L 4 AY 13/24 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Asylbewerberleistungsgesetz
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 16 AY 119/23 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 AY 13/24 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze


1.    Werden in einer Rechtsmittelbelehrung eines Bescheids auf die elektronische Form für die Einlegung eines Widerspruchs hingewiesen und konkrete Anforderungen bezeichnet, die nicht vollständig alle zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts vom Antragsgegner eröffneten und zulässigen Formen der elektronischen Widerspruchseinlegung umfassen, ist die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig. Die unvollständige Aufzählung der Möglichkeiten zur elektronischen Einreichung, kann bei den betroffenen Personen einen Irrtum herbeiführen werden, der sie davon abhalten könnte, den Rechtsbehelf in der richtigen Form einzulegen.

2.    Die Leistungseinschränkung nach § 1 Abs. 3 AsylbLG beginnt nach dem eindeutigen Normtext „ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag“. Ein Beginn erst ab dem Zeitpunkt des Vorliegens des zu vertretenen Grundes ergibt sich ggf. aus der Anwendung von §§ 45, 48 SGB X (i. V. m. § 9 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG.
 


Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. Juni 2024 geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Oktober 2023 angeordnet, soweit damit der Bescheid vom 9. März 2023 auch für den Zeitraum vom 25. November 2023 bis 31. März 2024 aufgehoben wurde. 

Im Übrigen werden der Antrag abgelehnt und die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 5/6 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, bewilligt.


Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs hinsichtlich eines die dem Antragsteller gewährten Leistungen einschränkenden Bescheides des Antragsgegners.

Der 1997 geborene Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger und reiste erstmals am 9. Februar 2023 in das Bundesgebiet ein. Nach Äußerung seines Asylbegehrens wurde der Antragsteller am 23. Februar 2023 in die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen aufgenommen. Mit Bescheid vom 9. März 2023 wurden dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Form der sogenannten Grundleistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG „bis auf Weiteres“ gewährt.

Nach Ablehnung des Asylantrages des Antragsteller als unzulässig mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Mai 2023 und Erlass einer seit dem 23. Mai 2023 vollziehbaren Abschiebungsanordnung mit dem Zielstaat Österreich erließ die für den Antragsteller zuständige zentrale Ausländerbehörde des Regierungspräsidiums Gießen am 15. Juni 2023, dem Antragsteller zugestellt am 26. Juni 2023, eine sogenannte Nachtzeitverfügung, welche den Antragsteller verpflichtet, Anzeigepflichten für Aufenthalte außerhalb seiner ihm zugewiesenen Zimmer bzw. Wohnung für die Zeit von Montag bis Freitag zwischen 0:00 Uhr und 6:00 Uhr zu befolgen. Insoweit wird auf die Nachtzeitverfügung vom 5. Juni 2023, Bl. 47 ff. der Ausländerakte des Antragsgegners, Bezug genommen.

Am 21. August 2023 informierte die zentrale Ausländerbehörde die Leistungsabteilung des Antragsgegners über das Scheitern einer am gleichen Tag geplanten aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegenüber dem Antragsteller. Der Antragsteller konnte trotz der Nachtzeitverfügung in seiner Unterkunft zwischen 5:00 und 5:10 Uhr nicht angetroffen werden. Hinweise auf seinen Aufenthaltsort habe es nicht gegeben. Der Antragsteller sei alle ein bis zwei Tage in der EAE eingeloggt, jedoch immer nur für kurze Zeitabschnitte zwischen wenigen Minuten bis zu drei Stunden, zuletzt am 20. August 2023 von 17:16 bis 19:14 Uhr. In der Folge wurde die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) mit dem Hinweis „Duldung erlischt mit formloser Bekanntgabe des Abschiebetermins“ bis jedenfalls 29. Juni 2024 verlängert.

Im Rahmen der dann erfolgten Anhörung gab der Antragsteller an, dass er in der Zeit der versuchten Abschiebung bei Freunden gewesen sei. Wegen starker Zahn- und Schmerzen am ganzen Körper habe er Schmerztabletten genommen und wäre unter Einfluss dieser Medikamente und körperlicher Erschöpfung nicht in der Lage gewesen, sein Zimmer zu betreten.

Mit Bescheid des Antragsgegners vom 19. Oktober 2023, dem Antragsteller bekanntgegeben am 24. Oktober 2023, wurden die dem Antragsteller gewährten Leistungen unter Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 9. März 2023 „ab sofort“ auf Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung, Körper- sowie Gesundheitspflege reduziert. Die Leistungen würden als Sachleistungen erbracht. Der Kürzungsbetrag umfasse die dem Antragsteller mit Bescheid vom 9. März 2023 gewährten Leistungen in Höhe von 182,00 Euro, bestehend aus dem Barbetrag in Höhe von 159,00 Euro und dem als Sachleistung gewährte ÖPNV-Ticket im Wert von 23,00 Euro. Die Leistungskürzung wurde in diesem Bescheid zunächst auf die Dauer von 6 Monaten befristet. Als Begründung gab der Antragsgegner in diesem Bescheid an, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus vom Antragsteller zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden konnten. Nur, soweit im Einzelfall besondere Umstände vorlägen, könnten ihm auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG (Kleidung) auf Antrag gewährt werden. Der Bescheid war mit der folgenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen: „Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Regierungspräsidium Gießen erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift bei dem Regierungspräsidium Gießen einzulegen. Er muss dabei innerhalb der Frist beim Regierungspräsidium eingegangen sein. Bei Widerspruchserhebung in elektronischer Form muss das elektronische Dokument qualifiziert elektronisch signiert sein oder als De-Mail gem. § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes versandt werden. Eine einfache E-Mail genügt nicht.“

Am 4. Dezember 2023 hat der Antragsteller ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Darmstadt eingeleitet, zuletzt mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Am 6. Dezember 2023 hat er Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2023 erhoben. Am 19. Dezember 2023 hat er mitgeteilt, das Widerspruchsschreiben sei als Überprüfungsantrag zu werten. Am 5. Februar 2024 hat er erneut Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2023 eingelegt bzw. den Widerspruch aufrechterhalten. Die Rechtsmittelbelehrung sei unvollständig, es fehle der Hinweis auf die Möglichkeit der Widerspruchseinlegung per EGVP. Er habe sich durchgängig in der Sammelunterkunft aufgehalten, die Kürzung sei zudem verfassungswidrig. Mit Bescheid vom 14. Mai 2024 hat der Antragsgegner Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 seit 1. April 2024 bis auf Weiteres erneut bewilligt. Der Antragsteller hat daraufhin das Verfahren für den Zeitraum ab 1. April 2024 für erledigt erklärt. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2024 hat der Antragsgegner den Widerspruch vom 5. Februar 2024 als unzulässig verworfen. Hiergegen hat der Antragsteller am 3. Juni 2024 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben (Az.: S 16 AY 49/24). 

Der Antragsteller hat vorgetragen, er habe sich zu keiner der in der Nachtzeitverfügung geregelten Zeit außerhalb der ihm zugewiesenen Unterkunft aufgehalten. Der Kürzungsbescheid sei daher rechtswidrig. Weiter sei die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid des Antragsgegners vom 19. Oktober 2023 fehlerhaft, das zweifelsohne eröffnete EGVP-Postfach werde in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht aufgeführt, so dass der Widerspruch vom 6. Dezember 2023 nicht verfristet sei. Es finde sich beim Antragsgegner auch ein elektronisches Eingabeformular, über das ebenfalls nicht belehrt worden sei. Nach einem Hinweis des Verwaltungsgerichts Darmstadt dürfte die Überstellfrist nach Österreich abgelaufen sein. Er halte sich weiterhin in der Erstaufnahmeeinrichtung auf.

Der Antragsgegner hat vorgetragen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 19. Oktober 2023 ordnungsgemäß erfolgt sei. Der Widerspruch sei erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingegangen und insofern unzulässig. In der Sache habe der Antragsteller den im Bescheid vom 19. Oktober 2023 dargestellten Leistungsminderungstatbestand erfüllt. Zum Zeitpunkt der erfolglosen aufenthaltsbeendenden Maßnahme am 21. August 2023 habe der Antragsteller nicht nur die ihm zugewiesene Unterkunft verlassen. Vielmehr habe er sich nach den hiesigen Unterlagen ab 20. August 2023 gänzlich außerhalb der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen aufgehalten und diese erst am 22. August 2023 wieder betreten. Der Antragsteller halte sich nach den Ermittlungen des Antragsgegners weitestgehend nicht in der Gemeinschaftsunterkunft auf, der er zugewiesen sei. Nach Mitteilung der Zentralen Ausländerbehörde werde von der Durchführung des Abschiebevorhabens nicht abgesehen. Ein weiterer Versuch sei jedoch noch nicht vorgenommen worden, da sich die Angelegenheit infolge der überwiegenden Abwesenheit des Antragstellers schwierig gestalte. Die achtzehnmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) 604/2013 gelte und laufe am 8. Oktober 2024 ab.

Mit Beschluss vom 26. Juni 2024 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Oktober 2023 auszulegen. Der so verstandene Antrag sei statthaft. Mit Bescheid vom 19. Oktober 2023 sei zunächst eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG festgestellt und der vorherige Bewilligungsbescheid vom 9. März 2023, welcher Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG bis auf Weiteres – und damit zeitlich unbeschränkt – gewährt habe, teils aufgehoben und dadurch der Höhe nach die zuvor festgestellte Leistungseinschränkung umgesetzt worden. In beiden Fällen entfalle gemäß § 11 Abs. 4 AsylbLG die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage, so dass es sich in beiden Fällen um sofort vollziehbare Verwaltungsakte handele. Der Zulässigkeit dieses Antrages steht nicht die Bestandskraft des Bescheides 19. Oktober 2023 entgegen. Die Kammer erachte jedenfalls für die hier zu treffende Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 19. Oktober 2023 für unvollständig, an die Stelle der einmonatigen Frist im vorliegenden Fall die einjährige Ausschlussfrist des § 66 Abs. 2 SGG trete. Der Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 19. Oktober 2023 fehle es an der konkreten Benennung einer E-Mail-Adresse, über welche im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs die rechtskonforme Erhebung eines Widerspruchs möglich ist. 

Der Antrag sei unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids vom 19. Oktober 2023 überwiege das private Interesse des Antragstellers, zunächst vom Vollzug der Teilaufhebungsentscheidung sowie der Anspruchseinschränkung verschont zu bleiben. Der Bescheid des Antraggegners vom 19. Oktober 2023 erweise sich nach der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes gebotenen summarischen Prüfung des Sachverhalts als rechtmäßig und seine Vollziehung aufgrund gesetzlicher Anordnung als eilbedürftig. Ermächtigungsgrundlagen für die Teilaufhebung des zeitlich unbeschränkten Bewilligungsbescheides vom 9. März 2023 und die Feststellung einer Anspruchseinschränkung seien § 9 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG i. V. m. § 48 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) und § 1a Abs. 3 S. 1 AsylbLG. Der Antragsteller sei leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG. Er sei, nachdem sein Asylverfahren beendet und die Abschiebungsanordnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bescheid vom 8. Mai 2023) vollziehbar geworden sei, spätestens mit Wirkung vom 23. Mai 2023 vollziehbar ausreisepflichtig im Sinne der §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2, 59 AufenthG. Soweit dem Antragsteller eine bis zum 9. September 2023 gültige Duldung nach § 60a AufenthG erteilt worden sei, sei diese für die Bestimmung der Leistungsberechtigung des Antragstellers maßgeblich. Diese mit der auflösenden Bedingung des Erlöschens durch die formlose Bekanntgabe eines Abschiebetermins versehene Duldung stehe aber der Rechtmäßigkeit der Abschiebemaßnahme nicht entgegen. Über § 9 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG seien damit die Regelung der §§ 44 bis 50 SGB X anwendbar. Dem Antragsteller seien mit Bescheid vom 9. März 2023 im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X mittels Verwaltungsakt mit Dauerwirkung Leistungen nach dem AsylbLG bewilligt worden. In den zum Zeitpunkt der zuvor genannten Leistungsbewilligung gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen sei nachträglich eine Änderung eingetreten. Hierzu zähle zunächst der Eintritt der vollziehbaren Ausreisepflicht. Aufgrund der bestandskräftigen Nachtzeitverfügung der Zentralen Ausländerbehörde des Antragsgegners sei dem Antragsteller zudem die Pflicht zur Abwesenheitsanzeige für die Zeit von 00:00 bis 6:00 Uhr von montags bis freitags auferlegt worden. Hiergegen habe der Antragsteller verstoßen, da er im Rahmen einer Abschiebemaßnahme am 21. August 2023 zwischen 5.00 Uhr und 5.10 Uhr in seiner Unterkunft, konkret in seinem Zimmer, auf welches sich die Nachtzeitverfügung beziehe, nicht anzutreffen gewesen sei und auch keine Nachricht über seinen Aufenthaltsort hinterlassen habe. Es sei offensichtlich, dass der Antragsteller von seinen Pflichten zur Abwesenheitsanzeige Kenntnis gehabt und diese nicht eingehalten habe. Der vom Antragsteller behauptete grundsätzliche Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung genüge nicht, um der Nachtzeitverfügung nachzukommen. Die erforderliche Monokausalität liege vor. Als Rechtsfolge ordne die zu vorgenanntem Norm eine Reduktion des Leistungsanspruches auf den in § 1a Abs. 1 AsylbLG geregelten Umfang an. Aufgrund der Verwirklichung des Tatbestandes des § 1a Abs. 3 AsylbLG sei eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X eingetreten, was den Antragsgegner wegen der Rechtsfolgen des § 1a Abs. 3 AsylbLG zur Aufhebung der zuvor bewilligten Leistungen verpflichte. Zu Recht habe der Antragsgegner sodann Leistungen nur noch in Höhe des in § 1a Abs. 1 AsylbLG geregelten Umfang gewährt, indem er nur diesen Teil der vorherigen Leistungsgewährung aufrechterhalten habe. Dieser Leistungsumfang sei durch den Bescheid vom 19. Oktober 2023 entsprechend dieser Regelung zutreffend berechnet. Die Kammer schließe sich dem Grunde nach der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts (Beschluss vom 20. Februar 2020 – L 4 AY 14/19 ER) an, Es obliege also im Zeitraum der Anspruchseinschränkung der leistungsberechtigten Person, einzelne Bedarfe, welche ansonsten über §§ 3, 3a AsylbLG pauschaliert gedeckt würden, separat geltend zu machen. Das Bestehen solcher Bedarf könne die Kammer jedoch im Fall des Antragstellers nicht mit der erforderlichen hinreichenden Überzeugung feststellen. Soweit das Hessische Landessozialgericht in der zuvor zitierten Entscheidung quasi pauschalierend davon ausgehe, dass auch bei einer nur mittelfristig bevorstehenden Ausreise für die Organisation der Ausreise Bedarfe für Verkehr und Nachrichtenübermittlung zu unterstellen seien, sehe die Kammer hierfür im Fall des Antragstellers, welcher bisher weder vorgetragen, noch anderweitig habe erkennen lassen, dass er aus Deutschland ausreisen wolle, keinen Ansatz. Gegen diesen Willen spreche vielmehr, dass der Antragsteller sich an die ihm auferlegten Verpflichtungen zur Wohnsitznahme und Meldepflicht bezüglich Abwesenheiten nicht halte. Ein Bedarf für Verkehr sei im Übrigen schon deshalb nicht zu erkennen, weil die Ausreise nach Österreich im Fall des Antragstellers nach dem hinreichend sicher zu prognostizierenden Geschehensablauf mittels einer Abschiebung und damit nicht unmittelbar auf seine Kosten geschehen werde. Da beim Antragsteller keine Rückführung in sein Heimatland, sondern lediglich nach Österreich vorgesehen sei, sei auch nicht zu erkennen, warum ein Bedarf für Nachrichtenübermittlung bestehen sollte. 

Gegen den am 28. Juni 2024 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 12. Juli 2024 Beschwerde eingelegt. Am 21. August 2024 ist der Antragsteller der Stadt Frankfurt am Main zugewiesen worden.

Der Antragsteller trägt unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung vom 20. Juni 2024 vor, er sei in der streitgegenständlichen Zeit vom 6. Dezember 2023 bis 31. März 2024 in der Erstaufnahmeeinrichtung wohnhaft und anwesend gewesen. Er hält es für befremdlich, dass insoweit eine eidesstattliche Versicherung verlang werde, obgleich die Erstaufnahmeeinrichtung über ein elektronisches Erfassungssystem hinsichtlich der Anwesenheitszeiten verfüge. Es liege kein Mitwirkungsverstoß im Sinne des § 1a AsylbLG vor. Der Ausländerbehörde des Antragsgegners sei sein Aufenthalt durchgängig bekannt gewesen. Zudem haben es sich um das erstmalige Nichtantreffen gehandelt, so dass aufgrund des Umzuges und der insoweit unklaren Regelung bezogen auf die Nachtzeitverfügung insoweit nicht von einem Flüchtigsein in der neuen EAE gesprochen werden könne. Nach Aktenlage seien seit dem gescheiterten Abschiebeversuch aus August 2023 – mithin auch im hier streitigen Zeitraum – keine weiteren Bemühungen hinsichtlich einer Abschiebung unternommen worden. Stattdessen sei bereits am 12. September 2023 die Aussetzung der Abschiebung verfügt und nachrichtlich dem Beschwerdegegner zugeleitet worden. 

§ 1 Abs. 3 AsylbLG sei verfassungswidrig. Es fehle einerseits an der (mit Studien belegten) Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Sanktion bezogen auf die jeweils unter Sanktion gestellte vermeintliche Mitwirkungspflicht. Die Sanktion sei nicht geeignet, das Ziel – die Anwesenheit zum Zeitpunkt der versuchten Abschiebung – zu erreichen. Denn die versuchte Abschiebung sei bereits gescheitert. Überdies existierten auch keine Studien, nach denen eine Sanktion nach § 1a Abs. 3 AsylbLG zur Einhaltung einer Nachtzeitverfügung für etwaige weitere Abschiebeversuche führe. Derartige Studien würden auch der Realität widersprechen. Denn die Sanktion werde ja gerade wegen des ersten vermeintlichen Verstoßes gegen eine Nachtzeitverfügung ausgesprochen und für einen Zeitraum von – wie hier – 6 Monaten verfügt. Für den Tatbestand des § 1a Abs. 3 AsylbLG sei insoweit irrelevant, ob sich die sanktionierte Person ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe an jedem Tag der folgenden 6 Monate nachts in seinem Zimmer befinde. Die Sanktion bleibe mit ausschließlichem Strafcharakter für den ersten vermeintlichen Verstoß bestehen. Die von der Sanktion nach § 1a Abs. 3 AsylbLG im Fall des (nur) vermeintlichen Verstoßes gegen eine Nachtzeitverfügung betroffene Person habe weiter keinerlei Möglichkeit, durch eigenes Verhalten die Sanktion abzuwenden oder die Voraussetzungen zu schaffen, die Leistungen ungekürzt zu erhalten. Anders als bei „wirklichen“ Mitwirkungsverstößen wie z.B. dem Verweigern der Passbeschaffung könne er den Verstoß gegen die vermeintliche Mitwirkungspflicht der Anwesenheit nicht mehr korrigieren oder die Mitwirkung nachholen. Selbst der fortwährende Aufenthalt in einem Zimmer führe nicht zu einer Aufhebung der Sanktion. Ein Verstoß gegen eine Nachtzeitverfügung könne daher bereits inhaltlich kein Mitwirkungsverstoß im Sinne des § 1a Abs. 3 AsylbLG sein. Das vermeintlich rechtsmissbräuchliche Verhalten sei spätestens beendet, wenn die sanktionierte Person das eigene Zimmer wieder betrete. Er habe sich weiterhin in der Erstaufnahmeeinrichtung befunden und in seinem Zimmer gewohnt.

Die Regelung des § 1a AsylbLG sei evident verfassungswidrig, da sie das durch Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantierte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verletze. Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG in der aktuellen Fassung hätten die von einer Anspruchseinschränkung Betroffenen keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG. Sie erhielten nur Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege, § 1a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG; nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, könnten ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 AsylbLG gewährt werden, § 1a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG. Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens i.S.d. § 3 Absatz 1 Satz 2 AsylbLG (sog. notwendiger persönlicher Bedarf) seien damit zwingend ausgeschlossen und würden auch nicht gewährt. § 1a Abs. 1 AsylbLG in der aktuellen Fassung enthalte damit eben jene generalisierende Einschränkung, wonach soziokulturelle Bedarfe allgemein als entbehrlich angesehen würden, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar sei. Leistungen zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums seien nach § 1a Abs. 1 AsylbLG von vornherein ausgeschlossen.

Der Antragsteller beantragt: 
1.    Der Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. Juni 2024 wird aufgehoben. 
2.    Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 3. Juni 2024 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Oktober 2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2024 wird angeordnet.

Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, der Bescheid vom 19. Oktober 2023 sei bereits bestandskräftig, was der Zulässigkeit des Antrags entgegenstehe. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 19. Oktober 2023 sei rechtmäßig, sodass auch die Monatsfrist nach § 84 Abs. 1 SGG gelte. In der Rechtsbehelfsbelehrung habe die konkrete E-Mail-Adresse der Widerspruchsbehörde nicht genannt werden müssen, da sich die zu kontaktierende E-Mail-Adresse bereits aus der Kopfzeile ergeben habe. Die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers habe keinerlei Auswirkungen. Dass er sich „regelmäßig in der Erstaufnahmeeinrichtung ein- und ausgeloggt“ habe und nicht „als untergetaucht gemeldet“ worden sei, sei zutreffend. Die zutreffende Entscheidung gem. § 1a AsylbLG werde damit nicht widerlegt. Der Antragssteller halte sich wohl nach wie vor im Bundesgebiet auf. Wie bereits im Rückmeldeformular der Polizei zur gescheiterten Abschiebemaßnahme am 21. August 2023 ausgeführt, sei der Kläger seinerzeit alle ein bis zwei Tage für in der Regel nur wenige Minuten in der Erstaufnahmeeinrichtung erschiene, habe sich jedoch niemals über Nacht dort aufgehalten. An diesen nur sporadischen Anwesenheiten habe sich trotz Wohnpflicht in der Einrichtung bis zum Ablauf der zeitlich begrenzten Gewährung abgesenkter Leistungen nichts geändert. Der Antragsteller habe weiterhin keine Nacht in seiner Unterkunft verbracht und somit regelmäßig weiterhin gegen die sog. Nachtzeitverfügung verstoßen. Er habe damit weiterhin fortwährend die Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen verhindert. Wo er sich während der deutliche überwiegenden Abwesenheitszeiten aufgehalten habe, sei der Ausländerbehörde mitnichten bekannt gewesen. Nach Mitteilung der Zentralen Ausländerbehörde seines Hauses werde von der Durchführung des Abschiebevorhabens nach Österreich bislang nicht abgesehen. Ein weiterer Versuch sei jedoch noch nicht vorgenommen worden, da sich die Angelegenheit infolge der überwiegenden Abwesenheit des Klägers schwierig gestalte. Dem Beschwerdeführer sei zwar eine Duldung ausgestellt worden, jedoch mit der eindeutigen Bedingung, dass diese mit formloser Bekanntgabe des Abschiebetermins erlischt. Entgegen den Darlegungen des Antragstellers sei überdies die Vorschrift des § 1a Abs. 3 AsylbLG auch nicht verfassungswidrig. Er habe den Tatbestand des § 1a Abs. 3 AsylbLG erfüllt, welcher zwingend nach § 14 AsylbLG eine auf sechs Monate befristete Leistungseinschränkung bedinge.


II.

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn die Beschwer des Antragstellers übersteigt jedenfalls den Betrag von 750 Euro. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 19. Oktober 2023, mit dem der Antragsgegner unter Aufhebung des Bescheids vom 9. März 2023 die Leistungen gem. § 1a Abs. 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) um 182 Euro monatlich für die Dauer von sechs Monaten – bis 31. März 2024 - eingeschränkt hat.

Die Beschwerde des Antragstellers ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang auch begründet. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Mai 2024 war insoweit anzuordnen, denn der Verwaltungsakt erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtswidrig, soweit damit über den 24. November 2023 hinaus bis 31. März 2024 der Bescheid vom 9. März 2023 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – aufgehoben wurde und lediglich eingeschränkte Leistungen bewilligt wurden.

Der Antrag ist statthaft nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, wie bereits das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, denn Widerspruch und Anfechtungsklage haben gem. § 11 Abs. 4 AsylbLG vorliegend keine aufschiebende Wirkung, da der Antragsgegner mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Oktober 2023 sowohl eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG festgestellt (§ 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG) als auch die mit Bescheid vom 9. März 2023 erfolgte Leistungsbewilligung nach § 48 SGB X i. V. m. § 9 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG aufgehoben hat (§ 11 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG). Unschädlich ist, dass der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nunmehr (erstmals) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der – zwischenzeitlich erhobenen – Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Verwaltungsakt begehrt, denn der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs erfasst bei zwischenzeitlich ergangenem Widerspruchsbescheid zugleich jenen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der später erhobenen Klage (vgl. Senatsbeschluss vom 15. September 2024, L 4 AY 19/24 B ER -, zur Veröffentlichung vorgesehen; Bayerisches LSG, Beschluss vom 14. Mai 2009 – L 8 AS 215/09 B ER –, juris m. w. N.). Maßgeblich ist, dass keine Bestandskraft (§ 77 SGG) des streitgegenständlichen Verwaltungsakts eingetreten ist.

Der Antrag ist in dem aus Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. 

Die bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 Abs. 1 SGG gebotene Interessenabwägung muss sich auf alle öffentlichen und privaten Interessen erstrecken, die im Einzelfall von Bedeutung sind. Den Erfolgsaussichten in der Hauptsache, also namentlich der Rechtmäßigkeit beziehungsweise der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, kommt dabei, soweit sie sich im Rahmen der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung beurteilen lässt, erhebliche Bedeutung zu (vgl. zu dem im Einzelnen umstrittenen Maßstab für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung: Hessisches LSG, Beschluss vom 26. März 2007 – L 9 AS 387/07 ER – sowie Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG – Kommentar, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 12 ff.). So hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres zu erfolgen, wenn der Bescheid offensichtlich rechtswidrig (und die Klage zulässig) ist, während sie ausscheidet, wenn dieser offensichtlich rechtmäßig (oder die Klage offensichtlich unzulässig) ist. Insbesondere wenn die Erfolgsaussichten offen sind, hat eine umfassende Folgenabwägung stattzufinden, in deren Rahmen namentlich die Grundrechte der Betroffenen zu berücksichtigen sind, sofern sie durch die Entscheidung berührt werden. Die der gesetzlichen Anordnung des regelmäßigen Sofortvollzugs zu entnehmende Wertung ist zu beachten. Die Interessenabwägung kann bei teilbarem Begehren des Antragstellers dabei zu dem Ergebnis führen, dass die Vollziehung nur teilweise ausgesetzt wird (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Schmidt SGG, 14. Aufl. 2023, SGG § 86b Rn. 12h, beck-online m. w. N.). 

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 9. Oktober 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2024 war nach § 86b Abs. 1 SGG anzuordnen, soweit der Zeitraum über den 24. November 2023 hinaus bis zum 31. März 2024 betroffen ist; das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Anspruchseinschränkungen nach § 1a Abs. 3 AsylbLG im Bescheid vom 9. Oktober 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2024 hat insoweit hinter dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers zurückzutreten. Demgegenüber überwiegt für die Zeit bis zum 24. November 2023 das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts, da der Bescheid vom 19. Oktober 2023 sich hinsichtlich der Anspruchseinschränkung für diesen Zeitraum nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig darstellt.

Zunächst steht dem Antrag nicht die Bestandskraft des streitgegenständlichen Verwaltungsakts (§ 77 SGG) entgegen. Die am 3. Juni 2024 zum Sozialgericht Darmstadt erhobene Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2024 (Az.: S 16 AY 49/24) ist zulässig, insbesondere fristgerecht.

Weiterhin sind überwiegende Erfolgsaussichten der Klage für den Zeitraum vom 24. November 2023 bis 31. März 2024 gegeben, da der Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2023 zulässig ist und hinsichtlich des vorgenannten Zeitraums auch begründet. Hinsichtlich des Zeitraums bis zum 24. November 2023 ist ein Erfolg in der Hauptsache dagegen nicht zu erwarten.

Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2023 ist zulässig. 

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Widerspruchs ist grundsätzlich die Einreichung binnen eines Monats, nachdem der angegriffene Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Frist für einen Rechtsbehelf beginnt aber nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte hierüber belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung eines Rechtsbehelfs im Regelfall innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe zulässig (§ 66 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 SGG). 

Die Jahresfrist ist hier maßgeblich, weil die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 9. Oktober 2023 unrichtig ist. Unrichtig i. S. des § 66 Abs. 2 S. 1 SGG ist jede Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht zumindest diejenigen Merkmale zutreffend wiedergibt, die § 66 Abs. 1 SGG als Bestandteile der Belehrung ausdrücklich nennt, nämlich den statthaften Rechtsbehelf als solchen (also seine Bezeichnung der Art nach), die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, deren bzw. dessen Sitz und die einzuhaltende Frist (BSG, Urteil vom 14. März 2013 – B 13 R 19/12 R –, SozR 4-1500 § 66 Nr. 3, juris Rn. 15). Darüber hinaus ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2023 – B 7 AS 10/22 R –, juris Rn. 16; BSG, Urteil vom 14. März 2013 – B 13 R 19/12 R –, SozR 4-1500 § 66 Nr. 3, juris Rn. 16 m. w. N.; offengelassen: BSG, Beschluss vom 9. März 2023 – B 4 AS 104/22 BH –, juris Rn. 16) eine Belehrung über den wesentlichen Inhalt der bei Einlegung des Rechtsbehelfs zu beachtenden Formvorschriften erforderlich. Selbst wenn jedoch im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 37 Abs. 6 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) davon ausgegangen werden könnte, dass im Anwendungsbereich des AsylbLG der Hinweis auf die zu beachtende Form des Widerspruchs nicht notwendiger Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung eines Verwaltungsakts ist, weil die Vorschrift dies ihrem Wortlaut nach im Unterschied zu § 36 SGB X (vgl. zur Beachtung von Formvorschriften in diesem Kontext BSG, Urteil vom 27. September 2023 – B 7 AS 10/22 R –, juris Rn. 16) nicht normiert, stellt sich die streitgegenständliche Rechtsbehelfsbelehrung gleichwohl als unrichtig dar. Denn nach höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Rechtsbehelfsbelehrung auch dann unrichtig ist, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BSG, Urteil vom 27. September 2023 – B 7 AS 10/22 R –, juris Rn. 14; BSG, Urteil vom 14. März 2013 – B 13 R 19/12 R –, SozR 4-1500 § 66 Nr. 3, juris Rn. 16 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 C 2/01 - juris Rn. 12; BFH Beschluss vom 12. Dezember 2012 - I B 127/12 – juris Rn. 15, jeweils m. w. N.). 

So liegt der Fall hier, denn der Antragsgegner hat im Bescheid vom 19. Oktober 2023 auch über die einzuhaltende Form des Widerspruchs belehrt und dabei im Hinblick auf die elektronische Form mit der qualifizierten elektronischen Signatur oder der Einreichung über De-Mail konkrete Anforderungen bezeichnet, die allerdings nicht vollständig alle zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts vom Antragsgegner eröffneten und zulässigen Formen der Widerspruchseinlegung umfassten. Die Formulierung „Bei Widerspruchserhebung in elektronischer Form muss das elektronische Dokument qualifiziert elektronisch signiert sein oder als De-Mail gem. § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes versandt werden“ ist fehlerhaft, da sie nur unvollständig die Möglichkeiten der Einreichung auf elektronischem Wege erfasst. § 3a Abs. 2 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz – HVwVfG – zählt verschiedene Arten der Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form auf. Dafür genügt nach § 3a Abs. 2 Satz 2 HVwVfG ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifiziert elektronischen Signatur versehen ist. Darüber hinaus kann die Schriftform nach § 3a Abs. 2 Satz. 4 HVwVfG auch ersetzt werden durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird (Nr. 1); bei Anträgen und Anzeigen durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) (Nr. 2); bei elektronischen Verwaltungsakten oder sonstigen elektronischen Dokumenten der Behörden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt (Nr. 3); durch sonstige sichere Verfahren, die durch Rechtsverordnung der Landesregierung festgelegt werden, welche den Datenübermittler (Absender der Daten) authentifizieren und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes sowie die Barrierefreiheit gewährleisten; der IT-Planungsrat gibt Empfehlungen zu geeigneten Verfahren ab (Nr. 4). Daraus ergibt sich, dass die Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur oder von De-Mail nicht alle Möglichkeiten darstellen, auf elektronischen Wegen den Widerspruch zu erheben, sondern den Betroffenen weitere Möglichkeiten zur Verfügung stehen; insbesondere auch die Abgabe der Erklärung nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 HVwVfG. Jedenfalls hierauf hat der Antragsgegner in der streitgegenständlichen Rechtsbehelfsbelehrung nicht hingewiesen, obwohl er nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragstellers den Zugang zu einem Eingabeportal eröffnet hatte. Ungeachtet der Frage, ob der notwendige Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung diese Angaben umfasst, ist die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 9. Oktober 2023 damit unrichtig, denn eine Rechtsbehelfsbelehrung, die Angaben enthält, die nicht erforderlich sind, ist auch dann unrichtig, wenn sie nicht erforderliche Zusätze erhält, die fehlerhaft oder irreführend sind (BSG, Beschluss vom 9. März 2023 – B 4 AS 104/22 BH –, juris Rn. 16; BFH, Beschluss vom 21. Mai 2021 - II S 5/21 (PKH) -, juris Rn. 20 m. w. N.). Durch die unvollständige Aufzählung in der im streitgegenständlichen Bescheid verwendeten Möglichkeiten zur elektronischen Einreichung, kann bei dem Betroffenen ein Irrtum herbeigeführt werden, der ihn davon abhalten könnte, den Rechtsbehelf in der richtigen Form einzulegen (vgl. VG Weimar, Beschluss vom 20. April 2023 – 1 E 2673/22 We –, juris Rn. 36).

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit dem teilweisen Erfolg des Widerspruchs in der Sache zu rechnen, denn der streitgegenständliche Bescheid vom 9. Oktober 2023 stellt sich – am Maßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – als rechtwidrig dar, soweit damit über den 24. November 2023 hinaus die Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG angeordnet wird.

Zutreffend hat das Sozialgericht auf § 9 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG i. V. m. § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X und § 1a Abs. 3 S. 1 AsylbLG als Rechtsgrundlagen für den streitgegenständlichen Verwaltungsakt abgestellt und deren Tatbestandsmäßigkeit bejaht. Auf die diesbezügliche Begründung im angefochtenen Beschluss (Beschlussumdruck Bl. 8, 4. Absatz bis Bl. 11, 1. Absatz) nimmt der Senat gem. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug und sieht insoweit von einer Begründung ab.

Auch das – durch die eidesstattliche Versicherung vom 20. Juni 2024 glaubhaft gemachte – Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, er sei im Zeitraum zwischen dem 6. Dezember 2023 und dem 31. März 2024 in der Erstaufnahmeeinrichtung in der C-Straße, C-Stadt wohnhaft gewesen und habe sich regelmäßig dort ein- und ausgeloggt und er sei nie als untergetaucht gemeldet gewesen, führt nicht zu einer anderen Beurteilung des ihm vorgeworfenen Verstoßes gegen die Nachtzeitverfügung der Zentralen Ausländerbehörde. Denn weder wird dem Antragsteller ein „Untertauchen“ vorgeworfen, noch reicht das regelmäßige Ein- und Ausloggen in der Unterkunft aus, die ihm durch die Nachtzeitverfügung auferlegte Verpflichtung zur Abwesenheitsanzeige für die Zeit von 0:00 bis 6:00 Uhr von montags bis freitags zu erfüllen, da er sich am 21. August 2023 sich zu der angegebenen Zeit weder tatsächlich in der Unterkunft aufgehalten noch seine Abwesenheit hinreichend anzeigt hat. 

Der Antragsgegner durfte daher rechtsfolgenseitig Leistungen nur noch in Höhe des in § 1a Abs. 1 AsylbLG geregelt Umfangs gewähren und den Bescheid vom 9. März 2023 über die Gewährung von Grundleistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X insoweit teilweise mit Wirkung für die Zukunft aufheben. 

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist jedoch – wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – § 1a Abs. 1 S. 3 AsylbLG im Lichte der Urteile des BVerfG vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10 u.a. = BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr. 2 und vom 5. November 2019 -1 BvL 7/16 = NJW 2019, 3703 verfassungskonform auszulegen (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2020 – L 4 AY 14/19 B ER –, juris). Soweit § 1a Abs. 1 Sätze 2 und 3 AsylbLG im Regelfall die Anspruchshöhe auf die Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege begrenzt ist und nur im Ausnahmefall unter besonderen Umständen weitere Leistungen vorsieht, wäre eine Auslegung verfassungswidrig, die als Regelfall eine Unterdeckung des Existenzminimums insbesondere im Bereich der sozialen Teilhabe bewirkt, da sie nicht den strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen an eine solche Unterdeckung genügt (hierzu im Einzelnen: Senatsbeschluss vom 26. Februar 2020, L 4 AY 14/19 B ER, juris Rn. 39 f). Jedoch ist die Härtefallregelung des § 1a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG wegen der dem Wortlaut nach bedarfsbezogenen Rechtsfolge dahingehend einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich, dass ergänzend die weiteren in §§ 3, 3a und 6 AsylbLG vorgesehenen Leistungen zu gewähren sind, allerdings nicht pauschaliert, sondern nur dann, wenn dies nach der Bedarfssituation des Antragstellers geboten ist (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2020, L 4 AY 14/19 B ER, juris Rn. 46 ff m. w. N.). Die Einzelfallregelung des § 1a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG zur Berücksichtigung besonderer Umstände muss nach Auffassung des Senats jeden Bedarfsfall des § 3 Abs. 1 AsylbLG – nicht nur des § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG – außerhalb der nach § 1a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG abgesenkten Leistungen erfassen. Die Sanktion besteht mithin darin, dass der Antragsteller von dem pauschalierten Leistungsmodell des § 2 AsylbLG und der §§ 3, 3a AsylbLG auf die Anmeldung des individuellen Bedarfs insbesondere im Bereich der soziokulturellen Existenz verwiesen wird und im Falle der fehlenden Darlegung des Bedarfes auch nicht von der Pauschalierung profitieren kann (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2020, L 4 AY 14/19 B ER, juris Rn. 49). Auch rechtsfolgenseitig ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze für den Senat nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung eine Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen nicht gegeben, denn vorliegend fehlt es an der Darlegung und Glaubhaftmachung eines konkreten notwendigen, von den abgesenkten Leistungen nicht gedeckten persönlichen Bedarfs durch den Antragsteller. Dieser beschränkt sich auf den pauschalen Vortrag der Unterschreitung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminiums.

Allerdings war der Antragsgegner nicht berechtigt, die Anspruchseinschränkung bis zum 31. März 2024 anzuordnen. 

Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG beginnt die Leistungseinschränkung wegen der zu vertretenden Unmöglichkeit des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen an einem bestimmten Zeitpunkt, dies ist „ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag“ (Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 1a AsylbLG [Stand: 3. September 2024], Rn. 74; GK-SRB/Treichel, 3. Aufl. 2023, AsylbLG § 1a Rn. 45, beck-online; Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, 8. Aufl. 2024, AsylbLG § 1a Rn. 89, beck-online; BeckOK MigR/Decker, 19. Ed. 1. Juli 2024, AsylbLG § 1a Rn. 35, beck-online. Soweit teilweise vertreten wird, die Anspruchseinschränkung trete erst ab dem Zeitpunkt ein, zu dem allein ein vom Leistungsberechtigten zu vertretender Grund für den Nichtvollzug der aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegt, wenn der Nichtvollzug der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vom Leistungsberechtigten – zunächst – nicht zu vertreten ist (ohne nähere Begründung: Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, AsylbLG § 1a Rn. 79, beck-online), wie dies in den Fällen des Verstoßes gegen eine Nachtzeitverfügung regelmäßig der Fall sein dürfte, lässt sich dies nicht ohne weiteres mit dem Normtext vereinbaren. Vielmehr kann sich diese Rechtsfolge jedoch aus der Anwendung von §§ 45, 48 SGB X ergeben, soweit diese zur Aufhebung bzw. Rücknahme eines (hier gegebenen) Verwaltungsakts mit Dauerwirkung mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des monokausalen Grundes für den Nichtvollzug ermächtigen. Anders als bei den Sanktionen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende – ermächtigt § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG auch nicht zur Leistungsminderung mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Sanktionsbescheids folgt (vgl. aber insoweit § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II). Vielmehr ähnelt die gesetzgeberische Konzeption am ehesten der der Sperrzeit nach § 159 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) – Arbeitsförderung. Diese tritt am Tag nach dem sperrzeitbegründenden Ereignis ein und ist leistungsrechtlich nach Maßgabe des Verwaltungsverfahrensrechts umzusetzen; darf der bewilligende Verwaltungsakt nicht zurückgenommen (§ 45 SGB X) oder aufgehoben (§ 48 SGB X) werden, bleibt der Träger der Arbeitsförderung trotz eingetretener Sperrzeit zur Leistung verpflichtet (vgl. hierzu Knickrehm/Roßbach/Waltermann/Kallert, 8. Aufl. 2023, SGB III § 159 Rn. 92, 93, beck-online, m. w. N.). 

In Bezug auf das Ende der Leistungseinschränkung gilt § 14 Abs. 1 AsylbLG, wonach die Anspruchseinschränkung auf sechs Monate zu befristen ist. 

Dies zugrunde gelegt, durfte die Leistungseinschränkung – ausgehend von der mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Mai 2023 verfügten und seit dem 23. Mai 2023 vollziehbaren Abschiebungsanordnung – frühestens am 24. Mai 2023 beginnen und endete am 24. November 2023 (für das Fristende gelten nach § 31 Abs. 1 HVwVfG die §§ 188 ff. BGB; vgl. GK-SRB/Treichel, 3. Aufl. 2023, AsylbLG § 1a Rn. 46, beck-online). 

Soweit der Antragsgegner mit dem am 24. Oktober 2023 bekannt gegebenen Bescheid vom 19. Oktober 2023 darüber hinaus Leistungen bis zum 31. März 2024 nur im Umfang des § 1a Abs. 1 AsylbLG gewährt hat, ist dies nach im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotener summarischer Prüfung daher rechtswidrig. Zwar ermächtigt § 14 Abs. 2 AsylbLG die Anspruchseinschränkung bei fortbestehender Pflichtverletzung fortzusetzen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen der Anspruchseinschränkung weiterhin erfüllt werden, dies setzt indessen eine neue Sach- und Rechtsprüfung des Einzelfalles ebenso voraus wie eine im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung darüber, für welchen weiteren Zeitraum die befristete Anspruchseinschränkung fortgesetzt wird (Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, 8. Aufl. 2024, AsylbLG § 14 Rn. 8, beck-online; Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 14 AsylbLG [Stand: 1. Mai 2024], Rn. 26 m. w. N.). Eine solche Prüfung durch den Antragsgegner ist jedoch vorliegend nicht erfolgt. 

Soweit die starre Frist des § 14 Abs. 1 AsylbLG verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, insbes., falls die betreffende Person das missbilligte Verhalten beendet (vgl. hierzu etwa Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, 8. Aufl. 2024, AsylbLG § 14 Rn. 7, beck-online m. w. N.) bedarf dies daher ebensowenig weiterer Erwägungen wie die Frage, wann eine Monokausalität bzw. ein „Vertretenmüssen“ des Antragstellers durch das Erfordernis eines erneuten Abschiebeversuches der Ausländerbehörde endet (s. hierzu Senatsbeschluss vom 30. August 2024 im Verfahren L 4 AY 12/24 B).

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung. 

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
 

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