L 16 BA 110/22 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 21 BA 106/21
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 BA 110/22 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Der Auffangstreitwert von 5.000,- Euro nach § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) gilt je Kläger und Streitgegenstand.

2. Eine Vervielfältigung des Auffangstreitwerts in Höhe von 5.000,- Euro kommt bei einem mit einer Klage angefochtenen Statusfeststellungsbescheid nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), der die Versicherungspflicht während einer Vielzahl von Einzelaufträgen innerhalb eines Rahmenvertrages zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zum Gegenstand hat, nicht in Betracht.

 

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1 gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 21. September 2022 wird als unzulässig verworfen.

II. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 2 gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 21. September 2022 wird zurückgewiesen.  

G r ü n d e :

I.

Streitig ist die Festsetzung des Streitwerts in Höhe von 5.000,- Euro durch das Sozialgericht München im Beschluss vom 21.09.2022.
Gegenstand des der Streitwertfestsetzung zugrundeliegenden Klageverfahrens war die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen in seiner Tätigkeit für die Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf) zu 1 gemäß § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV).

Die Bf zu 1 und der Beigeladene hatten am 22.04.2019 einen Rahmenvertrag 2019 über Abdichtungs- und Silikonarbeiten geschlossen. Die Bf zu 1 stellte erstmals am 09.07.2019 bei der Bg einen Antrag auf Statusfeststellung für die Tätigkeit des Beigeladenen auf der Grundlage des Rahmenvertrags 2019 und benannte dabei zwei Bauvorhaben, auf denen der Beigeladene tätig war. In der Folge stellte die Bf zu 1 bei der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Bg) weitere gesonderte Statusfeststellungsanträge für die Tätigkeit des Beigeladenen (Silikonarbeiten) bei der Bf zu 1 auf weiteren Bauvorhaben auf der Grundlage des Rahmenvertrags 2019.

Die Bf zu 1 erhob beim Sozialgericht München Klage gegen einen Bescheid der Bg vom 27.03.2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2021. Mit diesem wurde festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen für die Bf zu 1 als Fliesenleger bei 57 verschiedenen, im Bescheid vom 07.08.2020 näher bezeichneten, Bauvorhaben in konkret benannten Zeiträumen zwischen 22.04.2019 und 29.03.2020 aufgrund abhängiger Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt und Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung bestanden. Angaben zur vorläufigen Streitwertfestsetzung wurden in der Klageschrift vom 10.05.2021, in der Klagebegründung vom 12.08.2021 und auch im weiteren Verlauf des Klageverfahrens nicht gemacht. Mit der Klage rügte die Bf zu 1 u.a., dass für jeden Einzelauftrag der Bf zu 1 an den Beigeladenen ein eigenes Statusfeststellungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Dies habe auch für die Feststellung des Beginns der Versicherungspflicht im Hinblick auf die Regelung in § 7a Abs. 6 SGB IV in der Fassung vom 29.03.2017 (a.F.) Bedeutung.

Die Beteiligten schlossen in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 21.09.2022, die zuletzt als Erörterungstermin fortgeführt wurde, einen Vergleich.

Das Sozialgericht setzte mit Beschluss vom 21.09.2022 den Streitwert für das Klageverfahren auf 5.000,- Euro fest. Der Umstand, dass mit dem streitgegenständlichen Bescheid mehrere von der Bf zu 1 gestellte Anträge auf Statusfeststellung verbeschieden worden seien, rechtfertige keine Vervielfachung des Streitwerts. Auch in Fällen wie dem vorliegenden, in denen stets die gleiche, aber zu verschiedenen Zeitpunkten verrichtete Tätigkeit zur Beurteilung stehe, erhöhe sich die wirtschaftliche Bedeutung der streitigen Frage der Versicherungspflicht nicht. In solchen Fällen könne die wirtschaftliche Bedeutung der Sache nicht beziffert werden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe auch der Rechtsansicht eine Absage erteilt, wonach eine Vervielfältigung des Auffangstreitwerts allein mit Blick auf die Länge des Zeitraums, für den der versicherungsrechtliche Status zu beurteilen sei, gerechtfertigt wäre, da es hierfür an einer rechtlichen Grundlage fehle.

Gegen den Beschluss hat die Bevollmächtigte der Bf zu 1 und Bf zu 2 mit Schriftsatz vom 24.10.2022 Beschwerde eingelegt. Die Bg habe auf Anfrage mitgeteilt, dass jedes Vertragsverhältnis gesondert beurteilt werden müsse und eine universelle Statusfeststellung für alle künftigen Vertragsverhältnisse nicht möglich sei. Daher habe die Bf zu 1 stets einzelne Statusanträge gestellt, auch damit die Frage des § 7a Abs. 6 SGB IV a.F. (Monatsfrist im Hinblick auf den Beginn der Versicherungspflicht) geprüft werden könne. Es hätten daher alle Bauvorhaben einzeln geprüft werden müssen. Die pauschale Streitwertfestsetzung in Höhe von 5.000,- Euro insgesamt sei nicht korrekt.

Die Bevollmächtigt der Bf zu 1 und Bf zu 2 beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 21.09.2022 aufzuheben und den Streitwert für das Klageverfahren entsprechend jedem einzelnen Bauvorhaben festzusetzen.

Die Bg hat hierauf erwidert, es sei bereits eine materielle Beschwer der Bf zu 1 durch die niedrigere Streitwertfestsetzung nicht erkennbar, so dass die Beschwerde unzulässig sei. Sofern die Prozessbevollmächtigte der Bf zu 1 in eigenem Namen die Beschwerde eingelegt habe - wofür es jedoch keine Anhaltspunkte gebe -, sei die Beschwerde verfristet, da sie binnen der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) hätte erhoben werden müssen. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet, da es für die Festsetzung eines höheren Streitwerts keine Grundlage gebe. Der Aufwand im Vorverfahren sei für die Streitwertfestsetzung nicht maßgeblich.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und keine Stellungnahme abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Verwaltungsakte der Bg Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Sozialgerichts München vom 21.09.2022 ist - soweit sie im Namen der Bf zu 1 erhoben wurde - unzulässig, im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern. Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm §§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) ist zwar der Einzelrichter zuständig, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier - von einem Einzelrichter erlassen wurde (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 155 Rdnr. 9d). Der Senat entscheidet jedoch gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG als Kollegialorgan, nachdem wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit eine Übertragung durch den Einzelrichter erfolgt ist (vgl. Hartmann in Hartmann, Kostengesetze online, 4. Lieferung 11/2022, § 68 GKG Rdnr. 16).

1.
Die Beschwerde der Bf zu 1 ist unzulässig. Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG findet gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist, die Beschwerde statt, wenn wie hier der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Wie bei jedem Rechtsmittel ist auch für eine Beschwerde gegen die endgültige Festsetzung des Kostenstreitwerts eine Beschwer erforderlich (vgl. Toussaint in Kostenrecht, 52. Aufl. 2022, § 68 GKG Rdnr. 7). Der Beteiligte selbst kann sich grundsätzlich nur über eine für ihn nachteilige zu hohe Wertfestsetzung beschweren (vgl. Toussaint, a.a.O., § 68 Rdnr. 9; Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 20.12.2011 - VIII ZB 59/11, Rdnr. 5, 6 juris). Da sich die Höhe der Gerichtsgebühren (§ 3 Abs. 2 GKG) und der Rechtsanwaltskosten (§ 11 RVG) nach dem festgesetzten Streitwert richten, kann ein Verfahrensbeteiligter durch die Streitwertfestsetzung grundsätzlich nur beschwert sein, wenn er kostenpflichtig und der Streitwert zu hoch festgesetzt ist (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2015 - L 9 KA 7/14 B,
Rdnr. 17 juris). Besondere Umstände, die eine Beschwer der Bf zu 1 wegen der ihrer Ansicht nach zu niedrigen Streitwertfestsetzung begründen könnten (etwa eine Honorarvereinbarung mit der Bf zu 2, vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 30.05.2016 - L 1 KA 3/15 B, Rdnr. 20 juris), sind nicht ersichtlich.

2.
Die Beschwerde der Bf zu 2 ist zulässig, aber unbegründet. Nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG kann ein Rechtsanwalt - da der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Festsetzung der Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist - aus eigenem Recht ein Rechtsmittel gegen die Festsetzung des Streitwerts einlegen, dies in demselben Rahmen, in dem sein Auftraggeber nach den einzelnen Verfahrensordnungen dasselbe Recht hat (vgl. Toussaint, a.a.O., § 32 RVG Rdnr. 13; Hartmann, a.a.O., § 32 RVG, Rdnr. 12). Die Beschwerde kann dahingehend ausgelegt werden, dass sie von der Prozessbevollmächtigten der Bf zu 1 auch im eigenen Namen erhoben wurde. Prozesshandlungen, zu denen auch die Einlegung eines Rechtsbehelfs gehört, sind auslegungsfähig. Dabei ist in entsprechender Anwendung von § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Partei das prozessual "Vernünftige" anstrebt, also denjenigen Rechtsbehelf gewählt hat, der der Interessenlage der Partei nach objektiven Maßstäben entspricht (BGH, NJW-RR 1995, 1183; OLG Dresden, Beschluss vom 04.08.1999 - 8 U 2159/99, Rdnr. 17 juris). Soweit der Rechtsanwalt seine Beschwerde damit begründet, das Gericht habe den Wert zu niedrig festgesetzt, ist eine Formulierung, wonach die Beschwerde "namens und im Auftrag des Mandanten" eingelegt wurde, dennoch auslegungsbedürftig, maßgeblich ist das prozessual Vernünftige (vgl. LAG Hamm, MDR 2001, 1442). Der Beschwerdeschrift vom 24.10.2022 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, in wessen Namen die Beschwerde eingelegt wurde. Im Betreff wird zwar der Rechtsstreit "A gegen Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin wegen Statusfeststellung" genannt. Im Übrigen heißt es aber "hier: Beschluss vom 21.02.2022 ... wird gegen den Beschluss vom 21.09.2022, mit dem der Streitwert auf € 5.000,00 festgesetzt wurde, Beschwerde eingereicht." Auch der Beschwerdebegründung vom 19.12.2022 lässt sich kein Zusatz entnehmen, dass die Beschwerde "namens und im Auftrag der Klägerin" erhoben wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass die Bf zu 2 die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 21.09.2022 jedenfalls auch im eigenen Namen erhoben hat.
Die Beschwerde ist nicht verfristet, da sie innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 68 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 GKG iVm § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt wurde. Der persönlich beschwerdeführende Rechtsanwalt ist grundsätzlich auch an die in §§ 63 Abs. 3 Satz 2, 68 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 GKG genannte Beschwerdefrist seit der formellen Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung oder seit einer anderweitigen Erledigung des Hauptverfahrens gebunden. Soweit für einen Beteiligten die Frist noch läuft, läuft sie auch zugunsten des Rechtsanwalts (vgl. Toussaint, a.a.O., § 32 RVG Rdnr. 26; Hartmann, a.a.O., § 32 RVG Rdnr. 19). Demgegenüber ist die Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG vorliegend nicht maßgeblich, da sie voraussetzt, dass auf Antrag ein Beschluss nach § 33 Abs. 1 RVG ergangen ist, der nur in Betracht kommt, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren - anders als hier - nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Streitwert auf 5.000,- Euro festgesetzt, weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts nach der Bedeutung der Sache keine genügenden Anhaltspunkte bietet.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt auf der Grundlage des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm
§ 52 GKG. Wenn der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt nicht betrifft (§ 52 Abs. 3 GKG), ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (Auffangwert).
Vorliegend bestanden keine genügenden Anhaltspunkte für eine Streitwertbestimmung gemäß § 52 Abs. 1 GKG in abweichender Höhe.
Bei der Streitwertbestimmung ist von dem im Gerichtsverfahren gestellten Antrag auszugehen. In einem Statusfeststellungsverfahren wird regelmäßig die Aufhebung bzw. Abänderung der von der Beklagten gemäß § 7a SGB IV getroffenen Entscheidung über das Vorliegen einer Beschäftigung und das Bestehen einer Versicherungspflicht in einzelnen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung begehrt. Da es nicht um eine bezifferte Geldleistung und auch nicht um einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt geht, kommt die Anwendung des § 52 Abs. 1 GKG in Betracht.

Bei der Beurteilung, welche sich aus dem im sozialgerichtlichen Verfahren gestellten Antrag der Bf zu 1 ergebende Bedeutung die Sache hat, ist bei Statusfeststellungsverfahren die Besonderheit zu berücksichtigen, dass mit der Feststellung des Vorliegens einer Beschäftigung und des Bestehens von Versicherungspflicht in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zwangsläufig die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV verbunden ist, die Beitrags- und Zahlungspflicht dem Statusfeststellungsverfahren aber zeitlich nachgelagert ist. Gemäß § 7a Abs. 6 Satz 2 SGB IV idF vom 29.03.2017 (gültig bis 31.03.2022) wird der Gesamtsozialversicherungsbeitrag erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist. Wegen dieser auf Gesetz beruhenden Verzahnung von Statusklärung und Beitrags- und Zahlungspflicht ist es weiterhin gerechtfertigt, bei der Streitwertbestimmung nach § 52 Abs. 1 GKG an die dem Statusfeststellungsverfahren nachgelagerte Pflicht zur Zahlung der Beiträge anzuknüpfen (vgl. die Rechtsprechung des 16. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts zur Streitwertfestsetzung in Verfahren nach § 7a SGB IV: Beschluss vom 11.03.2015 - L 16 R 1229/13 B; Beschluss vom 17.05.2017 - L 16 R 5025/16 B; Beschluss vom 29.05.2017 - L 16 R 5045/17 B; Beschluss vom 23.01.2019 - L 16 BA 154/18 B). Das bedeutet konkret, dass die Sozialversicherungsbeiträge zugrunde zu legen sind, die der Arbeitgeber im Fall der rechtskräftigen Feststellung von Beschäftigung und Versicherungspflicht zahlen müsste (vgl. hierzu ausführlich LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 01.04.2019 - L 2 BA 18/18, Rdnr. 20 ff. juris).

Die Festsetzung des Streitwerts auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 GKG ist in Statusfeststellungsverfahren allerdings nur möglich, wenn nach Aktenlage feststellbar ist, welche konkrete Beitrags- und Zahlungspflicht dem Arbeitgeber droht. Wenn die klagende Partei gemäß § 61 GKG bei der Antragstellung Angaben zum Streitwert gemacht hat, werden die entsprechenden Tatsachen in der Regel aktenkundig sein. Nach § 61 GKG ist bei jedem Antrag der Streitwert, sofern dieser nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, kein fester Wert bestimmt ist oder sich nicht aus früheren Anträgen ergibt, und nach Aufforderung auch der Wert eines Teils des Streitgegenstand schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle anzugeben (Satz 1), wobei die Angabe jederzeit berichtigt werden kann (Satz 2). Die Notwendigkeit der Streitwertangabe "bei jedem Antrag" dient dem Zweck, etwaige Unklarheiten über den Streitwert frühzeitig zu beseitigen. Liegen entsprechende Angaben bei Klageerhebung vor, kann auch der Gerichtskostenvorschuss in zutreffender Höhe berechnet werden.
Die Bf zu 1 hatte vorliegend weder bei Klageerhebung noch zu einem späteren Zeitpunkt im Klageverfahren gemäß § 61 Satz 1 GKG Angaben zum Streitwert gemacht. Rechnungen des Beigeladenen hinsichtlich seiner Tätigkeit für die Bf zu 1 wurden nicht vorgelegt und finden sich in der Verwaltungsakte nur vereinzelt (vier Rechnungen vom 07.05.2019, 11.07.2019, 18.07.2019 und vom 01.08.2019). Der Vortrag bietet damit keine genügenden Anhaltspunkte für die Feststellung, welcher Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die Tätigkeit des Beigeladenen bei der Ausführung der 57 Einzelaufträge zwischen dem 22.04.2019 und dem 29.03.2020 insgesamt angefallen wäre. Die gemachten Angaben bieten daher keine ausreichenden Anhaltspunkte, um eine Streitwertfestsetzung nach
§ 52 Abs. 1 GKG vorzunehmen. Weitere Ermittlungen des Gerichts zur Aufklärung der für eine Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 1 GKG erforderlichen Tatsachen nach Beendigung eines Verfahrens kommen nicht in Betracht (vgl. Toussaint, a.a.O., § 52 GKG Rdnr. 17; Meyer, GKG/FamGKG, 17. Aufl. 2020, § 52 GKG, Rdnr. 21; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.05.2013 - 10 L 17.13, Rdnr. 3 juris).
Zutreffend hat das Sozialgericht daher für das Klageverfahren nach § 52 Abs. 2 GKG den Auffangstreitwert festgesetzt. Dieser gilt je Kläger und unter Berücksichtigung des § 39 Abs. 1 GKG je Streitgegenstand (vgl. Hartmann, a.a.O., § 52 GKG, Rdnr. 20; Toussaint, a.a.O., § 52 GKG, Rdnr. 21). Vorliegend war streitgegenständlich die Frage des Bestehens von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund der Tätigkeit des Beigeladenen für die Bf zu 1 bei der Ausführung von Silikon-/Abdichtungsarbeiten aufgrund von Einzelaufträgen in der Zeit zwischen dem 22.04.2019 und dem 29.03.2020 auf der Grundlage eines bestehenden Rahmenvertrags 2019 zwischen der Bf zu 1 und dem Beigeladenen. Mit dem Bescheid vom 07.08.2020, der den Bescheid vom 27.03.2020 insoweit abgeändert hat, hat die Bg dem Umstand Rechnung getragen, dass Versicherungspflicht jeweils nur für die Zeiträume der Durchführung der Einzelaufträge innerhalb eines Rahmenvertrags festzustellen ist und nicht etwa durchgehend für den Gesamtzeitraum (vgl. die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu, z.B. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, Rdnr. 19 juris).

Eine Vervielfältigung des Auffangstreitwerts entsprechend jedem der im Bescheid vom 07.08.2020 und der Klageschrift vom 10.05.2021 aufgeführten 57 Einzelaufträge der Bf zu 1 an den Beigeladenen auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 285.000,- Euro (57 mal 5.000,- Euro) kommt nicht in Betracht. Vorliegend war streitgegenständlich die gerichtliche Überprüfung eines Statusfeststellungsbescheides der Bg in einem Verwaltungsverfahren, zu dem auch nur eine Klage vor dem Sozialgericht erhoben wurde. Die getroffene Statusfeststellung betraf ein Rahmenverhältnis zwischen der Bf zu 1 und dem Beigeladenen, geschlossen am 22.04.2019, innerhalb dessen es in der Folge zu verschiedenen Einzelaufträgen kam, deren Abwicklung - soweit aus den Akten und nach dem Vortrag der Beteiligten ersichtlich - im Wesentlichen zu gleichen Bedingungen erfolgte. Da nur ein Klageverfahren mit einem Streitgegenstand anhängig war, ist der Auffangstreitwert zutreffend nur in Höhe von 5.000,- Euro festgesetzt worden. Zu Recht hat das Sozialgericht auch auf die Rechtsprechung des BSG verwiesen, wonach der Regelstreitwert nicht wegen der Länge des Zeitraums, für den der versicherungsrechtliche Status umstritten ist, vervielfältigt werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 05.03.2010 - B 12 R 8/09 R). Dem Urteil des BSG vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R (dort Rdnr. 40 juris) lässt sich außerdem entnehmen, dass auch bei mehreren Einzelaufträgen innerhalb eines Rahmenvertrags für den entsprechenden Streitgegenstand auf den Auffangstreitwert von 5.000,- Euro abzustellen ist.
Dieses Verfahren ist gebührenfrei (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG). Kosten werden nicht erstattet (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar. Die Beschwerde zum Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 Satz 5 iVm § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

Rechtskraft
Aus
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