Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 25 AS 810/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 6/17
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erfolgreich ist ein Widerspruch nur dann, wenn die Behörde das Widerspruchsverfahren durch eine Verwaltungsentscheidung abgeschlossen hat, die dem Widerspruch des Widerspruchsführers (ganz oder teilweise) abhilft oder ihm stattgibt. Erledigt sich ein Widerspruch hingegen auf andere Weise, so ist er nicht erfolgreich in diesem Sinne gewesen. Deshalb kommt auch eine Kostenerstattung nicht in Betracht. Es bedarf keiner Prüfung der hypothetischen Erfolgsaussichten des Widerspruchs ohne das erledigende Ereignis.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für ein Widerspruchsverfahren.
Die Kläger beantragten am 7. Juni 2013 die Zusicherung zur Übernahme der Kosten für eine anzumietende Wohnung in C-Stadt. Am selben Tag machten sie die Zusicherung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend (S 25 AS 432/13 ER). Ebenfalls am 7. Juni 2013 lehnte der Beklagte die Zusicherung ab. In diese Wohnung zogen sie trotzdem Anfang Juli 2013 mit ihrer Tochter ein. Zuvor war der Beklagte im Eilverfahren mit Beschluss vom 25. Juni 2013 verpflichtet worden, die Kosten der neuen Wohnung zu übernehmen.
Den Beschluss vom 25. Juni 2013 setzte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 28. Juli 2013 um. Der Bescheid enthielt den Passus "Die Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung erfolgt vorläufig, vorbehaltlich einer anders lautenden Entscheidung durch das Landessozialgericht."
Am 27. August 2013 teilten die Kläger gegenüber dem Hessischen Landessozialgericht im Beschwerdeverfahren (L 9 AS 480/13 B ER) mit, dass sie in eine andere Wohnung umgezogen seien. Daraufhin erklärte der Beklagte am 11. September 2013 seine Beschwerde gegen den Beschluss vom 25. Juni 2013 für erledigt.
Über den rechtzeitigen Widerspruch der Kläger entschied der Beklagte am 12. September 2013. Mit diesem Widerspruchsbescheid wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und lehnte die Erstattung der Kosten der Kläger ab. Die Wohnung in C-Stadt sei unangemessen gewesen.
Die Kläger meinen, der Änderungsbescheid vom 28. Juli 2013 sei eine Abhilfeentscheidung gewesen. Es bedürfe einer positiven Kostenentscheidung.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Widerspruchsbescheid vom 12. September 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen der Kläger zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, der Änderungsbescheid vom 28. Juli 2013 führe nur den Beschluss aus. Eine Entscheidung im Widerspruchsverfahren sei dies nicht gewesen. Außerdem sei der Widerspruch nicht kausal für den Änderungsbescheid gewesen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten und auf die Gerichtsakte des Verfahrens S 26 AS 432/13 ER verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben, § 124 Abs. 2 SGG.
Die Klage ist zulässig. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht. Der Widerspruchsbescheid enthält in seiner Kostenentscheidung erstmalig eine Beschwer. Zwar ist dieser Fall in § 95 SGG nicht geregelt, doch gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz, dass ein Vorverfahren nicht notwendig ist, wenn der Kläger allein durch den Widerspruchsbescheid beschwert ist (§ 79 VwGO).
Die Klage ist aber nicht begründet. Der Widerspruchsbescheid vom 12. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf den Ersatz ihrer Aufwendungen nach § 63 SGB X. Dazu fehlt es an dem notwendigen Erfolg des Widerspruchsbescheids.
Nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich war.
Eine Stattgabe oder Abhilfe aufgrund des Widerspruchs löst grundsätzlich den begehrten Aufwendungsersatz aus (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. BSG vom 19. Juni 2012 – B 4 AS 142/11 R – Rn. 12, juris). Eine solche Entscheidung des Beklagten liegt hier aber nicht vor. Eine ausdrückliche Stattgabe des Widerspruchs fehlt, vielmehr hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Der Bescheid vom 28. Juli 2013 stellt auch keine konkludente Abhilfe des Beklagten dar. Aus der Begründung des Bescheids ist ersichtlich, dass der Beklagte nur die Vorgaben des gerichtlichen Beschlusses vorläufig umsetzen und keine endgültige Entscheidung über den Beschluss hinaus treffen wollte.
Der Beklagte hat jedenfalls im Ergebnis richtig den Widerspruch zurückgewiesen. Der Widerspruch der Kläger konnte keinen Erfolg mehr haben, da sich der Antrag auf Zusicherung vor Erteilung des Widerspruchs erledigt hatte. Die Erledigung trat aber nicht durch den weiteren Umzug der Kläger ein. Da die Kläger zumindest kurz in der Wohnung in C-Stadt gewohnt hatten, bedurfte es trotzdem weiterhin einer Entscheidung über die Übernahme der Kosten dieser Wohnung. Einer Zusicherung bedurfte es dazu allerdings nicht mehr, da die Kläger bereits in die Wohnung in C-Stadt eingezogen waren und sich damit der Antrag auf vorherige Zusicherung erledigt hatte. Für einen Antrag auf Zusicherung besteht nach einem erfolgten Einzug kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (BSG vom 6. April 2011 – B 4 AS 5/10 R – Rn. 15, juris), da Widerspruch gegen die laufenden Bewilligungsbescheide erhoben werden kann.
Welche Auswirkungen die Erledigung eines Widerspruchs durch ein Ereignis außerhalb des Widerspruchsverfahrens hat, ist umstritten und bisher nicht durch das Bundessozialgericht geklärt. Zu Recht wird überwiegend angenommen, dass eine positive Kostenentscheidung nur aufgrund eines erfolgreichen Widerspruchs erfolgen könne. Erfolgreich ist ein Widerspruch nämlich nur dann, wenn die Behörde das Widerspruchsverfahren durch eine Verwaltungsentscheidung abgeschlossen hat, die dem Widerspruch des Widerspruchsführers (ganz oder teilweise) abhilft oder ihm stattgibt, weil sie ihn in der Sache für begründet hält. Erledigt sich ein Widerspruch hingegen auf andere Weise, so ist er nicht erfolgreich in diesem Sinne gewesen. Deshalb ist auch eine positive Kostenentscheidung nicht möglich (vgl. BVerwG vom 11. Mai 1981 – 6 C 121/80 – BVerwGE 62, 201 ff, Rn. 11, juris; BVerwG vom 26. März 2003 – 6 C 24/02 – BVerwGE 118, 84 ff, Rn. 22, juris; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht vom 27. Oktober 2004 – L 4 KA 20/03 –, Rn. 29, juris; VG Düsseldorf vom 21. März 2014 – 13 K 3877/13 – Rn. 28, juris; Heße in: Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, 42. Edition, Stand: 31.07.2016, § 63, Rn. 10). Diese Auffassung orientiert sich am Wortlaut von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X ("Soweit der Widerspruch erfolgreich ist"), der einen erfolgreichen Widerspruch voraussetzt.
Nach anderer Ansicht soll eine Kostenentscheidung aber auch dann möglich und auch notwendig sein, wenn das Widerspruchsverfahren sich erledigt hat und deshalb keine Abhilfe- oder Widerspruchsentscheidung zu treffen sei (Hessisches Landessozialgericht vom 26. September 2007 – L 4 KA 15/07 – Rn. 14, juris; Roos in: v. Wulffen, SGB X, 8. Auflage 2014, § 63, Rn. 21; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 85, Rn. 7e). Es sei zu prüfen, ob der Widerspruch ohne das erledigende Ereignis erfolgreich gewesen wäre. Dies ergebe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung von § 63 SGB X.
Letzterer Ansicht ist zuzugeben, dass das völlige Außerachtlassen der Erfolgsaussichten des Widerspruchs bis zum erledigenden Ereignis nicht billig erscheint und den Grundsätzen einer Kostenentscheidung nach § 193 SGG widerspricht. Dabei wird allerdings nicht beachtet, dass § 63 Abs. 1 SGB X der Einfachheit der Kostenentscheidung vor Billigkeitsaspekten den Vorrang einräumt (vgl. BSG vom 19. Juni 2012 – B 4 AS 142/11 R – Rn. 16, juris), indem er nach dem klaren Wortlaut nur auf den tatsächlichen Erfolg und nicht auf den hypothetischen Erfolg eines Widerspruchs oder sonstige Billigkeitserwägungen abstellt und über § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X hinaus keine Abweichungen von diesem Grundsatz zulässt. Auch verfassungsrechtlich ist eine andere Auslegung nicht geboten. So hat das Bundesverfassungsgericht bereits die frühere Rechtslage vor Einführung des § 63 SGB X bzw. des § 80 VwVfG, die sogar bei einem erfolgreichen Widerspruch keine Kostenerstattung vorsah, für verfassungsgemäß erachtet (BVerfG vom 29. Oktober 1969 – 1 BvR 65/68 – BVerfGE 27, 175 ff, Rn. 9 ff, juris). Die Unterschiede zwischen gerichtlichem und Widerspruchsverfahren sind als sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung von Klägern und Widerspruchsführern ausreichend (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1981 – 6 C 121/80 – BVerwGE 62, 201 ff, Rn. 14 f, juris). Ob etwas anderes gilt, wenn die Behörde mit der Widerspruchsentscheidung bewusst den Eintritt eines bevorstehenden erledigenden Ereignisses abwartet, kann dahinstehen bleiben, da dafür hier nichts ersichtlich ist.
Die Kostentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Da die Aufwendungen der Kläger 750 EUR nicht überschreiten werden und die Frage, welche Auswirkungen die Erledigung des Widerspruchs auf die Kostenentscheidung nach § 63 SGB X hat, bisher – soweit ersichtlich – nicht durch das Bundessozialgericht entschieden wurde, war die Berufung nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung und der Abweichung zur der oben genannten Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts zuzulassen.
2. Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für ein Widerspruchsverfahren.
Die Kläger beantragten am 7. Juni 2013 die Zusicherung zur Übernahme der Kosten für eine anzumietende Wohnung in C-Stadt. Am selben Tag machten sie die Zusicherung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend (S 25 AS 432/13 ER). Ebenfalls am 7. Juni 2013 lehnte der Beklagte die Zusicherung ab. In diese Wohnung zogen sie trotzdem Anfang Juli 2013 mit ihrer Tochter ein. Zuvor war der Beklagte im Eilverfahren mit Beschluss vom 25. Juni 2013 verpflichtet worden, die Kosten der neuen Wohnung zu übernehmen.
Den Beschluss vom 25. Juni 2013 setzte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 28. Juli 2013 um. Der Bescheid enthielt den Passus "Die Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung erfolgt vorläufig, vorbehaltlich einer anders lautenden Entscheidung durch das Landessozialgericht."
Am 27. August 2013 teilten die Kläger gegenüber dem Hessischen Landessozialgericht im Beschwerdeverfahren (L 9 AS 480/13 B ER) mit, dass sie in eine andere Wohnung umgezogen seien. Daraufhin erklärte der Beklagte am 11. September 2013 seine Beschwerde gegen den Beschluss vom 25. Juni 2013 für erledigt.
Über den rechtzeitigen Widerspruch der Kläger entschied der Beklagte am 12. September 2013. Mit diesem Widerspruchsbescheid wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und lehnte die Erstattung der Kosten der Kläger ab. Die Wohnung in C-Stadt sei unangemessen gewesen.
Die Kläger meinen, der Änderungsbescheid vom 28. Juli 2013 sei eine Abhilfeentscheidung gewesen. Es bedürfe einer positiven Kostenentscheidung.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Widerspruchsbescheid vom 12. September 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen der Kläger zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, der Änderungsbescheid vom 28. Juli 2013 führe nur den Beschluss aus. Eine Entscheidung im Widerspruchsverfahren sei dies nicht gewesen. Außerdem sei der Widerspruch nicht kausal für den Änderungsbescheid gewesen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten und auf die Gerichtsakte des Verfahrens S 26 AS 432/13 ER verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben, § 124 Abs. 2 SGG.
Die Klage ist zulässig. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht. Der Widerspruchsbescheid enthält in seiner Kostenentscheidung erstmalig eine Beschwer. Zwar ist dieser Fall in § 95 SGG nicht geregelt, doch gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz, dass ein Vorverfahren nicht notwendig ist, wenn der Kläger allein durch den Widerspruchsbescheid beschwert ist (§ 79 VwGO).
Die Klage ist aber nicht begründet. Der Widerspruchsbescheid vom 12. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf den Ersatz ihrer Aufwendungen nach § 63 SGB X. Dazu fehlt es an dem notwendigen Erfolg des Widerspruchsbescheids.
Nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich war.
Eine Stattgabe oder Abhilfe aufgrund des Widerspruchs löst grundsätzlich den begehrten Aufwendungsersatz aus (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. BSG vom 19. Juni 2012 – B 4 AS 142/11 R – Rn. 12, juris). Eine solche Entscheidung des Beklagten liegt hier aber nicht vor. Eine ausdrückliche Stattgabe des Widerspruchs fehlt, vielmehr hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Der Bescheid vom 28. Juli 2013 stellt auch keine konkludente Abhilfe des Beklagten dar. Aus der Begründung des Bescheids ist ersichtlich, dass der Beklagte nur die Vorgaben des gerichtlichen Beschlusses vorläufig umsetzen und keine endgültige Entscheidung über den Beschluss hinaus treffen wollte.
Der Beklagte hat jedenfalls im Ergebnis richtig den Widerspruch zurückgewiesen. Der Widerspruch der Kläger konnte keinen Erfolg mehr haben, da sich der Antrag auf Zusicherung vor Erteilung des Widerspruchs erledigt hatte. Die Erledigung trat aber nicht durch den weiteren Umzug der Kläger ein. Da die Kläger zumindest kurz in der Wohnung in C-Stadt gewohnt hatten, bedurfte es trotzdem weiterhin einer Entscheidung über die Übernahme der Kosten dieser Wohnung. Einer Zusicherung bedurfte es dazu allerdings nicht mehr, da die Kläger bereits in die Wohnung in C-Stadt eingezogen waren und sich damit der Antrag auf vorherige Zusicherung erledigt hatte. Für einen Antrag auf Zusicherung besteht nach einem erfolgten Einzug kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (BSG vom 6. April 2011 – B 4 AS 5/10 R – Rn. 15, juris), da Widerspruch gegen die laufenden Bewilligungsbescheide erhoben werden kann.
Welche Auswirkungen die Erledigung eines Widerspruchs durch ein Ereignis außerhalb des Widerspruchsverfahrens hat, ist umstritten und bisher nicht durch das Bundessozialgericht geklärt. Zu Recht wird überwiegend angenommen, dass eine positive Kostenentscheidung nur aufgrund eines erfolgreichen Widerspruchs erfolgen könne. Erfolgreich ist ein Widerspruch nämlich nur dann, wenn die Behörde das Widerspruchsverfahren durch eine Verwaltungsentscheidung abgeschlossen hat, die dem Widerspruch des Widerspruchsführers (ganz oder teilweise) abhilft oder ihm stattgibt, weil sie ihn in der Sache für begründet hält. Erledigt sich ein Widerspruch hingegen auf andere Weise, so ist er nicht erfolgreich in diesem Sinne gewesen. Deshalb ist auch eine positive Kostenentscheidung nicht möglich (vgl. BVerwG vom 11. Mai 1981 – 6 C 121/80 – BVerwGE 62, 201 ff, Rn. 11, juris; BVerwG vom 26. März 2003 – 6 C 24/02 – BVerwGE 118, 84 ff, Rn. 22, juris; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht vom 27. Oktober 2004 – L 4 KA 20/03 –, Rn. 29, juris; VG Düsseldorf vom 21. März 2014 – 13 K 3877/13 – Rn. 28, juris; Heße in: Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, 42. Edition, Stand: 31.07.2016, § 63, Rn. 10). Diese Auffassung orientiert sich am Wortlaut von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X ("Soweit der Widerspruch erfolgreich ist"), der einen erfolgreichen Widerspruch voraussetzt.
Nach anderer Ansicht soll eine Kostenentscheidung aber auch dann möglich und auch notwendig sein, wenn das Widerspruchsverfahren sich erledigt hat und deshalb keine Abhilfe- oder Widerspruchsentscheidung zu treffen sei (Hessisches Landessozialgericht vom 26. September 2007 – L 4 KA 15/07 – Rn. 14, juris; Roos in: v. Wulffen, SGB X, 8. Auflage 2014, § 63, Rn. 21; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 85, Rn. 7e). Es sei zu prüfen, ob der Widerspruch ohne das erledigende Ereignis erfolgreich gewesen wäre. Dies ergebe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung von § 63 SGB X.
Letzterer Ansicht ist zuzugeben, dass das völlige Außerachtlassen der Erfolgsaussichten des Widerspruchs bis zum erledigenden Ereignis nicht billig erscheint und den Grundsätzen einer Kostenentscheidung nach § 193 SGG widerspricht. Dabei wird allerdings nicht beachtet, dass § 63 Abs. 1 SGB X der Einfachheit der Kostenentscheidung vor Billigkeitsaspekten den Vorrang einräumt (vgl. BSG vom 19. Juni 2012 – B 4 AS 142/11 R – Rn. 16, juris), indem er nach dem klaren Wortlaut nur auf den tatsächlichen Erfolg und nicht auf den hypothetischen Erfolg eines Widerspruchs oder sonstige Billigkeitserwägungen abstellt und über § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X hinaus keine Abweichungen von diesem Grundsatz zulässt. Auch verfassungsrechtlich ist eine andere Auslegung nicht geboten. So hat das Bundesverfassungsgericht bereits die frühere Rechtslage vor Einführung des § 63 SGB X bzw. des § 80 VwVfG, die sogar bei einem erfolgreichen Widerspruch keine Kostenerstattung vorsah, für verfassungsgemäß erachtet (BVerfG vom 29. Oktober 1969 – 1 BvR 65/68 – BVerfGE 27, 175 ff, Rn. 9 ff, juris). Die Unterschiede zwischen gerichtlichem und Widerspruchsverfahren sind als sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung von Klägern und Widerspruchsführern ausreichend (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1981 – 6 C 121/80 – BVerwGE 62, 201 ff, Rn. 14 f, juris). Ob etwas anderes gilt, wenn die Behörde mit der Widerspruchsentscheidung bewusst den Eintritt eines bevorstehenden erledigenden Ereignisses abwartet, kann dahinstehen bleiben, da dafür hier nichts ersichtlich ist.
Die Kostentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Da die Aufwendungen der Kläger 750 EUR nicht überschreiten werden und die Frage, welche Auswirkungen die Erledigung des Widerspruchs auf die Kostenentscheidung nach § 63 SGB X hat, bisher – soweit ersichtlich – nicht durch das Bundessozialgericht entschieden wurde, war die Berufung nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung und der Abweichung zur der oben genannten Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts zuzulassen.
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