L 11 KR 5726/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 3544/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5726/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der nachträglichen Überprüfung der Einkommensverhältnisse eines Künstlers durch die Künstlersozialkasse nach § 13 KSVG ist auf das vom Künstler erzielte tatsächliche Arbeitseinkommen abzustellen. Lässt sich das tatsächliche Einkommen aus künstlerischer Tätigkeit nicht festellen, weil der Künstler seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist, geht die sich daraus ergebende Nichterweislichkeit (non liquet) zu seinen Lasten.
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Wegfall der Versicherungspflicht des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Der 1959 geborene Kläger ist Glasbläser. Im Jahr 1990 meldete er den Verkauf und die Herstellung von Kunstglas und Kunsthandwerk als Gewerbe an. Mit Bescheid vom 08.06.1998 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger aufgrund seiner künstlerischen Tätigkeit ab dem 20.08.1997 der Versicherungspflicht nach dem KSVG in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung unterliege. Der Kläger erzielte damals aus seiner künstlerischen Tätigkeit Jahresarbeitseinkommen von 17.700,00 DM bzw 15.000,00 DM. Seit dem 01.04.2005 bezieht der Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund Berufungsunfähigkeit von der Deutschen Rentenversicherung Bund (Bescheid vom 13.03.2007).

Zur Festsetzung der Beitragshöhe forderte die Beklagte den Kläger jeweils auf, im Voraus sein Jahreseinkommen zu schätzen. Für das Jahr 2007 gab der Kläger voraussichtliche Einkünfte in Höhe von 6.500,00 EUR und für das Jahr 2008 in Höhe von 4.500,00 EUR an. Für das Jahr 2009 teilte er im Rahmen der Vorauseinschätzung 4.700,00 EUR mit. Auf Grundlage dieser Angaben setzte die Beklagte jeweils die Beitragshöhe fest. Für das Jahr 2010 gab der Kläger bis zur gesetzten Frist am 01.12.2009 keine Vorauseinschätzung ab. Die Beklagte legte deshalb der Beitragsberechnung im Januar 2010 zunächst ein geschätztes Einkommen von 5.170,00 EUR zugrunde. Über die Beitragszahlung erhielt der Kläger jeweils sogenannte Jahresabrechnungen.

Bereits im Oktober 2009 forderte die Beklagte den Kläger nach § 13 KSVG auf, die tatsächlichen Einkünfte in den Jahren 2004 bis 2007 mitzuteilen sowie die Einkommenssteuerbescheide dieser Jahre einzureichen. Hieran erinnerte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 04.01.2010. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass versicherungsrechtliche Konsequenzen (Beendigung der Versicherungspflicht) als Folge der fehlenden Angaben und Unterlagen drohen.

Nachdem die dem Kläger gesetzte Zweiwochenfrist fruchtlos verstrichen war, hörte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 25.01.2010 zur beabsichtigten Aufhebung des Bescheids über die Versicherungspflicht an. Mit Bescheid vom 22.02.2010 stellte die Beklagte sodann die Versicherungsfreiheit nach dem KSVG ab dem 01.03.2010 fest. Da der Kläger der Aufforderung, Angaben zu seinen tatsächlichen Einkünften in den Jahren 2004 bis 2007 zu machen und die Einkommenssteuerbescheide vorzulegen, nicht nachgekommen sei, lägen keine Anhaltspunkte für die Erzielung eines über der Geringfügigkeitsgrenze von 3.900,00 EUR liegenden Arbeitseinkommens vor. Die Angaben des Klägers im Rahmen der Vorauseinschätzungen seien unter Berücksichtigung der nicht vorgelegten Unterlagen nicht plausibel. Die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach dem KSVG lägen damit nicht mehr vor. Der Bescheid über die Feststellung der Versicherungspflicht sei daher nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben. Am 11.03.2010 legte der Kläger Widerspruch ein und ließ vortragen, er schätze sein zu erwartendes Einkommen im Jahr 2010 auf 4.800,00 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 09.07.2010 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, er werde im laufenden Kalenderjahr Einkünfte über der Geringfügigkeitsgrenze erzielen. Die Beklagte habe außerdem in den vergangenen Jahren immer Jahresabrechnungen vorgenommen und sei dabei von Einkünften über der Geringfügigkeitsgrenze ausgegangen. Die Beklagte könne dies nicht rückgängig machen. Es müsse irgendwann einmal Rechtsfriede eintreten und von einem status quo ausgegangen werden können. Er sei seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen, in dem er Angaben über seine voraussichtlichen Einkünfte gemacht habe. Auch wenn in den Jahren 2007 und 2008 das Einkommen niedriger gewesen sein sollte, könne dies keine Rolle spielen. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich versichert sei. Die Beklagte habe mit ihrer Entscheidung auch die Versicherung des Klägers in der KVdR beseitigt.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.11.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach dem KSVG sei versicherungsfrei, wer im Kalenderjahr voraussichtlich ein Arbeitseinkommen erziele, dass 3.900,00 EUR nicht übersteige. Die Versicherungspflicht bleibe bestehen, solange das Einkommen nicht mehr als zweimal innerhalb von sechs Kalenderjahren die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteige. Die von der Beklagten zu treffende Prognose sei nicht zu beanstanden. Der Kläger sei bis zuletzt nicht der Aufforderung nachgekommen, die Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2004 bis 2007 vorzulegen. Die Selbsteinschätzungen des Klägers genügten alleine nicht. Die Versicherungspflicht des Klägers in der KVdR ändere nichts an der Versicherungsfreiheit nach dem KSVG.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16.11.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.12.2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, er sei aufgrund der physiologisch-psychischen Situation momentan in seinen Mitwirkungspflichten behindert. Wie bereits in der Klagebegründung ausgeführt, komme es auf die Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2004 bis 2007 aber ohnehin nicht an.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12.11.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 22.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung für zutreffend.

Das LSG forderte den Kläger auf, die Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2004 bis 2008, die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2009, hilfsweise die Rechnungen aus dem Jahr 2009, sowie die Rechnungen für künstlerische Tätigkeiten im Jahr 2010 vorzulegen. Der Kläger legte daraufhin die Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2004 bis 2007 vor. Danach hatte der Kläger im Jahr 2007 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 185,00 EUR, im Jahr 2006 in Höhe von 3.515,00 EUR, im Jahr 2005 in Höhe von 359,00 EUR und im Jahr 2004 in Höhe von 11.855,00 EUR.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid vom 22.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2010 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.

Die Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Die Unfallkasse des Bundes führt das KSVG gemäß § 37 Abs 1 KSVG als Künstlersozialkasse durch. Nach § 35 Abs 1 Satz 1 KSVG überwacht die Künstlersozialkasse ua die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Beitragsanteile der Versicherten. Hierzu gehört auch die Feststellung der Versicherungspflicht bzw die Aufhebung der Feststellung der Versicherungspflicht als actus contrarius.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung der Beklagten ist § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 8 Abs 2 Satz 2 KSVG. Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 8 Abs 2 Satz 2 KSVG regelt ergänzend, dass der Bescheid über die Versicherungspflicht bei Änderung der Verhältnisse nur mit Wirkung vom Ersten des Monats an aufzuheben ist, der auf den Monat folgt, in dem die Beklagte von der Änderung Kenntnis erhält.

Seit Erlass des Bescheides vom 08.06.1998, mit dem die Beklagte in Form eines Dauerverwaltungsaktes feststellte, dass der Kläger aufgrund seiner künstlerischen Tätigkeit ab dem 20.08.1997 der Versicherungspflicht nach dem KSVG in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung unterliegt, ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach dem KSVG lagen im Zeitpunkt der Neufeststellung nicht mehr vor. Die Beklagte hatte daher mit Wirkung ab dem 01.03.2010 den Bescheid über die Versicherungspflicht des Klägers aufzuheben.

Gemäß § 1 KSVG werden selbständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie (1.) die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und (2.) im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist gemäß § 2 Satz 1 KSVG, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Versicherungsfrei ist gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des KSVG vom 13.06.2001 (BGBl I S 1027), wer in dem Kalenderjahr aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit voraussichtlich ein Arbeitseinkommen erzielt, das 3.900,00 EUR nicht übersteigt (bis 31.12.2001 galt ein Siebtel der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV als Geringfügigkeitsgrenze). Wird die selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit nur während eines Teils des Kalenderjahres ausgeübt, ist die in Satz 1 genannte Grenze gemäß § 3 Abs 1 Satz 2 KSVG entsprechend herabzusetzen. Gemäß § 3 Abs 3 KSVG bleibt abweichend von Absatz 1 die Versicherungspflicht bestehen, solange das Arbeitseinkommen nicht mehr als zweimal innerhalb von sechs Kalenderjahren die dort genannte Grenze nicht übersteigt. Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus der selbstständigen künstlerischen Tätigkeit (vgl § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV).

Nach § 13 Satz 2 KSVG kann die Künstlersozialkasse von den Versicherten Angaben darüber verlangen, in welcher Höhe Arbeitseinkommen aus künstlerischen, publizistischen und sonstigen selbständigen Tätigkeiten in den vergangenen vier Kalenderjahren erzielt wurde. Für den Nachweis der Angaben zur Höhe des Arbeitseinkommens kann sie die Vorlage der erforderlichen Unterlagen, insbesondere von Einkommensteuerbescheiden oder Gewinn- und Verlustrechnungen, verlangen (§ 13 Satz 3 KSVG). Die Erhebung der Angaben erfolgt gemäß § 13 Satz 4 KSVG durch eine wechselnde jährliche Stichprobe.

Das voraussichtliche Einkommen des Klägers im Jahr 2010 überstieg nicht den Grenzbetrag des § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG in Höhe von 3.900,00 EUR, weshalb keine Versicherungspflicht mehr bestand. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung ist nicht zu beanstanden.

Eine Prognoseentscheidung ist fehlerfrei und verbindlich, wenn sie aufgrund der vorhandenen Umstände und Zahlen nachvollziehbar ist. Sie darf nicht gegen Gesetze und Erfahrungssätze verstoßen. Grundlage der Prognose können nur die bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens, mithin spätestens bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides, erkennbaren Umstände sein (BSG 02.10.1997, 14 REg 10/96, SozR 3–7833 § 6 Nr 15). Die Schätzung unterliegt als Tatsachenfeststellung der Überprüfung durch die Tatsacheninstanzen (BSG 20.04.1994, 3/12 RK 31/92, BSGE 74, 129). Die der Beklagten damals bekannten Umstände ließen die Einschätzung, das Einkommen des Klägers werde im Jahr 2010 die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten, zu. Der Kläger hatte zwar in der Vergangenheit höhere Vorauseinschätzungen erteilt. Sie lagen allerdings zuletzt in einem Bereich nur knapp oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze. Für das Jahr 2008 gab er ein geschätztes Jahreseinkommen von 4.500,00 EUR, für das Jahr 2009 von 4.700,00 EUR an. Ferner war der Kläger mehrfach mit den Beitragszahlungen in Rückstand geraten (Mahnungen vom 07.12.2006, 06.03.2007, 17.02.2010, 16.03.2010). Außerdem war der Beklagten bekannt geworden, dass der Kläger eine Erwerbsminderungsrente aufgrund Berufsunfähigkeit bezog. Schließlich hatte der Kläger trotz Aufforderung nach § 13 KSVG keine Unterlagen vorgelegt, aus denen Anhaltspunkte dafür hervorgingen, dass das maßgebende Arbeitseinkommen die genannte Mindestentgeltgrenze überschreiten werde. In Würdigung dieser damals bekannten Gesamtumstände ist die Prognose der Beklagten nicht zu beanstanden.

Der vorgenommenen Prognose steht nicht entgegen, dass die Beklagte im Rahmen der Beitragsbemessung für 2010 das voraussichtliche Einkommen des Klägers auf 5.170,00 EUR geschätzt hatte. Zum einen betraf diese Schätzung die Beitragsfestsetzung nach § 12 KSVG und nicht die Feststellung der Versicherungspflicht. Zum anderen stand erst nach Abschluss des Verfahrens nach § 13 KSVG für die Beklagte fest, dass infolge der vom Kläger verletzten Mitwirkungspflicht keine Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Entgeltgrenze vorliegen. Es hatten sich damit die für die Prognose maßgeblichen Verhältnisse geändert, weshalb in Bezug auf die Versicherungspflicht entsprechend § 8 Abs 2 Satz 2 KSVG mit Wirkung zum nächsten Monatsersten eine neue Prognose vorzunehmen war.

Die Prognose der Beklagten wurde auch nicht nachträglich widerlegt. Dabei kann offen bleiben, ob eine rückwirkende Änderung der Prognoseentscheidung überhaupt möglich ist. Denn jedenfalls geht aus den erst im Berufungsverfahren vorgelegten Einkommenssteuerbescheiden hervor, dass der Kläger in den Jahren 2004 bis 2007 drei Mal unter der Geringfügigkeitsgrenze lag. Der Kläger hatte im Jahr 2007 Einkünfte aus seiner künstlerischen Tätigkeit in Höhe von nur 185,00 EUR, im Jahr 2006 in Höhe von 3.515,00 EUR und im Jahr 2005 in Höhe von 359,00 EUR. Lediglich im Jahr 2004 erzielte der Kläger ein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze (11.855,00 EUR). Weitere Einkommenssteuerbescheide hat der Kläger trotz Aufforderung durch das Gericht nicht vorgelegt.

Die Versicherungspflicht des Klägers blieb auch nicht aufgrund der Regelung des § 3 Abs 3 KSVG bestehen. Danach bleibt die Versicherungspflicht bestehen, solange das Arbeitseinkommen nicht mehr als zweimal innerhalb von sechs Kalenderjahren die in § 3 Abs 1 KSVG genannte Einkommensgrenze von 3.900,00 EUR nicht übersteigt. Zwar lagen die Vorausschätzungen in den Jahren 2004 bis 2009 jeweils über diesem Betrag. Im Rahmen der nachträglichen Überprüfung der Einkommensverhältnisse nach § 13 KSVG ist jedoch auf das tatsächlich erzielte Arbeitseinkommen im Sechsjahreszeitraum abzustellen, das vorliegend drei Mal nicht die Einkommensgrenze erreicht hatte. Denn ein Abstellen auf das jeweilige voraussichtliche Einkommen in den letzten sechs Jahren hätte zur Folge, dass für zwei weitere Jahre Versicherungspflicht bestünde, obwohl hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Mindesteinkommensgrenze in den folgenden Jahren nicht erreicht wird. Dieses Ergebnis widerspräche dem gesetzgeberischen Willen, Versicherungspflicht nach dem KSVG nur dann anzunehmen, wenn das künstlerische Schaffen mit einer gewissen Nachhaltigkeit und mit dem Ziel, seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, ausgeübt wird (vgl § 1 Nr 1 KSVG).

Kommt der Versicherte wie vorliegend seinen Mitwirkungspflichten aus § 13 KSVG nicht nach und sind deshalb die tatsächlichen Voraussetzungen des § 3 Abs 3 KSVG im Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten nicht erweislich, geht das damit einhergehende non liquid zu Lasten des Versicherten. Denn hinsichtlich der Ausnahmevorschrift des § 3 Abs 3 KSVG trägt der Versicherte die Beweislast. Weist er das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Regelung nicht nach, verbleibt es bei der Rechtsfolge des § 3 Abs 1 KSVG, wonach keine Versicherungspflicht besteht, wenn das voraussichtliche Jahreseinkommen die dort genannte Grenze nicht übersteigt.

Die Versicherungspflicht nach dem KSVG war somit entfallen. Die Beklagte hatte daher nach § 48 Abs 1 SGB X iVm § 8 Abs 2 Satz 2 KSVG mit Wirkung ab dem nächsten Monatsersten den Bescheid über die Feststellung der Versicherungspflicht aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird zugelassen. Die Fragen, ob und ggf in welchem Umfang die Beklagte an eine von ihr selbst vorgenommene Schätzung des voraussichtlichen Jahreseinkommens gebunden ist und ob bei der Regelung in § 3 Abs 3 KSVG (auch) auf das tatsächliche Jahreseinkommen abzustellen ist, haben grundsätzliche Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
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