Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 10 KR 22/13 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 144/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Für die Beschwerde eines Leistungsträgers liegt auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis vor, wenn dieser der einstweiligen Anordnung durch das Sozialgericht nachgekommen ist.
2. Zur analogen Anwendung des § 37 Abs. 4 SGB V für die Zeit eines Krankenhausaufenthaltes und Einsatz der Pflegekräfte dort.
2. Zur analogen Anwendung des § 37 Abs. 4 SGB V für die Zeit eines Krankenhausaufenthaltes und Einsatz der Pflegekräfte dort.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozial- gerichts Kiel vom 1. Juli 2013 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine notwendigen außer- gerichtlichen Kosten auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutz über eine Kostenerstattung für die beim Antragsteller angestellten Pflegekräfte während der Zeit seines Krankenhausaufenthaltes.
Der 1965 geborene und bei der Antragsgegnerin versicherte Antragsteller leidet seit ca. 2008 an einer amyotrophen Lateralsklerose. Dabei handelt es sich um eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems mit fortschreitender Schädigung der Nervenzellen, die für die Muskelbewegungen verantwortlich sind. Aufgrund der körperlichen Einschränkungen gewährt die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen der häuslichen Krankenpflege (Intensivpflege). Von November 2011 bis. November 2012 übernahmen der A Pflegedienst bzw. der S Pflegedienst, Vertragspartner der Antragsgegnerin, die Betreuung des Antragstellers auf Kosten der Antragsgegnerin. Nachdem diese die Versorgung des Antragstellers beendet hatten, beauftragte der Antragsteller so genannte Assistenzkräfte mit der Durchführung seiner Pflege, und zwar für 24 Stunden am Tag. Die Kosten hierfür übernahm die Antragsgegnerin. Eine zunächst zwischen den Beteiligten beabsichtigte Zielvereinbarung kam bisher nicht zustande.
Im Mai und Juni 2013 waren bei dem Antragsteller die Assistenzkräfte D , F , Sa , W und Wa angestellt, jeweils mit entsprechenden Arbeitsverträgen und 150 bzw. 160 Stunden im Monat, um so die notwendige 24 Stunden-Pflege zu gewährleisten.
Der Antragsteller liegt in einem Krankenpflegebett. Er kann sich nicht mehr bewegen. Er kann nicht sprechen. Die Kommunikation nach außen erfolgt mit Hilfe eines so genannten Augencomputers. Die Assistenzkräfte müssen dazu die so genannte ABC-Tafel nutzen, um mit dem Antragsteller zu kommunizieren.
In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2013 wurde der Antragsteller wegen Atemnotstand im Fa -E -Krankenhaus Neumünster aufgenommen und dort auf der Intensivstation für zehn Tage ins künstliche Koma versetzt. Frau F und Frau Sa betreuten den Antragsteller in geringerem Umfang weiterhin. Am 27. Mai 2013 wurde der Antragsteller von der Intensivstation auf die periphere Weaning-Station verlegt. Grund- und Beatmungspflege wurde vom pflegerischen Personal des Krankenhauses übernommen. An diesem Tag kam es zu einer ersten telefonischen Erörterung mit der Antragsgegnerin, nachdem ein früherer Versuch an der Urlaubsabwesenheit des zuständigen Sachbearbeiters scheiterte.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2013 lehnte die Antragsgegnerin die Leistung von häuslicher Krankenpflege während der Krankenhausbehandlung ab, da es sich bei einem Krankenhaus um einen Ort handele, an dem häusliche Krankenpflege nicht gewährt werden könne. Für die Zeit vom 1. bis 11. Mai 2013 bewilligte die Antragsgegnerin 5.632,70 EUR. Hiergegen legte der Antragsteller mit der Begründung Widerspruch ein, dass die Betreuungssituation im Krankenhaus keine andere als zu Hause sei. Die 24-Stunden-Betreuung könne nur durch die Assistenzkräfte erfüllt werden. Diese Leistungen könne das Krankenhauspersonal nicht erbringen. Ab 7. Juni 2013 übernahmen im Einverständnis mit dem Krankenhaus die vom Antragsteller angestellten Assistenzkräfte die 24-Stunden-Betreuung. Unter dem 12. Juni 2013 teilte das Krankenhaus dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit, dass dieser, der Antragsteller, nur mit fremden Pflegekräften eingeschränkt kommunizieren könne; die Kommunikation über die ABC Tafel durch Pflegekräfte im Krankenhaus sei schon zeitlich nicht möglich. Die seit 7. Juni 2013 dem Antragsteller wieder für 24 Stunden pro Tag zur Verfügung stehenden Bezugspersonen hätten eine deutliche Veränderung und Entspannung des Antragstellers bewirkt, wodurch eine Mobilisation ermöglicht worden sei.
Am 13. Juni 2013 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Kiel die Übernahme der Kosten für die Assistenzkräfte im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung beantragt und diese für die Zeit bis 24. Juni 2013 mit 20.285,86 EUR einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer, Nettogehältern und kalkulatorischem Urlaub beziffert. Zur Begründung hat er vorgetragen: Nach drei Tagen Klinikaufenthalt seien drei oder vier Druckstellen festgestellt worden. Außerdem sei der Antragsteller nach einigen Tagen an einer Lungenentzündung zusätzlich erkrankt. Auch auf der Intensivstation seien die eingesetzten Kräfte des Krankenhauses selbst nicht in der Lage gewesen, die Mikrolagerung vorzunehmen. Hier hätten Frau Sa und Frau F den Antragsteller mit betreut. Es fehle an einer ausreichenden Beratung durch die Antragsgegnerin, die ihre Ablehnung allein damit begründet habe, dass während der Krankenhausbehandlung kein Anspruch auf häusliche Krankenpflege bestehe. Nachdem eine Weiterzahlung über den 11. Mai 2013 durch die Antragsgegnerin nicht erfolgt sei, habe eine Assistenzkraft sich ständig krankschreiben lassen und eine weitere Kraft sei abgesprungen mit der Bemerkung, dass die Bezahlung nicht sichergestellt sei. Erfolge keine Entscheidung im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens, würden die jetzigen Assistenzkräfte ihre Tätigkeit nicht fortsetzen. Er erhalte eine monatliche Rente von 1.447,00 EUR. Davon müsse er u. a. die Miete mit 750,00 EUR zahlen und Kosten für Medikamente in Höhe von ca. 800,00 EUR im Monat. Eine Sparrücklage bestehe nur in Höhe von 2.200,00 EUR auf dem Sparbuch.
Die Antragsgegnerin hat erwidert, für die Mitnahme einer Begleitperson könne das Krankenhaus 45,00 EUR pro Tag abrechnen. Weitergehende Ansprüche könnten aus § 11 Abs. 3 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) nicht abgeleitet werden. Leistungen der häuslichen Krankenpflege könnten im Krankenhaus nicht erbracht werden, da Krankenhäuser die notwendige Versorgung umfassend erbrächten, wie sich aus § 39 Abs. 1 SGB V ergebe. Das folge auch aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 Krankenhausentgeltgesetz.
Das Sozialgericht hat am 25. Juni 2013 einen Ortstermin bei dem einen Tag vorher aus dem Krankenhaus entlassenen Antragsteller zu Hause durchgeführt. Auf den Inhalt der Niederschrift wird verwiesen.
Mit Beschluss vom 1. Juli 2013 hat das Sozialgericht dem Antrag stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, vorläufig und bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Wege der einstweiligen Anordnung dem Antragsteller die vom 11. Mai bis 24. Juni 2013 angefallenen Kosten in Höhe von 20.285,86 EUR zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus einer analogen Anwendung von §§ 37 Abs. 4 und 11 Abs. 3 SGB V. Letztere Vorschrift betreffe in direkter Anwendung die Sicherung des Assistenzbedarfs bei stationärer Krankenhausbehandlung von pflegebedürftigen Menschen mit Behinderungen, die ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte ambulant nach den Vorschriften des Zwölften Sozialgesetzbuches (SGB XII) sicherstellten. Dies sei den Gesetzesmaterialien zum Gesetz vom 30. Juli 2009 zu entnehmen. Nicht ausdrücklich geregelt habe der Gesetzgeber allerdings den Fall des Antragstellers, wenn die Krankenversicherung die Kosten der Pflegekräfte gemäß § 37 SGB V trage und die zu Pflegenden sich in einem Krankenhaus aufhielten. § 37 SGB V erfasse diesen Fall nicht, da die Vorschrift nur auf Leistungen im Haushalt und der Familie des Versicherten oder sonst an einem geeigneten Ort Anwendung finde, nicht jedoch im Krankenhaus. Diese Regelungslücke sei ungeplant und durch eine Gesetzesanalogie zu schließen. Wie die Materialien zu dem oben genannten Gesetz verdeutlichten, habe der Gesetzgeber eine generelle Regelung für Assistenzkräfte im Krankenhaus treffen und nicht nur auf von dem Pflegenden beschäftigte besondere Pflegekräfte nach den Vorschriften des SGB XII sicherstellen wollen. Es sei auch nicht ersichtlich, warum die Kosten, die grundsätzlich der Sphäre der Krankenversicherung zuzuordnen seien und außerhalb des Krankenhauses auch selbstverständlich von der Krankenkasse übernommen würden, bei einem Krankenhaus zu Leistungen der Sozialhilfe werden sollten. Selbst wenn das Krankenhaus die Pflege umfassend sicherstellen könne, wären die weiterlaufenden Kosten der angestellten Pflegekräfte von der Krankenkasse zu tragen. Ein anderes Ergebnis verstieße gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen, wenn der Antragsteller seine Pflege durch das Arbeitgebermodell sicherstellen dürfe oder mangels vertretbarer Alternativen sogar müsse, aber bei einem vorübergehenden Krankenhausaufenthalt die Kosten der Arbeitnehmer selbst tragen müsse, da eine kurzfristige Kündigung der Beschäftigungsverhältnisse arbeitsrechtlich nicht möglich wäre. Auf Anfrage des Vorsitzenden im Bundesministerium für Gesundheit am 28. Juni 2013 habe der Leiter des Referats (Grundsatzfragen der Krankenhausversorgung/Krankenhausfinanzie¬rung) telefonisch mitgeteilt, dass die vorliegende Konstellation der Weiterleistung der häuslichen Krankenpflege während eines Krankenhausaufenthaltes nicht bedacht worden sei, die Intention des Gesetzesentwurfs aber eine vollumfängliche Absicherung des Arbeitgebermodells gewesen sei. Die vom Antragsteller glaubhaft gemachten Kosten in Höhe von 20.285,86 EUR seien nachvollziehbar und auch nicht unangemessen. Bei der Berechnung sei auch die Zeit berücksichtigt worden, in der kein tatsächlicher Einsatz der Pflegekräfte erfolgt sei. Der Anordnungsgrund liege darin, dass der Antragsteller als Arbeitgeber gegenüber seinen beschäftigten Pflegekräften zur Zahlung der Gehälter sowie Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern verpflichtet sei. Ihm drohe akut der Verlust der Pflegekräfte, die auf die Zahlung der Gehälter angewiesen seien, weshalb ausnahmsweise ein Anordnungsgrund auch für Forderungen bestünde, die bereits vor dem Eingang des Antrags auf Erlass der einstweiligen Anordnung entstanden seien. Die Entscheidung stelle auch keine Vorwegnahme der Hauptsache dar. Gegebenenfalls müsse ein Erstattungsanspruch durch Aufrechnung mit den an den Antragsteller erbrachten Sozialleistungen bedient werden.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2013 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mitgeteilt, dass der Betrag von 20.285,86 EUR überwiesen werde.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 30. Juli 2013. Zur Begründung setzt sie sich mit dem angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts auseinander und trägt vor, die Entstehungschronologie des § 11 Abs. 3 SGB V zeige, dass gerade keine ungeplante Regelungslücke für den Fall des Antragstellers vorliege. So zeigten die Materialien, dass etwa die Auffassung der Fraktion DIE LINKE, die gesetzliche Regelung auch auf andere pflegebedürftige Menschen mit gleicher Problematik auszudehnen, bei den anderen Fraktionen keine Zustimmung gefunden habe. Vielmehr habe man das Gesetz vom 30. Juli 2009 als ersten Schritt einer umfassenden Lösung angesehen. Auch in dem diese Vorschrift ergänzenden Gesetz vom 24. September 2012 sei ein entsprechender Vorschlag nicht aufgegriffen worden. Nicht nachzuvollziehen sei auch, inwieweit innerhalb des Zeitraums der stationären Krankenhausbehandlung von sechs Wochen bereits der Verlust der Pflegekräfte gedroht habe. Der Antragsteller habe sich bewusst für das Arbeitgebermodell mit anschließender Kostenerstattung durch die Krankenversicherung entschieden. Damit trage er auch das unternehmerische Risiko, wenn die Pflegekräfte beispielsweise bei einem Krankenhausaufenthalt des Antragstellers an ihrer Arbeitsleistung gehindert seien.
Der Antragsteller erwidert: Hier gehe es um den Sonderfall, dass aus medizinischen Gründen eine Pflege notwendig sei, die von den Kräften des Krankenhauses nicht erbracht werden könne. Den Fall habe der Gesetzgeber nicht bedacht, so dass die vom Sozialgericht vorgenommene analoge Anwendung zu befürworten sei. Außerdem habe er sich nicht freiwillig für das Arbeitgebermodell entschieden, sondern vielmehr sei dies eine Notwendigkeit gewesen, nach der die von der Antragsgegnerin beauftragten Pflegedienste von heute auf morgen die Betreuung aufgegeben hätten, weil sie damit überfordert gewesen seien.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist (§ 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) eingelegt worden. Für die Beschwerde liegt auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin vor. Zwar hat diese die angeordnete Zahlung tatsächlich erbracht, so dass für sie eine Verpflichtung aus der Regelung nicht mehr besteht und auch zu ihren Lasten nicht mehr eine Vollstreckung seitens des Antragstellers droht. Gleichwohl kann in einem solchen Fall nach Auffassung des Senats das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde des Leistungsträgers nicht mit der Begründung verneint werden, dass die einstweilige Anordnung stets nur einen Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen der Geldleistung geschaffen habe und dass die Frage, ob dem Antragsteller als Begünstigten die Leistung endgültig zustehe, abschließend in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden müsse. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung insbesondere des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 9. Juni 2010 – L 13 AS 147/10 B ER) und des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 18. Juni 2007 – L 12 B 49/07 AS ER) an. Für diese Auffassung spricht, dass die Antragsgegnerin ohne die Möglichkeit der Beschwerde in ihrer Rechtsposition unzulässig beschränkt wäre. Denn bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung im Beschwerdeverfahren wäre der Antragsteller unmittelbar nach allgemeinen Prozessrechtsgrundsätzen verpflichtet, der Antragsgegnerin den gezahlten Betrag zu erstatten. Solange dieser keine bzw. die von ihm angegebenen geringen Leistungen bezieht, ist ein solcher Erstattungsanspruch zwar schwerlich durchsetzbar. Schlichtweg ausgeschlossen ist die Möglichkeit der zumindest teilweisen Durchsetzung des Erstattungsanspruchs jedoch nicht. Die Möglichkeit der – jedenfalls teilweisen – Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung noch vor Abschluss des regelmäßig mehrere Jahre dauernden Hauptsacheverfahrens ist ausreichend, um ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin für die Beschwerde zu bejahen. Denn am Rechtsschutzbedürfnis fehlt es im Allgemeinen nur dann, wenn das Rechtsmittel für den Rechtsmittelführer offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BSG SozR 4 3250 § 69 Nr. 8).
Die damit zulässige Beschwerde ist allerdings nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben.
Die notwendigen Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung werden in dem angefochtenen Beschluss zutreffend unter Hinweis auf die dafür maßgebende Vorschrift des § 86b Abs. 2 SGG aufgeführt. Neben dem Anordnungsanspruch, also dem materiell rechtlichen Anspruch auf die Leistung, bedarf es danach eines Anordnungsgrundes, d. h. eines Sachverhalts, aus dem sich die Eilbedürftigkeit der Anordnung ergibt.
Wie schon aus der Bezeichnung "einstweilige" oder "vorläufige" Anordnung deutlich wird, gilt eine solche nicht für eine endgültige Regelung der Streitsache; sie ist grundsätzlich nur als vorläufige Maßnahme zulässig, die die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen darf. Davon wird zum Teil auch bei einer Entscheidung ausgegangen, die aus tatsächlichen Gründen nach der Hauptsacheentschei¬dung nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Das bedeutet allerdings nicht, dass einstweilige Anordnungen, die auf eine solche Vorwegnahme gerichtet sind, stets ausgeschlossen sind. Da der vorläufige Rechtsschutz als verfassungsrechtliche Notwendigkeit in jedem Verfahren gewährleistet werden muss, darf eine einstweilige Anordnung in solchen Fällen dann ausnahmsweise getroffen werden, wenn der Antrag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirken kann. Für den Fall sind an Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ein strenger Maßstab anzulegen. Vor diesem Hintergrund ist der beschließende Senat der Auffassung, dass das Sozialgericht die angefochtene Entscheidung zu Recht getroffen hat. Die Begründung dafür ist nicht zu beanstanden. Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG) und ergänzt sie um Folgendes:
Der beschließende Senat stimmt dem Sozialgericht vollumfänglich in seiner Einschätzung zu, dass vom Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 30. Juli 2009 eine unbeabsichtigte Regelungslücke hinsichtlich der Personen geschaffen wurde, die Leistungen nach § 37 SGB V in Form der häuslichen Krankenpflege erhalten. Zutreffend weist in diesem Zusammenhang das Sozialgericht auf die Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift hin. Diese verdeutlichen an mehreren Stellen, dass Ausgangspunkt des Gesetzes zunächst die allgemeine Problematik der Fortsetzung einer Pflege während der stationären Behandlung im Krankenhaus war. So heißt es etwa bereits schon zu Beginn des Gesetzesentwurfs zu dem Gesetz (BT-Drucks. 16/12855 S. 1): "In der Praxis mehren sich Hinweise, wonach die betroffenen pflegebedürftigen Menschen mit Behinderungen, die ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte ambulant sicherstellen, bei einer stationären Behandlung im Krankenhaus in der Praxis oft Situationen ausgesetzt seien, in denen sich die Klärung der notwendigen Assistenz und die Klärung der Finanzierung des Assistenzbedarfs als problematisch erwiesen hat. Diese pflegebedürften Menschen mit Behinderungen, die ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen, haben während der Dauer eines Krankenhausaufenthalts keinen Anspruch gegen die jeweiligen Kostenträger auf Mitaufnahme ihrer Pflegekräfte in das Krankenhaus und auf Weiterzahlung der bisherigen entsprechenden Leistungen auch während der Dauer der Krankenhausbehandlung. Dies soll künftig geändert werden." Diese Situationsbeschreibung trifft zweifellos auch auf die Personen zu, die Leistungen nach § 37 SGB V erhalten. Mit ihr widerspricht der Gesetzesentwurf der Einschätzung der Antragsgegnerin, wenn sie in der Antragserwiderung die Auffassung vertritt, dass die stationäre Behandlung alle Leistungen erfasst, die für den aufgenommenen Patienten notwendig sind. Davon, dass dies gerade nicht der Fall ist, geht das Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus aus. So heißt es etwa in den zitierten Materialien (a.a.O., S. 6 unter A. I.): "Diese Änderungen sind auch vor dem Hintergrund der Grenzen stationärer Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V erforderlich. Die stationäre Krankenhausversorgung (zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung) umfasst zwar sämtliche Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Erkrankung für die medizinisch notwendige Versorgung des Patienten erforderlich sind. Dies umfasst auch die zur akut stationär medizinischen Behandlung der Krankheit erforderliche Krankenpflege nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V". Diesen Umstand bestätigt im Übrigen auch das Schreiben des Fa -E -Kran¬kenhauses vom 12. Juni 2013. Der Hinweis der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung, die Problematik sei dem Gesetzgeber im Hinblick auf etwa Änderungsvorschläge der Fraktion DIE LINKE bewusst gewesen, greift nicht. Zwar hat diese eine Erweiterung der Vorschrift vorgeschlagen, diese bezog sich allerdings auf die Erweiterung auf andere stationäre Aufenthalte neben dem Krankenhaus wie z. B. Heilkuren (vgl. BT-Drucks. 16/13417 S. 5).
In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht vermag der Senat auch keinen Unterschied zwischen der Personengruppe festzustellen, die nach dem SGB XII ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte ambulant sicherstellen gegenüber den Personen, die, wie der Antragsteller, diese Pflege über § 37 SGB V sicherstellen. Für eine unterschiedliche Behandlung dieser Personengruppe besteht keinerlei sachlicher Grund vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgebotes nach Art. 3 Grundgesetz. Vielmehr hätte die Unterscheidung dieser Personengruppen zur Folge, dass die Personen, die mit einem entsprechenden Anspruch nach § 37 SGB V gegenüber der Krankenkasse versichert sind, benachteiligt würden gegenüber den Personen, die über einen solchen Anspruch nicht verfügen und ihre notwendige Pflege über die §§ 65, 66 SGB XII erhalten. Wäre der Antragsteller nicht krankenversichert, hätte er einen solchen Anspruch nach dem SGB XII und würde die begehrte Leistung über § 11 Abs. 3 SGB V erhalten. Träfe die ablehnende Rechtsauffassung der Antragsgegnerin zu, bestünde für den Fall des Antragstellers, der auch während des Krankenhausaufenthaltes auf die Pflegekräfte angewiesen ist, eine Versorgungslücke mit der Folge, dass ein Anspruch auf entsprechende Pflegeleistung nach §§ 65, 66 SGB XII grundsätzlich gegeben wäre, so dass letztlich doch in diesem Zusammenhang dann die Vorschrift des § 11 Abs. 3 SGB Anwendung fände.
Der beschließende Senat vermag auch die von der Antragsgegnerin geäußerten Bedenken an dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht zu teilen. Nach dem Vortrag der Beteiligten bestand für ihn, nachdem sich die von der Antragsgegnerin beauftragten Pflegekräfte nicht mehr in der Lage sahen, ihn zu pflegen, keine andere Möglichkeit, als sich selbst Pflegekräfte zu beschaffen. Dies sieht im Übrigen auch § 37 Abs. 4 SGB V eindeutig vor, und die Antragsgegnerin hat sich mit diesem Modell auch bisher einverstanden erklärt und die notwendigen Kosten bis zum Krankenhausaufenthalt erstattet. Zwar ist der Antragsteller derzeit wieder in seiner Wohnung. Aufgrund seines Krankheitsbildes besteht jedoch die ständige Gefahr einer erneuten Einweisung in ein Krankenhaus mit einem dann erneuten Auftreten der Problematik, ob die Kosten der Pflegekräfte von der Antragsgegnerin übernommen werden. Hier benötigen der Antragsteller und seine Assistenzkräfte, jedenfalls eine vorläufige, finanzielle Sicherheit. Auch vor diesem Hintergrund sieht der Senat einen Anordnungsgrund als gegeben an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss in unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutz über eine Kostenerstattung für die beim Antragsteller angestellten Pflegekräfte während der Zeit seines Krankenhausaufenthaltes.
Der 1965 geborene und bei der Antragsgegnerin versicherte Antragsteller leidet seit ca. 2008 an einer amyotrophen Lateralsklerose. Dabei handelt es sich um eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems mit fortschreitender Schädigung der Nervenzellen, die für die Muskelbewegungen verantwortlich sind. Aufgrund der körperlichen Einschränkungen gewährt die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen der häuslichen Krankenpflege (Intensivpflege). Von November 2011 bis. November 2012 übernahmen der A Pflegedienst bzw. der S Pflegedienst, Vertragspartner der Antragsgegnerin, die Betreuung des Antragstellers auf Kosten der Antragsgegnerin. Nachdem diese die Versorgung des Antragstellers beendet hatten, beauftragte der Antragsteller so genannte Assistenzkräfte mit der Durchführung seiner Pflege, und zwar für 24 Stunden am Tag. Die Kosten hierfür übernahm die Antragsgegnerin. Eine zunächst zwischen den Beteiligten beabsichtigte Zielvereinbarung kam bisher nicht zustande.
Im Mai und Juni 2013 waren bei dem Antragsteller die Assistenzkräfte D , F , Sa , W und Wa angestellt, jeweils mit entsprechenden Arbeitsverträgen und 150 bzw. 160 Stunden im Monat, um so die notwendige 24 Stunden-Pflege zu gewährleisten.
Der Antragsteller liegt in einem Krankenpflegebett. Er kann sich nicht mehr bewegen. Er kann nicht sprechen. Die Kommunikation nach außen erfolgt mit Hilfe eines so genannten Augencomputers. Die Assistenzkräfte müssen dazu die so genannte ABC-Tafel nutzen, um mit dem Antragsteller zu kommunizieren.
In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2013 wurde der Antragsteller wegen Atemnotstand im Fa -E -Krankenhaus Neumünster aufgenommen und dort auf der Intensivstation für zehn Tage ins künstliche Koma versetzt. Frau F und Frau Sa betreuten den Antragsteller in geringerem Umfang weiterhin. Am 27. Mai 2013 wurde der Antragsteller von der Intensivstation auf die periphere Weaning-Station verlegt. Grund- und Beatmungspflege wurde vom pflegerischen Personal des Krankenhauses übernommen. An diesem Tag kam es zu einer ersten telefonischen Erörterung mit der Antragsgegnerin, nachdem ein früherer Versuch an der Urlaubsabwesenheit des zuständigen Sachbearbeiters scheiterte.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2013 lehnte die Antragsgegnerin die Leistung von häuslicher Krankenpflege während der Krankenhausbehandlung ab, da es sich bei einem Krankenhaus um einen Ort handele, an dem häusliche Krankenpflege nicht gewährt werden könne. Für die Zeit vom 1. bis 11. Mai 2013 bewilligte die Antragsgegnerin 5.632,70 EUR. Hiergegen legte der Antragsteller mit der Begründung Widerspruch ein, dass die Betreuungssituation im Krankenhaus keine andere als zu Hause sei. Die 24-Stunden-Betreuung könne nur durch die Assistenzkräfte erfüllt werden. Diese Leistungen könne das Krankenhauspersonal nicht erbringen. Ab 7. Juni 2013 übernahmen im Einverständnis mit dem Krankenhaus die vom Antragsteller angestellten Assistenzkräfte die 24-Stunden-Betreuung. Unter dem 12. Juni 2013 teilte das Krankenhaus dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit, dass dieser, der Antragsteller, nur mit fremden Pflegekräften eingeschränkt kommunizieren könne; die Kommunikation über die ABC Tafel durch Pflegekräfte im Krankenhaus sei schon zeitlich nicht möglich. Die seit 7. Juni 2013 dem Antragsteller wieder für 24 Stunden pro Tag zur Verfügung stehenden Bezugspersonen hätten eine deutliche Veränderung und Entspannung des Antragstellers bewirkt, wodurch eine Mobilisation ermöglicht worden sei.
Am 13. Juni 2013 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Kiel die Übernahme der Kosten für die Assistenzkräfte im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung beantragt und diese für die Zeit bis 24. Juni 2013 mit 20.285,86 EUR einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer, Nettogehältern und kalkulatorischem Urlaub beziffert. Zur Begründung hat er vorgetragen: Nach drei Tagen Klinikaufenthalt seien drei oder vier Druckstellen festgestellt worden. Außerdem sei der Antragsteller nach einigen Tagen an einer Lungenentzündung zusätzlich erkrankt. Auch auf der Intensivstation seien die eingesetzten Kräfte des Krankenhauses selbst nicht in der Lage gewesen, die Mikrolagerung vorzunehmen. Hier hätten Frau Sa und Frau F den Antragsteller mit betreut. Es fehle an einer ausreichenden Beratung durch die Antragsgegnerin, die ihre Ablehnung allein damit begründet habe, dass während der Krankenhausbehandlung kein Anspruch auf häusliche Krankenpflege bestehe. Nachdem eine Weiterzahlung über den 11. Mai 2013 durch die Antragsgegnerin nicht erfolgt sei, habe eine Assistenzkraft sich ständig krankschreiben lassen und eine weitere Kraft sei abgesprungen mit der Bemerkung, dass die Bezahlung nicht sichergestellt sei. Erfolge keine Entscheidung im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens, würden die jetzigen Assistenzkräfte ihre Tätigkeit nicht fortsetzen. Er erhalte eine monatliche Rente von 1.447,00 EUR. Davon müsse er u. a. die Miete mit 750,00 EUR zahlen und Kosten für Medikamente in Höhe von ca. 800,00 EUR im Monat. Eine Sparrücklage bestehe nur in Höhe von 2.200,00 EUR auf dem Sparbuch.
Die Antragsgegnerin hat erwidert, für die Mitnahme einer Begleitperson könne das Krankenhaus 45,00 EUR pro Tag abrechnen. Weitergehende Ansprüche könnten aus § 11 Abs. 3 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) nicht abgeleitet werden. Leistungen der häuslichen Krankenpflege könnten im Krankenhaus nicht erbracht werden, da Krankenhäuser die notwendige Versorgung umfassend erbrächten, wie sich aus § 39 Abs. 1 SGB V ergebe. Das folge auch aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 Krankenhausentgeltgesetz.
Das Sozialgericht hat am 25. Juni 2013 einen Ortstermin bei dem einen Tag vorher aus dem Krankenhaus entlassenen Antragsteller zu Hause durchgeführt. Auf den Inhalt der Niederschrift wird verwiesen.
Mit Beschluss vom 1. Juli 2013 hat das Sozialgericht dem Antrag stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, vorläufig und bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Wege der einstweiligen Anordnung dem Antragsteller die vom 11. Mai bis 24. Juni 2013 angefallenen Kosten in Höhe von 20.285,86 EUR zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus einer analogen Anwendung von §§ 37 Abs. 4 und 11 Abs. 3 SGB V. Letztere Vorschrift betreffe in direkter Anwendung die Sicherung des Assistenzbedarfs bei stationärer Krankenhausbehandlung von pflegebedürftigen Menschen mit Behinderungen, die ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte ambulant nach den Vorschriften des Zwölften Sozialgesetzbuches (SGB XII) sicherstellten. Dies sei den Gesetzesmaterialien zum Gesetz vom 30. Juli 2009 zu entnehmen. Nicht ausdrücklich geregelt habe der Gesetzgeber allerdings den Fall des Antragstellers, wenn die Krankenversicherung die Kosten der Pflegekräfte gemäß § 37 SGB V trage und die zu Pflegenden sich in einem Krankenhaus aufhielten. § 37 SGB V erfasse diesen Fall nicht, da die Vorschrift nur auf Leistungen im Haushalt und der Familie des Versicherten oder sonst an einem geeigneten Ort Anwendung finde, nicht jedoch im Krankenhaus. Diese Regelungslücke sei ungeplant und durch eine Gesetzesanalogie zu schließen. Wie die Materialien zu dem oben genannten Gesetz verdeutlichten, habe der Gesetzgeber eine generelle Regelung für Assistenzkräfte im Krankenhaus treffen und nicht nur auf von dem Pflegenden beschäftigte besondere Pflegekräfte nach den Vorschriften des SGB XII sicherstellen wollen. Es sei auch nicht ersichtlich, warum die Kosten, die grundsätzlich der Sphäre der Krankenversicherung zuzuordnen seien und außerhalb des Krankenhauses auch selbstverständlich von der Krankenkasse übernommen würden, bei einem Krankenhaus zu Leistungen der Sozialhilfe werden sollten. Selbst wenn das Krankenhaus die Pflege umfassend sicherstellen könne, wären die weiterlaufenden Kosten der angestellten Pflegekräfte von der Krankenkasse zu tragen. Ein anderes Ergebnis verstieße gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen, wenn der Antragsteller seine Pflege durch das Arbeitgebermodell sicherstellen dürfe oder mangels vertretbarer Alternativen sogar müsse, aber bei einem vorübergehenden Krankenhausaufenthalt die Kosten der Arbeitnehmer selbst tragen müsse, da eine kurzfristige Kündigung der Beschäftigungsverhältnisse arbeitsrechtlich nicht möglich wäre. Auf Anfrage des Vorsitzenden im Bundesministerium für Gesundheit am 28. Juni 2013 habe der Leiter des Referats (Grundsatzfragen der Krankenhausversorgung/Krankenhausfinanzie¬rung) telefonisch mitgeteilt, dass die vorliegende Konstellation der Weiterleistung der häuslichen Krankenpflege während eines Krankenhausaufenthaltes nicht bedacht worden sei, die Intention des Gesetzesentwurfs aber eine vollumfängliche Absicherung des Arbeitgebermodells gewesen sei. Die vom Antragsteller glaubhaft gemachten Kosten in Höhe von 20.285,86 EUR seien nachvollziehbar und auch nicht unangemessen. Bei der Berechnung sei auch die Zeit berücksichtigt worden, in der kein tatsächlicher Einsatz der Pflegekräfte erfolgt sei. Der Anordnungsgrund liege darin, dass der Antragsteller als Arbeitgeber gegenüber seinen beschäftigten Pflegekräften zur Zahlung der Gehälter sowie Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern verpflichtet sei. Ihm drohe akut der Verlust der Pflegekräfte, die auf die Zahlung der Gehälter angewiesen seien, weshalb ausnahmsweise ein Anordnungsgrund auch für Forderungen bestünde, die bereits vor dem Eingang des Antrags auf Erlass der einstweiligen Anordnung entstanden seien. Die Entscheidung stelle auch keine Vorwegnahme der Hauptsache dar. Gegebenenfalls müsse ein Erstattungsanspruch durch Aufrechnung mit den an den Antragsteller erbrachten Sozialleistungen bedient werden.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2013 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mitgeteilt, dass der Betrag von 20.285,86 EUR überwiesen werde.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 30. Juli 2013. Zur Begründung setzt sie sich mit dem angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts auseinander und trägt vor, die Entstehungschronologie des § 11 Abs. 3 SGB V zeige, dass gerade keine ungeplante Regelungslücke für den Fall des Antragstellers vorliege. So zeigten die Materialien, dass etwa die Auffassung der Fraktion DIE LINKE, die gesetzliche Regelung auch auf andere pflegebedürftige Menschen mit gleicher Problematik auszudehnen, bei den anderen Fraktionen keine Zustimmung gefunden habe. Vielmehr habe man das Gesetz vom 30. Juli 2009 als ersten Schritt einer umfassenden Lösung angesehen. Auch in dem diese Vorschrift ergänzenden Gesetz vom 24. September 2012 sei ein entsprechender Vorschlag nicht aufgegriffen worden. Nicht nachzuvollziehen sei auch, inwieweit innerhalb des Zeitraums der stationären Krankenhausbehandlung von sechs Wochen bereits der Verlust der Pflegekräfte gedroht habe. Der Antragsteller habe sich bewusst für das Arbeitgebermodell mit anschließender Kostenerstattung durch die Krankenversicherung entschieden. Damit trage er auch das unternehmerische Risiko, wenn die Pflegekräfte beispielsweise bei einem Krankenhausaufenthalt des Antragstellers an ihrer Arbeitsleistung gehindert seien.
Der Antragsteller erwidert: Hier gehe es um den Sonderfall, dass aus medizinischen Gründen eine Pflege notwendig sei, die von den Kräften des Krankenhauses nicht erbracht werden könne. Den Fall habe der Gesetzgeber nicht bedacht, so dass die vom Sozialgericht vorgenommene analoge Anwendung zu befürworten sei. Außerdem habe er sich nicht freiwillig für das Arbeitgebermodell entschieden, sondern vielmehr sei dies eine Notwendigkeit gewesen, nach der die von der Antragsgegnerin beauftragten Pflegedienste von heute auf morgen die Betreuung aufgegeben hätten, weil sie damit überfordert gewesen seien.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist (§ 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) eingelegt worden. Für die Beschwerde liegt auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin vor. Zwar hat diese die angeordnete Zahlung tatsächlich erbracht, so dass für sie eine Verpflichtung aus der Regelung nicht mehr besteht und auch zu ihren Lasten nicht mehr eine Vollstreckung seitens des Antragstellers droht. Gleichwohl kann in einem solchen Fall nach Auffassung des Senats das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde des Leistungsträgers nicht mit der Begründung verneint werden, dass die einstweilige Anordnung stets nur einen Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen der Geldleistung geschaffen habe und dass die Frage, ob dem Antragsteller als Begünstigten die Leistung endgültig zustehe, abschließend in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden müsse. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung insbesondere des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 9. Juni 2010 – L 13 AS 147/10 B ER) und des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 18. Juni 2007 – L 12 B 49/07 AS ER) an. Für diese Auffassung spricht, dass die Antragsgegnerin ohne die Möglichkeit der Beschwerde in ihrer Rechtsposition unzulässig beschränkt wäre. Denn bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung im Beschwerdeverfahren wäre der Antragsteller unmittelbar nach allgemeinen Prozessrechtsgrundsätzen verpflichtet, der Antragsgegnerin den gezahlten Betrag zu erstatten. Solange dieser keine bzw. die von ihm angegebenen geringen Leistungen bezieht, ist ein solcher Erstattungsanspruch zwar schwerlich durchsetzbar. Schlichtweg ausgeschlossen ist die Möglichkeit der zumindest teilweisen Durchsetzung des Erstattungsanspruchs jedoch nicht. Die Möglichkeit der – jedenfalls teilweisen – Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung noch vor Abschluss des regelmäßig mehrere Jahre dauernden Hauptsacheverfahrens ist ausreichend, um ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin für die Beschwerde zu bejahen. Denn am Rechtsschutzbedürfnis fehlt es im Allgemeinen nur dann, wenn das Rechtsmittel für den Rechtsmittelführer offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BSG SozR 4 3250 § 69 Nr. 8).
Die damit zulässige Beschwerde ist allerdings nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben.
Die notwendigen Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung werden in dem angefochtenen Beschluss zutreffend unter Hinweis auf die dafür maßgebende Vorschrift des § 86b Abs. 2 SGG aufgeführt. Neben dem Anordnungsanspruch, also dem materiell rechtlichen Anspruch auf die Leistung, bedarf es danach eines Anordnungsgrundes, d. h. eines Sachverhalts, aus dem sich die Eilbedürftigkeit der Anordnung ergibt.
Wie schon aus der Bezeichnung "einstweilige" oder "vorläufige" Anordnung deutlich wird, gilt eine solche nicht für eine endgültige Regelung der Streitsache; sie ist grundsätzlich nur als vorläufige Maßnahme zulässig, die die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen darf. Davon wird zum Teil auch bei einer Entscheidung ausgegangen, die aus tatsächlichen Gründen nach der Hauptsacheentschei¬dung nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Das bedeutet allerdings nicht, dass einstweilige Anordnungen, die auf eine solche Vorwegnahme gerichtet sind, stets ausgeschlossen sind. Da der vorläufige Rechtsschutz als verfassungsrechtliche Notwendigkeit in jedem Verfahren gewährleistet werden muss, darf eine einstweilige Anordnung in solchen Fällen dann ausnahmsweise getroffen werden, wenn der Antrag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirken kann. Für den Fall sind an Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ein strenger Maßstab anzulegen. Vor diesem Hintergrund ist der beschließende Senat der Auffassung, dass das Sozialgericht die angefochtene Entscheidung zu Recht getroffen hat. Die Begründung dafür ist nicht zu beanstanden. Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG) und ergänzt sie um Folgendes:
Der beschließende Senat stimmt dem Sozialgericht vollumfänglich in seiner Einschätzung zu, dass vom Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 30. Juli 2009 eine unbeabsichtigte Regelungslücke hinsichtlich der Personen geschaffen wurde, die Leistungen nach § 37 SGB V in Form der häuslichen Krankenpflege erhalten. Zutreffend weist in diesem Zusammenhang das Sozialgericht auf die Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift hin. Diese verdeutlichen an mehreren Stellen, dass Ausgangspunkt des Gesetzes zunächst die allgemeine Problematik der Fortsetzung einer Pflege während der stationären Behandlung im Krankenhaus war. So heißt es etwa bereits schon zu Beginn des Gesetzesentwurfs zu dem Gesetz (BT-Drucks. 16/12855 S. 1): "In der Praxis mehren sich Hinweise, wonach die betroffenen pflegebedürftigen Menschen mit Behinderungen, die ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte ambulant sicherstellen, bei einer stationären Behandlung im Krankenhaus in der Praxis oft Situationen ausgesetzt seien, in denen sich die Klärung der notwendigen Assistenz und die Klärung der Finanzierung des Assistenzbedarfs als problematisch erwiesen hat. Diese pflegebedürften Menschen mit Behinderungen, die ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen, haben während der Dauer eines Krankenhausaufenthalts keinen Anspruch gegen die jeweiligen Kostenträger auf Mitaufnahme ihrer Pflegekräfte in das Krankenhaus und auf Weiterzahlung der bisherigen entsprechenden Leistungen auch während der Dauer der Krankenhausbehandlung. Dies soll künftig geändert werden." Diese Situationsbeschreibung trifft zweifellos auch auf die Personen zu, die Leistungen nach § 37 SGB V erhalten. Mit ihr widerspricht der Gesetzesentwurf der Einschätzung der Antragsgegnerin, wenn sie in der Antragserwiderung die Auffassung vertritt, dass die stationäre Behandlung alle Leistungen erfasst, die für den aufgenommenen Patienten notwendig sind. Davon, dass dies gerade nicht der Fall ist, geht das Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus aus. So heißt es etwa in den zitierten Materialien (a.a.O., S. 6 unter A. I.): "Diese Änderungen sind auch vor dem Hintergrund der Grenzen stationärer Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V erforderlich. Die stationäre Krankenhausversorgung (zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung) umfasst zwar sämtliche Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Erkrankung für die medizinisch notwendige Versorgung des Patienten erforderlich sind. Dies umfasst auch die zur akut stationär medizinischen Behandlung der Krankheit erforderliche Krankenpflege nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V". Diesen Umstand bestätigt im Übrigen auch das Schreiben des Fa -E -Kran¬kenhauses vom 12. Juni 2013. Der Hinweis der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung, die Problematik sei dem Gesetzgeber im Hinblick auf etwa Änderungsvorschläge der Fraktion DIE LINKE bewusst gewesen, greift nicht. Zwar hat diese eine Erweiterung der Vorschrift vorgeschlagen, diese bezog sich allerdings auf die Erweiterung auf andere stationäre Aufenthalte neben dem Krankenhaus wie z. B. Heilkuren (vgl. BT-Drucks. 16/13417 S. 5).
In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht vermag der Senat auch keinen Unterschied zwischen der Personengruppe festzustellen, die nach dem SGB XII ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte ambulant sicherstellen gegenüber den Personen, die, wie der Antragsteller, diese Pflege über § 37 SGB V sicherstellen. Für eine unterschiedliche Behandlung dieser Personengruppe besteht keinerlei sachlicher Grund vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgebotes nach Art. 3 Grundgesetz. Vielmehr hätte die Unterscheidung dieser Personengruppen zur Folge, dass die Personen, die mit einem entsprechenden Anspruch nach § 37 SGB V gegenüber der Krankenkasse versichert sind, benachteiligt würden gegenüber den Personen, die über einen solchen Anspruch nicht verfügen und ihre notwendige Pflege über die §§ 65, 66 SGB XII erhalten. Wäre der Antragsteller nicht krankenversichert, hätte er einen solchen Anspruch nach dem SGB XII und würde die begehrte Leistung über § 11 Abs. 3 SGB V erhalten. Träfe die ablehnende Rechtsauffassung der Antragsgegnerin zu, bestünde für den Fall des Antragstellers, der auch während des Krankenhausaufenthaltes auf die Pflegekräfte angewiesen ist, eine Versorgungslücke mit der Folge, dass ein Anspruch auf entsprechende Pflegeleistung nach §§ 65, 66 SGB XII grundsätzlich gegeben wäre, so dass letztlich doch in diesem Zusammenhang dann die Vorschrift des § 11 Abs. 3 SGB Anwendung fände.
Der beschließende Senat vermag auch die von der Antragsgegnerin geäußerten Bedenken an dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht zu teilen. Nach dem Vortrag der Beteiligten bestand für ihn, nachdem sich die von der Antragsgegnerin beauftragten Pflegekräfte nicht mehr in der Lage sahen, ihn zu pflegen, keine andere Möglichkeit, als sich selbst Pflegekräfte zu beschaffen. Dies sieht im Übrigen auch § 37 Abs. 4 SGB V eindeutig vor, und die Antragsgegnerin hat sich mit diesem Modell auch bisher einverstanden erklärt und die notwendigen Kosten bis zum Krankenhausaufenthalt erstattet. Zwar ist der Antragsteller derzeit wieder in seiner Wohnung. Aufgrund seines Krankheitsbildes besteht jedoch die ständige Gefahr einer erneuten Einweisung in ein Krankenhaus mit einem dann erneuten Auftreten der Problematik, ob die Kosten der Pflegekräfte von der Antragsgegnerin übernommen werden. Hier benötigen der Antragsteller und seine Assistenzkräfte, jedenfalls eine vorläufige, finanzielle Sicherheit. Auch vor diesem Hintergrund sieht der Senat einen Anordnungsgrund als gegeben an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss in unanfechtbar (§ 177 SGG).
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