Bundesland
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Kategorie
Entscheidungen
Frau erstreitet Versicherungspflicht wegen umfangreicher Pflege ihrer Mutter
Wer einen Pflegebedürftigen mit Anspruch auf Pflegeversicherungsleistungen in seiner häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig pflegt, ist rentenversicherungspflichtig. Die Beiträge zahlt die Pflegeversicherung. Voraussetzung ist allerdings ein Pflegeumfang von wenigstens 14 Wochenstunden. Hat der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) den erforderlichen Umfang der häuslichen Pflege nicht im Einzelfall festgestellt, ist auf die schlüssigen und glaubhaft gemachten Angaben der Pflegeperson oder des Pflegebedürftigen abzustellen. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 1. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.
Pflegende Frau beantragt Rentenversicherungspflicht
Eine Frau aus dem Main-Kinzig-Kreis pflegte ihre mittlerweile verstorbene Schwiegermutter, die Pflegegeld nach Pflegestufe I bezog. Sie beantragte die Prüfung ihrer Rentenversicherungspflicht und die Zahlung von Versicherungsbeiträgen durch die Pflegekasse. Die Rentenversicherung lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass der wöchentliche Pflegeaufwand unter 14 Stunden liege. Die 62-jährige Frau hingegen berief sich darauf, dass der MDK keine individuellen Feststellungen getroffen habe, um den konkreten tatsächlichen Pflegeaufwand zu ermitteln. Zum Beleg, dass dieser Aufwand über 14 Stunden liege, legte sie ein Pflegetagebuch sowie eine Aufstellung über die hauswirtschaftliche Versorgung vor.
Hilfebedarf ist individuell zu ermitteln
Die Darmstädter Richter gaben der Frau Recht und bejahten die Rentenversicherungspflicht. Nach den Begutachtungsrichtlinien seien der tatsächlich anfallende individuelle Hilfebedarf zu bewerten und der Zeitaufwand in Stunden abzuschätzen. Dennoch habe der MDK keine eigenen Feststellungen zur tatsächlichen Hilfeleistung im Rahmen des medizinisch und pflegerisch Notwendigen getroffen. Stattdessen habe er nicht maßgebliche Pauschalen herangezogen. Daher seien die Angaben der klagenden Frau – soweit schlüssig - heranzuziehen. Neben dem unstreitigen Grundpflegebedarf von täglich 51 Minuten seien danach mindestens 1 Stunde und 16 Minuten täglich für die Hauswirtschaft nötig gewesen. Damit habe der Pflegebedarf von mehr als 14 Stunden wöchentlich vorgelegen.
Hinweise zur Rechtslage
§ 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)
Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit, (.)
1a) in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 des Elften Buches nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat; dies gilt auch, wenn die Mindeststundenzahl nur durch die Pflege mehrerer Pflegebedürftiger erreicht wird, (.). Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig sind, sind nicht nach Satz 1 Nr. 1a versicherungspflichtig.
§ 14 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI)
(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (.) der Hilfe bedürfen.
(4) Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen (.) sind:
1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung,
2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,
3. im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung,
4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
§ 44 SGB XI
(1) Zur Verbesserung der sozialen Sicherung der Pflegepersonen (.) entrichten die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, bei denen eine private Pflege-Pflichtversicherung durchgeführt wird, (.) Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als dreißig Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. (.) Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung stellt im Einzelfall fest, ob und in welchem zeitlichen Umfang häusliche Pflege durch eine Pflegeperson erforderlich ist, und erfragt in den Fällen, in denen die Pflege des Pflegebedürftigen die Dauer von 14 Stunden unterschreitet, ob die Pflegeperson weitere Pflegebedürftige pflegt. Der Pflegebedürftige oder die Pflegeperson haben darzulegen und auf Verlangen glaubhaft zu machen, dass Pflegeleistungen in diesem zeitlichen Umfang auch tatsächlich erbracht werden.
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.09.2013, Az.: L 1 KR 72/11
www.lareda.hessenrecht.hessen.de
Wer einen Pflegebedürftigen mit Anspruch auf Pflegeversicherungsleistungen in seiner häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig pflegt, ist rentenversicherungspflichtig. Die Beiträge zahlt die Pflegeversicherung. Voraussetzung ist allerdings ein Pflegeumfang von wenigstens 14 Wochenstunden. Hat der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) den erforderlichen Umfang der häuslichen Pflege nicht im Einzelfall festgestellt, ist auf die schlüssigen und glaubhaft gemachten Angaben der Pflegeperson oder des Pflegebedürftigen abzustellen. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 1. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.
Pflegende Frau beantragt Rentenversicherungspflicht
Eine Frau aus dem Main-Kinzig-Kreis pflegte ihre mittlerweile verstorbene Schwiegermutter, die Pflegegeld nach Pflegestufe I bezog. Sie beantragte die Prüfung ihrer Rentenversicherungspflicht und die Zahlung von Versicherungsbeiträgen durch die Pflegekasse. Die Rentenversicherung lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass der wöchentliche Pflegeaufwand unter 14 Stunden liege. Die 62-jährige Frau hingegen berief sich darauf, dass der MDK keine individuellen Feststellungen getroffen habe, um den konkreten tatsächlichen Pflegeaufwand zu ermitteln. Zum Beleg, dass dieser Aufwand über 14 Stunden liege, legte sie ein Pflegetagebuch sowie eine Aufstellung über die hauswirtschaftliche Versorgung vor.
Hilfebedarf ist individuell zu ermitteln
Die Darmstädter Richter gaben der Frau Recht und bejahten die Rentenversicherungspflicht. Nach den Begutachtungsrichtlinien seien der tatsächlich anfallende individuelle Hilfebedarf zu bewerten und der Zeitaufwand in Stunden abzuschätzen. Dennoch habe der MDK keine eigenen Feststellungen zur tatsächlichen Hilfeleistung im Rahmen des medizinisch und pflegerisch Notwendigen getroffen. Stattdessen habe er nicht maßgebliche Pauschalen herangezogen. Daher seien die Angaben der klagenden Frau – soweit schlüssig - heranzuziehen. Neben dem unstreitigen Grundpflegebedarf von täglich 51 Minuten seien danach mindestens 1 Stunde und 16 Minuten täglich für die Hauswirtschaft nötig gewesen. Damit habe der Pflegebedarf von mehr als 14 Stunden wöchentlich vorgelegen.
Hinweise zur Rechtslage
§ 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)
Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit, (.)
1a) in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 des Elften Buches nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat; dies gilt auch, wenn die Mindeststundenzahl nur durch die Pflege mehrerer Pflegebedürftiger erreicht wird, (.). Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig sind, sind nicht nach Satz 1 Nr. 1a versicherungspflichtig.
§ 14 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI)
(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (.) der Hilfe bedürfen.
(4) Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen (.) sind:
1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung,
2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,
3. im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung,
4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
§ 44 SGB XI
(1) Zur Verbesserung der sozialen Sicherung der Pflegepersonen (.) entrichten die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, bei denen eine private Pflege-Pflichtversicherung durchgeführt wird, (.) Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als dreißig Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. (.) Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung stellt im Einzelfall fest, ob und in welchem zeitlichen Umfang häusliche Pflege durch eine Pflegeperson erforderlich ist, und erfragt in den Fällen, in denen die Pflege des Pflegebedürftigen die Dauer von 14 Stunden unterschreitet, ob die Pflegeperson weitere Pflegebedürftige pflegt. Der Pflegebedürftige oder die Pflegeperson haben darzulegen und auf Verlangen glaubhaft zu machen, dass Pflegeleistungen in diesem zeitlichen Umfang auch tatsächlich erbracht werden.
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.09.2013, Az.: L 1 KR 72/11
www.lareda.hessenrecht.hessen.de
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