L 6 VJ 4057/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 VJ 518/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VJ 4057/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Beschädigtenrente nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) streitig.

Die Klägerin ist 1948 geboren. Sie hat die Hauptschule abgeschlossen, keinen Beruf erlernt und war als angelernte Sekretärin 21 Jahre in einem Architekturbüro beschäftigt. Danach war sie zwei Jahre als Sekretärin bei einer Baufirma und nachfolgend bei einem anderen Arbeitgeber bis zum Jahr 2003 als Sekretärin tätig. Nach dieser Tätigkeit betreute sie über mehrere Jahre an zwei Nachmittagen in der Woche ein Kind und half diesem unter anderem bei den Hausaufgaben. Sie war 37 Jahre verheiratet, ihr Ehemann starb im Januar 2004, und ist Mutter eines Sohnes (vgl. Anamnese Sachverständigengutachten des K). Ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 ist seit dem 3. Juli 2012 und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs „G“ (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) sind seit dem 5. Mai 2012 festgestellt (Bescheid des Landratsamts B-H vom 6. Juni 2013 und Bescheid vom 15. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2016). Diesen Feststellungen lagen als Funktionsbeeinträchtigungen eine Herzinsuffizienz, eine Herzmuskelerkrankung, eine koronare Herzkrankheit mit Kardio-vertert-Defibrillator, ein Fibromyalgie-Syndrom und ein Restless-legs-Syndrom zugrunde.      

Mit formlosen Antrag vom 14. Februar 2014 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Versorgung und sonstigen Leistungen nach dem IfSG beim Landratsamt E. Dieses leitete den Antrag an das zuständige Landratsamt B-H (LRA) weiter.

Mit Schreiben vom 2. Mai 2014 wies das LRA die Klägerin darauf hin, dass sie am 14. Februar 2014 einen Antrag auf Versorgung nach dem IfSG gestellt habe, aber trotz dem Schreiben vom 20. Februar 2014, mit dem sie gebeten worden sei, weitere Unterlagen einzusenden bzw. ergänzende Angaben zu machen, und diesbezüglicher Erinnerungen vom 31. März und vom 8. April 2014 bislang ergänzende Unterlagen nicht eingegangen seien. Unter Hinweis auf §§ 60 Abs. 1, 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) setzte das LRA der Klägerin eine Frist bis zum 4. Juni 2014, um ihren Mitwirkungspflichten nachzukommen.

Nachdem die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen war, versagte das LRA durch Bescheid vom 29. Juli 2014 die Gewährung von Versorgung nach dem IfSG.
Deswegen erhob die Klägerin Widerspruch und legte am 13. August 2014 den Antragsvordruck auf Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden nach dem IfSG vor. Aus diesem ergab sich, dass sie wegen eines Zustands nach Myokarditis den Versorgungsantrag gestellt habe. Vor Eintritt des Impfschadens habe sie nicht an Gesundheitsstörungen am Herzen gelitten. Sie wies darauf hin, dass nach der letzten Impfung am 15. Januar 2013 erkältungsähnliche Symptome aufgetreten seien. Mit der Diagnose Kardiomyopathie sei sie vom 5. bis zum 10. Mai 2012 erstmals in stationärer Behandlung im Universitäts-Herzzentrum gewesen. Die FSME-Impfung sei zehn Tage vorher erfolgt.

Aus dem Impfpass der Klägerin ergaben sich Impfungen gegen FSME mit dem Impfstoff Enecepur am 2. und am 27. April 2012 sowie am 15. Januar 2013. Am 2. April 2012 wurde die Klägerin zusätzlich gegen Diphterie, Tetanus, Pertussis und Polio geimpft und am 15. November 2012 war eine Impfung gegen eine Pneumokokken-Infektion mit dem Impfstoff Pneumovax 23 und gegen Grippe mit dem Impfstoff Fluad erfolgt. 

Der Bericht des Universitäts-Herzzentrum F, K1, Klinik für Kardiologie und Angiologie I, über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 5. bis zum 10. Mai 2012 nannte als Diagnosen eine Dyspnoe NYHA IV (Ausschluss Lungenembolie), eine hochgradig reduzierte systolische LV-Funktion (Ejektionsfraktion [EF] 15 bis 20 %), eine koronare 1-Gefäßerkrankung (PTCA der mittleren LAD mit BM-Stentimplantation sowie des RD2 ohne Stentimplantation am 8. Mai 2012) und eine mittel- bis hochgradige Mitralklappeninsuffizienz. Daneben habe als kardiovaskuläres Risiko ein Nikotinkonsum (ca. 25 bis 30 PY), eine Fibromyalgie, ein Glaukom mit Z. n. akutem Anfall links am 28. August 2000 und Katarakt vorgelegen. Anmanestisch sei die Klägerin wegen seit circa einer Woche progredienter Dyspnoe, zuletzt in Ruhe und mit bronchopulmonaler Spastik, sowie gürtelförmiger Oberbauchschmerzen in die Notaufnahme eingewiesen worden. In der Computertomographie (CT) seien mäßige Pleuraergüsse beidseits zur Darstellung gekommen. Echokardiographisch hätten sich alle Herzhöhlen vergrößert, eine global hochgradig reduzierte systolische linksventrikuläre Funktion sowie Hinweise für eine akute Myokardischämie gezeigt. Die Klägerin habe berichtet, vor einer Woche aus dem Urlaub auf den kanarischen Inseln zurückgekehrt zu sein. Dabei habe sie festgestellt, dass sie gegenüber früheren Aufenthalten wegen Dyspnoe die gewohnten zehn Etagen nicht mehr habe zurücklegen können, Gehen in der Ebene sei jedoch ohne Einschränkungen möglich gewesen. Anfang des Jahres habe sie einen grippalen Infekt mit protrahiertem Verlauf über vier bis sechs Wochen gehabt. Vor einer Woche sei sie gegen FSME geimpft worden. Die Magnetresonanztomographie (MRT) des Herzens am 9. Mai 2012 habe eine deutliche Dilatation des linken Ventrikels bei hochgradig eingeschränkter Pumpfunktion mit einer EF von 20 % ergeben. Ein Anhalt für Myokardnarben oder eine Myokarditis habe sich nicht gezeigt. Die koronare 1-Gefäßerkrankung erkläre die echokardiographisch mit 15 bis 20 % bestimmte linksventrikuläre EF sowie die linksventrikuläre Vergrößerung mit einem LVEDD von 70 mm nicht vollständig. Aufgrund der Anamnese mit protrahiertem grippalen Infekt Anfang des Jahres seien zur weiteren Abklärung serologische Tests veranlasst worden, die keine richtungsweisenden Befunden ergeben hätten.

Vom 23. bis zum 29. Mai 2013 befand sich die Klägerin erneut im Universitäts-Herzzentrum F,  K1, Klinik für Kardiologie und Angiologie I, in stationärer Behandlung. Als kardiovaskuläre Diagnosen wurden aktuell thorakale Beschwerden, unklarer Perikarderguss und kleine bilaterale Pleuraergüsse unklarer Ätiologie bei einem ausgeprägten Entzündungssyndrom und zurzeit unklarem immunologischen Krankheitsbild (rezidivierende Raynaud-Symptom-Krisen am 27. und 28. Mai 2013), unklare Kardiomyopathie und schwer reduzierte linksventrikuläre Funktion im Mai 2012, aktuell nur noch geringes Ausmaß, Z. n. primärtophylaktischer Implantation eines 2-Kammer-Defibrilatorsystems, koronare 1-Gefäßerkrankung und Z. n. Stentimplantation der mittleren Arteria coronaroa dextra sowie Ballonangioplastie des zweiten ostialen Ramus diagonalis im Mai 2012 gestellt. Es bestünden als kardiovaskuläre Risikofaktoren aktuell am 28. Mai 2013 ein Schüttelfrost bei subfebriler Temperatur (37,6°), Gewichtszunahme von 6 kg in fünf Monaten mit möglichen cushingoiden Körperveränderungen (paraneoplatisches Krankheitsbild?), eine Adipositas, ein diätisch eingestellter Diabetes mellitus, eine Hypercholesterinämie und ein Nikotinabusus. Im Weiteren läge eine Fibromyalgie, ein Glaukom mit akutem Anfall links August 2000 und ein Katarakt vor. Die Übernahme vom Notarzt sei bei thorakalen Beschwerden erfolgt. Bereits seit einigen Tagen habe sich die Klägerin mit Übelkeit unwohl gefühlt. In der Nacht zum 23. Mai 2013 seien dann zunehmende epigastrische (im Oberbauch) Schmerzen und im Rücken hinzugekommen. Außerdem habe sie etwas schlechter Luft als zuvor bekommen. Palpationen habe sie nicht verspürt. In der vergangenen Woche habe sie spritzende Durchfälle gehabt. In den wiederholten Echokardiographien während des stationären Aufenthalts hätten sich ein leicht zunehmender Pleuraerguss und trotz antiphlogistischer Therapie neue Pleuraergüsse gezeigt. Bei Verdacht auf eine immunologische Genese des Krankheitsbildes sei eine Blutsenkungsgeschwindigkeit von 112 mm/Stunde und ein CRP bei Aufnahme von 150 mg/l gemessen worden. Im Verlauf habe sich der thorakale Druck rückläufig gezeigt. Mehrmals habe die Klägerin von über Minuten andauernden Rezidiven eines Raynaud-Syndroms in den Händen beidseits berichtet.

Zur weiteren Abklärung bei Verdacht auf einen systemischen Lupus erythematodes mit Polyserositis erfolgte vom 29. Mai bis zum 6. Juni 2013 eine stationäre Behandlung im Universitätsklinikum F in der Abteilung Rheumatologie und klinische Immunologie. Als aktuelle Diagnosen wurden eine Polyserositis, am ehesten parainfektiös, ein akutes chronisches Nierenversagen, am ehesten unter NSAR-Therapie und Anämie, bei chronischer Entzündung gestellt.

Das LRA bat die Klägerin um Mitteilung, welche Impfungen sie für den als Gesundheitsschaden geltend gemachten Zustand nach Myokarditis verantwortlich mache. Die Klägerin antwortete hierauf, sie werde sich nicht auf ein einzelnes Ereignis festlegen. Es sei bekannt, dass FSME-Impfungen mit erheblichen Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen versehen seien. Durch die Stimulierung des Immunsystems bei den Impfungen dürfte ein Gesamtzusammenhang bestehen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 12. November 2014 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Juli 2014, durch den die Gewährung von Beschädigtenversorgung versagt worden war, zurück. Die Leistungsgewährung sei aufgrund der mangelnden Mitwirkung der Klägerin zu Recht versagt worden. Nachdem sie ihren Mitwirkungspflichten zwischenzeitlich nachgekommen sei, werde das LRA die weitere Sachverhaltsaufklärung durchführen und zu gegebener Zeit über den Antrag sachlich entscheiden. Auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides habe die nachgeholte Mitwirkung keinen Einfluss.

Das LRA zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin bei deren Krankenkasse bei und forderte bei den die Klägerin behandelnden Allgemeinmedizinern H weitere medizinische Unterlagen an.

Zur Vorlage kam der Bericht des Universitäts-Herzzentrum F,  K, Klinik für Kardiologie und Angiologie II, über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 10. bis zum 16. Mai 2012, wonach die mittelschwere Mitralinsuffizienz funktionell durch die Dilatation bedingt gewesen sei. Die Klägerin habe sich weitgehend rekompensiert gezeigt, für eine zuvor diskutierte Myokarditis habe entsprechend den aktuellen Richtlinien keine Indikation bestanden. Im Rahmen der Herzinsuffizienz sowie bei dem Nachweis ventrikulärer Extrasystolen sei die Indikation für eine ICD-Implantation (Defibrillator) gesehen worden.   

Aus dem Berichten des Universitäts-Herzzentrum F, K, Defibrillator-Ambulanz, vom 28. März 2013 ergab sich eine verbesserte linksventrikuläre Funktionsleistung mit nur noch mittelschwerer Einschränkung und kein relevantes Vitlum, bei anamnestischer Angabe einer recht guten Belastbarkeit. Dem Bericht vom 15. August 2013 ließ sich eine gering eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion (EF 48 %), eine regelgerechte Defibrilatorfunktion und kein Perikarderguss bei normalisiertem CRP entnehmen.
 
Die Berichte des MVZ Innere Medizin B vom 6. September 2012 und vom 14. Juni 2013 führten aus, dass Ursache der Kardiomyopathie am ehesten eine dilatative Kardiomyopathie sei, wobei zu erwähnen sei, dass der klinischen Symptomatik ein längerer viraler Effekt vorangegangen sei, so dass auch eine postvirale Genese nicht völlig auszuschließen sei.

Die Fachärztin für Innere Medizin, Kardiologie V nannte in ihrem Behandlungsbericht vom 19. November 2014 als Diagnose unter anderem eine Polyserositis vermutlich parainfektiös im Mai 2013 mit akutem chronischen Nierenversagen unter NSAR-Therapie sowie Entzündungsanämie. Bedeutsame funktionelle Insuffizienzen an den Klappen des linken Herzens hätten nicht vorgelegen. Der systolische Pumpdruck sei grenzwertig normal gewesen.

S, Fachärztin für Innere Medizin, Rheumatologie, Nephrologie erhob anlässlich der Vorstellung der Klägerin am 9. Februar 2015 als Diagnosen ein Fibromyalgie-Syndrom, ein Raynaud-Syndrom, ein Z. n. Polyserositis August 2013 unklare Genese, eine dil. Kardiomyopathie ED März 2013, eine 1-Gefäßerkrankung mit Stentimplantation Mai 2012 und eine 2-Kammer-Defibrillator-Implantation Juli 2012 (Primärprophylaxe).

Die Versorgungsärztin K2 führte in ihrem versorgungsmedizinischen Gutachten zum Erstantrag nach dem IfSG vom 4. November 2015 aus, dass die geforderten Kriterien für die Anerkennung eines Impfschadens nicht erfüllt seien. Nach umfassender Diagnostik gingen die behandelnden Ärzte von einer post- bzw. parainfektiösen Genese nach jeweils vorangegangenem Infekt aus. Ein ursächlicher Zusammenhang zu den erfolgten Impfungen könne nicht angenommen werden. Dagegen spreche schon der zeitliche Verlauf. Im Jahr 2012 sei die Symptomatik zum selben Zeitpunkt wie die Impfung ohne Latenz aufgetreten, dagegen hätten im Jahr 2013 mehrere Monate zwischen der Impfung und dem Auftreten der Symptomatik gelegen. Keiner der behandelnden Ärzte habe einen Zusammenhang mit den Impfungen in Erwägung gezogen. Eine mehrfache rheumatologische Abklärung habe keine Hinweise auf eine rheumatologische Systemerkrankung oder eine autoimmune Genese ergeben. Auch seien keine entsprechenden Impfkomplikationen bekannt. In Einzelfällen seien für die FSME-Impfung neurologische Komplikationen beschrieben (Guillain-Barre-Syndrom und periphere Nervenschäden [Neuritis]). Die Aussage der Klägerin, dass bekannt sei, dass die FSME-Impfung mit erheblichen Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen versehen sei, lasse sich medizinisch sicher nicht halten. Auch die Schlussfolgerung/Vermutung, dass durch die Stimulierung des Immunsystems ein Gesamtzusammenhang bestehe, werde durch die umfangreichen ärztlichen Befunden widerlegt.

Durch Bescheid vom 30. November 2015 entschied das LRA unter Ziffer I (Feststellungen), dass dem Antrag auf Gewährung von Versorgung nach dem IfSG in Verbindung mit dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz – BVG) nicht entsprochen werden könne. Unter Ziffer II (Begründung) legte es dar, dass nach dem Ergebnis der beigezogenen versorgungsärztlichen Stellungnahme ein kausaler Zusammenhang mit den geklagten Beschwerden, des Zustands nach Myokarditis, und der erfolgten Impfungen nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Zur Prüfung des Antrags seien zahlreiche ärztliche Befundberichte ausgewertet worden. Nach umfassender Diagnostik gingen die behandelnden Ärzte von einer post- bzw. parainfektiösen Genese nach jeweils vorangegangenem Infekt aus. Keiner der behandelnden Ärzte habe einen Zusammenhang mit den Impfungen in Erwägung gezogen. Die Ausführungen der Klägerin, dass eine FSME-Impfung mit erheblichen Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen verbunden sei, lasse sich medizinisch nicht halten. Auch die Schlussfolgerung/Vermutung, dass durch die Stimulierung des Immunsystems ein Gesamtzusammenhang bestehe, werde durch die umfangreichen ärztlichen Unterlagen widerlegt.

Deswegen erhob die Klägerin Widerspruch. Das LRA räume zumindest ein, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Myokarditis und den Impfungen bestehe. Der Behauptung, dass FSME-Impfungen unproblematisch seien, müsse widersprochen werden. Mit Leichtigkeit sei im Internet zu finden, wie hochproblematisch FSME-Impfungen seien; auch deren Wirksamkeit werde in Zweifel gezogen. Es sei unzutreffend, dass keine Autoimmunreaktion vorgelegen habe, denn eine Myokarditis sei eine Autoimmunreaktion. Eine Herzmuskelentzündung sei immer darauf zurückzuführen, dass Bakterien an eine Stelle im Köper gelangten, wo sie nicht hingehörten. Das passiere im Zweifel bei einer Schwächung des Immunsystems, welches durch die Impfung aktiviert worden sei. Auch sei auf die Gesamtimpfungen verwiesen. Es sei lediglich die Vermutung geäußert worden, dass die Herzerkrankung auf die FSME-Impfung zurückzuführen sei, es könne aber auch der „Cocktail“ aus einer Grippeschutzimpfung und die in unmittelbaren Anschluss erfolgte FSME-Impfung gewesen sein. Dies könne durchaus zu viel gewesen sein für einen vielleicht auch durch Zufall vorher geschwächten Körper. Ihr Prozessbevollmächtigter habe allein in seinem Büro in den letzten 20 Jahren zwei FSME-Impfschäden gehabt; dies spreche deutlich gegen die vermeintliche Harmlosigkeit einer solchen Impfung. Vielfach werde auch der Folgeschaden einer FSME-Impfung mit dieser überhaupt nicht in Zusammenhang gebracht. Auch sei darauf hinzuweisen, dass zwar diagnostisch von einem vorangegangenen Infekt als Ursache der Myokarditis ausgegangen werde, dieser Infekt unter Umständen aber durch die Impfung verursacht worden sein könne.

Auf Nachfrage des LRA teilte die Klägerin im Widerspruchsverfahren mit, sie habe sich vor der Klinikeinweisung am 5. Mai 2012 vom 18. bis zum 28. April 2012 auf Gran Canaria aufgehalten. Es handele sich hierbei nicht im eine Region, in der man diffusen Krankheitserregern ausgesetzt sei, sondern im Gegenteil um eine sehr „gesunde“ Gegend. Anfang des Jahres 2012 sei sie an einem grippalen Infekt erkrankt gewesen. Vor der dritten FSME-Impfung und auch einen gewissen Zeitraum danach habe sie die kardiale Dekompensation nicht in einem Zusammenhang mit der Impfung gesehen. Eine Rheumaerkrankung habe sich im Ergebnis nicht verifizieren lassen, diagnostiziert worden sei eine Fibromyalgie, es fehlten jegliche Laborparameter wie bei einer rheumatischen Erkrankung. Bei einer Fibromyalgie befänden sich keine Viren oder Bakterien im Blut. Insofern könne weder eine rheumatische Erkrankung noch eine Infektionskrankheit für die kardiale Dekompensation ursächlich sein.

Ergänzend legte die Klägerin das bei M aufgrund der ambulanten Untersuchung am 23. November 2005 in einem rentenrechtlichen Verfahren (S 12 R 4180/04) erhobene internistisch-rheumatologisch schmerztherapeutische Gutachten vor. Demnach habe die Klägerin unter einer ausgeprägten Fibromyalgie bei einem wesentlichen Serotoninmangel, einer gering bis mäßig ausgeprägten depressiven Entwicklung durch den Tod ihres Ehemannes im Sinne einer chronischen Schmerzkrankheit Stadium II nach Gerbershagen, an altersüberdurchschnittlichen degenerativen Veränderungen der mittleren Halswirbelsäule mit segmentaler Dysfunktionalität und reaktivem, degenerativ bedingtem chronischen Cervikocephalobrachialsyndrom, an einer beginnenden Hyperlipoproteinämie, an vegetativen erheblichen schwerwiegenden funktionellen Organbeschwerden und vegetativen Dysregulationen als Folge des exzessiven Serotoninmangels, an einem sekundären Erschöpfungssyndrom durch die chronische Schmerzproblematik und an Dauerbeeinträchtigungen bei serotoninmangelbedingten funktionellen Organstörungen und vegetativen Dysregulationen gelitten. Das arbeitstägliche Leistungsvermögen habe drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich betragen.

Im Weiteren legte die Klägerin das von K in einem Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht (S 13 SB 2242/07) aufgrund der ambulanten Untersuchung am 11. Dezember 2009 erstellte fachneurologische Gutachten vor. Auf neurologischem Fachgebiet habe keine Erkrankung bzw. Gesundheitsstörung bestanden, auf interdisziplinärem Fachgebiet zwischen Neurologie, Rheumatologie und Psychosomatik habe sich die Diagnose einer Fibromyalgie stellen lassen. Darüber hinaus habe eine Somatisierungsstörung, ein Zustand nach einer Schilddrüsenoperation, nach der Implantation von künstlichen Linsen beidseits und nach einem Anfall von erhöhtem Augeninnendruck vorgelegen. Die Fibromyalgie und die Somatisierungsstörung seien mit einem GdB von 20 zu bewerten.

Aus dem ebenso vorgelegten Bericht des Facharztes für Innere Medizin, Rheumatologie S1 vom 6. Oktober 2013 ergab sich die Diagnose Fibromyalgie-Syndrom.

Auf Anfrage des LRA teilte G mit, er habe die Praxis der H im Jahr 2015 übernommen und könne lediglich anhand der Patientenakte der Klägerin Auskunft geben.

Die OMRin F1 führte im versorgungsärztlichen Gutachten zum Widerspruch nach dem IfSG nach Aktenlage vom 1. Dezember 2016 aus, auch nach nochmaliger Durchsicht der alten und neu vorliegenden ärztlichen Befunde sei aus versorgungsmedizinischer Sicht keine andere Stellungnahme als bisher möglich. In Bezug auf den zeitlichen Ablauf der Impfungen und der Myokarditis sowie der versorgungsmedizinischen Interpretation dieser Befunde werde auf die vorhergehende Stellungnahme verwiesen. Zu den von der Klägerin vorgebrachten Einwänden im Widerspruchsverfahren sei zum zeitlichen Ablauf festzustellen, dass vor der ersten kardialen Dekompensation die FSME/DPT-Polio-Impfungen wenige Tage vorher erfolgt seien, bei der zweiten Dekompensation die FSME-Impfung jedoch schon vier Monate zurückgelegen habe. Keiner der behandelnden Ärzte habe einen Zusammenhang zwischen den Impfungen und der Myokarditis in Betracht gezogen. Der zeitliche Zusammenhang sei bei Betrachtung beider Ereignisse nicht schlüssig, denn die angemessene zeitliche Verbindung sei in der Regel eine Voraussetzung der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Andererseits könne die zeitliche Verbindung zwischen einer Gesundheitsstörung, die in diesem Fall höchstens für das erste Ereignis vorliege, und den Impfungen für sich alleine die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs nicht begründen.

Myokarditiden seien meist durch infektiöse Erkrankung bedingt, wobei ein Großteil durch Viren ausgelöst werde. In der Anamnese fänden sich bei der Klägerin häufig vorangegangene Infekte. Die Ausführungen der Klägerin, dass eine Herzmuskelentzündung immer darauf zurückzuführen sei, dass Bakterien an eine Stelle gelangten, wo sie nicht hingehörten, und dass dies im Zweifel bei einer Schwächung des Immunsystems passiere, welches durch eine Impfung aktiviert worden sei, sei so formuliert medizinisch falsch und nicht haltbar.

Bei der DPT-Polio-Impfung handele es sich um eine von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene Impfung, bei der FSME-Impfung handele es sich nach der STIKO um eine Indikationsimpfung, da Baden-Württemberg FSME-Risikogebiet sei. Bei beiden Impfungen seien keine den Erkrankungen der Klägerin entsprechende Impfkomplikationen bekannt.

Die weiteren Ausführungen der Klägerin, dass der Infekt, der die Myokarditis verursacht habe, durch eine Impfung verursacht worden sei, sei ebenfalls weder inhaltlich noch unter Betrachtung des zeitlichen Rahmens haltbar. Bereits vor der ersten Impfung im April 2012 habe bei der Klägerin ein protrahierter Infekt über vier bis sechs Wochen bestanden. Hinsichtlich der dritten Impfung im Januar 2013 sei ein Zusammenhang mit den wässrigen Durchfällen, die im Mai 2013 der zweiten kardialen Dekompensation vorausgegangen seien, nicht gegeben.

Zuletzt sei zu den Ausführungen der Klägerin, dass die Aktivierung des Immunsystems durch zwei verschiedene Impfungen (am 2. April 2012 FSME- und DPT-Polio-Impfung) zu hoch angesetzt sei, zu sagen, dass heutzutage gegen mehr Krankheiten geimpft werde als früher, die Zahl der dabei übertragenen Antigene im Impfstoff sich aber deutlich verringert habe. So beinhalte etwa der alte Keuchhusten-Impfstoff, in dem das vollständige Bakterium enthalten gewesen sei, rund 3.000 Antigene, in allen heutigen Schutzimpfungen zusammengenommen fänden sich dagegen nur 150 Antigene. Der Grund dafür liege darin, dass die modernen Impfstoffe hoch gereinigt seien und zumeist nur einzelne Bestandteile der Erreger enthielten. Tatsächlich setze sich das Immunsystem, dass für diese Aufgabe gut gerüstet sei, täglich mit einer vielfach größeren Menge von Antigenen auseinander, als dies bei Impfungen der Fall sei. Des Weiteren gebe es keine Hinweise darauf, dass Mehrfachimpfstoffe die Immunabwehr überlasteten (Robert-Koch Institut [RKI], Stand 4/16).

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2017 zurück. Der angefochtene Bescheid sei unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin und einer erneuten versorgungsärztlichen Begutachtung nochmals überprüft worden. Dabei sei festgestellt worden, dass dieser der gegebenen Sach- und Rechtslage entspreche. Aus den im Widerspruchsverfahren vorgelegten Befunden hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Weiterhin könne ein ursächlicher Zusammenhang oder ein mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmender Kausalzusammenhang zwischen den durchgeführten FSME-Impfungen und der aufgetretenen Myokarditis nicht angenommen werden.

Mit der am 8. Februar 2017 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin begehrt, den Bescheid vom 30. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr „Tätigungsleistungen“ nach dem IfSG zu gewähren. Sie hat zur Klagebegründung ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren bekräftigt.

Das SG hat bei K3, Leiter der Abteilung Infektiologie des Universitätsklinikum F, das Sachverständigengutachten nach Aktenlage vom 4. September 2018 erhoben. Der Zustand nach Myokarditis sei nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die FSME-Impfungen und/oder durch die Vierfachimpfung wesentlich mitverursacht oder verschlimmert worden. Ein Zustand nach einer Myokarditis werde angenommen, sei aber nicht belegt. Es könne sich ebenso um eine vorbestehende (nicht bis wenig symptomatische) Kardiomyopathie handeln, deren Entstehung idioapthisch (unklar) sei oder die sich im Rahmen einer sehr milden Kollagenose (mit Raynaud- und Fibromyalgie-Symptomatik) entwickelt habe oder durch sonstige Noxen entstanden sei. Bei der Brustschmerz-/Luftnot-Episode im April/Mai 2012 habe es sich um eine gesicherte koronare Herzkrankheit und eine im Verhältnis zur dortigen Schädigung (koronare 1-Gefäßerkrankung) ungewöhnlich starke Einschränkung des linken Herzens (Auswurffraktion 15 bis 20 %) im Sinne einer vermutlich vorbestehenden oligosymptomatischen Kardiomyopathie gehandelt.

Eine Myokarditis als Folge einer FSME-Impfung oder Tetanus-Diphterie-Pertussis-Polio-Impfung sei ungewöhnlich. In den Fachinformationen von „FSME-Immun“ bzw. „Encepur“ seien keine Nebenwirkungen im Sinne einer Myokarditis oder dilatativen Kardiomyopathie beschrieben. In der PubMed-Datenbank seien ebenfalls keine Publikationen mit den Suchwörtern „TEB“ (für Zecken-Enzephalitis) mit „Myokarditis“ oder „Kardiomyopathie“ (Suche am 2. September 2018) gelistet. In der UAW-Datenbank des P-E-Instituts bzw. BfARM (Suche am 2. September 2018) fänden sich 18 Meldungen über eine Myokarditis im Zusammenhang mit einer FSME-Impfung, davon zwölf Fälle mit plausiblen Angaben, von denen acht Fällen zeitliche Angaben zu dem Auftreten von Beschwerden nach der Impfung enthielten. Bei sieben dieser acht Fälle seien die Beschwerden innerhalb von zehn Tagen nach der Impfung aufgetreten, nur in einem Fall erst nach vier Wochen. Betroffen seien etwas mehr Männer als Frauen und die Altersgruppe mit den meisten solcher Fälle sei die über 60 Jahre gewesen. Für die zugleich verabreichte Vierfachimpfung fänden sich in einer PubMed-Suche (Suche am 2. September 2018) nur vier Fälle einer Myokarditis im Zusammenhang mit der Impfung, allerdings alle im Kleinkindalter.

Eine Reaktion der Klägerin auf die zweite Impfung am 27. April 2012 sei zeitlich wenig plausibel, da der Beschwerdebeginn circa eine Woche vor dem 5. Mai gelegen habe und die Entzündungswerte im Sinne einer Myokarditis im Zusammenhang mit dieser Impfung noch hätten erhöht sein müssen. Als Reaktion auf die erste Impfung am 2. April 2012 (FSME-Impfung bzw. Tetanus-Diphterie-Pertussio-Polio-Impfung) erscheine die Entwicklung einer Myokarditis ebenfalls als sehr unwahrscheinlich. Hier hätten wiederum die Beschwerden mit großer Wahrscheinlichkeit früher einsetzten müssen oder bei einem späteren Beginn wiederum mit Entzündungszeichen (Fieber, erhöhtes CRP, auffälliges Blutbild, etc.) im Rahmen der Vorstellungen Anfang Mai einhergehen müssen, was nicht der Fall gewesen sei.

Die später völlig unabhängig vom Impfgeschehen beobachtete Polyserositis mit Ansprechen auf Steroide sowie die im Jahr 2015 nachweisbar erhöhten ANA-Titer sprächen für das Vorliegen einer sehr milden Kollagenose (mit Raynaud- und Fibromyalgie-Symptomatik). Solche Erkrankungen, insbesondere solche mit Raynaud-Symptomatik im Sinne einer nicht voll entwickelten systemischen Sklerose oder eines atypischen Polymyositis-Syndroms, gingen durchaus mit milden subklinischen und damit lange asymptomatischen/oligosymptomatischen Veränderungen des Herzens einher, die einer milden Kardiomyopathie entsprächen.

Im vorliegenden Fall sei die Annahme einer schädigenden Impfreaktion nicht nachvollziehbar. Es gebe keine Berichte oder Dokumente über eine im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen aufgetretene Gesundheitsstörung. Die erste Impfserie am 2. April 2012 sei zumindest für vier Wochen ohne Beschwerden toleriert worden. Wohl rasch nach der zweiten Impfung sei es zu Beschwerden gekommen, die circa eine Woche später als koronare Herzkrankheit mit ungewöhnlich starker Einschränkung des linken Herzens im Sinne einer vermutlich vorbestehenden oligosymptomatischen Kardiomyopathie interpretiert worden seien. Beides sei als Impfreaktion nicht bekannt bzw. extrem unwahrscheinlich und von der zeitlichen Entwicklung nicht plausibel. Eine Impfreaktion habe im Übrigen auch nicht im Zusammenhang mit der dritten FSME-Impfung am 15. Januar 2013, die offenbar von der Klägerin gut vertragen worden sei, vorgelegen. Die Episode eine Polyserositis mit entzündlichen Veränderungen habe erst einige Monate später begonnen und stehe demnach mit dieser Impfung in keinem zeitlichen Zusammenhang. Die FSME-Impfung(en) hierfür in Betracht zu ziehen, sei wissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Ursächlich hierfür sei am ehesten ein Schub der milden Kollagenosen (mit Raynaud- und Fibromyalgie-Symptomatik).
Die Klägerin hat hinsichtlich des Sachverständigengutachtens eingewandt, das dieses beschreibe, dass Kardiomyopathien tatsächlich im Zusammenhang mit der FSME-Impfung aufgetreten seien. Insofern sei die Kausalitätsbetrachtung ebenso wie die Darstellung der zeitlichen Abläufe der Impfungen nicht nachvollziehbar.

Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch Gerichtsbescheid vom 29. Oktober 2019 abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass die Klägerin mit der Klage die Verurteilung des Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2015 (wohl 30. November 2015) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2000 (wohl 3. Februar 2017) zur Anerkennung eines Impfschadens und zur Gewährung von Versorgungsleistungen nach dem IfSG in Verbindung mit dem BVG verfolgt hat. Zur Überzeugung des SG hat es an dem Nachweis einer Impfkomplikation gefehlt. Das SG hat sich insoweit auf das Sachverständigengutachten des K3 gestützt.

Am 2. Dezember 2019 hat die Klägerin gegen den ihr am 2. November 2019 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.

Die Klägerin hat die Berufung nicht begründet.

Die Klägerin beantragt – sinngemäß –,

den Gerichtsbescheid der Sozialgerichts Freiburg vom 29. Oktober 2019 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2017 zu verurteilen, ihr Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft (§§ 143, 144 SGG), auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 29. Oktober 2019, mit dem die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem IfSG unter Aufhebung des Bescheides vom 30. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2017 (§ 95 SGG) abgewiesen worden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der vorliegenden Klageart der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 R –, BSGE 104, 116 [124]; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rz. 34), ohne eine solche derjenige der Entscheidung.

Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist jedoch das vom SG angenommene Begehren der Klägerin auf Feststellung des Vorliegens eines Impfschadens. Einen entsprechenden Antrag hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht gestellt. Die durch einen Rentenberater auch im erstinstanzlichen Verfahren vertretene Klägerin hat ausdrücklich in diesem Verfahren nur die Aufhebung des Bescheides vom 30. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2017 und die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von „Tätigungsleistungen“ nach dem IfSG beantragt (vgl. Schriftsatz des Prozessbevollmächtigen der Klägerin vom 11. April 2018). Im Übrigen wäre der Antrag auf Feststellung eines Impfschadens auch unzulässig, da nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG nur die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des BVG ist, begehrt werden kann. Für die abstrakte Feststellung, dass ein Impfschaden vorliegt, gibt es keine gesetzliche Grundlage. Es würde sich insofern um eine unzulässige Elementfeststellungsklage handeln (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VS 5036/15 –, juris, Rz. 48).

Darüber hinaus wäre der entsprechende Antrag auch deshalb unzulässig, weil das LRA durch den Bescheid vom 30. November 2015 nur die Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen eines Impfschadens nach dem IfSG abgelehnt (Ziffer I „Feststellungen“ des Bescheides vom 30. November 2015), nicht aber über Schädigungsfolgen entschieden hat. Solche werden im Bescheid vom 30. November 2015 nur – erkennbar abgesetzt – unter Ziffer II „Begründung“ thematisiert. Die Klägerin wäre demnach nicht klagebefugt im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 – B 9/9a SGB 2/06 R –, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 – B 13 RJ 19/01 R –, BSGE 90, 127 <130>), weil hinsichtlich des Klagebegehrens keine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 21. September 2010 – B 2 U 25/09 R –, juris, Rz. 12; vgl. demgegenüber BSG, Urteil vom 17. Juli 2008 – B 9/9a VS 5/06 R –, SozR 4-3200 § 81 Nr. 5, wonach die ablehnende Verwaltungsentscheidung auf das ausdrückliche Begehren, eine bestimmte Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen, erging; missverständlich indes BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 9 V 1/14 R –, SozR 4-3800 § 1 Nr. 22, Rz. 12). Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage würde demnach die Unzulässigkeit der mit ihr kombinierten Verpflichtungsklage auf Feststellung eines Impfschadens nach sich ziehen (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2016 – L 6 VJ 4009/15 –, juris, Rz. 57).

Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 30. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem IfSG. Der Senat hat den Antrag der Klägerin, den Beklagten zu verurteilen, ihr „Tätigungsleistungen“ nach dem IfSG zu gewähren, also etwas, was es nicht gibt, so nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung ausgelegt.

Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG in Verbindung mit dem BVG erhält, wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde (Nr. 1), gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 a), auch in Verbindung mit Nr. 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde, (Nr. 1a), auf Grund des IfSG angeordnet wurde (Nr. 2), gesetzlich vorgeschrieben war (Nr. 3) oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist (Nr. 4), eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 IfSG oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit das IfSG nichts Abweichendes bestimmt.

Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 61 Satz 1 IfSG). Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG anerkannt werden (§ 61 Satz 2 IfSG). Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 61 Satz 3 IfSG).

Die bei der Klägerin am 2. April 2012 erfolgte Impfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio war eine von der STIKO empfohlenen Impfung. Bei den drei FSME-Impfungen am 2. April und am 27. April 2012 sowie am 15. Januar 2013 handelt es sich nach den Empfehlungen der STIKO um eine Indikationsimpfung, da Baden-Württemberg FSME-Risikogebiet ist (so zuletzt www.rki.de, Epidemiologisches Bulletin 34/2020, S. 8 ff.). Die am 15. November 2012 gegen eine Pneumokokken-Infektion und Grippe erfolgte Impfung war hingegen zum damaligen Zeitpunkt nur für bestimmte Personengruppen empfohlen, zu denen die Klägerin aufgrund ihrer koronaren Erkrankungen gehört hat (vgl. www.rki.de, Epidemiologisches Bulletin, 30. Juli 2012/Nr. 30)    

Unter weiterer Berücksichtigung der im Sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch im Bereich des IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für die Gewährung einer Beschädigtenversorgung der folgenden Voraussetzungen:

Für die Impfopferversorgung müssen die schädigende Einwirkung (Schutzimpfung), der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, und eine dauerhafte gesundheitliche Schädigung (Impfschaden) nachgewiesen und nicht nur wahrscheinlich sein (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VJ 1/10 R –, juris, Rz. 36).

Die Schutzimpfung muss nach der im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der gesundheitlichen Schädigung und diese wesentliche Ursache für die Schädigungsfolge, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.

Die Impfung und sowohl die als unübliche Impfreaktion in Betracht kommende wie auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – im sog. Vollbeweis – feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus. Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 1986 – 9a RVi 2/84 –, juris, Rz. 8). Die Feststellung einer unüblichen Impfreaktion im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.

Bei der Beurteilung des jeweiligen Kausalzusammenhangs sind im Sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium, aktuell dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP insbesondere um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um so genannte „antizipierte Sachverständigengutachten“ (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24. April 2008 – B 9/9a SB 10/06 R –, SozR 4-3250 § 69 Nr. 9, Rz. 25). Die AHP sind im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts generell anzuwenden und wirken dadurch wie eine Rechtsnorm. Für den Fall, dass sie nicht mehr den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft wiedergeben, sind sie allerdings nicht anwendbar, dann haben Verwaltung und Gerichte auf andere Weise den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VJ 1/10 R –, SozR 4-3851 § 60 Nr. 4, Rz. 39). Die AHP enthalten in allen Fassungen seit 1983 unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt haben. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen, damals noch als „Impfschaden“ bezeichnet, bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 1983 bis 2005 sind Ende 2006 aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Versorgungsmedizin“ beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden (vgl. Rundschreiben des BMAS vom 12. Dezember 2006 - IV.c.6-48064-3 und Nr. 57 AHP 2008): „Die beim R-K-Institut eingerichtete STIKO (Ständige Impfkommission des R-K-Instituts) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß der Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Stand der Wissenschaft dar.“ Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 IfSG und Nr. 56 Abs. 1 AHP) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kann-Versorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von §§ 60 ff. IfSG durchzuführen. Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der AHP getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, welche, sofern sie Verstöße gegen höherrangiges Recht aufweist, durch die Gerichte nicht angewendet werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2009 – B 9 SB 3/08 R –, juris, Rz. 30). Anders als die AHP 1983 bis 2008 enthält die VersMedV keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern, so dass insoweit entweder auf die AHP 2008 als deren letzte Fassung zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen wie etwa Sachverständigengutachten genutzt werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VJ 1/10 R –, SozR 4-3851 § 60 Nr. 4, Rz. 41).

Bei allen medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, ist der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand maßgebend, welcher die Grundlage bildet, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen der konkret geschädigten Personen zu bewerten sind. Dies entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Sozialen Entschädigungsrecht und damit auch im Impfschadensrecht, dem Schwerbehindertenrecht (vgl. BSG, Urteile vom 17. Dezember 1997 – 9 RVi 1/95 –, SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3 und vom 24. April 2008 – B 9/9a SB 10/06 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 9, Rz. 25) und im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R –, BSGE 96, 196 <200 f.> und vom 23. April 2015 – B 2 U 10/14 R –, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 6, Rz. 20; Urteil des Senats vom 21. April 2015 – L 6 VJ 1460/13 –, juris, Rz. 66). Dieser Erkenntnistand ergibt sich indes noch nicht durch wissenschaftliche Einzelmeinungen (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 10/14 R –, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 6, Rz. 21). Ein bestimmter Vorgang, der unter Umständen vor Jahrzehnten stattgefunden hat, muss, wenn über ihn erst jetzt abschließend zu entscheiden ist, nach dem heutigen Stand der medizinischen Wissenschaft beurteilt werden. So kann auch die vor Jahrzehnten bejahte Kausalität aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden als fehlend erkannt werden, sogar mit der Folge, dass eingeräumte Rechtspositionen zurückzunehmen oder nur aus Gründen des Vertrauensschutzes (§ 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) zu belassen sind (vgl. BSG Urteil vom 2. Dezember 2010 – B 9 V 1/10 R –, SozR 4-3100 § 62 Nr. 2). Bei der Anwendung der neuesten medizinischen Erkenntnisse ist ebenso zu prüfen, ob diese sich überhaupt auf den zu beurteilenden, mitunter lange zurückliegenden Vorgang beziehen. Da andere Ursachen jeweils andere Folgen nach sich ziehen können, gilt dies insbesondere für die Beurteilung von Kausalzusammenhängen. Dementsprechend muss im Impfschadensrecht sichergestellt werden, dass die nach dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse in Betracht zu ziehenden Impfkomplikationen gerade auch die Impfstoffe betreffen, die im konkreten Fall Verwendung gefunden haben (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VJ 1/10 R –, SozR 4-3851 § 60 Nr. 4, Rz. 43; Senatsurteil vom 6. April 2017 – L 6 VJ 1281/15 –, juris, Rz. 46).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da ein Impfschaden nicht erwiesen ist. Der Senat konnte sich unter Würdigung der Aktenlage bereits nicht davon überzeugen, dass es bei der Klägerin zeitnah zu den Impfungen zu einer Impfkomplikation, also einer über das übliche Maß hinausgehenden Impfreaktion, gekommen ist. Insofern stützt sich der Senat auf das Sachverständigengutachten des K3 und die im Wege des Urkundsbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG im Verbindung mit § 411 Zivilprozessordnung [ZPO]) verwerteten im Verwaltungsverfahren von der Versorgungsärztin K2 und der OMRin F1 erstellen versorgungsärztlichen Gutachten.

Die Klägerin hat die von der STIKO empfohlenen FSME-Impfungen (vgl. Epidemiologisches Bulletin des RKI 21/2012) am 2. und am 27. April 2012 sowie am 15. Januar 2013 und die Impfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio am 2. April 2012 erhalten. Zusätzlich ist am 15. November 2012 eine Impfung gegen Grippe und eine Pneumokokken-Infektion verabreicht worden.

Die erste und einzige diesbezügliche ärztliche Behandlung ist am 5. Mai 2012 dokumentiert und damit nachgewiesen. Die Klägerin hat sich damals wegen koronarer Beschwerden ab diesem Tag bis zum 10. Mai 2012 im stationären Aufenthalt im Universitäts-Herzzentrum F, K1, Klinik für Kardiologie und Angiologie I, zur anschließenden Dilatation vom 10. bis zum 16. Mai 2012 im stationären Aufenthalt dort in der Abteilung Angiologie II, und erneut vom 23. bis zum 29. Mai 2013 im Universitäts-Herzzentrum F, K1, Klinik für Kardiologie und Angiologie I, befunden.

Somit steht aufgrund der durchgeführten Behandlungen zum einen fest, dass sie infolge der ersten FSME-Impfung am 2. April 2012 und der zeitgleichen Impfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio zunächst keine Beschwerden entwickelt hat, worauf der gerichtliche Sachverständige K3 zutreffend verwiesen hat. Diese sind erst nach der zweiten Impfung am 27. April 2012 zeitnah und zwar als koronare Leiden aufgetreten. Nach der dritten Impfung am 15. April 2013 sind wiederum zeitnah keine Beschwerden dokumentiert. Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass demnach lediglich zwischen der zweiten Impfung und dem Auftreten von Beschwerden ein enger zeitlicher Zusammenhang bestanden hat.

Diese hat aber bereits keiner der behandelnden Ärzte in einen Zusammenhang mit der stattgehabten Impfung gebracht, obwohl die Klägerin ihre FSME-Impfung durchaus erwähnt hat, was der Senat den Entlassungsberichten entnimmt. Alleine das Bestehen eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Auftreten gesundheitlicher Beschwerden und einer Impfung ist nämlich nicht ausreichend, um diese Beschwerden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen, sie demnach als Impfkomplikation zu qualifizieren. Darüber hinaus muss nicht nur ein zeitlicher Zusammenhang bestehen, sondern zwischen der Impfung und dem Auftreten der Erkrankung muss dieser auch plausibel sein (vgl. Senatsurteil vom 21. April 2015 – L 6 VJ 1460/13 –, juris, Rz. 77). Wie K3, die Versorgungärztin K2 und auch die OMRin F1 schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt haben, fehlt es daran schon deswegen, weil es an der dafür erforderlichen Erhöhung der Entzündungsparameter (Fieber, erhöhtes CRP, auffälliges Blutbild, etc.) ermangelt um eine Impfkomplikation zu belegen, wie dies K3 in Auswertung der Behandlungsunterlagen herausgearbeitet hat. Sonstige Impfreaktionen sind ebenfalls nicht belegt oder gar behauptet. Die Klägerin hat vielmehr erst ärztliche Behandlung aufgrund ihrer kardialen Problematik in Anspruch genommen, aber nicht, weil sie die Impfung nicht vertragen hat, was sie auch anamnestisch nicht geltend gemacht hat.

Weiter ist auffällig, dass sie nur nach einer Impfung überhaupt zeitnah gesundheitliche, nicht spezifische, Beschwerden aufwies, was dann offenbar dazu führte, dass sie noch eine weitere Impfung verabreichen ließ, also zunächst selbst keinen Zusammenhang mit der Impfung herstellte, sondern diesen erst im Nachhinein konstruierte. So sind die geschilderten kardialen Beschwerden nach der ersten Impfung mit zeitlicher Verzögerung (etwa vier Wochen), nach der zweiten Impfung unmittelbar und nach der dritten Impfung nicht zeitnah, sondern erst mehrere Monate später aufgetreten. Im Sinne eines plausiblen zeitlichen Zusammenhangs wäre aber zum einen erforderlich, dass sich nach jeder Impfung Beschwerden gezeigt hätten, und zum anderen, dass diese Beschwerden in einem zumindest annährend gleichwertigen zeitlichen Abstand zu den Impfungen aufgetreten wären. Beide Voraussetzungen sind vorliegend ebenfalls nicht erfüllt.

Des Weiteren bestehen für die bei der Klägerin aufgetreten koronaren Beschwerden neben den Impfungen mehrere Alternativursachen, insbesondere die beschriebenen Infekte, die bekanntermaßen einer der Hauptauslöser für Herzentzündungen sind. Das Bestehen von solchen Alternativursachen spricht ebenso gegen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Ursächlichkeit der Impfungen für die aufgetretene Gesundheitsstörung (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 30. Januar 2018 – L 9 VE 25/14 –, juris, Rz. 54).

So hat die Klägerin Anfang des Jahres 2012 unter einem langwierigen grippalen Infekt mit protrahiertem Verlauf über vier bis sechs Wochen gelitten, der sich bekanntermaßen auf das Herz schlagen kann. Diesen Zusammenhang hat bereits das Universitäts-Herzzentrum F, K1, Klinik für Kardiologie und Angiologie I vermutet, was der Senat dem im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Bericht über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 5. bis zum 10. Mai 2012 entnimmt. Das war ebenso der Fall bei den späteren Behandlungen. Vor dem zweiten stationären Aufenthalt vom 23. bis zum 29. Mai 2013 im vorgenannten Universitäts-Herzzentrum hat sie erneut an einer Infektion gelitten, nämlich anamnestisch berichtet, eine Woche vor dem stationären Aufenthalt an sogar spritzenden Durchfällen, also ebenfalls einem gravierenden Infekt, gelitten zu haben. Dem ebenso urkundsbeweislich verwerteten Berichten des MVZ Innere Medizin Breisach vom 6. September 2012 und vom 14. Juni 2013 entnimmt der Senat, dass der klinischen Symptomatik ein längerer viraler Effekt vorausgegangen ist und deshalb eine postvirale Genese nicht völlig ausgeschlossen werden konnte.

Die laienhaften Mutmaßungen der Klägerin, dass diese Infekte selbst durch die Impfungen verursacht worden sein könnten, die bereits durch keinerlei ärztliche Einschätzung getragen werden, überzeugen schon vor dem Hintergrund nicht, dass der grippale Infekt bereits Anfang des Jahres 2012 aufgetreten ist, eine FSME-Impfung jedoch erstmals am 2. April 2012 erfolgt ist.  

K3 hat als weitere Alternativursache für die koronaren Beschwerden der Kläger schlüssig dargelegt, dass die erst später bei der Klägerin und unabhängig von den Impfungen beobachtete Polyserositis mit Ansprechen auf Steroide sowie die im Jahr 2015 nachweisbar erhöhten ANA-Titer für das Vorliegen einer sehr milden Kollagenose mit Raynaud- und Fibromyalgie-Symptomatik sprechen und solche Erkrankungen insbesondere mit einer Raynaud-Symptomatik im Sinne einer nicht voll entwickelten systemischen Sklerose oder eines atypischen Polymyositis-Syndroms durchaus mit milden subklinischen und damit lange asymptomatischen/oligosymptomatischen Veränderung des Herzens einhergehen. Die Polyserositis selbst steht, wie der Senat dem Sachverständigengutachten des K3 im Weiteren entnimmt, nicht in einem zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen und kann deshalb keine Impfkomplikation darstellen.

Die Ausführungen der Klägerin, dass FSME-Impfungen mit Nebenwirkungen verbunden seien und dass im Büro ihres Prozessbevollmächtigten in den vergangenen 20 Jahren infolge von FSME-Impfungen Impfschäden aufgetreten seien, führen zu keiner anderen Bewertung. Es ist unbestritten, dass auch FSME-Impfungen mit Nebenwirkungen verbunden sind und zu Impfschäden führen können. Die Frage, ob im jeweiligen Einzelfall infolge einer FSME-Impfung eine Impfkomplikation aufgetreten ist, die zu einem Impfschaden geführt hat, ist jedoch konkret im Einzelfall zu beurteilen. Die lediglich pauschalen Mutmaßungen der Klägerin helfen insofern nicht weiter.

Sofern die Klägerin aus der gleichzeitig erfolgten Impfung am 2. April 2012 gegen FSME und gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio eine Impfkomplikation herleiten will, überzeugt auch dies den Senat nicht. Für den Senat schlüssig und überzeugend hat OMRin F1 dargelegt, dass es für eine solche behauptete außerordentliche Belastung des Körpers durch eine Mehrfachimpfung keinerlei medizinisch belastbaren Studien gibt, vielmehr solche sogar dem Stand der Wissenschaft entsprechen. Das hat seine Ursache darin, dass die modernen Impfstoffe deutlich weniger Antigene als die früheren enthalten, weil sie hoch gereinigt sind und zumeist nur einzelne Bestandteile des Erregers enthalten. So befinden sich in allen heutigen Schutzimpfungen zusammengenommen nur 150 Antigene. Das Immunsystem setzt sich jedoch täglich mit einer vielfach größeren Menge von Antigenen auseinander. Es gibt demnach keine wissenschaftlich gesicherten Hinweise darauf, dass Mehrfachimpfstoffe und demnach auch zeitgleiche Impfungen mit mehreren Impfstoffen die Immunabwehr – wie klägerisch behauptet – überlasten (so auch Epidemiologisches Bulletin des RKI 4/2016).

Nachdem eine Impfkomplikation und somit ein Primärschaden nicht erwiesen ist, kommt es auf den Kausalzusammenhang zwischen den verabreichten Impfungen, dem Primärschaden, der Impfkomplikation, und dem von der Klägerin als Impfschaden geltend gemachten Zustand nach Myokarditis nicht an.

Darüber hinaus ist aber auch die beklagte Erkrankung, nämlich der Zustand nach Myokarditis, nicht im Grad des erforderlichen Vollbeweises gesichert. Nach dem Bericht des Universitäts-Herzzentrum F,K1, Klinik für Kardiologie und Angiologie II, über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 10. bis zum 16. Mai 2012 hat für eine zuvor diskutierte Myokarditis keine Indikation bestanden. K3 hat gutachterlich ebenso darauf hingewiesen, dass ein Zustand nach Myokarditis nicht belegt ist. Er hat ausgeführt, dass es sich ebenso um eine vorbestehende (nicht bis wenig symptomatische) Kardiomyopathie handeln kann, deren Entstehung idioapthisch (unklar) ist oder die sich im Rahmen einer sehr milden Kollagenose (mit Raynaud- und Fibromyalgie-Symptomatik) entwickelt haben kann oder durch sonstige Noxen entstanden sein kann. Bei der Brustschmerz-/Luftnot-Episode im April/Mai 2012 hat es sich, so K3 im Weiteren, um eine gesicherte koronare Herzkrankheit und eine im Verhältnis zur dortigen Schädigung (koronare 1-Gefäßerkrankung) ungewöhnlich starke Einschränkung des linken Herzens (Auswurffraktion 15 bis 20 %) im Sinne einer vermutlich vorbestehenden oligosymptomatischen Kardiomyopathie gehandelt. Insofern hat K3 auch weitere Alternativursachen aufgezeigt, die gegen eine mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Verursachung der koronaren Beschwerden der Klägerin durch die erfolgten Impfungen spricht.

Auch ist das Entstehen einer Myokarditis als Folge einer FSME-Impfung äußerst ungewöhnlich und nicht durch Studien belegt oder gar als typische Impfkomplikation vom RKI benannt. Die Versorgungsärztin K2 hat hierzu im Einzelnen dargelegt, dass in Einzelfällen nach einer FSME-Impfung lediglich neurologische Beschwerden (Guillain-Barre-Syndrom und periphere Nervenschäden) beschrieben sind. Ebenso hat K3 gutachterlich darauf hingewiesen, dass eine Myokarditis als Folge einer FSME-Impfung oder Tetanus-Diphterie-Pertussis-Polio-Impfung nach seinen Literaturrecherchen ungewöhnlich ist, also rechtlich nicht wahrscheinlich. In den Fachinformationen von „FSME-Immun“ bzw. „Encepur“ sind keine Nebenwirkungen im Sinne einer Myokarditis oder dilatativen Kardiomyopathie beschrieben. In der PubMed-Datenbank sind ebenfalls keine Publikationen gelistet mit den Suchwörtern „TEB“ (für Zecken-Enzephalitis) mit „Myokarditis“ oder „Kardiomyopathie“ (Suche am 2. September 2018). In der UAW-Datenbank des P-E-Instituts bzw. BfARM (Suche am 2. September 2018) finden sich lediglich 18 Meldungen über eine Myokarditis im Zusammenhang mit einer FSME-Impfung, wovon nur zwölf Fälle mit plausiblen Angaben und von diesen nur acht Fällen zeitliche Angaben zum Auftreten von Beschwerden nach der Impfung enthalten. Bei sieben dieser acht Fälle sind die Beschwerden innerhalb von zehn Tagen nach der Impfung aufgetreten, nur in einem Fall erst nach vier Wochen. Betroffen sind etwas mehr Männer als Frauen gewesen und die Altersgruppe mit den meisten solcher Fälle ist die über 60 Jahre gewesen. Für die Tetanus-Diphterie-Pertussis-Polio-Impfung hat eine PubMed-Suche am 2. September 2018 nur vier Fälle einer Myokarditis im Zusammenhang mit der Impfung, allerdings alle im Kleinkindesalter, ergeben. Insofern sprechen auch diese statistischen Daten gegen die Ursächlichkeit der bei der Klägerin erfolgten Impfungen für ihre koronaren Beschwerden, sie belegen lediglich einzelne, statisch nicht relevante Einzelfälle, ohne dass sie medizinische Relevanz haben.  
 
Deswegen liegen auch die Voraussetzungen für eine „Kann“-Versorgung materiell-rechtlich nicht vor, denn über die Ursache der koronaren Krankheit bestehen keine Unklarheiten. Nach § 61 Satz 2 IfSG kann, wenn die nach Satz 1 erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit gegeben ist, mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folgen einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG anerkannt werden. Dabei reicht die allein theoretische Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs nicht aus (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2012 – L 6 VJ 1702/12 –, juris, Rz. 37). Denn die Verwaltung ist nicht ermächtigt, bei allen Krankheiten ungewisser Genese immer die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs – die so gut wie nie widerlegt werden kann – ausreichen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 10. November 1993 – 9/9a RV 41/92 –, juris Rz. 19). Es genügt nicht, wenn ein Arzt oder auch mehrere Ärzte einen Ursachenzusammenhang nur behaupten. Vielmehr ist es erforderlich, dass die Behauptung medizinisch-biologisch nachvollziehbar begründet und durch wissenschaftliche Fakten, in der Regel statistische Erhebungen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995 – 9 RV 17/94 –, juris, Rz. 12), untermauert ist. Die Fakten müssen – in Abgrenzung zu den Voraussetzungen der Pflichtversorgung – zwar (noch) nicht so beschaffen sein, dass sie bereits die überwiegende medizinische Fachwelt überzeugen. Die niedrigere Schwelle zur Kann-Versorgung ist daher bereits dann überschritten, wenn die vorgelegte Begründung einschließlich der diese belegenden Fakten mehr als die einfache Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs belegt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995 – 9 RV 17/94SozR 3-3200 § 81 Nr. 13, sowie Urteil vom 17. Juli 2008 – B 9/9a VS 5/06 R – SozR 4-3200 § 81 Nr. 5) und damit zumindest einen eingeschränkten Personenkreis der Fachmediziner überzeugt („Mindermeinung“). In seiner ständigen Rechtsprechung hat das BSG diesen Maßstab auf die „gute Möglichkeit“ eingeschränkt (BSG, Urteil vom 17. Juli 2008 – B 9/9a VS 5/06 R – SozR 4 - 3200 § 81 Nr. 5).

Bei der Klägerin fehlt es schon daran, dass irgendein Arzt einen solchen Zusammenhang ihrer Erkrankung mit der Impfung gesehen hat, also gar keine „gute Möglichkeit“ bestehen kann. Keine Studie oder medizinische Veröffentlichung stützt die klägerische These. Nach den Recherchen des  K3 ist nur in außerordentlich seltenen Fällen das Auftreten einer Myokarditis nach einer FSME-Impfung überhaupt gesichert, ohne dass dies zu einer relevanten medizinischen Studie Anlass gegeben oder gar zur Aufnahme durch das RKI in die bekannten Impfkomplikationen geführt hat.
Darüber hinaus besteht über die Ursache ihres Erkrankungsbildes keine generelle Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft, sie ist entweder durch die gesicherten Infekte ausgelöst worden oder eine Autoimmunerkrankung im Sinne einer Kollagenose.

Bei der Klägerin ist dessen ungeachtet eine Impfkomplikation nicht im Vollbeweis gesichert (vgl. oben), sodass es auch aus diesem Grund auf den ursächlichen Zusammenhang mit der Schädigungsfolge, dem Dauerschaden, nicht ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 13. März 1986 – 9a RVi 2/84 –, juris, Rz. 10).

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 29. Oktober 2019 war demnach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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