Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
ÃG
Abteilung
37
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 37 SF 159/14 EK AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nimmt ein Kläger eine Gerichtsbarkeit exzessiv, wenn nicht sogar zu sachfremden Zwecken in Anspruch, bindet er durch die Art seiner Verfahrensführung unnötige Arbeitskapazitäten bei den Gerichten und sind die Klagebegehren von erheblichem Anspruchsdenken geprägt, kann die den Gerichten regelmäßig im Umfang von zwölf Monaten zur Verfügung stehende Vorbereitungs- und Bedenkzeit verlängert werden (hier: auf 18 Monate für das sozialgerichtliche Verfahren).
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin zuletzt unter dem Aktenzeichen S 61 AS 314/11 geführten Verfahrens. Dem inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit seiner am 05. Januar 2011 beim Sozialgericht Berlin erhobenen, dort zunächst unter dem Aktenzeichen S 196 AS 314/11 registrierten Klage wandte der Kläger sich gegen die mit Bescheid des Jobcenters – des Beklagten im Ausgangsverfahren - vom 03. Januar 2011 ausgesprochene Absenkung des ihm gewährten Arbeitslosengeldes II um monatlich 71,80 EUR für die Monate Februar bis April 2011 aufgrund eines Meldeversäumnisses. Zur Begründung machte er geltend, dass er gehbehindert und chronisch krank sei, seine Wohnung nicht an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen sei und das Jobcenter keine Taxikosten übernehme.
Nach Bestätigung des Klageeingangs unter dem 06. Januar 2011 und Eingang der Klageerwiderung am 01. März 2011 wies die Kammervorsitzende unter dem 02. März 2011 auf die Unzulässigkeit der Klage mangels Durchführung eines Widerspruchsverfahrens hin und regte deren Rücknahme an. Dies verband sie mit einer Anhörung zur Entscheidung gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Unter dem 06. März 2011 bat der Kläger daraufhin um Übersendung seines eigenen Schriftsatzes vom 05. Januar 2011. Nachdem das Gericht dieser Bitte umgehend nachgekommen war, hielt der Kläger unter dem 10. März 2011 an seinem Begehren fest und behauptete nunmehr, für Strecken von mehr als 50 m ein Taxi zu benötigen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2011 wies der Beklagte des Ausgangsverfahrens den Widerspruch zurück. Der Bescheid ging zwei Tage später beim Sozialgericht ein. Unter dem 04. April 2011 wies die Kammervorsitzende den Kläger darauf hin, dass die Klage nunmehr zulässig sei. Weiter teilte sie bei dieser Gelegenheit mit, dass in dem vom Kläger parallel geführten, eine Sanktion für einen vorangehenden Zeitraum betreffenden Verfahren S 168 AS 25850/10 die Einholung eines Wegefähigkeitsgutachtens beabsichtigt sei, das auch für dieses Verfahren von Bedeutung sein dürfte. Die 168. Kammer bat sie am selben Tage um Benachrichtigung nach Eingang dieses Gutachtens. Schließlich setzte sie sich in Erwartung des Gutachtens eine Frist von drei Monaten.
Anfang Juli 2011 forderte die Kammervorsitzende die Akten der 168. Kammer an, die zwischenzeitlich in der 127. Kammer unter dem Aktenzeichen S 127 AS 25850/10 geführt wurden. Am 18. Juli 2011 gingen die Akten ein. Am selben Tag sandte die Kammervorsitzende diese zurück und erkundigte sich, ob die Einholung eines Gutachtens zur Wegefähigkeit des Klägers beabsichtigt sei. Nachdem ihr mit am 27. Juli 2011 eingegangenem Schreiben mitgeteilt worden war, dass dies nicht der Fall sei, leitete die Kammervorsitzende am Folgetag eigene medizinische Ermittlungen ein. Nach Eintreffen der vom Kläger benötigten Erklärungen im August, gingen im Laufe des September 2011 – teilweise erst auf gerichtliche Mahnung - verschiedene angeforderte Befunde aus der den Kläger behandelnden orthopädischen Praxis ein. Unter dem 28. September 2011 wurde der Vorgang an die Kostenstelle zur Begleichung der Rechnungen für die Befundberichte und eine Wiedervorlage nach Erledigung verfügt. Es sollte dann die Einholung eines Gutachtens geprüft werden.
Mit am 24. Oktober 2011 eingegangenem Schriftsatz verwies der Beklagte des Ausgangsverfahrens auf seines Erachtens vorliegende doppelte Rechtshängigkeit der Sache. Die Kammervorsitzende forderte daraufhin die Akten zu dem vom Beklagten benannten Verfahren S 172 AS 9286/11 an. Es folgte zum Zwecke der Prüfung der – hier tatsächlich bestehenden – doppelten Rechtshängigkeit ein Austausch der Akten. Die unter dem Aktenzeichen S 172 AS 9286/11 geführte Klage wurde schließlich mit Gerichtsbescheid vom 14. Dezember 2011 abgewiesen.
Im streitgegenständlichen Ausgangsverfahren reichte der Kläger Mitte November 2011 ein Attest der Orthopäden Dres. Turczynsky und Zak vom 07. September 2011 zu den Akten, in dem unter Hinweis auf einen bisherigen Grad der Behinderung (GdB) von 10 auf eine Verschlechterung verwiesen und die Anerkennung des Merkzeichens "G" gefordert wurde. Der Schriftsatz wurde postwendend an den damaligen Beklagten zur Kenntnisnahme weitergeleitet.
Im Folgenden wurde der Rechtsstreit mehrfach um je einen Monat verfristet (Verfügungen vom 24. November und 28. Dezember 2011 sowie 30. Januar 2012), um den Sachstand in dem vom Kläger parallel geführten Verfahren S 44 VG 127/10 abzuwarten. Im März 2012 wurden der für den streitgegenständlichen Ausgangsrechtsstreit inzwischen zuständigen 61. Kammer (neues Aktenzeichen: S 61 AS 314/11) schließlich die Akten des Verfahrens S 44 VG 127/10 zur Verfügung gestellt. Das Gericht fertigte daraufhin Kopien zum einen eines für die Barmer GEK mit Blick auf einen möglichen ärztlichen Behandlungsfehler erstatteten chirurgischen Gutachtens vom 27. Juli 2010, zum anderen der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der 44. Kammer des Sozialgerichts Berlin mit Beweisaufnahme vom 17. November 2011. Letzterem war zu entnehmen, dass der dortige Rechtsstreit nach umfangreicher Beweisaufnahme zum Vorliegen eines vorsätzlichen tätlichen Angriffs vertagt worden war. Ein die Wegefähigkeit betreffendes Gutachten war nicht eingeholt worden. Der streitgegenständliche Rechtsstreit wurde daraufhin in der Absicht, die Akten der 44. Kammer dann erneut anzufordern, um zwei Monate verfristet. Entsprechend wurden die Akten auf richterliche Verfügung vom 21. Mai 2012 unter dem 19. Juni 2012 angefordert. Einen knappen Monat später lehnte die 44. Kammer unter Hinweis auf einen für den 09. August 2012 anberaumten Termin die Übersendung ab. Der Vorgang wurde daraufhin am 26. Juli 2012 um drei Wochen verfristet. Bei Wiedervorlage Ende August 2012 erfuhr das Gericht, dass in der Sache S 44 VG 127/10 ein weiterer Termin auf den 20. September 2012 anberaumt worden war, woraufhin die Sache nochmals um sechs Wochen verfristet wurde. Eine erneute Aktenanforderung vom Oktober 2012 gelangte Anfang November mit dem Bemerken zurück, dass sich die Akten für einen Monat beim Landgericht Berlin befänden. Es kam daraufhin zu einer weiteren Verfristung um sechs Wochen und im Dezember 2012 zu einer nochmaligen Aktenanforderung. Anfang Januar 2013 trafen die Akten der 44. Kammer schließlich bei der 61. Kammer ein. Auf richterliche Verfügung vom 08. Januar 2013 wurden daraufhin Ablichtungen der im Verfahren S 44 VG 127/10 eingeholten Befundberichte gefertigt.
Weiter wurden im Januar 2013 die Akten des Verfahrens S 127 AS 25850/10 angefordert, die kurz darauf eintrafen. Diesen war offenbar zu entnehmen, dass der Beklagte seinen einen früheren Zeitraum betreffenden Sanktionsbescheid bereits Anfang Januar 2012 aufgehoben hatte, da seinerzeit auf den Antrag des Klägers auf Übernahme der Taxikosten zum Erscheinen zum Meldetermin nicht rechtzeitig reagiert worden war. Jedenfalls fragte das Sozialgericht im Februar 2013 beim damaligen Beklagten an, ob im Hinblick auf die Entscheidung im Verfahren S 127 AS 25850/11 für die im hiesigen Ausgangsverfahren streitgegenständliche Sanktion eine Verringerung des Umfanges ausgesprochen worden sei.
Bereits unter dem 22. Januar 2013 war umgekehrt der Kläger aufgefordert worden, eine Ablichtung seines Schwerbehinderten-Ausweises sowie eines etwaigen Bescheides, mit dem das Merkzeichen "G" eingetragen wurde, vorzulegen, woraufhin dieser umgehend erklärt hatte, beides im Jahre 2011 beantragt und beim Sozialgericht bereits Untätigkeitsklage erhoben zu haben. Im Februar 2013 nahm der Kammervorsitzende daraufhin Einsicht in die Ende Januar 2013 von ihm angeforderten Akten des Verfahrens S 192 SB 1679/12 und bat anlässlich der Rücksendung Mitte Februar 2013 um Übermittlung der dort gegenständlichen Bescheide bei Eingang. Im genannten Verfahren erstrebte der Kläger in der Sache die Anerkennung eines GdB von 50 sowie des Vorliegens der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G".
Am 22. März 2013 forderte der Kammervorsitzende nochmals die Bescheide des Versorgungsamtes von der 192. Kammer an. Weiter erinnerte er den damaligen Beklagten unter Fristsetzung von drei Wochen an die Stellungnahme zur Anfrage vom Februar. Ende März 2013 teilte die 192. Kammer mit, dass die Bescheide noch nicht vorlägen, woraufhin der Rechtsstreit um sechs Wochen verfristet wurde.
Im Mai 2013 wurden die Akten antragsgemäß der 172. Kammer zur Verfügung gestellt und zusammen mit den dortigen Akten kurz darauf wieder an die 61. Kammer übersandt. Weiter wurde der Beklagte des Ausgangsverfahrens Mitte Mai 2013 nochmals an die erbetene Stellungnahme erinnert.
Unter dem 06. Juni 2013 übersandte der Vorsitzende der 192. Kammer der 61. Kammer eine Kopie des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 13. März 2013, mit dem dieses den Widerspruch des Klägers gegen einen Bescheid vom 21. Juni 2011 mit der Begründung zurückgewiesen hatte, dass die bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen (Funktionsbehinderung des Kniegelenkes links und chronische Magenschleimhautentzündung) keinen GdB von wenigstens 20 bedingten.
Auf weitere gerichtliche Mahnung vom 07. Juni 2013 teilte der Beklagte des Ausgangsverfahrens schließlich mit am 26. Juli 2013 eingegangenem Schriftsatz mit, dass der streitgegenständliche Bescheid dahin abgeändert werde, dass die Minderung nur noch 10 % der maßgebenden Regelleistung betrage. Am selben Tage erteilte der zuständige Richter dem Kläger daraufhin einen rechtlichen Hinweis und regte an, das Teilanerkenntnis anzunehmen und den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt zu erklären. Mit am 02. August 2013 bei Gericht eingehendem Schriftsatz beharrte der Kläger darauf, wegeunfähig zu sein. Das Schreiben wurde dem damaligen Beklagten am 07. August 2013 zur Stellungnahme binnen drei Wochen zugeleitet. Dessen Erwiderung ging letztlich am 06. November 2013 ein. Bereits im September 2013 war die Sache in das "EÖT/E-Fach" (Erörterungstermins-/Entscheidungsfach) verfügt worden.
Am 29. Oktober 2013 erhob der Kläger Verzögerungsrüge.
Auf richterliche Verfügung vom 07. Februar 2014 wurde der Rechtsstreit unter dem 25. Februar 2014 auf den 31. März 2014 zu einem Erörterungstermin geladen. Unter dem 14. März 2014 forderte der Kläger eine Regelung auf schriftlichem Wege im Interesse der Einsparung von Taxikosten, woraufhin das Gericht ihm unter dem 17. März 2014 mitteilte, dass es bei dem Termin bleibe. Im Erörterungstermin war der Kläger zugegen und erteilte dort sein Einverständnis mit einer Beiziehung der in den Verfahren S 31 R 560/13 sowie S 44 VG 127/10 eingeholten Gutachten. Diese zog der Kammervorsitzende tags darauf bei. Hierbei handelte es sich zum einen um das im Verfahren S 44 VG 127/10 unter dem 09. September 2013 erstattete orthopädische Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Sparmann, in dem dieser ausführte, dass ein Ereignis am 20. Februar 2008 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Ursache für einen Schienbeinkopfbruch gewesen und als Schädigungsfolge eine posttraumatische Arthrose im linken Kniegelenk mit Bewegungseinschränkungen zu formulieren sei. Der Grad der Schädigungsfolgen betrage 20 % wegen einer Bewegungseinschränkung und eines chronischen Schmerzsyndroms. Zum andere handelte es sich um das fachorthopädische/chirurgische, im Verfahren S 31 R 560/13 unter dem 16. Januar 2014 erstattete Gutachten des Sachverständigen Dr. Totkas. Dieser führte dort aus, dass aus klinisch-objektiver Sicht eine leichte Beweglichkeitseinschränkung am linken Kniegelenk festzustellen sei. Das geringgradige Streck- und Beugedefizit sei gut kompensierbar. Die Benutzung von zwei Unterarmgehstützen über Jahre nach dem Ereignis im Februar 2008 sei ebenso wenig nachvollziehbar wie das Realisieren eines Dreipunktganges über fünf Jahre hinweg. Die Restbeweglichkeit des Kniegelenkes sei ausreichend. Die Messung der Beinumfänge ergebe allenfalls eine dezente Ober- und Unterschenkelumfangsminderung, die keinesfalls mit der Angabe des Klägers korreliere, das linke Bein seit fünf Jahren nur noch teilzubelasten. An den Handinnenflächen seien keinesfalls Gebrauchsspuren festzustellen, die auf eine regelmäßige Benutzung von zwei Unterarmgehstützen hinweisen würden. Die zwischenzeitliche Verordnung eines Elektrorollstuhls sei nicht nachvollziehbar. Auf der Grundlage der objektiven klinischen Parameter sei zu schlussfolgern, dass der Kläger viermal arbeitstäglich mehr als 501 Meter in jeweils weniger als 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Es sei allerdings davon auszugehen, dass bei ihm eine psychische Komorbidität vorliege.
In Auswertung dieser Gutachten teilte der Kammervorsitzende im streitgegenständlichen Ausgangsverfahren den Beteiligten unter dem 01. April 2014 mit, dass sich aus den Gutachten keine Hinweise auf eine Gehbehinderung ergäben, die dem Kläger das Zurücklegen normaler Gehstrecken unzumutbar machen könnte. Ferner wurde dem Kläger – wunschgemäß – Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen eingeräumt. Die Stellungnahme ging am 05. April 2014 ein. Der Kläger verwies weiterhin auf die Angaben seiner behandelnden Ärzte. Dem damaligen Beklagten wurde daraufhin Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu gegeben.
Unter dem 14. Mai 2014 fragte der Kammervorsitzende beim damaligen Beklagten an, ob inzwischen ein Änderungsbescheid ergangen sei, da das Teilanerkenntnis vom Kläger nicht angenommen worden sei. Mit am 26. Juni 2014 eingegangenem Schriftsatz bestätigte dieser, dass das Teilanerkenntnis bereits mit Bescheid vom 30. Juli 2013 umgesetzt worden sei.
Mit dem damaligen Beklagten am 01., dem Kläger am 02. Oktober 2014 zugestelltem, mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 22. September 2014 wies das Sozialgericht die Klage schließlich ab. Die Urteilsgründe wurden dem damaligen Beklagten am 01. Oktober 2014, dem Kläger am Folgetag zugestellt. Rechtsmittel hiergegen wurden nicht eingelegt.
Bereits am 07. Juli 2014 hatte der Kläger Entschädigungsklage erhoben, mit der er zunächst eine Entschädigung in Höhe von 2.000,00 EUR zzgl. Zinsen ab Klageerhebung begehrt hatte. Zur Begründung hatte er ausgeführt, dass das Verfahren im Umfang von 20 Monaten als überlang anzusehen sei.
Nachdem der Senat dem Kläger mit Beschluss vom 08. September 2015 Prozesskostenhilfe lediglich insoweit bewilligt hatte, wie die Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 600,00 EUR gerichtet ist, hat der Kläger die darüber hinausgehende Klage "für erledigt erklärt". Ergänzend hat er geltend gemacht, dass ihm die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens nicht – auch nicht teilweise - vorgeworfen werden könne. Insbesondere habe er es nicht versäumt, dem Gericht nötige Informationen zukommen zu lassen. Die Jobcenter arbeiteten seines Wissens eng mit dem Gericht zusammen, sodass es eine unnötige Doppelung und Belastung des Sozialgerichts darstellte, wenn auch er noch seine Erkenntnisse dem Gericht mitteilen müsste/würde. Im Übrigen meint er, dass das Gutachten des Sachverständigen Dr. T als völlig untauglich anzusehen sei, während der Sachverständige Prof. Dr. S den Gesamtgrad der Schädigungsfolge mit 20 % viel zu niedrig angesetzt habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verurteilen, ihm wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin zuletzt unter dem Aktenzeichen S 61 AS 314/11 geführten Verfahrens eine Entschädigung in Höhe von 600,00 EUR zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Erhebung der Entschädigungsklage am 07. Juli 2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, dass die Zeit von April bis Dezember 2012 – anders als im Prozesskostenhilfebeschluss anklinge – nicht als Zeit der entschädigungsrelevanten Verzögerung anzusehen sei. Während dieses Zeitraumes sei es vielmehr sachgerecht gewesen, die weiteren medizinischen Ermittlungen im Parallelverfahren abzuwarten. Zwar habe der damalige Vorsitzende am 12. März 2012 vermerkt, dass die beigezogene Akte S 44 VG 127/10 kein Gutachten oder ähnliches über die Wegefähigkeit des Klägers enthalte. Bereits am 20. März 2012 habe er jedoch eine Wiedervorlagefrist von zwei Monaten mit der Anmerkung gesetzt, die Akten des vorgenannten Verfahrens erneut anfordern zu wollen. Dies sei auch ab Mai 2012 fortlaufend geschehen, bis die Akte im Januar 2013 habe eingesehen werden können. Abgesehen davon, dass die Einschätzung, ob in anderen Verfahren medizinische Ermittlungen zu erwarten und daher abzuwarten seien, im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit zu treffen sei, seien letztendlich auch tatsächlich medizinische Ermittlungen durch den Richter der 44. Kammer und in weiteren Parallelverfahren erfolgt. Genau diese medizinischen Ermittlungsergebnisse hätten zur Entscheidungsreife des streitgegenständlichen Verfahrens geführt und zum klageabweisenden Urteil. Abgesehen davon sei dem streitgegenständlichen Verfahren für den Kläger keine Bedeutung beizumessen. In Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen sei der Kläger keinesfalls in der Weise körperlich eingeschränkt, wie er es u.a. im streitgegenständlichen Verfahren behaupte. Allein seine – medizinisch nicht zu objektivierende - Behauptung habe zu der langwierigen Ermittlungstätigkeit geführt, die letztlich entscheidend für die vom Kläger beklagte Dauer des Verfahrens war.
Der Beklagte hat im November 2015 eine Aufstellung über die vom Kläger in eigenem Namen bzw. als Vertreter/Prozessbevollmächtigter vor dem Sozialgericht Berlin geführten Verfahren vorgelegt (danach: 1994 zwei, 1996 ein und seit 2005 121 Verfahren in zumindest auch eigenem Namen zzgl. 30 als Vertreter/Prozessbevoll-mächtigter geführter Verfahren).
Der Senat hat mit Einverständnis des Klägers die Akten seines inzwischen unter dem Aktenzeichen L 17 R 43/15 geführten Rentenrechtsstreits beigezogen und den Beteiligten die daraus kopierten medizinischen Unterlagen zur Verfügung gestellt. Hierbei handelte es sich maßgeblich um - eine nach Beauftragung mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens ergangene Mitteilung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie – Dr. A vom 31. Juli 2014, dass der Kläger zurzeit nicht bereit sei, sich von ihm untersuchen zu lassen; - einen Befundbericht der Dres. Tund Z sowie des Dipl. med. L vom 23. Juli 2015, in dem es u.a. heißt, dass seit 2013 keine Arbeitsunfähigkeit bestanden habe und es am 19. November 2012 lediglich versehentlich zur Ausstellung eines Rezepts für einen Elektrorollstuhl gekommen sei; - gutachterliche Stellungnahmen des Facharztes für Orthopädie und Chirurgie Dr. T vom 18. August 2014 sowie 31. August 2015, der dabei blieb, dass die Verordnung eines Elektrorollstuhls orthopädisch nicht nachzuvollziehen und die Benutzung von Hilfsmitteln auf die psychische Komorbidität des Klägers zurückzuführen sei.
Weiter hat der Senat folgende Unterlagen in das Verfahren eingeführt: - eine Aufstellung der vom Kläger vor dem Sozialgericht Berlin geführten Ver- fahren (Stand: 03.06.2015), - eine Kopie des klägerischen Schreibens vom 12. März 2015 - "Erinnerung und alle in Frage kommenden Rechtsbehelfe" - in der Sache L 37 SF 291/13 EK AS, - eine Kopie seines an die Präsidentin des Landessozialgerichts gerichteten Schreibens vom 22. Mai 2015 - "Anhörungsrüge, Erinnerung, Nichtzulassungsbeschwerde, Dienstaufsichtsbeschwerde, Fachaufsichtsbeschwerde und alle weiteren, in Frage kommenden Rechtsmittel" – sowie - eine Kopie seines Schriftsatzes vom 31. August 2015 - "Rüge wegen überlan- ger Verfahrensdauer und Beschwerde über den Beschluss vom 27.08.2015" - in der Sache L 37 SF 249/13 EK AS.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Akten des Ausgangsverfahrens verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zwar zulässig, nicht jedoch begründet.
A. Die Klage, die auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin zuletzt unter dem Aktenzeichen S 61 AS 314/11 geführten Verfahrens gerichtet ist, ist zulässig.
I. Maßgebend für das vorliegende Klageverfahren sind die §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG, jeweils in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (GRüGV) vom 24. November 2011 (BGBl. I, S. 2302) und des Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2554). Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer handelt es sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch im Sinne des Art. 34 des Grundgesetzes (GG). Es ist daher nicht der ordentliche Rechtsweg, sondern vorliegend der zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Denn die grundsätzlich in § 201 Abs. 1 Satz 1 vorgesehene Zuweisung der Entschädigungsklagen an das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde, wird für sozialgerichtliche Verfahren in § 202 Satz 2 SGG modifiziert. Nach dieser Regelung sind die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das SGG tritt. Für die Entscheidung über die Klage ist daher das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zuständig.
II. Eine Entschädigungsklage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen. Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Der Kläger macht angesichts der Regelung des § 198 GVG nachvollziehbar geltend, auf die begehrte Entschädigungszahlung, die eine Leistung i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG darstellt, einen Rechtsanspruch zu haben. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl. § 198 Abs. 5 GVG). Vielmehr lässt die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung (BT-Drs. 17/3802, S. 22 zu Abs. 5 Satz 1), nach der der Anspruch nach allgemeinen Grundsätzen auch vor einer Klageerhebung gegenüber dem jeweils haftenden Rechtsträger geltend gemacht und außergerichtlich befriedigt werden kann, erkennen, dass es sich hierbei um eine Möglichkeit, nicht jedoch eine Verpflichtung handelt.
III. Zweifel an der Wahrung der gemäß § 90 SGG für die Klage vorgeschriebenen Schriftform bestehen ebenso wenig wie an der Einhaltung der in § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG normierten Sechsmonatsfrist für eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer. Die Entschädigungsklage wurde am 07. Juli 2014 und damit bereits vor Abschluss des streitgegenständlichen Ausgangsverfahrens, allerdings nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit ab Erhebung der Verzögerungsrüge am 29. Oktober 2013 (vgl. § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG) erhoben.
B. Allerdings ist die Klage nicht begründet. Zwar richtet sich die Klage zu Recht gegen das Land Berlin. Indes steht dem Kläger weder ein Entschädigungsanspruch zu noch kann das Gericht die Überlänge des Verfahrens feststellen.
I. Zu Recht richtet sich die Klage gegen das hier passivlegitimierte Land Berlin. Nach § 200 Satz 1 GVG haftet für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, das Land. Die Übertragung der Vertretung des beklagten Bundeslandes Berlin auf die Präsidentin des Sozialgerichts Berlin (§ 29 Abs. 1 Satz 1 der Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz vom 22.10.2012, Amtsblatt Berlin 2012, S. 1979) ist nicht zu beanstanden. Insbesondere durfte diese Übertragung durch eine Verwaltungsanweisung vorgenommen werden; ein Gesetz war nicht erforderlich (so BFH, Urteil vom 17.04.2013 - X K 3/12 - juris, Rn. 30 ff. für die vorher geltende Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz vom 20.09.2007, Amtsblatt Berlin 2007, 2641).
II. Der Kläger hat jedoch weder einen Anspruch auf die begehrte Entschädigung noch kann das Entschädigungsgericht auch nur die Überlänge des Verfahrens feststellen.
Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 S. 2 GVG). Eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Dies gilt nach Art. 23 Satz 2 bis 5 GRüGV für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten des GRüGV schon verzögert sind, mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten des GRüGV erhoben werden muss. Nur in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Verfahren ist zur Überzeugung des Senats bereits nicht als überlang anzusehen.
Ob ein Verfahren als überlang anzusehen ist, richtet sich nicht nach starren Fristen. Vielmehr regelt § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausdrücklich, dass es auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritten ankommt.
Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer ist - so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/3802, S. 18 f. zu § 198 Abs. 1) - unter dem Aspekt einer möglichen Mitverursachung zunächst die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat. Außerdem sind insbesondere zu berücksichtigen die Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falles sowie die Bedeutung des Rechtsstreits, wobei nicht nur die Bedeutung für den auf Entschädigung klagenden Verfahrensbeteiligten aus der Sicht eines verständigen Betroffenen von Belang ist, sondern auch die Bedeutung für die Allgemeinheit. Diese Umstände sind darüber hinaus in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen (vgl. dazu BSG, Urteile vom 21.02.2013 - B 10 ÜG 1/12 und 2/12 KL -, zitiert nach juris, jeweils Rn. 25 ff. und m.w.N.). Denn schon aus der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit wird deutlich, dass es auf eine gewisse Schwere der Belastung ankommt. Ferner sind das Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) sowie das Ziel, inhaltlich richtige Entscheidungen zu erhalten, zu berücksichtigen. Schließlich muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat, sodass ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten ist. Insgesamt reicht daher zur Annahme der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nicht jede Abweichung vom Optimum aus, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 33).
1. Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung bildet die - in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierte - Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von seiner Einleitung bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss. Vorliegend zog sich das streitgegenständliche Ausgangsverfahren ab Erhebung der Klage am 05. Januar 2011 und nach Zustellung der Urteilsgründe des Sozialgerichts am 02. Oktober 2014 beim Kläger bis zum Eintritt der Rechtskraft Anfang November 2014 über knapp drei Jahre und zehn Monate hin.
2. Bei dem gegenständlichen Rechtsstreit handelte es sich um ein für den Kläger als von allenfalls durchschnittlicher Bedeutung anzusehendes Verfahren von überdurchschnittlicher Komplexität und durchschnittlicher Schwierigkeit, in dessen Verlauf es zu Verzögerungen gekommen ist, die zum Teil dem beklagten Land, teilweise aber durchaus auch dem Verantwortungsbereich des Klägers und des damaligen Beklagten zuzurechnen sind.
a) Die für die Beurteilung der Verfahrensdauer maßgebliche Bedeutung des Verfahrens ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zum anderen trägt zur Bedeutung der Sache im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung bei. Wesentlich ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers bzw. der Klägerin und das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine/ihre weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/13 – Rn. 29, – B 10 ÜG 9/13 R –, Rn. 31, - B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 35, – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 38, jeweils zitiert nach juris).
Dem streitgegenständlichen Ausgangsverfahren kam für die Allgemeinheit keine Bedeutung zu. Für den Kläger stellte sich das Verfahren als von allenfalls durchschnittlicher Bedeutung dar. Streitgegenständlich war die Rechtmäßigkeit einer sanktionsbedingten Absenkung des dem Kläger bewilligten Arbeitslosengeldes II für drei Monate im Umfang von zunächst monatlich 71,80 EUR und nach Abgabe eines Teilanerkenntnisses zuletzt noch 36,40 EUR. Auch wenn es sich bei diesen Beträgen um solche handelt, die aus der Sicht eines Beziehers von Grundsicherungsleistungen nicht marginal sind, handelte es sich gleichwohl um einen sehr überschaubaren Streitwert. Hinzu kommt, dass es schon zu dem Zeitpunkt, zu dem die zuvor mangels Durchführung eines Vorverfahrens offensichtlich verfrüht erhobene Klage überhaupt zulässig wurde, bereits mit Blick auf zwei der streitigen drei Monate um Leistungen für die Vergangenheit ging. Schließlich hat sich der Zeitablauf weder nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers und das geltend gemachte Recht ausgewirkt noch stand dies nach Aktenlage zu irgendeinem Zeitpunkt des Ausgangsverfahrens zu befürchten.
b) Mit Blick auf die für die Verfahrensdauer bedeutsame Schwierigkeit und Komplexität des Verfahrens ist festzustellen, dass sich die Bearbeitung des als von durchschnittlicher Schwierigkeit einzustufenden Verfahrens als sehr komplex darstellte. Bereits die vom Kläger zur Begründung des Meldeversäumnisses behauptete Unfähigkeit, ohne Nutzung eines Taxis das Jobcenter zu erreichen, legte zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Sanktion medizinische Ermittlungen zumindest nahe, sodass für den Rechtsstreit von vornherein eine längere Bearbeitungszeit zu erwarten war. Dies hat sich im Folgenden auch bestätigt, da die Kammer teilweise eigene Ermittlungen angestrengt und teilweise die Ermittlungsergebnisse aus verschiedenen anderen Kammern beigezogen hat. Weiter ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es sich zunächst um eine unzulässige Klage handelte, die überhaupt erst im Laufe des Verfahrens zulässig wurde, die Sache schließlich vom Kläger doppelt rechtshängig gemacht wurde und das Gericht von keinem der Beteiligten zeitnah und überhaupt von sich aus darüber informiert wurde, dass im Verfahren S 127 AS 25850/10 bereits im Januar 2012 eine Aufhebung des Sanktionsbescheides erfolgt war, was für das streitgegenständliche Ausgangsverfahren von erheblicher Bedeutung war. Ebenso wenig wurde der zuständigen Kammer mitgeteilt, dass das – vom Kläger nicht angenommene - Teilanerkenntnis mit Bescheid vom 30. Juli 2013 umgesetzt worden war. Auch hiervon erfuhr das Gericht erst auf eigene Nachfrage ein knappes Jahr später.
c) Mit Blick auf den Ablauf des Verfahrens ist festzustellen, dass einige der aufgetretenen Verzögerungen durchaus den Beteiligten des Ausgangsverfahrens anzulasten sind. Auf Seiten des Klägers ist insoweit hervorzuheben, dass er sich kaum zwei Monate nach Klageerhebung selbst nicht mehr an seinen Klageschriftsatz erinnern konnte, sodass dieser ihm zur Verfügung gestellt werden musste, und er den Streitgegenstand letztlich nach Erlass des Widerspruchsbescheides doppelt anhängig gemacht hat. Der damalige Beklagte hat schließlich für die Beantwortung einer gerichtlichen Anfrage vom Februar 2013 trotz mehrmaliger Mahnungen bis Ende Juli 2013 benötigt. Beiden Beteiligten ist schließlich anzulasten, das Gericht weder von selbst zeitnah darüber informiert zu haben, dass im Verfahren S 127 AS 25850/10 bereits im Januar 2012 eine Aufhebung des Sanktionsbescheides erfolgt war, was für das streitgegenständliche Ausgangsverfahren von erheblicher Bedeutung war, noch ihm den infolge der Abgabe des – nicht angenommenen - Teilanerkenntnisses erteilten Änderungsbescheid umgehend übersandt zu haben.
Soweit es schließlich für eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch den Beklagten wesentlich darauf ankommt, ob ihm zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben, sind allein Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts maßgeblich (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 41). Vor diesem Hintergrund sind die während des Verfahrens aufgetretenen aktiven und inaktiven Zeiten der Bearbeitung konkret zu ermitteln. Kleinste relevante Zeiteinheit ist im Geltungsbereich des GRüGV dabei stets der Monat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R – Rn. 25, - B 10 ÜG 2/13 – Rn. 24, jeweils zitiert nach juris) im Sinne des Kalendermonats (BSG, Urteil vom 12.02.2015 – B 10 ÜG 11/13 R –, 2. Leitsatz und Rn. 34).
Zu beachten ist dabei, dass das Entschädigungsverfahren keine weitere Instanz eröffnet, um das Handeln des Ausgangsgerichts einer rechtlichen Vollkontrolle zu unterziehen. Bei der Beurteilung der Prozessleitung des Ausgangsgerichts hat das Entschädigungsgericht vielmehr die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und –gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht geradezu willkürlich erscheinen. Zudem räumt die Prozessordnung dem Ausgangsgericht ein weites Ermessen bei seiner Entscheidung darüber ein, wie es das Verfahren gestaltet und leitet. Die richtige Ausübung dieses Ermessens ist vom Entschädigungsgericht allein unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob das Ausgangsgericht bei seiner Prozessleitung Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen hat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/13 R – Rn. 36, – B 10 ÜG 9/13 R – , Rn. 39, – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 43, – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 42, jeweils zitiert nach juris). Denn ungeachtet richterlicher Unabhängigkeit besteht eine richterliche Grundpflicht zur stringenten und beschleunigten Verfahrensgestaltung (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 49). Dies bedeutet, dass die Gerichte bei ihrer Verfahrensleitung stets die Gesamtdauer des Verfahrens im Blick behalten müssen. Mit zunehmender Dauer des Verfahrens verdichtet sich die aus dem Justizgewährleistungsanspruch resultierende Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen. Jedenfalls für Verfahren von hinreichender Bedeutung verbietet sich ab einem gewissen Zeitpunkt (weitere) Untätigkeit oder eine zögerliche Verfahrensleitung. Richterliche Verhaltensweisen, die zu Beginn eines Verfahrens grundrechtlich gesehen noch unbedenklich, wenn auch möglicherweise verfahrensökonomisch nicht optimal erscheinen mögen, können bei zunehmender Verfahrensdauer in Konflikt mit dem Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit geraten. Das gilt etwa für die Setzung großzügiger Fristen zur Stellungnahme, den mehrfachen Austausch von Schriftsätzen ohne richtungweisende Einflussnahme des Gerichts und ohnehin für so genannte Schiebeverfügungen (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/13 R – Rn. 37, – B 10 ÜG 9/13 R –, Rn. 40, – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 44, zitiert jeweils nach juris).
Weiter ist insoweit zu berücksichtigen, dass generell auch ein Zuwarten auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem parallelen Verfahren als Zeiten der aktiven Bearbeitung anzusehen seien können, wenn nämlich zu erwarten ist, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von Relevanz sind, oder wenn die Beteiligten diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 47).
Gemessen daran gilt hier mit Blick auf das streitgegenständliche Ausgangsverfahren Folgendes:
Nach Klageeingang am 05. Januar 2011 wurde das Verfahren durch das Gericht zügig betrieben und durch sachgerechte rechtliche Hinweise gefördert. Soweit dem Verfahren erstmals in den Monaten Mai und Juni 2011 kein Fortgang gewährt wurde, stellt sich dies nicht als Verzögerung dar. Die zuständige Kammer, deren Einschätzung, es seien medizinische Ermittlungen mit Blick auf die Wegefähigkeit des Klägers erforderlich, sich keinesfalls als willkürlich darstellt, und deren Entscheidung, entsprechende Ermittlungen selbst in die Wege zu leiten bzw. Erkenntnisse aus anderen Verfahren beizuziehen, das Entschädigungsgericht damit nicht in Frage zu stellen hat, hat im fraglichen Zeitraum den Eingang eines - vermeintlich mit Blick auf den vorangegangenen Sanktionszeitraum von der 168. Kammer des Sozialgerichts in Auftrag gegebenen Wegefähigkeitsgutachtens – abgewartet. Dies ist nicht zu beanstanden. Nachdem der damaligen Kammervorsitzenden Ende Juli 2011 bekannt geworden war, dass ein entsprechendes Gutachten nicht eingeholt worden war und die Einholung nach dem Übergang dieses Parallelverfahrens in eine andere Kammer auch nicht (mehr) beabsichtigt sei, hat sie selbst umgehend Ermittlungen in die Wege geleitet. Im Oktober 2011 stagnierte das Verfahren sodann, weil Prüfungen zur – hier tatsächlich gegebenen – doppelten Rechtshängigkeit des Verfahrens erforderlich waren. Dies ist nicht dem Gericht anzulasten, fällt vielmehr in den Verantwortungsbereich des Klägers, der – wie bei ihm leider häufig festzustellen – in der Vielzahl der von ihm geführten Verfahren offenbar den Überblick verloren hatte.
Dass das Sozialgericht nach Eingang eines Attestes der den Kläger behandelnden Orthopäden weitere Ermittlungen für geboten hielt, ist unter dem Aspekt der richterlichen Unabhängigkeit nicht zu bemängeln. Auch wenn das Attest nicht geeignet gewesen sein dürfte, die vom Kläger behaupteten gesundheitlichen Einschränkungen zu stützen, stellt es sich zumindest nicht als willkürlich dar, dass sich das Ausgangsgericht genötigt gesehen hat, im Wege der Amtsermittlung zu prüfen, ob weitergehende als von den behandelnden Ärzten bescheinigte gesundheitliche Einschränkungen vorliegen.
Auch sieht der Senat es als gerechtfertigt an, dass die Kammer bis einschließlich März 2012 den Stand des damals in der 44. Kammer geführten Verfahrens abgewartet hat. Denn nicht nur mit Blick auf den von den Gerichten zu fordernden sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln, sondern auch vor dem Hintergrund der mit zahlreichen Untersuchungen für Kläger verbundenen Belastungen war es aus der insoweit maßgeblichen ex-ante-Sicht des Gerichts sachgerecht, in Erwartung des Eintreffens medizinischer Gutachten in diesem weiteren vom Kläger geführten Rechtsstreit von der Anstrengung eigener medizinischer Ermittlungen (zunächst) abzusehen.
Nicht mehr gilt dies zur Überzeugung des Senats jedoch, nachdem das Gericht im März 2012 erfahren hatte, dass von der 44. Kammer bis dahin kein Gutachten in Auftrag gegeben worden war. Ausweislich des seinerzeit kopierten Protokolls über die mündliche Verhandlung vor der 44. Kammer prüfte diese im fraglichen Zeitraum vielmehr, ob es überhaupt zu einem vorsätzlichen tätlichen Angriffs zum Nachteil des Klägers gekommen war. Ob es zu medizinischen Ermittlungen kommen würde, stand im fraglichen Zeitraum mithin nicht fest, zumal sich durchaus die Frage hätte aufdrängen müssen, ob etwaige – ggf. insbesondere die Kausalität eines Angriffs im Februar 2008 für eine Gesundheitsschädigung zum Gegenstand habende – Ermittlungen überhaupt Aufschluss über die Wegefähigkeit im Frühjahr 2011 geben würden. Nachdem die Kammer bereits im Sommer 2011 und nun nochmals im Winter 2011/2012 erfolglos vermeintliche Ermittlungen anderer Kammern abgewartet hatte, musste sie diese nunmehr – so sie sie für erforderlich hielt – selbst in die Wege leiten. Entgegen der Ansicht des Beklagten rechtfertigte die richterliche Unabhängigkeit hingegen nicht mehr ein weiteres Abwarten auf die Ergebnisse – konkret nicht absehbarer, sondern allenfalls in der Zukunft möglicher – medizinischer Ermittlungen. Sachgerechter Fortgang wurde dem Verfahren vielmehr erst wieder im Januar 2013 gewährt, sodass sich die neun Monate von April bis Dezember 2012 als dem Beklagten anzulastende Zeiten der gerichtlichen Inaktivität darstellen.
Nachdem das Gericht im Januar 2013 Kenntnis von der Aufhebung des den vorangegangenen Zeitraum betreffenden Sanktionsbescheides erhalten hatte, hat es sachgerecht im Februar beim damaligen Beklagten angefragt, ob die Sanktion bzgl. des dort streitgegenständlichen Zeitraums der Höhe nach reduziert werde. Den Monat März hatte das Gericht für eine Antwort abzuwarten. Dass es – nachdem diese nicht eingegangen war – im März 2013 mahnte und konsequenterweise nunmehr den April abwartete, ist ebenso wenig zu beanstanden.
Nicht mehr gilt dies jedoch, soweit das Gericht sich auch im Mai und Juni 2013 darauf beschränkte, den damaligen Beklagten zu erinnern. Vielmehr muss sich der Beklagte von diesen beiden Monaten den Monat Juni 2013 als Monat der gerichtlichen Inaktivität zurechnen lassen, weil die zuständige Kammer nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel der Prozessordnung, die sich im fraglichen Zeitraum aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht im Interesse der sachgerechten Verfahrensförderung als vernünftig darstellten, ausgeschöpft hat. Zwar geht der Senat nicht davon aus, dass ein Vorgehen nach § 106a Abs. 2 SGG erfolgversprechend gewesen wäre. Wohl aber wäre die Anberaumung eines Erörterungstermins zu fordern gewesen. Da allerdings auch dies - schon mit Blick auf die einzuhaltende Ladungsfrist - einen gewissen Vorlauf erforderlich gemacht hätte, ist zwar noch nicht der Monat Mai, wohl aber der Juni als Verzögerungsmonat zu bewerten, da es in diesem Monat auch ansonsten zu keiner erkennbaren Verfahrensförderung gekommen ist.
Nachdem der damalige Beklagte im Juli 2013 mitgeteilt hatte, dass der streitgegenständliche Bescheid abgeändert werde, hat das Gericht dem Verfahren wieder sachgerecht Fortgang gewährt und die Sache letztlich im September 2013 als entscheidungsreif eingestuft. Soweit es dann zwischen Oktober 2013 und Januar 2014 – mithin über vier Monate hinweg – nicht zu verfahrensfördernden Schritten gekommen ist, fällt dies in den Verantwortungsbereich des Beklagten. Ab Februar 2014 wurde das Gericht dann wieder aktiv, lud die Sache zum Erörterungstermin im März, zog Anfang April Akten aus Verfahren bei, in denen zwischenzeitlich medizinisch ermittelt worden war, erteilte den damaligen Verfahrensbeteiligten im selben Monat einen rechtlichen Hinweis und erkundigte sich schließlich im Mai 2014 beim Beklagten, ob das Teilanerkenntnis umgesetzt worden sei, nachdem keiner der Beteiligten es davon von selbst unterrichtet hatte. Den Juni 2014 musste das Gericht schließlich für eine Stellungnahme hierzu abwarten, die dann auch Ende des Monats einging.
Hingegen stellen sich die Monate Juli und August 2014 wieder als Verzögerungsmonate dar. Denn erst im September 2014 erging das die Klage abweisende Urteil, das den damaligen Beteiligten zeitnah – Anfang Oktober 2014 – zugestellt wurde.
Auch wenn sich nach alledem die Kalendermonate, für die von gerichtlicher Inaktivität auszugehen ist, auf 16 summieren, bedeutet dies nicht, dass von einer entschädigungsrelevanten Verzögerung in ebendiesem Umfang auszugehen wäre. Denn die Bestimmung der maximal zulässigen, noch angemessenen Verfahrenslaufzeit kann jeweils nur aufgrund einer abschließenden Gesamtbetrachtung und –würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls insbesondere mit Blick auf die in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien erfolgen. Die Feststellung längerer Zeiten fehlender Verfahrensförderung durch das Gericht in bestimmten Verfahrensabschnitten führt noch nicht zwangsläufig zu einer unangemessenen Verfahrensdauer. Denn es ist zu beachten, dass einem Rechtsschutzsuchenden - je nach Bedeutung und Zeitabhängigkeit des Rechtsschutzziels sowie abhängig von der Schwierigkeit des Rechtsstreits und von seinem eigenen Verhalten - gewisse Wartezeiten zuzumuten sind, da grundsätzlich jedem Gericht eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen muss (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 52). Allerdings muss die persönliche und sachliche Ausstattung der Sozialgerichte einerseits so beschaffen sowie die gerichtsinterne Organisation der Geschäfte (Geschäftsverteilung, Gestaltung von Dezernatswechseln etc.) andererseits so geregelt sein, dass ein Richter oder Spruchkörper die inhaltliche Bearbeitung und Auseinandersetzung mit der Sache wegen anderweitig anhängiger ggf. älterer oder vorrangiger Verfahren im Regelfall nicht länger als zwölf Monate zurückzustellen braucht. Die systematische Verfehlung dieses Ziels ist der Hauptgrund dafür, dass die für die Ausstattung der Gerichte zuständigen Gebietskörperschaften Bund und Land mit den Kosten der Entschädigungszahlungen belastet werden, wenn Gerichtsverfahren eine angemessene Dauer überschreiten (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 53, – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 46, jeweils zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund sind - vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls - Vorbereitungs- und Bedenkzeiten im Umfang von bis zu zwölf Monaten je Instanz regelmäßig als angemessen anzusehen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte als begründet und gerechtfertigt angesehen werden können, und können in mehrere, insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Angemessen bleibt die Gesamtverfahrensdauer regelmäßig zudem dann, wenn sie zwölf Monate überschreitet, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht oder durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht wird, die das Gericht nicht zu vertreten hat (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 33, 54 f., – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 47 f.).
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze übersteigt die Verfahrensdauer das noch angemessene Maß nicht. Wie dargelegt steht den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit neben den Zeiten der aktiven Verfahrensführung je Instanz im Regelfall eine zwölfmonatige Vorbereitungs- und Bedenkzeit zu, die entschädigungslos hinzunehmen ist. Anlass, diesen Zeitraum zu reduzieren, sieht der Senat vorliegend trotz der Tatsache, dass es um Grundsicherungsleistungen ging, nicht. Der von der streitgegenständlichen Sanktion betroffene Zeitraum war zu dem Zeitpunkt, als die Klage überhaupt zulässig wurde, zu weiten Teilen bereits abgelaufen, sodass es keiner besonders eiligen Erledigung mehr bedurfte, zumal es auch nicht um eine erhebliche Sanktionshöhe ging.
Im Gegenteil ist die Vorbereitungs- und Bedenkzeit, die dem Sozialgericht – und im Übrigen ggf. ebenso dem Landessozialgericht - bei der Bearbeitung der Verfahren des hiesigen Klägers zusteht, in aller Regel je Instanz um sechs Monate zu erweitern, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 25. August 2015 (L 37 SF 29/14 EK AS) ausgeführt hat. Ausschlaggebend dafür ist nicht das Vorgehen des Klägers im konkreten streitgegenständlichen Ausgangsverfahren. Vielmehr hat der Senat im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung neben der Anzahl der vom Kläger geführten Rechtsstreitigkeiten insbesondere sein Prozessverhalten im Allgemeinen berücksichtigt und dabei in Rechnung gestellt, dass sich dieses zum Nachteil aller anderen Rechtsschutz Suchenden auswirkt.
Die den Gerichten eingeräumte Vorbereitungs- und Bedenkzeit von in der Regel zwölf Monaten basiert – wie dargelegt – maßgeblich auf der Überlegung, dass die persönliche und sachliche Ausstattung der Sozialgerichte so beschaffen sein muss, dass die inhaltliche Bearbeitung und Auseinandersetzung mit der Sache wegen anderweitig anhängiger ggf. älterer oder vorrangiger Verfahren im Regelfall nicht länger als zwölf Monate zurückgestellt werden muss, und die systematische Verfehlung dieses Ziels der Hauptgrund dafür ist, dass die für die Ausstattung der Gerichte zuständigen Gebietskörperschaften mit den Kosten der Entschädigungszahlungen belastet werden, wenn Gerichtsverfahren eine angemessene Dauer überschreiten. Zur Überzeugung des Senats ist jedoch keine Gebietskörperschaft, die nicht nur für eine ausreichende Personalausstattung zu sorgen, sondern auch auf einen sparsamen Umgang mit den vorhandenen Haushaltsmitteln zu achten hat, gehalten, gerichtliches Personal für Kläger zur Verfügung zu stellen, die eine Gerichtsbarkeit exzessiv in Anspruch nehmen, wenn nicht sogar die Justiz zu sachfremden Zwecken missbrauchen. Dies aber ist bei dem hiesigen Kläger, dessen Klagefreudigkeit bereits durch die Anzahl seiner in der Sozialgerichtsbarkeit verfolgten Verfahren deutlich wird, der Fall. So wurden für ihn seit 2005 121 Verfahren als (Mit)Kläger registriert. Diese Zahl übersteigt das auch für einen Bezieher von Leistungen nach dem SGB II zu erwartende Maß deutlich, zumal der Kläger weder über wechselndes Einkommen verfügt noch ein in seinem Eigentum stehendes Objekt bewohnt, was typischerweise zum Erlass häufigerer Bescheide durch die Grundsicherungsträger Anlass geben und Grund für häufigere Klagen bieten könnte. Im Gegenteil basiert die erhebliche Anzahl für ihn registrierter Verfahren maßgeblich darauf, dass der Kläger immer wieder in eigenem Namen und/oder dem seiner Söhne dieselben Streitgegenstände (z.B. keine Anrechnung von Kindergeld als Einkommen) an die Gerichte heranträgt, und dies zum Teil auch noch in Zugunstenverfahren. Dies führt zum einen zu erheblichen Schwierigkeiten für die einzelnen Kammern des Sozialgerichts bzw. die Senate des Landessozialgerichts, die für das jeweilige Verfahren benötigten Leistungsakten beizuziehen, zum anderen macht es regelmäßig Überprüfungen erforderlich, ob möglicherweise doppelte Rechtshängigkeit gegeben ist. Eben dies war auch im hier streitgegenständlichen Verfahren wieder der Fall. Nicht nur verursacht dies zusätzliche Arbeitsschritte mit Blick auf die erforderliche Prüfung. Vielmehr macht es – wie sich aus dem im Tatbestand wiedergegebenen Ablauf zeigt – bei dem Kläger auch zusätzliche Entscheidungen erforderlich, weil er in aller Regel nicht bereit ist, ein offensichtlich unzulässiges Rechtsmittel zurückzunehmen. All dies bindet unnötigerweise gerichtliche Arbeitskraft, was sich letztlich nicht nur auf die Dauer der vom Kläger geführten Verfahren, sondern auch die aller anderen Rechtsschutzsuchenden auswirkt.
Weiter ist festzuhalten, dass der Kläger teilweise Begehren an die Gerichte heranträgt, die von einem vernünftigen Dritten nicht mehr nachzuvollziehen sind. Lediglich beispielhaft sei auf das bereits in dem Urteil des Senats vom 25. August 2015 wiedergegebene, beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 174 AS 10685/13 bzw. beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen L 20 AS 522/14 registrierte Verfahren verwiesen, das seinerseits wiederum Gegenstand der unter dem Aktenzeichen L 37 SF 83/15 EK AS rechtshängigen Entschädigungsklage ist. In diesem Verfahren nahm der Kläger über mehrere Instanzen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch, um im Wesentlichen Leistungen für eine Grundreinigung seines Badezimmers sowie für regelmäßige zukünftige Badezimmerreinigungen durchzusetzen, weil es ihm und seinen mit ihm in einer Wohnung lebenden, 1986 und 1988 geborenen Söhne angeblich nicht möglich sein soll, selbst für eine angemessene Sauberkeit ihres Badezimmers zu sorgen. Auch in diesem Verfahren wurde im Übrigen – wie auch im hier streitgegenständlichen Ausgangsverfahren – deutlich, dass die beim Kläger zu objektivierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei weitem nicht den von ihm behaupteten Grad erreichen.
Die Bearbeitung der vom Kläger geführten Verfahren wird weiter dadurch erschwert, dass er regelmäßig keine konkreten Anträge stellt und seine Klagen so formuliert, dass immer wieder unklar ist, in wessen Namen er überhaupt klagt. So werden bereits die Verfahren auf Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung – zumindest scheinbar eher willkürlich - mal nur im eigenen Namen, mal – und dies wiederum in wechselnden Konstellationen - zugleich auch im Namen seiner Söhne geführt. Und die inzwischen in nicht unerheblichem Umfang anhängig gemachten Entschädigungsklagen werden – sei es von Anfang an, sei es im Wege der Klageerweiterung – nicht nur in Einzelfällen im Namen aller drei Personen erhoben, obwohl die Söhne am jeweils zum Gegenstand erklärten Ausgangsverfahren überhaupt nicht beteiligt waren. Gerichtliche Kapazitäten werden schließlich unnötigerweise auch dadurch gebunden, dass der Kläger – sei es aus allgemeiner Überforderung mit der Materie, sei es der Vielzahl der von ihm geführten Verfahren geschuldet – letztlich selbst den Überblick über die von ihm anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten und die verfolgten Begehren verloren hat und ihm daher immer wieder Kopien seiner eigenen Schriftsätze zuzuschicken sind. Auch dies ist wieder im Ausgangsverfahren erkennbar, in dem der Kläger bereits im März 2011 nicht wusste, welche Klage er zwei Monate zuvor erhoben hatte. Ergänzend wird diesbezüglich auf das bereits benannte, den Beteiligten bekannte Urteil des Senats vom 25. August 2015 verwiesen.
Berücksichtigt hat der Senat schließlich auch, dass sowohl den von dem Kläger geführten Ausgangsverfahren als auch den diversen – 25 zumindest auch im eigenen Namen zzgl. acht im Namen der Söhne erhobenen (Stand: 19. April 2016) - Entschädigungsklagen nicht selten ein hohes Anspruchsdenken zu entnehmen ist. Lediglich beispielhaft sei insoweit nochmals das unter dem Aktenzeichen S 37 SF 83/15 EK AS geführte Entschädigungsverfahren erwähnt, in dem der Kläger im eigenen Namen sowie dem seiner beiden Söhne Entschädigungen i.H.v. jeweils 800,00 EUR mit Blick auf die Dauer eines Ausgangsverfahrens begehrte, an dem seine Söhne überhaupt nicht beteiligt waren, das – wie ausgeführt - auf Gewährung von Leistungen für eine Grundreinigung des Badezimmers sowie für regelmäßige zukünftige Badezimmerreinigungen gerichtet und über zwei Instanzen hinweg in rund zwei Jahren rechtskräftig abgeschlossen war. Letztlich lässt nicht nur das Erheben, sondern auch das immer wieder festzustellende hartnäckige Festhalten an offensichtlich überzogenen Forderungen den Eindruck aufkommen, dass es dem Kläger um das Erschließen von Einnahmequellen zur Finanzierung den alltäglichen Bedarf übersteigender Annehmlichkeiten geht. Deutlich wird dies z.B. in der in den Rechtsstreit eingeführten "Anhörungsrüge." des Klägers vom 22. Mai 2015, in der es heißt: "Eine besondere Schadensersatzforderung behalte ich mit vor, da uns durch die Rechtsverweigerung weitere Schäden entstehen. Meine Söhne ( ) benötigen beide endlich einen Führerschein. Ferner könnte Felix Anfang Juni mit seinem Kumpel und Studienkollegen nach Japan fliegen. Das geht aber aus finanziellen Gründen leider nicht. Es sei denn, Sie schaffen es, schnell zu überweisen. Felix und mir ist sehr daran gelegen, dass er diese einmalige Gelegenheit wahrnehmen kann." Einen weiteren Hinweis bietet die in den Rechtsstreit eingeführte "Erinnerung " vom 12. März 2015 zum Aktenzeichen L 37 SF 291/13 EK AS, mit der der Kläger eine schnelle Überweisung von Geld begehrt, da beide Söhne "endlich ihren Führerschein machen wollen und sollen". Gleiches gilt für die im Verfahren L 37 SF 249/13 ER AS am 31. August 2015 erhobene Verzögerungsrüge, zu deren Begründung der Kläger ausführt: "Überdies ist Ihnen aus anderen Verfahren bekannt, dass meine Söhne hochverschuldet sind, durch Befög-Schulden und zusätzliche Studienkredite. Daher ist es ganz dringend, dass wir endlich Rechtsklarheit haben und die Mittel, um diese Kredite abzulösen. Mit so hohen Schulden ist die Gründung einer Familie kaum möglich. Meine Söhne sind 29 und 27 Jahre und müssen wohl noch Jahre Schulden tilgen. Daher hilft jeder Euro, den wir ausbezahlt bekommen." Dass für den Kläger tatsächlich ein schneller Abschluss der (Ausgangs-)Verfahren im Vordergrund der eigenen Interessen steht, vermag der Senat hingegen nicht zu erkennen.
Auch wenn der Wunsch nach möglichst hohen finanziellen Leistungen, egal aus welcher staatlichen Quelle, menschlich verständlich sein mag, kann dies bei der Würdigung des Verhaltens eines Klägers im Entschädigungsverfahren ebenso wenig unberücksichtigt bleiben wie ein überproportional viel Arbeitskraft bindendes und sich damit letztlich für alle Rechtsuchenden negativ auswirkendes Prozessverhalten. Weiter kann sich dies zur Überzeugung des Senats nicht nur in den Fällen auswirken, in denen – sei es im Ausgangs-, sei es im Entschädigungsverfahren - im Einzelfall ein offensichtlich aussichtsloses Begehren in nicht adäquater Art und Weise verfolgt wird. Vielmehr müssen Kläger, die wie der Kläger agieren, es hinnehmen, dass den Gerichten bei der Bearbeitung ihrer Verfahren allgemein eine längere Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden wird. Denn andernfalls bliebe – entschädigungsrechtlich betrachtet - das einer zügigen Verfahrensführung eher abträgliche Verhalten eines Klägers letztlich nicht nur folgenlos, sondern würde ihn im Rahmen von Entschädigungsverfahren noch gegenüber anderen Klägern begünstigen.
Im Umfang der damit hier anzusetzenden 18 Monate ist es jedoch – wie oben ausgeführt – nicht zu Zeiten gerichtlicher Inaktivität gekommen. Auch wenn das streitgegenständliche Verfahren damit objektiv sicher länger gedauert hat, weist es gleichwohl noch keine unangemessene Dauer auf. Auch die Feststellung einer Verfahrensüberlänge scheidet damit von vornherein aus.
3. Mithin greift bereits mangels unangemessener Verfahrensdauer die Regelung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG nicht ein, nach der ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet wird, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Es kann daher dahinstehen, ob vorliegend nicht – maßgeblich mit Blick auf das von deutlichem Anspruchsdenken und dem Erschließen neuer Einnahmequellen geprägten Prozessverhalten des Klägers – besondere Umstände festzustellen wären, die diese gesetzliche Vermutung, die auf der Annahme beruht, durch die lange Verfahrensdauer sei es zu seelischer Unbill gekommen (Gesetzesentwurf BT-Drucks 17/3802, S. 19), zu widerlegen geeignet erscheinen ließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Anlass, die Revision nach §§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 202 Satz 2 SGG, 201 Abs. 2 Satz 3 GVG zuzulassen, bestand nicht.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin zuletzt unter dem Aktenzeichen S 61 AS 314/11 geführten Verfahrens. Dem inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit seiner am 05. Januar 2011 beim Sozialgericht Berlin erhobenen, dort zunächst unter dem Aktenzeichen S 196 AS 314/11 registrierten Klage wandte der Kläger sich gegen die mit Bescheid des Jobcenters – des Beklagten im Ausgangsverfahren - vom 03. Januar 2011 ausgesprochene Absenkung des ihm gewährten Arbeitslosengeldes II um monatlich 71,80 EUR für die Monate Februar bis April 2011 aufgrund eines Meldeversäumnisses. Zur Begründung machte er geltend, dass er gehbehindert und chronisch krank sei, seine Wohnung nicht an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen sei und das Jobcenter keine Taxikosten übernehme.
Nach Bestätigung des Klageeingangs unter dem 06. Januar 2011 und Eingang der Klageerwiderung am 01. März 2011 wies die Kammervorsitzende unter dem 02. März 2011 auf die Unzulässigkeit der Klage mangels Durchführung eines Widerspruchsverfahrens hin und regte deren Rücknahme an. Dies verband sie mit einer Anhörung zur Entscheidung gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Unter dem 06. März 2011 bat der Kläger daraufhin um Übersendung seines eigenen Schriftsatzes vom 05. Januar 2011. Nachdem das Gericht dieser Bitte umgehend nachgekommen war, hielt der Kläger unter dem 10. März 2011 an seinem Begehren fest und behauptete nunmehr, für Strecken von mehr als 50 m ein Taxi zu benötigen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2011 wies der Beklagte des Ausgangsverfahrens den Widerspruch zurück. Der Bescheid ging zwei Tage später beim Sozialgericht ein. Unter dem 04. April 2011 wies die Kammervorsitzende den Kläger darauf hin, dass die Klage nunmehr zulässig sei. Weiter teilte sie bei dieser Gelegenheit mit, dass in dem vom Kläger parallel geführten, eine Sanktion für einen vorangehenden Zeitraum betreffenden Verfahren S 168 AS 25850/10 die Einholung eines Wegefähigkeitsgutachtens beabsichtigt sei, das auch für dieses Verfahren von Bedeutung sein dürfte. Die 168. Kammer bat sie am selben Tage um Benachrichtigung nach Eingang dieses Gutachtens. Schließlich setzte sie sich in Erwartung des Gutachtens eine Frist von drei Monaten.
Anfang Juli 2011 forderte die Kammervorsitzende die Akten der 168. Kammer an, die zwischenzeitlich in der 127. Kammer unter dem Aktenzeichen S 127 AS 25850/10 geführt wurden. Am 18. Juli 2011 gingen die Akten ein. Am selben Tag sandte die Kammervorsitzende diese zurück und erkundigte sich, ob die Einholung eines Gutachtens zur Wegefähigkeit des Klägers beabsichtigt sei. Nachdem ihr mit am 27. Juli 2011 eingegangenem Schreiben mitgeteilt worden war, dass dies nicht der Fall sei, leitete die Kammervorsitzende am Folgetag eigene medizinische Ermittlungen ein. Nach Eintreffen der vom Kläger benötigten Erklärungen im August, gingen im Laufe des September 2011 – teilweise erst auf gerichtliche Mahnung - verschiedene angeforderte Befunde aus der den Kläger behandelnden orthopädischen Praxis ein. Unter dem 28. September 2011 wurde der Vorgang an die Kostenstelle zur Begleichung der Rechnungen für die Befundberichte und eine Wiedervorlage nach Erledigung verfügt. Es sollte dann die Einholung eines Gutachtens geprüft werden.
Mit am 24. Oktober 2011 eingegangenem Schriftsatz verwies der Beklagte des Ausgangsverfahrens auf seines Erachtens vorliegende doppelte Rechtshängigkeit der Sache. Die Kammervorsitzende forderte daraufhin die Akten zu dem vom Beklagten benannten Verfahren S 172 AS 9286/11 an. Es folgte zum Zwecke der Prüfung der – hier tatsächlich bestehenden – doppelten Rechtshängigkeit ein Austausch der Akten. Die unter dem Aktenzeichen S 172 AS 9286/11 geführte Klage wurde schließlich mit Gerichtsbescheid vom 14. Dezember 2011 abgewiesen.
Im streitgegenständlichen Ausgangsverfahren reichte der Kläger Mitte November 2011 ein Attest der Orthopäden Dres. Turczynsky und Zak vom 07. September 2011 zu den Akten, in dem unter Hinweis auf einen bisherigen Grad der Behinderung (GdB) von 10 auf eine Verschlechterung verwiesen und die Anerkennung des Merkzeichens "G" gefordert wurde. Der Schriftsatz wurde postwendend an den damaligen Beklagten zur Kenntnisnahme weitergeleitet.
Im Folgenden wurde der Rechtsstreit mehrfach um je einen Monat verfristet (Verfügungen vom 24. November und 28. Dezember 2011 sowie 30. Januar 2012), um den Sachstand in dem vom Kläger parallel geführten Verfahren S 44 VG 127/10 abzuwarten. Im März 2012 wurden der für den streitgegenständlichen Ausgangsrechtsstreit inzwischen zuständigen 61. Kammer (neues Aktenzeichen: S 61 AS 314/11) schließlich die Akten des Verfahrens S 44 VG 127/10 zur Verfügung gestellt. Das Gericht fertigte daraufhin Kopien zum einen eines für die Barmer GEK mit Blick auf einen möglichen ärztlichen Behandlungsfehler erstatteten chirurgischen Gutachtens vom 27. Juli 2010, zum anderen der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der 44. Kammer des Sozialgerichts Berlin mit Beweisaufnahme vom 17. November 2011. Letzterem war zu entnehmen, dass der dortige Rechtsstreit nach umfangreicher Beweisaufnahme zum Vorliegen eines vorsätzlichen tätlichen Angriffs vertagt worden war. Ein die Wegefähigkeit betreffendes Gutachten war nicht eingeholt worden. Der streitgegenständliche Rechtsstreit wurde daraufhin in der Absicht, die Akten der 44. Kammer dann erneut anzufordern, um zwei Monate verfristet. Entsprechend wurden die Akten auf richterliche Verfügung vom 21. Mai 2012 unter dem 19. Juni 2012 angefordert. Einen knappen Monat später lehnte die 44. Kammer unter Hinweis auf einen für den 09. August 2012 anberaumten Termin die Übersendung ab. Der Vorgang wurde daraufhin am 26. Juli 2012 um drei Wochen verfristet. Bei Wiedervorlage Ende August 2012 erfuhr das Gericht, dass in der Sache S 44 VG 127/10 ein weiterer Termin auf den 20. September 2012 anberaumt worden war, woraufhin die Sache nochmals um sechs Wochen verfristet wurde. Eine erneute Aktenanforderung vom Oktober 2012 gelangte Anfang November mit dem Bemerken zurück, dass sich die Akten für einen Monat beim Landgericht Berlin befänden. Es kam daraufhin zu einer weiteren Verfristung um sechs Wochen und im Dezember 2012 zu einer nochmaligen Aktenanforderung. Anfang Januar 2013 trafen die Akten der 44. Kammer schließlich bei der 61. Kammer ein. Auf richterliche Verfügung vom 08. Januar 2013 wurden daraufhin Ablichtungen der im Verfahren S 44 VG 127/10 eingeholten Befundberichte gefertigt.
Weiter wurden im Januar 2013 die Akten des Verfahrens S 127 AS 25850/10 angefordert, die kurz darauf eintrafen. Diesen war offenbar zu entnehmen, dass der Beklagte seinen einen früheren Zeitraum betreffenden Sanktionsbescheid bereits Anfang Januar 2012 aufgehoben hatte, da seinerzeit auf den Antrag des Klägers auf Übernahme der Taxikosten zum Erscheinen zum Meldetermin nicht rechtzeitig reagiert worden war. Jedenfalls fragte das Sozialgericht im Februar 2013 beim damaligen Beklagten an, ob im Hinblick auf die Entscheidung im Verfahren S 127 AS 25850/11 für die im hiesigen Ausgangsverfahren streitgegenständliche Sanktion eine Verringerung des Umfanges ausgesprochen worden sei.
Bereits unter dem 22. Januar 2013 war umgekehrt der Kläger aufgefordert worden, eine Ablichtung seines Schwerbehinderten-Ausweises sowie eines etwaigen Bescheides, mit dem das Merkzeichen "G" eingetragen wurde, vorzulegen, woraufhin dieser umgehend erklärt hatte, beides im Jahre 2011 beantragt und beim Sozialgericht bereits Untätigkeitsklage erhoben zu haben. Im Februar 2013 nahm der Kammervorsitzende daraufhin Einsicht in die Ende Januar 2013 von ihm angeforderten Akten des Verfahrens S 192 SB 1679/12 und bat anlässlich der Rücksendung Mitte Februar 2013 um Übermittlung der dort gegenständlichen Bescheide bei Eingang. Im genannten Verfahren erstrebte der Kläger in der Sache die Anerkennung eines GdB von 50 sowie des Vorliegens der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G".
Am 22. März 2013 forderte der Kammervorsitzende nochmals die Bescheide des Versorgungsamtes von der 192. Kammer an. Weiter erinnerte er den damaligen Beklagten unter Fristsetzung von drei Wochen an die Stellungnahme zur Anfrage vom Februar. Ende März 2013 teilte die 192. Kammer mit, dass die Bescheide noch nicht vorlägen, woraufhin der Rechtsstreit um sechs Wochen verfristet wurde.
Im Mai 2013 wurden die Akten antragsgemäß der 172. Kammer zur Verfügung gestellt und zusammen mit den dortigen Akten kurz darauf wieder an die 61. Kammer übersandt. Weiter wurde der Beklagte des Ausgangsverfahrens Mitte Mai 2013 nochmals an die erbetene Stellungnahme erinnert.
Unter dem 06. Juni 2013 übersandte der Vorsitzende der 192. Kammer der 61. Kammer eine Kopie des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 13. März 2013, mit dem dieses den Widerspruch des Klägers gegen einen Bescheid vom 21. Juni 2011 mit der Begründung zurückgewiesen hatte, dass die bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen (Funktionsbehinderung des Kniegelenkes links und chronische Magenschleimhautentzündung) keinen GdB von wenigstens 20 bedingten.
Auf weitere gerichtliche Mahnung vom 07. Juni 2013 teilte der Beklagte des Ausgangsverfahrens schließlich mit am 26. Juli 2013 eingegangenem Schriftsatz mit, dass der streitgegenständliche Bescheid dahin abgeändert werde, dass die Minderung nur noch 10 % der maßgebenden Regelleistung betrage. Am selben Tage erteilte der zuständige Richter dem Kläger daraufhin einen rechtlichen Hinweis und regte an, das Teilanerkenntnis anzunehmen und den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt zu erklären. Mit am 02. August 2013 bei Gericht eingehendem Schriftsatz beharrte der Kläger darauf, wegeunfähig zu sein. Das Schreiben wurde dem damaligen Beklagten am 07. August 2013 zur Stellungnahme binnen drei Wochen zugeleitet. Dessen Erwiderung ging letztlich am 06. November 2013 ein. Bereits im September 2013 war die Sache in das "EÖT/E-Fach" (Erörterungstermins-/Entscheidungsfach) verfügt worden.
Am 29. Oktober 2013 erhob der Kläger Verzögerungsrüge.
Auf richterliche Verfügung vom 07. Februar 2014 wurde der Rechtsstreit unter dem 25. Februar 2014 auf den 31. März 2014 zu einem Erörterungstermin geladen. Unter dem 14. März 2014 forderte der Kläger eine Regelung auf schriftlichem Wege im Interesse der Einsparung von Taxikosten, woraufhin das Gericht ihm unter dem 17. März 2014 mitteilte, dass es bei dem Termin bleibe. Im Erörterungstermin war der Kläger zugegen und erteilte dort sein Einverständnis mit einer Beiziehung der in den Verfahren S 31 R 560/13 sowie S 44 VG 127/10 eingeholten Gutachten. Diese zog der Kammervorsitzende tags darauf bei. Hierbei handelte es sich zum einen um das im Verfahren S 44 VG 127/10 unter dem 09. September 2013 erstattete orthopädische Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Sparmann, in dem dieser ausführte, dass ein Ereignis am 20. Februar 2008 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Ursache für einen Schienbeinkopfbruch gewesen und als Schädigungsfolge eine posttraumatische Arthrose im linken Kniegelenk mit Bewegungseinschränkungen zu formulieren sei. Der Grad der Schädigungsfolgen betrage 20 % wegen einer Bewegungseinschränkung und eines chronischen Schmerzsyndroms. Zum andere handelte es sich um das fachorthopädische/chirurgische, im Verfahren S 31 R 560/13 unter dem 16. Januar 2014 erstattete Gutachten des Sachverständigen Dr. Totkas. Dieser führte dort aus, dass aus klinisch-objektiver Sicht eine leichte Beweglichkeitseinschränkung am linken Kniegelenk festzustellen sei. Das geringgradige Streck- und Beugedefizit sei gut kompensierbar. Die Benutzung von zwei Unterarmgehstützen über Jahre nach dem Ereignis im Februar 2008 sei ebenso wenig nachvollziehbar wie das Realisieren eines Dreipunktganges über fünf Jahre hinweg. Die Restbeweglichkeit des Kniegelenkes sei ausreichend. Die Messung der Beinumfänge ergebe allenfalls eine dezente Ober- und Unterschenkelumfangsminderung, die keinesfalls mit der Angabe des Klägers korreliere, das linke Bein seit fünf Jahren nur noch teilzubelasten. An den Handinnenflächen seien keinesfalls Gebrauchsspuren festzustellen, die auf eine regelmäßige Benutzung von zwei Unterarmgehstützen hinweisen würden. Die zwischenzeitliche Verordnung eines Elektrorollstuhls sei nicht nachvollziehbar. Auf der Grundlage der objektiven klinischen Parameter sei zu schlussfolgern, dass der Kläger viermal arbeitstäglich mehr als 501 Meter in jeweils weniger als 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Es sei allerdings davon auszugehen, dass bei ihm eine psychische Komorbidität vorliege.
In Auswertung dieser Gutachten teilte der Kammervorsitzende im streitgegenständlichen Ausgangsverfahren den Beteiligten unter dem 01. April 2014 mit, dass sich aus den Gutachten keine Hinweise auf eine Gehbehinderung ergäben, die dem Kläger das Zurücklegen normaler Gehstrecken unzumutbar machen könnte. Ferner wurde dem Kläger – wunschgemäß – Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen eingeräumt. Die Stellungnahme ging am 05. April 2014 ein. Der Kläger verwies weiterhin auf die Angaben seiner behandelnden Ärzte. Dem damaligen Beklagten wurde daraufhin Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu gegeben.
Unter dem 14. Mai 2014 fragte der Kammervorsitzende beim damaligen Beklagten an, ob inzwischen ein Änderungsbescheid ergangen sei, da das Teilanerkenntnis vom Kläger nicht angenommen worden sei. Mit am 26. Juni 2014 eingegangenem Schriftsatz bestätigte dieser, dass das Teilanerkenntnis bereits mit Bescheid vom 30. Juli 2013 umgesetzt worden sei.
Mit dem damaligen Beklagten am 01., dem Kläger am 02. Oktober 2014 zugestelltem, mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 22. September 2014 wies das Sozialgericht die Klage schließlich ab. Die Urteilsgründe wurden dem damaligen Beklagten am 01. Oktober 2014, dem Kläger am Folgetag zugestellt. Rechtsmittel hiergegen wurden nicht eingelegt.
Bereits am 07. Juli 2014 hatte der Kläger Entschädigungsklage erhoben, mit der er zunächst eine Entschädigung in Höhe von 2.000,00 EUR zzgl. Zinsen ab Klageerhebung begehrt hatte. Zur Begründung hatte er ausgeführt, dass das Verfahren im Umfang von 20 Monaten als überlang anzusehen sei.
Nachdem der Senat dem Kläger mit Beschluss vom 08. September 2015 Prozesskostenhilfe lediglich insoweit bewilligt hatte, wie die Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 600,00 EUR gerichtet ist, hat der Kläger die darüber hinausgehende Klage "für erledigt erklärt". Ergänzend hat er geltend gemacht, dass ihm die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens nicht – auch nicht teilweise - vorgeworfen werden könne. Insbesondere habe er es nicht versäumt, dem Gericht nötige Informationen zukommen zu lassen. Die Jobcenter arbeiteten seines Wissens eng mit dem Gericht zusammen, sodass es eine unnötige Doppelung und Belastung des Sozialgerichts darstellte, wenn auch er noch seine Erkenntnisse dem Gericht mitteilen müsste/würde. Im Übrigen meint er, dass das Gutachten des Sachverständigen Dr. T als völlig untauglich anzusehen sei, während der Sachverständige Prof. Dr. S den Gesamtgrad der Schädigungsfolge mit 20 % viel zu niedrig angesetzt habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verurteilen, ihm wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin zuletzt unter dem Aktenzeichen S 61 AS 314/11 geführten Verfahrens eine Entschädigung in Höhe von 600,00 EUR zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Erhebung der Entschädigungsklage am 07. Juli 2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, dass die Zeit von April bis Dezember 2012 – anders als im Prozesskostenhilfebeschluss anklinge – nicht als Zeit der entschädigungsrelevanten Verzögerung anzusehen sei. Während dieses Zeitraumes sei es vielmehr sachgerecht gewesen, die weiteren medizinischen Ermittlungen im Parallelverfahren abzuwarten. Zwar habe der damalige Vorsitzende am 12. März 2012 vermerkt, dass die beigezogene Akte S 44 VG 127/10 kein Gutachten oder ähnliches über die Wegefähigkeit des Klägers enthalte. Bereits am 20. März 2012 habe er jedoch eine Wiedervorlagefrist von zwei Monaten mit der Anmerkung gesetzt, die Akten des vorgenannten Verfahrens erneut anfordern zu wollen. Dies sei auch ab Mai 2012 fortlaufend geschehen, bis die Akte im Januar 2013 habe eingesehen werden können. Abgesehen davon, dass die Einschätzung, ob in anderen Verfahren medizinische Ermittlungen zu erwarten und daher abzuwarten seien, im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit zu treffen sei, seien letztendlich auch tatsächlich medizinische Ermittlungen durch den Richter der 44. Kammer und in weiteren Parallelverfahren erfolgt. Genau diese medizinischen Ermittlungsergebnisse hätten zur Entscheidungsreife des streitgegenständlichen Verfahrens geführt und zum klageabweisenden Urteil. Abgesehen davon sei dem streitgegenständlichen Verfahren für den Kläger keine Bedeutung beizumessen. In Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen sei der Kläger keinesfalls in der Weise körperlich eingeschränkt, wie er es u.a. im streitgegenständlichen Verfahren behaupte. Allein seine – medizinisch nicht zu objektivierende - Behauptung habe zu der langwierigen Ermittlungstätigkeit geführt, die letztlich entscheidend für die vom Kläger beklagte Dauer des Verfahrens war.
Der Beklagte hat im November 2015 eine Aufstellung über die vom Kläger in eigenem Namen bzw. als Vertreter/Prozessbevollmächtigter vor dem Sozialgericht Berlin geführten Verfahren vorgelegt (danach: 1994 zwei, 1996 ein und seit 2005 121 Verfahren in zumindest auch eigenem Namen zzgl. 30 als Vertreter/Prozessbevoll-mächtigter geführter Verfahren).
Der Senat hat mit Einverständnis des Klägers die Akten seines inzwischen unter dem Aktenzeichen L 17 R 43/15 geführten Rentenrechtsstreits beigezogen und den Beteiligten die daraus kopierten medizinischen Unterlagen zur Verfügung gestellt. Hierbei handelte es sich maßgeblich um - eine nach Beauftragung mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens ergangene Mitteilung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie – Dr. A vom 31. Juli 2014, dass der Kläger zurzeit nicht bereit sei, sich von ihm untersuchen zu lassen; - einen Befundbericht der Dres. Tund Z sowie des Dipl. med. L vom 23. Juli 2015, in dem es u.a. heißt, dass seit 2013 keine Arbeitsunfähigkeit bestanden habe und es am 19. November 2012 lediglich versehentlich zur Ausstellung eines Rezepts für einen Elektrorollstuhl gekommen sei; - gutachterliche Stellungnahmen des Facharztes für Orthopädie und Chirurgie Dr. T vom 18. August 2014 sowie 31. August 2015, der dabei blieb, dass die Verordnung eines Elektrorollstuhls orthopädisch nicht nachzuvollziehen und die Benutzung von Hilfsmitteln auf die psychische Komorbidität des Klägers zurückzuführen sei.
Weiter hat der Senat folgende Unterlagen in das Verfahren eingeführt: - eine Aufstellung der vom Kläger vor dem Sozialgericht Berlin geführten Ver- fahren (Stand: 03.06.2015), - eine Kopie des klägerischen Schreibens vom 12. März 2015 - "Erinnerung und alle in Frage kommenden Rechtsbehelfe" - in der Sache L 37 SF 291/13 EK AS, - eine Kopie seines an die Präsidentin des Landessozialgerichts gerichteten Schreibens vom 22. Mai 2015 - "Anhörungsrüge, Erinnerung, Nichtzulassungsbeschwerde, Dienstaufsichtsbeschwerde, Fachaufsichtsbeschwerde und alle weiteren, in Frage kommenden Rechtsmittel" – sowie - eine Kopie seines Schriftsatzes vom 31. August 2015 - "Rüge wegen überlan- ger Verfahrensdauer und Beschwerde über den Beschluss vom 27.08.2015" - in der Sache L 37 SF 249/13 EK AS.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Akten des Ausgangsverfahrens verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zwar zulässig, nicht jedoch begründet.
A. Die Klage, die auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin zuletzt unter dem Aktenzeichen S 61 AS 314/11 geführten Verfahrens gerichtet ist, ist zulässig.
I. Maßgebend für das vorliegende Klageverfahren sind die §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG, jeweils in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (GRüGV) vom 24. November 2011 (BGBl. I, S. 2302) und des Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2554). Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer handelt es sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch im Sinne des Art. 34 des Grundgesetzes (GG). Es ist daher nicht der ordentliche Rechtsweg, sondern vorliegend der zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Denn die grundsätzlich in § 201 Abs. 1 Satz 1 vorgesehene Zuweisung der Entschädigungsklagen an das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde, wird für sozialgerichtliche Verfahren in § 202 Satz 2 SGG modifiziert. Nach dieser Regelung sind die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das SGG tritt. Für die Entscheidung über die Klage ist daher das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zuständig.
II. Eine Entschädigungsklage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen. Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Der Kläger macht angesichts der Regelung des § 198 GVG nachvollziehbar geltend, auf die begehrte Entschädigungszahlung, die eine Leistung i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG darstellt, einen Rechtsanspruch zu haben. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl. § 198 Abs. 5 GVG). Vielmehr lässt die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung (BT-Drs. 17/3802, S. 22 zu Abs. 5 Satz 1), nach der der Anspruch nach allgemeinen Grundsätzen auch vor einer Klageerhebung gegenüber dem jeweils haftenden Rechtsträger geltend gemacht und außergerichtlich befriedigt werden kann, erkennen, dass es sich hierbei um eine Möglichkeit, nicht jedoch eine Verpflichtung handelt.
III. Zweifel an der Wahrung der gemäß § 90 SGG für die Klage vorgeschriebenen Schriftform bestehen ebenso wenig wie an der Einhaltung der in § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG normierten Sechsmonatsfrist für eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer. Die Entschädigungsklage wurde am 07. Juli 2014 und damit bereits vor Abschluss des streitgegenständlichen Ausgangsverfahrens, allerdings nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit ab Erhebung der Verzögerungsrüge am 29. Oktober 2013 (vgl. § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG) erhoben.
B. Allerdings ist die Klage nicht begründet. Zwar richtet sich die Klage zu Recht gegen das Land Berlin. Indes steht dem Kläger weder ein Entschädigungsanspruch zu noch kann das Gericht die Überlänge des Verfahrens feststellen.
I. Zu Recht richtet sich die Klage gegen das hier passivlegitimierte Land Berlin. Nach § 200 Satz 1 GVG haftet für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, das Land. Die Übertragung der Vertretung des beklagten Bundeslandes Berlin auf die Präsidentin des Sozialgerichts Berlin (§ 29 Abs. 1 Satz 1 der Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz vom 22.10.2012, Amtsblatt Berlin 2012, S. 1979) ist nicht zu beanstanden. Insbesondere durfte diese Übertragung durch eine Verwaltungsanweisung vorgenommen werden; ein Gesetz war nicht erforderlich (so BFH, Urteil vom 17.04.2013 - X K 3/12 - juris, Rn. 30 ff. für die vorher geltende Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz vom 20.09.2007, Amtsblatt Berlin 2007, 2641).
II. Der Kläger hat jedoch weder einen Anspruch auf die begehrte Entschädigung noch kann das Entschädigungsgericht auch nur die Überlänge des Verfahrens feststellen.
Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 S. 2 GVG). Eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Dies gilt nach Art. 23 Satz 2 bis 5 GRüGV für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten des GRüGV schon verzögert sind, mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten des GRüGV erhoben werden muss. Nur in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Verfahren ist zur Überzeugung des Senats bereits nicht als überlang anzusehen.
Ob ein Verfahren als überlang anzusehen ist, richtet sich nicht nach starren Fristen. Vielmehr regelt § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausdrücklich, dass es auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritten ankommt.
Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer ist - so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/3802, S. 18 f. zu § 198 Abs. 1) - unter dem Aspekt einer möglichen Mitverursachung zunächst die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat. Außerdem sind insbesondere zu berücksichtigen die Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falles sowie die Bedeutung des Rechtsstreits, wobei nicht nur die Bedeutung für den auf Entschädigung klagenden Verfahrensbeteiligten aus der Sicht eines verständigen Betroffenen von Belang ist, sondern auch die Bedeutung für die Allgemeinheit. Diese Umstände sind darüber hinaus in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen (vgl. dazu BSG, Urteile vom 21.02.2013 - B 10 ÜG 1/12 und 2/12 KL -, zitiert nach juris, jeweils Rn. 25 ff. und m.w.N.). Denn schon aus der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit wird deutlich, dass es auf eine gewisse Schwere der Belastung ankommt. Ferner sind das Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) sowie das Ziel, inhaltlich richtige Entscheidungen zu erhalten, zu berücksichtigen. Schließlich muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat, sodass ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten ist. Insgesamt reicht daher zur Annahme der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nicht jede Abweichung vom Optimum aus, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 33).
1. Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung bildet die - in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierte - Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von seiner Einleitung bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss. Vorliegend zog sich das streitgegenständliche Ausgangsverfahren ab Erhebung der Klage am 05. Januar 2011 und nach Zustellung der Urteilsgründe des Sozialgerichts am 02. Oktober 2014 beim Kläger bis zum Eintritt der Rechtskraft Anfang November 2014 über knapp drei Jahre und zehn Monate hin.
2. Bei dem gegenständlichen Rechtsstreit handelte es sich um ein für den Kläger als von allenfalls durchschnittlicher Bedeutung anzusehendes Verfahren von überdurchschnittlicher Komplexität und durchschnittlicher Schwierigkeit, in dessen Verlauf es zu Verzögerungen gekommen ist, die zum Teil dem beklagten Land, teilweise aber durchaus auch dem Verantwortungsbereich des Klägers und des damaligen Beklagten zuzurechnen sind.
a) Die für die Beurteilung der Verfahrensdauer maßgebliche Bedeutung des Verfahrens ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zum anderen trägt zur Bedeutung der Sache im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung bei. Wesentlich ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers bzw. der Klägerin und das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine/ihre weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/13 – Rn. 29, – B 10 ÜG 9/13 R –, Rn. 31, - B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 35, – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 38, jeweils zitiert nach juris).
Dem streitgegenständlichen Ausgangsverfahren kam für die Allgemeinheit keine Bedeutung zu. Für den Kläger stellte sich das Verfahren als von allenfalls durchschnittlicher Bedeutung dar. Streitgegenständlich war die Rechtmäßigkeit einer sanktionsbedingten Absenkung des dem Kläger bewilligten Arbeitslosengeldes II für drei Monate im Umfang von zunächst monatlich 71,80 EUR und nach Abgabe eines Teilanerkenntnisses zuletzt noch 36,40 EUR. Auch wenn es sich bei diesen Beträgen um solche handelt, die aus der Sicht eines Beziehers von Grundsicherungsleistungen nicht marginal sind, handelte es sich gleichwohl um einen sehr überschaubaren Streitwert. Hinzu kommt, dass es schon zu dem Zeitpunkt, zu dem die zuvor mangels Durchführung eines Vorverfahrens offensichtlich verfrüht erhobene Klage überhaupt zulässig wurde, bereits mit Blick auf zwei der streitigen drei Monate um Leistungen für die Vergangenheit ging. Schließlich hat sich der Zeitablauf weder nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers und das geltend gemachte Recht ausgewirkt noch stand dies nach Aktenlage zu irgendeinem Zeitpunkt des Ausgangsverfahrens zu befürchten.
b) Mit Blick auf die für die Verfahrensdauer bedeutsame Schwierigkeit und Komplexität des Verfahrens ist festzustellen, dass sich die Bearbeitung des als von durchschnittlicher Schwierigkeit einzustufenden Verfahrens als sehr komplex darstellte. Bereits die vom Kläger zur Begründung des Meldeversäumnisses behauptete Unfähigkeit, ohne Nutzung eines Taxis das Jobcenter zu erreichen, legte zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Sanktion medizinische Ermittlungen zumindest nahe, sodass für den Rechtsstreit von vornherein eine längere Bearbeitungszeit zu erwarten war. Dies hat sich im Folgenden auch bestätigt, da die Kammer teilweise eigene Ermittlungen angestrengt und teilweise die Ermittlungsergebnisse aus verschiedenen anderen Kammern beigezogen hat. Weiter ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es sich zunächst um eine unzulässige Klage handelte, die überhaupt erst im Laufe des Verfahrens zulässig wurde, die Sache schließlich vom Kläger doppelt rechtshängig gemacht wurde und das Gericht von keinem der Beteiligten zeitnah und überhaupt von sich aus darüber informiert wurde, dass im Verfahren S 127 AS 25850/10 bereits im Januar 2012 eine Aufhebung des Sanktionsbescheides erfolgt war, was für das streitgegenständliche Ausgangsverfahren von erheblicher Bedeutung war. Ebenso wenig wurde der zuständigen Kammer mitgeteilt, dass das – vom Kläger nicht angenommene - Teilanerkenntnis mit Bescheid vom 30. Juli 2013 umgesetzt worden war. Auch hiervon erfuhr das Gericht erst auf eigene Nachfrage ein knappes Jahr später.
c) Mit Blick auf den Ablauf des Verfahrens ist festzustellen, dass einige der aufgetretenen Verzögerungen durchaus den Beteiligten des Ausgangsverfahrens anzulasten sind. Auf Seiten des Klägers ist insoweit hervorzuheben, dass er sich kaum zwei Monate nach Klageerhebung selbst nicht mehr an seinen Klageschriftsatz erinnern konnte, sodass dieser ihm zur Verfügung gestellt werden musste, und er den Streitgegenstand letztlich nach Erlass des Widerspruchsbescheides doppelt anhängig gemacht hat. Der damalige Beklagte hat schließlich für die Beantwortung einer gerichtlichen Anfrage vom Februar 2013 trotz mehrmaliger Mahnungen bis Ende Juli 2013 benötigt. Beiden Beteiligten ist schließlich anzulasten, das Gericht weder von selbst zeitnah darüber informiert zu haben, dass im Verfahren S 127 AS 25850/10 bereits im Januar 2012 eine Aufhebung des Sanktionsbescheides erfolgt war, was für das streitgegenständliche Ausgangsverfahren von erheblicher Bedeutung war, noch ihm den infolge der Abgabe des – nicht angenommenen - Teilanerkenntnisses erteilten Änderungsbescheid umgehend übersandt zu haben.
Soweit es schließlich für eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch den Beklagten wesentlich darauf ankommt, ob ihm zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben, sind allein Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts maßgeblich (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 41). Vor diesem Hintergrund sind die während des Verfahrens aufgetretenen aktiven und inaktiven Zeiten der Bearbeitung konkret zu ermitteln. Kleinste relevante Zeiteinheit ist im Geltungsbereich des GRüGV dabei stets der Monat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R – Rn. 25, - B 10 ÜG 2/13 – Rn. 24, jeweils zitiert nach juris) im Sinne des Kalendermonats (BSG, Urteil vom 12.02.2015 – B 10 ÜG 11/13 R –, 2. Leitsatz und Rn. 34).
Zu beachten ist dabei, dass das Entschädigungsverfahren keine weitere Instanz eröffnet, um das Handeln des Ausgangsgerichts einer rechtlichen Vollkontrolle zu unterziehen. Bei der Beurteilung der Prozessleitung des Ausgangsgerichts hat das Entschädigungsgericht vielmehr die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und –gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht geradezu willkürlich erscheinen. Zudem räumt die Prozessordnung dem Ausgangsgericht ein weites Ermessen bei seiner Entscheidung darüber ein, wie es das Verfahren gestaltet und leitet. Die richtige Ausübung dieses Ermessens ist vom Entschädigungsgericht allein unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob das Ausgangsgericht bei seiner Prozessleitung Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen hat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/13 R – Rn. 36, – B 10 ÜG 9/13 R – , Rn. 39, – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 43, – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 42, jeweils zitiert nach juris). Denn ungeachtet richterlicher Unabhängigkeit besteht eine richterliche Grundpflicht zur stringenten und beschleunigten Verfahrensgestaltung (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 49). Dies bedeutet, dass die Gerichte bei ihrer Verfahrensleitung stets die Gesamtdauer des Verfahrens im Blick behalten müssen. Mit zunehmender Dauer des Verfahrens verdichtet sich die aus dem Justizgewährleistungsanspruch resultierende Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen. Jedenfalls für Verfahren von hinreichender Bedeutung verbietet sich ab einem gewissen Zeitpunkt (weitere) Untätigkeit oder eine zögerliche Verfahrensleitung. Richterliche Verhaltensweisen, die zu Beginn eines Verfahrens grundrechtlich gesehen noch unbedenklich, wenn auch möglicherweise verfahrensökonomisch nicht optimal erscheinen mögen, können bei zunehmender Verfahrensdauer in Konflikt mit dem Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit geraten. Das gilt etwa für die Setzung großzügiger Fristen zur Stellungnahme, den mehrfachen Austausch von Schriftsätzen ohne richtungweisende Einflussnahme des Gerichts und ohnehin für so genannte Schiebeverfügungen (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/13 R – Rn. 37, – B 10 ÜG 9/13 R –, Rn. 40, – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 44, zitiert jeweils nach juris).
Weiter ist insoweit zu berücksichtigen, dass generell auch ein Zuwarten auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem parallelen Verfahren als Zeiten der aktiven Bearbeitung anzusehen seien können, wenn nämlich zu erwarten ist, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von Relevanz sind, oder wenn die Beteiligten diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 47).
Gemessen daran gilt hier mit Blick auf das streitgegenständliche Ausgangsverfahren Folgendes:
Nach Klageeingang am 05. Januar 2011 wurde das Verfahren durch das Gericht zügig betrieben und durch sachgerechte rechtliche Hinweise gefördert. Soweit dem Verfahren erstmals in den Monaten Mai und Juni 2011 kein Fortgang gewährt wurde, stellt sich dies nicht als Verzögerung dar. Die zuständige Kammer, deren Einschätzung, es seien medizinische Ermittlungen mit Blick auf die Wegefähigkeit des Klägers erforderlich, sich keinesfalls als willkürlich darstellt, und deren Entscheidung, entsprechende Ermittlungen selbst in die Wege zu leiten bzw. Erkenntnisse aus anderen Verfahren beizuziehen, das Entschädigungsgericht damit nicht in Frage zu stellen hat, hat im fraglichen Zeitraum den Eingang eines - vermeintlich mit Blick auf den vorangegangenen Sanktionszeitraum von der 168. Kammer des Sozialgerichts in Auftrag gegebenen Wegefähigkeitsgutachtens – abgewartet. Dies ist nicht zu beanstanden. Nachdem der damaligen Kammervorsitzenden Ende Juli 2011 bekannt geworden war, dass ein entsprechendes Gutachten nicht eingeholt worden war und die Einholung nach dem Übergang dieses Parallelverfahrens in eine andere Kammer auch nicht (mehr) beabsichtigt sei, hat sie selbst umgehend Ermittlungen in die Wege geleitet. Im Oktober 2011 stagnierte das Verfahren sodann, weil Prüfungen zur – hier tatsächlich gegebenen – doppelten Rechtshängigkeit des Verfahrens erforderlich waren. Dies ist nicht dem Gericht anzulasten, fällt vielmehr in den Verantwortungsbereich des Klägers, der – wie bei ihm leider häufig festzustellen – in der Vielzahl der von ihm geführten Verfahren offenbar den Überblick verloren hatte.
Dass das Sozialgericht nach Eingang eines Attestes der den Kläger behandelnden Orthopäden weitere Ermittlungen für geboten hielt, ist unter dem Aspekt der richterlichen Unabhängigkeit nicht zu bemängeln. Auch wenn das Attest nicht geeignet gewesen sein dürfte, die vom Kläger behaupteten gesundheitlichen Einschränkungen zu stützen, stellt es sich zumindest nicht als willkürlich dar, dass sich das Ausgangsgericht genötigt gesehen hat, im Wege der Amtsermittlung zu prüfen, ob weitergehende als von den behandelnden Ärzten bescheinigte gesundheitliche Einschränkungen vorliegen.
Auch sieht der Senat es als gerechtfertigt an, dass die Kammer bis einschließlich März 2012 den Stand des damals in der 44. Kammer geführten Verfahrens abgewartet hat. Denn nicht nur mit Blick auf den von den Gerichten zu fordernden sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln, sondern auch vor dem Hintergrund der mit zahlreichen Untersuchungen für Kläger verbundenen Belastungen war es aus der insoweit maßgeblichen ex-ante-Sicht des Gerichts sachgerecht, in Erwartung des Eintreffens medizinischer Gutachten in diesem weiteren vom Kläger geführten Rechtsstreit von der Anstrengung eigener medizinischer Ermittlungen (zunächst) abzusehen.
Nicht mehr gilt dies zur Überzeugung des Senats jedoch, nachdem das Gericht im März 2012 erfahren hatte, dass von der 44. Kammer bis dahin kein Gutachten in Auftrag gegeben worden war. Ausweislich des seinerzeit kopierten Protokolls über die mündliche Verhandlung vor der 44. Kammer prüfte diese im fraglichen Zeitraum vielmehr, ob es überhaupt zu einem vorsätzlichen tätlichen Angriffs zum Nachteil des Klägers gekommen war. Ob es zu medizinischen Ermittlungen kommen würde, stand im fraglichen Zeitraum mithin nicht fest, zumal sich durchaus die Frage hätte aufdrängen müssen, ob etwaige – ggf. insbesondere die Kausalität eines Angriffs im Februar 2008 für eine Gesundheitsschädigung zum Gegenstand habende – Ermittlungen überhaupt Aufschluss über die Wegefähigkeit im Frühjahr 2011 geben würden. Nachdem die Kammer bereits im Sommer 2011 und nun nochmals im Winter 2011/2012 erfolglos vermeintliche Ermittlungen anderer Kammern abgewartet hatte, musste sie diese nunmehr – so sie sie für erforderlich hielt – selbst in die Wege leiten. Entgegen der Ansicht des Beklagten rechtfertigte die richterliche Unabhängigkeit hingegen nicht mehr ein weiteres Abwarten auf die Ergebnisse – konkret nicht absehbarer, sondern allenfalls in der Zukunft möglicher – medizinischer Ermittlungen. Sachgerechter Fortgang wurde dem Verfahren vielmehr erst wieder im Januar 2013 gewährt, sodass sich die neun Monate von April bis Dezember 2012 als dem Beklagten anzulastende Zeiten der gerichtlichen Inaktivität darstellen.
Nachdem das Gericht im Januar 2013 Kenntnis von der Aufhebung des den vorangegangenen Zeitraum betreffenden Sanktionsbescheides erhalten hatte, hat es sachgerecht im Februar beim damaligen Beklagten angefragt, ob die Sanktion bzgl. des dort streitgegenständlichen Zeitraums der Höhe nach reduziert werde. Den Monat März hatte das Gericht für eine Antwort abzuwarten. Dass es – nachdem diese nicht eingegangen war – im März 2013 mahnte und konsequenterweise nunmehr den April abwartete, ist ebenso wenig zu beanstanden.
Nicht mehr gilt dies jedoch, soweit das Gericht sich auch im Mai und Juni 2013 darauf beschränkte, den damaligen Beklagten zu erinnern. Vielmehr muss sich der Beklagte von diesen beiden Monaten den Monat Juni 2013 als Monat der gerichtlichen Inaktivität zurechnen lassen, weil die zuständige Kammer nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel der Prozessordnung, die sich im fraglichen Zeitraum aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht im Interesse der sachgerechten Verfahrensförderung als vernünftig darstellten, ausgeschöpft hat. Zwar geht der Senat nicht davon aus, dass ein Vorgehen nach § 106a Abs. 2 SGG erfolgversprechend gewesen wäre. Wohl aber wäre die Anberaumung eines Erörterungstermins zu fordern gewesen. Da allerdings auch dies - schon mit Blick auf die einzuhaltende Ladungsfrist - einen gewissen Vorlauf erforderlich gemacht hätte, ist zwar noch nicht der Monat Mai, wohl aber der Juni als Verzögerungsmonat zu bewerten, da es in diesem Monat auch ansonsten zu keiner erkennbaren Verfahrensförderung gekommen ist.
Nachdem der damalige Beklagte im Juli 2013 mitgeteilt hatte, dass der streitgegenständliche Bescheid abgeändert werde, hat das Gericht dem Verfahren wieder sachgerecht Fortgang gewährt und die Sache letztlich im September 2013 als entscheidungsreif eingestuft. Soweit es dann zwischen Oktober 2013 und Januar 2014 – mithin über vier Monate hinweg – nicht zu verfahrensfördernden Schritten gekommen ist, fällt dies in den Verantwortungsbereich des Beklagten. Ab Februar 2014 wurde das Gericht dann wieder aktiv, lud die Sache zum Erörterungstermin im März, zog Anfang April Akten aus Verfahren bei, in denen zwischenzeitlich medizinisch ermittelt worden war, erteilte den damaligen Verfahrensbeteiligten im selben Monat einen rechtlichen Hinweis und erkundigte sich schließlich im Mai 2014 beim Beklagten, ob das Teilanerkenntnis umgesetzt worden sei, nachdem keiner der Beteiligten es davon von selbst unterrichtet hatte. Den Juni 2014 musste das Gericht schließlich für eine Stellungnahme hierzu abwarten, die dann auch Ende des Monats einging.
Hingegen stellen sich die Monate Juli und August 2014 wieder als Verzögerungsmonate dar. Denn erst im September 2014 erging das die Klage abweisende Urteil, das den damaligen Beteiligten zeitnah – Anfang Oktober 2014 – zugestellt wurde.
Auch wenn sich nach alledem die Kalendermonate, für die von gerichtlicher Inaktivität auszugehen ist, auf 16 summieren, bedeutet dies nicht, dass von einer entschädigungsrelevanten Verzögerung in ebendiesem Umfang auszugehen wäre. Denn die Bestimmung der maximal zulässigen, noch angemessenen Verfahrenslaufzeit kann jeweils nur aufgrund einer abschließenden Gesamtbetrachtung und –würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls insbesondere mit Blick auf die in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien erfolgen. Die Feststellung längerer Zeiten fehlender Verfahrensförderung durch das Gericht in bestimmten Verfahrensabschnitten führt noch nicht zwangsläufig zu einer unangemessenen Verfahrensdauer. Denn es ist zu beachten, dass einem Rechtsschutzsuchenden - je nach Bedeutung und Zeitabhängigkeit des Rechtsschutzziels sowie abhängig von der Schwierigkeit des Rechtsstreits und von seinem eigenen Verhalten - gewisse Wartezeiten zuzumuten sind, da grundsätzlich jedem Gericht eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen muss (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 52). Allerdings muss die persönliche und sachliche Ausstattung der Sozialgerichte einerseits so beschaffen sowie die gerichtsinterne Organisation der Geschäfte (Geschäftsverteilung, Gestaltung von Dezernatswechseln etc.) andererseits so geregelt sein, dass ein Richter oder Spruchkörper die inhaltliche Bearbeitung und Auseinandersetzung mit der Sache wegen anderweitig anhängiger ggf. älterer oder vorrangiger Verfahren im Regelfall nicht länger als zwölf Monate zurückzustellen braucht. Die systematische Verfehlung dieses Ziels ist der Hauptgrund dafür, dass die für die Ausstattung der Gerichte zuständigen Gebietskörperschaften Bund und Land mit den Kosten der Entschädigungszahlungen belastet werden, wenn Gerichtsverfahren eine angemessene Dauer überschreiten (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 53, – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 46, jeweils zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund sind - vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls - Vorbereitungs- und Bedenkzeiten im Umfang von bis zu zwölf Monaten je Instanz regelmäßig als angemessen anzusehen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte als begründet und gerechtfertigt angesehen werden können, und können in mehrere, insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Angemessen bleibt die Gesamtverfahrensdauer regelmäßig zudem dann, wenn sie zwölf Monate überschreitet, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht oder durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht wird, die das Gericht nicht zu vertreten hat (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 33, 54 f., – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 47 f.).
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze übersteigt die Verfahrensdauer das noch angemessene Maß nicht. Wie dargelegt steht den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit neben den Zeiten der aktiven Verfahrensführung je Instanz im Regelfall eine zwölfmonatige Vorbereitungs- und Bedenkzeit zu, die entschädigungslos hinzunehmen ist. Anlass, diesen Zeitraum zu reduzieren, sieht der Senat vorliegend trotz der Tatsache, dass es um Grundsicherungsleistungen ging, nicht. Der von der streitgegenständlichen Sanktion betroffene Zeitraum war zu dem Zeitpunkt, als die Klage überhaupt zulässig wurde, zu weiten Teilen bereits abgelaufen, sodass es keiner besonders eiligen Erledigung mehr bedurfte, zumal es auch nicht um eine erhebliche Sanktionshöhe ging.
Im Gegenteil ist die Vorbereitungs- und Bedenkzeit, die dem Sozialgericht – und im Übrigen ggf. ebenso dem Landessozialgericht - bei der Bearbeitung der Verfahren des hiesigen Klägers zusteht, in aller Regel je Instanz um sechs Monate zu erweitern, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 25. August 2015 (L 37 SF 29/14 EK AS) ausgeführt hat. Ausschlaggebend dafür ist nicht das Vorgehen des Klägers im konkreten streitgegenständlichen Ausgangsverfahren. Vielmehr hat der Senat im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung neben der Anzahl der vom Kläger geführten Rechtsstreitigkeiten insbesondere sein Prozessverhalten im Allgemeinen berücksichtigt und dabei in Rechnung gestellt, dass sich dieses zum Nachteil aller anderen Rechtsschutz Suchenden auswirkt.
Die den Gerichten eingeräumte Vorbereitungs- und Bedenkzeit von in der Regel zwölf Monaten basiert – wie dargelegt – maßgeblich auf der Überlegung, dass die persönliche und sachliche Ausstattung der Sozialgerichte so beschaffen sein muss, dass die inhaltliche Bearbeitung und Auseinandersetzung mit der Sache wegen anderweitig anhängiger ggf. älterer oder vorrangiger Verfahren im Regelfall nicht länger als zwölf Monate zurückgestellt werden muss, und die systematische Verfehlung dieses Ziels der Hauptgrund dafür ist, dass die für die Ausstattung der Gerichte zuständigen Gebietskörperschaften mit den Kosten der Entschädigungszahlungen belastet werden, wenn Gerichtsverfahren eine angemessene Dauer überschreiten. Zur Überzeugung des Senats ist jedoch keine Gebietskörperschaft, die nicht nur für eine ausreichende Personalausstattung zu sorgen, sondern auch auf einen sparsamen Umgang mit den vorhandenen Haushaltsmitteln zu achten hat, gehalten, gerichtliches Personal für Kläger zur Verfügung zu stellen, die eine Gerichtsbarkeit exzessiv in Anspruch nehmen, wenn nicht sogar die Justiz zu sachfremden Zwecken missbrauchen. Dies aber ist bei dem hiesigen Kläger, dessen Klagefreudigkeit bereits durch die Anzahl seiner in der Sozialgerichtsbarkeit verfolgten Verfahren deutlich wird, der Fall. So wurden für ihn seit 2005 121 Verfahren als (Mit)Kläger registriert. Diese Zahl übersteigt das auch für einen Bezieher von Leistungen nach dem SGB II zu erwartende Maß deutlich, zumal der Kläger weder über wechselndes Einkommen verfügt noch ein in seinem Eigentum stehendes Objekt bewohnt, was typischerweise zum Erlass häufigerer Bescheide durch die Grundsicherungsträger Anlass geben und Grund für häufigere Klagen bieten könnte. Im Gegenteil basiert die erhebliche Anzahl für ihn registrierter Verfahren maßgeblich darauf, dass der Kläger immer wieder in eigenem Namen und/oder dem seiner Söhne dieselben Streitgegenstände (z.B. keine Anrechnung von Kindergeld als Einkommen) an die Gerichte heranträgt, und dies zum Teil auch noch in Zugunstenverfahren. Dies führt zum einen zu erheblichen Schwierigkeiten für die einzelnen Kammern des Sozialgerichts bzw. die Senate des Landessozialgerichts, die für das jeweilige Verfahren benötigten Leistungsakten beizuziehen, zum anderen macht es regelmäßig Überprüfungen erforderlich, ob möglicherweise doppelte Rechtshängigkeit gegeben ist. Eben dies war auch im hier streitgegenständlichen Verfahren wieder der Fall. Nicht nur verursacht dies zusätzliche Arbeitsschritte mit Blick auf die erforderliche Prüfung. Vielmehr macht es – wie sich aus dem im Tatbestand wiedergegebenen Ablauf zeigt – bei dem Kläger auch zusätzliche Entscheidungen erforderlich, weil er in aller Regel nicht bereit ist, ein offensichtlich unzulässiges Rechtsmittel zurückzunehmen. All dies bindet unnötigerweise gerichtliche Arbeitskraft, was sich letztlich nicht nur auf die Dauer der vom Kläger geführten Verfahren, sondern auch die aller anderen Rechtsschutzsuchenden auswirkt.
Weiter ist festzuhalten, dass der Kläger teilweise Begehren an die Gerichte heranträgt, die von einem vernünftigen Dritten nicht mehr nachzuvollziehen sind. Lediglich beispielhaft sei auf das bereits in dem Urteil des Senats vom 25. August 2015 wiedergegebene, beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 174 AS 10685/13 bzw. beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen L 20 AS 522/14 registrierte Verfahren verwiesen, das seinerseits wiederum Gegenstand der unter dem Aktenzeichen L 37 SF 83/15 EK AS rechtshängigen Entschädigungsklage ist. In diesem Verfahren nahm der Kläger über mehrere Instanzen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch, um im Wesentlichen Leistungen für eine Grundreinigung seines Badezimmers sowie für regelmäßige zukünftige Badezimmerreinigungen durchzusetzen, weil es ihm und seinen mit ihm in einer Wohnung lebenden, 1986 und 1988 geborenen Söhne angeblich nicht möglich sein soll, selbst für eine angemessene Sauberkeit ihres Badezimmers zu sorgen. Auch in diesem Verfahren wurde im Übrigen – wie auch im hier streitgegenständlichen Ausgangsverfahren – deutlich, dass die beim Kläger zu objektivierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei weitem nicht den von ihm behaupteten Grad erreichen.
Die Bearbeitung der vom Kläger geführten Verfahren wird weiter dadurch erschwert, dass er regelmäßig keine konkreten Anträge stellt und seine Klagen so formuliert, dass immer wieder unklar ist, in wessen Namen er überhaupt klagt. So werden bereits die Verfahren auf Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung – zumindest scheinbar eher willkürlich - mal nur im eigenen Namen, mal – und dies wiederum in wechselnden Konstellationen - zugleich auch im Namen seiner Söhne geführt. Und die inzwischen in nicht unerheblichem Umfang anhängig gemachten Entschädigungsklagen werden – sei es von Anfang an, sei es im Wege der Klageerweiterung – nicht nur in Einzelfällen im Namen aller drei Personen erhoben, obwohl die Söhne am jeweils zum Gegenstand erklärten Ausgangsverfahren überhaupt nicht beteiligt waren. Gerichtliche Kapazitäten werden schließlich unnötigerweise auch dadurch gebunden, dass der Kläger – sei es aus allgemeiner Überforderung mit der Materie, sei es der Vielzahl der von ihm geführten Verfahren geschuldet – letztlich selbst den Überblick über die von ihm anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten und die verfolgten Begehren verloren hat und ihm daher immer wieder Kopien seiner eigenen Schriftsätze zuzuschicken sind. Auch dies ist wieder im Ausgangsverfahren erkennbar, in dem der Kläger bereits im März 2011 nicht wusste, welche Klage er zwei Monate zuvor erhoben hatte. Ergänzend wird diesbezüglich auf das bereits benannte, den Beteiligten bekannte Urteil des Senats vom 25. August 2015 verwiesen.
Berücksichtigt hat der Senat schließlich auch, dass sowohl den von dem Kläger geführten Ausgangsverfahren als auch den diversen – 25 zumindest auch im eigenen Namen zzgl. acht im Namen der Söhne erhobenen (Stand: 19. April 2016) - Entschädigungsklagen nicht selten ein hohes Anspruchsdenken zu entnehmen ist. Lediglich beispielhaft sei insoweit nochmals das unter dem Aktenzeichen S 37 SF 83/15 EK AS geführte Entschädigungsverfahren erwähnt, in dem der Kläger im eigenen Namen sowie dem seiner beiden Söhne Entschädigungen i.H.v. jeweils 800,00 EUR mit Blick auf die Dauer eines Ausgangsverfahrens begehrte, an dem seine Söhne überhaupt nicht beteiligt waren, das – wie ausgeführt - auf Gewährung von Leistungen für eine Grundreinigung des Badezimmers sowie für regelmäßige zukünftige Badezimmerreinigungen gerichtet und über zwei Instanzen hinweg in rund zwei Jahren rechtskräftig abgeschlossen war. Letztlich lässt nicht nur das Erheben, sondern auch das immer wieder festzustellende hartnäckige Festhalten an offensichtlich überzogenen Forderungen den Eindruck aufkommen, dass es dem Kläger um das Erschließen von Einnahmequellen zur Finanzierung den alltäglichen Bedarf übersteigender Annehmlichkeiten geht. Deutlich wird dies z.B. in der in den Rechtsstreit eingeführten "Anhörungsrüge." des Klägers vom 22. Mai 2015, in der es heißt: "Eine besondere Schadensersatzforderung behalte ich mit vor, da uns durch die Rechtsverweigerung weitere Schäden entstehen. Meine Söhne ( ) benötigen beide endlich einen Führerschein. Ferner könnte Felix Anfang Juni mit seinem Kumpel und Studienkollegen nach Japan fliegen. Das geht aber aus finanziellen Gründen leider nicht. Es sei denn, Sie schaffen es, schnell zu überweisen. Felix und mir ist sehr daran gelegen, dass er diese einmalige Gelegenheit wahrnehmen kann." Einen weiteren Hinweis bietet die in den Rechtsstreit eingeführte "Erinnerung " vom 12. März 2015 zum Aktenzeichen L 37 SF 291/13 EK AS, mit der der Kläger eine schnelle Überweisung von Geld begehrt, da beide Söhne "endlich ihren Führerschein machen wollen und sollen". Gleiches gilt für die im Verfahren L 37 SF 249/13 ER AS am 31. August 2015 erhobene Verzögerungsrüge, zu deren Begründung der Kläger ausführt: "Überdies ist Ihnen aus anderen Verfahren bekannt, dass meine Söhne hochverschuldet sind, durch Befög-Schulden und zusätzliche Studienkredite. Daher ist es ganz dringend, dass wir endlich Rechtsklarheit haben und die Mittel, um diese Kredite abzulösen. Mit so hohen Schulden ist die Gründung einer Familie kaum möglich. Meine Söhne sind 29 und 27 Jahre und müssen wohl noch Jahre Schulden tilgen. Daher hilft jeder Euro, den wir ausbezahlt bekommen." Dass für den Kläger tatsächlich ein schneller Abschluss der (Ausgangs-)Verfahren im Vordergrund der eigenen Interessen steht, vermag der Senat hingegen nicht zu erkennen.
Auch wenn der Wunsch nach möglichst hohen finanziellen Leistungen, egal aus welcher staatlichen Quelle, menschlich verständlich sein mag, kann dies bei der Würdigung des Verhaltens eines Klägers im Entschädigungsverfahren ebenso wenig unberücksichtigt bleiben wie ein überproportional viel Arbeitskraft bindendes und sich damit letztlich für alle Rechtsuchenden negativ auswirkendes Prozessverhalten. Weiter kann sich dies zur Überzeugung des Senats nicht nur in den Fällen auswirken, in denen – sei es im Ausgangs-, sei es im Entschädigungsverfahren - im Einzelfall ein offensichtlich aussichtsloses Begehren in nicht adäquater Art und Weise verfolgt wird. Vielmehr müssen Kläger, die wie der Kläger agieren, es hinnehmen, dass den Gerichten bei der Bearbeitung ihrer Verfahren allgemein eine längere Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden wird. Denn andernfalls bliebe – entschädigungsrechtlich betrachtet - das einer zügigen Verfahrensführung eher abträgliche Verhalten eines Klägers letztlich nicht nur folgenlos, sondern würde ihn im Rahmen von Entschädigungsverfahren noch gegenüber anderen Klägern begünstigen.
Im Umfang der damit hier anzusetzenden 18 Monate ist es jedoch – wie oben ausgeführt – nicht zu Zeiten gerichtlicher Inaktivität gekommen. Auch wenn das streitgegenständliche Verfahren damit objektiv sicher länger gedauert hat, weist es gleichwohl noch keine unangemessene Dauer auf. Auch die Feststellung einer Verfahrensüberlänge scheidet damit von vornherein aus.
3. Mithin greift bereits mangels unangemessener Verfahrensdauer die Regelung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG nicht ein, nach der ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet wird, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Es kann daher dahinstehen, ob vorliegend nicht – maßgeblich mit Blick auf das von deutlichem Anspruchsdenken und dem Erschließen neuer Einnahmequellen geprägten Prozessverhalten des Klägers – besondere Umstände festzustellen wären, die diese gesetzliche Vermutung, die auf der Annahme beruht, durch die lange Verfahrensdauer sei es zu seelischer Unbill gekommen (Gesetzesentwurf BT-Drucks 17/3802, S. 19), zu widerlegen geeignet erscheinen ließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Anlass, die Revision nach §§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 202 Satz 2 SGG, 201 Abs. 2 Satz 3 GVG zuzulassen, bestand nicht.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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