Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 103 AS 2419/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 1894/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Verwertung einer aus Gehörlosengeld angesparten Lebensversicherung stellt eine besondere Härte dar.
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juni 2014 und der Bescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2013 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 24. Mai 2015 Leistungen nach dem SGB II in gesetzmäßiger Höhe unter Anrechnung erzielten Arbeitseinkommens, aber unter Außerachtlassung des Rückkaufswertes der Lebensversicherung der Klägerin bei der Debeka zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II); streitig ist eine Leistungsablehnung wegen Vermögens.
Die 1977 geborene Klägerin ist ausgebildete Mediengestalterin. Sie war vor dem streitigen Zeitraum vom 15. Dezember 2004 bis 31. August 2008, vom 4. Juli 2011 bis August 2012 und vom 20. Februar 2013 bis 22. Mai 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Bereits mit Bescheid des Versorgungsamtes Berlin vom 23. Februar 1982 waren der Klägerin nach dem Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz) eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 100 v. H. aufgrund von schweren Hörstörungen mit Sprachentwicklungsrückstand sowie die Merkzeichen "H", "G", "RF" und "B" zuerkannt worden, ferner verfügt sie über das in der Folgezeit noch eingeführte Merkzeichen "Gl" (gehörlos).
Sie bezieht seit 1. September 2009 ein Gehörlosengeld in Höhe von 121,79 Euro monatlich, bewilligt durch Bescheid des Bezirksamtes T von Berlin vom 23. Februar 2010. Zuvor war ihr jedenfalls seit 2002 in Nordrhein-Westfalen Gehörlosengeld in Höhe von 77,- Euro gewährt worden. Die Bewilligung war wegen des Umzugs der Klägerin nach Berlin mit Bescheid des Landschaftsverbandes R vom 6. August 2009 aufgehoben worden.
In der Vergangenheit hatte der Beklagte der Klägerin wiederholt Leistungen erbracht, zuletzt für die Zeit bis 31. Juli 2011. Zum 1. August 2011 war die Bewilligung wegen einer Arbeitsaufnahme bei der Firma D aufgehoben worden. Danach bestand vom 20. Februar 2013 bis zum 22. Mai 2013 ein Arbeitsverhältnis zum A. Ausweislich eines Kontoauszuges der DKB Deutsche Kreditbank AG wurde der Klägerin ihr Gehalt für April 2013 in Höhe von 1 223,20 Euro am 7. Mai 2013 ausgezahlt.
Am 10. Mai 2013 beantragte die Klägerin erneut Leistungen nach dem SGB II. Sie gab an, 2 146,54 Euro auf einem Konto bei der DKB, 485,16 Euro auf ihrem Visa Kartenkonto und 107,89 Euro bei der Comdirect zu besitzen.
Übermittelt wurden ferner Unterlagen des D Lebensversicherungsvereins a. G. über eine dort bestehende Lebensversicherung, abgeschlossen mit einem Versicherungsbeginn am 1. Dezember 2002 und einer Versicherungsdauer von 35 Jahren bis zum 1. November 2037 mit einer Abrufphase, ab welcher die Versicherung zum Jahresende kündbar ist, ab dem 1. November 2032. Der monatlich zu zahlende Inkasso-Beitrag belief sich bei Beginn der Versicherung auf 75,00 Euro. Dementsprechend wurden nach einer im gerichtlichen Verfahren eingeholten Mitteilung der D vom 27. Juli 2015 für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis 1. September 2013 Beiträge in Höhe von jeweils 75,- Euro und in der Folgezeit bis 1. Mai 2014 jeweils 20,- Euro monatlich gezahlt. Sodann war der Vertrag bis 1. Oktober 2014 beitragsfrei gestellt. Seit 1. Oktober 2014 wird der Vertrag mit 10,- Euro monatlich fortgeführt. Den Rückkaufswert gab die D mit Schreiben vom 15. Februar 2013 mit 10 006,00 Euro an. Mit Schreiben vom 3. Juli 2015 teilte sie mit, dass die Summe der eingezahlten Beiträge 9 835 Euro und der Rückkaufswert am 1. August 2015 9 419,20 Euro betrage. Ein Verwertungsausschluss für die Zeit vor dem Eintritt in den Ruhestand konnte für die Lebensversicherung ausweislich eines Schreibens der D vom 24. Mai 2013 (seinerzeit) nicht vereinbart werden, da der Vertrag vor dem vollendeten 60. Lebensjahr der Klägerin ende.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2013 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom "16." Mai 2013 ab, da die Klägerin über verwertbares Vermögen in Höhe von 12 386,05 Euro verfüge, welches die Vermögensfreibeträge in Höhe von 6 000,00 Euro übersteige. Die Klägerin sei daher nicht hilfebedürftig. Es bestehe für "zirka acht Monate" keine Bedürftigkeit. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2013 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sich für die Klägerin aktuell ein Freibetrag in Höhe von 6 150,00 Euro ergebe, sich zusammensetzend aus einem Grundfreibetrag von 150,00 Euro je vollendetem Lebensjahr, bei der im November 1977 geborenen Klägerin also bei Antragstellung in Höhe von 5 250,00 Euro bzw. zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts von 5 400,00 Euro, sowie einem Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 Euro. Diesen Freibetrag überträfe die Klägerin bereits durch ihre - als Alterssicherung gedachte - Lebensversicherung im Wert von über 10 000,00 Euro. Dieses Vermögen hindere einen Leistungsanspruch so lange, wie es zur Verfügung stehe. Die im Ablehnungsbescheid genannte Frist ("für zirka acht Monate") stelle insofern lediglich eine Orientierung dar, heiße aber nicht etwa, dass automatisch nach Ablauf dieses Zeitraumes ein Anspruch aufleben würde. Ein Ausschluss der Verwertbarkeit des Vermögens folge auch nicht aus § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II wegen des Vorliegens einer besonderen Härte. Sofern die Klägerin in diesem Zusammenhang vortrage, dass das Vermögen der Alterssicherung dienen solle, sei zum einen darauf hinzuweisen, dass das SGB II hierfür ausdrücklich besondere, hier nicht vorliegende Anlageformen privilegiere (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 bzw. Abs. 3 Nr. 3 SGB II) und zum anderen, dass der damit abzusichernde Zeitraum noch in so weiter Ferne liege, dass eine besondere Härte zum jetzigen Zeitpunkt hieraus nicht abgeleitet werden könne. Eine Verschlechterung der gegenwärtigen Situation, insbesondere der Chancen auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, sei aufgrund des Vermögenseinsatzes zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erwarten.
Gegen diesen ihr am 20. Juni 2014 zugegangenen Gerichtsbescheid richtet sich die am 19. Juli 2014 eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin trägt vor, dass bei ihr aufgrund ihrer Gehörlosigkeit, wie sie u. a. durch die Anerkennung der Schwerbehinderung festgestellt sei, eine besondere Härte vorliege. Sie habe die fruchtlos verlaufenen unzähligen Bewerbungen um Arbeitsplätze bereits erstinstanzlich belegt. Die sprachliche Barriere erschwere das Finden einer Arbeitsstelle in dem erlernten Beruf aufs Äußerste. Bis zum heutigen Tage sei es ihr nicht gelungen, eine Arbeitsstelle in ihrem erlernten oder einem geeigneten Beruf zu finden. Es sei auch künftig davon auszugehen, dass sie allenfalls kurzzeitige Beschäftigungen finden werde. Es sei ihr nicht zuzumuten, eine Verwertung der Lebensversicherung vorzunehmen; diese diene als ihre Altersvorsorge und Altersabsicherung.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juni 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 13. Juni 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2013 zu verurteilen, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab 10. Mai 2013 bis 24. Mai 2015 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.
Ein durch das Gericht vorgeschlagener Vergleich ist seitens der Klägerin widerrufen worden.
Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte einen Neuantrag der Klägerin vom 12. Januar 2015 durch Bescheid vom 27. Mai 2015 zunächst abgelehnt, da die Klägerin über verwertbares Vermögen verfüge und daher nicht hilfebedürftig sei. Nachdem die Klägerin im Widerspruchsverfahren eine Vereinbarung über einen "Verwertungsausschluss" vom 25. Mai 2015 hinsichtlich ihres zuvor in Ansatz gebrachten Vermögens (Ende der Aufschubzeit: 01. Dezember 2037) nachgewiesen hatte, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Juli 2015 Leistungen ab diesem Tag bis einschließlich Februar 2016.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 6. August 2015 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der erstinstanzliche Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2014 und der Bescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2013 waren im zuerkannten Umfang rechtswidrig und daher abzuändern. Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum ab dem 1. Juni 2013 grundsätzlich Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.
Die Klägerin begehrt vorliegend nach ihrer ausdrücklichen Antragstellung Leistungen ab dem 10. Mai 2013. Allerdings erhielt sie im Mai 2013 noch die Gehaltszahlung für April 2013 in Höhe von 1 223,20 Euro. Da laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II), bestand aufgrund dieses Einkommens im Monat Mai 2013 keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, so dass die Berufung, soweit mit ihr Leistungen für den Monat Mai 2013 begehrt wurden, zurückzuweisen war.
Streitgegenständlich war der Zeitraum bis zum 24. Mai 2015, da der Klägerin ab dem 25. Mai 2015 durch Bescheid vom 8. Juli 2015 wieder Leistungen bewilligt worden sind, dementsprechend ist der Zeitraum auch durch die Klägerin begrenzt worden. Der Bescheid vom 8. Juli 2015 enthielt keine Aussage über den Zeitraum vor dem 25. Mai 2015, so dass sich keine Probleme im Hinblick auf seine Teilbarkeit stellen und er auch nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist. Der Bescheid vom 27. Mai 2015 wurde vorliegend nicht abgeändert, weil dieser sinngemäß bereits durch den Bescheid vom 8. Juli 2015 ersetzt worden ist.
In dem streitgegenständlichen Zeitraum bestand allerdings keine Hilfebedürftigkeit, soweit die Klägerin aufgrund des befristeten Anstellungsvertrages als Versandmitarbeiterin zur Aushilfe bei A in der Zeit vom 29. Juli 2014 bis 31. Dezember 2014 ein monatliches Gehalt in Höhe von 1 604,40 Euro brutto, zahlbar bargeldlos jeweils zur Mitte des Folgemonats, bzw. ggf. in der Folgezeit noch Leistungen nach dem SGB III erhielt. Zulässigerweise hat die Klägerin allerdings lediglich ein Grundurteil im Sinne des § 130 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über das von ihr beantragte ALG II beantragt, so dass insoweit nicht differenziert zu werden brauchte.
In der übrigen streitgegenständlichen Zeit bestand ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, weil die Klägerin die Voraussetzungen der Anspruchsnormen §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erfüllte. Insbesondere bestand auch Hilfebedürftigkeit im Sinne der § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Die Klägerin war im streitigen Zeitraum unter Beachtung dieser gesetzlichen Vorgaben hilfebedürftig, weil sie – abgesehen von den oben genannten Zeiten aufgrund einer beruflichen Tätigkeit - weder über Einkommen noch über Vermögen verfügte, aus dem sie ihren Lebensunterhalt sichern konnte.
Die Lebensversicherung der Klägerin war nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Zu Recht wurde zwar erstinstanzlich ausgeführt, dass die Lebensversicherung der Klägerin nicht bereits gemäß den insoweit in Betracht kommenden § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 oder Abs. 3 Nr. 3 oder 5 SGB II als Vermögen unberücksichtigt bleiben konnte, da deren Voraussetzungen nicht erfüllt waren; dies ist vorliegend auch nicht streitig. Zur weiteren Begründung wird diesbezüglich gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid Bezug genommen.
Für die Lebensversicherung der Klägerin waren allerdings die Voraussetzungen für die Verschonung von Vermögen gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 6, 2. Alternative SGB II erfüllt, wonach als Vermögen nicht zu berücksichtigen sind Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Das BSG (Urteil vom 15. April 2008, B 14/7 b AS 52/06 R, Rn. 32 f., zitiert nach juris) hat zum Begriff der besonderen Härte Folgendes ausgeführt:
"Bei dem Begriff der besonderen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BSG Urteil vom 8. Februar 2007 - B 7a AL 34/06 R RdNr. 13 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des 11b. Senats des BSG (Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 4) - der sich der erkennende Senat anschließt - richtet es sich nach den Umständen des Einzelfalls, ob von einer besonderen Härte i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt SGB II auszugehen ist. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung idF vom 20. Oktober 2004 (Alg II-V)) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 RdNr 87). § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II setzt daher voraus, dass die Umstände dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (etwa die Betreuungspflege bedürftiger Personen, vgl. Nachweise bei Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 12 RdNr. 55 ff; auch Behrend in jurisPK-SGB II, 2005, § 12 RdNr. 52). Nach den Gesetzesmaterialien liegt ein Härtefall iS des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt SGB II zB dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen muss, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweist (BT-Drucks 15/1749 S 32). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Beispielsfall ist mithin nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt, sondern beides nur zusammen mit der Versorgungslücke geeignet, eine besondere Härte iS des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II darzustellen. Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen.
Eine Privilegierung der Lebensversicherung des Klägers kommt auch im Rahmen des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt SGB II grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn sie tatsächlich zur Altersvorsorge bestimmt ist (vgl. oben unter 4). Insoweit und im Hinblick auf die Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II gilt hier nichts anderes als für das dort geschützte Vermögen. Von daher ist es erforderlich, dass der Hilfebedürftige das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich verwenden will und eine der Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen hat (vgl. nur BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 51/04 R - SozR 4-4220 § 6 Nr. 2; Brühl in LPK-SGB II, § 12 RdNr. 39; Spellbrink ZfS 2000, 193, 201 ff). Das LSG hat insoweit festgestellt, dass die Lebensversicherung als Vorsorge für das Alter bestimmt war. Allerdings weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass die vorzeitige Verwertung der Lebensversicherung allein keine besondere Härte darstellt. Weitere besondere Umstände iS der vorgehenden Ausführungen hat es nicht festgestellt. Dieses hat der Kläger auch nicht mit zulässigen Rügen angegriffen. So war der Kläger zum Zeitpunkt der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II erst 53 Jahre alt, stand also noch nicht kurz vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und war noch nicht ohne Chance auf weiteren Aufbau einer Alterssicherung durch Erwerbstätigkeit. Soweit der Kläger in seinem Revisionsvorbringen auf Lücken im Versicherungsverlauf der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Arbeitslosigkeit hinweist, macht er keine atypische Erwerbsbiographie geltend. Wegen solcher Lücken wird der Versicherte auf die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezugs bei Arbeitslosigkeit und den durch die gesetzlich vorgesehenen Freibeträge garantierten Mindestschutz verwiesen. Die ebenfalls vom Kläger erwähnte Schwerbehinderung wird von ihm nicht in einen Zusammenhang mit Lücken im Aufbau der Rentenanwartschaften gestellt."
Der Zweck der "Härteregelung" ist es, eine Möglichkeit zu schaffen, besondere Härtefälle angemessen zu lösen (Bundestagsdrucksache 15/1749, Seite 32). Dadurch soll - ähnlich wie gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG (jetzt § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) - dem Hilfebedürftigen ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit belassen und so ein wirtschaftlicher Ausverkauf und eine Lähmung des Selbsthilfewillens verhindert werden (zum BSHG Bundesverwaltungsgericht 23, 149, zitiert nach juris, Rdnr. 42). Der Begriff der "besonderen Härte" ist nach dem Regelungszweck und anhand der Leitvorstellung auszulegen, die den ausdrücklichen Ausnahmen von der Berücksichtigung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs. 1 ALG II-Verordnung zugrunde liegen. Eine Härte liegt demnach vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z. B. Art, Schwere, Dauer der Hilfe, das Alter, der Familienstand oder die sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seinen Angehörigen eine typische Vermögenslage zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (BSG vom 11.12.2007, a.a.O., m.w.N.).
Eine besondere Härte in diesem Sinne konnte vorliegend festgestellt werden. Dies folgt zunächst noch nicht bereits aus der Feststellung einer Schwerbehinderung an sich, da sich hieraus Rückschlüsse für das Vorliegen einer besonderen Härte nicht ziehen lassen. Auch aufgrund der Entwicklung des bisherigen Erwerbslebens der Klägerin ließ sich eine besondere Härte noch nicht feststellen. Entgegen dem vom BSG entschiedenen Fall macht die Klägerin vorliegend zwar durchaus eine "atypische Erwerbsbiografie" geltend, die sie ausdrücklich und auch ausschließlich auf ihre festgestellte Schwerbehinderung zurückführt. Dies ist angesichts der Schwere ihrer Beeinträchtigung und anhand der von ihr übermittelten Unterlagen über ihre Arbeitsplatzsuche auch ohne weiteres nachvollziehbar. Hieraus resultieren ebenfalls nachvollziehbar Lücken im Aufbau der Rentenanwartschaften. Andererseits stand die Klägerin aber in der Vergangenheit, wie oben dargestellt, wiederholt in Beschäftigungsverhältnissen. Sie selbst hat gegenüber dem Beklagten im Schreiben vom 8. Mai 2010 in anderem Zusammenhang einmal formuliert, "gehörlos und ... nicht erwerbsunfähig" zu sein, sie könne sehr wohl mehr als drei Stunden pro Tag arbeiten. Auch ist die Klägerin noch relativ jung, sie steht nicht kurz vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und ist daher noch nicht ohne Chance auf einen weiteren Aufbau einer Alterssicherung durch Erwerbstätigkeit. Insgesamt war damit derzeit noch nicht feststellbar, in welchem Ausmaß sich die Schwerbehinderung der Klägerin auf ihre Erwerbsbiographie auswirken wird und ob hierdurch der Schweregrad einer besonderen Härte erreicht wird.
Eine besondere Härte resultiert vorliegend jedoch daraus, dass die Klägerin das auf den Lebensversicherungsvertrag eingezahlte Vermögen tatsächlich zur Altersvorsorge angespart hat und dass es sich dabei ausschließlich um Geld handelt, welches ihr als Gehörlosengeld gewährt worden ist.
Ersteres folgt daraus, dass ausweislich der übermittelten Unterlagen eine Laufzeit des Vertrages bis zum 1. November 2037 vereinbart ist, also bis zu einem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin bereits fast 60 Jahre alt sein wird. Dies allein kann eine besondere Härte angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, der weitergehende Voraussetzungen für die Nichtberücksichtigung von Vermögen zur Altersvorsorge aufstellt, zwar nicht begründen. Erst in Verbindung mit dem Umstand, dass das auf den Lebensversicherungsvertrag eingezahlte Geld ausschließlich aus geleistetem Gehörlosengeld bestand und weiter besteht, würde sich jedoch ein Zwang zur Verwertung als besondere Härte darstellen.
Das BSG hat zur Anwendung der Härteregelung bei angespartem Blindengeld, welches auf der Grundlage des Gesetzes über die Hilfen für Blinde und Gehörlose (GHBG) vom 17.12.1997 des Landes Nordrhein-Westfalen gezahlt worden war (also aufgrund des Gesetzes, nach dem auch die Klägerin vor 2009 Gehörlosengeld bezog) im Rahmen der Sozialhilfe (§ 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG) ausgeführt (Urteil vom 11.12.2007, Az.: B 8/9b SO 20/06 R, zitiert nach juris.de, Rdnr. 18 f.):
"Der Zweck des Blindengeldes allein rechtfertigt es zwar noch nicht, den Einsatz oder die Verwertung des aus Blindengeld angesparten Vermögens als objektive Härte anzusehen. Hinzu kommt aber, dass das Blindengeld unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen gezahlt wird. Dieser Umstand und die Tatsache, dass es pauschal ohne Rücksicht auf einen im einzelnen Fall nachzuweisenden Bedarf gezahlt wird, lassen nämlich den Schluss zu, dass der Gesetzgeber mit dem Blindengeld nicht allein einen wirklichen und erfahrungsgemäß vorhandenen wirtschaftlichen Bedarf (typisierend) steuern, sondern mit dem Blindengeld auch Mittel zur Befriedigung laufender und immaterieller Bedürfnisse des Blinden ermöglichen wollte. Hierdurch wird dem Blinden die Gelegenheit eröffnet, sich trotz Blindheit mit seiner Umgebung vertraut zu machen, mit eigenen Mitteln Kontakt zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen. Dabei bleibt es dem Blinden überlassen, welchen blindheitsbedingten Bedarf er mit dem Blindengeld befriedigen will. Art und Umfang des Bedarfs hängen auch von seinen persönlichen Wünschen ab. Ob der Blinde das Blindengeld tatsächlich bestimmungsgemäß verwendet, ist dabei nicht zu prüfen. Darüber hinaus gibt das GHBG keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass das Blindengeld für die blindheitsbedingten Mehraufwendungen des laufenden Monats oder jedenfalls zeitnah zu solchen Aufwendungen einzusetzen ist. Angesichts der Tatsache, dass Art und Umfang des Bedarfs auch von den persönlichen Wünschen des Blinden abhängt, liegt es auf der Hand, dass eine zweckentsprechende Verwendung auch dann gegeben ist, wenn der Blinde eine Anschaffung in höherem Wert tätigt, die nicht durch das laufende Blindengeld, sondern nur durch ein Ansparen ermöglicht werden ... Das angesparte Blindengeld wird also, wenn es nicht verbraucht wird, nicht zweckneutral, sondern dient auch weiterhin dem blindheitsbedingten Mehrbedarf, dessen Art und Umfang von den persönlichen Wünschen des Betroffenen abhängt, ohne dass geprüft werden dürfte, ob es tatsächlich bestimmungsgemäß verwendet wird."
§ 88 Abs. 3 S. 1 BSHG setzte für die Nichtberücksichtigung von Vermögen insoweit zwar lediglich eine Härte, nicht jedoch eine "besondere" Härte voraus. Die vom BSG dargelegten Gründe sind aber jedenfalls in Verbindung mit der oben dargelegten Zweckbestimmung im Hinblick auf die Altersvorsorge auch geeignet, das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II zu begründen, da für die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen und daraus folgenden persönlichen Situation mit der Verwertung ihrer Lebensversicherung deutlich mehr als eine einfache Härte und als die mit einer Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte entstünden. Denn die Klägerin hat aufgrund ihrer Gehörlosigkeit und den daraus für ihre berufliche Einsetzbarkeit folgenden Einschränkungen nicht annähernd vergleichbare Möglichkeiten wie gesundheitlich nicht derart schwerstbeeinträchtigte Personen, Vermögen und/oder eine Altersversorgung wieder aufzubauen, wenn die Lebensversicherung aufgrund des zwischenzeitlichen Leistungsbezuges aufgelöst werden müsste. Hierbei handelt es sich um Umstände, die bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht vorliegen (so insgesamt und im Ergebnis ebenso im Falle eines Bezuges von Blindengeld SG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2013, Az. S 37 AS 3151/11, zitiert nach juris, Rdnr 57 ff.).
Dementsprechend hat auch das BSG die genannten zum BSHG entwickelten Grundsätze bereits ausdrücklich auf die Prüfung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II übertragen – streitig war hier Vermögen aufgrund von Schmerzensgeldzahlungen - und ausgeführt, dass Situationen anerkannt seien, in denen die Herkunft des Vermögens derart prägend sei, dass eine Verwertungspflicht als Härte anzusehen sei (BSG, Urteil vom 15. April 2008, Az. B 14/7b AS 6/07 R, zitiert nach juris, m.w.N.). Weiter hat es ausgeführt: "Die Privilegierung gilt indes nur, wenn das fragliche Vermögen tatsächlich aus einer Schmerzensgeldzahlung gemäß § 253 Abs. 2 BGB herrührt. Ob dies der Fall ist, ist eine tatsächliche Feststellung, die die jeweiligen Instanzgerichte zu treffen haben. Ein Rechtssatz, wonach der Charakter des Schmerzensgeldes (Ausgleich für immaterielle Schäden) verloren gehen könne, wenn der jeweils Betroffene dieses lediglich anspare und nicht verbrauche, ist nicht ersichtlich. Das Schmerzensgeld ist jeweils in seiner ganzen noch vorhandenen Höhe geschützt (vgl. BVerwGE 98, 256). Auch "angespartes" Schmerzensgeld ist insofern gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II privilegiert. Es liegt innerhalb der Dispositionsfreiheit des Geschädigten, wie er mit den aus einem Schadensereignis resultierenden Beträgen zum Ausgleich des immateriellen Schadens umgeht (zur vergleichbaren Wertung bei "angespartem" Blindengeld vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 20/06 R -). -)."
Diese Voraussetzungen für die Privilegierung des Vermögens der Klägerin, welches in ihrem streitigen Versicherungsvertrag angespart ist, sind vorliegend gegeben. Es steht fest, dass dieses Vermögen ausschließlich aus ihrem Gehörlosengeld stammt. Der anderslautenden Einschätzung des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 10. September 2015 ist nicht zu folgen. Die Klägerin hat vorliegend für ihre Lebensversicherung regelmäßig jedenfalls nicht mehr als den Betrag eingezahlt, den sie als Gehörlosengeld erhalten hat, nämlich bei Vertragsschluss 75,- Euro monatlich bei 77,- Euro Gehörlosengeldbezug. Später wurde der Einzahlungsbetrag reduziert, das Gehörlosengeld belief sich nach Wohnsitznahme in Berlin auf einen höheren Betrag. Dass der einzuzahlende Betrag reduziert werden musste, lässt sich ohne weiteres mit der zwischenzeitlichen wirtschaftlichen Situation der Klägerin bei Hilfebedürftigkeit und offenem Verfahren auf die Gewährung von AlG II erklären und steht der Wertung nicht entgegen, dass hier lediglich Gehörlosengeld angelegt wurde, sondern bestätigt dies. Offen bleiben kann, ob aufgrund der Leistungsaufhebung durch den nordrheinwestfälischen Träger wegen des Umzuges bereits ab Mai 2009 und der Weiterbewilligung durch den Träger in Berlin erst ab September 2009 eine Lücke im Leistungsbezug eingetreten war; auch wenn man dies aufgrund der beigebrachten Unterlagen unterstellte, wirkt sich dies dennoch vorliegend nicht entscheidungserheblich aus, weil in der Folgezeit langjährig ein deutlich höheres Gehörlosengeld bezogen wurde.
Eine andere Beurteilung gebietet sich auch nicht etwa deshalb, weil die Klägerin noch relativ jung ist und daher, wie erstinstanzlich ausgeführt wurde, der abzusichernde Zeitraum noch in weiter Ferne liege. Denn eine Altersabsicherung verlangt insbesondere dann, wenn – wie vorliegend – nur geringe monatliche Beträge erübrigt werden können, einen langjährigen Aufbau der Absicherung.
Dahinstehen kann, ob der Klägerin neben der Lebensversicherung noch die weiteren von ihr im Antrag genannten Barbeträge zur Verfügung stehen. Denn die Freibetragsgrenze des § 12 SGB II wird nicht überschritten. Der Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 SGB II betrug im Falle der Klägerin, wie erstinstanzlich dargelegt, bei Antragstellung im Mai 2013 6000,- Euro, und 6 300,00 Euro im Zeitpunkt des Endes des streitigen Leistungszeitraumes. Dieser Freibetrag wird durch die seitens der Klägerin im Antrag genannten Summen auf drei Konten auch nicht ansatzweise erreicht oder gar überschritten.
Nach alledem war der Berufung daher im tenorierten Umfang stattzugeben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Soweit für einzelne Monate keine Leistungen zu erbringen sind, führte dies nicht zur Kostenteilung, weil die Klägerin von vornherein lediglich ein Grundurteil und Leistungen "in gesetzlicher Höhe" beantragt hatte, was die Anrechnung erzielten Einkommens einschließt. Die Teilabweisung für den Teil eines Monats wirkte sich ebenfalls nicht aus.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG vorlag. Aufgrund der Entscheidung des BSG vom 15. April 2008 (a.a.O.) ist eine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtsfrage nicht mehr erkennbar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II); streitig ist eine Leistungsablehnung wegen Vermögens.
Die 1977 geborene Klägerin ist ausgebildete Mediengestalterin. Sie war vor dem streitigen Zeitraum vom 15. Dezember 2004 bis 31. August 2008, vom 4. Juli 2011 bis August 2012 und vom 20. Februar 2013 bis 22. Mai 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Bereits mit Bescheid des Versorgungsamtes Berlin vom 23. Februar 1982 waren der Klägerin nach dem Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz) eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 100 v. H. aufgrund von schweren Hörstörungen mit Sprachentwicklungsrückstand sowie die Merkzeichen "H", "G", "RF" und "B" zuerkannt worden, ferner verfügt sie über das in der Folgezeit noch eingeführte Merkzeichen "Gl" (gehörlos).
Sie bezieht seit 1. September 2009 ein Gehörlosengeld in Höhe von 121,79 Euro monatlich, bewilligt durch Bescheid des Bezirksamtes T von Berlin vom 23. Februar 2010. Zuvor war ihr jedenfalls seit 2002 in Nordrhein-Westfalen Gehörlosengeld in Höhe von 77,- Euro gewährt worden. Die Bewilligung war wegen des Umzugs der Klägerin nach Berlin mit Bescheid des Landschaftsverbandes R vom 6. August 2009 aufgehoben worden.
In der Vergangenheit hatte der Beklagte der Klägerin wiederholt Leistungen erbracht, zuletzt für die Zeit bis 31. Juli 2011. Zum 1. August 2011 war die Bewilligung wegen einer Arbeitsaufnahme bei der Firma D aufgehoben worden. Danach bestand vom 20. Februar 2013 bis zum 22. Mai 2013 ein Arbeitsverhältnis zum A. Ausweislich eines Kontoauszuges der DKB Deutsche Kreditbank AG wurde der Klägerin ihr Gehalt für April 2013 in Höhe von 1 223,20 Euro am 7. Mai 2013 ausgezahlt.
Am 10. Mai 2013 beantragte die Klägerin erneut Leistungen nach dem SGB II. Sie gab an, 2 146,54 Euro auf einem Konto bei der DKB, 485,16 Euro auf ihrem Visa Kartenkonto und 107,89 Euro bei der Comdirect zu besitzen.
Übermittelt wurden ferner Unterlagen des D Lebensversicherungsvereins a. G. über eine dort bestehende Lebensversicherung, abgeschlossen mit einem Versicherungsbeginn am 1. Dezember 2002 und einer Versicherungsdauer von 35 Jahren bis zum 1. November 2037 mit einer Abrufphase, ab welcher die Versicherung zum Jahresende kündbar ist, ab dem 1. November 2032. Der monatlich zu zahlende Inkasso-Beitrag belief sich bei Beginn der Versicherung auf 75,00 Euro. Dementsprechend wurden nach einer im gerichtlichen Verfahren eingeholten Mitteilung der D vom 27. Juli 2015 für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis 1. September 2013 Beiträge in Höhe von jeweils 75,- Euro und in der Folgezeit bis 1. Mai 2014 jeweils 20,- Euro monatlich gezahlt. Sodann war der Vertrag bis 1. Oktober 2014 beitragsfrei gestellt. Seit 1. Oktober 2014 wird der Vertrag mit 10,- Euro monatlich fortgeführt. Den Rückkaufswert gab die D mit Schreiben vom 15. Februar 2013 mit 10 006,00 Euro an. Mit Schreiben vom 3. Juli 2015 teilte sie mit, dass die Summe der eingezahlten Beiträge 9 835 Euro und der Rückkaufswert am 1. August 2015 9 419,20 Euro betrage. Ein Verwertungsausschluss für die Zeit vor dem Eintritt in den Ruhestand konnte für die Lebensversicherung ausweislich eines Schreibens der D vom 24. Mai 2013 (seinerzeit) nicht vereinbart werden, da der Vertrag vor dem vollendeten 60. Lebensjahr der Klägerin ende.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2013 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom "16." Mai 2013 ab, da die Klägerin über verwertbares Vermögen in Höhe von 12 386,05 Euro verfüge, welches die Vermögensfreibeträge in Höhe von 6 000,00 Euro übersteige. Die Klägerin sei daher nicht hilfebedürftig. Es bestehe für "zirka acht Monate" keine Bedürftigkeit. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2013 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sich für die Klägerin aktuell ein Freibetrag in Höhe von 6 150,00 Euro ergebe, sich zusammensetzend aus einem Grundfreibetrag von 150,00 Euro je vollendetem Lebensjahr, bei der im November 1977 geborenen Klägerin also bei Antragstellung in Höhe von 5 250,00 Euro bzw. zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts von 5 400,00 Euro, sowie einem Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 Euro. Diesen Freibetrag überträfe die Klägerin bereits durch ihre - als Alterssicherung gedachte - Lebensversicherung im Wert von über 10 000,00 Euro. Dieses Vermögen hindere einen Leistungsanspruch so lange, wie es zur Verfügung stehe. Die im Ablehnungsbescheid genannte Frist ("für zirka acht Monate") stelle insofern lediglich eine Orientierung dar, heiße aber nicht etwa, dass automatisch nach Ablauf dieses Zeitraumes ein Anspruch aufleben würde. Ein Ausschluss der Verwertbarkeit des Vermögens folge auch nicht aus § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II wegen des Vorliegens einer besonderen Härte. Sofern die Klägerin in diesem Zusammenhang vortrage, dass das Vermögen der Alterssicherung dienen solle, sei zum einen darauf hinzuweisen, dass das SGB II hierfür ausdrücklich besondere, hier nicht vorliegende Anlageformen privilegiere (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 bzw. Abs. 3 Nr. 3 SGB II) und zum anderen, dass der damit abzusichernde Zeitraum noch in so weiter Ferne liege, dass eine besondere Härte zum jetzigen Zeitpunkt hieraus nicht abgeleitet werden könne. Eine Verschlechterung der gegenwärtigen Situation, insbesondere der Chancen auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, sei aufgrund des Vermögenseinsatzes zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erwarten.
Gegen diesen ihr am 20. Juni 2014 zugegangenen Gerichtsbescheid richtet sich die am 19. Juli 2014 eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin trägt vor, dass bei ihr aufgrund ihrer Gehörlosigkeit, wie sie u. a. durch die Anerkennung der Schwerbehinderung festgestellt sei, eine besondere Härte vorliege. Sie habe die fruchtlos verlaufenen unzähligen Bewerbungen um Arbeitsplätze bereits erstinstanzlich belegt. Die sprachliche Barriere erschwere das Finden einer Arbeitsstelle in dem erlernten Beruf aufs Äußerste. Bis zum heutigen Tage sei es ihr nicht gelungen, eine Arbeitsstelle in ihrem erlernten oder einem geeigneten Beruf zu finden. Es sei auch künftig davon auszugehen, dass sie allenfalls kurzzeitige Beschäftigungen finden werde. Es sei ihr nicht zuzumuten, eine Verwertung der Lebensversicherung vorzunehmen; diese diene als ihre Altersvorsorge und Altersabsicherung.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juni 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 13. Juni 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2013 zu verurteilen, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab 10. Mai 2013 bis 24. Mai 2015 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.
Ein durch das Gericht vorgeschlagener Vergleich ist seitens der Klägerin widerrufen worden.
Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte einen Neuantrag der Klägerin vom 12. Januar 2015 durch Bescheid vom 27. Mai 2015 zunächst abgelehnt, da die Klägerin über verwertbares Vermögen verfüge und daher nicht hilfebedürftig sei. Nachdem die Klägerin im Widerspruchsverfahren eine Vereinbarung über einen "Verwertungsausschluss" vom 25. Mai 2015 hinsichtlich ihres zuvor in Ansatz gebrachten Vermögens (Ende der Aufschubzeit: 01. Dezember 2037) nachgewiesen hatte, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Juli 2015 Leistungen ab diesem Tag bis einschließlich Februar 2016.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 6. August 2015 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der erstinstanzliche Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2014 und der Bescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2013 waren im zuerkannten Umfang rechtswidrig und daher abzuändern. Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum ab dem 1. Juni 2013 grundsätzlich Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.
Die Klägerin begehrt vorliegend nach ihrer ausdrücklichen Antragstellung Leistungen ab dem 10. Mai 2013. Allerdings erhielt sie im Mai 2013 noch die Gehaltszahlung für April 2013 in Höhe von 1 223,20 Euro. Da laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II), bestand aufgrund dieses Einkommens im Monat Mai 2013 keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, so dass die Berufung, soweit mit ihr Leistungen für den Monat Mai 2013 begehrt wurden, zurückzuweisen war.
Streitgegenständlich war der Zeitraum bis zum 24. Mai 2015, da der Klägerin ab dem 25. Mai 2015 durch Bescheid vom 8. Juli 2015 wieder Leistungen bewilligt worden sind, dementsprechend ist der Zeitraum auch durch die Klägerin begrenzt worden. Der Bescheid vom 8. Juli 2015 enthielt keine Aussage über den Zeitraum vor dem 25. Mai 2015, so dass sich keine Probleme im Hinblick auf seine Teilbarkeit stellen und er auch nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist. Der Bescheid vom 27. Mai 2015 wurde vorliegend nicht abgeändert, weil dieser sinngemäß bereits durch den Bescheid vom 8. Juli 2015 ersetzt worden ist.
In dem streitgegenständlichen Zeitraum bestand allerdings keine Hilfebedürftigkeit, soweit die Klägerin aufgrund des befristeten Anstellungsvertrages als Versandmitarbeiterin zur Aushilfe bei A in der Zeit vom 29. Juli 2014 bis 31. Dezember 2014 ein monatliches Gehalt in Höhe von 1 604,40 Euro brutto, zahlbar bargeldlos jeweils zur Mitte des Folgemonats, bzw. ggf. in der Folgezeit noch Leistungen nach dem SGB III erhielt. Zulässigerweise hat die Klägerin allerdings lediglich ein Grundurteil im Sinne des § 130 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über das von ihr beantragte ALG II beantragt, so dass insoweit nicht differenziert zu werden brauchte.
In der übrigen streitgegenständlichen Zeit bestand ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, weil die Klägerin die Voraussetzungen der Anspruchsnormen §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erfüllte. Insbesondere bestand auch Hilfebedürftigkeit im Sinne der § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Die Klägerin war im streitigen Zeitraum unter Beachtung dieser gesetzlichen Vorgaben hilfebedürftig, weil sie – abgesehen von den oben genannten Zeiten aufgrund einer beruflichen Tätigkeit - weder über Einkommen noch über Vermögen verfügte, aus dem sie ihren Lebensunterhalt sichern konnte.
Die Lebensversicherung der Klägerin war nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Zu Recht wurde zwar erstinstanzlich ausgeführt, dass die Lebensversicherung der Klägerin nicht bereits gemäß den insoweit in Betracht kommenden § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 oder Abs. 3 Nr. 3 oder 5 SGB II als Vermögen unberücksichtigt bleiben konnte, da deren Voraussetzungen nicht erfüllt waren; dies ist vorliegend auch nicht streitig. Zur weiteren Begründung wird diesbezüglich gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid Bezug genommen.
Für die Lebensversicherung der Klägerin waren allerdings die Voraussetzungen für die Verschonung von Vermögen gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 6, 2. Alternative SGB II erfüllt, wonach als Vermögen nicht zu berücksichtigen sind Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Das BSG (Urteil vom 15. April 2008, B 14/7 b AS 52/06 R, Rn. 32 f., zitiert nach juris) hat zum Begriff der besonderen Härte Folgendes ausgeführt:
"Bei dem Begriff der besonderen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BSG Urteil vom 8. Februar 2007 - B 7a AL 34/06 R RdNr. 13 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des 11b. Senats des BSG (Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 4) - der sich der erkennende Senat anschließt - richtet es sich nach den Umständen des Einzelfalls, ob von einer besonderen Härte i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt SGB II auszugehen ist. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung idF vom 20. Oktober 2004 (Alg II-V)) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 RdNr 87). § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II setzt daher voraus, dass die Umstände dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (etwa die Betreuungspflege bedürftiger Personen, vgl. Nachweise bei Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 12 RdNr. 55 ff; auch Behrend in jurisPK-SGB II, 2005, § 12 RdNr. 52). Nach den Gesetzesmaterialien liegt ein Härtefall iS des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt SGB II zB dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen muss, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweist (BT-Drucks 15/1749 S 32). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Beispielsfall ist mithin nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt, sondern beides nur zusammen mit der Versorgungslücke geeignet, eine besondere Härte iS des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II darzustellen. Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen.
Eine Privilegierung der Lebensversicherung des Klägers kommt auch im Rahmen des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt SGB II grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn sie tatsächlich zur Altersvorsorge bestimmt ist (vgl. oben unter 4). Insoweit und im Hinblick auf die Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II gilt hier nichts anderes als für das dort geschützte Vermögen. Von daher ist es erforderlich, dass der Hilfebedürftige das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich verwenden will und eine der Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen hat (vgl. nur BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 51/04 R - SozR 4-4220 § 6 Nr. 2; Brühl in LPK-SGB II, § 12 RdNr. 39; Spellbrink ZfS 2000, 193, 201 ff). Das LSG hat insoweit festgestellt, dass die Lebensversicherung als Vorsorge für das Alter bestimmt war. Allerdings weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass die vorzeitige Verwertung der Lebensversicherung allein keine besondere Härte darstellt. Weitere besondere Umstände iS der vorgehenden Ausführungen hat es nicht festgestellt. Dieses hat der Kläger auch nicht mit zulässigen Rügen angegriffen. So war der Kläger zum Zeitpunkt der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II erst 53 Jahre alt, stand also noch nicht kurz vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und war noch nicht ohne Chance auf weiteren Aufbau einer Alterssicherung durch Erwerbstätigkeit. Soweit der Kläger in seinem Revisionsvorbringen auf Lücken im Versicherungsverlauf der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Arbeitslosigkeit hinweist, macht er keine atypische Erwerbsbiographie geltend. Wegen solcher Lücken wird der Versicherte auf die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezugs bei Arbeitslosigkeit und den durch die gesetzlich vorgesehenen Freibeträge garantierten Mindestschutz verwiesen. Die ebenfalls vom Kläger erwähnte Schwerbehinderung wird von ihm nicht in einen Zusammenhang mit Lücken im Aufbau der Rentenanwartschaften gestellt."
Der Zweck der "Härteregelung" ist es, eine Möglichkeit zu schaffen, besondere Härtefälle angemessen zu lösen (Bundestagsdrucksache 15/1749, Seite 32). Dadurch soll - ähnlich wie gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG (jetzt § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) - dem Hilfebedürftigen ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit belassen und so ein wirtschaftlicher Ausverkauf und eine Lähmung des Selbsthilfewillens verhindert werden (zum BSHG Bundesverwaltungsgericht 23, 149, zitiert nach juris, Rdnr. 42). Der Begriff der "besonderen Härte" ist nach dem Regelungszweck und anhand der Leitvorstellung auszulegen, die den ausdrücklichen Ausnahmen von der Berücksichtigung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs. 1 ALG II-Verordnung zugrunde liegen. Eine Härte liegt demnach vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z. B. Art, Schwere, Dauer der Hilfe, das Alter, der Familienstand oder die sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seinen Angehörigen eine typische Vermögenslage zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (BSG vom 11.12.2007, a.a.O., m.w.N.).
Eine besondere Härte in diesem Sinne konnte vorliegend festgestellt werden. Dies folgt zunächst noch nicht bereits aus der Feststellung einer Schwerbehinderung an sich, da sich hieraus Rückschlüsse für das Vorliegen einer besonderen Härte nicht ziehen lassen. Auch aufgrund der Entwicklung des bisherigen Erwerbslebens der Klägerin ließ sich eine besondere Härte noch nicht feststellen. Entgegen dem vom BSG entschiedenen Fall macht die Klägerin vorliegend zwar durchaus eine "atypische Erwerbsbiografie" geltend, die sie ausdrücklich und auch ausschließlich auf ihre festgestellte Schwerbehinderung zurückführt. Dies ist angesichts der Schwere ihrer Beeinträchtigung und anhand der von ihr übermittelten Unterlagen über ihre Arbeitsplatzsuche auch ohne weiteres nachvollziehbar. Hieraus resultieren ebenfalls nachvollziehbar Lücken im Aufbau der Rentenanwartschaften. Andererseits stand die Klägerin aber in der Vergangenheit, wie oben dargestellt, wiederholt in Beschäftigungsverhältnissen. Sie selbst hat gegenüber dem Beklagten im Schreiben vom 8. Mai 2010 in anderem Zusammenhang einmal formuliert, "gehörlos und ... nicht erwerbsunfähig" zu sein, sie könne sehr wohl mehr als drei Stunden pro Tag arbeiten. Auch ist die Klägerin noch relativ jung, sie steht nicht kurz vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und ist daher noch nicht ohne Chance auf einen weiteren Aufbau einer Alterssicherung durch Erwerbstätigkeit. Insgesamt war damit derzeit noch nicht feststellbar, in welchem Ausmaß sich die Schwerbehinderung der Klägerin auf ihre Erwerbsbiographie auswirken wird und ob hierdurch der Schweregrad einer besonderen Härte erreicht wird.
Eine besondere Härte resultiert vorliegend jedoch daraus, dass die Klägerin das auf den Lebensversicherungsvertrag eingezahlte Vermögen tatsächlich zur Altersvorsorge angespart hat und dass es sich dabei ausschließlich um Geld handelt, welches ihr als Gehörlosengeld gewährt worden ist.
Ersteres folgt daraus, dass ausweislich der übermittelten Unterlagen eine Laufzeit des Vertrages bis zum 1. November 2037 vereinbart ist, also bis zu einem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin bereits fast 60 Jahre alt sein wird. Dies allein kann eine besondere Härte angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, der weitergehende Voraussetzungen für die Nichtberücksichtigung von Vermögen zur Altersvorsorge aufstellt, zwar nicht begründen. Erst in Verbindung mit dem Umstand, dass das auf den Lebensversicherungsvertrag eingezahlte Geld ausschließlich aus geleistetem Gehörlosengeld bestand und weiter besteht, würde sich jedoch ein Zwang zur Verwertung als besondere Härte darstellen.
Das BSG hat zur Anwendung der Härteregelung bei angespartem Blindengeld, welches auf der Grundlage des Gesetzes über die Hilfen für Blinde und Gehörlose (GHBG) vom 17.12.1997 des Landes Nordrhein-Westfalen gezahlt worden war (also aufgrund des Gesetzes, nach dem auch die Klägerin vor 2009 Gehörlosengeld bezog) im Rahmen der Sozialhilfe (§ 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG) ausgeführt (Urteil vom 11.12.2007, Az.: B 8/9b SO 20/06 R, zitiert nach juris.de, Rdnr. 18 f.):
"Der Zweck des Blindengeldes allein rechtfertigt es zwar noch nicht, den Einsatz oder die Verwertung des aus Blindengeld angesparten Vermögens als objektive Härte anzusehen. Hinzu kommt aber, dass das Blindengeld unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen gezahlt wird. Dieser Umstand und die Tatsache, dass es pauschal ohne Rücksicht auf einen im einzelnen Fall nachzuweisenden Bedarf gezahlt wird, lassen nämlich den Schluss zu, dass der Gesetzgeber mit dem Blindengeld nicht allein einen wirklichen und erfahrungsgemäß vorhandenen wirtschaftlichen Bedarf (typisierend) steuern, sondern mit dem Blindengeld auch Mittel zur Befriedigung laufender und immaterieller Bedürfnisse des Blinden ermöglichen wollte. Hierdurch wird dem Blinden die Gelegenheit eröffnet, sich trotz Blindheit mit seiner Umgebung vertraut zu machen, mit eigenen Mitteln Kontakt zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen. Dabei bleibt es dem Blinden überlassen, welchen blindheitsbedingten Bedarf er mit dem Blindengeld befriedigen will. Art und Umfang des Bedarfs hängen auch von seinen persönlichen Wünschen ab. Ob der Blinde das Blindengeld tatsächlich bestimmungsgemäß verwendet, ist dabei nicht zu prüfen. Darüber hinaus gibt das GHBG keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass das Blindengeld für die blindheitsbedingten Mehraufwendungen des laufenden Monats oder jedenfalls zeitnah zu solchen Aufwendungen einzusetzen ist. Angesichts der Tatsache, dass Art und Umfang des Bedarfs auch von den persönlichen Wünschen des Blinden abhängt, liegt es auf der Hand, dass eine zweckentsprechende Verwendung auch dann gegeben ist, wenn der Blinde eine Anschaffung in höherem Wert tätigt, die nicht durch das laufende Blindengeld, sondern nur durch ein Ansparen ermöglicht werden ... Das angesparte Blindengeld wird also, wenn es nicht verbraucht wird, nicht zweckneutral, sondern dient auch weiterhin dem blindheitsbedingten Mehrbedarf, dessen Art und Umfang von den persönlichen Wünschen des Betroffenen abhängt, ohne dass geprüft werden dürfte, ob es tatsächlich bestimmungsgemäß verwendet wird."
§ 88 Abs. 3 S. 1 BSHG setzte für die Nichtberücksichtigung von Vermögen insoweit zwar lediglich eine Härte, nicht jedoch eine "besondere" Härte voraus. Die vom BSG dargelegten Gründe sind aber jedenfalls in Verbindung mit der oben dargelegten Zweckbestimmung im Hinblick auf die Altersvorsorge auch geeignet, das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II zu begründen, da für die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen und daraus folgenden persönlichen Situation mit der Verwertung ihrer Lebensversicherung deutlich mehr als eine einfache Härte und als die mit einer Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte entstünden. Denn die Klägerin hat aufgrund ihrer Gehörlosigkeit und den daraus für ihre berufliche Einsetzbarkeit folgenden Einschränkungen nicht annähernd vergleichbare Möglichkeiten wie gesundheitlich nicht derart schwerstbeeinträchtigte Personen, Vermögen und/oder eine Altersversorgung wieder aufzubauen, wenn die Lebensversicherung aufgrund des zwischenzeitlichen Leistungsbezuges aufgelöst werden müsste. Hierbei handelt es sich um Umstände, die bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht vorliegen (so insgesamt und im Ergebnis ebenso im Falle eines Bezuges von Blindengeld SG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2013, Az. S 37 AS 3151/11, zitiert nach juris, Rdnr 57 ff.).
Dementsprechend hat auch das BSG die genannten zum BSHG entwickelten Grundsätze bereits ausdrücklich auf die Prüfung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II übertragen – streitig war hier Vermögen aufgrund von Schmerzensgeldzahlungen - und ausgeführt, dass Situationen anerkannt seien, in denen die Herkunft des Vermögens derart prägend sei, dass eine Verwertungspflicht als Härte anzusehen sei (BSG, Urteil vom 15. April 2008, Az. B 14/7b AS 6/07 R, zitiert nach juris, m.w.N.). Weiter hat es ausgeführt: "Die Privilegierung gilt indes nur, wenn das fragliche Vermögen tatsächlich aus einer Schmerzensgeldzahlung gemäß § 253 Abs. 2 BGB herrührt. Ob dies der Fall ist, ist eine tatsächliche Feststellung, die die jeweiligen Instanzgerichte zu treffen haben. Ein Rechtssatz, wonach der Charakter des Schmerzensgeldes (Ausgleich für immaterielle Schäden) verloren gehen könne, wenn der jeweils Betroffene dieses lediglich anspare und nicht verbrauche, ist nicht ersichtlich. Das Schmerzensgeld ist jeweils in seiner ganzen noch vorhandenen Höhe geschützt (vgl. BVerwGE 98, 256). Auch "angespartes" Schmerzensgeld ist insofern gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II privilegiert. Es liegt innerhalb der Dispositionsfreiheit des Geschädigten, wie er mit den aus einem Schadensereignis resultierenden Beträgen zum Ausgleich des immateriellen Schadens umgeht (zur vergleichbaren Wertung bei "angespartem" Blindengeld vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 20/06 R -). -)."
Diese Voraussetzungen für die Privilegierung des Vermögens der Klägerin, welches in ihrem streitigen Versicherungsvertrag angespart ist, sind vorliegend gegeben. Es steht fest, dass dieses Vermögen ausschließlich aus ihrem Gehörlosengeld stammt. Der anderslautenden Einschätzung des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 10. September 2015 ist nicht zu folgen. Die Klägerin hat vorliegend für ihre Lebensversicherung regelmäßig jedenfalls nicht mehr als den Betrag eingezahlt, den sie als Gehörlosengeld erhalten hat, nämlich bei Vertragsschluss 75,- Euro monatlich bei 77,- Euro Gehörlosengeldbezug. Später wurde der Einzahlungsbetrag reduziert, das Gehörlosengeld belief sich nach Wohnsitznahme in Berlin auf einen höheren Betrag. Dass der einzuzahlende Betrag reduziert werden musste, lässt sich ohne weiteres mit der zwischenzeitlichen wirtschaftlichen Situation der Klägerin bei Hilfebedürftigkeit und offenem Verfahren auf die Gewährung von AlG II erklären und steht der Wertung nicht entgegen, dass hier lediglich Gehörlosengeld angelegt wurde, sondern bestätigt dies. Offen bleiben kann, ob aufgrund der Leistungsaufhebung durch den nordrheinwestfälischen Träger wegen des Umzuges bereits ab Mai 2009 und der Weiterbewilligung durch den Träger in Berlin erst ab September 2009 eine Lücke im Leistungsbezug eingetreten war; auch wenn man dies aufgrund der beigebrachten Unterlagen unterstellte, wirkt sich dies dennoch vorliegend nicht entscheidungserheblich aus, weil in der Folgezeit langjährig ein deutlich höheres Gehörlosengeld bezogen wurde.
Eine andere Beurteilung gebietet sich auch nicht etwa deshalb, weil die Klägerin noch relativ jung ist und daher, wie erstinstanzlich ausgeführt wurde, der abzusichernde Zeitraum noch in weiter Ferne liege. Denn eine Altersabsicherung verlangt insbesondere dann, wenn – wie vorliegend – nur geringe monatliche Beträge erübrigt werden können, einen langjährigen Aufbau der Absicherung.
Dahinstehen kann, ob der Klägerin neben der Lebensversicherung noch die weiteren von ihr im Antrag genannten Barbeträge zur Verfügung stehen. Denn die Freibetragsgrenze des § 12 SGB II wird nicht überschritten. Der Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 SGB II betrug im Falle der Klägerin, wie erstinstanzlich dargelegt, bei Antragstellung im Mai 2013 6000,- Euro, und 6 300,00 Euro im Zeitpunkt des Endes des streitigen Leistungszeitraumes. Dieser Freibetrag wird durch die seitens der Klägerin im Antrag genannten Summen auf drei Konten auch nicht ansatzweise erreicht oder gar überschritten.
Nach alledem war der Berufung daher im tenorierten Umfang stattzugeben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Soweit für einzelne Monate keine Leistungen zu erbringen sind, führte dies nicht zur Kostenteilung, weil die Klägerin von vornherein lediglich ein Grundurteil und Leistungen "in gesetzlicher Höhe" beantragt hatte, was die Anrechnung erzielten Einkommens einschließt. Die Teilabweisung für den Teil eines Monats wirkte sich ebenfalls nicht aus.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG vorlag. Aufgrund der Entscheidung des BSG vom 15. April 2008 (a.a.O.) ist eine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtsfrage nicht mehr erkennbar.
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