L 6 AS 361/12

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 1 AS 239/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 361/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 6/15 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei der Entscheidung der Frage, ob trotz der Unterbringung eines Hilfebedürftigen in einer stationären Einrichtung auf der Grundlage von § 7 Abs 4 S 3 SGB II ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht, sind im Falle eines Einrichtungswechsels die Aufenthaltszeiträume zusammenzurechnen, wenn die Unterbringung in beiden Einrichtungen durch einen gemeinsames Zweck (hier die Überwindung einer Suchtmittelabhängigkeit) verbunden ist.

2. Bei der Prognose, ob eine weniger als sechsmonatige Unterbringung in einem Krankenhaus vorliegt, ist auch bei einer erneuten Antragstellung oder einer Antragstellung erst nach einem Einrichtungswechsel zwar der Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Arbeitslosengeld II maßgeblich, dabei sind aber die bis dahin bereits zurückgelegten Zeiten der Unterbringung einzubeziehen.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 9. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht für die Zeit vom 06.01.2010 bis zum 05.07.2010 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II – anstelle der ihm bewilligten Sozialhilfe – geltend.

Der 1973 geborene Kläger unterzog sich wegen seiner damaligen Drogenabhängigkeit zunächst vom 29.04.2009 bis zum 02.06.2009 einer Entgiftung im Zentrum für Soziale Psychiatrie H. in J-Stadt. Unmittelbar anschließend war er vom 02.06.2009 bis zum 05.01.2010 stationär in der Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums Gießen-Marburg untergebracht. Dabei handelt(e) es sich um eine Einrichtung für Suchtmittelabhängige, in der die Patienten nach einer Entgiftung die weitere Perspektive planen und sich auf eine Therapie vorbereiten können.

Während des Aufenthalts in der Übergangseinrichtung verurteilte ihn das Amtsgericht Frankfurt am Main (AG) mit Urteil vom 22.09.2009 (Gerichtsakte – im Folgenden: GA – Bl. 60) wegen Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung das Gericht zur Bewährung aussetzte. Im zugehörigen Bewährungsbeschluss vom gleichen Tage (GA Bl. 13) wies es den Kläger an, die Therapie in der Übergangseinrichtung in Gießen fortzusetzen und die vorbereitete Langzeittherapie – die nach dem damaligen Stand der Planungen in K-Stadt stattfinden sollte – zu beginnen und durchzuführen. In der Folgezeit verurteilte ihn das AG zudem mit Urteil vom 05.11.2009 (GA Bl. 53) wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen sowie wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Stoffen, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung das Gericht wiederum zur Bewährung aussetzte. Im entsprechenden Bewährungsbeschluss vom 16.11.2009 (GA Bl. 14) gab es dem Kläger inhaltlich unverändert auf, die am 02.06.2009 in der Übergangseinrichtung in Gießen begonnene stationäre Drogentherapie durch Absolvierung einer Langzeittherapie fortzusetzen, diese nicht gegen den Rat der Ärzte und Therapeuten vorzeitig abzubrechen und ihre Fortsetzung jeden dritten Monat durch Vorlage einer Bescheinigung dem Gericht nachzuweisen, ebenso deren Beendigung. Mit Beschluss vom 26.01.2010 (GA Bl. 15) schließlich bildete das AG nachträglich aus den in den beiden Urteilen verhängten Strafen eine Gesamtstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die es gleichfalls zur Bewährung aussetzte. Die Auflagen und Weisungen aus dem Bewährungsbeschluss vom 22.09.2009 erhielt es dabei aufrecht.

Ab dem 05.01.2010 begann der Kläger – in nahtlosem Anschluss an den Aufenthalt in der Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums – eine stationäre Langzeittherapie in der Fachklinik L./M. Hierfür hatte ihm die Deutsche Rentenversicherung Bund durch Bescheid vom 11.11.2009 (Leistungsakte des Beklagten – im Folgenden: LA – Bl. 14) Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für 26 Wochen bewilligt.

Am 08.01.2010 stellte der Kläger einen Antrag (LA Bl. 1) auf laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Diesen lehnte der Beklagte (bzw. seine Rechtsvorgängerin, die Arge Arbeitsförderung Werra-Meißner, im Folgenden einheitlich: Beklagter) mit dem streitigen Bescheid vom 11.01.2010 (LA Bl. 23) ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Leistungsanspruch lägen nicht vor, weil sich der Kläger seit dem 02.06.2009 bis zum 05.01.2010 stationär in der Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums Gießen-Marburg befunden habe und sich anschließend voraussichtlich bis 03.07.2010 im L. aufhalten werde und damit länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht sei.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 13.01.2010 (LA Bl. 25) unter Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 60/06 R – am 20.01.2010 Widerspruch ein. Bei dem Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 4 SGB II handele es sich um eine gesetzliche Fiktion der Erwerbsunfähigkeit. Er habe aber dem Arbeitsmarkt seit der Antragstellung zur Verfügung gestanden. Zudem habe der Aufenthalt in der Übergangseinrichtung zwar einen wichtigen Baustein für seine Genesung dargestellt, sei aber für die Prognoseentscheidung hinsichtlich einer sechsmonatigen Unterbringung ohne Bedeutung.

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 27.01.2010 (LA Bl. 28) als unbegründet zurück. Er führte dabei u.a. aus, nach § 7 Abs. 4 SGB II erhalte Leistungen nach dem SGB II nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht sei, sofern es sich nicht um eine Unterbringung in einem Krankenhaus (§ 107 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V] – Gesetzliche Krankenversicherung –) für voraussichtlich weniger als sechs Monate handele. Der Verweis auf den gesamten § 107 SGB V stelle dabei klar, dass ein Aufenthalt in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 107 Abs. 2 SGB V) ebenfalls von dieser Ausnahmevorschrift erfasst werde. Die Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums Gießen-Marburg sei eine Einrichtung in diesem Sinne. Zweck des Aufenthaltes sei laut der Internetpräsenz der Einrichtung, den Patienten nach erfolgter Entgiftung die Planung einer weiteren Perspektive und die Überbrückung von Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu ermöglichen. Ziel sei, die Patienten auf ihrem Weg zu einem drogenfreien Leben zu unterstützen. Auch die Fachklinik L. sei eine Einrichtung im Sinne des § 107 SGB V. Hier absolvierten die Patienten eine medizinische Rehabilitation bei Suchterkrankungen. Beide Einrichtungen dienten somit demselben Zweck. Vorliegend sei eine Zäsur wie in der vom Kläger angeführten Entscheidung des BSG nicht erkennbar. Der Kläger habe sich im Anschluss an eine stationäre Entgiftung zunächst in den stationären Aufenthalt in der Übergangseinrichtung begeben. Er habe sodann die gesamte Wartezeit bis zur möglichen Aufnahme in einer Rehabilitationseinrichtung in der Übergangseinrichtung verbracht. Da diese Übergangseinrichtung grundsätzlich demselben Zweck gedient habe wie die Rehabilitationseinrichtung, nämlich der Stabilisierung des Patienten hin zu einem Leben ohne Suchtmittel, stelle sich der Wechsel der Einrichtung am 05.01.2010 nicht als neu zu bewertender Sachverhalt dar. Der Zeitpunkt zur Erstellung der Prognose sei damit der der Aufnahme in die Übergangseinrichtung und nicht der der Stellung des Antrages auf Leistungen nach dem SGB II am 06.01.2010 (Verweis auf Landessozialgericht [LSG] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.12.2008 – L 5 AS 31/08 –). Der Kläger habe im Übrigen seit seiner Aufnahme in die Übergangseinrichtung am 02.06.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) – Sozialhilfe – bezogen. Zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in der Übergangseinrichtung sei daher bereits die Prognoseentscheidung getroffen worden, dass die Dauer der stationären Therapie voraussichtlich länger als sechs Monate betragen werde. Da diese Prognoseentscheidung auch nach dem Wechsel der Einrichtung fortwirke, bestehe gemäß § 7 Abs. 4 SGB II kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

Der Kläger hat daraufhin durch seine Bevollmächtigten am 01.03.2010 Klage zum Sozialgericht Kassel (SG) erhoben (GA Bl. 1).

Während des Klageverfahrens hat er am 05.07.2010 – und damit zwei Tage später als ursprünglich geplant – die Therapie im L. beendet und ist nach A-Stadt verzogen, wo ihm ab 06.07.2010 Arbeitslosengeld II gewährt wurde (Bescheid der ARGE im JobCenter A-Stadt vom 15.07.2010, GA Bl. 90).

Zur Begründung der Klage hat der Kläger insbesondere vorgetragen, das Therapieziel der Vitos Klinik sei zunächst die Planung einer weiteren Perspektive und ggf. die Überbrückung der Wartezeit bis zum Beginn einer stationären Therapie gewesen. Damit habe sich das dortige Therapieziel erheblich von dem unterschieden, welches die anerkannte Rehabilitationseinrichtung Fachklinik L. verfolgt habe. Das L. sei eine Fachklinik zur Rehabilitation von Abhängigkeitserkrankungen und angrenzender psycho-somatischer Störungen. Im Rahmen sozial- und psychotherapeutischer Arbeit – in Einzel- und Gruppentherapien, aber auch im Rahmen von Arbeitstherapien – solle einem Suchtkranken die Möglichkeit eines dauerhaft drogenfreien Lebens und einer Integration in das gesellschaftliche Leben einschließlich des Arbeitsmarktes gegeben werden. Die Vitos Klinik dagegen biete zunächst einen sogenannten drogenfreien Schutzraum, um nach durchgeführter Entgiftung einen Rückfall zu vermeiden. Im Übrigen sei eine Zäsur durch die strafrechtlichen Entscheidungen eingetreten. Erst durch diese sei ihm die Langzeittherapie auferlegt worden. In die Übergangseinrichtung in Gießen dagegen sei er freiwillig eingetreten. Die Aufnahme dort bewirke auch nicht zwangsläufig, dass man sofort und unmittelbar in die Langzeittherapie überwechsle; die Übergangseinrichtung bereite eine Therapie nur vor, sei aber nicht Teil der Therapie. Insoweit sei auch die Formulierung im Auflagenbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main, dass die Therapie fortzusetzen sei, inhaltlich nicht richtig. Er habe auch keinesfalls von Anfang an, als er in die Übergangseinrichtung gegangen sei, vorgehabt, eine Langzeittherapie anzutreten. Daher könne für die Prognose der Aufenthaltsdauer nicht auf die Aufnahme in die Übergangseinrichtung abgestellt werden. Die [bereits zitierte] Entscheidung des BSG – B 14/7 AS 60/06 R – zeige vor diesem Hintergrund, dass es auf den Zeitpunkt des Überwechselns in das L. ankomme. Hinsichtlich seines (finanziellen) Interesses am hiesigen Verfahren hat er ausgeführt, er habe als Sozialhilfe nur den Barbetrag, eine Bekleidungspauschale und, soweit notwendig, Fahrtkosten erhalten. Das bleibe hinter seinem Bedarf nach dem SGB II zurück, auch wenn er keinen Mehrbedarf und keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gehabt habe, da sein Wohnsitz in der Therapieeinrichtung gewesen sei.

Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 09.05.2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II gewesen. Das Gericht lege mit dem Widerspruchsbescheid des Beklagten zugrunde, dass die Klinikaufenthalte Bestandteil der vom Amtsgericht geforderten Langzeittherapie gewesen und von daher als eine Einheit zu betrachten seien. Ziel der Einrichtungen, die den Kläger jeweils stationär betreut hätten, sei es gewesen, ihm ein drogenfreies Leben zu ermöglichen. Das Gericht habe keinerlei vernünftige Zweifel, dass der Wechsel der Therapieeinrichtungen keinen Unterbrechenstatbestand darstelle, weil die eine Maßnahme auf der anderen aufgebaut habe und die eine ohne die andere ihren Zweck nicht habe erfüllen können. Erst mit Durchlaufen sämtlicher Einrichtungen sei das Therapieziel erreicht worden. Dies werde auch darin sichtbar, dass die Übergänge zwischen den einzelnen Einrichtungen taggenau ohne Wartezeiten erfolgt seien. Abzustellen sei, was die Prognoseentscheidung des § 7 Abs. 4 SGB II betreffe, auch nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung der Leistung nach dem SGB II, sondern auf den Zeitpunkt des Beginns der Langzeittherapie [gemeint ist offenbar die Aufnahme in die Vitos Klinik oder sogar der Beginn der Entgiftung]. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei die Entscheidung zu treffen gewesen. Daher habe der Kläger auch Leistungen nach dem SGB XII bezogen. Es wäre systemfremd, wenn es dem Hilfebedürftigen überlassen bliebe, mit einer Antragstellung nach dem SGB II eine Zäsurwirkung und damit eine Neuüberprüfung des Sechs-Monats-Zeitraumes zu erwirken. Unterbrechenstatbestände seien auch nicht durch die Verurteilungen des Amtsgerichts Frankfurt am Main erfolgt.

Nach Zustellung des Gerichtsbescheides bei seinen Prozessbevollmächtigten am 15.05.2012 hat der Kläger am 15.06.2012, vertreten durch diese, Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen insbesondere hinsichtlich seiner Rechtsauffassung, dass der für die Prognose maßgebliche Zeitpunkt der der Antragstellung beim Grundsicherungsträger bzw. der des Überwechselns in das L. gewesen sei.

Er beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG vom 09.05.2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2010 aufzuheben und diesen zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 06.01.2010 bis zum 05.07.2010 zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffenen Bescheide sowie den Gerichtsbescheid des SG.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der zum Kläger geführten Akten des Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden, nachdem beide Beteiligte ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§§ 153 Abs. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des SG vom 09.05.2012 ist nicht zu beanstanden; Gleiches gilt für den Bescheid des Beklagten vom 11.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2010. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II für den streitigen Zeitraum nicht zu.

Angesichts der insoweit eindeutigen Antragstellung beginnt dieser am 06.01.2010 – dem Tag der Anmeldung in M. nach der Aufnahme im L. am Vortag –, auch wenn ein Anspruch von vornherein nur ab 08.01.2010 bestehen kann, nachdem der Kläger erst an diesem Tag den Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt hat und eine Rückwirkung des Antrags nach der hier maßgeblichen Fassung des § 37 SGB II noch nicht vorgesehen war. Der streitige Zeitraum endet mit dem 05.07.2010, wie sich zweifelsfrei aus dem Berufungsantrag (GA Bl. 212) ergibt – im Übrigen hat der Kläger ab 06.07.2012 auf Grund erneuter Antragstellung Arbeitslosengeld II in A-Stadt erhalten. Über diesen Zeitraum wollte das SG ersichtlich insgesamt entscheiden, auch wenn es im Gerichtsbescheid (offenbar versehentlich) ein falsches Enddatum genannt hat; der Streitgegenstand ist somit insgesamt in der Berufungsinstanz angefallen.

Über diesen Streitgegenstand kann der Senat entscheiden, ohne dass der zuständige Sozialhilfeträger beizuladen wäre, da dieser seine Leistungspflicht bereits erfüllt hat und der Kläger nur die darüber hinausgehenden Leistungen nach dem SGB II geltend macht. Daher kommt weder eine Verurteilung des Sozialhilfeträgers auf der Grundlage von § 75 Abs. 5 SGG und damit eine vorgängige Beiladung auf der Grundlage von § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG in Betracht, noch ist (trotz der bei der Umsetzung eines zusprechenden Urteils ggf. in Betracht zu ziehenden fiktiven teilweisen Erfüllung des streitigen Anspruchs durch die bereits erbrachten Leistungen nach dem SGB XII über § 107 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X] – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – und eines möglichen Erstattungsanspruchs zwischen den Trägern) zu sehen, dass auch im Verhältnis zum SGB XII-Träger nur eine einheitliche Entscheidung möglich wäre, die eine Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG notwendig machte.

Die Berufung ist statthaft, der Wert des Beschwerdegegenstandes dürfte angesichts des streitigen Zeitraums von einem halben Jahr den insoweit maßgeblichen Betrag von 750,00 Euro (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) selbst dann überschreiten, wenn man die Sozialhilfeleistungen, die der Kläger erhalten hat, gegenrechnet. Das kann allerdings dahinstehen, da die Frage nach der (teilweisen) fiktiven Erfüllung des streitigen Anspruchs auf der Grundlage von § 107 SGB X nicht zwingend im hiesigen, auf ein Grundurteil gerichteten Klageverfahren geklärt werden muss, vielmehr ggf. dessen Ausführung außerhalb des hiesigen Verfahrens überlassen bleiben könnte (vgl. zuletzt BSG, Urteil v. 12.03.2013 – B 1 KR 7/12 R – juris Rn. 12); für die Errechnung des Beschwerdewerts kann daher auf den vollen Betrag der Regelleistung für den streitigen Zeitraum abgestellt werden, der zweifelsfrei die Grenze des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG übersteigt.

Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, namentlich form- und fristgerecht beim zuständigen Landessozialgericht eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet.

Allerdings ist die Klage zulässig. Der Kläger hat seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II in der statthaften Form einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4, 56 SGG) geltend gemacht.

Weiter war die einmonatige Klagefrist nach Erteilung des Widerspruchsbescheides (§ 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG) gewahrt. Das Aktendoppel des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2010 ist mit einem Absendevermerk vom gleichen Tage versehen. Unter Berücksichtigung von § 37 Abs. 2 SGB X ist damit von einem Zugang beim Kläger (frühestens) am 30.01.2010 auszugehen. Nach § 64 Abs. 2 S. 2 SGG endete die Klagefrist daher eigentlich mit Ablauf des Monats Februar; da der 28.02.2010 allerdings auf einen Sonntag fiel, war der Klageeingang am 01.03.2010 nach § 64 Abs. 3 SGG rechtzeitig.

Auch im Übrigen war die Klage zulässig, namentlich formgerecht beim zuständigen SG erhoben. In der Sache war jedoch ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld II im streitigen Zeitraum wegen seiner Unterbringung in einer (bzw. mehreren) stationären Einrichtungen ausgeschlossen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sind dabei §§ 7 ff., 19 ff. SGB II in der in dem Zeitraum, für den Leistungen begehrt werden, maßgeblichen Fassung (hier also hinsichtlich des die streitige Frage regelnden § 7 SGB II in der vom 01.01.2008 bis 31.12.2010 geltenden, zuletzt durch das Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 23.12.2007 [BGBl. I. S. 3254] geänderten Fassung, die inhaltlich allerdings, soweit hier von Belang, ohnehin mit der heute geltenden Regelung übereinstimmt). Danach erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB II). Jedoch ist nach § 7 Abs. 4 S. 1 Alt. 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Eine Rückausnahme begründet § 7 Abs. 4 S. 3 SGB II: Danach erhält trotz stationärer Unterbringung Leistungen, (1.) wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 SGB V) untergebracht ist oder (2.) wer in einer stationären Einrichtung untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.

Unstreitig und zur Überzeugung des Senats war der Kläger im streitigen Zeitraum in einer stationären Einrichtung untergebracht. Der Senat folgt dem BSG in der Auffassung, dass für die hier maßgebliche Rechtslage ein besonderer, für das SGB II maßgeblicher Einrichtungsbegriff nicht aufrecht zu erhalten ist (vgl. zum sog. funktionalen Einrichtungsbegriff BSG, Urtl. v. 06.09.2007 – B 14/7b AS 16/07 R – BSGE 99, 88; anders für die hier maßgebliche Rechtslage nunmehr BSG, Urtl. v. 05.06.2014 – B 4 AS 32/13 R –, SozR 4-4200 § 7 Nr. 36). In Übereinstimmung mit der zuletzt genannten Entscheidung ergibt sich aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 4 S. 1 SGB II und der in § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II formulierten Rückausnahme (die auf eine tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit und nicht mehr – wie in der vorangegangenen Fassung der Vorschrift – auf die bloße Möglichkeit hierzu abstellt) in Zusammenschau mit dem sozialhilferechtlichen Begriffsverständnis aus § 13 SGB XII, dass für das Eingreifen eines Leistungsausschlusses drei Voraussetzungen vorliegen müssen: (a) Es muss sich um eine Einrichtung im Sinne des § 13 Abs. 2 SGB XII handeln, also um eine auf Dauer angelegte Kombination von sächlichen und personellen Mitteln, die zu einem besonderen Zweck und unter der Verantwortung eines Trägers zusammengefasst und für einen größeren wechselnden Personenkreis bestimmt ist, wobei die Bindung an ein Gebäude gegeben sein muss; (b) es muss sich um einen stationären Aufenthalt handeln, der Leistungsempfänger also nach formeller Aufnahme in der Institution leben und dementsprechend die Unterbringung Teil der Leistungserbringung sein; (c) der Betroffene muss in der Einrichtung untergebracht sein, der Träger muss also nach Maßgabe seines Konzepts die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und die Integration des Hilfebedürftigen übernehmen.

Alle genannten Voraussetzungen sind zur Überzeugung des Senats bei einer stationären Langzeittherapie zur Drogenbehandlung im Rahmen von Leistungen der medizinischen Rehabilitation in einer entsprechenden Rehabilitationseinrichtung wie der Fachklinik L. unproblematisch erfüllt, wenn ein Patient dort – wie der Kläger – stationär aufgenommen ist: Bei der Rehabilitationseinrichtung L. handelt es sich um eine Einrichtung, die den Kriterien des § 13 Abs. 2 SGB XII entspricht – dort sind persönliche und sächliche Mittel, also die Ärzte und Therapeuten sowie das sonstige Personal einerseits und die Klinikgebäude und die Therapieeinrichtungen und –hilfsmittel zu dem Zweck, die Patienten – und damit einem größeren wechselnden Personenkreis –nach Möglichkeit von ihrer Suchtmittelabhängigkeit zu heilen, unter der Leitung des Klinikträgers zusammengefasst; der Kläger lebte nach formeller Aufnahme in der Institution, die entsprechend dem Therapiekonzept die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und die Integration des Hilfebedürftigen übernommen hatte, um das Ziel, seine Suchterkrankung zu behandeln, zu erreichen.

Die Voraussetzungen für den Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 4 S. 1 SGB II waren somit im streitigen Zeitraum erfüllt, so dass dem Kläger ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II nur zustehen könnte, wenn § 7 Abs. 4 S. 3 SGB II zu seinen Gunsten eingriffe. Da er tatsächlich in der streitigen Zeit nicht erwerbstätig war – die von ihm betonte Bereitschaft dazu ist nach der hier maßgeblichen Rechtslage nicht (mehr) entscheidend –, kommt nur die Rückausnahme aus § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II, also der Aufenthalt in einem Krankenhaus für eine Zeit von weniger als sechs Monaten, in Betracht.

Auch deren Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Diese könnten nur dann bejaht werden, wenn isoliert auf die Unterbringung im L. abzustellen wäre, der vorhergehende Aufenthalt in der Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums dagegen unbeachtet bleiben könnte. Nur dann ließe sich bei der im Rahmen von § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II notwendigen Prognoseentscheidung (vgl. für viele BSG, Urtl. v. 06.09.2007 – B 14/7b AS 60/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 5 und BSG, Urtl. v. 07.05.2009 – B 14 AS 16/08 R; außerdem Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rn. 245 und Hänlein, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 7 SGB II Rn. 78) davon sprechen, dass der Kläger für voraussichtlich weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus nach § 107 SGB V untergebracht sei. Das ist jedoch nicht der Fall.

Zunächst handelte es sich auch bei der Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums um eine stationäre Einrichtung, in der der Kläger untergebracht war, so dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 S. 1 SGB II nicht allein während des Aufenthalts in L. erfüllt waren. Für den hiesigen Rechtsstreit kommt es dabei nicht einmal darauf an, ob (auch) die Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums als Krankenhaus im Sinne von § 107 Abs. 5 SGB V zu qualifizieren ist; das wäre nur dann von Bedeutung, wenn für die Aufenthaltszeit in das Vitos Klinikum selbst zu prüfen wäre, ob die Ausnahmevorschrift aus § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II eingreifen kann. Entscheidend ist vielmehr – vorbehaltlich der Problematik, ob auf Grund des Einrichtungswechsels oder des erst nach dem Wechsel gestellten Leistungsantrags nur auf die von hier aus gesehen zukünftigen Zeiten abzustellen ist; dazu sogleich – zunächst die Frage, ob neben der prognostisch nur knapp sechsmonatigen Krankenhausunterbringung im L. eine weitere Unterbringung in einer stationären Einrichtung im Sinne der oben dargestellten Kriterien vorlag. Das ist zu bejahen: Die Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums diente – unstreitig und ohne dass insoweit angesichts der Feststellungen im Widerspruchsbescheid und im erstinstanzlichen Urteil Anlass zu weiteren Ermittlungen bestand – der geschützten Unterbringung Drogenabhängiger, um ihnen nach einer erfolgten Entgiftung zu ermöglichen, die weitere Perspektive zu planen und sich auf eine Therapie vorzubereiten. Es handelte sich damit bei der Übergangseinrichtung ersichtlich um eine auf Dauer angelegte Kombination von sächlichen und personellen Mitteln, die zu dem geschilderten Zweck und unter der Verantwortung des Klinikträgers zusammengefasst und für den größeren und wechselnden Personenkreis der Klinikpatienten bestimmt war; auch die Bindung an die für die Einrichtung genutzten Gebäude war gegeben. Der Kläger lebte in der Zeit vom 02.06.2009 bis 05.01.2010 in der Einrichtung, wobei die Unterbringung – unabhängig von der Kostenträgerschaft – zur Überzeugung des Senats zentraler Teil der Leistungserbringung war, nachdem der Aufenthalt dort einen geschützten Raum für die weitere (Therapie-)Planung schaffen sollte. Zu diesem Zweck musste der Träger – gerade im Hinblick auf einen drohenden Rückfall in die Suchtmittelabhängigkeit in der Zeit zwischen Entgiftung und Langzeittherapie – die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und die Integration des Hilfebedürftigen übernehmen. Eine Unterbringung ist damit bereits für die Zeit ab 02.06.2009 – und wohl auch, ohne dass es hierauf ankäme, während der Zeit der Entgiftung ab 29.04.2009 – festzustellen.

Nachdem der Kläger sowohl in der Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums als auch im L. im Sinne von § 7 Abs. 4 S. 1 SGB II untergebracht war, sind für die Entscheidung der Frage, ob der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II eingreift, beide Aufenthaltszeiträume zusammenzurechnen. Eine derartige Zusammenrechnung (vgl. dazu auch BT-Drs. 16/1410 S. 20) ist nach Auffassung des Senats jedenfalls dann geboten, wenn sie inhaltlich durch ein gemeinsames Ziel verbunden sind, das durch den nacheinander geschalteten Aufenthalt in mehreren Einrichtungen realisiert werden soll. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung ändert die Differenzierung des Einrichtungsziels im Detail, also das Angebot eines Schutzraums zur weiteren (Therapie )Planung und zur Überbrückung der Wartezeit einerseits und die Durchführung der (Langzeit )Therapie andererseits, daran nichts, nachdem beide Einrichtungen Suchtmittelabhängige wie den Kläger dabei unterstützten sollen, die Abhängigkeit zu überwinden, es sich also um Einrichtungen zur Drogentherapie einmal im weiteren, einmal im engeren Sinne handelte. Besteht eine derartige inhaltliche Verbundenheit, ist es für die Anwendung von § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II im Hinblick auf dessen Zweck ohne Bedeutung, ob das Ziel der Unterbringung durch den Aufenthalt in einer einzigen Einrichtung erreicht werden kann oder ob zwischenzeitlich ein Wechsel, z.B. durch eine Verlegung von einem Krankenhaus in ein anderes mit zusätzlichen Behandlungsmöglichkeiten oder auch bei einer Verlegung von einer Justizvollzugsanstalt in eine andere, notwendig wird. Im konkreten Fall kommt hinzu, dass der (nahtlos) aufeinander folgende Aufenthalt in der Übergangseinrichtung des Vitos Klinikums und im L. durch die Bewährungsauflage auch formell in einen Zusammenhang gestellt war: Wenn der Kläger insofern die Wortwahl des Bewährungsbeschluss vom 16.11.2009 kritisiert, da im Vitos Klinikum noch keine stationäre Drogentherapie stattgefunden habe, so ist das zwar insoweit richtig, als die Übergangseinrichtung noch nicht der Langzeittherapie im engeren Sinne diente; das ändert aber nichts daran, dass diese in einen therapeutisch begleiteten Weg von der Entgiftung über das Angebot eines geschützten Raums für die weitere Planung und eine Übergangsphase hin zu einer Langzeittherapie eingebunden und damit durchaus ein wichtiger Teil der Drogentherapie in einem weiteren Sinne war.

Ein Klageerfolg wäre daher nur denkbar, wenn unabhängig von dem Einrichtungswechsel – ausgehend von einem Prognosezeitpunkt bei der Antragstellung oder der Bescheiderteilung – nur die in der Zukunft liegenden Zeiten zu berücksichtigen, vorangegangene Unterbringungszeiträume dagegen außer Acht zu lassen wären. Diese vom Kläger vertretene Rechtsauffassung vermag den Senat jedoch nicht zu überzeugen.

Dafür lässt sich zwar anführen, dass unter diesen Umständen eine Integration in den Arbeitsmarkt gerechnet ab dem neuen Prognosezeitpunkt voraussichtlich wieder vor Ablauf von sechs Monaten möglich erschien (daher in diesem Sinne: SG Kassel, Urtl. v. 28.08.2013 – S 7 AS 973/10 – m.w.Nw.; ähnl. Spellbrink/G. Becker, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 7 Rn. 130; wohl auch Hänlein, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 7 SGB II Rn. 78). Jedoch spricht schon der Wortlaut der Vorschrift gegen eine entsprechende Auslegung, da § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II von einer Unterbringung für weniger als sechs Monate und nicht von einer Unterbringung von "noch" weniger als sechs Monaten spricht; Letzteres hätte jedoch nahegelegen, wenn nach dem Willen des Gesetzgebers Leistungen nach dem SGB II trotz einer Unterbringungsdauer von insgesamt sechs Monaten oder mehr dann wieder möglich sein sollten, wenn der Austritt aus der Einrichtung (auf weniger als sechs Monate) naherückt. Auch der Zweck der Vorschrift, häufige Zuständigkeitswechsel zu vermeiden (vgl. BSG, Urtl. v. 06.09.2007 – B 14/7b AS 60/06 R –, SozR 4-4200 § 7 Nr. 5), legt eine entsprechende Auslegung nicht nahe, insbesondere wenn der Betroffene in den vor dem (erneuten) Antrag auf Arbeitslosengeld II liegenden Zeiträumen der Unterbringung bereits Sozialhilfe erhalten hat, was häufig – wie auch hier – der Fall sein wird. Schließlich kann ein derartiges Verständnis deswegen nicht überzeugen, weil dann regelmäßig jeder Untergebrachte ggf. unter Wiederholung eines früheren Antrags – Leistungen (erst bzw. erneut) beantragen könnte, wenn ein Ende der Unterbringung in (knapp) weniger als sechs Monaten abzusehen ist. Selbst wenn man in einem solchen Fall sicher nicht von Manipulation sprechen sollte (vgl. krit. zu einer entsprechenden Qualifizierung z.B. SG Kassel, Urtl. v. 28.08.2013 – S 7 AS 973/10 – m.w.Nw.; ähnl. Spellbrink/G. Becker, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 7 Rn. 130), gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass dies dem Zweck der Rückausnahmeregelung entsprechen könnte: In ihrem Zusammenspiel stellen § 7 Abs. 4 S. 1 und S. 3 SGB II vielmehr erkennbar darauf ab, ob der Betroffene (insgesamt) zumindest für ein halbes Jahr untergebracht und damit für einen erheblichen Zeitraum "fiktiv erwerbsunfähig" ist – und dann für den Zeitraum der Unterbringung dem für erwerbsunfähige Hilfebedürftige vorgesehenen Hilferegime des SGB XII unterstellt wird. Wie bei einem tatsächlich Erwerbsunfähigen endet die Zuordnung zur Sozialhilfe nicht bereits dann, wenn eine Überwindung der Erwerbsunfähigkeit innerhalb von sechs Monaten erwartbar ist, sondern erst, wenn die Erwerbsfähigkeit tatsächlich wiedergewonnen ist. Bei der Unterbringung in einer Einrichtung entspricht dem, dass bis zur Entlassung die Gesamtverantwortung der Einrichtung und die Einordnung des Hilfebedürftigen in die dadurch vorgegebenen (Therapie )Notwendigkeiten fortbestehen. Dies schließt die Vorbereitung einer Integration in den Arbeitsmarkt für die Zeit nach der Entlassung aus der Einrichtung zwar nicht zwingend aus, diese steht aber regelmäßig unter dem Vorbehalt, dass sie den Zwecken der Einrichtung nicht zuwiderlaufen soll. Ähnlich wie bei einer "tatsächlich" voll erwerbsgeminderten Person kann es daher auch bei der Unterbringung in einer Einrichtung (therapeutisch) häufig sinnvoll sein, entsprechende Schritte vorab einzuleiten; das ändert aber nichts daran, dass die Unterbringung nach der Konzeption des Gesetzgebers dazu führt, dass der Betroffene dem Arbeitsmarkt bis zum Zeitpunkt der Entlassung (noch) ebenso entzogen ist wie eine aus medizinischen Gründen voll erwerbsgeminderte Person. Dem entspricht schließlich, dass in der Begründung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vom 20.07.2006, BGBl. I S. 1706), mit dem die maßgebliche Fassung des § 7 Abs. 4 SGB II eingeführt wurde, hinsichtlich des Zeitpunkts der Prognoseentscheidung auf den Beginn des Krankenhausaufenthalts und nicht auf die Antragstellung abgestellt wird (vgl. BT-Drs. 16/1410 S. 20; dem folgend etwa Thie, in: LPK-SGB II, § 7 Rn. 89 und Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rn. 245; unklar: Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7 Rn. 63; vgl. außerdem LSG Rheinland-Pfalz, Urtl. v. 18.12.2008 – L 5 AS 31/08 – juris Rn. 14).

Dabei ist es nach Auffassung des Senats – im Vergleich zu einer Prognose ausgehend von einem zum Zeitpunkt der Entscheidung u.U. nur noch schwierig rekonstruierbaren Zeithorizont bei der Aufnahme in die erste Einrichtung – vorzugswürdig, auf den Entscheidungszeitpunkt selbst abzustellen, dabei aber die bis dahin bereits zurückgelegten Zeiten der Unterbringung einzubeziehen: Die Prognose muss also dahin gehen, ob unter Berücksichtigung bisheriger Zeiten insgesamt ein Aufenthalt von weniger als sechs Monaten zu erwarten ist. Hierfür spricht, dass der Leistungsträger dann nicht Informationen, die er bis dahin erhalten hat, bzw. Umstände, die sich bis dahin geändert haben, fiktiv außer Acht lassen muss.

Der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II greift daher nicht zu Gunsten des Klägers ein; daran ändert sich auch nichts, wenn man, wie der Kläger unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 60/06 R – argumentiert hat, die Bewährungsentscheidungen des Amtsgerichts Frankfurt als Zäsur wertet. Zwar bekam der zuvor freiwillige Aufenthalt durch diese tatsächlich einen anderen Charakter, weil der Kläger von nun an damit rechnen musste, dass die Strafaussetzung mit dem Verlassen des Vitos Klinikums und/oder der Aufgabe der Bemühungen um eine damals noch in der Zukunft liegende Langzeittherapie bzw. bei deren Abbruch widerrufen würde. Allerdings trat die entsprechende Veränderung bereits mit dem ersten Bewährungsbeschluss vom 22.09.2009 ein; unter Einbeziehung der danach noch im Vitos Klinikum zurückgelegten Zeit und angesichts des prognostisch bevorstehenden Aufenthalts im L. für die bewilligte Zeit von 26 Wochen konnte und musste der Beklagte davon ausgehen, dass die zeitlichen Grenzen des § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II überschritten würden. (Der Bewährungsbeschluss vom 16.11.2009 kann nicht als weitere Zäsur gewertet werden, weil er inhaltlich mit dem ersten Beschluss übereinstimmte und daher nichts daran änderte, dass die Unterbringung zunächst in der Übergangseinrichtung und unmittelbar anschließend in der Langzeittherapie nicht mehr im freien Belieben des Klägers stand; im Übrigen wäre, selbst wenn man – trotz der inhaltlichen Übereinstimmung – auf den zweiten Bewährungsbeschluss vom 16.11.2009 abstellen wollte, die Halbjahresgrenze bis zur prognostischen Entlassung aus dem L. erreicht. Auf den Gesamtstrafenbeschluss vom 26.01.2010 kann es dagegen sicherlich nicht ankommen, da mit diesem "nur" die Bewährungsauflagen aus dem Beschluss vom 22.09.2009 aufrecht erhalten wurden, so dass auch formal mit diesem keine Zäsur verbunden war.) Auch wenn man eine Zäsurwirkung des (ersten oder auch zweiten) Bewährungsbeschlusses annimmt – wofür sicher gute Gründe sprechen –, kann sich dementsprechend der Kläger auf den Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 4 S. 3 SGB II nicht berufen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen, da die Frage, welches – bei unmittelbar aufeinander folgenden und inhaltlich in Zusammenhang stehenden Zeiten der Unterbringung in mehreren Einrichtungen – der maßgebliche Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung hinsichtlich eines weniger als sechsmonatigen Klinikaufenthalts ist, höchstrichterlich bislang nicht abschließend geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
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