von 5 kg als Dauer- oder Einzelleistung darf nicht überschritten werden.

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann d. Kl. noch ausüben? Kann sie insbesondere noch die Tätigkeiten einer Erzieherin ausüben?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann d Kl. unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.) und 2.): Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen halte ich die Klägerin nicht mehr für in der Lage, die bisher ausgeübten Tätigkeiten Erzieherin / Integrationsfachkaft zu verrichten.

Berufsnahe Tätigkeiten kann sie ebenfalls nicht mehr ausüben.

Ich halte die Klägerin jedoch noch für in der Lage, folgende berufsfremde Verweistätigkeiten zu verrichten.

Mitarbeiter in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde
Die Tätigkeit umfasst die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost (Postsäcke, Postkörbe, Pakete, Briefsendungen, u.a.) sowie der Hauspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels bzw. eines Eingangs-/Weiterleitungsvermerkes, das Anklammern der Anlagen; das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Poststellenmitarbeiter/innen bereiten die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falzen und Kuvertieren, Wiegen und Feststellen des Brief-/Paketportos, Frankieren per Hand bzw. mit Frankiermaschinen, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln, wie PC, Scanner, Faxgeräte und Kopierer sowie Brieföffnungsmaschinen, Kuvertiermaschinen, Frankiermaschinen

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte, gelegentlich mittelschwere Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros (Poststelle). Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie die Feinmotorik der Hände. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu bewerten. Arbeiten unter gelegentlichem Stress und Zeitdruck sind nicht auszuschließen.

Büro-/Verwaltungshilfskraft
Diese Tätigkeit umfasst einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit nach vorgegebenem Schema oder nach jeweiligen Anordnungen verrichtet werden können. Bürohilfskräfte erledigen beispielsweise Schreibarbeiten, kümmern sich um die Verteilung der Post und firmeninterner Umläufe, kopieren Unterlagen, sorgen für die Ablage und erfassen Daten. Je nach vorhandenen Kenntnissen und Fertigkeiten können Bürohilfskräfte einfache Buchhaltungsarbeiten ausführen, bei der Erstellung von Statistiken und Auswertungen mitwirken oder im Telefondienst mitarbeiten. Bei ihren vielfältigen Aufgaben und Tätigkeiten verwenden sie oft moderne Büro- und Kommunikationsmittel und müssen daher mit Computern, Kopierern, Scannern, Telefon, Telefax und anderen Bürogeräten nach entsprechender Einweisung umgehen können. Bürohilfskräfte können in allen Branchen tätig sein. Meist sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse und vertrauter Umgang mit dem Internet.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, zum Teil in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich.

zu 3.): Bei den vorgenannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Tätigkeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.

zu 4.): Für die genannten Verweistätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens der Klägerin - auch für sie ausreichend sein.

zu 5.): Die genannten Verweistätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

zu 6.): Die genannten Verweistätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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Datum