Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
55
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 39346/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.Die Ermächtigungsnorm des § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II deckt die Regelung des § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO (Fassung bis 31.03.2011) nicht, weil im Verteilzeitraum nach dem Zuflussmonat durch die verteilte Anrechnung der einmaligen Einnahme Einkommen unzulässig fingiert wird. Dabei handelt es sich nicht um eine reine Berechnungsregel.
2.Einmalige Einnahmen (vor dem 01.04.2011), die im Zuflussmonat den Leistungsanspruch beenden, sind mit Beginn eines neuen Stammrechts auf Grundsicherungsleistungen als Vermögen zu behandeln.
2.Einmalige Einnahmen (vor dem 01.04.2011), die im Zuflussmonat den Leistungsanspruch beenden, sind mit Beginn eines neuen Stammrechts auf Grundsicherungsleistungen als Vermögen zu behandeln.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 14. Oktober 2009 wird insoweit aufgehoben, als er über Leistungen der Klägerin entschieden hat. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten des Rechtsstreites zu zwei Dritteln zu erstatten. 4. Die Revision wird zugunsten der Beklagten zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung eines Geldzuflusses aus einem Bausparvertrag des verstorbenen Vaters der Klägerin auf die Grundsicherungsleistungen der Klägerin.
Die im November 1971 geborene, erwerbsfähige Klägerin lebte bis 2009 mit ihrer im Januar 1989 geborenen Tochter zusammen. Sie erhielt während des gesamten Jahres 2008 und bis April 2009 Arbeitslosengeld II und beantragte am 7. April 2009 die Weiterbewilligung der Leistung. Zu diesem Zeitpunkt verfügte sie bis auf einen 14 Jahre alten Pkw ohne relevanten Verkehrswert über keinerlei Vermögen. Die Kosten für Unterkunft und Heizung betrugen monatlich 350,00 EUR. Einkünfte hatte die Klägerin nicht. Ihre Tochter bezog monatlich Kindergeld in Höhe von 164,00 EUR. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. April 2009 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sanktion für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2009 gegenüber der Tochter der Klägerin fest. Danach waren die Leistungen für die Tochter auf diejenigen für die Kosten der Unterkunft beschränkt. Mit Bescheid vom 28. April 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin (Regelleistung 351,00 EUR, Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung 175 EUR) und deren Tochter Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2009. Dabei kürzte die Beklagte die Leistungen der Tochter wegen der Sanktion. Wegen der Einzelheiten der Leistungsbewilligung wird auf die Verwaltungsakte Bezug genommen.
Am 15. Mai 2009 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ihr ein Betrag von 3.624,94 EUR aus dem Bausparvertrag ihres im April 2008 verstorbenen Vaters überwiesen worden sei. Zwar habe sie das Erbe ausgeschlagen. Jedoch habe der Bausparvertrag eine Begünstigung der Klägerin für den Todesfall des Vaters vorgesehen. Die Klägerin meinte, dass dieses Vermögen den für sie bestehenden Freibetrag nicht übersteige. Die Beklagte möge deshalb der Klägerin mitteilen, dass dieses Vermögen zur Verfügung der Klägerin belassen werde. Der Vertragspartner des Bausparvertrages hatte auf entsprechende Abtretung durch die Klägerin an das zuständige Sozialamt bei Zuteilung der Bausparsumme bereits einen Betrag von 1.609,00 EUR dem Sozialamt überwiesen. Es handelte sich dabei um die Kosten der Sozialbestattung des Vaters der Klägerin. Der an die Klägerin am 4. Mai 2009 überwiesene Betrag von 3.624,94 EUR war der danach verbliebene Rest des Zuteilungsbetrages.
Die Beklagte stornierte daraufhin die Leistungsauszahlung ab Juli 2009. Mit dem Änderungsbescheid vom 20. Juli 2009 setzte sie für den Zeitraum vom 1. Juni bis 31. Oktober 2009 die Leistungen für die Klägerin und deren Tochter jeweils neu fest. Dabei verblieb der Klägerin für Juni 2009 eine Leistung nur für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 94,91 EUR und ab Juli 2009 von monatlich 103,46 bzw 103,47 EUR. Die Leistungsansprüche der Tochter für Juni und Juli 2009 ließ die Beklagte im Hinblick auf die Sanktion vollständig entfallen. Für August bis Oktober 2009 gewährte die Beklagte der Tochter monatlich 63,55 EUR auf die Kosten der Unterkunft und Heizung. Sie hatte für die Monate Juni und Juli 2009 ein Einkommen der Klägerin von monatlich 724,99 EUR und für die Monate August bis Oktober 2009 in Höhe von 724,98 EUR monatlich berücksichtigt und um einen Freibetrag von 30,00 EUR (Versicherungspauschale) reduziert angerechnet. Wegen der Einzelheiten der Regelungen des Bescheides vom 20. Juli 2009 und deren Begründung wird auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Mit Schreiben ebenfalls vom 20. Juli 2009 hörte die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf einen beabsichtigten Erstattungsbescheid für überzahlte Leistungen im Monat Juni 2009 in Höhe von 431,08 EUR an.
Mit ihrem Widerspruch vom 7. August 2009 wandte sich die Klägerin gegen die Anrechnung. Eine Berücksichtigung als Einkommen sei unzulässig. Der Klägerin stehe ein Schonvermögen zu. Das werde durch die angerechnete Auszahlung nicht ausgeschöpft. Die Berechnungen der Beklagten seien nicht nachvollziehbar. Eine weitere Streckung des Anrechnungszeitraums wäre sozial angemessener. Parallel zum Widerspruch der Klägerin legte auch die Tochter Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Juli 2009 ein. Über diesen Widerspruch war zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2009 zurück. Einmalige Zuflüsse während der Bedarfszeit seien nach ständiger Rechtsprechung Einkommen. Die Klägerin sei Begünstigte aus einem Bausparvertrag eines Dritten gewesen. Es handele sich nicht um selbst angespartes Vermögen. § 2 Abs 4 Arbeitslosengeld-II-Verordnung (AlgII-VO) erlaube die Berücksichtigung ab dem Folgemonat, wenn die Leistungen für den Monat des Zuflusses des Einkommens bereits erbracht worden seien. Der angemessene Zeitraum der Aufteilung des einmaligen Einkommens sei nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzen. Dabei solle der Anrechnungszeitraum grundsätzlich so kurz wie möglich sein. Jedoch seien im Rahmen der Ermessensausübung die Auswirkungen bei einer Beendigung des Leistungsbezuges auf laufende Eingliederungsmaßnahmen, einen Zuschlag nach § 24 SGB II und insbesondere auf den Krankenversicherungsschutz zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei zutreffend ein Anrechnungszeitraum von fünf Monaten angesetzt worden.
Mit ihrer Klage vom 12. November 2009 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Bei dem Zufluss aus dem Bausparvertrag handele es sich um Vermögen. Die Anrechnung hätte bereits ab Mai 2009, dem Zuflussmonat, erfolgen müssen. Zudem habe die Berücksichtigung rechtswidrig zu einer mittelbaren Wirksamkeit der Sanktion der Tochter auf die gewährten Kosten der Unterkunft geführt. Die Klägerin macht die Aufhebung des Bescheides auch insoweit geltend, als er Leistungen ihrer Tochter betrifft. Gegen den Erstattungsbescheid vom 24. November 2009, der für Juni 2009 an die Klägerin überzahlte Leistungen in Höhe von 431,08 EUR betrifft, hat die Klägerin Widerspruch nicht eingelegt, aber im Rahmen der mündlichen Verhandlung Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X gestellt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 aufzuheben, auch soweit er Leistungen der Tochter der Klägerin betrifft.
Die Beklagte hält ihre Entscheidungen für zutreffend und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kammer haben außer den Prozessakten die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze, das Protokoll und den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unzulässig, soweit sie Leistungsansprüche der Tochter der Klägerin betrifft. Insoweit fehlt der Klägerin die Prozessführungsbefugnis. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin im Wege einer Prozessstandschaft die Ansprüche ihrer volljährigen Tochter wahrnehmen könnte. Dies gilt schon deshalb, weil der durch die Klägerin angefochtene Bescheid separat auch durch die Tochter der Klägerin mit Widerspruch angefochten wurde. Dieses parallel laufende Rechtsbehelfsverfahren, das noch im Stadium des Widerspruchsverfahrens verharrt, kann die Klägerin nicht an sich und in ihr Klageverfahren ziehen. Dass die Tochter im vorliegenden Rechtsstreit nicht auch Klägerin ist, ergibt sich aus der insofern eindeutigen anwaltlich erfolgten Klageerhebung nur im Namen der Klägerin. Dies wurde auf ausdrückliche Nachfrage durch das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt und erscheint auch angesichts des noch offenen Widerspruchsverfahrens sachgerecht. Unter diesen Umständen ist der Kammer eine Entscheidung über die Leistungsansprüche der Tochter verwehrt.
Die Klägerin hat jedoch Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 20. Juli 2009, soweit er die Ansprüche der Klägerin selbst betrifft. Insoweit ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig, denn für den von ihm betroffene Zeitraum Juni bis Oktober 2009 hatte sich keine im Sinne des § 48 Abs 1 SGB X wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen ergeben. Das im Mai 2009 der Klägerin zugeflossene Einkommen führte im Mai 2009 zum Erlöschen des Leistungsanspruches und konnte nach erneutem Leistungsbeginn im Juni 2009 nunmehr als Vermögen nicht den Leistungsanspruch mindern, weil es unter dem der Klägerin nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II eingeräumten Vermögensfreibetrag lag.
Der Bescheid vom 28. April 2009 war der Klägerin spätestens am 1. Mai 2009 bekannt gegeben worden. Dies folgt aus § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X. Umstände für einen späteren Zugang des Bescheides und damit eine spätere Bekanntgabe sind nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen insofern bestanden nicht. Der Zufluss erfolgte am 4. Mai 2009, also nach Wirksamkeit des Bewilligungsbescheides, weshalb Ermächtigungsgrundlage für eine Korrektur der Leistungsbewilligung wegen des Zuflusses nur § 48 SGB X, nicht aber § 45 SGB X sein konnte.
Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Satz 2 Nr 3). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt gemäß Satz 3 der Vorschrift in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.
Zwar handelte es sich bei der Auszahlung an die Klägerin aus dem Bausparvertrag ihres Vaters um Einkommen im Monat des Zuflusses. Dieser Einkommenszufluss war jedoch nur im Mai 2009 rechtlich relevant und bewirkte nur insofern eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X. Der Zufluss stellt sich für den Monat Mai 2009 als Einkommenszufluss im Sinne von §§ 11 Abs 1, 19 Satz 2 SGB II (in der bis Dezember 2010 geltenden Fassung – aF) dar und ist ab erst ab Juni 2009 als Vermögen zu bewerten. Für die Zeiträume ab Juni 2009 lässt sich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, insbesondere der Leistungsansprüche der Klägerin nicht feststellen.
Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Wie die für das SGB II zuständigen Senate des BSG bereits entschieden haben, ist Einkommen i S des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, das jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl nur BSG Urteil vom 24.02.2011, B 14 AS 45/09 R, RdNr 19 mwN für die st. Rspr des BSG). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung (BSG ebd). Ein während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II aus einer Erbschaft zufließender Geldbetrag ist Vermögen, wenn der Erbfall vor der Beantragung von Grundsicherungsleistungen eingetreten ist. (BSG ebd RdNr 21 f). Diese höchstrichterliche Rechtsprechung hält die Kammer für zutreffend.
Der erfolgte Zufluss an die Klägerin war keiner, der im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge den Rechten der Klägerin zugewachsen wäre, denn sie hatte die Erbschaft ausgeschlagen. Zudem hatte sie bereits im Zeitpunkt des Erbfalles und seitdem ununterbrochen im Leistungsbezug gestanden. Es handelte sich auch nicht um eine rechtliche Position, die ihr verwertbare Ansprüche vor dem Beginn ihres Leistungsbezuges verschafft hätte und die sie nunmehr lediglich umgeschichtet hätte. Der Wertzuwachs trat vielmehr erst mit der Gutschrift auf ihrem Konto am 4. Mai 2009 ein, während des Leistungsbezuges. Es war im Zeitpunkt des Zuflusses mithin Einkommen.
Für Mai 2009 entfiel wegen der Höhe des Zuflusses der Leistungsanspruch der Klägerin vollständig. Als Freibetrag kommt nur die Versicherungspauschale von 30 EUR in Betracht, weil es sich nicht um Erwerbseinkommen handelte. Auch abzüglich dieses Freibetrages überstieg der Betrag des Zuflusses den Bedarf der monatlichen Grundsicherung der Klägerin und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Tochter beträchtlich. Damit waren beide nicht mehr hilfebedürftig. Die Klägerin war deshalb nicht mehr gemäß § 19 SGB II leistungsberechtigt. Die Leistungsbewilligung wäre deshalb nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X verschuldensunabhängig und ohne Berücksichtigung eines Vertrauensschutzes aufzuheben gewesen.
Eine Berücksichtigung des Zuflusses erst im Folgemonat hatte nicht zu erfolgen. § 2 Abs 4 Satz 2 AlgII-VO (in der Fassung bis 31.03.2011 – aF) räumt der Behörde insofern kein Ermessen ein. Die Möglichkeit ("ist zulässig") einer Anrechnung im Folgemonat ist im Rahmen gebundener Verwaltung nach Maßgabe von § 2 Abs 2 SGB I unter dem Gesichtspunkt der Sachgerechtigkeit (Angemessenheit) zu realisieren und daher gerichtlich voll nachprüfbar. Der Zufluss erfolgte bereits zu Beginn des Monats Mai. Eine Berücksichtigung erst für Juni scheidet aus, weil auch die Junileistung bereits ausgezahlt war und auch für diesen Monat die Aufhebungsentscheidung nur rückwirkend erfolgte, also weder unter dem Gesichtspunkt des § 2 Abs 2 SGB I noch unter verwaltungspraktischen oder anderen Gesichtspunkten eine Verschiebung des normativen Zuflusses angemessen und sachgerecht war.
Mit dem Wegfall des Anspruches auf Grundsicherungsleistungen im Monat Mai 2009 endete das gesetzlich begründete Stammrecht (zum grundsicherungsrechtlichen Stammrecht: Link in Eicher/Spellbrink: SGB II, 2. Aufl, § 37 RdNr 17; Luik, SGb 2009, 677, 679 – Anm zu BSG Urt. v. 30.09.2008). Die Aufrechterhaltung des Stammrechts wegen der Fortwirkung des nunmehr rechtswidrigen bewilligenden Verwaltungsaktes für Mai 2009 ist insbesondere von Bedeutung für das Behaltendürfen der ausgezahlten Leistungen und die Möglichkeiten zur Aufhebung dieses Verwaltungsaktes. Eine Verlängerung des Bestandes des Stammrechts über den Zeitraum des Beginns eines neuen Stammrechts hinaus, vermag die rechtswidrige Bewilligung nicht zu vermitteln. Sie kann allenfalls im Rahmen von Ermessensentscheidungen auch für die Folgezeiträume eine Rolle spielen. Für die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Bewertung des Aufhebungsbescheides für die Folgezeiträume (Juni bis Oktober 2009) ist sie indes unbeachtlich. Deshalb waren die Teile des aus dem Zufluss im Mai 2009 stammenden Wertes, sofern sie bis Ende Mai 2009 nicht verbraucht waren, nur bis zum Ablauf des vorherigen Stammrechts als Einkommen und zu Beginn des neuen Stammrechts ab Juni 2009 als Vermögen zu qualifizieren. Der Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II für die im Juni 2009 37-jährige Klägerin (5.550 EUR) war nicht überschritten. Weiteres Einkommen oder Vermögen ist für den gesamten Zeitraum von Juni bis Oktober 2009 nicht festzustellen, zumal das Kindergeld vollständig bei der Tochter der Klägerin zu berücksichtigen war.
Dem steht § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift in der Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R (RdNr 20), bleibt eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigendes Einkommen. Nach Auffassung der Kammer fehlt es für § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF an einer Ermächtigungsgrundlage im Sinne des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG. Die Ermächtigungsnorm des § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II deckt die Regelung des § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF nicht, weil im Verteilzeitraum nach dem Zuflussmonat durch die verteilte Anrechnung der einmaligen Einnahme Einkommen unzulässig fingiert wird. Insofern folgt die Kammer nicht der Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R.
Nach § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF waren einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass normativ ein Einkommenszufluss nicht nur im tatsächlichen Zuflussmonat sondern auch in späteren Monaten angenommen wird. Unabhängig davon, ob von dem ursprünglichen Zufluss also noch etwas vorhanden ist oder nicht, wird bei der Bewertung des eigenen Leistungsvermögens des Leistungsnachfragenden das Vorhandensein von Einkommen fingiert. Damit wird materiell-rechtlich Leistungsfähigkeit des Betroffenen unterstellt unabhängig davon, ob sie tatsächlich vorhanden ist oder nicht. Eine Aufklärung der tatsächlichen finanziellen Leistungsfähigkeit hat insofern nicht zu erfolgen.
Dies entspricht zwar, worauf das BSG in seiner Entscheidung vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R maßgeblich abstellt, dem Nachranggrundsatz des Grundsicherungsrechts. Es übersieht indes, dass die Leistungserbringung zur Behebung einer aktuellen Hilfebedürftigkeit zu erfolgen hat. Inwieweit der Betroffene unwirtschaftlich (verschwenderisch) mit seinen wirtschaftlichen Ressourcen umgeht, berührt jedoch nach der gesetzlichen Konzeption der Leistung, den Leistungsanspruch nicht, sondern ist ggf über § 31 Abs 4 Nr 1 (oder Nr 2) SGB II durch eine Leistungsabsenkung zu sanktionieren. Die Verteilung einmalig zufließenden Einkommens auf mehrere Monate betrifft jedoch den Leistungsanspruch in seiner Substanz, weil zum einen, der Anspruch dann über mehrere Monate hinweg vollständig entfallen kann, zum anderen wird jedenfalls eine Absenkung deutlich über die Grenzen des § 31 SGB II hinaus ermöglicht. Dies zeigt sich im Falle der Klägerin, wo eine Absenkung deutlich über die Grenze von 30 Prozent der Regelleistung hinaus vorgenommen wurde, obwohl die Vorgaben der Rechtsprechung des BSG, insbesondere möglichst die Hilfebedürftigkeit zur Absicherung des Versicherungsschutzes gegen Krankheit nicht zu beseitigen, korrekt berücksichtigt wurden.
§ 13 Abs 1 SGB II enthält die Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch Verordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist (Nr 1). Als Ermächtigung für die Regelung des § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF kommt nur die zweite Alternative der Nr 1 des § 13 SGB II in Betracht, d h die Möglichkeit zu Regelungen der Berechnung von Einkommen.
Nach Art 80 Abs 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Erforderlich ist, dass die dem Verordnungsgeber delegierten Kompetenzen nach Tendenz und Programm derart umrissen sind, dass schon aus der Ermächtigungsnorm erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Dies bedeutet nicht bereits, dass die Ermächtigungsnorm so genau wie irgend möglich formuliert und gefasst sein muss. Vielmehr können zur Klärung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung die allgemeinen Auslegungsgrundsätze herangezogen werden, wie etwa Sinnzusammenhang der Norm, Ziel der gesetzlichen Regelung und ihre Entstehungsgeschichte. Dabei wird nicht das denkbare Maximum an Bestimmtheit der Norm verlangt, sondern lediglich deren hinreichende Bestimmtheit. (BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 55/08 R, RdNr 20 mwN)
Im Sinne dieser Vorgaben ist § 13 Abs 1 Nr 1, 2. Alt SGB II zwar hinreichend bestimmt (BSG ebd RdNr 21). Indes deckt die Regelung nicht § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF. Die Kammer folgt insofern nicht dem BSG (Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 55/08 R, RdNr 22), soweit dieses annimmt, es handele sich dabei um eine reine Rechenvorschrift, weil lediglich Einkommen auf Zeiträume aufgeteilt werde.
Soweit es um die schlichte Berechnung des Einkommens geht, kann der Verordnungszweck systematisch durch das SGB II erschlossen werden (SG Schleswig Urteil vom 25.01.2008, S 7 AS 287/07 JURIS-RdNr 43). Auf der Ebene des untergesetzlichen Regelwerks sollen die Details der Einkommensberechnung geregelt werden. Dabei kann nicht verkannt werden, dass auch Berechnungsvorschriften Auswirkungen auf Bestand und Umfang der einzelnen Leistungsansprüche haben können. Dies hängt beispielsweise mit der Intensität der Pauschalierung der möglichen Berechnungsverfahren oder vorgegebener Berechnungsparameter zusammen. § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF gibt jedoch nicht einfach vor, wie aus verschiedenen Positionen (positiv oder negativ) ein bestimmtes Einkommen berechnet wird. Die Vorschrift schreibt vielmehr vor, wie das Berechnungsergebnis für verschiedene Leistungszeiträume wirksam zu machen ist. Damit handelt es sich bereits begrifflich nicht mehr um die Berechnung des Einkommens. Zu einer Regelung der Verteilung des berechneten Einkommens auf bestimmte Leistungszeiträume wird der Verordnungsgeber gerade nicht ermächtigt, zumindest nicht hinreichend bestimmt. (vgl. SG Schleswig Urteil vom 25.01.2008, S 7 AS 287/07 RdNr 44).
Zudem ist zu beachten, dass die Regelung auch im Kontext mit dem Regelungssystem des SGB II einen zusätzlichen, über den Charakter als reine Rechenvorschrift hinausgehenden Regelungsgehalt entfaltet. Sie fingiert den Bestand finanziellen Leistungsvermögens über den Zuflussmonat hinaus. So war im vom BSG entschiedenen Fall (Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R) der Zufluss aus der Steuererstattung zur Tilgung von Schulden verbraucht worden. Im vorliegenden Fall der Klägerin ist nur deshalb ein Teil des Zuteilungsbetrages nicht an die Klägerin zur Auszahlung gebracht worden, weil sie zur Begleichung von Verpflichtungen gegenüber dem Sozialamt ihre Forderung abgetreten hatte. Inwieweit die wirtschaftliche Leistungskraft durch grundsicherungsrechtlich nicht hinnehmbares Verhalten im Zuflussmonat reduziert wird und dies Auswirkungen auf den Leistungsanspruch hat, insbesondere wenn daraus ein Leistungsanspruch resultiert, ist jedoch explizit vom Gesetzgeber in § 31 Abs 4 SGB II normiert worden. Die Fiktion von Einkommen war bislang dem Recht der Grundsicherung fremd, weil es gerade um die Existenzsicherung in der aktuellen Situation ging (erst durch die Neuregelung des § 11 Abs 3 SGB II ab 01.04.2011 kennt das Gesetz durch Verteilung von Einkommen auf mehrere Monate fiktives Einkommen). Gerade im Hinblick auf die besonderen Anforderungen an die gesetzgeberische Tätigkeit im Bereich der Existenzsicherung wegen deren besonderen Grundrechtscharakters muss ein solch gravierender Umstand wie die Einführung der Anrechnung fiktiven Einkommens als so wesentlich angesehen werden, dass dazu ausschließlich der parlamentarische Gesetzgeber berufen ist, jedenfalls eine Verordnungsermächtigung erheblich klarer und mit deutlichen Vorgaben zu gestalten wäre. Unter diesen Umständen kann der Vorschrift des § 13 Abs 1 Nr 1, 2. Alt SGB II kein normativer Gehalt entnommen werden, der zur Einführung der Berücksichtigung fiktiven Einkommens durch Verteilung von einmal zugeflossenem Einkommen auf mehrere Monate ermächtigen würde. Dies lässt sich weder Wortlaut noch systematischen oder teleologischen Aspekten der Vorschrift entnehmen. Die nunmehr erfolgte ausdrückliche Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber in § 11 Abs 3 SGB II bestätigt dies.
Die Regelung des § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-VO aF ist daher keine geeignete Grundlage, den Zufluss im Monat Mai 2009 im Aufhebungszeitraum Juni bis Oktober 2009 auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen. Als Vermögen liegt es unter dem Freibetrag (s o). Andere Umstände, die eine Kürzung der Leistung im verfügten Umfang gerechtfertigt hätten, sind nicht erkennbar und wären mangels Anhörung (dann wegen eines anderen Aufhebungstatbestandes als § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X) nicht berücksichtigungsfähig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den anteiligen Erfolg der Rechtsverfolgung durch die Klägerin.
Die Zulassung der Revision hatte wegen der Divergenz zur Rechtsprechung des BSG zu erfolgen (§ 160Abs 2 Nr 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung eines Geldzuflusses aus einem Bausparvertrag des verstorbenen Vaters der Klägerin auf die Grundsicherungsleistungen der Klägerin.
Die im November 1971 geborene, erwerbsfähige Klägerin lebte bis 2009 mit ihrer im Januar 1989 geborenen Tochter zusammen. Sie erhielt während des gesamten Jahres 2008 und bis April 2009 Arbeitslosengeld II und beantragte am 7. April 2009 die Weiterbewilligung der Leistung. Zu diesem Zeitpunkt verfügte sie bis auf einen 14 Jahre alten Pkw ohne relevanten Verkehrswert über keinerlei Vermögen. Die Kosten für Unterkunft und Heizung betrugen monatlich 350,00 EUR. Einkünfte hatte die Klägerin nicht. Ihre Tochter bezog monatlich Kindergeld in Höhe von 164,00 EUR. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. April 2009 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sanktion für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2009 gegenüber der Tochter der Klägerin fest. Danach waren die Leistungen für die Tochter auf diejenigen für die Kosten der Unterkunft beschränkt. Mit Bescheid vom 28. April 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin (Regelleistung 351,00 EUR, Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung 175 EUR) und deren Tochter Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2009. Dabei kürzte die Beklagte die Leistungen der Tochter wegen der Sanktion. Wegen der Einzelheiten der Leistungsbewilligung wird auf die Verwaltungsakte Bezug genommen.
Am 15. Mai 2009 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ihr ein Betrag von 3.624,94 EUR aus dem Bausparvertrag ihres im April 2008 verstorbenen Vaters überwiesen worden sei. Zwar habe sie das Erbe ausgeschlagen. Jedoch habe der Bausparvertrag eine Begünstigung der Klägerin für den Todesfall des Vaters vorgesehen. Die Klägerin meinte, dass dieses Vermögen den für sie bestehenden Freibetrag nicht übersteige. Die Beklagte möge deshalb der Klägerin mitteilen, dass dieses Vermögen zur Verfügung der Klägerin belassen werde. Der Vertragspartner des Bausparvertrages hatte auf entsprechende Abtretung durch die Klägerin an das zuständige Sozialamt bei Zuteilung der Bausparsumme bereits einen Betrag von 1.609,00 EUR dem Sozialamt überwiesen. Es handelte sich dabei um die Kosten der Sozialbestattung des Vaters der Klägerin. Der an die Klägerin am 4. Mai 2009 überwiesene Betrag von 3.624,94 EUR war der danach verbliebene Rest des Zuteilungsbetrages.
Die Beklagte stornierte daraufhin die Leistungsauszahlung ab Juli 2009. Mit dem Änderungsbescheid vom 20. Juli 2009 setzte sie für den Zeitraum vom 1. Juni bis 31. Oktober 2009 die Leistungen für die Klägerin und deren Tochter jeweils neu fest. Dabei verblieb der Klägerin für Juni 2009 eine Leistung nur für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 94,91 EUR und ab Juli 2009 von monatlich 103,46 bzw 103,47 EUR. Die Leistungsansprüche der Tochter für Juni und Juli 2009 ließ die Beklagte im Hinblick auf die Sanktion vollständig entfallen. Für August bis Oktober 2009 gewährte die Beklagte der Tochter monatlich 63,55 EUR auf die Kosten der Unterkunft und Heizung. Sie hatte für die Monate Juni und Juli 2009 ein Einkommen der Klägerin von monatlich 724,99 EUR und für die Monate August bis Oktober 2009 in Höhe von 724,98 EUR monatlich berücksichtigt und um einen Freibetrag von 30,00 EUR (Versicherungspauschale) reduziert angerechnet. Wegen der Einzelheiten der Regelungen des Bescheides vom 20. Juli 2009 und deren Begründung wird auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Mit Schreiben ebenfalls vom 20. Juli 2009 hörte die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf einen beabsichtigten Erstattungsbescheid für überzahlte Leistungen im Monat Juni 2009 in Höhe von 431,08 EUR an.
Mit ihrem Widerspruch vom 7. August 2009 wandte sich die Klägerin gegen die Anrechnung. Eine Berücksichtigung als Einkommen sei unzulässig. Der Klägerin stehe ein Schonvermögen zu. Das werde durch die angerechnete Auszahlung nicht ausgeschöpft. Die Berechnungen der Beklagten seien nicht nachvollziehbar. Eine weitere Streckung des Anrechnungszeitraums wäre sozial angemessener. Parallel zum Widerspruch der Klägerin legte auch die Tochter Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Juli 2009 ein. Über diesen Widerspruch war zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2009 zurück. Einmalige Zuflüsse während der Bedarfszeit seien nach ständiger Rechtsprechung Einkommen. Die Klägerin sei Begünstigte aus einem Bausparvertrag eines Dritten gewesen. Es handele sich nicht um selbst angespartes Vermögen. § 2 Abs 4 Arbeitslosengeld-II-Verordnung (AlgII-VO) erlaube die Berücksichtigung ab dem Folgemonat, wenn die Leistungen für den Monat des Zuflusses des Einkommens bereits erbracht worden seien. Der angemessene Zeitraum der Aufteilung des einmaligen Einkommens sei nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzen. Dabei solle der Anrechnungszeitraum grundsätzlich so kurz wie möglich sein. Jedoch seien im Rahmen der Ermessensausübung die Auswirkungen bei einer Beendigung des Leistungsbezuges auf laufende Eingliederungsmaßnahmen, einen Zuschlag nach § 24 SGB II und insbesondere auf den Krankenversicherungsschutz zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei zutreffend ein Anrechnungszeitraum von fünf Monaten angesetzt worden.
Mit ihrer Klage vom 12. November 2009 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Bei dem Zufluss aus dem Bausparvertrag handele es sich um Vermögen. Die Anrechnung hätte bereits ab Mai 2009, dem Zuflussmonat, erfolgen müssen. Zudem habe die Berücksichtigung rechtswidrig zu einer mittelbaren Wirksamkeit der Sanktion der Tochter auf die gewährten Kosten der Unterkunft geführt. Die Klägerin macht die Aufhebung des Bescheides auch insoweit geltend, als er Leistungen ihrer Tochter betrifft. Gegen den Erstattungsbescheid vom 24. November 2009, der für Juni 2009 an die Klägerin überzahlte Leistungen in Höhe von 431,08 EUR betrifft, hat die Klägerin Widerspruch nicht eingelegt, aber im Rahmen der mündlichen Verhandlung Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X gestellt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 aufzuheben, auch soweit er Leistungen der Tochter der Klägerin betrifft.
Die Beklagte hält ihre Entscheidungen für zutreffend und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kammer haben außer den Prozessakten die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze, das Protokoll und den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unzulässig, soweit sie Leistungsansprüche der Tochter der Klägerin betrifft. Insoweit fehlt der Klägerin die Prozessführungsbefugnis. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin im Wege einer Prozessstandschaft die Ansprüche ihrer volljährigen Tochter wahrnehmen könnte. Dies gilt schon deshalb, weil der durch die Klägerin angefochtene Bescheid separat auch durch die Tochter der Klägerin mit Widerspruch angefochten wurde. Dieses parallel laufende Rechtsbehelfsverfahren, das noch im Stadium des Widerspruchsverfahrens verharrt, kann die Klägerin nicht an sich und in ihr Klageverfahren ziehen. Dass die Tochter im vorliegenden Rechtsstreit nicht auch Klägerin ist, ergibt sich aus der insofern eindeutigen anwaltlich erfolgten Klageerhebung nur im Namen der Klägerin. Dies wurde auf ausdrückliche Nachfrage durch das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt und erscheint auch angesichts des noch offenen Widerspruchsverfahrens sachgerecht. Unter diesen Umständen ist der Kammer eine Entscheidung über die Leistungsansprüche der Tochter verwehrt.
Die Klägerin hat jedoch Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 20. Juli 2009, soweit er die Ansprüche der Klägerin selbst betrifft. Insoweit ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig, denn für den von ihm betroffene Zeitraum Juni bis Oktober 2009 hatte sich keine im Sinne des § 48 Abs 1 SGB X wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen ergeben. Das im Mai 2009 der Klägerin zugeflossene Einkommen führte im Mai 2009 zum Erlöschen des Leistungsanspruches und konnte nach erneutem Leistungsbeginn im Juni 2009 nunmehr als Vermögen nicht den Leistungsanspruch mindern, weil es unter dem der Klägerin nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II eingeräumten Vermögensfreibetrag lag.
Der Bescheid vom 28. April 2009 war der Klägerin spätestens am 1. Mai 2009 bekannt gegeben worden. Dies folgt aus § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X. Umstände für einen späteren Zugang des Bescheides und damit eine spätere Bekanntgabe sind nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen insofern bestanden nicht. Der Zufluss erfolgte am 4. Mai 2009, also nach Wirksamkeit des Bewilligungsbescheides, weshalb Ermächtigungsgrundlage für eine Korrektur der Leistungsbewilligung wegen des Zuflusses nur § 48 SGB X, nicht aber § 45 SGB X sein konnte.
Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Satz 2 Nr 3). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt gemäß Satz 3 der Vorschrift in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.
Zwar handelte es sich bei der Auszahlung an die Klägerin aus dem Bausparvertrag ihres Vaters um Einkommen im Monat des Zuflusses. Dieser Einkommenszufluss war jedoch nur im Mai 2009 rechtlich relevant und bewirkte nur insofern eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X. Der Zufluss stellt sich für den Monat Mai 2009 als Einkommenszufluss im Sinne von §§ 11 Abs 1, 19 Satz 2 SGB II (in der bis Dezember 2010 geltenden Fassung – aF) dar und ist ab erst ab Juni 2009 als Vermögen zu bewerten. Für die Zeiträume ab Juni 2009 lässt sich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, insbesondere der Leistungsansprüche der Klägerin nicht feststellen.
Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Wie die für das SGB II zuständigen Senate des BSG bereits entschieden haben, ist Einkommen i S des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, das jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl nur BSG Urteil vom 24.02.2011, B 14 AS 45/09 R, RdNr 19 mwN für die st. Rspr des BSG). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung (BSG ebd). Ein während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II aus einer Erbschaft zufließender Geldbetrag ist Vermögen, wenn der Erbfall vor der Beantragung von Grundsicherungsleistungen eingetreten ist. (BSG ebd RdNr 21 f). Diese höchstrichterliche Rechtsprechung hält die Kammer für zutreffend.
Der erfolgte Zufluss an die Klägerin war keiner, der im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge den Rechten der Klägerin zugewachsen wäre, denn sie hatte die Erbschaft ausgeschlagen. Zudem hatte sie bereits im Zeitpunkt des Erbfalles und seitdem ununterbrochen im Leistungsbezug gestanden. Es handelte sich auch nicht um eine rechtliche Position, die ihr verwertbare Ansprüche vor dem Beginn ihres Leistungsbezuges verschafft hätte und die sie nunmehr lediglich umgeschichtet hätte. Der Wertzuwachs trat vielmehr erst mit der Gutschrift auf ihrem Konto am 4. Mai 2009 ein, während des Leistungsbezuges. Es war im Zeitpunkt des Zuflusses mithin Einkommen.
Für Mai 2009 entfiel wegen der Höhe des Zuflusses der Leistungsanspruch der Klägerin vollständig. Als Freibetrag kommt nur die Versicherungspauschale von 30 EUR in Betracht, weil es sich nicht um Erwerbseinkommen handelte. Auch abzüglich dieses Freibetrages überstieg der Betrag des Zuflusses den Bedarf der monatlichen Grundsicherung der Klägerin und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Tochter beträchtlich. Damit waren beide nicht mehr hilfebedürftig. Die Klägerin war deshalb nicht mehr gemäß § 19 SGB II leistungsberechtigt. Die Leistungsbewilligung wäre deshalb nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X verschuldensunabhängig und ohne Berücksichtigung eines Vertrauensschutzes aufzuheben gewesen.
Eine Berücksichtigung des Zuflusses erst im Folgemonat hatte nicht zu erfolgen. § 2 Abs 4 Satz 2 AlgII-VO (in der Fassung bis 31.03.2011 – aF) räumt der Behörde insofern kein Ermessen ein. Die Möglichkeit ("ist zulässig") einer Anrechnung im Folgemonat ist im Rahmen gebundener Verwaltung nach Maßgabe von § 2 Abs 2 SGB I unter dem Gesichtspunkt der Sachgerechtigkeit (Angemessenheit) zu realisieren und daher gerichtlich voll nachprüfbar. Der Zufluss erfolgte bereits zu Beginn des Monats Mai. Eine Berücksichtigung erst für Juni scheidet aus, weil auch die Junileistung bereits ausgezahlt war und auch für diesen Monat die Aufhebungsentscheidung nur rückwirkend erfolgte, also weder unter dem Gesichtspunkt des § 2 Abs 2 SGB I noch unter verwaltungspraktischen oder anderen Gesichtspunkten eine Verschiebung des normativen Zuflusses angemessen und sachgerecht war.
Mit dem Wegfall des Anspruches auf Grundsicherungsleistungen im Monat Mai 2009 endete das gesetzlich begründete Stammrecht (zum grundsicherungsrechtlichen Stammrecht: Link in Eicher/Spellbrink: SGB II, 2. Aufl, § 37 RdNr 17; Luik, SGb 2009, 677, 679 – Anm zu BSG Urt. v. 30.09.2008). Die Aufrechterhaltung des Stammrechts wegen der Fortwirkung des nunmehr rechtswidrigen bewilligenden Verwaltungsaktes für Mai 2009 ist insbesondere von Bedeutung für das Behaltendürfen der ausgezahlten Leistungen und die Möglichkeiten zur Aufhebung dieses Verwaltungsaktes. Eine Verlängerung des Bestandes des Stammrechts über den Zeitraum des Beginns eines neuen Stammrechts hinaus, vermag die rechtswidrige Bewilligung nicht zu vermitteln. Sie kann allenfalls im Rahmen von Ermessensentscheidungen auch für die Folgezeiträume eine Rolle spielen. Für die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Bewertung des Aufhebungsbescheides für die Folgezeiträume (Juni bis Oktober 2009) ist sie indes unbeachtlich. Deshalb waren die Teile des aus dem Zufluss im Mai 2009 stammenden Wertes, sofern sie bis Ende Mai 2009 nicht verbraucht waren, nur bis zum Ablauf des vorherigen Stammrechts als Einkommen und zu Beginn des neuen Stammrechts ab Juni 2009 als Vermögen zu qualifizieren. Der Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II für die im Juni 2009 37-jährige Klägerin (5.550 EUR) war nicht überschritten. Weiteres Einkommen oder Vermögen ist für den gesamten Zeitraum von Juni bis Oktober 2009 nicht festzustellen, zumal das Kindergeld vollständig bei der Tochter der Klägerin zu berücksichtigen war.
Dem steht § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift in der Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R (RdNr 20), bleibt eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigendes Einkommen. Nach Auffassung der Kammer fehlt es für § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF an einer Ermächtigungsgrundlage im Sinne des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG. Die Ermächtigungsnorm des § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II deckt die Regelung des § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF nicht, weil im Verteilzeitraum nach dem Zuflussmonat durch die verteilte Anrechnung der einmaligen Einnahme Einkommen unzulässig fingiert wird. Insofern folgt die Kammer nicht der Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R.
Nach § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF waren einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass normativ ein Einkommenszufluss nicht nur im tatsächlichen Zuflussmonat sondern auch in späteren Monaten angenommen wird. Unabhängig davon, ob von dem ursprünglichen Zufluss also noch etwas vorhanden ist oder nicht, wird bei der Bewertung des eigenen Leistungsvermögens des Leistungsnachfragenden das Vorhandensein von Einkommen fingiert. Damit wird materiell-rechtlich Leistungsfähigkeit des Betroffenen unterstellt unabhängig davon, ob sie tatsächlich vorhanden ist oder nicht. Eine Aufklärung der tatsächlichen finanziellen Leistungsfähigkeit hat insofern nicht zu erfolgen.
Dies entspricht zwar, worauf das BSG in seiner Entscheidung vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R maßgeblich abstellt, dem Nachranggrundsatz des Grundsicherungsrechts. Es übersieht indes, dass die Leistungserbringung zur Behebung einer aktuellen Hilfebedürftigkeit zu erfolgen hat. Inwieweit der Betroffene unwirtschaftlich (verschwenderisch) mit seinen wirtschaftlichen Ressourcen umgeht, berührt jedoch nach der gesetzlichen Konzeption der Leistung, den Leistungsanspruch nicht, sondern ist ggf über § 31 Abs 4 Nr 1 (oder Nr 2) SGB II durch eine Leistungsabsenkung zu sanktionieren. Die Verteilung einmalig zufließenden Einkommens auf mehrere Monate betrifft jedoch den Leistungsanspruch in seiner Substanz, weil zum einen, der Anspruch dann über mehrere Monate hinweg vollständig entfallen kann, zum anderen wird jedenfalls eine Absenkung deutlich über die Grenzen des § 31 SGB II hinaus ermöglicht. Dies zeigt sich im Falle der Klägerin, wo eine Absenkung deutlich über die Grenze von 30 Prozent der Regelleistung hinaus vorgenommen wurde, obwohl die Vorgaben der Rechtsprechung des BSG, insbesondere möglichst die Hilfebedürftigkeit zur Absicherung des Versicherungsschutzes gegen Krankheit nicht zu beseitigen, korrekt berücksichtigt wurden.
§ 13 Abs 1 SGB II enthält die Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch Verordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist (Nr 1). Als Ermächtigung für die Regelung des § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF kommt nur die zweite Alternative der Nr 1 des § 13 SGB II in Betracht, d h die Möglichkeit zu Regelungen der Berechnung von Einkommen.
Nach Art 80 Abs 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Erforderlich ist, dass die dem Verordnungsgeber delegierten Kompetenzen nach Tendenz und Programm derart umrissen sind, dass schon aus der Ermächtigungsnorm erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Dies bedeutet nicht bereits, dass die Ermächtigungsnorm so genau wie irgend möglich formuliert und gefasst sein muss. Vielmehr können zur Klärung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung die allgemeinen Auslegungsgrundsätze herangezogen werden, wie etwa Sinnzusammenhang der Norm, Ziel der gesetzlichen Regelung und ihre Entstehungsgeschichte. Dabei wird nicht das denkbare Maximum an Bestimmtheit der Norm verlangt, sondern lediglich deren hinreichende Bestimmtheit. (BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 55/08 R, RdNr 20 mwN)
Im Sinne dieser Vorgaben ist § 13 Abs 1 Nr 1, 2. Alt SGB II zwar hinreichend bestimmt (BSG ebd RdNr 21). Indes deckt die Regelung nicht § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF. Die Kammer folgt insofern nicht dem BSG (Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 55/08 R, RdNr 22), soweit dieses annimmt, es handele sich dabei um eine reine Rechenvorschrift, weil lediglich Einkommen auf Zeiträume aufgeteilt werde.
Soweit es um die schlichte Berechnung des Einkommens geht, kann der Verordnungszweck systematisch durch das SGB II erschlossen werden (SG Schleswig Urteil vom 25.01.2008, S 7 AS 287/07 JURIS-RdNr 43). Auf der Ebene des untergesetzlichen Regelwerks sollen die Details der Einkommensberechnung geregelt werden. Dabei kann nicht verkannt werden, dass auch Berechnungsvorschriften Auswirkungen auf Bestand und Umfang der einzelnen Leistungsansprüche haben können. Dies hängt beispielsweise mit der Intensität der Pauschalierung der möglichen Berechnungsverfahren oder vorgegebener Berechnungsparameter zusammen. § 2 Abs 4 Satz 3 AlgII-VO aF gibt jedoch nicht einfach vor, wie aus verschiedenen Positionen (positiv oder negativ) ein bestimmtes Einkommen berechnet wird. Die Vorschrift schreibt vielmehr vor, wie das Berechnungsergebnis für verschiedene Leistungszeiträume wirksam zu machen ist. Damit handelt es sich bereits begrifflich nicht mehr um die Berechnung des Einkommens. Zu einer Regelung der Verteilung des berechneten Einkommens auf bestimmte Leistungszeiträume wird der Verordnungsgeber gerade nicht ermächtigt, zumindest nicht hinreichend bestimmt. (vgl. SG Schleswig Urteil vom 25.01.2008, S 7 AS 287/07 RdNr 44).
Zudem ist zu beachten, dass die Regelung auch im Kontext mit dem Regelungssystem des SGB II einen zusätzlichen, über den Charakter als reine Rechenvorschrift hinausgehenden Regelungsgehalt entfaltet. Sie fingiert den Bestand finanziellen Leistungsvermögens über den Zuflussmonat hinaus. So war im vom BSG entschiedenen Fall (Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R) der Zufluss aus der Steuererstattung zur Tilgung von Schulden verbraucht worden. Im vorliegenden Fall der Klägerin ist nur deshalb ein Teil des Zuteilungsbetrages nicht an die Klägerin zur Auszahlung gebracht worden, weil sie zur Begleichung von Verpflichtungen gegenüber dem Sozialamt ihre Forderung abgetreten hatte. Inwieweit die wirtschaftliche Leistungskraft durch grundsicherungsrechtlich nicht hinnehmbares Verhalten im Zuflussmonat reduziert wird und dies Auswirkungen auf den Leistungsanspruch hat, insbesondere wenn daraus ein Leistungsanspruch resultiert, ist jedoch explizit vom Gesetzgeber in § 31 Abs 4 SGB II normiert worden. Die Fiktion von Einkommen war bislang dem Recht der Grundsicherung fremd, weil es gerade um die Existenzsicherung in der aktuellen Situation ging (erst durch die Neuregelung des § 11 Abs 3 SGB II ab 01.04.2011 kennt das Gesetz durch Verteilung von Einkommen auf mehrere Monate fiktives Einkommen). Gerade im Hinblick auf die besonderen Anforderungen an die gesetzgeberische Tätigkeit im Bereich der Existenzsicherung wegen deren besonderen Grundrechtscharakters muss ein solch gravierender Umstand wie die Einführung der Anrechnung fiktiven Einkommens als so wesentlich angesehen werden, dass dazu ausschließlich der parlamentarische Gesetzgeber berufen ist, jedenfalls eine Verordnungsermächtigung erheblich klarer und mit deutlichen Vorgaben zu gestalten wäre. Unter diesen Umständen kann der Vorschrift des § 13 Abs 1 Nr 1, 2. Alt SGB II kein normativer Gehalt entnommen werden, der zur Einführung der Berücksichtigung fiktiven Einkommens durch Verteilung von einmal zugeflossenem Einkommen auf mehrere Monate ermächtigen würde. Dies lässt sich weder Wortlaut noch systematischen oder teleologischen Aspekten der Vorschrift entnehmen. Die nunmehr erfolgte ausdrückliche Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber in § 11 Abs 3 SGB II bestätigt dies.
Die Regelung des § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-VO aF ist daher keine geeignete Grundlage, den Zufluss im Monat Mai 2009 im Aufhebungszeitraum Juni bis Oktober 2009 auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen. Als Vermögen liegt es unter dem Freibetrag (s o). Andere Umstände, die eine Kürzung der Leistung im verfügten Umfang gerechtfertigt hätten, sind nicht erkennbar und wären mangels Anhörung (dann wegen eines anderen Aufhebungstatbestandes als § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X) nicht berücksichtigungsfähig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den anteiligen Erfolg der Rechtsverfolgung durch die Klägerin.
Die Zulassung der Revision hatte wegen der Divergenz zur Rechtsprechung des BSG zu erfolgen (§ 160Abs 2 Nr 2 SGG).
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