Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 12 SB 144/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 22.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2003 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, den Grad der Behinderung mit 50 zu bewerten. Der Beklagte trägt die Kosten.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) für den juvenilen Diabetes mellitus Typ I bei der am 00.00.1980 geborenen Klägerin. Im Alter von 2 ½ Jahren wurde der Diabetes mellitus Typ I erstmalig diagnostiziert. Sie wurde mit Insulin therapiert, erhielt Diätberatungen und Schulungen mit ihren Eltern. Von 1983 bis 1988 hatte sie einen GdB von 100. Mit Bescheid vom 08.08.1988 wurde der GdB auf 60 herabgesetzt. Nach Einholung eines Befundberichtes von dem behandelnden Allgemeinmediziner O setzte der Beklagte nach entsprechender Anhörung mit Bescheid vom 22.09.2003 den Gesamt-GdB der Behinderung für die Zuckerkrankheit der Klägerin mit 40 fest. Hiergegen erhob die Klägerin am 14.10.2003 Widerspruch. Sie verweist auf das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.05.2003, wonach einem Diabetiker, dessen Diabetes mellitus mit zwei oder mehreren Insulininjektionen pro Tag behandelt wird, ein GdB von 50 bis 60 zustehe. Sie hält es für unangemessen, dass einem Diabetiker ein geringerer GdB zusteht, weil er mit viel Mühe eine "gute Einstellung" des Diabetes mellitus erstrebt. Vielmehr müsse der GdB anhand des notwendigen Therapieaufwandes festgelegt werden, der zu dem Ergebnis eines gut eingestellten Diabetes mellitus führe und somit die Gefahr der Über- oder Unterzuckerungen mindere. Auch bei ihrem Bruder sei der GdB mit 50 eingestuft worden. Zwar werde seine Behandlung über ein Insulininfusionssystem vorgenommen, jedoch bestehe kein Unterschied im Umfang des Therapieaufwandes bei den unterschiedlichen Behandlungsmethoden. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2003 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 18.11.2003 erhobene Klage. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 22.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2003 abzuändern und den Gesamt-Grad der Behinderung ab dem 22.09.2003 mit 50 zu bewerten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, unter Berücksichtigung sämtlicher objektivierter Funktionseinschränkungen bedingt durch den insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ I könne gemäß der Anhaltspunkte nur ein Einzel-GdB von 40 in Ansatz gebracht werden. Häufig ausgeprägte Unterzuckerungen oder Organkomplikationen könnten im Rahmen des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten nicht belegt werden.
Das Gericht hat ein Gutachten von dem Internisten F eingeholt. Dieser hält einen Gesamt-GdB von 50 vor dem Hintergrund des erheblichen Therapieaufwandes bei der Klägerin (bis zu über fünf Insulininjektionen täglich) für angemessen. Zudem sei eine beginnende frühe Organmanifestation festzustellen. Auch träten bei der Klägerin intermitierend Unterzuckerungen auf. Desweiteren hat das Gericht die Mutter der Klägerin als Zeugin vernommen. Diese bestätigte im Wesentlichen die Angaben der Klägerin, wonach diese ca. fünfmal durchschnittlich am Tag ihren Blutzucker messen und etwa vier- bis fünfmal täglich Insulin spritzen müsse. Darüber hinaus habe sie in den letzten drei Monaten allein drei so starke Unterzuckerungen, dass sie geweckt und therapiert werden musste.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die genannten Unterlagen verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtene Entscheidung im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, denn die Herabsetzung ihres GdB´s von 60 auf 40 ist rechtswidrig. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Festsetzung ihres GdB´s in Höhe von 50.
Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft von 20 bis 100 festzustellen. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigung in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Nach den der medizinischen Beurteilung verbindlich zu Grunde zu legenden "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht nach dem Schwerbehindertengesetz" (herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 1996) sind bei der Ermittlung des Gesamt-Grades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Addition der Einzel-GdB nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, um dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist wiederum zu beachten, dass gemäß Ziffer 19 Abs. 4 der Anhaltspunkte kleinere Behinderungen mit einem Einzel-Grad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-Grades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichten Behinderungen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzel-Grad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen.
Bei der Klägerin besteht im Wesentlichen ein insulinpflichtiger Diabetes Typ I, der die Höhe des Grades der Behinderung bestimmt. Die daneben bestehende Adipositas, eine asymptomatische Bakteriurie, Zustand nach Bronchitis, eitriger Rhinitis, Seitenstrangangina, Ekzem und Mykose wirken sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Der Gesamt-GdB ist bei der Klägerin mit 50 zu bewerten.
Gemäß Ziffer 26.15 der Anhaltspunkte ist ein durch Diät und alleinige Insulinbehandlung gut einstellbarer Diabetes mellitus mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten, ein schwer einstellbarer Diabetes (häufig bei Kindern), auch gelegentliche, ausgeprägte Hypoglykämien mit einem Einzel-GdB von 50. Desweiteren ist zu beachten, dass häufige, ausgeprägte Hypoglykämien sowie Organkomplikationen in ihren Auswirkungen entsprechend zusätzlich zu bewerten sind. Nach dem Wortlaut der Anhaltspunkte kommt es somit darauf an, ob der Diabetes gut oder schwer einstellbar ist und nicht darauf, ob er gut oder schlecht eingestellt ist. Damit kann auch ein Diabetes schwer einstellbar sein, der tatsächlich nicht mit häufigen Entgleisungen einhergeht, bei denen letzteres aber auf die optimale Mitarbeit des Patienten zurückgeht.
Bei der Klägerin ist der Diabetes schwer einstellbar. Sie kann ihren Blutzucker nur durch eine sehr aufwendige Therapie stabil halten. Sie muss ca. fünfmal täglich ihren Blutzucker kontrollieren und Insulininjektionen setzen. Trotz intensiver Diätenberatungen und Schulungen gelingt es nicht, die Anzahl der Insulininjektionen zu reduzieren. Dies wird von der Klägerin selbst berichtet und auch von der Zeugin bestätigt. Dass die Therapie derart aufwendig und notwendig ist, geht auch aus dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten von F hervor. Hinzu kommt, dass die Klägerin zusätzlich noch unter Unterzuckerungen leidet. Wie sie selbst darstellte und auch seitens der Zeugin bestätigt wurde, hatte sie allein in den letzten Monaten drei Unterzuckerungen. Sie wachte nicht mehr von alleine auf und musste von ihren in Diätangelegenheiten sehr erfahren und geschulten Eltern entsprechend therapiert und behandelt werden. Aus dem Sachverständigengutachten von F geht hervor, dass die Klägerin im Jahr 2003 ebenfalls vier bis fünf Hypoklykämien hatte. Trotz des erheblichen Therapieaufwandes ist damit der Blutzucker derzeit bei der Klägerin nicht so optimal einzustellen, dass sie nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen ist. Dabei kann es dahinstehen, ob die Klägerin in einem Zustand der Unterzuckerung notärztliche Hilfe oder eine entsprechende sachgerechte Behandlung durch ihre Eltern erhält. Maßgeblich ist, dass sie aus eigenen Kräften nicht im Stande ist, einen entsprechenden Unterzuckerungszustand zu beheben. Hierdurch ist ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft massiv beeinträchtigt. Hinzukommt, dass der Sachverständige bei der Klägerin desweiteren eine beginnende frühe Organimanifestation (autonome kardiovaskuläre diabetische Neuropathie) feststellt. Die Klägerin ergänzt, dass Verletzungen und Wunden an ihren Füssen aufgrund der Zuckerkrankheit nur extrem langsam wieder verheilen.
Der GdB von 50 wird erreicht. Der Gesamt-Leidenszustand der Klägerin kommt den in Ziffer 19 Abs. 2 der "Anhaltspunkte" genannten Beispielsfälle gleich. Die Klägerin ist so stark behindert wie ein Mensch, der Herz-Kreislaufschäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion bei nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) für den juvenilen Diabetes mellitus Typ I bei der am 00.00.1980 geborenen Klägerin. Im Alter von 2 ½ Jahren wurde der Diabetes mellitus Typ I erstmalig diagnostiziert. Sie wurde mit Insulin therapiert, erhielt Diätberatungen und Schulungen mit ihren Eltern. Von 1983 bis 1988 hatte sie einen GdB von 100. Mit Bescheid vom 08.08.1988 wurde der GdB auf 60 herabgesetzt. Nach Einholung eines Befundberichtes von dem behandelnden Allgemeinmediziner O setzte der Beklagte nach entsprechender Anhörung mit Bescheid vom 22.09.2003 den Gesamt-GdB der Behinderung für die Zuckerkrankheit der Klägerin mit 40 fest. Hiergegen erhob die Klägerin am 14.10.2003 Widerspruch. Sie verweist auf das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.05.2003, wonach einem Diabetiker, dessen Diabetes mellitus mit zwei oder mehreren Insulininjektionen pro Tag behandelt wird, ein GdB von 50 bis 60 zustehe. Sie hält es für unangemessen, dass einem Diabetiker ein geringerer GdB zusteht, weil er mit viel Mühe eine "gute Einstellung" des Diabetes mellitus erstrebt. Vielmehr müsse der GdB anhand des notwendigen Therapieaufwandes festgelegt werden, der zu dem Ergebnis eines gut eingestellten Diabetes mellitus führe und somit die Gefahr der Über- oder Unterzuckerungen mindere. Auch bei ihrem Bruder sei der GdB mit 50 eingestuft worden. Zwar werde seine Behandlung über ein Insulininfusionssystem vorgenommen, jedoch bestehe kein Unterschied im Umfang des Therapieaufwandes bei den unterschiedlichen Behandlungsmethoden. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2003 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 18.11.2003 erhobene Klage. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 22.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2003 abzuändern und den Gesamt-Grad der Behinderung ab dem 22.09.2003 mit 50 zu bewerten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, unter Berücksichtigung sämtlicher objektivierter Funktionseinschränkungen bedingt durch den insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ I könne gemäß der Anhaltspunkte nur ein Einzel-GdB von 40 in Ansatz gebracht werden. Häufig ausgeprägte Unterzuckerungen oder Organkomplikationen könnten im Rahmen des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten nicht belegt werden.
Das Gericht hat ein Gutachten von dem Internisten F eingeholt. Dieser hält einen Gesamt-GdB von 50 vor dem Hintergrund des erheblichen Therapieaufwandes bei der Klägerin (bis zu über fünf Insulininjektionen täglich) für angemessen. Zudem sei eine beginnende frühe Organmanifestation festzustellen. Auch träten bei der Klägerin intermitierend Unterzuckerungen auf. Desweiteren hat das Gericht die Mutter der Klägerin als Zeugin vernommen. Diese bestätigte im Wesentlichen die Angaben der Klägerin, wonach diese ca. fünfmal durchschnittlich am Tag ihren Blutzucker messen und etwa vier- bis fünfmal täglich Insulin spritzen müsse. Darüber hinaus habe sie in den letzten drei Monaten allein drei so starke Unterzuckerungen, dass sie geweckt und therapiert werden musste.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die genannten Unterlagen verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtene Entscheidung im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, denn die Herabsetzung ihres GdB´s von 60 auf 40 ist rechtswidrig. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Festsetzung ihres GdB´s in Höhe von 50.
Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft von 20 bis 100 festzustellen. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigung in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Nach den der medizinischen Beurteilung verbindlich zu Grunde zu legenden "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht nach dem Schwerbehindertengesetz" (herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 1996) sind bei der Ermittlung des Gesamt-Grades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Addition der Einzel-GdB nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, um dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist wiederum zu beachten, dass gemäß Ziffer 19 Abs. 4 der Anhaltspunkte kleinere Behinderungen mit einem Einzel-Grad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-Grades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichten Behinderungen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzel-Grad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen.
Bei der Klägerin besteht im Wesentlichen ein insulinpflichtiger Diabetes Typ I, der die Höhe des Grades der Behinderung bestimmt. Die daneben bestehende Adipositas, eine asymptomatische Bakteriurie, Zustand nach Bronchitis, eitriger Rhinitis, Seitenstrangangina, Ekzem und Mykose wirken sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Der Gesamt-GdB ist bei der Klägerin mit 50 zu bewerten.
Gemäß Ziffer 26.15 der Anhaltspunkte ist ein durch Diät und alleinige Insulinbehandlung gut einstellbarer Diabetes mellitus mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten, ein schwer einstellbarer Diabetes (häufig bei Kindern), auch gelegentliche, ausgeprägte Hypoglykämien mit einem Einzel-GdB von 50. Desweiteren ist zu beachten, dass häufige, ausgeprägte Hypoglykämien sowie Organkomplikationen in ihren Auswirkungen entsprechend zusätzlich zu bewerten sind. Nach dem Wortlaut der Anhaltspunkte kommt es somit darauf an, ob der Diabetes gut oder schwer einstellbar ist und nicht darauf, ob er gut oder schlecht eingestellt ist. Damit kann auch ein Diabetes schwer einstellbar sein, der tatsächlich nicht mit häufigen Entgleisungen einhergeht, bei denen letzteres aber auf die optimale Mitarbeit des Patienten zurückgeht.
Bei der Klägerin ist der Diabetes schwer einstellbar. Sie kann ihren Blutzucker nur durch eine sehr aufwendige Therapie stabil halten. Sie muss ca. fünfmal täglich ihren Blutzucker kontrollieren und Insulininjektionen setzen. Trotz intensiver Diätenberatungen und Schulungen gelingt es nicht, die Anzahl der Insulininjektionen zu reduzieren. Dies wird von der Klägerin selbst berichtet und auch von der Zeugin bestätigt. Dass die Therapie derart aufwendig und notwendig ist, geht auch aus dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten von F hervor. Hinzu kommt, dass die Klägerin zusätzlich noch unter Unterzuckerungen leidet. Wie sie selbst darstellte und auch seitens der Zeugin bestätigt wurde, hatte sie allein in den letzten Monaten drei Unterzuckerungen. Sie wachte nicht mehr von alleine auf und musste von ihren in Diätangelegenheiten sehr erfahren und geschulten Eltern entsprechend therapiert und behandelt werden. Aus dem Sachverständigengutachten von F geht hervor, dass die Klägerin im Jahr 2003 ebenfalls vier bis fünf Hypoklykämien hatte. Trotz des erheblichen Therapieaufwandes ist damit der Blutzucker derzeit bei der Klägerin nicht so optimal einzustellen, dass sie nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen ist. Dabei kann es dahinstehen, ob die Klägerin in einem Zustand der Unterzuckerung notärztliche Hilfe oder eine entsprechende sachgerechte Behandlung durch ihre Eltern erhält. Maßgeblich ist, dass sie aus eigenen Kräften nicht im Stande ist, einen entsprechenden Unterzuckerungszustand zu beheben. Hierdurch ist ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft massiv beeinträchtigt. Hinzukommt, dass der Sachverständige bei der Klägerin desweiteren eine beginnende frühe Organimanifestation (autonome kardiovaskuläre diabetische Neuropathie) feststellt. Die Klägerin ergänzt, dass Verletzungen und Wunden an ihren Füssen aufgrund der Zuckerkrankheit nur extrem langsam wieder verheilen.
Der GdB von 50 wird erreicht. Der Gesamt-Leidenszustand der Klägerin kommt den in Ziffer 19 Abs. 2 der "Anhaltspunkte" genannten Beispielsfälle gleich. Die Klägerin ist so stark behindert wie ein Mensch, der Herz-Kreislaufschäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion bei nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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