Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 56 Ar 2819/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AL 58/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch dessen außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit und der Beginn des Arbeitslosengeldes (Alg).
Der am 19. März 1962 geborene Kläger (verheiratet, ein Kind) war seit dem 1. September 1990 bei der Krieger Montage GmbH & Co KG (Krieger KG), Waltersdorf, als Monteur beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttoarbeitsentgelt im Jahr 1997 betrug monatlich 3.951,30 DM, sein Monatslohn im Dezember 1997 4.224,24 DM. Die Kündigungsfrist des Arbeitgebers betrug drei Monate zum Monatsende. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 15. September 1997 zum 31. Dezember 1997 unter Zahlung einer Abfindung von 6.000,- DM beendet.
Im Aufhebungsvertrag vom 15. September 1997 heißt es unter Punkt 1: „Wir kamen überein, das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten organisatorischen Gründen, auf Veranlassung der Firma, einvernehmlich und termingemäß am 31.12.1997 zu beenden“, unter Punkt 3: „Wegen Verlust des Arbeitsplatzes zahlen wir Ihnen in Anlehnung an die §§ 9 und 10 KschG, 3 Nr. 9 EStG, eine Abfindung in Höhe von DM 6.000,00 brutto/netto, die am 31.12.1997 fällig wird“ und unter Punkt 7: „Das Arbeitsverhältnis wäre durch arbeitgeberseitige Kündigung ebenfalls zum 31.12.1997 aufgelöst worden, wenn der Arbeitnehmer diesem Aufhebungsvertrag nicht zugestimmt hätte.“ Im Übrigen wurde der Kläger unter Punkt 2 des Vertrages für die Zeit vom 15. September 1997 an unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt.
Am 11. Dezember 1997 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 1. Januar 1998 arbeitslos und beantragte Alg. Zu den Gründen des Aufhebungsvertrags befragt, gab er an, er habe vergeblich versucht, einen neuen Arbeitsvertrag abzuwenden. Nach siebenjähriger Tätigkeit sei ihm eine „Heruntersenkung“ zum Hilfsarbeiter mit weniger Lohn nicht zumutbar gewesen.
Durch Bescheid vom 3. März 1998 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 1998 bis 25. März 1998 (12 Wochen) fest. Während dieser Zeit - so heißt es im Bescheid weiter - ruhe der Anspruch auf Alg. Der Kläger habe seine Beschäftigung selbst aufgegeben. Er habe voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werde. Die für sein Verhalten angegebenen Gründe hätten bei Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden können. Härtegründe für eine Kürzung der Sperrzeit seien nicht ersichtlich. Die Sperrzeit mindere den Alg-Anspruch um 91 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer.
Dementsprechend bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg erst vom 26. März 1998 an für 273 Kalendertage (Bescheid vom 6. März 1998).
Im Widerspruchsverfahren teilte die Krieger KG der Beklagten mit Schreiben vom 27. März 1998 auf Anfrage mit, innerhalb der Auslieferung der Firma hätten Umstellungen vorgenommen werden müssen, die Monteure seien je nach Qualifikation in Erstmonteure und Helfer eingeteilt worden. Der Kläger sei als Helfer eingestuft worden. Die damit verbundene Lohneinbuße bis zu 25 % habe er aus persönlichen Gründen nicht annehmen können. Sie hätten dem Kläger keine andere Tätigkeit anbieten können. Somit hätten sie sich entschlossen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Das Arbeitsverhältnis wäre auf jeden Fall zum gleichen Termin beendet worden, wenn der Kläger dem Aufhebungsvertrag nicht zugestimmt hätte.
Durch Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dem Kläger sei es zuzumuten gewesen, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten. Das habe er nicht getan.
Auf die dagegen gerichtete Klage verurteilte das Sozialgericht Berlin (SG) die Beklagte am 15. Dezember 1998 unter Aufhebung des Sperrzeitbescheides, dem Kläger bereits vom 1. Januar 1998 an Alg zu gewähren. Der Kläger habe durch Abschluss des Aufhebungsvertrags seine Arbeitslosigkeit zwar selbst herbeigeführt, weil es insoweit allein auf das tatsächliche Geschehen ankomme. Die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit sei auch zumindest grob fahrlässig geschehen. Der Kläger habe für die Lösung des Arbeitsverhältnisses aber einen wichtigen Grund gehabt. Das neue Arbeitsangebot seines Arbeitgebers sei ihm nicht zuzumuten gewesen. Die Entscheidung eines als Fachkraft beschäftigten Arbeitnehmers, zukünftig nicht als Hilfskraft mit entsprechender Lohneinbuße arbeiten zu wollen, habe die Versichertengemeinschaft zu respektieren. Von einem Arbeitnehmer, der (wie der Kläger) über keinen absoluten Kündigungsschutz verfüge, könne auch nicht verlangt werden, gegen eine Änderungskündigung im Sinne des § 2 Kündigungsschutzgesetz vor dem Arbeitsgericht zu klagen. Nehme der Arbeitnehmer die Kündigung hin, ohne das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortzusetzen, so trete keine Sperrzeit ein. Das gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung beende, die sich nicht als „Abkaufen“ des Kündigungsschutzrechtes darstelle. Das sei hier der Fall. Die Abfindung von 6.000,- DM liege weit unter den Abfindungssummen, die üblicherweise vor dem Arbeitsgericht vereinbart würden (pro Beschäftigungsjahr mindestens ein halber Monatslohn). Sei die Sperrzeit nach allem zu Unrecht festgesetzt worden, habe die Beklagte dem Kläger - da er alle Voraussetzungen des Leistungsanspruchs erfülle - auch für die Zeit vom 1. Januar bis 25. März 1998 Alg zu gewähren.
Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, für die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag bestehe nicht schon deshalb ein wichtiger Grund, weil damit einer mit Bestimmtheit in Aussicht gestellten arbeitgeberseitigen Kündigung zum selben Zeitpunkt zuvorgekommen worden sei. Dies sei vielmehr nur dann der Fall, wenn die Kündigung auch arbeitsrechtlich zulässig gewesen wäre und dem Arbeitslosen nicht zuzumuten gewesen sei, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten, weil diese objektive Nachteile für sein berufliches Fortkommen mit sich gebracht hätte oder weil er solche aus gewichtigen Gründen - die darzulegen seien - hätte befürchten müssen. Es sei schon fraglich, ob die in Aussicht gestellte Änderungskündigung (Weiterbeschäftigung bei 25 % geringerem Arbeitsentgelt) nach siebenjähriger Betriebszugehörigkeit des Klägers rechtlich haltbar gewesen wäre. Zudem sei nicht erkennbar, warum der Kläger gehindert gewesen sei, eine arbeitgeberseitige (Änderungs-) Kündigung abzuwarten. Dies wäre ihm ohne weiteres zuzumuten gewesen, da er weder vom Alter her noch aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit Besonderheiten aufweise, die begründen könnten, dass ihm bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung objektive Nachteile für sein berufliches Fortkommen entstanden wären.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 56 Ar 2819/98 -) und der Leistungsakten der Beklagten (zur Stammnummer 964-619732-) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat den Sperrzeitbescheid zu Recht aufgehoben und festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III nicht erfüllt sind, weil der Kläger für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte. Ferner hat das SG die Beklagte zutreffend zur Alg-Gewährung bereits vom 1. Januar 1998 an verurteilt, weil der Kläger von diesem Zeitpunkt an alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllte (§ 117 SGB III) und der Anspruch auch nicht ruhte. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Darlegungen im angefochtenen Urteil Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Die Beklagte verkennt, dass dem Kläger eine arbeitgeberseitige Kündigung nicht nur mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt wurde, sondern dass sie - sollte es nicht zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages kommen - feststand. Der Kläger hatte auch keinen Grund für die Annahme, dass die Kündigung arbeitsrechtlich unzulässig sein könnte. Die Änderungskündigung wäre - ebenso wie es beim Aufhebungsvertrag der Fall war - aus dringenden betrieblichen Erfordernissen fristgemäß unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist nach § 622 Bürgerliches Gesetzbuch erfolgt. Sie wäre nach dem Schreiben der Krieger KG vom 27. März 1998 sachlich begründet gewesen. Der Kläger hätte sich gegen sie also nicht mit Aussicht auf Erfolg wehren können (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 11. Februar 1983 - 7 RAr 28/83 -, Amtlicher Abdruck S. 15 = DBlR 2959 AFG § 119). Unter diesen Umständen stellt sich an sich schon die Frage, ob der Aufhebungsvertrag für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses überhaupt ursächlich gewesen ist (vgl. Niesel in Niesel, SGB III § 144 Rz 20).
Jedenfalls hatte der Kläger aber angesichts dessen, dass es ohne den Aufhebungsvertrag zum selben Zeitpunkt zur arbeitgeberseitigen (Änderungs-) Kündigung gekommen wäre, praktisch nur die Wahl zwischen dem Aufhebungsvertrag und der Ausübung einer Helfertätigkeit (vgl. BSG-Urteil vom 13. August 1986 - 7 RAr 1/86 - = SozR 4100 § 119 Nr. 28 S. 129). Diese war ihm nicht zumutbar. Sie war gegenüber der bisher ausgeübten Facharbeitertätigkeit nicht nur unterwertig, sondern auch mit keiner Lohnsicherung verbunden. Vielmehr hätte der Kläger eine Lohneinbuße von 25 % hinnehmen müssen. Diese lag deutlich über der Lohnminderung, die einem Arbeitslosen in den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit zumutbar ist (vgl. § 121 Abs. 3 SGB III: bis 20 %).
Im Übrigen wäre dem Kläger das Abwarten der arbeitgeberseitigen Kündigung auch nicht zuzumuten gewesen. Der Aufhebungsvertrag sicherte ihm die Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum Auslaufen des Arbeitsverhältnisses zu, so dass er vom Abschluss des Aufhebungsvertrags an die Möglichkeit hatte, sich eingehend der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu widmen. Zwar war der Kläger nach seinen Angaben im Verwaltungsverfahren schon vor Abschluss des Aufhebungsvertrages, nämlich nachdem er eine Vertragsänderung abgelehnt hatte, nicht mehr beschäftigt worden. Dies war jedoch nicht vertraglich gesichert und hätte jederzeit rückgängig gemacht werden können. Der darin gegenüber der Vereinbarung im Aufhebungsvertrag bestehende Nachteil wäre einem Nachteil im Sinne der von der Beklagten geforderten Voraussetzungen für das Vorliegen eines wichtigen Grundes gleichgekommen.
Danach kann dahinstehen, ob sich die Beklagte in ihrer Meinung, einer Kündigung dürfe nur dann durch Aufhebungsvertrag zuvorgekommen werden, wenn sie mit einem besonderen Nachteil für das berufliche Fortkommen verbunden wäre, wirklich auf das BSG-Urteil vom 11. Februar 1983 a.a.O., Amtlicher Abdruck S. 14/15) berufen kann, wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 17. September 1999 - L 10 AL 73/98 - angenommen hat. Das BSG könnte mit seinen Ausführungen im o.g. Urteil auch jene (nicht weiter zu benennende) Nachteile für das berufliche Fortkommen im Blick gehabt haben, die grundsätzlich mit jeder arbeitgeberseitigen Kündigung verbunden sind.
Schließlich hat die Beklagte übersehen, dass sie jedenfalls wegen besonderer Härte - unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes - von der Feststellung einer Sperrzeit hätte absehen müssen. Nach § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB III umfasst die Sperrzeit im Falle einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe nur drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte. Dazu gehören auch die Fälle einer arbeitgeberseitigen Kündigung, der durch die Arbeitsaufgabe zuvorgekommen wurde (vgl. Niesel a.a.O. Rz 113). Bei der genannten Vorschrift handelt es sich um keine abschließende Regelung. Beispielsweise umfasst die Sperrzeit nur sechs Wochen, wenn das Beschäftigungsverhältnis ansonsten innerhalb von sechs bis zwölf Wochen geendet hätte (vgl. BSG, Urteil vom 15. November 1995 - 7 RAr 32/95 - = SozR 3-4100 § 119 a Nr. 3; Niesel a.a.O. Rz 114). Dem ist zu entnehmen, dass eine (Mindest-) Sperrzeit letztlich nur dann festgestellt werden kann, wenn das Arbeitsverhältnis jedenfalls nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, nicht aber dann, wenn es gleichzeitig mit diesem Ereignis geendet hätte. So liegt es indes hier. Das die Sperrzeit begründende Ereignis ist das rechtliche Ende des Beschäftigungsverhältnisses (vgl. Niesel a.a.O. Rz 93). Mit diesem Ereignis hätte das Arbeitsverhältnis des Klägers aber ohnehin geendet. Es hätte nicht einen einzigen Tag länger gedauert (vgl. Winkler in Gagel, SGB III § 144 Rz 222: Sperrzeit maximal im Umfang der verursachten Arbeitslosigkeit).
Der Gewährung von Alg vom 1. Januar 1998 an steht schließlich - im Hinblick auf die gezahlte Abfindung - auch kein Ruhen des Anspruchs nach § 117 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Verbindung mit §§ 242 x Abs. 3 AFG, 427 Abs. 6 SGB III entgegen. Die Voraussetzungen des hier noch weiter anwendbaren § 117 Abs. 2 AFG sind deshalb nicht erfüllt, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist.
Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit und der Beginn des Arbeitslosengeldes (Alg).
Der am 19. März 1962 geborene Kläger (verheiratet, ein Kind) war seit dem 1. September 1990 bei der Krieger Montage GmbH & Co KG (Krieger KG), Waltersdorf, als Monteur beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttoarbeitsentgelt im Jahr 1997 betrug monatlich 3.951,30 DM, sein Monatslohn im Dezember 1997 4.224,24 DM. Die Kündigungsfrist des Arbeitgebers betrug drei Monate zum Monatsende. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 15. September 1997 zum 31. Dezember 1997 unter Zahlung einer Abfindung von 6.000,- DM beendet.
Im Aufhebungsvertrag vom 15. September 1997 heißt es unter Punkt 1: „Wir kamen überein, das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten organisatorischen Gründen, auf Veranlassung der Firma, einvernehmlich und termingemäß am 31.12.1997 zu beenden“, unter Punkt 3: „Wegen Verlust des Arbeitsplatzes zahlen wir Ihnen in Anlehnung an die §§ 9 und 10 KschG, 3 Nr. 9 EStG, eine Abfindung in Höhe von DM 6.000,00 brutto/netto, die am 31.12.1997 fällig wird“ und unter Punkt 7: „Das Arbeitsverhältnis wäre durch arbeitgeberseitige Kündigung ebenfalls zum 31.12.1997 aufgelöst worden, wenn der Arbeitnehmer diesem Aufhebungsvertrag nicht zugestimmt hätte.“ Im Übrigen wurde der Kläger unter Punkt 2 des Vertrages für die Zeit vom 15. September 1997 an unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt.
Am 11. Dezember 1997 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 1. Januar 1998 arbeitslos und beantragte Alg. Zu den Gründen des Aufhebungsvertrags befragt, gab er an, er habe vergeblich versucht, einen neuen Arbeitsvertrag abzuwenden. Nach siebenjähriger Tätigkeit sei ihm eine „Heruntersenkung“ zum Hilfsarbeiter mit weniger Lohn nicht zumutbar gewesen.
Durch Bescheid vom 3. März 1998 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 1998 bis 25. März 1998 (12 Wochen) fest. Während dieser Zeit - so heißt es im Bescheid weiter - ruhe der Anspruch auf Alg. Der Kläger habe seine Beschäftigung selbst aufgegeben. Er habe voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werde. Die für sein Verhalten angegebenen Gründe hätten bei Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden können. Härtegründe für eine Kürzung der Sperrzeit seien nicht ersichtlich. Die Sperrzeit mindere den Alg-Anspruch um 91 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer.
Dementsprechend bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg erst vom 26. März 1998 an für 273 Kalendertage (Bescheid vom 6. März 1998).
Im Widerspruchsverfahren teilte die Krieger KG der Beklagten mit Schreiben vom 27. März 1998 auf Anfrage mit, innerhalb der Auslieferung der Firma hätten Umstellungen vorgenommen werden müssen, die Monteure seien je nach Qualifikation in Erstmonteure und Helfer eingeteilt worden. Der Kläger sei als Helfer eingestuft worden. Die damit verbundene Lohneinbuße bis zu 25 % habe er aus persönlichen Gründen nicht annehmen können. Sie hätten dem Kläger keine andere Tätigkeit anbieten können. Somit hätten sie sich entschlossen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Das Arbeitsverhältnis wäre auf jeden Fall zum gleichen Termin beendet worden, wenn der Kläger dem Aufhebungsvertrag nicht zugestimmt hätte.
Durch Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dem Kläger sei es zuzumuten gewesen, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten. Das habe er nicht getan.
Auf die dagegen gerichtete Klage verurteilte das Sozialgericht Berlin (SG) die Beklagte am 15. Dezember 1998 unter Aufhebung des Sperrzeitbescheides, dem Kläger bereits vom 1. Januar 1998 an Alg zu gewähren. Der Kläger habe durch Abschluss des Aufhebungsvertrags seine Arbeitslosigkeit zwar selbst herbeigeführt, weil es insoweit allein auf das tatsächliche Geschehen ankomme. Die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit sei auch zumindest grob fahrlässig geschehen. Der Kläger habe für die Lösung des Arbeitsverhältnisses aber einen wichtigen Grund gehabt. Das neue Arbeitsangebot seines Arbeitgebers sei ihm nicht zuzumuten gewesen. Die Entscheidung eines als Fachkraft beschäftigten Arbeitnehmers, zukünftig nicht als Hilfskraft mit entsprechender Lohneinbuße arbeiten zu wollen, habe die Versichertengemeinschaft zu respektieren. Von einem Arbeitnehmer, der (wie der Kläger) über keinen absoluten Kündigungsschutz verfüge, könne auch nicht verlangt werden, gegen eine Änderungskündigung im Sinne des § 2 Kündigungsschutzgesetz vor dem Arbeitsgericht zu klagen. Nehme der Arbeitnehmer die Kündigung hin, ohne das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortzusetzen, so trete keine Sperrzeit ein. Das gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung beende, die sich nicht als „Abkaufen“ des Kündigungsschutzrechtes darstelle. Das sei hier der Fall. Die Abfindung von 6.000,- DM liege weit unter den Abfindungssummen, die üblicherweise vor dem Arbeitsgericht vereinbart würden (pro Beschäftigungsjahr mindestens ein halber Monatslohn). Sei die Sperrzeit nach allem zu Unrecht festgesetzt worden, habe die Beklagte dem Kläger - da er alle Voraussetzungen des Leistungsanspruchs erfülle - auch für die Zeit vom 1. Januar bis 25. März 1998 Alg zu gewähren.
Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, für die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag bestehe nicht schon deshalb ein wichtiger Grund, weil damit einer mit Bestimmtheit in Aussicht gestellten arbeitgeberseitigen Kündigung zum selben Zeitpunkt zuvorgekommen worden sei. Dies sei vielmehr nur dann der Fall, wenn die Kündigung auch arbeitsrechtlich zulässig gewesen wäre und dem Arbeitslosen nicht zuzumuten gewesen sei, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten, weil diese objektive Nachteile für sein berufliches Fortkommen mit sich gebracht hätte oder weil er solche aus gewichtigen Gründen - die darzulegen seien - hätte befürchten müssen. Es sei schon fraglich, ob die in Aussicht gestellte Änderungskündigung (Weiterbeschäftigung bei 25 % geringerem Arbeitsentgelt) nach siebenjähriger Betriebszugehörigkeit des Klägers rechtlich haltbar gewesen wäre. Zudem sei nicht erkennbar, warum der Kläger gehindert gewesen sei, eine arbeitgeberseitige (Änderungs-) Kündigung abzuwarten. Dies wäre ihm ohne weiteres zuzumuten gewesen, da er weder vom Alter her noch aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit Besonderheiten aufweise, die begründen könnten, dass ihm bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung objektive Nachteile für sein berufliches Fortkommen entstanden wären.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 56 Ar 2819/98 -) und der Leistungsakten der Beklagten (zur Stammnummer 964-619732-) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat den Sperrzeitbescheid zu Recht aufgehoben und festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III nicht erfüllt sind, weil der Kläger für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte. Ferner hat das SG die Beklagte zutreffend zur Alg-Gewährung bereits vom 1. Januar 1998 an verurteilt, weil der Kläger von diesem Zeitpunkt an alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllte (§ 117 SGB III) und der Anspruch auch nicht ruhte. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Darlegungen im angefochtenen Urteil Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Die Beklagte verkennt, dass dem Kläger eine arbeitgeberseitige Kündigung nicht nur mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt wurde, sondern dass sie - sollte es nicht zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages kommen - feststand. Der Kläger hatte auch keinen Grund für die Annahme, dass die Kündigung arbeitsrechtlich unzulässig sein könnte. Die Änderungskündigung wäre - ebenso wie es beim Aufhebungsvertrag der Fall war - aus dringenden betrieblichen Erfordernissen fristgemäß unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist nach § 622 Bürgerliches Gesetzbuch erfolgt. Sie wäre nach dem Schreiben der Krieger KG vom 27. März 1998 sachlich begründet gewesen. Der Kläger hätte sich gegen sie also nicht mit Aussicht auf Erfolg wehren können (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 11. Februar 1983 - 7 RAr 28/83 -, Amtlicher Abdruck S. 15 = DBlR 2959 AFG § 119). Unter diesen Umständen stellt sich an sich schon die Frage, ob der Aufhebungsvertrag für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses überhaupt ursächlich gewesen ist (vgl. Niesel in Niesel, SGB III § 144 Rz 20).
Jedenfalls hatte der Kläger aber angesichts dessen, dass es ohne den Aufhebungsvertrag zum selben Zeitpunkt zur arbeitgeberseitigen (Änderungs-) Kündigung gekommen wäre, praktisch nur die Wahl zwischen dem Aufhebungsvertrag und der Ausübung einer Helfertätigkeit (vgl. BSG-Urteil vom 13. August 1986 - 7 RAr 1/86 - = SozR 4100 § 119 Nr. 28 S. 129). Diese war ihm nicht zumutbar. Sie war gegenüber der bisher ausgeübten Facharbeitertätigkeit nicht nur unterwertig, sondern auch mit keiner Lohnsicherung verbunden. Vielmehr hätte der Kläger eine Lohneinbuße von 25 % hinnehmen müssen. Diese lag deutlich über der Lohnminderung, die einem Arbeitslosen in den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit zumutbar ist (vgl. § 121 Abs. 3 SGB III: bis 20 %).
Im Übrigen wäre dem Kläger das Abwarten der arbeitgeberseitigen Kündigung auch nicht zuzumuten gewesen. Der Aufhebungsvertrag sicherte ihm die Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum Auslaufen des Arbeitsverhältnisses zu, so dass er vom Abschluss des Aufhebungsvertrags an die Möglichkeit hatte, sich eingehend der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu widmen. Zwar war der Kläger nach seinen Angaben im Verwaltungsverfahren schon vor Abschluss des Aufhebungsvertrages, nämlich nachdem er eine Vertragsänderung abgelehnt hatte, nicht mehr beschäftigt worden. Dies war jedoch nicht vertraglich gesichert und hätte jederzeit rückgängig gemacht werden können. Der darin gegenüber der Vereinbarung im Aufhebungsvertrag bestehende Nachteil wäre einem Nachteil im Sinne der von der Beklagten geforderten Voraussetzungen für das Vorliegen eines wichtigen Grundes gleichgekommen.
Danach kann dahinstehen, ob sich die Beklagte in ihrer Meinung, einer Kündigung dürfe nur dann durch Aufhebungsvertrag zuvorgekommen werden, wenn sie mit einem besonderen Nachteil für das berufliche Fortkommen verbunden wäre, wirklich auf das BSG-Urteil vom 11. Februar 1983 a.a.O., Amtlicher Abdruck S. 14/15) berufen kann, wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 17. September 1999 - L 10 AL 73/98 - angenommen hat. Das BSG könnte mit seinen Ausführungen im o.g. Urteil auch jene (nicht weiter zu benennende) Nachteile für das berufliche Fortkommen im Blick gehabt haben, die grundsätzlich mit jeder arbeitgeberseitigen Kündigung verbunden sind.
Schließlich hat die Beklagte übersehen, dass sie jedenfalls wegen besonderer Härte - unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes - von der Feststellung einer Sperrzeit hätte absehen müssen. Nach § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB III umfasst die Sperrzeit im Falle einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe nur drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte. Dazu gehören auch die Fälle einer arbeitgeberseitigen Kündigung, der durch die Arbeitsaufgabe zuvorgekommen wurde (vgl. Niesel a.a.O. Rz 113). Bei der genannten Vorschrift handelt es sich um keine abschließende Regelung. Beispielsweise umfasst die Sperrzeit nur sechs Wochen, wenn das Beschäftigungsverhältnis ansonsten innerhalb von sechs bis zwölf Wochen geendet hätte (vgl. BSG, Urteil vom 15. November 1995 - 7 RAr 32/95 - = SozR 3-4100 § 119 a Nr. 3; Niesel a.a.O. Rz 114). Dem ist zu entnehmen, dass eine (Mindest-) Sperrzeit letztlich nur dann festgestellt werden kann, wenn das Arbeitsverhältnis jedenfalls nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, nicht aber dann, wenn es gleichzeitig mit diesem Ereignis geendet hätte. So liegt es indes hier. Das die Sperrzeit begründende Ereignis ist das rechtliche Ende des Beschäftigungsverhältnisses (vgl. Niesel a.a.O. Rz 93). Mit diesem Ereignis hätte das Arbeitsverhältnis des Klägers aber ohnehin geendet. Es hätte nicht einen einzigen Tag länger gedauert (vgl. Winkler in Gagel, SGB III § 144 Rz 222: Sperrzeit maximal im Umfang der verursachten Arbeitslosigkeit).
Der Gewährung von Alg vom 1. Januar 1998 an steht schließlich - im Hinblick auf die gezahlte Abfindung - auch kein Ruhen des Anspruchs nach § 117 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Verbindung mit §§ 242 x Abs. 3 AFG, 427 Abs. 6 SGB III entgegen. Die Voraussetzungen des hier noch weiter anwendbaren § 117 Abs. 2 AFG sind deshalb nicht erfüllt, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist.
Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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