L 12 AS 2155/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 32 AS 38/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 2155/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 156/11 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. d.Kl.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.06.2010 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 1.373,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die beteiligten Jobcenter streiten um die Erstattung von Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung auf der Grundlage von § 36a des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Die 1984 geborene Leistungsempfängerin O L verließ nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten am 13.02.2007 mit ihren beiden Kindern die bisherige gemeinsame Wohnung in F/S-Kreis und suchte noch am gleichen Tage Zuflucht im Frauenhaus des S-Kreises in B. Dort beantragte sie bei dem Kläger am 26.04.2007 die Übernahme von Kosten für die Erstausstattung einer neuen, nach dem Auszug aus dem Frauenhaus zu beziehenden Wohnung. Mit Bescheid vom 30.04.2007 bewilligte der Kläger Frau L auf ihren Antrag hin einen Betrag von insgesamt 1.373,00 Euro. Am 06.05.2007 verließ Frau L das Frauenhaus und zog in die ebenfalls in B gelegene Wohnung um.

Am 20.07.2007 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Erstattung der Frau L und ihren Kindern während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 3.513,20 Euro auf der Grundlage von § 36a SGB II geltend. Dieser Betrag setzte sich im Einzelnen aus den durch die Unterbringung im Frauenhaus selbst entstandenen Kosten in Höhe von 2.140,20 Euro sowie den Kosten für die Erstausstattung der neuen Wohnung in Höhe von 1.373,00 Euro zusammen.

Mit einem mit der Überschrift "Ablehnung der Erstattung für die Beihilfe der Erstausstattung" versehenen Schreiben vom 03.08.2007 lehnte der Beklagte die Erstattung der von dem Kläger gewährten Leistungen für die Erstausstattung ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Erstausstattungsbeihilfe nicht zu den ursprünglichen Kosten des Frauenhauses zähle, auch wenn sie während des Frauenhausaufenthaltes geleistet worden sei. Gegen diesen "Bescheid" könne innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tage teilte der Beklagte dem Kläger darüber hinaus mit, dass er die übrigen durch den Aufenthalt im Frauenhaus entstandenen Kosten der Unterkunft unter Abzug von 31,2 % für den Bundeszuschuss zu den kommunalen Leistungen zum Gesamtbetrag in Höhe von 1.472,46 Euro zur Auszahlung gebracht habe.

Mit Schreiben vom 29.08.2007 legte der Kläger gegen die Ablehnung der Erstattung der Erstausstattungskosten vorsorglich Widerspruch ein. Des Weiteren wies der Kläger unter Bezugnahme auf den Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28.11.2007 darauf hin, dass er auch den Abzug des Bundeszuschusses in Höhe von 31,2 % von den geltend gemachten Kosten der Unterkunft nicht hinnehmen werde. Die Meldung der Kosten für Unterkunft und Heizung zur Bundesbeteiligung sowie die Abrechnung mit dem Bund gemäß § 6 Abs. 2 und 3 AG SGB II NRW habe ausschließlich durch den erstattungspflichtigen kommunalen Träger zu erfolgen.

Mit einem als "Bescheid" bezeichneten Schreiben vom 11.02.2008 übernahm der Beklagte daraufhin die gesamten durch den Aufenthalt im Frauenhaus selbst verursachten Unterkunftskosten in Höhe von 2.140,20 Euro. Hinsichtlich der Erstausstattungskosten erließ der Beklagte am 22.07.2008 einen Widerspruchsbescheid, in dem er den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 03.08.2007 als in der Sache unbegründet zurückwies.

Am 30.01.2009 erließ der Beklagte einen weiteren Widerspruchsbescheid, mit dem er den Widerspruchsbescheid vom 22.07.2008 wieder aufhob und den Widerspruch des Klägers nunmehr als unzulässig zurückwies. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass ein Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte im Sinne von § 31 SGB X zulässig sei. Die gesetzliche Begriffsbestimmung eines Verwaltungsakts in § 31 SGB X setze ein Subordinationsverhältnis voraus, wie es insbesondere für das Verhältnis des Staates zum Bürger, nicht aber im Verhältnis zwischen verschiedenen Trägern der Staatsgewalt üblich sei. Bei dem ablehnenden Schreiben vom 03.08.2007 habe es sich daher nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt.

Am 18.03.2009 hat der Kläger gegen den Beklagten Klage auf Zahlung von 1.373,00 Euro vor dem Sozialgericht Köln erhoben.

Zur Begründung hat der Kläger zunächst unter Wiederholung seines Vorbringens auf den Wortlaut von § 36a SGB II verwiesen. Danach sei der am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort einer Zufluchtsuchenden zuständige kommunale Träger zur Erstattung sämtlicher für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus entstehender Kosten verpflichtet. Erfasst würden demnach nicht nur die Kosten durch den Aufenthalt selbst, sondern auch solche Kosten, die während der Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus entstünden. Dazu zählten aber regelmäßig auch die Kosten für die Erstausstattung einer neuen Wohnung. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung seien diese Kosten von der Erstattungspflicht aus § 36a SGB II erfasst. § 36a SGB II diene dem Schutz der Träger von Frauenhäusern. Diese sollten von allen durch die aufgrund des wechselnden gewöhnlichen Aufenthalts am Ort des Frauenhauses entstehenden Kosten freigestellt werden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.373,00 Euro zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat auf der Grundlage von § 36a SGB II keine Erstattungspflicht für die mit der Klage geltend gemachten Kosten gesehen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass nach § 36a SGB II nur solche Kosten erstattungsfähig seien, die aufgrund der Zufluchtnahme der betroffenen Person im Frauenhaus selbst verursacht worden seien. Kosten für die Erstausstattung einer neuen, nach dem Aufenthalt im Frauenhaus bezogenen Wohnung zählten hierzu nicht. Diese Kosten seien vielmehr mit einer zu leistenden Mietkaution vergleichbar. Auch diese sei in der Regel vor Einzug in die Wohnung fällig, jedoch nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II durch den aufnehmenden kommunalen Träger zu leisten. Die. Annahme einer Erstattungspflicht auch für die Kosten der Erstausstattung würde zu einer unbilligen Bevorteilung des Klägers führen, da dieser die Kosten der Erstausstattung allein deshalb verlangen könne, weil die Leistungsempfängerin zufällig im Zuständigkeitsbereich des Klägers wohnhaft geblieben sei. In jeder anderen Konstellation, etwa bei einem direkten Umzug der Leistungsempfängerin aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten in den Zuständigkeitsbereich des Klägers oder bei einem Umzug aus dem Frauenhaus in den Zuständigkeitsbereich eines dritten Trägers, wäre der Beklagte nicht zur Erstattung der umzugsbedingten Aufwendungen für die Erstausstattung einer neuen Wohnung verpflichtet gewesen. Im Fall des direkten Umzugs der Leistungsempfängerin nach B hätte der Kläger die Kosten für die Erstausstattung selbst übernehmen müssen, da § 36a SGB II mangels eines zwischengeschalteten Aufenthalts in einem Frauenhaus nicht anwendbar sei. Im Falle eines Umzugs aus dem Frauenhaus in B in den Zuständigkeitsbereich eines anderen kommunalen Trägers hätte dieser die Kosten der Erstausstattung tragen müssen, ohne dass er sich - da nicht Träger des Frauenhauses - auf § 36a SGB II berufen könne.

Mit Urteil vom 22.06.2010 hat das Sozialgericht den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:

Die Klage sei als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) zulässig, weil ein Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis zwischen Sozialleistungsträgern vorliege und hier weder die Durchführung eines Vorverfahrens noch die Einhaltung einer Klagefrist erforderlich sei. Der Beklagte sei auch nicht auf die im Grundsatz vorrangige, hier wegen Verfristung nach § 87 SGG unzulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) zu verweisen. Zwar sei das Schreiben des Beklagten vom 03.08.2007 als Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X zu qualifizieren. Dieser bedürfe hier jedoch keiner Aufhebung, da er jedenfalls gemäß § 40 Abs. 1 SGB X nichtig sei. Eine Regelung des Erstattungsverhältnisses durch Verwaltungsakt entbehre - was nunmehr auch zwischen den Beteiligten unstreitig sei - jeder gesetzlichen Grundlage und sei rechtswidrig. Der Fehler sei auch als besonders schwerwiegend anzusehen, weil er der grundlegenden Struktur des Erstattungsverhältnisses zwischen zwei Sozialleistungsträgern zuwiderlaufe. Bei einem Erstattungsstreit zwischen Sozialleistungsträgern handele es sich um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt von vornherein nicht in Betracht komme. Angesichts der insoweit einheitlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung sei dies zur Überzeugung der Kammer für die Beteiligten auch ohne weiteres erkennbar gewesen.

Die Klage sei auch in der Sache begründet. Der Kläger habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 1.373,00 Euro aus § 36a SGB II. Suche danach eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, sei der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, den durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus zu erstatten.

Die Erstattungspflicht umfasse auch die gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II von der Klägerin gewährten Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung. Die Erstattungspflicht des § 36a SGB II umfasse nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Norm nicht allein die durch die Unterbringung im Frauenhaus selbst entstandenen Kosten, sondern alle Leistungen, die der kommunale Träger am Ort des Frauenhauses während der Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus erbringe und nach den Regelungen des SGB II auch in rechtmäßiger Weise erbringen dürfe. Bereits nach dem Wortlaut von § 36a SGB II sei die durch die Vorschrift angeordnete Erstattungspflicht zwischen den beteiligten kommunalen Trägern nicht auf die Kosten beschränkt, die unmittelbar durch die Unterbringung im Frauenhaus entstünden, also insbesondere die Kosten für die Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder die Kosten für die psychosoziale Betreuung gemäß § 16a Nr. 3 SGB II. Vielmehr ordne § 36a SGB II die Erstattung der Kosten für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus an. Welche kommunalen Leistungen der Erstattungspflicht unterlägen, sei damit nicht gegenständlich, sondern allein zeitlich bestimmt.

Dies stimme auch mit dem historischen Willen des Gesetzgebers überein. § 36a SGB II sei durch Artikel 1 des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14.08.2005 (BGBI. I, S. 2407) eingefügt worden und habe seine jetzige Fassung mit Wirkung ab 01.08.2006 durch Artikel 1 Nr. 32 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (BGBI. I, S. 1706) erhalten. In der Gesetzesbegründung zu § 36a SGB II heiße es hierzu, dass die Kostenerstattungspflicht die Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II umfasse (Hinweis auf BT-Drucks. 16/1410, S. 27). Zu diesen zählten auch die Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II. Eine Differenzierung zwischen einzelnen kommunalen Leistungen habe der Gesetzgeber nicht vornehmen wollen. Darin unterscheide sich das geltende Gesetzesrecht im Übrigen von dem nicht Gesetz gewordenen Entwurf des Bundesrates zur Optimierung des SGB II vom 12.07.2005, der eine abweichende Regelung vorgesehen habe (Hinweis auf BT-Drucks. 15/5908, S. 5 ff). Nach Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs habe eine Erstattungspflicht des kommunalen Trägers am Ort des Frauenhauses für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus nur für Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 (a.F.) und § 22 SGB II gelten sollen. Darüber hinaus habe eine Erstattungspflicht des kommunalen Trägers am Ort des Frauenhauses für Leistungen nach den §§ 22, 23 Abs. 3 SGB II bestehen sollen, die im ersten Monat nach dem Aufenthalt im Frauenhaus erbracht werden, wenn sich die leistungsberechtigte Person weiterhin im Bereich des örtlich zuständigen Trägers, in dem das Frauenhaus liegt, aufhält. Der Gesetzgeber habe demgegenüber letztendlich von einer Erstattungspflicht für nach dem Aufenthalt erbrachte Leistungen abgesehen und die Erstattungspflicht für während des Aufenthalts erbrachte kommunale Leistungen nicht auf Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 (a.F.) und § 22 SGB II beschränkt.

Auch der Sinn und Zweck der Erstattungspflicht streite nach Auffassung der Kammer für eine am Wortlaut orientierte Auslegung. § 36a SGB II erfülle eine doppelte Funktion. Wie bereits an der systematischen Verortung der Norm erkennbar, handele es sich bei § 36a SGB II zunächst um eine Sonderregelung zur örtlichen Zuständigkeit des Grundsicherungsträgers. Im Allgemeinen richte sich dessen Zuständigkeit gemäß § 36 SGB II nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen. Dieser werde aber im Fall der Zufluchtnahme in einem Frauenhaus gerade bei einem nur kurzzeitigen Aufenthalt vielfach nicht eindeutig zu bestimmen sein (Hinweis auf BT-Drucks. 16/1410, S. 27). Um Unklarheiten in der Zuständigkeit von vornherein zu beseitigen, weise § 36a SGB II die örtliche Zuständigkeit unabhängig von der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts dem kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses zu. Zur Vermeidung einer dadurch bedingten finanziellen Mehrbelastung der kommunalen Träger, die Frauenhäuser betreiben, sehe § 36a SGB II zugleich einen Erstattungsanspruch gegenüber dem vormals zuständigen kommunalen Träger vor. Damit aber müsse die Erstattungspflicht alle Leistungen umfassen, die der kommunale Träger am Ort des Frauenhauses gegenüber dem Leistungsempfänger aufgrund seiner örtlichen Zuständigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen erbringe.

Der Kläger habe die Leistungen für die Erstausstattung der neuen Wohnung gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II rechtmäßig erbracht. Insbesondere entstehe der den Leistungsanspruch begründende Erstausstattungsbedarf nach Auffassung der Kammer nicht erst nach einem Einzug in die neue Wohnung, sondern bereits dann, wenn - wie hier - der Bezug der Wohnung konkret und unmittelbar bevorstehe. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass einem Hilfebedürftigen abverlangt würde, zunächst eine gänzlich leere Wohnung zu beziehen. Die weiteren Voraussetzungen, namentlich die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfängerin und die Höhe der gewährten Leistungen, seien zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Anhaltspunkte, die Anlass zu Zweifel gäben, seien nicht ersichtlich.

Schließlich werde der Kläger durch die Annahme einer Erstattungspflicht auch nicht unbillig bevorteilt. Das SGB II kenne keinen allgemeinen Grundsatz, wonach die Kosten für die Erstausstattung einer Wohnung stets durch den am Ort der Wohnung zuständigen Grundsicherungsträger zu übernehmen seien. Vielmehr richte sich die örtliche Zuständigkeit gemäß § 36 SGB II allein nach dem Aufenthaltsort des Hilfebedürftigen. Lediglich für Wohnungsbeschaffungskosten, Umzugskosten und die Übernahme einer Mietkaution sei durch § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II eine abweichende, zugleich aber auch abschließende Sonderregelung getroffen worden. Dies bedeute, dass der Beklagte dann für die Kosten der Erstattung der in B gelegenen Wohnung hätte aufkommen müssen, wenn Frau L ohne Zwischenaufenthalt im Frauenhaus umgezogen und bereits vor dem Einzug in die Wohnung einen Erstausstattungsbedarf geltend gemacht hätte. Ebenso hätte die Klägerin auch dann Leistungen für eine Erstausstattung gewähren müssen, wenn Frau L nach ihrem Aufenthalt im Frauenhaus in eine außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Klägerin liegende Wohnung umgezogen wäre.

Gegen dieses dem Beklagten am 22.07.2010 zugestellte Urteil, gegen das das Sozialgericht die Berufung nicht zugelassen hat, hat der Beklagte am 03.08.2010 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az.: L 12 AS 1302/10 NZB). Mit Beschluss vom 10.12.2010 hat der Senat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Der Beklagte begründet die Berufung im Wesentlichen wie folgt:

Eine Erstattungspflicht gemäß § 36a SGB II für die Kosten einer Wohnungserstausstattung nach dem Aufenthalt in einem Frauenhaus sei nicht auf Seiten des Beklagten anzusiedeln. Erstattungsfähig seien die Kosten des Aufenthalts in einem Frauenhaus, welche tatsächlich durch den Aufenthalt an sich begründet seien. Hierzu gehörten jedoch nicht mehr die Kosten einer Wohnungserstausstattung für eine neue, nicht im Zuständigkeitsbereich des Beklagten liegende Wohnung. Die Auslegung allein anhand des Wortlauts des § 36a SGB II führe zu einer ungerechtfertigten und von dem Normzweck dieser Vorschrift nicht mehr gedeckten Verlagerung der Kosten auf den Beklagten. Im Übrigen entspreche die Auffassung des Sozialgerichts, dass die Wohnungserstausstattung immer bei dem vorher zuständigen kommunalen Träger beantragt und von diesem auch geprüft und genehmigt werde, nicht der tatsächlichen Praxis.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.06.2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er nimmt hierzu auf die seiner Auffassung nach zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug. Ergänzend führt er aus, dass die Problematik eigentlich nicht so sehr in der Reichweite des Erstattungsanspruchs nach § 36a SGB II liege. Vielmehr sei bisher nicht geklärt, welcher Träger bei einem Umzug in den Bereich eines anderen Trägers für die Kosten der Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs. 3 SGB II wirklich zuständig sei. Hier habe das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass die Zuständigkeitsregelungen des § 22 SGB II abschließend und hier daher nicht anwendbar seien. Es wäre jedenfalls im Sinne der Hilfebedürftigen, wenn die Anschaffung der Wohnungserstausstattung schon vor dem Umzug in die neue Wohnung und damit dem eventuellen Wechsel der Zuständigkeit erfolgen könne.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Klägers Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Das nach Zulassung der Berufung durch den Senat statthafte Rechtsmittel des Beklagten ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der erbrachten Leistungen für die Wohnungserstausstattung der Frau L nach § 36a SGB II.

1.) Die an diesem Verfahren beteiligten Jobcenter sind gemäß § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig. Sie stehen insoweit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleich. Bei den Jobcentern (§ 6d SGB II i.d.F. des Gesetzes vom 03.08.2010, BGBl. I S. 1112) handelt es sich um gemeinsame Einrichtungen (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II i.d.F. des Gesetzes vom 03.08.2010, BGBl I. S. 1112), die mit Wirkung vom 01.01.2011 kraft Gesetzes als (teil-)rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaften sui generis entstanden sind (Luik, jurisPR-SozR 24/210 Anm. 1). Die gemeinsame Einrichtung ist im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung Trägerin von Rechten und Pflichten und nimmt die Aufgaben der Träger wahr, indem sie insbesondere Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide erlässt (§ 44b Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II). Gemäß § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II tritt die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der Arbeitsgemeinschaft (ARGE). Nach dieser Vorschrift tritt bei einem Wechsel der Trägerschaft oder der Organisationsform der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers oder der bisherigen Organisationsform; dies gilt insbesondere für laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Wegen dieser Weiterentwicklung der Organisation des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ist somit kraft Gesetzes ein Beteiligtenwechsel sowohl auf Kläger- als auch Beklagtenseite eingetreten, so dass das Passivrubrum von Amts wegen entsprechend zu berichtigen war (vgl. BSG 18.01.2011 - B 4 AS 90/10 R - Rdnr. 11 [Juris])

2.) Die auf Erstattung nach § 36a SGB II gerichtete Klage ist als echte Leistungsklage i.S.d § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Insbesondere muss sich der Kläger nicht auf die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG verweisen lassen, auch wenn der Beklagte die Ablehnung des Zahlungsbegehrens des Klägers in der äußeren Form eines Verwaltungsaktes vorgenommen hat. Hier liegt ein sog. Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis vor, in dem ein Verwaltungsakt des Beklagten gegen den Kläger nicht ergehen musste. Deshalb war weder ein Vorverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist einzuhalten (vgl. nur BSG 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 R - SozR 3-2500 § 112 Nr. 1). Dies gilt unabhängig davon, ob der mit einem Erstattungsbegehren konfrontierte Leistungsträger gegenüber dem anderen Träger - wie hier - einen Verwaltungsakt erlassen hat oder nicht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob ein solcher Verwaltungsakt nicht nur rechtswidrig, sondern wegen Evidenz gemäß § 40 Abs. 1 SGB X nichtig ist. Denn ein Träger, dem gegenüber ein Verwaltungsakt durch den anderen Träger ergeht, darf (über eine Verweisung auf die Klage nach § 54 Abs. 4 SGG) nicht schlechter gestellt werden als ein Träger, dessen Begehren durch den anderen im Gleichordnungsverhältnis befindlichen Träger - richtigerweise - schlicht abgelehnt worden ist. Dies ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch unstreitig.

3.) Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Kostenerstattung hinsichtlich der der Frau L und ihren Kindern gewährten Beihilfe für die Erstausstattung einer Wohnung in Höhe von 1.373,00 Euro gemäß § 36a SGB II.

Sucht danach eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten. Die Beteiligten sind kommunale Träger i.S.d. § 36a SGB II, der Beklagte ist der kommunale Träger am bisherigen Wohnort der Hilfebedürftigen (F/S-Kreis), der Kläger ist durch die Aufnahme der Frau L und ihrer Kinder in das Frauenhaus in B/S-Kreis zuständiger kommunaler Träger geworden (s. § 36 Satz 2 SGB II). Die Eigenschaft des Klägers als (frühere) Arbeitsgemeinschaft i.S.d. § 44b SGB II a.F. im Zeitpunkt der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs (Juli 2007) ändert nichts dessen Eigenschaft als kommunaler Leistungsträger gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II a.F. und damit an dessen Aktivlegitimation (s. LSG NRW 23.02.2010 - L 1 AS 36/09 - Rdnr. 23 [Juris]); Gleiches gilt in seiner Eigenschaft als Gemeinsame Einrichtung seit dem 01.01.2011 (§ 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II). Die Passivlegitimation des Beklagten folgt aus § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F. (Arbeitsgemeinschaft) bzw. § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II (Gemeinsame Einrichtung). Dass eine Erstattungspflicht des Beklagten gegenüber dem Kläger dem Grunde nach besteht, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und hinsichtlich der eigentlichen Unterkunftskosten in der Zeit des Aufenthalts der Frau L und ihrer Kinder im Frauenhaus vom 13.02.2007 bis 06.05.2007 von dem Beklagten auch anerkannt.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts werden von der Erstattungspflicht jedoch keine Kosten für die Erstausstattung einer neuen Wohnung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II a.F. (= § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II n.F.) nach Verlassen des Frauenhauses erfasst. Eine solche Kostenerstattung ist weder nach dem Wortlaut des § 36a SGB II, dem systematischen Standort der Norm im Gefüge der Zuständigkeit, ihrer Entstehungsgeschichte sowie ihrem Sinn und Zweck geboten.

§ 36a SGB II wurde eingefügt durch Art. 1 des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14.08.2005 (BGBl. I, S. 2407) und erhielt seine jetzige Fassung mit Wirkung ab 01.08.2006 durch Art. 1 Nr. 32 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I, S. 1706). Mit der jetzigen Fassung der Norm sollte ausweislich der Gesetzesbegründung in Abgrenzung zur Formulierung in § 36a SGB II in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung klargestellt werden, dass die Pflicht des bislang zuständigen Leistungsträgers zur Kostenerstattung sofort zu dem Zeitpunkt entsteht, in dem die betroffene Person in einem Frauenhaus Zuflucht sucht, und zwar unabhängig von der - nach der alten Fassung unklar geregelten - Frage, ob am Ort des Frauenhauses ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird (BT-Drs. 16/1410, S. 27). Zunächst unberührt hiervon bleibt jedoch die Frage, welche Leistungen des für den Bereich des Frauenhauses zuständigen kommunalen Trägers vom kommunalen Träger des Herkunftsorts zu erstatten sind.

Schon der Wortlaut ("Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus") spricht dafür, dass gerade nur diejenigen Kosten Gegenstand der Erstattungspflicht sein sollen, die nur in der Zeit angefallen sind, in der sich die betroffenen Personen im Frauenhaus aufgehalten haben, hier im Zeitraum 13.02.2007 bis 06.05.2007. Erstattungsfähig sind mithin solche Kosten, die aufgrund der Zufluchtnahme der betroffenen Person im Frauenhaus beim hierfür zuständigen kommunalen Träger verursacht worden sind (Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 36a Rdnr. 19). Die neue Wohnung, für welche die Erstausstattungsbeihilfe gewährt worden ist, wurde jedoch nicht schon während des Aufenthalts der Frau L im Frauenhaus, sondern erst danach bezogen, wenn auch im unmittelbaren Anschluss an den Aufenthalt. Die hierfür aufzuwendenden Kosten sind auch nicht "für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus", sondern erst danach entstanden und damit nicht aufgrund der Zufluchtnahme, so wie auch der eigentliche Bedarf nach einer Erstausstattung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II (a.F.) erst mit dem (tatsächlichen) Umzug in die neue Wohnung entsteht (so zutr. SG Dortmund 09.03.2011 - S 57 (37) AS 129/09 - www.sozialgerichtsbarkeit.de). Bei diesem den gesetzlichen Regelungen in §§ 36a, 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II entsprechenden zeit- und bedarfsbezogenen Verständnis für die Erstausstattung, das sich auf die Zeit nach dem Aufenthalt im Frauenhaus bezieht, ist es auch unerheblich, ob die Bewilligung der entsprechenden Beihilfe bereits während des laufenden Aufenthalts erfolgt ist, weil ein entsprechender Bedarf nach Ende des Aufenthalts bereits absehbar war (so aber SG Aachen 20.07.2007 - S 8 AS 17/07 - Rdnr. 15 [Juris]). Denn dies ändert nichts daran, dass es sich nicht um eine Leistung handelt, die für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus erbracht wird, so wie dies bei den Unterkunftskosten (§ 22 SGB II) sowie den Kosten für tatsächlich erbrachte Betreuungsleistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. bzw. § 16a Nr. 1 und 3 SGB II n.F. der Fall ist (s. zu Letzteren LSG NRW 23.02.2010 - L 1 AS 36/09 - Rdnr. 27 ff. [Juris]).

Etwas anderes folgt nach Auffassung des Senats auch nicht daraus, dass in der Gesetzesbegründung zu § 36a SGB II (BT-Drs. 16/1410, S. 27) ausgeführt wird, die Kostenerstattungspflicht gelte nur für Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II (a.F.). Zwar trifft es zu, dass hierzu auch die Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II (a.F.) zählen. Damit ist aber nicht ausgesagt, dass solche Leistungen unabhängig davon zu erstatten sind, ob sie für Zeiten während des Aufenthalts oder nach dem Aufenthalt im Frauenhaus gewährt werden. So mag es Konstellationen geben, in denen ein Erstausstattungsbedarf gerade für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus besteht, etwa wenn ein Ende des Aufenthalts nicht absehbar ist und ein spezieller Möblierungsbedarf besteht, der durch das Frauenhaus nicht gedeckt werden kann, insbesondere bei Vorhandensein mehrerer Kinder. Somit ergibt sich bezüglich der Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II (a.F.) noch ein sinnvoller Anwendungsbereich bei § 36a SGB II, ohne den Wortsinn der Regelung zu überschreiten. Dass der Gesetzgeber - im Unterschied zu dem nicht Gesetz gewordenen Entwurf des Bundesrates zur Optimierung des SGB II vom 12.07.2005 in Art. 1 Nr. 4 zu 36a Abs. 1 und 2 SGB II-E (s. BT-Drs. 15/5908, S. 5, 8) - keine Differenzierungen zwischen den einzelnen kommunalen Leistungen bei § 36a SGB II vornehmen wollte, bedeutet somit nicht zwingend, dass Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II (a.F.) losgelöst von der Ursächlichkeit mit der Zufluchtnahme stets zu erstatten sind.

Ferner sprechen die systematische und normativ-teleologische Auslegung gegen eine Erstattungspflicht von Kosten der Erstausstattung für eine neue Wohnung nach Verlassen des Frauenhauses gemäß § 36a SGB II.

Dabei hat das Sozialgericht im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt, dass die Norm eine doppelte Funktion erfüllt. Die Norm stellt zunächst eine Sonderregelung zur örtlichen Zuständigkeit des Grundsicherungsträgers nach § 36 SGB II dar, die hinsichtlich der kommunalen Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten im Gebiet des kommunalen Trägers abstellt (s. § 36 Satz 2 SGB II). Da die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts bezüglich der Zufluchtnahme in einem Frauenhaus unklar ist, weist § 36a SGB II abweichend von § 36 SGB II die örtliche Zuständigkeit dem kommunalen Träger zu, in dessen Gebiet das Frauenhaus gelegen ist, und zwar unabhängig von der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts am Ort des Frauenhauses (s. Begr. BT-Drs. 16/1410, S. 27). Der Erstattungsanspruch soll dann nach seinem Sinn und Zweck die hieraus entstehenden finanziellen Mehrbelastungen der kommunalen Träger mit Frauenhäusern in ihrem Gebiet ausgleichen und letztlich verhindern, dass Frauen aus anderen Regionen wegen der ungeklärten Finanzierung abgewiesen werden (s. BT-Drs. 15/5607, S. 7; LSG NRW 23.02.2010 - L 1 AS 36/09 - Rdnr. 30 [Juris]). Der erstattungspflichtige Leistungsträger soll im Ergebnis nicht besser gestellt werden, als er stünde, wenn er die Hilfebedürftige in ein vom ihm selbst betriebenes Frauenhaus aufnähme (LSG NRW 23.02.2010 - a.a.O.).

Wird aber durch den Umzug in eine neue Wohnung im Anschluss an den Aufenthalt in einem Frauenhaus notwendigerweise ein (neuer) gewöhnlicher Aufenthalt begründet, weil die Wohnungsnahme bei lebensnaher Betrachtung der maßgeblichen objektiven Umstände erkennen lässt, dass die betreffende Person nicht nur vorübergehend an diesem Ort verweilt (s. die Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I), ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des kommunalen Trägers u.a. für Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II a.F. (= § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II n.F.) bereits aus § 36 Satz 2 SGB II, soweit die auszustattende Wohnung in seinem Gebiet liegt (so auch SG Dortmund 09.03.2011 - S 57 (37) AS 129/09 -). Von einer Unklarheit hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts kann bei einem Umzug in eine neue Wohnung auch im Anschluss an einen Aufenthalt in einem Frauenhaus keine Rede sein, so dass ein Eingreifen der von § 36 SGB II abweichenden Sonderregelung des § 36a SGB II insoweit nicht gerechtfertigt ist. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn sich Frauen nach Verlassen des Frauenhauses typischerweise in dessen Nähe eine neue Unterkunft suchen würden; allenfalls dann könnte man bei der Gewährung einer Erstausstattungsbeihilfe von einer "frauenhaustypischen" Aufwendung sprechen, die zur Erstattung von Mehrkosten nach § 36a SGB II berechtigen würde. Für eine solche Verhaltensweise gibt es jedoch keinerlei objektiv greifbaren Anhaltspunkte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es weitgehend von Zufälligkeiten (z.B. familiäre Bindungen) abhängt, wohin eine Frau nach dem Ende ihres Aufenthaltes im Frauenhaus zieht (ebenso SG Dortmund 09.03.2011 - S 57 (37) AS 129/09 -). Ist der kommunale Träger des Zuzugsortes wegen § 36 Satz 2 SGB II zur Leistungserbringung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II a.F. (= § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II) ohnehin verpflichtet, besteht keine besondere Belastung der Kommunen, die Frauenhäuser betreiben (SG Dortmund 09.03.2011 - a.a.O.). Damit besteht aber auch keine Gefahr einer Abweisung von Frauen wegen ungeklärter Finanzierung. Jede andere Sichtweise käme einer Privilegierung desjenigen Trägers gleich, in dessen Gebiet die Frau nach dem Auszug aus dem Frauenhaus zufällig wohnhaft bleibt. Eine solche Besserstellung gegenüber der allgemeinen Regelung in § 36 SGB II ist mit § 36a SGB II aber gerade nicht gewollt (SG Dortmund 09.03.2011 - a.a.O.).

Nach alledem scheidet ein Erstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten nach § 36a SGB II wegen der Kosten der Wohnungserstausstattung aus.

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - (VwGO).

5.) Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes - (GKG).

6.) Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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