S 6 EG 1218/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 EG 1218/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Quartalsprovisionen sind auch nach der zum 01.01.2015 erfolgten Änderung von § 2 c BEEG und R 39b.2 Abs. 2 der Lohnsteuer-Richtlinie bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls, wenn sie tatsächlich nicht nur vierteljährlich sondern in 10 von 12 Kalendermonaten ausgezahlt werden.
1. Der Bescheid vom 20.01.2015 und der Bescheid vom 23.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2015 wird abgeändert. 2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin anlässlich der Geburt ihres Sohnes am. höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der im Bemessungszeitraum unter der Bezeichnung Provisionsabrechnung (Quartal) erhaltenen Zahlungen zu gewähren.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung höheren Elterngeldes für die Zeit vom 06.01.2015 bis 05.11.2015 unter Berücksichtigung der quartalsweise abgerechneten Provisionen der Klägerin als Einkommen.

Die. geborene, verheiratete Klägerin ist bei der Firma L , als Projektmanagerin tätig. Sie beantragte bei der Beklagten Elterngeld für ihren am geborenen Sohn L. Sie legte die Bescheinigung der Firma L vom 16.12.2014 vor, wonach das laufende steuerpflichtige Bruttoeinkommen in der Zeit von November 2013 bis Oktober 2014 insgesamt 190.993,54 EUR betrug. Nach der Bescheinigung der Techniker Krankenkasse vom 17.12.2014 erhielt die Klägerin vom 07.10.2014 bis 13.01.2015 Mutterschaftsgeld. Die Klägerin gab bei der Antragstellung an, im Zeitraum, für den sie Elterngeld beantrage, habe sie voraussichtlich kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit.

Aus den von der Klägerin vorgelegten Gehaltsabrechnungen für die Zeit von Oktober 2013 bis September 2014 ergibt sich, dass die Klägerin ein monatliches Gehaltfixum in Höhe von 2.000,00 EUR sowie eine monatliche Provision in Höhe von 1.500,00 EUR erhielt. Außerdem erhielt sie folgende, als sonstige Bezüge (SEG) bezeichnete Zahlungen:

Oktober 2013 Provisionsabrechnung (Quartal) 9.000,00 EUR November 2013 Provisionsabrechnung (Quartal) 10.000,00 EUR Dezember 2013 Provisionsabrechnung (Quartal) 10.000,00 EUR Dezember 2013 Sonderzahlung Bonus 2013 3.000,00 EUR Januar 2014 Provisionsabrechnung (Quartal) 10.000,00 EUR Januar 2014 Nachzahlung aus 12/2013 28.458,29 EUR Februar 2014 Provisionsabrechnung (Quartal) - 1.500,00 EUR Februar 2014 Provisionsabrechnung (Quartal) 10.000,00 EUR März 2014 Provisionsabrechnung (Quartal) 10.000,00 EUR April 2014 Provisionsabrechnung (Quartal) 8.019,45 EUR Mai 2014 Provisionsabrechnung (Quartal) 9.376,32 EUR Juni 2014 Provisionsabrechnung (Quartal) 9.376,32 EUR Juli 2014 Provisionsabrechnung (Quartal) 12.075,36 EUR

Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 20.01.2015 Elterngeld für den 3. Lebensmonat des Kindes in Höhe von 1.126,63 EUR sowie für den 4. bis 12. Lebensmonat des Kindes in Höhe von 1.518,50 EUR.

Die Klägerin legte hiergegen mit der Begründung Widerspruch ein, bei vollständiger Berücksichtigung der Provisionszahlungen habe sie Anspruch auf höheres Elterngeld.

Mit Bescheid vom 23.02.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach Überprüfung bleibe die Höhe des Anspruchs unverändert. Nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG in der Fassung vom 18.12.2014 würden bei der Ermittlung des Einkommens aus nicht selbstständiger Erwerbstätigkeit Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien, für Lebensmonate, die nach dem 31.12.2014 beginnen würden, nicht mehr berücksichtigt. Die anderslautende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ab 2015 nicht mehr anwendbar.

Die Klägerin hat ihren Widerspruch aufrecht erhalten und geänderte Gehaltsbescheinigungen vorgelegt, in denen die genannten Beträge lediglich als Provision ohne den Zusatz "Abrechnung Quartal" und als laufende Bezüge (LSG) bezeichnet werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen richtet sich die am 21.05.2015 erhobene Klage. Die Klägerin vertritt die Auffassung, da die Provisionen ihre Lebensverhältnisse geprägt hätten und regelmäßig gezahlt worden seien, müssten sie bei der Berechnung des Elterngeldes berücksichtigt werden. Es ergebe sich ein monatliches Elterngeld in Höhe von 1.800,00 EUR.

Die Beklagte vertritt weiter die Auffassung, die Quartalsprovisionen, die Sonderzahlung im Dezember 2013 und die Nachzahlung im Januar 2014 seien steuerlich als sonstige Bezüge zu behandeln und bei der Berechnung des Elterngeldes für Zeiten ab 01.01.2015 nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin hat auf Anforderung des Gerichts noch ihren Anstellungsvertrag vorgelegt. Danach erfolgt die Abrechnung der Provisionen vierteljährlich. Das variable Gehaltsmodell wird jährlich überprüft.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 20.01.2015 und den Bescheid vom 23.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr anlässlich der Geburt ihres Sohnes am ... höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der unter der Bezeichnung Provisionsabrechnung (Quartal) im Bemessungszeitraum erhaltenen Zahlungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Gericht erhobene Klage ist zulässig.

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der im Bemessungszeitraum unter der Bezeichnung Provisionsabrechnung (Quartal) erhaltenen Zahlungen.

Die Grundvoraussetzungen des § 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für den Anspruch auf Elterngeld in der Zeit vom 06.11.2014 bis 05.11.2015 sind erfüllt. Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Deutschland, lebt mit ihrem Kind in einem Haushalt, betreut und erzieht dieses Kind selbst und übte keine Erwerbstätigkeit aus. Die Klägerin hatte damit entsprechend ihrem Antrag Anspruch auf Elterngeld für zwölf Lebensmonate des Kindes ab dem Tag seiner Geburt (vgl. § 4 Abs. 2 S 1 und 2 BEEG).

Die Höhe des Elterngeldes ergibt sich u.a. aus dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum vor der Geburt des Kindes (§ 2 BEEG). Dieser Bemessungszeitraum wurde von der Beklagten zutreffend auf die Zeit von Oktober 2013 bis September 2014 festgelegt. Das elterngeldrelevante Einkommen wird nach Maßgabe von § 2 c bis § 2 f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-3 EStG, die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum hat, berechnet. Dabei ergibt der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über 1/12 des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2 i und 2 f BEEG das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (§ 2 c BEEG in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung). Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn-und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet (§ 2 c Abs. 2 Satz 2 BEEG in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung).

Der Gesetzgeber knüpft damit, wie bereits in den vorherigen Fassungen des § 2 c Absatz 1 Satz 2 BEEG und § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG an die lohnsteuerrechtliche Differenzierung zwischen der Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn (§ 39 Buchst. b Abs. 2 EStG) und von sonstigen Bezügen (§ 39 b Abs. 3 EStG) an. Nach § 38 a EStG wird die Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn jeweils mit dem auf den Lohnzahlungszeitraum fallenden Teilbetrag der Jahreslohnsteuer erhoben, die sich bei Umrechnung des laufenden Arbeitslohns auf einen Jahresarbeitslohn ergibt. Von sonstigen Bezügen wird die Lohnsteuer mit dem Betrag erhoben, der zusammen mit der Lohnsteuer für den laufenden Arbeitslohn des Kalenderjahres und für etwa im Kalenderjahr bereits gezahlte sonstige Bezüge die voraussichtliche Jahreslohnsteuer ergibt. Die Einzelheiten regelt § 39b Abs. 3 EStG. Das EStG definiert allerdings die Begriffe des laufenden Arbeitslohnes und der sonstigen Bezüge nicht näher. Eine Definition enthalten die Lohnsteuerrichtlinien in R 39b 2. Danach ist laufender Arbeitslohn der Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt, während ein sonstiger Bezug der Arbeitslohn ist, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Zu den sonstigen Bezügen gehören insbesondere einmalige Arbeitslohnzahlungen, die neben dem laufenden Arbeitslohn gezahlt werden.

Für den Bereich des Elterngeldrechts hat das Bundessozialgericht (BSG) zu den früheren Fassungen des § 2 Abs. 7 BEEG bzw. § 2c BEEG entschieden, dass Umsatzbeteiligungen und Provisionen, die neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Rechnungsstichtagen regelmäßig gezahlt werden, bei der Berechnung des Elterngeldes als Einnahmen zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 03.12.2009, B 10 EG 3/09 R, und Urteil vom 26.03.2014, B 10 EG 14/13 R). Der Umstand allein, dass der Arbeitgeber bestimmte Einnahmen (Provisionen) im Lohnsteuerabzugsverfahren faktisch als sonstige Bezüge behandelt hat, rechtfertigt es danach im Hinblick auf den Zweck des Elterngeldes, den Einkommensverlust durch die Kinderbetreuung teilweise zu ersetzen, nicht, diese Einnahmen bei der Berechnung des Elterngeldes unberücksichtigt zu lassen. Die Unterscheidung zwischen laufend gezahltem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen hat lohnsteuerlich keine besondere Relevanz. Das BSG hat in den genannten Urteilen darauf hingewiesen, dass es bei der Unterscheidung steuerrechtlich nicht um die Frage geht, ob Lohnsteuer auf laufenden Arbeitslohn oder auf sonstige Bezüge überhaupt zu erheben ist. Vielmehr handelt es sich in erster Linie um Zuordnungsregeln bei der Frage, in welchem Veranlagungszeitraum bestimmte Entgeltkomponenten zu versteuern sind. Der Lohnsteuerabzug von sonstigen Bezügen ist im Übrigen nur deswegen anders geregelt als beim laufenden Arbeitslohn, um einen möglichst progressionsgerechten Lohnsteuerabzug zu erreichen. Käme es hinsichtlich bestimmter Entgeltkomponenten wegen deren Behandlung als laufender Arbeitslohn anstatt als sonstiger Bezug wegen der Steuerprogression zu einem überhöhten Lohnsteuerabzug, könnte dies im Rahmen der Steuerveranlagung korrigiert werden. Daher ist es für steuerliche Zwecke ausreichend, die Definition der sonstigen Bezüge in Verwaltungsvorschriften wie den LSTR zu regeln. Auch die Unschärfen dieser Regelung begegnen insoweit keinen Bedenken. Für den Bereich des Elterngeldrechts ist dagegen zu bedenken, ob die Zahlungen die Lebensverhältnisse vor der Geburt des Kindes nachhaltig geprägt haben und damit nach dem Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen sind.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Rechtsprechung des BSG auch durch die erneute Neuregelung von § 2 c BEEG nicht die Grundlage entzogen worden. Nach § 2c Abs. 1 BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung waren Einnahmen nicht zu berücksichtigen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden. § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG in der seit 01.01.2015 geltenden Fassung lautet nunmehr: "Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind." Nach der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 18/2583 vom 20.09.2014 Nr. 4) stellt die Regelung klar, dass die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge allein nach lohnsteuerlichen Vorgaben (§ 38 Buchst. a Abs. 1 S. 3 EStG; Lohnsteuer-Richtlinien-LSTR-, als nach Art. 108 Abs. 7 des Grundgesetzes erlassene Verwaltungsvorschriften) erfolgt. Nur dann sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen. Ein Auseinanderfallen des lohnsteuerlichen und elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs würde dazu führen, dass die Festlegungen in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen schon dem Grundsatz nach nicht mehr unmittelbar für die Elterngeldberechnung genutzt werden könnten. Dies würde den Verwaltungsaufwand erheblich steigern. Nunmehr seien alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln. Dies gelte insbesondere auch für Provisionen.

Die Auslegung des BSG führt nicht zu einem Auseinanderfallen des lohnsteuerlichen und elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs und lässt die grundsätzliche Nutzung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen als Grundlage für die Elterngeldberechnung unberührt. Bei der Unterscheidung von laufenden und sonstigen Bezügen ist allerdings - jedenfalls bei mehrmals im Jahr geleisteten Zahlungen - eine Prüfung durch die Elterngeldstelle auch nach der Einführung einer widerleglichen Vermutung der Richtigkeit der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen erforderlich.

Soweit der Gesetzgeber regelmäßig mehrmals im Jahr geleistete und arbeitsvertraglich geschuldete Provisionen und Umsatzbeteiligungen generell von der Berücksichtigung bei der Elterngeldberechnung ausschließen wollte, hat dieser Wille in der Neufassung des Gesetzes keinen ausreichenden Niederschlag gefunden. Es erscheint auch fraglich, ob eine solche Auslegung der Neuregelung unter Gleichheitsgesichtspunkten (Art. 3 GG) Bestand haben könnte.

Es kommt nach der gesetzlichen Neuregelung - wie bereits nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzes - darauf an, wie die Bezüge lohnsteuerrechtlich zu behandeln sind und nicht wie sie vom Arbeitgeber behandelt werden. Die Elterngeldstelle ist - ebenso wenig wie vor der Änderung des Gesetzes (BSG a.a.O.) nicht an die Behandlung der Bezüge durch den Arbeitgeber gebunden. Zur Verwaltungsvereinfachung gilt lediglich eine widerlegliche Vermutung der Richtigkeit der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen.

Die Vermutung, dass es sich bei den Zahlungen, die die Klägerin unter der Bezeichnung Provisionsabrechnung (Quartal) im Bemessungszeitraum erhalten hat, lohnsteuerlich um sonstige Bezüge handelt, ist nach Überzeugung des Gerichts widerlegt. Hiergegen spricht, dass die Zahlungen regelmäßig in 10 von 12 Monaten während des Bemessungszeitraumes erfolgten. Damit handelt es sich lohnsteuerlich nach der Definition der LSTR um laufende Bezüge. Die Zahlungen können nicht den sonstigen Bezügen zugeordnet werden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitgeber die Gehaltsbescheinigungen nachträglich korrigiert hat. Der Charakter der Zahlungen als laufendes Arbeitsentgelt ergibt sich bereits daraus, dass sie in (fast) jedem Kalendermonat angefallen sind. Dagegen hat der Arbeitgeber die Bonuszahlung im Dezember 13 sowie die Nachzahlung im Januar 2014 zu Recht als sonstige Bezüge ausgewiesen. Diese sind nach den LSTR eindeutig als solche zu betrachten.

Soweit die steuerrechtliche Behandlung bestimmter Einnahmen als sonstige Bezüge als Anknüpfungspunkt für eine Nichtberücksichtigung von Einnahmen bei der Elterngeldberechnung dient, können sachwidrige Ergebnisse im Übrigen nur vermieden werden, wenn man den Zweck des BEEG berücksichtigt. Die Nichtberücksichtigung von Einnahmen ist nach den Ausführungen des BSG, denen sich das Gericht auch für die Zeit ab 01.01.2015 anschließt, sachlich nur gerechtfertigt, wenn es um Entgeltkomponenten geht, die dem Arbeitnehmer einmalig oder ausnahmsweise - wie z. B. eine Abfindung, Gratifikation oder Ähnliches - ausgezahlt werden. In solchen Fällen sind die Einnahmen aufgrund ihres Ausnahmecharakters bei typisierender Betrachtung nicht geeignet, die wirtschaftliche Situation des Arbeitnehmers hinreichend rechtssicher und dauerhaft zu prägen. Solche Einnahmen sind in LSTR R 39b 2 beispielhaft als sonstige Bezüge angeführt. Die hohen Provisionen haben die Lebensverhältnisse der Klägerin vor der Geburt des Kindes eindeutig wesentlich geprägt. Es handelte sich auch um arbeitsvertraglich geschuldete Zahlungen. Obwohl eine vierteljährliche Abrechnung der Provisionen vereinbart war und die Zahlungen auch als Quartalsabrechnungen bezeichnet wurden, hat die Klägerin die Zahlungen in 10 von 12 Monaten erhalten. Dies spricht noch deutlicher dafür, dass es sich um regelmäßige und nicht um sonstige Bezüge handelt.

Allerdings wurden auch die LSTR mit Wirkung vom 01.01.2015 insoweit geändert, als zu den dort genannten Beispielen für sonstige Bezüge neben einmaligen Abfindungen und Entschädigungen, 13. und 14. Monatsgehältern, Jubiläumszuwendungen, Urlaubsgeldern nunmehr auch "Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres als viertel-, oder halbjährliche Teilbeträge" genannt werden. Soweit es sich um vertraglich geschuldete regelmäßig gezahlte Gehaltsbestandteile handelt, erscheint dem Gericht fraglich, ob diese Neuregelung Auswirkungen auf das Elterngeldrecht haben kann. Im Fall der Klägerin wirkt sich dies jedenfalls nicht aus, da sie die Zahlungen nicht nur viertel- oder halbjährlich erhalten hat.

Der Klage war nach alledem stattzugeben. Obwohl in den Lohn-und Gehaltsabrechnungen die Provisionen zunächst als sonstige Bezüge ausgewiesen wurden, entfalten diese keine Tatbestandswirkung im Bereich des Elterngeldrechts. Die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit ist dadurch widerlegt, dass die arbeitsvertraglich geschuldeten Zahlungen regelmäßig geleistet wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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