Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 307/99 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 B 18/00 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. Januar 2000 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiliger Anordnung die vorläufige bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung nach Übergangsrecht.
Der Antragsteller hat am 4. Januar 1999 die Approbation als psychologischer Psychotherapeut erhalten. Er besitzt keine Berechtigung zur Teilnahme am Delegationsverfahren und hat auch nicht am Kostenerstattungsverfahren teilgenommen. Nach seinen Angaben im Verwaltungsverfahren war er nach Verleihung des Diploms als Diplom-Psychologe von Mai 1981 bis 1999 als Psychotherapeut in der neurologisch-psychiatrischen Gemeinschaftspraxis der Dres. tätig und hat insbesondere im Beauftragungsverfahren vom 4. Dezember 1991 bis 29. Juni 1994 psychotherapeutische Leistungen erbracht; die letzten drei Therapiestunden fanden am 25., 28. und 29. Juni 1994 statt. Von Juli 1994 bis Juni 1997 hat er zwei Selbstzahler behandelt (165 und 198 Stunden).
Sein Antrag auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung nach Übergangsrecht in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie blieb erfolglos (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 28. Juni 1999/Beschluss des Antragsgegners vom 6. Oktober 1999).
Das Sozialgericht hat seinen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass er mindestens 2000 Stunden psychotherapeutische Berufstätigkeit in einem Richtlinienverfahren abgeleistet habe (Beschluss vom 13. Januar 2000).
Mit der Beschwerde hat der Antragsteller sein Begehren weiterverfolgt.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Voraussetzungen, unter denen entsprechend § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO eine einstweilige Anordnung ergehen kann, liegen nicht vor. Auch eine vorläufige Zulassung oder Ermächtigung als Psychotherapeut stellt eine Vorwegnahme der Hauptsache dar, die nur gerechtfertigt ist, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass die Interessen des Antragstellers offensichtlich höher zu bewerten sind als die des Antragsgegners.
Durch das Psychotherapeutengesetz ist erstmals in der Bundesrepublik Deutschland die Berufsausübung der Psychotherapeuten gesetzlich geregelt worden. Der Gesetzgeber hat, wenn auch keine unbegrenzte, so doch eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, von welchen persönlichen und fachlichen Voraussetzungen der Zugang zu einem Beruf abhängt. Vordringliche öffentliche Interessen, denen nicht auf andere Weise ausreichend Rechnung getragen werden kann, können es unumgänglich machen, die Zulassung auf einen zahlenmäßig festgelegten Kreis von Leistungserbringern (Bedarfszulassung) zu beschränken (so bereits Bundesverfassungsgericht -BVerfGE- Band 11, S. 30, 48 - Kassenarzturteil) und eine bedarfsunabhängige Zulassung nur unter einschränkenden Voraussetzungen zu ermöglichen. Für eine bedarfsunabhängige Zulassung nach § 95 Abs. 10 SGB V liegen nach summarischer Prüfung nicht alle Voraussetzungen vor. Nach derzeitigem Erkenntnisstand hat der Antragsteller in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis zum 24. Juni 1997 nicht an der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Rechtssinne teilgenommen, wie es § 95 Abs. 10 Nr. 3 und Abs. 11 Nr. 3 SGB V verlangt. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass eine Mindeststundenzahl von 250 sich mit der Systematik des vertragsärztlichen Zulassungsrechts nicht vereinbaren lässt, weil sich diese Stundenzahl auf Erwägungen stützt, die für die Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit von abhängig Beschäftigten maßgebend sind (§ 8 SGB IV). Aus Sinn und Zweck der genannten Vorschrift des SGB V folgt aber, dass die Bestandsschutzerwägungen, die der bedarfsunabhängigen Zulassung nach § 95 Abs. 10 SGB V sowie der Ermächtigung nach § 95 Abs. 11 SGB V zugrunde liegen, eine Tätigkeit von nicht nur geringfügigem Umfang und von einer Mindestzahl an Patienten voraussetzt. Der Gesetzgeber hat sich in Wahrnehmung vordringlicher öffentlicher Interessen zu Recht veranlasst gesehen, auch für Psychotherapeuten eine Bedarfsplanung vorzusehen. Eine Zulassung ohne Rücksicht auf einen Bedarf - also in einem gesperrten Bezirk - lässt sich nur rechtfertigen, wenn der Psychotherapeut in dem 3-Jahres-Zeitraum seinen Lebensunterhalt durch die Behandlung von Mitgliedern der Krankenkassen zumindest in bescheidenem Maße aus einer selbständigen psychotherapeutischen Tätigkeit erzielt hat. Ist das nicht der Fall, steht der Bewerber in der gleichen Lage wie psychologische Berufsanfänger, denen die Möglichkeit einer bedarfsunabhängigen Zulassung versperrt ist.
Das Übergangsrecht in § 95 Abs. 10 SGB V trägt dem Umstand Rechnung, dass es seit 1967 in der Bundesrepublik Deutschland für nichtärztliche Psychotherapeuten die Möglichkeit gab, im Delegationsverfahren tätig zu werden, und sich daneben ohne förmliche Rechtsgrundlage die Praxis einiger Krankenkassen herausgebildet hatte, unmittelbar die Kosten für Leistungen nichtärztlicher Psychotherapeuten zu erstatten.
Demgegenüber hat der Antragsteller keine einzige rechtlich relevante Therapiestunde erbracht. Er ist im II. Quartal 1994 am 25., 28. und 29. Juni nur im Beauftragungsverfahren tätig geworden. Danach hat er lediglich Selbstzahler behandelt. Der Begriff der Teilnahme ist aus Gründen der Gleichbehandlung von Vertragsärzten und Psychotherapeuten möglichst übereinstimmend auszulegen. Ein Arzt, der - ohne Zulassung - lediglich Privatpatienten behandelt, nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung nicht teil.
Die psychotherapeutische Tätigkeit im Beauftragungsverfahren stellt sich ebensowenig als Teilnahme an der Versorgung dar wie die Tätigkeit eines Arztes im Praktikum; denn sie ist Bestandteil der Ausbildung (vgl. jeweils § 5 der Psychotherapievereinbarung - Anlage 1 zum BMV-Ä - in der Fassung vom 17. Oktober 1991 und EKV - Anlage 1 in der Fassung vom 20. Juni 1991).
Angesichts dieser Umstände hat der Senat nicht geprüft, ob weitere Voraussetzungen für eine Zulassung fehlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz -SGG-.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiliger Anordnung die vorläufige bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung nach Übergangsrecht.
Der Antragsteller hat am 4. Januar 1999 die Approbation als psychologischer Psychotherapeut erhalten. Er besitzt keine Berechtigung zur Teilnahme am Delegationsverfahren und hat auch nicht am Kostenerstattungsverfahren teilgenommen. Nach seinen Angaben im Verwaltungsverfahren war er nach Verleihung des Diploms als Diplom-Psychologe von Mai 1981 bis 1999 als Psychotherapeut in der neurologisch-psychiatrischen Gemeinschaftspraxis der Dres. tätig und hat insbesondere im Beauftragungsverfahren vom 4. Dezember 1991 bis 29. Juni 1994 psychotherapeutische Leistungen erbracht; die letzten drei Therapiestunden fanden am 25., 28. und 29. Juni 1994 statt. Von Juli 1994 bis Juni 1997 hat er zwei Selbstzahler behandelt (165 und 198 Stunden).
Sein Antrag auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung nach Übergangsrecht in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie blieb erfolglos (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 28. Juni 1999/Beschluss des Antragsgegners vom 6. Oktober 1999).
Das Sozialgericht hat seinen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass er mindestens 2000 Stunden psychotherapeutische Berufstätigkeit in einem Richtlinienverfahren abgeleistet habe (Beschluss vom 13. Januar 2000).
Mit der Beschwerde hat der Antragsteller sein Begehren weiterverfolgt.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Voraussetzungen, unter denen entsprechend § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO eine einstweilige Anordnung ergehen kann, liegen nicht vor. Auch eine vorläufige Zulassung oder Ermächtigung als Psychotherapeut stellt eine Vorwegnahme der Hauptsache dar, die nur gerechtfertigt ist, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass die Interessen des Antragstellers offensichtlich höher zu bewerten sind als die des Antragsgegners.
Durch das Psychotherapeutengesetz ist erstmals in der Bundesrepublik Deutschland die Berufsausübung der Psychotherapeuten gesetzlich geregelt worden. Der Gesetzgeber hat, wenn auch keine unbegrenzte, so doch eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, von welchen persönlichen und fachlichen Voraussetzungen der Zugang zu einem Beruf abhängt. Vordringliche öffentliche Interessen, denen nicht auf andere Weise ausreichend Rechnung getragen werden kann, können es unumgänglich machen, die Zulassung auf einen zahlenmäßig festgelegten Kreis von Leistungserbringern (Bedarfszulassung) zu beschränken (so bereits Bundesverfassungsgericht -BVerfGE- Band 11, S. 30, 48 - Kassenarzturteil) und eine bedarfsunabhängige Zulassung nur unter einschränkenden Voraussetzungen zu ermöglichen. Für eine bedarfsunabhängige Zulassung nach § 95 Abs. 10 SGB V liegen nach summarischer Prüfung nicht alle Voraussetzungen vor. Nach derzeitigem Erkenntnisstand hat der Antragsteller in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis zum 24. Juni 1997 nicht an der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Rechtssinne teilgenommen, wie es § 95 Abs. 10 Nr. 3 und Abs. 11 Nr. 3 SGB V verlangt. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass eine Mindeststundenzahl von 250 sich mit der Systematik des vertragsärztlichen Zulassungsrechts nicht vereinbaren lässt, weil sich diese Stundenzahl auf Erwägungen stützt, die für die Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit von abhängig Beschäftigten maßgebend sind (§ 8 SGB IV). Aus Sinn und Zweck der genannten Vorschrift des SGB V folgt aber, dass die Bestandsschutzerwägungen, die der bedarfsunabhängigen Zulassung nach § 95 Abs. 10 SGB V sowie der Ermächtigung nach § 95 Abs. 11 SGB V zugrunde liegen, eine Tätigkeit von nicht nur geringfügigem Umfang und von einer Mindestzahl an Patienten voraussetzt. Der Gesetzgeber hat sich in Wahrnehmung vordringlicher öffentlicher Interessen zu Recht veranlasst gesehen, auch für Psychotherapeuten eine Bedarfsplanung vorzusehen. Eine Zulassung ohne Rücksicht auf einen Bedarf - also in einem gesperrten Bezirk - lässt sich nur rechtfertigen, wenn der Psychotherapeut in dem 3-Jahres-Zeitraum seinen Lebensunterhalt durch die Behandlung von Mitgliedern der Krankenkassen zumindest in bescheidenem Maße aus einer selbständigen psychotherapeutischen Tätigkeit erzielt hat. Ist das nicht der Fall, steht der Bewerber in der gleichen Lage wie psychologische Berufsanfänger, denen die Möglichkeit einer bedarfsunabhängigen Zulassung versperrt ist.
Das Übergangsrecht in § 95 Abs. 10 SGB V trägt dem Umstand Rechnung, dass es seit 1967 in der Bundesrepublik Deutschland für nichtärztliche Psychotherapeuten die Möglichkeit gab, im Delegationsverfahren tätig zu werden, und sich daneben ohne förmliche Rechtsgrundlage die Praxis einiger Krankenkassen herausgebildet hatte, unmittelbar die Kosten für Leistungen nichtärztlicher Psychotherapeuten zu erstatten.
Demgegenüber hat der Antragsteller keine einzige rechtlich relevante Therapiestunde erbracht. Er ist im II. Quartal 1994 am 25., 28. und 29. Juni nur im Beauftragungsverfahren tätig geworden. Danach hat er lediglich Selbstzahler behandelt. Der Begriff der Teilnahme ist aus Gründen der Gleichbehandlung von Vertragsärzten und Psychotherapeuten möglichst übereinstimmend auszulegen. Ein Arzt, der - ohne Zulassung - lediglich Privatpatienten behandelt, nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung nicht teil.
Die psychotherapeutische Tätigkeit im Beauftragungsverfahren stellt sich ebensowenig als Teilnahme an der Versorgung dar wie die Tätigkeit eines Arztes im Praktikum; denn sie ist Bestandteil der Ausbildung (vgl. jeweils § 5 der Psychotherapievereinbarung - Anlage 1 zum BMV-Ä - in der Fassung vom 17. Oktober 1991 und EKV - Anlage 1 in der Fassung vom 20. Juni 1991).
Angesichts dieser Umstände hat der Senat nicht geprüft, ob weitere Voraussetzungen für eine Zulassung fehlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz -SGG-.
Rechtskraft
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