Im Namen des Volkes
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Schulunfalls.
Der Kläger war Schüler der M. in Ibbenbüren, einer städtischen gemeinschaftsgrundschule. Daneben besuchte er auf Initiative seiner Eltern jeden Montag von 16:25 bis 18:05 Uhr einen herkunftssprachlichen Unterricht im Fach „Griechisch“ in den Räumen der Hauptschule J. in Osnabrück. Dieser herkunftssprachliche Unterricht wurde von der Schulleitung der Hauptschule J. organisiert und die laufenden Sachkosten aus dem Etat der Stadt Osnabrück als Schulträgerin bestritten. Anstellungskörperschaft der Lehrkräfte war das Land Niedersachsen und die Lehrpläne wurden auf Landesebene erstellt. Die Teilnahme an dem herkunftssprachlichen Unterricht wurde von der M. im Zeugnis des Klägers vermerkt.
Am 14.06.2010 warf nach Ende des herkunftssprachlichen Unterrichts ein Mitschüler dem Kläger einen Tannenzapfen ins Auge, wobei dieser sich eine Hornhautverletzung und einen Bindehautriss zuzog.
Die Beklagte lehnte die Feststellung eines Schulunfalls ab und führte zur Begründung aus, der Kläger besuche als allgemeinbildende Schule die M. Der herkunftssprachliche Unterricht in Osnabrück stehe hiermit in keinem inneren Zusammenhang, denn dieser sei nicht von der M. organisiert worden und habe auch nicht in deren Räumen stattgefunden. Auch habe die M. keinerlei Einfluss auf Art und Weise sowie Ablauf des Unterrichts (Verwaltungsentscheidung vom 02.05.2011; Widerspruchsbescheid vom 12.12.2012).
Der Kläger hat am 17.01.2013 Klage erhoben.
Mit der Klage verfolgt er sein Begehren auf Anerkennung eines Schulunfalls weiter.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Verwaltungsentscheidung vom 02.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 festzustellen, dass es sich bei dem Unfallereignis vom 14.06.2010 um einen Schulunfall gehandelt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid.
Das Gericht hat wegen Organisation und Finanzierung des herkunftssprachlichen Unterrichts eine Auskunft bei der Stadt Osnabrück eingeholt; auf deren Inhalt wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die angefochtene Verwaltungsentscheidung vom 02.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 ist rechtmäßig und der Kläger nicht beschwert (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, das streitbefangene Ereignis vom 14.06.2010 als Schulunfall anzuerkennen.
Schulunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VII>). Schüler sind kraft Gesetzes versichert während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII).
Der herkunftssprachliche Unterricht zählt nicht zu den gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII versicherten Tätigkeiten.
Der Kläger „besuchte“ – im Gesetzessinne – allein die M. in Ibbenbüren. Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII ist beschränkt auf den Besuch allgemein- oder berufsbildender Schulen, durch den die allgemeine Schulpflicht erfüllt, von der Schulpflicht befreit oder ein schulrechtlicher Abschluss angestrebt werden kann (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzl. Unfallversicherung <Stand: Erg.-Lfg. 4/15>, § 2 Rn. 18.2, m.w.N.; Schlaeger, in: Schlaeger/Linder, Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung, Schüler und Studierende, 2011, § 4 Rn. 41, m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 04.07.2013, B 2 U 2/12 R). Dies war im Fall des Klägers die M. in Ibbenbüren. Diese Schule besuchte er zur Erfüllung seiner gesetzlichen Schulpflicht (§ 37 Abs. 1 Satz 2 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen <SchulG NRW>). Mit der Aufnahme des Klägers in der Ludwigschule entstand insoweit ein öffentlich-rechtliches Schulverhältnis (§ 42 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW), das zum Zeitpunkt des streitbefangenen Unfallereignisses auch noch nicht beendet war (§ 47 SchulG NRW).
Weiter stand der herkunftssprachliche Unterricht mit dem Besuch der M. in keinem ursächlichen Zusammenhang. Der Versicherungsschutz in der Schülerunfallversicherung ist aber beschränkt auf diejenigen Veranstaltungen, die in den organisatorischen Verantwortungsbereich der besuchten Schule fallen. Damit ist der Kreis der Versicherten enger gezogen als der in der gesetzlichen Unfallversicherung von Beschäftigten. Während bei letzter der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit zur Begründung des Versicherungsschutzes ausreicht, bedarf es hierfür bei der Schülerunfallversicherung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Teilnahme an der Veranstaltung und dem Schulbesuch. Dieser ursächliche Zusammenhang ist nur dann gegeben, wenn die betreffende Veranstaltung von der besuchten Schule organisatorisch getragen wird. Dies gilt – selbstverständlich – für alle Lehrplanveranstaltungen, für nicht in den Lehrplan aufgenommene Veranstaltungen dagegen nur dann, wenn es sich um eine Veranstaltung der besuchten Schule handelt, diese mithin organisatorisch von ihr getragen wurde (ausf. dazu LSG Hamburg, Urteil vom 11.10.2011, m.w.N.; so auch SG Münster, Urteil vom 23.03.2015, S 10 U 257/13 <nicht veröffentlicht>). Die unfallbringende Verrichtung muss mithin im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule geschehen sein (BSG, Urteil vom 30.06.2009, B 2 U 19/08 R). Außerhalb dieses Verantwortungsbereichs besteht in der Regel kein Versicherungsschutz (BSG, Urteil vom 26.10.2004, B 2 U 41/03 R).
Nach diesen Maßstäben lag der herkunftssprachliche Unterricht außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der M. Vielmehr war die M. insoweit ohne jeden organisatorischen Einfluss. So fand der herkunftssprachliche Unterricht in den Räumen der Hauptschule J., in Osnabrück statt. Auch besuchte der Kläger den herkunftssprachlichen Unterricht auf Initiative seiner Eltern und nicht auf Veranlassung der M. Organisiert wurde der herkunftssprachliche Unterricht nach Auskunft der Stadt Osnabrück als Schulträgerin von der Schulleitung der Hauptschule J. und die laufenden Sachkosten wurden ebenfalls nach Auskunft der Stadt Osnabrück aus ihrem Etat als Schulträgerin bestritten. Weiter wurde der herkunftssprachliche Unterricht durch beim Land Niedersachsen angestellte Lehrkräfte erteilt und schließlich wurden auch die Lehrpläne auf – niedersächsischer – Landesebene erstellt.
Dass die Teilnahme an dem herkunftssprachlichen Unterricht von der M. im Zeugnis des Klägers vermerkt wurde, macht diesen zu keiner schulischen Veranstaltung der M. Vielmehr werden nach Entscheidung der Zeugnis- oder Versetzungskonferenz auch Bemerkungen über besondere Leistungen und besonderen persönlichen Einsatz eines Schülers im außerunterrichtlichen Bereich in ein Zeugnis aufgenommen und können auf Wunsch Schülers außerschulische ehrenamtliche Tätigkeiten in Zeugnissen gewürdigt werden (vgl. § 49 Abs. 2 Nr. 3 SchulG NRW in der bis 28.12.2010 gültigen Fassung).
Weitere Versicherungstatbestände sind nicht ersichtlich. Zwar sieht § 2 Abs. 1 Nr. 8a Fall 3 SGB VII (in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze <5. SGB IV-ÄndG> vom 15.04.2015 <BGBl. I S. 583) eine Versicherung kraft Gesetzes nunmehr auch für Kinder auch während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen vor, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt, diese Vorschrift trat indes erst am 22.04.2015 in Kraft (Art. 14 Abs. 6 5. SGB IV-ÄndG). Überdies betrifft sie lediglich Kurse zur Förderung von Kindern, die nicht über ausreichende Sprachkompetenz verfügen (BT-Drucks. 18/3699, S. 40), nicht aber solche, in denen zusätzliche muttersprachliche Kenntnisse vermittelt werden. Nichts anderes gilt für die ebenfalls mit dem 5. SGB IV-ÄndG eingeführte Möglichkeit einer Versicherung kraft Satzung für Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII n.F.).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.