Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 188 R 6774/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 R 712/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 27/17 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine längere Zeit der Arbeitslosigkeit führt nicht dazu, dass auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abgestellt wird.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2015 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA).
Die im September 1961 geborene Klägerin war von Juli 1984 bis Juni 1989 als Kontoristin tätig. Von Juli 1989 bis Juni 1991 absolvierte sie eine Ausbildung zur Physiotherapeutin, die sie mit Prüfung abschloss. Von August 1991 bis Dezember 1992 absolvierte sie ein Anerkennungsjahr. Von April 1993 bis Mai 1997, von Mai 1998 bis August 1999 und von Juni 2001 bis Mai 2003 war sie als Physiotherapeutin tätig. Nach ihren Angaben endete das letzte Beschäftigungsverhältnis, weil sie lediglich als Schwangerschaftsvertretung befristet eingestellt worden war. In der Folgezeit war sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig und bewarb sich nach eigenen Angaben um Stellen als Krankengymnastin bzw. Physiotherapeutin, sie zeigte sich dabei auch zuletzt offen für eine Tätigkeit in der Anmeldung oder Verwaltung von Kliniken. Diesbezüglich verweist sie auf Bewerbungsschreiben aus den Jahren 2004 bis 2012. Daneben arbeitete die Klägerin seit 2007 stundenweise in einem Café als Kellnerin.
Am 21. Mai 2013 beantragte die Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Bundesagentur für Arbeit und führte zur Begründung aus unter einer Heberden- und Rhizarthrose in den Fingergelenken der rechten und linken Hand und einer Arthrose im Daumengrundgelenk der rechten Hand zu leiden, was Schmerzen während und nach Belastung verursache. Hierdurch seien ein sicherer Halt für geschwächte oder hinfällige Patienten, Widerstand bei muskulärem Aufbau und das Verabreichen von Massagen nicht mehr möglich. Ferner könne sie aufgrund einer Gonarthrose links nicht mehr in die Hocke gehen.
Die Bundesagentur für Arbeit gab den Antrag mit Schreiben vom 27. Mai 2013 auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) an die von ihr als zuständig erachte Beklagte ab. Beigefügt war ein Gutachten des Dr. H vom 31. März 2013, wonach als vermittlungsrelevante Gesundheitsstörungen belastungsabhängige Beschwerden nach nachgewiesenen degenerativen Veränderungen an den Fingerendgelenken beidseits sowie eine belastungsabhängige Einschränkung des linken Kniegelenkes bei degenerativer Veränderung bestünden. Die maximale körperliche Arbeitsschwere bezeichnete er als gelegentlich mittelschwer, Tätigkeiten könnten u.a. "gelegentlich gehend" oder "gelegentlich stehend" verrichtet werden. Diese Erkrankungen ließen eine Fortsetzung des erlernten Berufes als Physiotherapeutin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu. Sonstige gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten könnten allerdings noch vollschichtig, also 6 Stunden und mehr täglich verrichtet werden. Die Klägerin strebe eine Fortbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen oder auch Immobilienkauffrau an. In dem Gutachten ist ferner unter anderem ausgeführt, dass im Haushalt der Klägerin noch zwei Kinder wohnten, die Klägerin verdiene etwas in der Gastronomie dazu.
Die Klägerin übermittelte ein Attest des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie S vom 6. September 2012, der Behandlungen aufgrund der genannten Erkrankungen bestätigte, sowie Röntgenergebnisse.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil sie in der Lage sei, eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2013 zurück und führte zur Begründung aus, ein spezieller Bezugsberuf könne im Falle der Klägerin nicht mehr festgestellt werden, da ihr Berufsleben in den letzten 10 Jahren nicht von irgendeiner Tätigkeit geprägt worden sei. Bei einer seit 10 Jahren nicht mehr ausgeübten Tätigkeit lägen verwertbare Fähigkeiten nicht mehr vor. Der Bezugsberuf sei folglich der allgemeine Arbeitsmarkt. Auf diesem sei sie einsatzfähig.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, nämlich des Facharztes für Innere Medizin Dr. B vom 19. Mai 2014, der unter anderem eine Gelenkarthrose der Finger bestätigte, sowie des Arztes für Innere Medizin S vom 3. Juni 2014, und den Entlassungsbericht der Inselklinik S über eine dortige stationäre Heilbehandlung in der Zeit vom 11. September bis 2. Oktober 2013 beigezogen mit der Hauptdiagnose psychophysischer Erschöpfungszustand mit depressiven Anteilen und der Nebendiagnose Infektanfälligkeit.
Mit Urteil vom 31. Juli 2015 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin auf der Grundlage des § 10 Abs. 1 SGB VI, dessen Voraussetzungen einer vollen gerichtlichen Kontrolle unterlägen, einen Anspruch auf Neubescheidung hinsichtlich ihres Antrages auf Leistungen zur Teilhabe habe. Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe hätten Versicherte erfüllt, wenn ihre Erwerbsfähigkeit krankheits- oder behinderungsbedingt erheblich gefährdet oder gemindert sei. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit sei nur auf die bisherige Tätigkeit abzustellen. Diese sei nicht mit dem bisherigen Beruf im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI identisch. Leistungen zur Teilhabe könnten daher nicht mit der Begründung verweigert werden, die Erwerbsfähigkeit sei zwar für die bisherige Tätigkeit, nicht aber für Verweisungstätigkeiten im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI gefährdet oder eingeschränkt. Abzustellen sei grundsätzlich auf den zuletzt ausgeübten Beruf, berufliche Tätigkeiten der letzten Jahre, wenn auch nicht aus allzu lange zurückliegender Zeit, seien aber einzubeziehen. Maßgebend sei, ob der Versicherte den typischen Anforderungen dieses Berufes noch nachkommen könne. Das Gericht schließe sich der Auffassung des Sozialgerichts Karlsruhe in seiner Entscheidung vom 13. März 2013 (Aktenzeichen S 16 R 3178/12) und des Sozialgerichts Stralsund in seiner Entscheidung vom 20. März 2014 (Aktenzeichen S 1 R 342/13) an. Zeiten der Arbeitslosigkeit änderten nichts am Bezugsberuf. Zugrunde zu legen sei bei der Klägerin daher ihr bisheriger Beruf als Physiotherapeutin. Die Fortsetzung dieses Berufes sei der Klägerin wegen der bei ihr bestehenden Arthrosen, die sich aus dem Gutachten der Agentur für Arbeit vom 31. März 2013 und den eingeholten Befundberichten ergäben, nicht mehr auszuüben. Die Beklagte habe folglich den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hinsichtlich der Gefährdung/Minderung der Erwerbsfähigkeit anhand des Bezugsberufes Physiotherapeutin erneut zu prüfen.
Gegen dieses ihr am 20. August 2015 zugegangene Urteil richtet sich die am 11. September 2015 eingegangene Berufung der Beklagten, die ausführt, dass das Rehabilitationsrecht geprägt sei durch die Kompensation behinderungsbedingter Erwerbsgefährdung. Der Aspekt der gesundheitlichen Beeinträchtigung könne jedoch nicht nur isoliert betrachtet werden. Auch der Grund für das Ausscheiden aus dem Berufsleben müsse beachtlich sein. Reha-Leistungen sollten nur das Risiko ausgleichen, dass jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr seinen Lebensunterhalt aus seiner bisherigen Tätigkeit erzielen könne. Die Klägerin sei ungefähr 10 Jahre lang an der Ausübung des angestrebten Berufes gehindert gewesen, ohne dass dies durch gesundheitliche Gründe verursacht worden sei. Seit Verlust des letzten Arbeitsplatzes Mai 2003 seien ihre Bewerbungsbemühungen, um als Physiotherapeutin zu arbeiten, erfolglos gewesen. Hier habe sich ein Vermittlungsrisiko verwirklicht, welches mit Instrumenten der Arbeitsförderung zu beseitigen sei. Verwiesen werde auf das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen (Urteil vom 7. Januar 2014, Aktenzeichen L 5 R 626/12). Bei einer langjährigen Unterbrechung der Erwerbstätigkeit beruhe die Beeinträchtigung der Erwerbstätigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig auf dem darauf zurückzuführenden Verlust von Kenntnissen und Fähigkeiten und damit der Konkurrenzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bzw. gehe damit einher. Dieses Risiko sei nicht vom Rehabilitationsträger zu tragen, sondern ihm habe die Arbeitsverwaltung mit geeigneten Instrumenten entgegenzuwirken. Den Auftrag des Rentenversicherungsträgers definiere § 9 SGB VI, die Eingangsvoraussetzungen für einen Rehabilitationsanspruch beschreibe § 10 SGB VI. Beide Normen hätten bei der vom SG vorgenommenen Auslegung keine kausale Bedeutung mehr, wenn der vorliegend unstreitige Gesichtspunkt der erfolglosen Eingliederung aufgrund arbeitsmarktlicher Hindernisse über einen Zeitraum von ungefähr 10 Jahren, also die Nichtausübung des Berufes ohne Vorliegen gesundheitlicher Einschränkungen, überhaupt keine Rolle mehr für die Feststellung eines Rehabilitationsbedarfes spielen solle. Abzustellen sei daher auf die im Verlauf der letzten ca. 10 Jahre ausgeübten Tätigkeiten und auf die Tätigkeit, die dem Berufsleben zuletzt das Gepräge gegeben habe und aus der der Versicherte unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalles voraussichtlich weiterhin seinen Lebensunterhalt bestreiten würde. Unter Zugrundelegung der beruflichen Vita der Klägerin käme nur die Festlegung des allgemeinen Arbeitsmarktes als Bezugsberuf in Frage, da ihr Berufsleben bereits seit 2003 nicht mehr von einer Tätigkeit geprägt worden sei und seitdem auch keine auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig verwertbaren Fähigkeiten mehr erworben worden seien. Dieser Bezugsberuf könne nach sozialmedizinscher Einschätzung weiterhin ausgeübt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist weiter der Ansicht, dass maßgebender Bezugsberuf bei ihr der einer Physiotherapeutin sei, diesen könne sie krankheitsbedingt nicht mehr ausüben. Weiter verweist die Klägerin auf ein Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Dezember 2015 (Aktenzeichen L 8 R 1033/14, zitiert nach juris). Für die Auffassung der Beklagten, dass nur berufliche Tätigkeiten aus nicht all zu lange zurückliegender Zeit zu berücksichtigen seien, fehle es an jeglicher gesetzlichen Grundlage. Eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt komme nicht in Betracht. Der Bezugsberuf bleibe auch nur dann maßgeblich, wenn der Versicherte langjährig arbeitslos gewesen sei. Selbst wenn sich ein Bezugsberuf nicht feststellen ließe, wäre der Rehabilitationsbedarf anhand des Werdeganges, der sich hieraus ergebenden Eignung und den Neigungen des Versicherten zu bestimmen, auch in diesem Fall dürfte also nicht schlicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Sie sei zuletzt als Physiotherapeutin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die Frage der rehabilitationsrechtlichen Erwerbsfähigkeit sei ausgehend von dieser Tätigkeit zu beurteilen. Sie habe sich auch in der Folgezeit ihrer Arbeitslosigkeit nicht von dem Beruf der Physiotherapeutin gelöst, wie die von ihr in den Jahren 2004 bis 2012 getätigten Bewerbungen belegten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2015 ist rechtmäßig. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2013 ist hingegen nicht rechtmäßig und daher zu Recht durch das erstinstanzliche Urteil aufgehoben worden. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes.
Rechtsgrundlagen des klägerischen Anspruches sind die § 9 Abs. 1 und 2, §§ 10, 11, 16 SGB VI i. V. m. § 33 SGB IX. Die Zuständigkeit der Beklagten folgt vorliegend bereits aus der Weiterleitung durch die erstangegangene Bundesagentur für Arbeit (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Gemäß § 9 Abs. 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung u. a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um 1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und 2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern. Erforderlich ist nach § 9 Abs. 2 SGB VI, dass die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die persönlichen Voraussetzungen für die LTA sind in § 10 Abs. 1 SGB VI normiert. Danach haben u. a. Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, oder b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann.
Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin erfüllt. Ihre Erwerbsfähigkeit ist gemindert, weil sie ihren Beruf als Physiotherapeutin nicht mehr ausüben kann. Dies steht fest auf Grund der gutachterlichen Feststellungen des Dr. H in dessen Gutachten vom 31. März 2013 in Verbindung mit dem radiologischen Befund der Dr. K vom 24. April 2012, wonach die Klägerin an einer ausgeprägten Heberden-Arthrose, einer geringen Arthrose im PIP sowie ferner einer Rhizarthrose rechts leidet, so dass ihr die Ausübung ihres Berufes als Physiotherapeutin nicht mehr möglich ist. Diese auch durch den behandelnden Arzt S bestätigten Einschränkungen im Hinblick auf die Ausübung des Berufs als Physiotherapeutin sind auch durch die Beklagte nicht in Frage gestellt worden. Aufgrund dieser Einschränkungen für den Beruf der Physiotherapeutin ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Sinne der oben zitierten Vorschriften gemindert.
Erwerbsfähigkeit ist die Fähigkeit zur Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen Umfang. Eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf oder seine Tätigkeit auszuüben. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ist nur auf die bisherige Tätigkeit abzustellen. Diese ist mit dem bisherigen Beruf im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI nicht identisch. Die Kriterien, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind, sind nicht anwendbar. Für die Frage, ob – als Voraussetzung für die Bewilligung von Leistungen zur Rehabilitation – die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist, ist die Erwerbsfähigkeit daher nicht unter Berücksichtigung der Tätigkeiten, die ihm im Rahmen der Prüfung eines Anspruches auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zugemutet werden können, abzustellen. Vielmehr ist insoweit auf den bisherigen Beruf oder die bisherige Tätigkeit des Versicherten abzustellen; es genügt eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit in diesem bisherigen Beruf. Leistungen zur Teilhabe können daher nicht mit der Begründung verweigert werden, die Erwerbsfähigkeit sei zwar für die bisherige Tätigkeit, nicht aber für Verweisungstätigkeiten im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI gefährdet oder eingeschränkt (BSG, Urteil vom 11. Mai 2011, Az. B 5 R 54/10 R, Rdnr. 46, Urteil vom 14. März 1979, Aktenzeichen 1 RA 43/78, Rdnr. 20, m.w.N., Urteil vom 31. Januar 1980, Az. 11 RA 8/79, Urteil vom 29. März 2006, Az. B 13 RJ 37/05 R, Rdnr 15, Urteil vom 17. Oktober 2006, Az. B 5 RJ 15/05 R, hier und im Folgenden jeweils zitiert nach juris, Günniker in Hauck/Haines, SB VI, § 10 Rdnr. 4, Kater in Kasseler Kommentar, § 10 SGB VI Rdnr. 3 a f., m.w.N.).
Nichts anderes gilt nach Ablauf einer bestimmten Zeit, in der dieser Beruf nicht ausgeübt wurde. Insbesondere führt eine längere Zeit der Arbeitslosigkeit nicht dazu, dass kein Berufsbezug mehr gegeben ist und immer sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als "Bezugsberuf" gelten (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2015, Az. L 8 R 1033/14, SG Stralsund, Gerichtsbescheid vom 20. März 2014, Az. S 1 R 342/13). Für eine zeitliche Begrenzung, nach der nicht mehr auf einen zuvor ausgeübten Beruf oder eine zuvor ausgeübte Tätigkeit abgestellt werden kann, ist ein Anknüpfungspunkt im Gesetz nicht zu finden. Auch den höchstrichterlichen Urteilen lässt sich hierzu nichts entnehmen. Dies gilt auch für die BSG-Entscheidung vom 31. Januar 1980, auf die die Beklagte wiederholt verweist. Hier ist ausgeführt (Rdnr 20): "Was im weiteren die ebenfalls angemessen zu berücksichtigende bisherige Tätigkeit der Klägerin betrifft, so ist damit nicht die letzte Tätigkeit und nicht überhaupt nur eine bisherige Tätigkeit gemeint; vielmehr sind die beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren, wenn auch nicht aus allzu lange zurückliegender Zeit, in die Betrachtung einzubeziehen. Die bisherige Tätigkeit im Sinne des § 14a Abs. 2 Satz 2 AVG ist nicht identisch mit dem bisherigen Beruf im Sinne des § 23 AVG; die Rechtsprechung hat es schon früher abgelehnt, Grundsätze, die zu § 23 AVG entwickelt worden sind, unbesehen in den Bereich der beruflichen Rehabilitation zu übernehmen (vgl. SozR Nr. 4 zu § 1236 RVO). Schon aus diesem Grunde kann als bisherige Tätigkeit nicht allein die einer Heilerziehungspflegehelferin angesehen werden; bei der Bewertung dieser Tätigkeit ist im übrigen mitzubedenken, dass sie von der Klägerin nur verhältnismäßig kurze Zeit und zudem im Rahmen von letztlich erfolglosen Eingliederungsbemühungen ausgeübt worden ist." Dies stützt die Auffassung der Beklagten nicht. Zunächst einmal ging es bei diesen Ausführungen nicht um die Frage des Bezugsberufes, denn die allgemeinen Voraussetzungen für berufsfördernde Leistungen wurden ausdrücklich als erfüllt erachtet, sondern lediglich noch um die Auswahl der zu gewährenden Leistung, bei der nach § 14 a Abs. 2 Satz 2 AVG "Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit" angemessen zu berücksichtigen waren, wie dies heute in § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX bestimmt ist. Hierfür sollte nach Auffassung des BSG gerade nicht lediglich auf die zeitnächste Tätigkeit abgestellt werden, sondern, da diese nicht sehr lange ausgeübt worden war, auch auf davor liegende Tätigkeiten. Dies stützt die im vorliegenden Fall vertretene Auffassung der Beklagten gerade nicht, die für die Frage des Bezugsberufes nur – relativ - zeitnahe Tätigkeiten berücksichtigen will (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2015, a.a.O., Rdnr. 40).
Den Ausführungen des LSG Sachsen in dessen Urteil vom 7. Januar 2014 ( Az. L 5 R 626/12, Rdnr. 19 zitiert nach juris), auf die sich die Beklagte bezieht, kann jedenfalls im Hinblick auf die vertretene Regelhaftigkeit der Kausalität der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit bei langjähriger Arbeitslosigkeit nicht gefolgt werden (so bereits LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Argumentiert wird, dass nach einer langen Dauer der Arbeitslosigkeit Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig auf dem Verlust von Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnissen beruhten, die zwangsläufig mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess und der Arbeitsentwöhnung als solcher verbunden sind. Dieses Risiko, nämlich den durch das Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess eingetretenen Verlust von Kernkompetenzen und Qualifikationen im längere Zeit nicht mehr ausgeübten Beruf auszugleichen, sei aber nicht von der Rentenversicherung abgedeckt. Dem kann so pauschal nicht gefolgt werden. Eine derartige Kausalität ist denkbar in Branchen, in denen es erhebliche Veränderungen in den Arbeitsanforderungen gegeben hat, wie dies z. B. im IT-Bereich oder in bestimmten technischen Berufen der Fall sein mag. Für den Beruf des Physiotherapeuten erschließt sich nicht, worin diese Veränderungen liegen sollten und welche Kernkompetenzen hier durch Zeitablauf verloren gehen sollten. Auch trifft der Aspekt einer langjährigen Arbeitsentwöhnung jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden nicht zu, in dem Kinder im Haushalt betreut worden sind und zudem nebenher eine – wenn auch nur geringfügige - Tätigkeit regelmäßig ausgeübt worden ist. Vorliegend jedenfalls kann die maßgebende Tätigkeit einer Physiotherapeutin auf Grund der Erkrankung der Klägerin nicht mehr ausgeübt werden, während andere Aspekte jedenfalls deutlich in den Hintergrund treten.
Soweit die Beklagte wiederholt betont, dass klare Kriterien für eine Festlegung des Bezugsberufes von Vorteil seien, ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht für sich genommen die Einführung der von ihr gewünschten zeitlichen Grenze rechtfertigen kann und dass Klarheit auch mit der vorliegend vertretenen Auffassung durchaus erreicht wird.
Auf die von der Klägerin geringfügig ausgeübte Tätigkeit in der Gastronomie kam es nach allem vorliegend nicht entscheidungserheblich an. Abgesehen davon jedoch ist der Klägerin auch eine Ganztags-Tätigkeit in der Gastronomie, die überwiegend gehend und stehend zu verrichten ist, nicht mehr möglich. Denn nach Dr. H kann die Klägerin lediglich noch Tätigkeiten ausüben, bei denen sie "gelegentlich" gehend oder "gelegentlich" stehend arbeiten muss, was angesichts der u. a. durch Dr. S bestätigten Gonarthrose im linken Kniegelenk nachvollziehbar ist.
Auch die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung sind gegeben. Insbesondere bestehen aufgrund der gutachterlichen Feststellungen des Dr. H über das verbliebene Restleistungsvermögen der Klägerin keine Zweifel an ihrer Rehabilitationsfähigkeit, also daran, dass ihre verminderte Erwerbsfähigkeit durch LTA voraussichtlich wiederhergestellt werden kann. Auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI sind erfüllt. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen, denen sich das Gericht anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Nach alledem war die Berufung der Beklagten daher zurückzuweisen.
Die Beklagte ist daher nunmehr verpflichtet, unter Beteiligung der Klägerin und in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens aus dem umfangreichen Katalog von in Betracht kommenden Maßnahmen eine geeignete Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben auszuwählen und zu gewähren (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006, a.a.O., Rdnr. 34). Hinsichtlich des "Wie" der Leistung zur Teilhabe, also deren Auswahl, liegt die Gewährung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten. Bei der Auswahl zu berücksichtigen sind dabei gemäß § 33 Abs. 4 SGB IX Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit der Klägerin.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG lagen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA).
Die im September 1961 geborene Klägerin war von Juli 1984 bis Juni 1989 als Kontoristin tätig. Von Juli 1989 bis Juni 1991 absolvierte sie eine Ausbildung zur Physiotherapeutin, die sie mit Prüfung abschloss. Von August 1991 bis Dezember 1992 absolvierte sie ein Anerkennungsjahr. Von April 1993 bis Mai 1997, von Mai 1998 bis August 1999 und von Juni 2001 bis Mai 2003 war sie als Physiotherapeutin tätig. Nach ihren Angaben endete das letzte Beschäftigungsverhältnis, weil sie lediglich als Schwangerschaftsvertretung befristet eingestellt worden war. In der Folgezeit war sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig und bewarb sich nach eigenen Angaben um Stellen als Krankengymnastin bzw. Physiotherapeutin, sie zeigte sich dabei auch zuletzt offen für eine Tätigkeit in der Anmeldung oder Verwaltung von Kliniken. Diesbezüglich verweist sie auf Bewerbungsschreiben aus den Jahren 2004 bis 2012. Daneben arbeitete die Klägerin seit 2007 stundenweise in einem Café als Kellnerin.
Am 21. Mai 2013 beantragte die Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Bundesagentur für Arbeit und führte zur Begründung aus unter einer Heberden- und Rhizarthrose in den Fingergelenken der rechten und linken Hand und einer Arthrose im Daumengrundgelenk der rechten Hand zu leiden, was Schmerzen während und nach Belastung verursache. Hierdurch seien ein sicherer Halt für geschwächte oder hinfällige Patienten, Widerstand bei muskulärem Aufbau und das Verabreichen von Massagen nicht mehr möglich. Ferner könne sie aufgrund einer Gonarthrose links nicht mehr in die Hocke gehen.
Die Bundesagentur für Arbeit gab den Antrag mit Schreiben vom 27. Mai 2013 auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) an die von ihr als zuständig erachte Beklagte ab. Beigefügt war ein Gutachten des Dr. H vom 31. März 2013, wonach als vermittlungsrelevante Gesundheitsstörungen belastungsabhängige Beschwerden nach nachgewiesenen degenerativen Veränderungen an den Fingerendgelenken beidseits sowie eine belastungsabhängige Einschränkung des linken Kniegelenkes bei degenerativer Veränderung bestünden. Die maximale körperliche Arbeitsschwere bezeichnete er als gelegentlich mittelschwer, Tätigkeiten könnten u.a. "gelegentlich gehend" oder "gelegentlich stehend" verrichtet werden. Diese Erkrankungen ließen eine Fortsetzung des erlernten Berufes als Physiotherapeutin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu. Sonstige gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten könnten allerdings noch vollschichtig, also 6 Stunden und mehr täglich verrichtet werden. Die Klägerin strebe eine Fortbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen oder auch Immobilienkauffrau an. In dem Gutachten ist ferner unter anderem ausgeführt, dass im Haushalt der Klägerin noch zwei Kinder wohnten, die Klägerin verdiene etwas in der Gastronomie dazu.
Die Klägerin übermittelte ein Attest des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie S vom 6. September 2012, der Behandlungen aufgrund der genannten Erkrankungen bestätigte, sowie Röntgenergebnisse.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil sie in der Lage sei, eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2013 zurück und führte zur Begründung aus, ein spezieller Bezugsberuf könne im Falle der Klägerin nicht mehr festgestellt werden, da ihr Berufsleben in den letzten 10 Jahren nicht von irgendeiner Tätigkeit geprägt worden sei. Bei einer seit 10 Jahren nicht mehr ausgeübten Tätigkeit lägen verwertbare Fähigkeiten nicht mehr vor. Der Bezugsberuf sei folglich der allgemeine Arbeitsmarkt. Auf diesem sei sie einsatzfähig.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, nämlich des Facharztes für Innere Medizin Dr. B vom 19. Mai 2014, der unter anderem eine Gelenkarthrose der Finger bestätigte, sowie des Arztes für Innere Medizin S vom 3. Juni 2014, und den Entlassungsbericht der Inselklinik S über eine dortige stationäre Heilbehandlung in der Zeit vom 11. September bis 2. Oktober 2013 beigezogen mit der Hauptdiagnose psychophysischer Erschöpfungszustand mit depressiven Anteilen und der Nebendiagnose Infektanfälligkeit.
Mit Urteil vom 31. Juli 2015 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin auf der Grundlage des § 10 Abs. 1 SGB VI, dessen Voraussetzungen einer vollen gerichtlichen Kontrolle unterlägen, einen Anspruch auf Neubescheidung hinsichtlich ihres Antrages auf Leistungen zur Teilhabe habe. Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe hätten Versicherte erfüllt, wenn ihre Erwerbsfähigkeit krankheits- oder behinderungsbedingt erheblich gefährdet oder gemindert sei. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit sei nur auf die bisherige Tätigkeit abzustellen. Diese sei nicht mit dem bisherigen Beruf im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI identisch. Leistungen zur Teilhabe könnten daher nicht mit der Begründung verweigert werden, die Erwerbsfähigkeit sei zwar für die bisherige Tätigkeit, nicht aber für Verweisungstätigkeiten im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI gefährdet oder eingeschränkt. Abzustellen sei grundsätzlich auf den zuletzt ausgeübten Beruf, berufliche Tätigkeiten der letzten Jahre, wenn auch nicht aus allzu lange zurückliegender Zeit, seien aber einzubeziehen. Maßgebend sei, ob der Versicherte den typischen Anforderungen dieses Berufes noch nachkommen könne. Das Gericht schließe sich der Auffassung des Sozialgerichts Karlsruhe in seiner Entscheidung vom 13. März 2013 (Aktenzeichen S 16 R 3178/12) und des Sozialgerichts Stralsund in seiner Entscheidung vom 20. März 2014 (Aktenzeichen S 1 R 342/13) an. Zeiten der Arbeitslosigkeit änderten nichts am Bezugsberuf. Zugrunde zu legen sei bei der Klägerin daher ihr bisheriger Beruf als Physiotherapeutin. Die Fortsetzung dieses Berufes sei der Klägerin wegen der bei ihr bestehenden Arthrosen, die sich aus dem Gutachten der Agentur für Arbeit vom 31. März 2013 und den eingeholten Befundberichten ergäben, nicht mehr auszuüben. Die Beklagte habe folglich den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hinsichtlich der Gefährdung/Minderung der Erwerbsfähigkeit anhand des Bezugsberufes Physiotherapeutin erneut zu prüfen.
Gegen dieses ihr am 20. August 2015 zugegangene Urteil richtet sich die am 11. September 2015 eingegangene Berufung der Beklagten, die ausführt, dass das Rehabilitationsrecht geprägt sei durch die Kompensation behinderungsbedingter Erwerbsgefährdung. Der Aspekt der gesundheitlichen Beeinträchtigung könne jedoch nicht nur isoliert betrachtet werden. Auch der Grund für das Ausscheiden aus dem Berufsleben müsse beachtlich sein. Reha-Leistungen sollten nur das Risiko ausgleichen, dass jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr seinen Lebensunterhalt aus seiner bisherigen Tätigkeit erzielen könne. Die Klägerin sei ungefähr 10 Jahre lang an der Ausübung des angestrebten Berufes gehindert gewesen, ohne dass dies durch gesundheitliche Gründe verursacht worden sei. Seit Verlust des letzten Arbeitsplatzes Mai 2003 seien ihre Bewerbungsbemühungen, um als Physiotherapeutin zu arbeiten, erfolglos gewesen. Hier habe sich ein Vermittlungsrisiko verwirklicht, welches mit Instrumenten der Arbeitsförderung zu beseitigen sei. Verwiesen werde auf das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen (Urteil vom 7. Januar 2014, Aktenzeichen L 5 R 626/12). Bei einer langjährigen Unterbrechung der Erwerbstätigkeit beruhe die Beeinträchtigung der Erwerbstätigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig auf dem darauf zurückzuführenden Verlust von Kenntnissen und Fähigkeiten und damit der Konkurrenzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bzw. gehe damit einher. Dieses Risiko sei nicht vom Rehabilitationsträger zu tragen, sondern ihm habe die Arbeitsverwaltung mit geeigneten Instrumenten entgegenzuwirken. Den Auftrag des Rentenversicherungsträgers definiere § 9 SGB VI, die Eingangsvoraussetzungen für einen Rehabilitationsanspruch beschreibe § 10 SGB VI. Beide Normen hätten bei der vom SG vorgenommenen Auslegung keine kausale Bedeutung mehr, wenn der vorliegend unstreitige Gesichtspunkt der erfolglosen Eingliederung aufgrund arbeitsmarktlicher Hindernisse über einen Zeitraum von ungefähr 10 Jahren, also die Nichtausübung des Berufes ohne Vorliegen gesundheitlicher Einschränkungen, überhaupt keine Rolle mehr für die Feststellung eines Rehabilitationsbedarfes spielen solle. Abzustellen sei daher auf die im Verlauf der letzten ca. 10 Jahre ausgeübten Tätigkeiten und auf die Tätigkeit, die dem Berufsleben zuletzt das Gepräge gegeben habe und aus der der Versicherte unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalles voraussichtlich weiterhin seinen Lebensunterhalt bestreiten würde. Unter Zugrundelegung der beruflichen Vita der Klägerin käme nur die Festlegung des allgemeinen Arbeitsmarktes als Bezugsberuf in Frage, da ihr Berufsleben bereits seit 2003 nicht mehr von einer Tätigkeit geprägt worden sei und seitdem auch keine auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig verwertbaren Fähigkeiten mehr erworben worden seien. Dieser Bezugsberuf könne nach sozialmedizinscher Einschätzung weiterhin ausgeübt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist weiter der Ansicht, dass maßgebender Bezugsberuf bei ihr der einer Physiotherapeutin sei, diesen könne sie krankheitsbedingt nicht mehr ausüben. Weiter verweist die Klägerin auf ein Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Dezember 2015 (Aktenzeichen L 8 R 1033/14, zitiert nach juris). Für die Auffassung der Beklagten, dass nur berufliche Tätigkeiten aus nicht all zu lange zurückliegender Zeit zu berücksichtigen seien, fehle es an jeglicher gesetzlichen Grundlage. Eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt komme nicht in Betracht. Der Bezugsberuf bleibe auch nur dann maßgeblich, wenn der Versicherte langjährig arbeitslos gewesen sei. Selbst wenn sich ein Bezugsberuf nicht feststellen ließe, wäre der Rehabilitationsbedarf anhand des Werdeganges, der sich hieraus ergebenden Eignung und den Neigungen des Versicherten zu bestimmen, auch in diesem Fall dürfte also nicht schlicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Sie sei zuletzt als Physiotherapeutin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die Frage der rehabilitationsrechtlichen Erwerbsfähigkeit sei ausgehend von dieser Tätigkeit zu beurteilen. Sie habe sich auch in der Folgezeit ihrer Arbeitslosigkeit nicht von dem Beruf der Physiotherapeutin gelöst, wie die von ihr in den Jahren 2004 bis 2012 getätigten Bewerbungen belegten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2015 ist rechtmäßig. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2013 ist hingegen nicht rechtmäßig und daher zu Recht durch das erstinstanzliche Urteil aufgehoben worden. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes.
Rechtsgrundlagen des klägerischen Anspruches sind die § 9 Abs. 1 und 2, §§ 10, 11, 16 SGB VI i. V. m. § 33 SGB IX. Die Zuständigkeit der Beklagten folgt vorliegend bereits aus der Weiterleitung durch die erstangegangene Bundesagentur für Arbeit (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Gemäß § 9 Abs. 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung u. a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um 1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und 2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern. Erforderlich ist nach § 9 Abs. 2 SGB VI, dass die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die persönlichen Voraussetzungen für die LTA sind in § 10 Abs. 1 SGB VI normiert. Danach haben u. a. Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, oder b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann.
Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin erfüllt. Ihre Erwerbsfähigkeit ist gemindert, weil sie ihren Beruf als Physiotherapeutin nicht mehr ausüben kann. Dies steht fest auf Grund der gutachterlichen Feststellungen des Dr. H in dessen Gutachten vom 31. März 2013 in Verbindung mit dem radiologischen Befund der Dr. K vom 24. April 2012, wonach die Klägerin an einer ausgeprägten Heberden-Arthrose, einer geringen Arthrose im PIP sowie ferner einer Rhizarthrose rechts leidet, so dass ihr die Ausübung ihres Berufes als Physiotherapeutin nicht mehr möglich ist. Diese auch durch den behandelnden Arzt S bestätigten Einschränkungen im Hinblick auf die Ausübung des Berufs als Physiotherapeutin sind auch durch die Beklagte nicht in Frage gestellt worden. Aufgrund dieser Einschränkungen für den Beruf der Physiotherapeutin ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Sinne der oben zitierten Vorschriften gemindert.
Erwerbsfähigkeit ist die Fähigkeit zur Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen Umfang. Eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf oder seine Tätigkeit auszuüben. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ist nur auf die bisherige Tätigkeit abzustellen. Diese ist mit dem bisherigen Beruf im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI nicht identisch. Die Kriterien, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind, sind nicht anwendbar. Für die Frage, ob – als Voraussetzung für die Bewilligung von Leistungen zur Rehabilitation – die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist, ist die Erwerbsfähigkeit daher nicht unter Berücksichtigung der Tätigkeiten, die ihm im Rahmen der Prüfung eines Anspruches auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zugemutet werden können, abzustellen. Vielmehr ist insoweit auf den bisherigen Beruf oder die bisherige Tätigkeit des Versicherten abzustellen; es genügt eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit in diesem bisherigen Beruf. Leistungen zur Teilhabe können daher nicht mit der Begründung verweigert werden, die Erwerbsfähigkeit sei zwar für die bisherige Tätigkeit, nicht aber für Verweisungstätigkeiten im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI gefährdet oder eingeschränkt (BSG, Urteil vom 11. Mai 2011, Az. B 5 R 54/10 R, Rdnr. 46, Urteil vom 14. März 1979, Aktenzeichen 1 RA 43/78, Rdnr. 20, m.w.N., Urteil vom 31. Januar 1980, Az. 11 RA 8/79, Urteil vom 29. März 2006, Az. B 13 RJ 37/05 R, Rdnr 15, Urteil vom 17. Oktober 2006, Az. B 5 RJ 15/05 R, hier und im Folgenden jeweils zitiert nach juris, Günniker in Hauck/Haines, SB VI, § 10 Rdnr. 4, Kater in Kasseler Kommentar, § 10 SGB VI Rdnr. 3 a f., m.w.N.).
Nichts anderes gilt nach Ablauf einer bestimmten Zeit, in der dieser Beruf nicht ausgeübt wurde. Insbesondere führt eine längere Zeit der Arbeitslosigkeit nicht dazu, dass kein Berufsbezug mehr gegeben ist und immer sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als "Bezugsberuf" gelten (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2015, Az. L 8 R 1033/14, SG Stralsund, Gerichtsbescheid vom 20. März 2014, Az. S 1 R 342/13). Für eine zeitliche Begrenzung, nach der nicht mehr auf einen zuvor ausgeübten Beruf oder eine zuvor ausgeübte Tätigkeit abgestellt werden kann, ist ein Anknüpfungspunkt im Gesetz nicht zu finden. Auch den höchstrichterlichen Urteilen lässt sich hierzu nichts entnehmen. Dies gilt auch für die BSG-Entscheidung vom 31. Januar 1980, auf die die Beklagte wiederholt verweist. Hier ist ausgeführt (Rdnr 20): "Was im weiteren die ebenfalls angemessen zu berücksichtigende bisherige Tätigkeit der Klägerin betrifft, so ist damit nicht die letzte Tätigkeit und nicht überhaupt nur eine bisherige Tätigkeit gemeint; vielmehr sind die beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren, wenn auch nicht aus allzu lange zurückliegender Zeit, in die Betrachtung einzubeziehen. Die bisherige Tätigkeit im Sinne des § 14a Abs. 2 Satz 2 AVG ist nicht identisch mit dem bisherigen Beruf im Sinne des § 23 AVG; die Rechtsprechung hat es schon früher abgelehnt, Grundsätze, die zu § 23 AVG entwickelt worden sind, unbesehen in den Bereich der beruflichen Rehabilitation zu übernehmen (vgl. SozR Nr. 4 zu § 1236 RVO). Schon aus diesem Grunde kann als bisherige Tätigkeit nicht allein die einer Heilerziehungspflegehelferin angesehen werden; bei der Bewertung dieser Tätigkeit ist im übrigen mitzubedenken, dass sie von der Klägerin nur verhältnismäßig kurze Zeit und zudem im Rahmen von letztlich erfolglosen Eingliederungsbemühungen ausgeübt worden ist." Dies stützt die Auffassung der Beklagten nicht. Zunächst einmal ging es bei diesen Ausführungen nicht um die Frage des Bezugsberufes, denn die allgemeinen Voraussetzungen für berufsfördernde Leistungen wurden ausdrücklich als erfüllt erachtet, sondern lediglich noch um die Auswahl der zu gewährenden Leistung, bei der nach § 14 a Abs. 2 Satz 2 AVG "Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit" angemessen zu berücksichtigen waren, wie dies heute in § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX bestimmt ist. Hierfür sollte nach Auffassung des BSG gerade nicht lediglich auf die zeitnächste Tätigkeit abgestellt werden, sondern, da diese nicht sehr lange ausgeübt worden war, auch auf davor liegende Tätigkeiten. Dies stützt die im vorliegenden Fall vertretene Auffassung der Beklagten gerade nicht, die für die Frage des Bezugsberufes nur – relativ - zeitnahe Tätigkeiten berücksichtigen will (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2015, a.a.O., Rdnr. 40).
Den Ausführungen des LSG Sachsen in dessen Urteil vom 7. Januar 2014 ( Az. L 5 R 626/12, Rdnr. 19 zitiert nach juris), auf die sich die Beklagte bezieht, kann jedenfalls im Hinblick auf die vertretene Regelhaftigkeit der Kausalität der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit bei langjähriger Arbeitslosigkeit nicht gefolgt werden (so bereits LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Argumentiert wird, dass nach einer langen Dauer der Arbeitslosigkeit Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig auf dem Verlust von Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnissen beruhten, die zwangsläufig mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess und der Arbeitsentwöhnung als solcher verbunden sind. Dieses Risiko, nämlich den durch das Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess eingetretenen Verlust von Kernkompetenzen und Qualifikationen im längere Zeit nicht mehr ausgeübten Beruf auszugleichen, sei aber nicht von der Rentenversicherung abgedeckt. Dem kann so pauschal nicht gefolgt werden. Eine derartige Kausalität ist denkbar in Branchen, in denen es erhebliche Veränderungen in den Arbeitsanforderungen gegeben hat, wie dies z. B. im IT-Bereich oder in bestimmten technischen Berufen der Fall sein mag. Für den Beruf des Physiotherapeuten erschließt sich nicht, worin diese Veränderungen liegen sollten und welche Kernkompetenzen hier durch Zeitablauf verloren gehen sollten. Auch trifft der Aspekt einer langjährigen Arbeitsentwöhnung jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden nicht zu, in dem Kinder im Haushalt betreut worden sind und zudem nebenher eine – wenn auch nur geringfügige - Tätigkeit regelmäßig ausgeübt worden ist. Vorliegend jedenfalls kann die maßgebende Tätigkeit einer Physiotherapeutin auf Grund der Erkrankung der Klägerin nicht mehr ausgeübt werden, während andere Aspekte jedenfalls deutlich in den Hintergrund treten.
Soweit die Beklagte wiederholt betont, dass klare Kriterien für eine Festlegung des Bezugsberufes von Vorteil seien, ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht für sich genommen die Einführung der von ihr gewünschten zeitlichen Grenze rechtfertigen kann und dass Klarheit auch mit der vorliegend vertretenen Auffassung durchaus erreicht wird.
Auf die von der Klägerin geringfügig ausgeübte Tätigkeit in der Gastronomie kam es nach allem vorliegend nicht entscheidungserheblich an. Abgesehen davon jedoch ist der Klägerin auch eine Ganztags-Tätigkeit in der Gastronomie, die überwiegend gehend und stehend zu verrichten ist, nicht mehr möglich. Denn nach Dr. H kann die Klägerin lediglich noch Tätigkeiten ausüben, bei denen sie "gelegentlich" gehend oder "gelegentlich" stehend arbeiten muss, was angesichts der u. a. durch Dr. S bestätigten Gonarthrose im linken Kniegelenk nachvollziehbar ist.
Auch die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung sind gegeben. Insbesondere bestehen aufgrund der gutachterlichen Feststellungen des Dr. H über das verbliebene Restleistungsvermögen der Klägerin keine Zweifel an ihrer Rehabilitationsfähigkeit, also daran, dass ihre verminderte Erwerbsfähigkeit durch LTA voraussichtlich wiederhergestellt werden kann. Auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI sind erfüllt. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen, denen sich das Gericht anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Nach alledem war die Berufung der Beklagten daher zurückzuweisen.
Die Beklagte ist daher nunmehr verpflichtet, unter Beteiligung der Klägerin und in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens aus dem umfangreichen Katalog von in Betracht kommenden Maßnahmen eine geeignete Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben auszuwählen und zu gewähren (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006, a.a.O., Rdnr. 34). Hinsichtlich des "Wie" der Leistung zur Teilhabe, also deren Auswahl, liegt die Gewährung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten. Bei der Auswahl zu berücksichtigen sind dabei gemäß § 33 Abs. 4 SGB IX Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit der Klägerin.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG lagen nicht vor.
Rechtskraft
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