Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 89/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 B 29/09 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 2. September 2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat zu Recht entschieden, dass die Kläger keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben.
Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 Zivilprozessordnung. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung, nämlich die Klage gegen den Bescheid vom 22.1.2009 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.3.2009), bietet bei summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Hinreichende Erfolgsaussicht setzt nicht voraus, dass die Kläger mit ihrem Begehren wahrscheinlich ganz oder teilweise obsiegen werden. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht genügt bereits, dass eine reale - d.h. nicht ganz entfernt liegende - Möglichkeit des Obsiegens besteht und vor der abschließenden Beantwortung der streit- erheblichen Fragen weitere Ermittlungen von Amts wegen geboten sind oder eine schwierige, höchstrichterlich noch nicht (abschließend) geklärte Rechtsfrage zu entscheiden ist (vgl dazu Bundesverfassungsgericht(BVerfG), Beschluss vom 20.02.2002, Aktenzeichen (Az). 1 BvR 1450/00, Beschluss vom 29.09.2004, Az 1 BvR 1281/04 = NJW-RR 2005, 140ff und zuletzt Beschluss vom 19.02.2008, Az 1 BvR 1807/07; NJW 2008, 1060f). Das ist hier - wie das SG zu Recht erkannt hat - nicht der Fall.
Streitgegenstand ist der geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Diesen gründen die Kläger darauf, dass die Beklagte zu Unrecht die von der Westfälischen Q Versicherung AG (im Folgenden: Q) einmalig gezahlte Invaliditätsleistung aus privater Unfallversicherung von EUR 3650,- auf 12 Monate verteilt als Einkommen berücksichtigt hat. Die summarische Prüfung ergibt, dass die Beklagte mit dieser Vorgehensweise das Recht zutreffend angewendet hat, §§ 9 Abs 1 Nr 2, 11 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 2 Abs 4 Sätze 2 und 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld- Verordnung vom 17.12.2007 (Alg II-V). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung unter keinen Umständen privilegiertes Einkommen darstellen, weil sie dem gleichen Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II dienen und den gesetzlich angeordneten Ausnahmeregelungen gerade nicht unterfallen (BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 4, BSGE 99, 47 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, weiteres Urteil vom 6.12.2007 - Az. B 14/7b AS 62/06 R - und zuletzt Urteil vom 17.3.2009, Az B 14 AS 15/08 R). Für diese Einschätzung spielt - nicht zuletzt wegen § 2 Abs 4 Sätze 2 und 3 Alg II-V - keine Rolle, ob es sich um eine einmalige (Kapital-)Leistung oder eine laufende Rentenleistung handelt. Auch in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht im Übrigen die Option, Verletztenrenten zu kapitalisieren (sog. Abfindung, vgl §§ 75ff Siebtes Buch Sozialgesetzbuch-SGB VII). Die Rechtsprechung zu den Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat das Sächsische Landessozialgericht wegen bestehender Zweckidentität - zu Recht - auf einmalige Leistungen aus privater Unfallversicherung übertragen (Urt. vom 13.3.2008, Az L 2 AS 143/07). Ob für die Rechtsfrage der Berücksichtigung von Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung als Einkommen nach dem SGB II gleichwohl hinreichende Erfolgsaussicht zu bejahen wäre, weil gegen die o.g. höchstrichterliche Auffassung wohlbegründete Bedenken erhoben wurden (Wenner. Was darf beim Arbeitslosengeld II als Einkommen angerechnet werden? in: Soziale Sicherheit 2007, 395, 396; Hänlein in Gagel. SGB II. § 11 Rdnr 62 mwN; Mecke in Eicher/Spellbrink Grundsicherung für Arbeitsuchende. Kommentar. § 11 Rdnr 39; LSG Hamburg, Breithaupt 2007, 685ff) und gegen die beiden o.g. Urteile des Bundessozialgerichts vom 6.12.2007 Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind (Az 1 BvR 591/08 und 1 BvR 593/08), kann hier dahin stehen. Diese Bedenken gründen zum Einen darauf, dass in der gesetzlichen Unfallversicherung der Schmerzensgeldanspruch gegen den Schädiger ausgeschlossen (§ 104 Abs 1 SGB VII) und damit durch die Verletztenrente u.U. mitabgegolten ist, zum Anderen darauf, dass eine Nähe der Leistung zu den in § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ausdrücklich aufgeführten Leistungen (die jeweils wohl auch eine immaterielle Komponente beinhalten) besteht. Beides gilt für die Leistung der Q nicht, da die Leistungen der privaten Unfallversicherung frei vereinbart werden und ausschließlich der finanziellen Absicherung gegen den Ausfall von Erwerbsfähigkeit wegen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit durch Eintritt des versicherten Risikos (idR: eines Unfall) dienen.
Auch die Tatsache, dass die Beiträge an die Q möglicherweise aus der Regelleistung gezahlt wurden, ändert nicht daran, dass es sich beim Zufluss der einmaligen Kapitalleistung während des Leistungsbezugs nach dem SGB II um Einkommen (und nicht etwa um Vermögen nach § 12 SGB II) handelt, weil es sich nicht lediglich um eine Umwandlung von Vermögen, sondern um einen (keinesfalls sicher eintretenden) Wertzuwachs, mithin um eine Wertsteigerung durch zusätzliche Einnahmen handelt (vgl zB Mecke. AaO. § 11 Rdnr 28 mwN).
Sonstige Gründe, die zu einer höheren Leistung führen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a SGG, 127 Abs 4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat zu Recht entschieden, dass die Kläger keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben.
Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 Zivilprozessordnung. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung, nämlich die Klage gegen den Bescheid vom 22.1.2009 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.3.2009), bietet bei summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Hinreichende Erfolgsaussicht setzt nicht voraus, dass die Kläger mit ihrem Begehren wahrscheinlich ganz oder teilweise obsiegen werden. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht genügt bereits, dass eine reale - d.h. nicht ganz entfernt liegende - Möglichkeit des Obsiegens besteht und vor der abschließenden Beantwortung der streit- erheblichen Fragen weitere Ermittlungen von Amts wegen geboten sind oder eine schwierige, höchstrichterlich noch nicht (abschließend) geklärte Rechtsfrage zu entscheiden ist (vgl dazu Bundesverfassungsgericht(BVerfG), Beschluss vom 20.02.2002, Aktenzeichen (Az). 1 BvR 1450/00, Beschluss vom 29.09.2004, Az 1 BvR 1281/04 = NJW-RR 2005, 140ff und zuletzt Beschluss vom 19.02.2008, Az 1 BvR 1807/07; NJW 2008, 1060f). Das ist hier - wie das SG zu Recht erkannt hat - nicht der Fall.
Streitgegenstand ist der geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Diesen gründen die Kläger darauf, dass die Beklagte zu Unrecht die von der Westfälischen Q Versicherung AG (im Folgenden: Q) einmalig gezahlte Invaliditätsleistung aus privater Unfallversicherung von EUR 3650,- auf 12 Monate verteilt als Einkommen berücksichtigt hat. Die summarische Prüfung ergibt, dass die Beklagte mit dieser Vorgehensweise das Recht zutreffend angewendet hat, §§ 9 Abs 1 Nr 2, 11 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 2 Abs 4 Sätze 2 und 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld- Verordnung vom 17.12.2007 (Alg II-V). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung unter keinen Umständen privilegiertes Einkommen darstellen, weil sie dem gleichen Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II dienen und den gesetzlich angeordneten Ausnahmeregelungen gerade nicht unterfallen (BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 4, BSGE 99, 47 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, weiteres Urteil vom 6.12.2007 - Az. B 14/7b AS 62/06 R - und zuletzt Urteil vom 17.3.2009, Az B 14 AS 15/08 R). Für diese Einschätzung spielt - nicht zuletzt wegen § 2 Abs 4 Sätze 2 und 3 Alg II-V - keine Rolle, ob es sich um eine einmalige (Kapital-)Leistung oder eine laufende Rentenleistung handelt. Auch in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht im Übrigen die Option, Verletztenrenten zu kapitalisieren (sog. Abfindung, vgl §§ 75ff Siebtes Buch Sozialgesetzbuch-SGB VII). Die Rechtsprechung zu den Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat das Sächsische Landessozialgericht wegen bestehender Zweckidentität - zu Recht - auf einmalige Leistungen aus privater Unfallversicherung übertragen (Urt. vom 13.3.2008, Az L 2 AS 143/07). Ob für die Rechtsfrage der Berücksichtigung von Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung als Einkommen nach dem SGB II gleichwohl hinreichende Erfolgsaussicht zu bejahen wäre, weil gegen die o.g. höchstrichterliche Auffassung wohlbegründete Bedenken erhoben wurden (Wenner. Was darf beim Arbeitslosengeld II als Einkommen angerechnet werden? in: Soziale Sicherheit 2007, 395, 396; Hänlein in Gagel. SGB II. § 11 Rdnr 62 mwN; Mecke in Eicher/Spellbrink Grundsicherung für Arbeitsuchende. Kommentar. § 11 Rdnr 39; LSG Hamburg, Breithaupt 2007, 685ff) und gegen die beiden o.g. Urteile des Bundessozialgerichts vom 6.12.2007 Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind (Az 1 BvR 591/08 und 1 BvR 593/08), kann hier dahin stehen. Diese Bedenken gründen zum Einen darauf, dass in der gesetzlichen Unfallversicherung der Schmerzensgeldanspruch gegen den Schädiger ausgeschlossen (§ 104 Abs 1 SGB VII) und damit durch die Verletztenrente u.U. mitabgegolten ist, zum Anderen darauf, dass eine Nähe der Leistung zu den in § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ausdrücklich aufgeführten Leistungen (die jeweils wohl auch eine immaterielle Komponente beinhalten) besteht. Beides gilt für die Leistung der Q nicht, da die Leistungen der privaten Unfallversicherung frei vereinbart werden und ausschließlich der finanziellen Absicherung gegen den Ausfall von Erwerbsfähigkeit wegen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit durch Eintritt des versicherten Risikos (idR: eines Unfall) dienen.
Auch die Tatsache, dass die Beiträge an die Q möglicherweise aus der Regelleistung gezahlt wurden, ändert nicht daran, dass es sich beim Zufluss der einmaligen Kapitalleistung während des Leistungsbezugs nach dem SGB II um Einkommen (und nicht etwa um Vermögen nach § 12 SGB II) handelt, weil es sich nicht lediglich um eine Umwandlung von Vermögen, sondern um einen (keinesfalls sicher eintretenden) Wertzuwachs, mithin um eine Wertsteigerung durch zusätzliche Einnahmen handelt (vgl zB Mecke. AaO. § 11 Rdnr 28 mwN).
Sonstige Gründe, die zu einer höheren Leistung führen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a SGG, 127 Abs 4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
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