Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 61 AS 3467/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 390/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung von zusätzlichen über den Regelbedarf hinausgehenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2010.
Der 1961 geborene alleinstehende Kläger ist seit längerem hilfebedürftig und bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. In dem betreffenden Zeitraum im zweiten Halbjahr 2010 war er erwerbsfähig und schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.
Der 1961 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Für das zweite Halbjahr 2010 bewilligte ihm der Beklagte Grundsicherungsleistungen - zuletzt mit Änderungsbescheid vom 7. April 2010 - zur Sicherung seines Lebensunterhalts in Höhe von 359 EUR und für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 431,23 EUR.
Am 5. August 2010 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen für den Kauf von Salben zur Behandlung von Neurodermitis (13,80 EUR monatlich), von Kosten für Brausetabletten gegen Schmerzen und schmerzlindernde Salben (17,80 EUR vierteljährlich), von Kosten für zehn Brillengläser (660 EUR jährlich), von Kosten für die einseitige Kürzung der Hosenbeine (10 EUR monatlich) und für die Umarbeitung von Bekleidung (30 EUR monatlich) sowie für Beiträge zur Rechtsschutzversicherung für Mietsachen und zur Hausratversicherung und für Beiträge für die Mitgliedschaft im S.-Verband D., in der Gewerkschaft, in den Vereinen M. e.V., Landesarbeitsgemeinschaft E. e.V., M1 e.V., E. e.V. und den Verein F. (insgesamt 64,22 EUR monatlich) und schließlich für die Anschaffung von Fachliteratur (monatlich 31,94 EUR).
Zur Begründung seines Antrages führte er im Wesentlichen aus, dass es sich bei den Salben etc. um nichtverschreibungspflichtige Heil- und Arzneimittel handele. Eine Neurodermitis sei bei ihm erstmals im Frühjahr 2009 ärztlich festgestellt worden. Zu den Glieder- und Rückenschmerzen, die er mit Tabletten und Salben behandle, lägen der Beklagten ärztliche Untersuchungsberichte vor wie auch zu seiner Sehbehinderung, wegen derer er Brillen benötige, und zu seiner Beinverkürzung links um 1,5 cm, die eine einseitige Kürzung der Hosenbeine erforderlich mache. Die Übernahme der Versicherungsbeiträge sowie der Beiträge zu Vereinen, Partei- und Gewerkschaft sei erforderlich, weil dies zur Führung eines menschenwürdigen Lebens gehöre. Nur auf diese Weise sei eine Teilhabe am Gesellschaftsleben möglich.
Diese Anträge lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. August 2010 mit dem Hinweis auf die im SGB II pauschalierten Regelbedarfe ab, durch die die von dem Kläger vorgebrachten Bedarfe bereits abgedeckt seien.
Hiergegen legte der Kläger am 13. August 2010 Widerspruch ein. Den Rechtsbehelf begründete er damit, dass nicht akzeptabel sei, wenn nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) immer mehr Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen gestrichen würden, ohne anschließend sicherzustellen, dass Bezieher von Transferleistungen diese nach dem SGB II noch erhalten könnten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2010 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die im gewährten Regelleistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes bereits Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben umfassten. Die Regelleistungen seien im Übrigen höher als die Beträge, die zur Deckung des aktuellen Bedarfs benötigt würden, und ermöglichten dem Leistungsempfänger Teile der Leistungen anzusparen, um Vorsorge für einmalige Bedarfe zu treffen. Von den Regelleistungen würden nur wenige Bedarfe nicht gedeckt, die hier nicht betroffen seien. Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf eine darlehensweise Deckung der geltend gemachten Kosten zu, da es hierfür an einem unabweisbaren Bedarf im Sinne einer aktuellen Notlage von existenzieller Bedeutung fehle.
Der Kläger hat am 22. September 2010 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat ausgeführt, dass er ständiger medizinischer Behandlung bedürfe und sich oft mit seinen Ärzten nicht über die Behandlungsmethode einig sei, da er vor allem auch die Nebenwirkungen der verschriebenen Arzneimittel kenne. Daher greife er vielfach – um die Einnahme von Tabletten zu vermeiden – auf Schmerzbehandlungen mit Naturheilmethoden wie Salben, Sprays und Brausetabletten zurück. Mit einem japanischen Gelenkspray, das er in einem Supermarkt erworben habe, habe er beispielsweise gute Erfahrungen gemacht. Allein auf die Gewährung von Regelbedarfsleistungen nach dem SGB II könne sich der Beklagte bei der Versagung der von ihm angewendeten Heil- und Hilfsmittel nicht stützen. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Urteil vom 9. Februar 2010 klargestellt, dass es mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, wenn im SGB II nur ein pauschaler Betrag als Regelleistung vorgesehen sei, ohne in Härtefällen eine zusätzliche Kostenübernahme vorzusehen. Der Regelsatz nach dem SGB II spiegele zudem nicht die zu einer würdevollen Lebensführung gehörende gesellschaftliche Teilhabe wider, zu der auch die Teilnahme an Vereinsaktivitäten und am kulturellen Leben sowie die politische, rechtliche und gesellschaftliche Weiterbildung gehörten, und umfasse auch nicht die Absicherung vor Haft-, Sach- und anderen Schäden. Dies müsse den Leistungsempfängern deshalb gesondert - über den Regelsatz hinaus - gewährt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. November 2010 abgewiesen. Der Kläger habe über die ihm gewährten Regelbedarfsleistungen hinaus keinen Anspruch auf die von ihm begehrten zusätzlichen Leistungen. Von der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 Abs. 1 SGB II seien unter anderem auch Leistungen zur Körperpflege und zur Kleidung erfasst sowie in vertretbarem Umfang als Bedarfe des täglichen Lebens auch Leistungen für Beziehungen zur Umwelt und für die Teilnahme am kulturellen Leben.
In der der Kalkulation des Regelsatzes zu Grunde liegenden EVS-Tabelle, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - jedenfalls bis zum 31. Dezember 2010 anzuwenden sei, seien unter der Position 03 monatlich 0,40 EUR für Reparaturen an Bekleidung sowie unter der Position 06 monatlich ein Betrag in Höhe von 13,17 EUR für Medikamente und therapeutische Geräte vorgesehen. Aus diesen Beträgen müsse der Kläger seine Ausgaben für nichtverschreibungspflichtige Medikamente und für Schneiderarbeiten an seiner Kleidung bestreiten. Soweit er die Übernahme von Vereinsbeiträgen und Kosten für Zeitschriften beziehungsweise Fachliteratur begehre, sei er auf die Position 09 der EVS-Tabelle zu verweisen, in der unter anderem für Zeitungen und Zeitschriften sowie für Bücher und Kulturdienstleistungen ein monatlicher Betrag in Höhe von 40,85 EUR vorgesehen sei. Soweit der Kläger darüber hinaus die Übernahme von Beiträgen für Versicherungen begehre, sei im SGB II eine Berücksichtigung derartiger Aufwendungen nur bei Beziehern von Einkommen als Absetzbetrag vorgesehen (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II). Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf § 23 SGB II stützen. Die Voraussetzungen für Leistungen außerhalb der Regelleistung, wie sie in § 23 Abs. 2 und 3 SGB II festgelegt seien, seien nicht erfüllt. Ihm sei auch kein Darlehen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu gewähren. Dies habe er nicht begehrt und bei ihm sei insoweit auch kein unabweisbarerer Bedarf zur Sicherung seines Lebensunterhaltes erkennbar.
Schließlich könne der Kläger sein Begehren auch nicht unmittelbar auf Grundrechte stützen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass solche Bedarfe, die bisher nicht von den Leistungen nach §§ 20 ff. SGB II erfasst würden, die aber einen unabweisbaren laufenden und nicht nur einmaligen besonderen Bedarf darstellten, bis zu einer Neuregelung des SGB II durch den Gesetzgeber unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG geltend gemacht werden könnten. Diese setzte jedoch voraus, dass diese Leistungen nicht vom Regelsatz gedeckt seien, was bei den begehrten medizinischen Heil– und Hilfsmittel sowie bei den Leistungen für Kleidungsänderungen, Vereinsbeiträge und Fachliteratur nicht der Fall sei. Zudem sei auch nicht zu erkennen, dass beim Kläger eine atypische Bedarfslage im Sinne eines Härtefalls vorliege, die Voraussetzung dafür sei, einen unmittelbaren Leistungsanspruch aus dem Grundgesetz anzunehmen. Eine solche Härte sei insbesondere nicht daraus abzuleiten, dass er neben den Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung weitere Behandlungsmöglichkeiten ausschöpfen wolle. Soweit es um Zuzahlungen für die Brille gehe, sei er ohne Existenzgefährdung auf die insoweit im Regelsatz zu Position 06 enthaltenen Anteil zu verweisen. Gleiches gelte für notwendige Reparaturen seiner Kleidung. Die Mitgliedsbeiträge für die diversen Vereine, denen der Kläger angehöre, könnten zwar nicht sämtlich aus den hierfür vorgesehenen Regelsatzleistungen zu Position 09 bestritten werden. Es sei ihm jedoch zuzumuten, insoweit Vereinsmitgliedschaften zu kündigen, ohne dass dies zu einer Gefährdung seiner kulturellen Existenzgrundlage führe. Soweit der Kläger darüber hinaus anführe, höhere Kosten für Fachliteratur zu haben, als im Regelsatz vorgesehen sei, werde er sich darauf beschränken müssen, insoweit andere Quellen – etwa das Internet oder die Öffentliche Rechtsberatung - zu nutzen. An diese Beratungsstelle könne er sich auch bei Mietstreitigkeiten wenden, ohne dass es insoweit einer Versicherung zum mietvertraglichen Rechtsschutz bedürfe. Hinsichtlich einer Hausratversicherung sei er darauf zu verweisen, dass er bei möglicherweise eintretenden Verlustsituationen von dem Anspruch aus § 23 SGB II Gebrauch machen könne.
Gegen das ihm am 4. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Dezember 2010 Berufung eingelegt. Er verfolgt seine Leistungsbegehren weiter und wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, dass der Hinweis auf den im Regelsatz enthaltenen Anteil für Heil- und Hilfsmittel fehl gehe, weil der vorgesehene Betrag nicht ausreiche. Er leide unter chronischen Erkrankungen aufgrund seiner Behinderung und sei auf die von ihm eingesetzten Pflege- und Arzneimittel angewiesen. Dieser besondere Umstand, auf den das Sozialgericht nicht eingegangen sei, habe bei der Bestimmung des Regelbedarfs im SGB II keine Berücksichtigung finden können und müsse als Mehrbedarf geleistet werden. Als ehemaliger Epileptiker habe er viele Erfahrungen sammeln können, zu welchen Nebenwirkungen Tabletten führten, die ihm Ärzte verschreiben würden. Es sei dem Gesetzgeber anzulasten, dass er pflanzliche Heilmittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen habe, ohne dabei auf die unterschiedlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Versicherten zu achten. Nach den Arbeitshinweisen der Beklagten seien auch Mittel bei Neurodermitis als Mehrbedarf anzuerkennen, sodass auch Salben gegen diese Erkrankung über den Regelbedarf hinaus zu gewähren seien. Die eingesetzten Mittel zur Linderung der Glieder- und Knochenschmerzen, wie Salben, Spray und Brausetabletten, seien erfolgreich gewesen.
Die beantragten Leistungen für neue Brillengläser seien erforderlich, weil sich sein Augenlicht in Abständen von zwei bis drei Jahren verschlechtert habe und einige Monate vor Antragstellung festgestellt worden sei, dass er auch eine Leseschwäche habe, die eine Lesebrille erforderlich mache. Die vorhandenen Brillengläser seien verkratzt, da ihm Gegenstände wegen seiner gestörten Feinmotorik öfter als normal aus den Händen fielen. Auf die Gründe für die erforderliche Kleidungsreparatur und Kürzung der Hosenbeine sei in erster Instanz nicht eingegangen worden, was zeige, dass sich das Sozialgericht mit diesem Sachverhalt gar nicht befasst habe.
Der Hinweis in dem angefochtenen Urteil, dass eine Hausratversicherung nicht erforderlich sei, weil bei Verlust des Hausrats ein Darlehen zur Neubeschaffung beantragt werden könne, gehe fehl. Es seien genügend Beispiele dafür bekannt, dass solche Anträge gescheitert seien oder erst im Klageverfahren hätten durchgesetzt werden können. Eine Rechtsschutzversicherung sowie eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft und im S.-Verband D. seien für ihn erforderlich, weil ihm die Öffentliche Rechtsauskunft keine adäquate Hilfe biete. Die dortigen Mitarbeiter seien parteilich. Die Einrichtung diene nur dazu, der Freien und Hansestadt Hamburg die Kosten für anwaltliche Beratungsleistungen für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II zu sparen. Zudem bestehe vor den Bundesgerichten die Pflicht zur anwaltlichen Vertretung. Ein Ausritt aus der Partei, wo er als aktives Mitglied tätig sei und zudem als Vertreter im Gesundheits-, Sozial- und Integrationsausschuss des Bezirkes arbeite, würde dazu führen, dass er von einer Eingliederung in die Gesellschaft ausgeschlossen und folglich ausgegrenzt und isoliert werde. Aus den Vereinen, in denen er Mitglied sei, wolle er auch aus Gründen der Solidarität nicht austreten. Bei dem Verein Memento e.V. würden auch finanzielle Gründe für eine Mitgliedschaft sprechen, da der Verein die Grabpflege für seinen an AIDS verstorbenen Bruder übernehme. Hinsichtlich der von ihm beanspruchten Fachliteratur könne er nicht auf das Angebot öffentlicher Bücherhallen zurückgreifen, weil diese in dem betreffenden Segment nicht aktuell sei. Für das Internet habe er keinen Anschluss und die Kosten hierfür seien im Regelbedarf auch nicht enthalten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. November 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2010 Leistungen für Aufwendungen für 1. Salben gegen Neurodermitis, 2. schmerzlindernde Salben, Sprays und Brausetabletten, 3. 10 Brillengläser, 4. Schneiderarbeiten, 5. Hausrats- und Rechtsschutzversicherungen, 6. Gewerkschafts-, Partei- und Vereinsbeiträge und 7. laufende Anschaffungen von Fachliteratur nebst Zinsen zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
und verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat unter anderem bei den behandelnden Ärzten Auskünfte über besondere gesundheitliche Umstände im Hinblick auf etwaig erforderliche - auch nichtverschreibungspflichtige - Heilmittel sowie Pflege- und Hygieneartikel eingeholt. Auf die Antworten nebst übersandten Befundberichten und Stellungnahmen, die zur Prozessakte zum Aktenzeichen L 4 AS 124/13 genommen worden sind, wird ergänzend Bezug genommen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakten sowie der beigezogenen Akten der Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Dem Kläger steht in dem Bewilligungszeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2010 kein Anspruch auf die geltend gemachten Mehrbedarfe zu.
Mit der Härtefallregelung in § 21 Abs. 6 SGB II, die mit Wirkung zum 3. Juni 2010 in Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1, 3, 4/09) in das SGB II eingefügt worden ist, steht für das Begehren des Klägers auf bestimmte Mehrleistungen gegenüber dem Regelbedarf zwar eine gesetzliche Anspruchsgrundlage zur Verfügung. Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sind aber in Bezug auf die hier geltend gemachten Mehrbedarfe nicht erfüllt.
1. Ein derartiger Bedarf atypischen Ursprungs kann sich auch aus gesundheitlichen Gründen ergeben (von Bötticher/Münder in LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 21 Rn. 43). So nennt der Gesetzgeber als Anwendungsfälle der Härtefallklausel des § 21 Absatz 6 SGB II unter anderem dauerhaft benötigte Hygienemittel bei bestimmten Erkrankungen wie z.B. Neurodermitis (Bundestagsdrucksache 17/1465). Auch in den Anwendungshinweisen der Beklagten zu § 21 Abs. 6 SGB II wird in der sogenannten Positivliste für besondere Bedarfe "Körperpflegemittel bei Neurodermitis" angeführt. Vor diesem Hintergrund können Pflegeartikel zur Behandlung von Neurodermitis jedenfalls als besonderer Bedarf in Betracht gezogen werden (so auch zu der parallelen Regelung in § 73 SGB XII SG Lüneburg, Urteil vom 23.4.2009 – S 30 AS 398/05).
Ein besonderer Bedarf an Körperpflegemitteln aufgrund von Neurodermitis lässt sich nach dem Vorbringen des Klägers allerdings nicht feststellen. Weder hat er angegeben, wer diesen von ihm behaupteten Befund erhoben hat, noch hat er eine entsprechende ärztliche Bestätigung beigebracht. Auch dazu, ob er die Lotion einem ärztlichen Rat folgend verwendet, hat er keine Angaben gemacht, obwohl ihm aufgrund der von ihm zur Gerichtsakte gereichten und von ihm zitierten Arbeitshinweise der Beklagten bewusst war, dass für die Anerkennung des fraglichen Mehrbedarfs eine ärztliche Bescheinigung über die Hauterkrankung und die Notwendigkeit des Einsatzes des von ihm gewählten Präparats erwartet wird.
Eine ärztliche Äußerung darüber, dass der Kläger tatsächlich an Neurodermitis leidet und dass die Anwendung des von ihm gewählten Pflegemittels "seba med Lotion" zur Behandlung dieser Hautkrankheit als medizinisch notwendig erachtet wird, findet sich auch nach Durchsicht der gesamten umfangreich zu den Gerichtsakten gelangten ärztlichen Unterlagen nicht: Der Kläger hat zwar im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorgebracht, dass die in Rede stehende Erkrankung im Frühjahr 2009 festgestellt worden sei, weil er den Juckreiz nicht mehr habe aushalten können. In der in der Verfahrensakte L 4 AS 124/13 befindlichen chronologischen Behandlungsdokumentation seiner Hausärzte ist der Befund Neurodermitis für das Frühjahr 2009 - wie auch für die Zeit davor und danach – aber nicht enthalten. In den für die Krankenversicherung erstellten ärztlichen Gutachten auf den Fachgebieten Neurologie/Psychiatrie und Innere Medizin vom 5. bzw. 21. April 2011 ist vermerkt, dass der Kläger Sebamed Ure 10%ig zur Hautpflege einsetzt. Im Befundbericht des den Kläger behandelnden Orthopäden vom 19. September 2013 ist als aus Unterlagen entnommene Diagnose, u.a. "Intertriginöses Ekzem re." vermerkt und als am 8. Juli 2009 ausgesprochene Empfehlung ist "soll sich Pilzmittel in der Apotheke besorgen" notiert. Ein Hinweis auf Neurodermitis kann dem nicht entnommen werden. Ein von dem Kläger am 31. August 2010 wegen Warzen an beiden Füßen konsultierter Hautarzt stellte laut Behandlungsunterlagen fest, dass der Kläger am gesamten Integument (äußere Haut) trockene schuppige Haut aufwies. Seine Diagnose lautete u.a. Xerosis cutis (fettarm-trockene, spröde Haut) und die von ihm empfohlene Therapie richtete sich u.a. auf eine regelmäßige Hautpflege z.B. mit urea haltigen Externa. Von einer Neurodermitis ist auch in dieser Dokumentation nicht die Rede. Einem E-Mail-Schreiben der Amtsärztin Kramer an den Beklagten vom 18. September 2012, das sich in der Akte zum Berufungsverfahren L 4 AS 333/12 befindet, ist zudem zu entnehmen, dass eine Rücksprache mit der Hautärztin des Klägers ergeben habe, dass der Kläger dort das letzte Mal 2010 wegen "trockener Haut" in Behandlung gewesen sei. Die Diagnose "Neurodermitis" sei dort nie gestellt worden. Dementsprechend hat der Senat auch bereits mit Urteil vom 15. Dezember 2010 (L 5 AS 101/09) für die Zeit vor dem 1. Januar 2010 festgestellt, dass die von dem Kläger zur Behandlung seiner behaupteten Neurodermitis verwendete juckreizstillende Salbe nicht medizinisch bedingt sei.
Zusammenfassend ergibt sich, dass das Vorbringen des beweisbelasteten Klägers und die ärztlichen Unterlagen keinen Anknüpfungspunkt für klärende bzw. weiterführende Ermittlungen nach § 103 SGG bietet. Es fehlt an Hinweisen, die dafür sprechen, dass sich die Behauptung des Klägers mit gewisser Wahrscheinlichkeit aufgrund eines durch das Gericht eingeholten ärztlichen Gutachtens bestätigen wird. Der Kläger hat weder ärztliche Unterlagen zu der von ihm behaupteten Erkrankung und der Anwendung des von ihm gewählten Präparats beigebracht, noch hat er sein Vorbringen sonst mit substanziellem Sachverhaltsvortrag unterlegt, die als Grundlage für weitere Ermittlungen hätte dienen können. Insofern geht der Senat davon aus, dass es sich bei der Angabe einer Neurodermitis-Erkrankung nicht um einen ärztlichen Befund, sondern nur um eine Vermutung bzw. persönliche Einschätzung des Klägers als medizinischem Laien handelt.
Selbst wenn bei dem Kläger von einem anzuerkennenden Bedarf für die Anwendung der von ihm verwendeten Lotion wegen einer Hauterkrankung auszugehen wäre, müsste dieser Bedarf auch unabweisbar sein, also erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichen. Nicht jeder qualitative Mehrbedarf gegenüber einer einzelnen in den Regelbedarf eingeflossenen Position bzw. nicht jeder geringfügige quantitative Mehrbedarf stellt zugleich auch einen besonderen Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II dar (von Bötticher, LPK-SGB II, a.a.O., § 21 Rn. 37). Ein unabweisbarer Mehrbedarf kann vielmehr nur angenommen werden, wenn der Bedarf den einschlägigen Ansatz für den Regelbedarf in der jeweiligen Abteilungen nennenswert überschreitet (vgl. von Bötticher, a.a.O., § 21 Rn. 39 m.w.N.), was hier nicht der Fall ist. Die von dem Kläger angegebenen monatlichen Kosten für das Körperpflegemittel in Höhe von 13,80 EUR liegen nur marginal über dem seinerzeitigen monatlichen Kostenansatz für Gesundheitspflege mit 13,64 EUR, was 3,8 % des Eckregelsatzes von seinerzeit 359 EUR pro Monat entspricht. Zudem ist zweifelhaft, ob Aufwendungen in dieser Höhe überhaupt realistisch sind, denn es nicht nachvollziehbar und von dem Kläger auch nicht näher dargetan und belegt, dass er tatsächlich jeden Monat 400 ml Lotion auf die betroffenen Hautstellen aufgebracht hat.
2. Für die Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II bezogen auf die von dem Kläger genannten nichtverschreibungspflichtigen Mittel zur Behandlung von Muskel-, Glieder-, Knochen- und Rückenschmerzen fehlt es an einer medizinischen und ärztlichen Indikation und damit an der gebotenen Unabweisbarkeit des geltend gemachten Mehrbedarfs. Um nicht das Tor zu einer beliebigen mit Steuermitteln finanzierten Wunschmedizin zu öffnen, kommt die Übernahme von Kosten für Medikamente im Rahmen des § 21 Abs. 6 SGB II von vornherein nur dann in Betracht, wenn vor Beginn und während der betreffenden Behandlungsmaßnahme ein hinreichender Anlass zu der betreffenden Intervention, d.h. einer Indikation festgestellt worden ist. Das ist bei dem Kläger nicht der Fall. Nach der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 23. August 2012 besteht aus ärztlicher Sicht keine dringende Indikation für den Einsatz von nichtverschreibungspflichtigen Heilmitteln wegen Rücken- und Gliederschmerzen. Dem ist der Kläger nicht entgegen getreten und hat auch keine in eine andere Richtung weisende ärztliche Bescheinigung vorgelegt. Der Beurteilung des Gesundheitsamtes ist auch den zur Gerichtsakte gelangten ärztlichen Stellungnahmen und Unterlagen nichts Entgegenstehendes zu entnehmen. Nach dem Vortrag des Klägers handelt es sich bei dem Einsatz der von ihm gewählten Behandlungsmittel vielmehr um eine Selbstmedikation, die er mit der von ihm persönlich für geeignet erachteten Schmerztherapie mit Salben, wie z.B. arthrex, sowie mit Spray und Brausetabletten, wie z.B. ASS ratiopharm, durchführt, weil er die von den ihn behandelnden Ärzten vorgesehenen Behandlungsmethoden mit verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln wegen der von ihm befürchteten nachteiligen Nebenwirkungen ablehnt.
3. Bei dem Ersatz von Brillengläsern handelt es sich nicht um einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II, da es sich nicht um einen besonderen, sondern um einen bereits durch die Regelbedarfsleistungen nach § 20 SGB II abgedeckten Bedarf handelt. Dies hat bereits der Gesetzgeber bei Einführung dieser Regelung so beurteilt, wie es in der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 17/1465, S. 9; vgl. auch von Boetticher, LPK-SGB II, a.a.O., § 24 Rn. 36) zu ersehen ist. Der Kläger kann den Ersatz seiner Brillengläser auch nicht als zusätzliche Einmalleistung als Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 Nr. 3 SGB II beanspruchen. Abgesehen davon, dass dies mit der genannten Gesetzesbegründung nicht in Einklang stünde, handelt es sich bei dieser Ersatzmaßnahme auch nicht um eine Reparatur eines therapeutischen Geräts bzw. einer therapeutischen Ausrüstung (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7.8.2014 – L 7 AS 269/14). Da es sich im Fall des Klägers bei dem Ersatz von Brillengläsern auch nicht um einen laufenden Bedarf handelt, hat der Senat in der mündlichen Verhandlung die Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II zur Sprache gebracht. Einer Leistung in dieser Form wollte der Kläger indes nicht näher treten.
3. Soweit der Kläger die Übernahme laufender Aufwendungen für Schneiderarbeiten zur Kürzung von Hosenbeinen und Reparaturen seiner Kleidung begehrt, handelt es sich auch dabei nicht um einen besonderen unabweisbaren Mehrbedarf, der nach § 21 Abs. 6 SGB II über den Regelbedarf hinaus zu gewähren ist. Die Kürzung von Hosen ist kein nur in Sondersituationen auftretender Bedarf. Bei vorkonfektionierten Hosen tritt es vielmehr häufiger auf, dass sie in der Länge dem jeweiligen Käufer nicht ohne Änderung passen. Die als atypisch anzusehende Situation des Klägers, dass eines seiner Beine um 1,5 cm kürzer ist, begründet daher noch keinen erheblichen vom Durchschnitt abweichenden Bedarf.
Zudem ist der Bedarf zur Kürzung jeweils eines Hosenbeins um 1,5 cm auch nicht als unabweisbar zu qualifizieren. Mit dem Begriff der Unabweisbarkeit wird auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen, wonach es um die notwendigen materiellen Mittel zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums geht. Zwar erschöpft sich das menschenwürdige Existenzminimum nicht in einer bloßen physischen Existenzsicherung, zu der auch vor Witterung und Kälte schützende Bekleidung gehört, sondern umfasst auch die Sicherung der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und dazu gehört auch eine Kleidung, die nicht grob unästhetisch und abstoßend wirkt. Zur Wahrung dieses soziokulturellen Existenzminimums und damit der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist eine einseitige Kürzung der Hosenbeine im fraglichen Maß nicht notwendig. Die von dem Kläger angestrebte individuelle Anpassung seiner Hosen betrifft mit einer um 1,5 cm zu kürzenden Beinlänge nur eine sehr geringfügige Korrektur. Diese Abweichung ist nicht derart augenfällig, als dass sie zu einem Hindernis für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben werden könnte und so die Menschenwürde tangieren würde. Das Bestreben des Klägers nach einem ästhetischen Erscheinungsbild seiner Kleidung geht mithin über das Niveau einer Lebensführung hinaus, das durch die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II zu ermöglichen ist.
Auch bei dem vom Kläger darüber hinaus geltend gemachten Aufwendungen für Schneiderarbeiten zur Reparatur seiner Kleidung handelt es sich nicht um ein atypisches besonderes, über den durchschnittlichen Bedarf hinausgehendes Bedürfnis des Klägers, das nicht bereits durch die ihm gewährten Regelbedarfsleistungen abgedeckt wird. Zu den von ihm angeführten Reparaturarbeiten wie das Einnähen von Reißverschlüssen und das Stopfen von Löchern in der Kleidung fehlen heutzutage vielmehr verbreitet die nötigen Fertigkeiten, sodass hierfür – wenn nicht sogleich Ersatz gekauft wird – üblicherweise ein Schneider oder sonst dazu befähigte Verwandte oder Bekannte aufgesucht werden. Soweit der Kläger wegen seiner motorischen Einschränkungen auch einfache Reparaturen wie das Annähen von Knöpfen nicht möglich sein sollten, führt die Inanspruchnahme eines Schneiders für solche Arbeiten nur zu äußerst geringfügigen Aufwendungen, die ohne weiteres aus den Regelbedarfsleistungen bestritten werden können.
4. Ein besonderer unabweisbarer Bedarf ist auch für die Übernahme von Beiträgen zur Rechtsschutz- und zur Hausratversicherung nicht gem. § 21 Abs. 6 SGB II anzuerkennen. Zutreffend hat das Sozialgericht im Hinblick auf eine Rechtsschutzversicherung darauf hingewiesen, dass finanziell Bedürftige eine Rechtsberatung durch die Öffentliche Rechtsauskunft (ÖRA) in Anspruch nehmen können. Für die Führung von Prozessen mit hinreichenden Erfolgsaussichten erhalten Bedürftige Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. Zivilprozessordnung. Soweit der Kläger vorbringt, die Mitarbeiter der ÖRA seien parteilich, dann dem nicht gefolgt werden. Bei der Beratung dort werden keine Personen eingesetzt, die an dem Ausgang der betreffenden Rechtssache, in der sie Auskunft geben sollen, ein persönliches Interesse haben könnten. Insbesondere werden keine bei der Stelle Bediensteten zur Beratung ausgewählt, mit der der Ratsuchende im Streit steht oder sonst rechtliche Schwierigkeiten hat. Auch in Mietangelegenheiten, die dem Kläger besonders wichtig sind, stehen ihm als hilfebedürftigem Leistungsempfänger auch ohne Rechtsschutzversicherung qualifizierte unentgeltliche Beratungsleistungen zur Verfügung.
Bezogen auf die geltend gemachten Beiträge zur Hausratversicherung besteht schon deshalb kein unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II, weil dem Kläger - wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat - bei Verlust seines Hausrates durch besondere Ereignisse wie Feuer, Leitungswasseraustritt, Sturm, Hagel, Einbruchdiebstahl, Raub und Vandalismus nach dem SGB II ein Anspruch auf eine neue Erstausstattung zusteht. Ein von der Haftpflichtversicherung erfasster Schadensfall wird daher regelmäßig bereits durch gesonderte Leistungen an den Hilfebedürftigen abgedeckt. Soweit der Kläger mit seiner Berufung demgegenüber geltend macht, dass seiner Kenntnis nach die Durchsetzung dieses Anspruchs aus § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II gegenüber den zuständigen Leistungsträgern in der Praxis auf gewisse Schwierigkeiten stoße, begründet dies nicht die Notwendigkeit eines Versicherungsschutzes neben einem Anspruch auf angemessenen Ersatz aus öffentlichen Mitteln.
5. Die von dem Kläger angeführten Monatsbeiträge für Vereine, die Gewerkschaft ver.di und eine politische Partei, deren Übernahme er von der Beklagten verlangt, sind von dem im Regelsatz für das Jahr 2010 enthaltenen Anteil für Freizeit, Kultur und Unterhaltung gedeckt, sodass es sich schon aus diesem Grund nicht um einen besonderen zusätzlichen Bedarf im Sinne der Härtefallregelung in § 21 Abs. 6 SGB II handelt. Die von dem Kläger in seinem Leistungsantrag aufgelisteten monatlichen Beiträge belaufen sich insgesamt auf 23,41 EUR. Der anteilig in dem Pauschalbetrag zur Deckung des Regelbedarfs in der Abteilung 09 "Freizeit, Unterhaltung und Kultur" veranschlagte Betrag beläuft sich auf über 40 EUR (11,4 % des Regelsatzes von 359 EUR). Dem Kläger verbleiben nach Zahlung der von ihm angeführten Beiträge noch über 16 EUR aus den Regelbedarfsleistungen, um weitere Aktivitäten in diesem Bereich zu entfalten.
Selbst wenn er die Beiträge wegen der Vielzahl der Mitgliedschaften des Klägers nicht aus dem Regelbedarf bestreiten könnte, würde es sich hierbei nicht um einen im Einzelfall unabweisbaren Bedarf handeln. Eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Rahmen des soziokulturellen Existenzminimums, also die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben, hängt nicht von einer Mitgliedschaft in Organisationen und Vereinen ab, sondern kann auch auf andere Weise verwirklicht werden. Wählt der Leistungsempfänger indes gerade dieses Betätigungsfeld für soziale Bezüge, so reichen auch wenige ausgewählte Mitgliedschaften aus, um diesen Bedarf hinreichend zu befriedigen. Schließlich begründen auch die von dem Kläger vorgebrachten Erwägungen, dass er einige Mitgliedschaften aus Solidarität nicht aufgeben wolle und dass sie mit finanziellen Vorteilen für ihn verbunden seien, keine Notwendigkeit dieser Mitgliedschaften.
7. Der weiter von dem Kläger geforderte Betrag von monatlich 31,94 EUR zur laufenden Beschaffung von Fachliteratur kann ebenfalls nicht nach der Härtefallklausel als Mehrbedarf anerkannt werden. Es fehlt bereits an einem besonderen Bedarf, denn das dem Erwerb von Fachliteratur zugrunde liegende Informationsbedürfnis des Klägers ist kein atypisches Bedürfnis, sondern ein Bedarf, welchen auch andere Leistungsempfänger haben und welcher bei der Kalkulation des Betrages für den Regelbedarf auch berücksichtigt worden ist (Abteilung 09; vgl. BVerfG, Urteil vom 09.10.2010 – 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09). Insofern befindet sich der Kläger nicht in einer Sondersituation, die die Anerkennung eines Mehrbedarfs rechtfertigen könnte. Mithin ist er gehalten, die Anschaffung von Fachliteratur zur Befriedigung seines Wissensdrangs aus den Regelbedarfsleistungen zu befriedigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung von zusätzlichen über den Regelbedarf hinausgehenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2010.
Der 1961 geborene alleinstehende Kläger ist seit längerem hilfebedürftig und bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. In dem betreffenden Zeitraum im zweiten Halbjahr 2010 war er erwerbsfähig und schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.
Der 1961 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Für das zweite Halbjahr 2010 bewilligte ihm der Beklagte Grundsicherungsleistungen - zuletzt mit Änderungsbescheid vom 7. April 2010 - zur Sicherung seines Lebensunterhalts in Höhe von 359 EUR und für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 431,23 EUR.
Am 5. August 2010 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen für den Kauf von Salben zur Behandlung von Neurodermitis (13,80 EUR monatlich), von Kosten für Brausetabletten gegen Schmerzen und schmerzlindernde Salben (17,80 EUR vierteljährlich), von Kosten für zehn Brillengläser (660 EUR jährlich), von Kosten für die einseitige Kürzung der Hosenbeine (10 EUR monatlich) und für die Umarbeitung von Bekleidung (30 EUR monatlich) sowie für Beiträge zur Rechtsschutzversicherung für Mietsachen und zur Hausratversicherung und für Beiträge für die Mitgliedschaft im S.-Verband D., in der Gewerkschaft, in den Vereinen M. e.V., Landesarbeitsgemeinschaft E. e.V., M1 e.V., E. e.V. und den Verein F. (insgesamt 64,22 EUR monatlich) und schließlich für die Anschaffung von Fachliteratur (monatlich 31,94 EUR).
Zur Begründung seines Antrages führte er im Wesentlichen aus, dass es sich bei den Salben etc. um nichtverschreibungspflichtige Heil- und Arzneimittel handele. Eine Neurodermitis sei bei ihm erstmals im Frühjahr 2009 ärztlich festgestellt worden. Zu den Glieder- und Rückenschmerzen, die er mit Tabletten und Salben behandle, lägen der Beklagten ärztliche Untersuchungsberichte vor wie auch zu seiner Sehbehinderung, wegen derer er Brillen benötige, und zu seiner Beinverkürzung links um 1,5 cm, die eine einseitige Kürzung der Hosenbeine erforderlich mache. Die Übernahme der Versicherungsbeiträge sowie der Beiträge zu Vereinen, Partei- und Gewerkschaft sei erforderlich, weil dies zur Führung eines menschenwürdigen Lebens gehöre. Nur auf diese Weise sei eine Teilhabe am Gesellschaftsleben möglich.
Diese Anträge lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. August 2010 mit dem Hinweis auf die im SGB II pauschalierten Regelbedarfe ab, durch die die von dem Kläger vorgebrachten Bedarfe bereits abgedeckt seien.
Hiergegen legte der Kläger am 13. August 2010 Widerspruch ein. Den Rechtsbehelf begründete er damit, dass nicht akzeptabel sei, wenn nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) immer mehr Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen gestrichen würden, ohne anschließend sicherzustellen, dass Bezieher von Transferleistungen diese nach dem SGB II noch erhalten könnten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2010 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die im gewährten Regelleistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes bereits Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben umfassten. Die Regelleistungen seien im Übrigen höher als die Beträge, die zur Deckung des aktuellen Bedarfs benötigt würden, und ermöglichten dem Leistungsempfänger Teile der Leistungen anzusparen, um Vorsorge für einmalige Bedarfe zu treffen. Von den Regelleistungen würden nur wenige Bedarfe nicht gedeckt, die hier nicht betroffen seien. Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf eine darlehensweise Deckung der geltend gemachten Kosten zu, da es hierfür an einem unabweisbaren Bedarf im Sinne einer aktuellen Notlage von existenzieller Bedeutung fehle.
Der Kläger hat am 22. September 2010 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat ausgeführt, dass er ständiger medizinischer Behandlung bedürfe und sich oft mit seinen Ärzten nicht über die Behandlungsmethode einig sei, da er vor allem auch die Nebenwirkungen der verschriebenen Arzneimittel kenne. Daher greife er vielfach – um die Einnahme von Tabletten zu vermeiden – auf Schmerzbehandlungen mit Naturheilmethoden wie Salben, Sprays und Brausetabletten zurück. Mit einem japanischen Gelenkspray, das er in einem Supermarkt erworben habe, habe er beispielsweise gute Erfahrungen gemacht. Allein auf die Gewährung von Regelbedarfsleistungen nach dem SGB II könne sich der Beklagte bei der Versagung der von ihm angewendeten Heil- und Hilfsmittel nicht stützen. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Urteil vom 9. Februar 2010 klargestellt, dass es mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, wenn im SGB II nur ein pauschaler Betrag als Regelleistung vorgesehen sei, ohne in Härtefällen eine zusätzliche Kostenübernahme vorzusehen. Der Regelsatz nach dem SGB II spiegele zudem nicht die zu einer würdevollen Lebensführung gehörende gesellschaftliche Teilhabe wider, zu der auch die Teilnahme an Vereinsaktivitäten und am kulturellen Leben sowie die politische, rechtliche und gesellschaftliche Weiterbildung gehörten, und umfasse auch nicht die Absicherung vor Haft-, Sach- und anderen Schäden. Dies müsse den Leistungsempfängern deshalb gesondert - über den Regelsatz hinaus - gewährt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. November 2010 abgewiesen. Der Kläger habe über die ihm gewährten Regelbedarfsleistungen hinaus keinen Anspruch auf die von ihm begehrten zusätzlichen Leistungen. Von der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 Abs. 1 SGB II seien unter anderem auch Leistungen zur Körperpflege und zur Kleidung erfasst sowie in vertretbarem Umfang als Bedarfe des täglichen Lebens auch Leistungen für Beziehungen zur Umwelt und für die Teilnahme am kulturellen Leben.
In der der Kalkulation des Regelsatzes zu Grunde liegenden EVS-Tabelle, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - jedenfalls bis zum 31. Dezember 2010 anzuwenden sei, seien unter der Position 03 monatlich 0,40 EUR für Reparaturen an Bekleidung sowie unter der Position 06 monatlich ein Betrag in Höhe von 13,17 EUR für Medikamente und therapeutische Geräte vorgesehen. Aus diesen Beträgen müsse der Kläger seine Ausgaben für nichtverschreibungspflichtige Medikamente und für Schneiderarbeiten an seiner Kleidung bestreiten. Soweit er die Übernahme von Vereinsbeiträgen und Kosten für Zeitschriften beziehungsweise Fachliteratur begehre, sei er auf die Position 09 der EVS-Tabelle zu verweisen, in der unter anderem für Zeitungen und Zeitschriften sowie für Bücher und Kulturdienstleistungen ein monatlicher Betrag in Höhe von 40,85 EUR vorgesehen sei. Soweit der Kläger darüber hinaus die Übernahme von Beiträgen für Versicherungen begehre, sei im SGB II eine Berücksichtigung derartiger Aufwendungen nur bei Beziehern von Einkommen als Absetzbetrag vorgesehen (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II). Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf § 23 SGB II stützen. Die Voraussetzungen für Leistungen außerhalb der Regelleistung, wie sie in § 23 Abs. 2 und 3 SGB II festgelegt seien, seien nicht erfüllt. Ihm sei auch kein Darlehen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu gewähren. Dies habe er nicht begehrt und bei ihm sei insoweit auch kein unabweisbarerer Bedarf zur Sicherung seines Lebensunterhaltes erkennbar.
Schließlich könne der Kläger sein Begehren auch nicht unmittelbar auf Grundrechte stützen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass solche Bedarfe, die bisher nicht von den Leistungen nach §§ 20 ff. SGB II erfasst würden, die aber einen unabweisbaren laufenden und nicht nur einmaligen besonderen Bedarf darstellten, bis zu einer Neuregelung des SGB II durch den Gesetzgeber unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG geltend gemacht werden könnten. Diese setzte jedoch voraus, dass diese Leistungen nicht vom Regelsatz gedeckt seien, was bei den begehrten medizinischen Heil– und Hilfsmittel sowie bei den Leistungen für Kleidungsänderungen, Vereinsbeiträge und Fachliteratur nicht der Fall sei. Zudem sei auch nicht zu erkennen, dass beim Kläger eine atypische Bedarfslage im Sinne eines Härtefalls vorliege, die Voraussetzung dafür sei, einen unmittelbaren Leistungsanspruch aus dem Grundgesetz anzunehmen. Eine solche Härte sei insbesondere nicht daraus abzuleiten, dass er neben den Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung weitere Behandlungsmöglichkeiten ausschöpfen wolle. Soweit es um Zuzahlungen für die Brille gehe, sei er ohne Existenzgefährdung auf die insoweit im Regelsatz zu Position 06 enthaltenen Anteil zu verweisen. Gleiches gelte für notwendige Reparaturen seiner Kleidung. Die Mitgliedsbeiträge für die diversen Vereine, denen der Kläger angehöre, könnten zwar nicht sämtlich aus den hierfür vorgesehenen Regelsatzleistungen zu Position 09 bestritten werden. Es sei ihm jedoch zuzumuten, insoweit Vereinsmitgliedschaften zu kündigen, ohne dass dies zu einer Gefährdung seiner kulturellen Existenzgrundlage führe. Soweit der Kläger darüber hinaus anführe, höhere Kosten für Fachliteratur zu haben, als im Regelsatz vorgesehen sei, werde er sich darauf beschränken müssen, insoweit andere Quellen – etwa das Internet oder die Öffentliche Rechtsberatung - zu nutzen. An diese Beratungsstelle könne er sich auch bei Mietstreitigkeiten wenden, ohne dass es insoweit einer Versicherung zum mietvertraglichen Rechtsschutz bedürfe. Hinsichtlich einer Hausratversicherung sei er darauf zu verweisen, dass er bei möglicherweise eintretenden Verlustsituationen von dem Anspruch aus § 23 SGB II Gebrauch machen könne.
Gegen das ihm am 4. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Dezember 2010 Berufung eingelegt. Er verfolgt seine Leistungsbegehren weiter und wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, dass der Hinweis auf den im Regelsatz enthaltenen Anteil für Heil- und Hilfsmittel fehl gehe, weil der vorgesehene Betrag nicht ausreiche. Er leide unter chronischen Erkrankungen aufgrund seiner Behinderung und sei auf die von ihm eingesetzten Pflege- und Arzneimittel angewiesen. Dieser besondere Umstand, auf den das Sozialgericht nicht eingegangen sei, habe bei der Bestimmung des Regelbedarfs im SGB II keine Berücksichtigung finden können und müsse als Mehrbedarf geleistet werden. Als ehemaliger Epileptiker habe er viele Erfahrungen sammeln können, zu welchen Nebenwirkungen Tabletten führten, die ihm Ärzte verschreiben würden. Es sei dem Gesetzgeber anzulasten, dass er pflanzliche Heilmittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen habe, ohne dabei auf die unterschiedlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Versicherten zu achten. Nach den Arbeitshinweisen der Beklagten seien auch Mittel bei Neurodermitis als Mehrbedarf anzuerkennen, sodass auch Salben gegen diese Erkrankung über den Regelbedarf hinaus zu gewähren seien. Die eingesetzten Mittel zur Linderung der Glieder- und Knochenschmerzen, wie Salben, Spray und Brausetabletten, seien erfolgreich gewesen.
Die beantragten Leistungen für neue Brillengläser seien erforderlich, weil sich sein Augenlicht in Abständen von zwei bis drei Jahren verschlechtert habe und einige Monate vor Antragstellung festgestellt worden sei, dass er auch eine Leseschwäche habe, die eine Lesebrille erforderlich mache. Die vorhandenen Brillengläser seien verkratzt, da ihm Gegenstände wegen seiner gestörten Feinmotorik öfter als normal aus den Händen fielen. Auf die Gründe für die erforderliche Kleidungsreparatur und Kürzung der Hosenbeine sei in erster Instanz nicht eingegangen worden, was zeige, dass sich das Sozialgericht mit diesem Sachverhalt gar nicht befasst habe.
Der Hinweis in dem angefochtenen Urteil, dass eine Hausratversicherung nicht erforderlich sei, weil bei Verlust des Hausrats ein Darlehen zur Neubeschaffung beantragt werden könne, gehe fehl. Es seien genügend Beispiele dafür bekannt, dass solche Anträge gescheitert seien oder erst im Klageverfahren hätten durchgesetzt werden können. Eine Rechtsschutzversicherung sowie eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft und im S.-Verband D. seien für ihn erforderlich, weil ihm die Öffentliche Rechtsauskunft keine adäquate Hilfe biete. Die dortigen Mitarbeiter seien parteilich. Die Einrichtung diene nur dazu, der Freien und Hansestadt Hamburg die Kosten für anwaltliche Beratungsleistungen für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II zu sparen. Zudem bestehe vor den Bundesgerichten die Pflicht zur anwaltlichen Vertretung. Ein Ausritt aus der Partei, wo er als aktives Mitglied tätig sei und zudem als Vertreter im Gesundheits-, Sozial- und Integrationsausschuss des Bezirkes arbeite, würde dazu führen, dass er von einer Eingliederung in die Gesellschaft ausgeschlossen und folglich ausgegrenzt und isoliert werde. Aus den Vereinen, in denen er Mitglied sei, wolle er auch aus Gründen der Solidarität nicht austreten. Bei dem Verein Memento e.V. würden auch finanzielle Gründe für eine Mitgliedschaft sprechen, da der Verein die Grabpflege für seinen an AIDS verstorbenen Bruder übernehme. Hinsichtlich der von ihm beanspruchten Fachliteratur könne er nicht auf das Angebot öffentlicher Bücherhallen zurückgreifen, weil diese in dem betreffenden Segment nicht aktuell sei. Für das Internet habe er keinen Anschluss und die Kosten hierfür seien im Regelbedarf auch nicht enthalten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. November 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2010 Leistungen für Aufwendungen für 1. Salben gegen Neurodermitis, 2. schmerzlindernde Salben, Sprays und Brausetabletten, 3. 10 Brillengläser, 4. Schneiderarbeiten, 5. Hausrats- und Rechtsschutzversicherungen, 6. Gewerkschafts-, Partei- und Vereinsbeiträge und 7. laufende Anschaffungen von Fachliteratur nebst Zinsen zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
und verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat unter anderem bei den behandelnden Ärzten Auskünfte über besondere gesundheitliche Umstände im Hinblick auf etwaig erforderliche - auch nichtverschreibungspflichtige - Heilmittel sowie Pflege- und Hygieneartikel eingeholt. Auf die Antworten nebst übersandten Befundberichten und Stellungnahmen, die zur Prozessakte zum Aktenzeichen L 4 AS 124/13 genommen worden sind, wird ergänzend Bezug genommen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakten sowie der beigezogenen Akten der Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Dem Kläger steht in dem Bewilligungszeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2010 kein Anspruch auf die geltend gemachten Mehrbedarfe zu.
Mit der Härtefallregelung in § 21 Abs. 6 SGB II, die mit Wirkung zum 3. Juni 2010 in Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1, 3, 4/09) in das SGB II eingefügt worden ist, steht für das Begehren des Klägers auf bestimmte Mehrleistungen gegenüber dem Regelbedarf zwar eine gesetzliche Anspruchsgrundlage zur Verfügung. Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sind aber in Bezug auf die hier geltend gemachten Mehrbedarfe nicht erfüllt.
1. Ein derartiger Bedarf atypischen Ursprungs kann sich auch aus gesundheitlichen Gründen ergeben (von Bötticher/Münder in LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 21 Rn. 43). So nennt der Gesetzgeber als Anwendungsfälle der Härtefallklausel des § 21 Absatz 6 SGB II unter anderem dauerhaft benötigte Hygienemittel bei bestimmten Erkrankungen wie z.B. Neurodermitis (Bundestagsdrucksache 17/1465). Auch in den Anwendungshinweisen der Beklagten zu § 21 Abs. 6 SGB II wird in der sogenannten Positivliste für besondere Bedarfe "Körperpflegemittel bei Neurodermitis" angeführt. Vor diesem Hintergrund können Pflegeartikel zur Behandlung von Neurodermitis jedenfalls als besonderer Bedarf in Betracht gezogen werden (so auch zu der parallelen Regelung in § 73 SGB XII SG Lüneburg, Urteil vom 23.4.2009 – S 30 AS 398/05).
Ein besonderer Bedarf an Körperpflegemitteln aufgrund von Neurodermitis lässt sich nach dem Vorbringen des Klägers allerdings nicht feststellen. Weder hat er angegeben, wer diesen von ihm behaupteten Befund erhoben hat, noch hat er eine entsprechende ärztliche Bestätigung beigebracht. Auch dazu, ob er die Lotion einem ärztlichen Rat folgend verwendet, hat er keine Angaben gemacht, obwohl ihm aufgrund der von ihm zur Gerichtsakte gereichten und von ihm zitierten Arbeitshinweise der Beklagten bewusst war, dass für die Anerkennung des fraglichen Mehrbedarfs eine ärztliche Bescheinigung über die Hauterkrankung und die Notwendigkeit des Einsatzes des von ihm gewählten Präparats erwartet wird.
Eine ärztliche Äußerung darüber, dass der Kläger tatsächlich an Neurodermitis leidet und dass die Anwendung des von ihm gewählten Pflegemittels "seba med Lotion" zur Behandlung dieser Hautkrankheit als medizinisch notwendig erachtet wird, findet sich auch nach Durchsicht der gesamten umfangreich zu den Gerichtsakten gelangten ärztlichen Unterlagen nicht: Der Kläger hat zwar im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorgebracht, dass die in Rede stehende Erkrankung im Frühjahr 2009 festgestellt worden sei, weil er den Juckreiz nicht mehr habe aushalten können. In der in der Verfahrensakte L 4 AS 124/13 befindlichen chronologischen Behandlungsdokumentation seiner Hausärzte ist der Befund Neurodermitis für das Frühjahr 2009 - wie auch für die Zeit davor und danach – aber nicht enthalten. In den für die Krankenversicherung erstellten ärztlichen Gutachten auf den Fachgebieten Neurologie/Psychiatrie und Innere Medizin vom 5. bzw. 21. April 2011 ist vermerkt, dass der Kläger Sebamed Ure 10%ig zur Hautpflege einsetzt. Im Befundbericht des den Kläger behandelnden Orthopäden vom 19. September 2013 ist als aus Unterlagen entnommene Diagnose, u.a. "Intertriginöses Ekzem re." vermerkt und als am 8. Juli 2009 ausgesprochene Empfehlung ist "soll sich Pilzmittel in der Apotheke besorgen" notiert. Ein Hinweis auf Neurodermitis kann dem nicht entnommen werden. Ein von dem Kläger am 31. August 2010 wegen Warzen an beiden Füßen konsultierter Hautarzt stellte laut Behandlungsunterlagen fest, dass der Kläger am gesamten Integument (äußere Haut) trockene schuppige Haut aufwies. Seine Diagnose lautete u.a. Xerosis cutis (fettarm-trockene, spröde Haut) und die von ihm empfohlene Therapie richtete sich u.a. auf eine regelmäßige Hautpflege z.B. mit urea haltigen Externa. Von einer Neurodermitis ist auch in dieser Dokumentation nicht die Rede. Einem E-Mail-Schreiben der Amtsärztin Kramer an den Beklagten vom 18. September 2012, das sich in der Akte zum Berufungsverfahren L 4 AS 333/12 befindet, ist zudem zu entnehmen, dass eine Rücksprache mit der Hautärztin des Klägers ergeben habe, dass der Kläger dort das letzte Mal 2010 wegen "trockener Haut" in Behandlung gewesen sei. Die Diagnose "Neurodermitis" sei dort nie gestellt worden. Dementsprechend hat der Senat auch bereits mit Urteil vom 15. Dezember 2010 (L 5 AS 101/09) für die Zeit vor dem 1. Januar 2010 festgestellt, dass die von dem Kläger zur Behandlung seiner behaupteten Neurodermitis verwendete juckreizstillende Salbe nicht medizinisch bedingt sei.
Zusammenfassend ergibt sich, dass das Vorbringen des beweisbelasteten Klägers und die ärztlichen Unterlagen keinen Anknüpfungspunkt für klärende bzw. weiterführende Ermittlungen nach § 103 SGG bietet. Es fehlt an Hinweisen, die dafür sprechen, dass sich die Behauptung des Klägers mit gewisser Wahrscheinlichkeit aufgrund eines durch das Gericht eingeholten ärztlichen Gutachtens bestätigen wird. Der Kläger hat weder ärztliche Unterlagen zu der von ihm behaupteten Erkrankung und der Anwendung des von ihm gewählten Präparats beigebracht, noch hat er sein Vorbringen sonst mit substanziellem Sachverhaltsvortrag unterlegt, die als Grundlage für weitere Ermittlungen hätte dienen können. Insofern geht der Senat davon aus, dass es sich bei der Angabe einer Neurodermitis-Erkrankung nicht um einen ärztlichen Befund, sondern nur um eine Vermutung bzw. persönliche Einschätzung des Klägers als medizinischem Laien handelt.
Selbst wenn bei dem Kläger von einem anzuerkennenden Bedarf für die Anwendung der von ihm verwendeten Lotion wegen einer Hauterkrankung auszugehen wäre, müsste dieser Bedarf auch unabweisbar sein, also erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichen. Nicht jeder qualitative Mehrbedarf gegenüber einer einzelnen in den Regelbedarf eingeflossenen Position bzw. nicht jeder geringfügige quantitative Mehrbedarf stellt zugleich auch einen besonderen Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II dar (von Bötticher, LPK-SGB II, a.a.O., § 21 Rn. 37). Ein unabweisbarer Mehrbedarf kann vielmehr nur angenommen werden, wenn der Bedarf den einschlägigen Ansatz für den Regelbedarf in der jeweiligen Abteilungen nennenswert überschreitet (vgl. von Bötticher, a.a.O., § 21 Rn. 39 m.w.N.), was hier nicht der Fall ist. Die von dem Kläger angegebenen monatlichen Kosten für das Körperpflegemittel in Höhe von 13,80 EUR liegen nur marginal über dem seinerzeitigen monatlichen Kostenansatz für Gesundheitspflege mit 13,64 EUR, was 3,8 % des Eckregelsatzes von seinerzeit 359 EUR pro Monat entspricht. Zudem ist zweifelhaft, ob Aufwendungen in dieser Höhe überhaupt realistisch sind, denn es nicht nachvollziehbar und von dem Kläger auch nicht näher dargetan und belegt, dass er tatsächlich jeden Monat 400 ml Lotion auf die betroffenen Hautstellen aufgebracht hat.
2. Für die Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II bezogen auf die von dem Kläger genannten nichtverschreibungspflichtigen Mittel zur Behandlung von Muskel-, Glieder-, Knochen- und Rückenschmerzen fehlt es an einer medizinischen und ärztlichen Indikation und damit an der gebotenen Unabweisbarkeit des geltend gemachten Mehrbedarfs. Um nicht das Tor zu einer beliebigen mit Steuermitteln finanzierten Wunschmedizin zu öffnen, kommt die Übernahme von Kosten für Medikamente im Rahmen des § 21 Abs. 6 SGB II von vornherein nur dann in Betracht, wenn vor Beginn und während der betreffenden Behandlungsmaßnahme ein hinreichender Anlass zu der betreffenden Intervention, d.h. einer Indikation festgestellt worden ist. Das ist bei dem Kläger nicht der Fall. Nach der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 23. August 2012 besteht aus ärztlicher Sicht keine dringende Indikation für den Einsatz von nichtverschreibungspflichtigen Heilmitteln wegen Rücken- und Gliederschmerzen. Dem ist der Kläger nicht entgegen getreten und hat auch keine in eine andere Richtung weisende ärztliche Bescheinigung vorgelegt. Der Beurteilung des Gesundheitsamtes ist auch den zur Gerichtsakte gelangten ärztlichen Stellungnahmen und Unterlagen nichts Entgegenstehendes zu entnehmen. Nach dem Vortrag des Klägers handelt es sich bei dem Einsatz der von ihm gewählten Behandlungsmittel vielmehr um eine Selbstmedikation, die er mit der von ihm persönlich für geeignet erachteten Schmerztherapie mit Salben, wie z.B. arthrex, sowie mit Spray und Brausetabletten, wie z.B. ASS ratiopharm, durchführt, weil er die von den ihn behandelnden Ärzten vorgesehenen Behandlungsmethoden mit verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln wegen der von ihm befürchteten nachteiligen Nebenwirkungen ablehnt.
3. Bei dem Ersatz von Brillengläsern handelt es sich nicht um einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II, da es sich nicht um einen besonderen, sondern um einen bereits durch die Regelbedarfsleistungen nach § 20 SGB II abgedeckten Bedarf handelt. Dies hat bereits der Gesetzgeber bei Einführung dieser Regelung so beurteilt, wie es in der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 17/1465, S. 9; vgl. auch von Boetticher, LPK-SGB II, a.a.O., § 24 Rn. 36) zu ersehen ist. Der Kläger kann den Ersatz seiner Brillengläser auch nicht als zusätzliche Einmalleistung als Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 Nr. 3 SGB II beanspruchen. Abgesehen davon, dass dies mit der genannten Gesetzesbegründung nicht in Einklang stünde, handelt es sich bei dieser Ersatzmaßnahme auch nicht um eine Reparatur eines therapeutischen Geräts bzw. einer therapeutischen Ausrüstung (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7.8.2014 – L 7 AS 269/14). Da es sich im Fall des Klägers bei dem Ersatz von Brillengläsern auch nicht um einen laufenden Bedarf handelt, hat der Senat in der mündlichen Verhandlung die Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II zur Sprache gebracht. Einer Leistung in dieser Form wollte der Kläger indes nicht näher treten.
3. Soweit der Kläger die Übernahme laufender Aufwendungen für Schneiderarbeiten zur Kürzung von Hosenbeinen und Reparaturen seiner Kleidung begehrt, handelt es sich auch dabei nicht um einen besonderen unabweisbaren Mehrbedarf, der nach § 21 Abs. 6 SGB II über den Regelbedarf hinaus zu gewähren ist. Die Kürzung von Hosen ist kein nur in Sondersituationen auftretender Bedarf. Bei vorkonfektionierten Hosen tritt es vielmehr häufiger auf, dass sie in der Länge dem jeweiligen Käufer nicht ohne Änderung passen. Die als atypisch anzusehende Situation des Klägers, dass eines seiner Beine um 1,5 cm kürzer ist, begründet daher noch keinen erheblichen vom Durchschnitt abweichenden Bedarf.
Zudem ist der Bedarf zur Kürzung jeweils eines Hosenbeins um 1,5 cm auch nicht als unabweisbar zu qualifizieren. Mit dem Begriff der Unabweisbarkeit wird auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen, wonach es um die notwendigen materiellen Mittel zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums geht. Zwar erschöpft sich das menschenwürdige Existenzminimum nicht in einer bloßen physischen Existenzsicherung, zu der auch vor Witterung und Kälte schützende Bekleidung gehört, sondern umfasst auch die Sicherung der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und dazu gehört auch eine Kleidung, die nicht grob unästhetisch und abstoßend wirkt. Zur Wahrung dieses soziokulturellen Existenzminimums und damit der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist eine einseitige Kürzung der Hosenbeine im fraglichen Maß nicht notwendig. Die von dem Kläger angestrebte individuelle Anpassung seiner Hosen betrifft mit einer um 1,5 cm zu kürzenden Beinlänge nur eine sehr geringfügige Korrektur. Diese Abweichung ist nicht derart augenfällig, als dass sie zu einem Hindernis für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben werden könnte und so die Menschenwürde tangieren würde. Das Bestreben des Klägers nach einem ästhetischen Erscheinungsbild seiner Kleidung geht mithin über das Niveau einer Lebensführung hinaus, das durch die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II zu ermöglichen ist.
Auch bei dem vom Kläger darüber hinaus geltend gemachten Aufwendungen für Schneiderarbeiten zur Reparatur seiner Kleidung handelt es sich nicht um ein atypisches besonderes, über den durchschnittlichen Bedarf hinausgehendes Bedürfnis des Klägers, das nicht bereits durch die ihm gewährten Regelbedarfsleistungen abgedeckt wird. Zu den von ihm angeführten Reparaturarbeiten wie das Einnähen von Reißverschlüssen und das Stopfen von Löchern in der Kleidung fehlen heutzutage vielmehr verbreitet die nötigen Fertigkeiten, sodass hierfür – wenn nicht sogleich Ersatz gekauft wird – üblicherweise ein Schneider oder sonst dazu befähigte Verwandte oder Bekannte aufgesucht werden. Soweit der Kläger wegen seiner motorischen Einschränkungen auch einfache Reparaturen wie das Annähen von Knöpfen nicht möglich sein sollten, führt die Inanspruchnahme eines Schneiders für solche Arbeiten nur zu äußerst geringfügigen Aufwendungen, die ohne weiteres aus den Regelbedarfsleistungen bestritten werden können.
4. Ein besonderer unabweisbarer Bedarf ist auch für die Übernahme von Beiträgen zur Rechtsschutz- und zur Hausratversicherung nicht gem. § 21 Abs. 6 SGB II anzuerkennen. Zutreffend hat das Sozialgericht im Hinblick auf eine Rechtsschutzversicherung darauf hingewiesen, dass finanziell Bedürftige eine Rechtsberatung durch die Öffentliche Rechtsauskunft (ÖRA) in Anspruch nehmen können. Für die Führung von Prozessen mit hinreichenden Erfolgsaussichten erhalten Bedürftige Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. Zivilprozessordnung. Soweit der Kläger vorbringt, die Mitarbeiter der ÖRA seien parteilich, dann dem nicht gefolgt werden. Bei der Beratung dort werden keine Personen eingesetzt, die an dem Ausgang der betreffenden Rechtssache, in der sie Auskunft geben sollen, ein persönliches Interesse haben könnten. Insbesondere werden keine bei der Stelle Bediensteten zur Beratung ausgewählt, mit der der Ratsuchende im Streit steht oder sonst rechtliche Schwierigkeiten hat. Auch in Mietangelegenheiten, die dem Kläger besonders wichtig sind, stehen ihm als hilfebedürftigem Leistungsempfänger auch ohne Rechtsschutzversicherung qualifizierte unentgeltliche Beratungsleistungen zur Verfügung.
Bezogen auf die geltend gemachten Beiträge zur Hausratversicherung besteht schon deshalb kein unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II, weil dem Kläger - wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat - bei Verlust seines Hausrates durch besondere Ereignisse wie Feuer, Leitungswasseraustritt, Sturm, Hagel, Einbruchdiebstahl, Raub und Vandalismus nach dem SGB II ein Anspruch auf eine neue Erstausstattung zusteht. Ein von der Haftpflichtversicherung erfasster Schadensfall wird daher regelmäßig bereits durch gesonderte Leistungen an den Hilfebedürftigen abgedeckt. Soweit der Kläger mit seiner Berufung demgegenüber geltend macht, dass seiner Kenntnis nach die Durchsetzung dieses Anspruchs aus § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II gegenüber den zuständigen Leistungsträgern in der Praxis auf gewisse Schwierigkeiten stoße, begründet dies nicht die Notwendigkeit eines Versicherungsschutzes neben einem Anspruch auf angemessenen Ersatz aus öffentlichen Mitteln.
5. Die von dem Kläger angeführten Monatsbeiträge für Vereine, die Gewerkschaft ver.di und eine politische Partei, deren Übernahme er von der Beklagten verlangt, sind von dem im Regelsatz für das Jahr 2010 enthaltenen Anteil für Freizeit, Kultur und Unterhaltung gedeckt, sodass es sich schon aus diesem Grund nicht um einen besonderen zusätzlichen Bedarf im Sinne der Härtefallregelung in § 21 Abs. 6 SGB II handelt. Die von dem Kläger in seinem Leistungsantrag aufgelisteten monatlichen Beiträge belaufen sich insgesamt auf 23,41 EUR. Der anteilig in dem Pauschalbetrag zur Deckung des Regelbedarfs in der Abteilung 09 "Freizeit, Unterhaltung und Kultur" veranschlagte Betrag beläuft sich auf über 40 EUR (11,4 % des Regelsatzes von 359 EUR). Dem Kläger verbleiben nach Zahlung der von ihm angeführten Beiträge noch über 16 EUR aus den Regelbedarfsleistungen, um weitere Aktivitäten in diesem Bereich zu entfalten.
Selbst wenn er die Beiträge wegen der Vielzahl der Mitgliedschaften des Klägers nicht aus dem Regelbedarf bestreiten könnte, würde es sich hierbei nicht um einen im Einzelfall unabweisbaren Bedarf handeln. Eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Rahmen des soziokulturellen Existenzminimums, also die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben, hängt nicht von einer Mitgliedschaft in Organisationen und Vereinen ab, sondern kann auch auf andere Weise verwirklicht werden. Wählt der Leistungsempfänger indes gerade dieses Betätigungsfeld für soziale Bezüge, so reichen auch wenige ausgewählte Mitgliedschaften aus, um diesen Bedarf hinreichend zu befriedigen. Schließlich begründen auch die von dem Kläger vorgebrachten Erwägungen, dass er einige Mitgliedschaften aus Solidarität nicht aufgeben wolle und dass sie mit finanziellen Vorteilen für ihn verbunden seien, keine Notwendigkeit dieser Mitgliedschaften.
7. Der weiter von dem Kläger geforderte Betrag von monatlich 31,94 EUR zur laufenden Beschaffung von Fachliteratur kann ebenfalls nicht nach der Härtefallklausel als Mehrbedarf anerkannt werden. Es fehlt bereits an einem besonderen Bedarf, denn das dem Erwerb von Fachliteratur zugrunde liegende Informationsbedürfnis des Klägers ist kein atypisches Bedürfnis, sondern ein Bedarf, welchen auch andere Leistungsempfänger haben und welcher bei der Kalkulation des Betrages für den Regelbedarf auch berücksichtigt worden ist (Abteilung 09; vgl. BVerfG, Urteil vom 09.10.2010 – 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09). Insofern befindet sich der Kläger nicht in einer Sondersituation, die die Anerkennung eines Mehrbedarfs rechtfertigen könnte. Mithin ist er gehalten, die Anschaffung von Fachliteratur zur Befriedigung seines Wissensdrangs aus den Regelbedarfsleistungen zu befriedigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
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