Prozesskostenhilfe auch für Ehegatten von Gewerkschaftsmitgliedern

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Kategorie
Entscheidungen
Kein Verweis auf kostenlosen gewerkschaftlichen Rechtsschutz

Wer die Kosten eines Gerichtsprozesses nicht aufbringen kann, erhält Prozesskostenhilfe, es sei denn, er kann unentgeltlichen gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Dem Ehegatten eines Gewerkschaftsmitglieds hingegen dürfe mit dieser Begründung Prozesskostenhilfe nicht verweigert werden. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Beschluss der 4. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Ehefrau eines Gewerkschaftsmitglieds beantragt Prozesskostenhilfe
Eine Frau aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf klagt auf Anerkennung eines höheren Grades der Behinderung. Ihren Antrag auf Prozesskostenhilfe lehnte das Sozialgericht Marburg ab. Der Ehemann der Klägerin sei Mitglied der IG Metall. Nach deren Satzung könne sich die Klägerin von einem Prozessbevollmächtigten der Gewerkschaft unentgeltlich vertreten lassen.

Landessozialgericht: Gewerkschaften nur vertretungsbefugt für ihre Mitglieder
Die Darmstädter Richter hoben den Beschluss auf. Nach dem Sozialgerichtsgesetz seien die Prozessbevollmächtigten der Gewerkschaften nur für ihre Mitglieder vertretungsbefugt, nicht hingegen für deren Ehegatten. Für Nichtmitglieder könnten sie zwar als Beistand in der Verhandlung zugelassen werden. Dies stehe der Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedoch nicht entgegen.

Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19.01.2011, Az.: L 4 SB 71/10 B

Hinweise zur Rechtslage

§ 73 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
(1) Die Beteiligten können vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Eu-ropäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtig-te vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht vertretungsbefugt nur
(…)
5. selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
6. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
7. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
8. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
9. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 bis 8 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

§ 114 Zivilprozessordnung (ZPO)
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. (…)
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