L 7 AS 462/17 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 45 AS 1071/17 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 462/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Streitgegenstand im Eilverfahren bestimmt sich nach dem Streitgegenstand im Hauptsacheverfahren, also bei Leistungen nach dem SGB II auf den jeweiligen Bewilligungszeitraum.
2. Beschlüsse im Eilverfahren haben Rechtskraft.
3. Beschlüsse im Eilverfahren können nach § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG geändert werden.
4. Zur Notwendigkeit von Eilregelungen bei eheähnlicher Gemeinschaft.
5. Vorläufige Leistungen zur Ausübung des Umgangsrechts eines Elternteils.
6. Zur stationären Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) zu 1) begehrt vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg) höhere Leistungen nach dem SGB II, insbesondere ohne Berücksichtigung von Frau K. M. (künftig M), die der Bg bei seinen Leistungsbewilligungen als Partnerin des Bf zu 1) in einer eheähnlichen Gemeinschaft berücksichtigt hat.

Der Bf zu 2), der 2001 geborene Sohn des Bf zu 1), begehrt vom Bg Leistungen nach dem SGB II als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Bf zu 1), da er entgegen der Ansicht des Bg durch seine stationäre Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung (SOS-Kinderdorf) nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei.

Der Bf zu 3), der 2005 geborene Sohn des Bf zu 1), der im Haushalt seiner Mutter wohnt, begehrt vom Bg Leistungen nach dem SGB II für seine Aufenthalte beim Bf zu 1) im Rahmen des Umgangsrechts des Bf zu 1).

Der 1958 geborene Bf zu 1) ist schwerbehindert mit einem GdB von 60 mit Merkzeichen "G". Er betreibt ein Gewerbe, ohne daraus Einkommen zu erzielen. Monatlich erzielt der Bf zu 1) aus einer weiteren Tätigkeit regelmäßig 27,50 Euro als Einkommen. Seit Juni 2017 übt der Bf zu1) einen Minijob auf 450,00 EUR-Basis aus.

Der Bf zu 2) bezieht Kindergeld iHv 192,00 EUR monatlich und nach Angaben des Bf zu 1) in einer Zusammenstellung seiner Kosten und Einnahmen eine Halbwaisenrente in Höhe von monatlich 138,11 EUR. Der Bf zu 2) ist seit 08.10.2016 in der heilpädagogischen Wohngruppe "K." im SOS-Kinderdorf in B-Stadt, einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe, untergebracht und erhält dort Hilfe zur Erziehung in Form der Heimunterbringung gemäß § 34 SGB VIII.

Der Bf zu 1) und der Bf zu 2) bezogen vor dessen Unterbringung in einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe vom Bg Leistungen nach dem SGB II als Bedarfsgemeinschaft. Die Bf zu 1) und 2) bewohnten eine ca. 56 qm große Zweizimmerwohnung, in der sich zeitweise auch der Bf zu 3) im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts des Bf zu 1) aufhielt.

In diese Zweizimmerwohnung zog Frau M laut vorgelegter Meldebescheinigung zum 04.01.2016 ein. Frau M, geboren 1960, arbeitet als Pflegehelferin und erzielt daraus ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von zuletzt 2.366,84 EUR (netto 1.641,78 EUR).

In der Folge berücksichtigte der Bg Frau M bei der Leistungsfestsetzung als Mitglied einer Haushaltsgemeinschaft mit den Bf zu 1) und 2), wobei die Bewilligungen im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit des Bf zu 1) vorläufig waren.

Zum 01.07.2016 bezogen die Bf zu 1) und 2) zusammen mit Frau M eine größere Wohnung, was sie dem Bg am 06.06.2016 mitgeteilt hatten. Den Mietvertrag für die Dreizimmerwohnung unterzeichneten der Bf zu 1) und Frau M als Mieter gemeinsam. Die Grundmiete beträgt monatlich 819,00 EUR. Für Betriebskosten ist eine Vorauszahlung von 100,00 EUR, für Heizkosten in Höhe von 140,00 EUR monatlich zu leisten. Die monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) betragen insgesamt 1059,00 EUR.

Am 10.10.2016 teilte der Bf zu 1) dem Bg mit, dass der Bf zu 2) vorübergehend in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht sei. Der Bf zu 2) komme regelmäßig 14-tägig und in den Ferien nach Hause. Das Kindergeld für den Bf zu 2) werde er an den Jugendhilfeträger abführen.

Im Rahmen des Weiterbewilligungsantrags für die Zeit ab 01.12.2016 teilte Frau M dem Bg mit, dass sie keine Leistungen nach dem SGB II beantragt habe und deshalb auch keine Unterlagen vorlege. Sie sei nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft und wolle es auch nicht sein. Sie teile sich den Wohnraum zwar mit dem Bf zu 1) und sie hätten ab und zu Sex, ansonsten gingen sie jedoch getrennte Wege und hätten getrennte Kassen.

Mit Bescheid vom 28.11.2016 bewilligte der Bg für die Zeit vom 01.12.2016 bis 31.05.2017 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Bf zu 1) und Frau M als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Die Bewilligung erfolgte wegen der möglichen Einkünfte des Bf zu 1) aus selbständiger Tätigkeit vorläufig. M sei als Partnerin des Bf zu 1) Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Der Bf. zu 2) könne wegen seiner im Oktober 2016 erfolgten stationären Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung nicht mehr berücksichtigt werden. Das Kindergeld für den Bf zu 2) werde solange beim Bf zu 1) berücksichtigt, bis eine Überleitung an den Jugendhilfeträger nachgewiesen werde.

Nachdem der Bf zu 1) Widerspruch hiergegen eingelegt hatte, stellte er für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München; Frau M sei nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft.

Mit Beschluss vom 19.01.2017 verpflichtete das Sozialgericht den Bg, dem Bf. zu 1) für die Zeit vom 23.12.2016 bis 31.03.2017 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich weiteren 350,00 EUR zu erbringen. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Es sei unklar, ob der Bf zu 1) und Frau M in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebten. Angesichts der offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache seien dem Bf zu 1) im Rahmen einer Folgenabwägung vorläufig Leistungen zuzusprechen. Leistungen für den Bf zu 2) seien abzulehnen, da dessen Lebensunterhalt durch die Jugendhilfe gesichert sei.

Am 09.05.2017 stellten die Bf erneut Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München. Über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.11.2016 sei noch nicht entschieden worden. Die Bf verfügten über keinerlei finanzielle Rücklagen. Es drohe Wohnungslosigkeit, da mit der bewilligten Hilfe die Miete nicht gezahlt werden könne. Ein Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen für die Zeit ab Juni 2017 sei vom Bf zu 1) als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft am 19.04.2017 gestellt worden.

Mit Beschluss vom 19.05.2017 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

Da inzwischen der Widerspruch der Bf zum Bewilligungsbescheid vom 28.11.2016 (zu dem Änderungsbescheide vom 09.01.2017, 14.02.2017, 20.03.2017 und 02.05.2017 ergangen waren) mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2017 zurückgewiesen sei, der Widerspruchsbescheid aber noch nicht bestandskräftig sei, sei eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes während der laufenden Klagefrist zulässig.

Für die Zeit vor Antragstellung bei Gericht bedürfe es keiner gerichtlichen Anordnung im Wege des Eilrechtsschutzes, da eine fortwirkende Notlage nicht erkennbar sei.

Für die Zeit ab 10.05.2017 sei weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund ersichtlich.

Der Bf zu 1) und Frau M bildeten eine Bedarfsgemeinschaft, so dass es an der erforderlichen Hilfebedürftigkeit des Bf zu 1) fehle. Nachdem der Bf zu 1) und Frau M mehr als ein Jahr zusammen lebten, greife die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II. Solange die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt sei, sei davon auszugehen, dass der Bf zu 1) und Frau M eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Dem Bg sei wiederholt ein Hausbesuch verweigert worden. Anlässlich des Versuchs eines Hausbesuchs am 02.04.2017 habe Frau M erklärt, dass sie keine Beziehung mit dem Bf zu 1) führen würde, sie aber auch keine räumliche Trennung in der Wohnung durchführen würden. Da dem Hausbesuchsdienst Zugang zur Wohnung verweigert worden sei, habe der Bg die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts ausgeschöpft.

Damit sei das Einkommen von Frau M als Partner des Bf zu 1) zu berücksichtigen. Aus deren Einkommen und den Leistungen für Mai 2017 werde der Bedarf des Bf zu 1) und von Frau M im Mai 2017 gedeckt. Für die Zeit der Neuantragstellung ab Juni 2017 sei dies auch so.

Im Übrigen fehle es an einem Anordnungsgrund, da Frau M sich bereit erklärt habe, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des sozialgerichtlichen Verfahrens darlehensweise die hälftige Miete des Bf zu 1) zu tragen.

Der Bf zu 2) sei nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, da er seit seiner Aufnahme in eine stationäre Einrichtung der Jugendhilfe am 08.10.2016 gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei.

Hiergegen haben die Bf am 19.06.2017 Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Die Einbeziehung von Frau M als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sei rechtswidrig. Die drei Voraussetzungen für die Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, die kumulativ vorliegen müssten, seien nicht gegeben. Der Bf zu 1) und Frau M hätten mehrfach dargelegt, dass kein Interesse bestünde, füreinander Verantwortung zu tragen. Aufgrund ihrer finanziellen Mittel habe Frau M schon vor dem Kennenlernen des Bf zu 1) in einer Wohngemeinschaft gewohnt. Es bestünde lediglich Interesse daran, die Mietkosten zu teilen. Es handele sich um eine reine Wohngemeinschaft, die den besonderen Umständen des Wohnungsmarktes in A-Stadt geschuldet sei.

Die Nichtberücksichtigung des Bf zu 2) sei nicht mit § 7 Abs. 4 SGB II zu begründen. Zwar übe der Bf zu 2) keine Erwerbstätigkeit mit mindestens 15 Wochenstunden aus, was nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) den Leistungsausschluss aufhebe. Dies sei jedoch nicht auf den Umstand zurückzuführen, dass er in einer stationären Einrichtung eines SOS-Kinderdorfs untergebracht sei, sondern beruhe vielmehr darauf, dass er dort schulbezogene Hilfen in Anspruch nehme und dafür vorübergehend in einer Wohngruppe untergebracht sei. Der Ausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II greife daher hier wie bei einem Erwerbsfähigen, der mehr als 15 Stunden wöchentlich arbeite, nicht.

Nach Beschwerdeerhebung am 19.06.2017 legten die Bf detaillierte Aufstellungen jeweils mit Datum vom 10.06.2017 zu den Kosten der Bewohner der Wohnung vor, nämlich bezüglich der "Kosten K. M.", die deren monatliche Ausgaben, angefangen von der Sterbegeldvorsorge über eine Augenzusatzversicherung bis hin zu Benzinkosten umfasste, des Weiteren eine Kostenaufstellung des Bf zu 1) und eine Aufstellung der Tage, an denen sich der Bf zu 2) in der Wohnung aufhielt, nämlich innerhalb des Zeitraumes vom 02.06.2017 bis 02.07.2017 insgesamt 27 Tage. Des Weiteren wurde vorgelegt eine Auflistung von Kosten der Ausübung des Umgangsrechts des Bf zu 1) bezüglich des Bf zu 3), wonach der Bf zu 3) sich im Juni 2017 für elf Tage beim Bf zu 1) aufhielt. Für die Fahrten zur Mutter des Bf zu 3) seien im Juni 2017 Benzinkosten iHv 136,62 EUR angefallen. An Frau M habe der Bf zu 1) Leihgebühren für deren Kfz in Höhe von 80,00 EUR im Juni 2017 gezahlt. Wegen der schlechten finanziellen Lage könne das Kindergeld für den Bf zu 2) nicht an den Jugendhilfeträger weitergeleitet werden.

Mit Schreiben vom 03.07.2017 beantragte der Bg, die Beschwerde zurückzuweisen, wobei folgende, zwischenzeitlich ergangenen Bescheide des Bg vorgelegt wurden:

Für den Bewilligungszeitraum bis einschließlich Mai 2017

Änderungsbescheid vom 12.06.2017 für Mai 2017 zum Bewilligungsbescheid vom 28.11.2016 idF der Änderungsbescheide vom 09.01.2017, 14.02.2017, 20.03.2017 und 02.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2017 (gegen den inzwischen Klage erhoben wurde). Danach erhält der Bf zu 1) für den Monat Mai 2017 nunmehr 364,66 EUR, Frau M 315,66 EUR und der Bf zu 3) 56,28 EUR. Der Bf zu 3) sei im Mai 2017 temporär Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gewesen, nämlich für die Zeit vom 05.05.2017 bis 07.05.2017 und 19.05.2017 bis 31.05.2017. Der Bf zu 1) erhalte höhere Leistungen wegen Bewilligung eines besonderen Bedarfs an Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts für die Zeit vom 01.05.2017 bis 31.05.2017 für die Fahrten zur Abholung und Wegbringung seines Sohnes, des Bf zu 3), zu dessen Mutter. Dabei würden nur die Benzinkosten erstattet, nicht aber die vom Bf zu 1) geltend gemachten Kosten für die Anmietung eines Kraftfahrzeugs, nachdem der Bf zu 1) nur angegeben hatte, das Kfz angeblich von Frau M angemietet zu haben. Der Bf zu 2) sei wegen seiner stationären Unterbringung auch im Mai 2017 von Leistungen ausgeschlossen gewesen.

Für den Bewilligungszeitraum ab Juni 2017

- Bescheid vom 24.05.2017, mit dem über den Antrag der Bf vom 19.04.2017 über die Fortbewilligung der Leistungen vom 01.06.2017 bis 30.11.2017 entschieden wurde. Darin sind als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufgeführt der Bf zu 1) und Frau M, die jeweils wegen Anrechnung des Einkommens von Frau M monatliche Leistungen von 276,61 EUR erhalten. Der Bf zu 2) sei nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wegen seiner stationären Unterbringung und erhalte deshalb keine Leistungen nach dem SGB II. - Änderungsbescheid vom 12.06.2017, mit dem der Bescheid vom 24.05.2017 wegen Arbeitsaufnahme des Bf zu 1) auf 450-Euro-Basis für die Zeit vom 01.07.2017 bis 30.11.2017 teilweise aufgehoben wurde. Im Änderungsbescheid vom 12.06.2017 wurden für die Zeit vom 01.07.2017 bis 30.11.2017 wegen des Einkommens des Bf zu 1) aus dem Minijob vorläufig Leistungen nur noch in Höhe von jeweils 59,94 EUR an den Bf zu 1) und an Frau M bewilligt. - Widerspruchsbescheid vom 13.06.2017 zum Bewilligungsbescheid vom 24.05.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.06.2017 (hiergegen wurde inzwischen Klage erhoben). Mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2017 wurde der Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 24.05.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.06.2017 zurückgewiesen. Der Bf zu 1) und Frau M bildeten wegen eheähnlicher Gemeinschaft eine Bedarfsgemeinschaft, zu der der Bf zu 2) wegen seiner stationären Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe nicht gehöre.

Nach Ansicht des Bg ist mit diesen Bescheiden über das Leistungsbegehren der Bf umfassend und richtig entschieden und kein Raum für eine gerichtliche Eilanordnung mehr.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Auch wenn das Sozialgericht dem Rubrum nach nur über Leistungen bezüglich des Bf.zu 1) entschieden hat, so ergibt sich doch aus den Entscheidungsgründen, dass das Sozialgericht auch über Leistungen des Bf zu 2) als weiterem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, entschieden hat. Beschwerdeführer sind daher zunächst der Bf zu 1) und Bf zu 2). Zusätzlich ist auch Beschwerdeführer der Sohn des Bf zu 1) (nunmehr Bf zu 3), nachdem der Bg diesen mit Änderungsbescheid vom 12.06.2017 einbezogen hat und dieser Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2017 Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden ist. Dies entspricht auch dem Antrag des Bf zu 1) beim Sozialgericht und in der Beschwerdeinstanz, mit dem er als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft begehrt.

Keine Beschwerdeführerin ist Frau M. Dies ergibt sich aus dem Antrag des Bf zu 1), mit dem er als "Vertreter der Bedarfsgemeinschaft" ausdrücklich beantragt, Frau M nicht als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einzubeziehen. Frau M selbst hat keinen Antrag bei Gericht gestellt.

Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund).

Dabei ist nach Streitgegenständen zu trennen, nämlich dem Bewilligungszeitraum bis einschließlich Mai 2017 und die für diesen Zeitraum ergangenen Bescheide einerseits und dem Bewilligungszeitraum ab Juni 2017 und die für diesen Zeitraum ergangenen Bescheide andererseits. Außerdem ist der Zeitpunkt der Antragsstellung auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht zu beachten.

Des Weiteren ist zu beachten, dass für den Bewilligungszeitraum bis einschließlich Mai 2017 bereits mit dem Beschluss des Sozialgerichts vom 19.01.2017 entschieden wurde, indem das Sozialgericht Leistungen bis 31.03.2017 darin zusprach, aber für den restlichen Bewilligungszeitraum bis Ende Mai 2017 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ablehnte. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass nur bei geänderter Sach-und Rechtslage (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 86b Rz 45a) ein neuer Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz möglich ist. Ob der damalige ablehnende Beschluss des Sozialgerichts für Mai 2017 gemäß § 86b Abs. 1 Satz 4 GG bzw in analoger Anwendung von § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 86b Rz 45) hätte geändert werden können, kann dahingestellt bleiben, nachdem das Sozialgericht mit Beschluss vom 19.05.2017 im Ergebnis zutreffend entschieden hat, dass Eilrechtsschutz für Mai 2017 nicht zu gewähren ist.

Zeit bis zur Eilantragstellung beim Sozialgericht

Zutreffend hat das Sozialgericht für die Zeit vor Antragstellung auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht am 09.05.2017 ausgeführt, dass es nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes ist, einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Anhängigkeit des Eilverfahrens herbeizuführen und dass dies nur im Rahmen einer endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren geschehen könne, es damit also an einem Anordnungsgrund fehle. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor der gerichtlichen Entscheidung sind nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn eine Notlage fortwirke. Dies ist hier nicht der Fall, so dass einstweiliger Rechtsschutz für die Zeit vor Antragstellung beim Sozialgericht nicht zu gewähren ist.

Zeit vom 09.05.2017 bis 31.05.2017

Für den Monat Mai 2017 kann dahingestellt bleiben, ob es sich um eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen dem Bf zu 1) und Frau M handelt. Auch kann für diesen Monat dahingestellt bleiben, ob der Bf zu 2) Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist. Denn selbst wenn man unterstellt, der Bf zu 1) und Frau M wären keine Partner und der Bf zu 2) wäre trotz stationärer Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, fehlt es für die Bf zu 1) bis 3) auf jeden Fall an einem Anordnungsgrund.

Im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und für Heizung (KdUH) fehlt es bezüglich der Bf zu 1) bis 3) schon deshalb an einem Anordnungsgrund, weil nicht ersichtlich ist, dass die Wohnung gefährdet ist. Die Miete, die aufgrund des Mietvertrages vom Bf zu 1) und Frau M gemeinsam dem Vermieter geschuldet wird, wurde offensichtlich von Frau M in voller Höhe bezahlt. Dass Frau M nach ihren eigenen Angaben im Innenverhältnnis dem Bf zu 1) die Hälfte der Miete stundet, hat keinerlei Auswirkungen auf den Erhalt der Wohnung.

Was den Regelbedarf der Bf. zu 1) bis 3) anbetrifft, kämen insoweit aufgrund der Rechtsprechung des Senats, wonach zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache regelmäßig ein 30 %-iger Abschlag vom Regelbedarf vorzunehmen ist, nur ein verminderter Regelbedarf in Betracht. Noch dazu ist zu berücksichtigen, dass für den Monat Mai 2017 nur etwas mehr als zwei Drittel des Regelbedarfs in Frage stehen, da der Antrag bei Gericht erst am 09.05.2017 gestellt wurde.

Danach besteht für Mai 2017 auch im Hinblick auf den Bf zu 1) für den Regelbedarf kein Anordnungsgrund.

Selbst wenn man beim Bf zu 1) den von diesem begehrten Regelbedarf für einen Alleinstehenden iHv 409,00 EUR monatlich zugrunde legt, könnte er im Wege des Eilverfahrens unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze im Mai 2017 nur etwas mehr als zwei Drittel des um 30% gekürzten Regelbedarfs (also zwei Drittel von 286,30 EUR) bekommen. Im Mai 2017 hat er aber vom Bg inzwischen deutlich mehr, nämlich 364,66 EUR, erhalten, was er - nachdem die Wohnung wegen der Zahlung der gesamten Miete durch Frau M nicht gefährdet war - zum einen zur Deckung seines Lebensbedarfes einsetzen konnte. Gleichzeitig sind damit zum anderen auch die dem Bf zu 1) für Mai 2017 zustehenden Kosten für die Ausübung seines Umgangsrechts mit dem Bf zu 3) in etwa abgedeckt.

Auch für den Bf zu 2) besteht für Mai 2017 im Hinblick auf den Regelbedarf kein Anordnungsgrund.

Dem Bf zu 2) wurden für diesen Monat zwar keine Leistungen bewilligt. Der Bf zu 2), der im Jahr 2001 geboren wurde, hätte jedoch im Mai 2017 nur Anspruch auf Regelbedarf iHv 311,00 EUR gehabt, abgesenkt um 30 % also 217,30 EUR, und davon auch nur zwei Drittel. Dieser Betrag wird durch das nicht abgeführte Kindergeld in Höhe von 192,00 EUR, das dem Bf zu 2) als Einkommen zuzurechnen wäre, wenn er Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wäre, und die ihm zustehende Halbwaisenrente in Höhe von monatlich 138,11 EUR überschritten.

Für den Bf zu 3) besteht für Mai 2017 im Hinblick auf einen Regelbedarf wegen temporärer Bedarfsgemeinschaft kein Anordnungsgrund.

Dem Bf zu 3) wurden vom Bg inzwischen für Mai 2017 entsprechend den Tagen, die der Bf zu 3) sich beim Bf zu 1) aufhielt, Leistungen in voller Höhe bewilligt, nämlich 56,28 EUR.

Zeit ab 01.06.2017

Zum Zeitpunkt des Beschlusses des Sozialgerichts am 19.05.2017 hatte der Bg zwar noch nicht über den Weiterbewilligungsantrag vom 19.04.2017 entschieden. Der Weiterbewilligungsantrag für den am 01.06.2017 beginnenden Bewilligungszeitraum war jedoch schon Streitgegenstand des laufenden Eilverfahrens im Bezug auf den zum 31.05.2017 endenden Bewilligungszeitraum geworden (vgl. BayLSG Beschluss vom 27.04.2017, L 7 AS 277/17 B ER).

Soweit das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Zeit ab Juni 2017 abgelehnt hat mit der Begründung, dass der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft durch das Einkommen des Bf zu 1 und von Frau M überschritten werde, ist dies so zwar nicht, im Ergebnis dann jedoch schon zutreffend. Nachdem zum Zeitpunkt des Beschlusses des Sozialgerichts am 19.05.2017 der erst ab dem 01.06.2017 beginnende Bewilligungszeitraum noch nicht begonnen hatte, durfte das Sozialgericht zum Zeitpunkt seines Beschlusses noch nicht inhaltlich für die Zeit ab Juni 2017 entscheiden.

Denn im Ergebnis wäre der Antrag der Bf auf einstweiligen Rechtsschutz für die Zeit ab Juni 2017 mangels Rechtsschutzbedürfnisses abzulehnen gewesen. Zum Zeitpunkt des Beschlusses des Sozialgerichts am 19.05.2017 hatte der Bg noch ausreichend Zeit bis zum Beginn des neuen Bewilligungszeitraums Anfang Juni, einen Bescheid zu erlassen. Die Bf hätten nach der Entscheidung durch das Sozialgericht am 19.05.2017 entweder auf der Grundlage eines vom Bg noch vor Beginn des Bewilligungszeitraumes erlassenen Bescheides ein neues Eilverfahren einleiten können, wenn sie mit dem neuen Bescheid nicht einverstanden gewesen wären. Oder sie hätten, wenn der Bg zum 01.06.2017 noch keinen Bescheid erlassen hätte, auf der Grundlage des Weiterbewilligungsantrags vom 19.04.2017 beim Sozialgericht nochmals um Eilrechtsschutz nachsuchen können, wobei das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung allein auf der Grundlage des Weiterbewilligungsantrags beim Bg hätte beschränken müssen auf den Zeitpunkt bis zum Erlass eines Bescheides durch den Bg über den Weiterbewilligungsantrag vom 19.04.2017 für die Zeit ab 01.06.2017.

Im Ergebnis ist der prozessuale Umgang des Sozialgerichts mit dem Streitgegenstand des Weiterbewilligungszeitraums ab Juni 2017 hier nicht von Bedeutung, da der Bg nach dem Beschluss des Sozialgerichts am 19.05.2016 mit Bescheid vom 24.05.2017 über den Antrag der Bf von 19.04.2017 entschieden hat. Dieser Bescheid wurde Gegenstand des laufenden Beschwerdeverfahrens, da der Bescheid vom 24.05.2017 während der laufenden Beschwerdefrist ergangen ist.

In der Sache haben die Bf mit ihrer Beschwerde für den Zeitraum ab Juni 2017 keinen Erfolg.

a) Hinsichtlich des Begehrens des Bf zu 1 fehlt es an einem Anordnungsanspruch. Es ist von einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen, so dass der Bg den Bf zu 1 zu Recht Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung des Einkommens von Frau M bewilligt hat.

Wie das Sozialgericht ist auch das Beschwerdegericht der Auffassung, dass im vorliegenden Fall das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c, Abs. 3a SGB II in Form einer eheähnlichen Gemeinschaft zu bejahen ist. Bei Bestehen einer derartigen Gemeinschaft ist gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II auch das Einkommen und Vermögen des Partners bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen. Wenn der Partner also über anzurechnendes Einkommen (nach Abzug der Beträge gemäß § 11b SGB II) oder anrechenbares Vermögen (vgl. § 12 SGB II) verfügt, ist dieses zu berücksichtigen.

Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird unter anderem dann nach § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben.

Ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft - hier in Form einer eheähnlichen Gemeinschaft - in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen (vgl. BayLSG Beschluss vom 27. Juli 2016 , L 7 AS 414/16 B ER Rz 20f). Dabei ist grundsätzlich für jeden Bewilligungszeitraum, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einen eigenen Streitgegenstand darstellt, festzustellen, ob eine eheähnliche Gemeinschaft besteht oder nicht (BayLSG Beschluss vom 02.08.2016, L 7 AS 461/16 B ER Rz 25; vgl. auch BSG Urteil vom 12.10.2016, B 4 AS 60/15 R).

Das BSG hat im Urteil vom 23.08.2012, B 4 AS 34/12 R, unter Rz 14 ausgeführt, dass drei Voraussetzungen für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft vorliegen müssen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (Einstandswille). Der Einstandswille ist eine subjektive Voraussetzung. Wenn die Anknüpfungstatsachen (Indizien) der Vermutung nach § 7 Abs. 3a SGB II gegeben sind, kommt die widerlegbare Vermutung zum Tragen.

Der Bf zu 1 und Frau M sind erstens Partner. Schon aufgrund der Wohnsituation in einer 3-Zimmer-Wohnung mit gemeinsamen Mietvertrag und regelmäßigen Besuchen der beiden Söhne des Bf zu 1, den Bf zu 2) und 3), ist eine Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt, und eine Heirat rechtlich zulässig wäre.

Der Bf zu 1 und Frau M leben zweitens in einem gemeinsamen Haushalt zusammen; es handelt sich nicht um eine bloße Wohngemeinschaft. Die beiden lebten schon in einer Zweizimmerwohnung und leben jetzt in einer kleinen Dreizimmerwohnung zusammen. Ein Hausbesuch wurde regelmäßig verweigert Damit war des dem Bg. nicht möglich zu klären, ob - wie vom Bf zu 1) behauptet - eine räumliche Trennung im Haushalt stattfindet bzw. überhaupt möglich ist. Nachdem die Klärungsmöglichkeit allein der Sphäre des Bf 1) zuzurechnen ist, trägt dieser die Beweislast dafür, dass es sich um keinen gemeinsamen Haushalt handelt (vgl. dazu BayLSG Beschluss vom 20. Oktober 2016 - L 7 AS 659/16 B ER Rz 29 für den Fall, wenn - wie hier - ein Hausbesuch verweigert wird sowie zu den polizeilichen Möglichkeiten im Falle der Verweigerung eines Hausbesuchs). Frau M hat anlässlich des gescheiterten Hausbesuchs am 02.04.2017 ohnehin eine gemeinsame Haushaltsführung eingeräumt.

Und drittens ist ein Einstandswille gegeben. Die Partner leben mehr als ein Jahr zusammen. Der Bf zu 1) und Frau M haben zunächst in einer 2-Zimmer-Wohnung, zeitweise mit einem oder zwei Söhnen des Bf zu 1), gewohnt, und sind dann gemeinsam umgezogen, wobei sie die neue Wohnung auch gemeinsam angemietet haben. Aus dem gemeinsamen Wohnen von mehr als einem Jahr ergibt sich die gesetzliche Vermutung, dass der vorgenannte Einstandswille besteht (vgl. BayLSG Beschluss vom 27. Juli 2016 , L 7 AS 414/16 B ER Rz 24). Diese Vermutung wurde nicht widerlegt.

Im Gegenteil: Für das Bestehen des Einstandswillens sprechen Indizien, die bei entsprechender Würdigung insgesamt dazu führen (vgl. etwa BayLSG, Urteil vom 30.04,2015, L 7 AS 356/14), dass eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen dem Bf zu 1) und Frau M besteht. Im Eilverfahren sind dabei nur die vorhandenen Hinweistatsachen näher zu würdigen (BayLSG Beschluss vom 20. Oktober 2016, L 7 AS 659/16 B ER Rz 23, was nicht ausschließt, im Verfahren zur Hauptsache Frau M als Zeugin zu vernehmen, ggf deren Arbeitgeber und Arbeitskollegen und Verwandte, den Vermieter und weitere Hausbewohner sowie die Mutter des Bf zu 3) und weitere Verwandte des Bf zu 1).

Die Einlassung des Bf zu 1) und von Frau M., dass eine solche eheähnliche Gemeinschaft mangels Einstandswillens nicht gegeben sei, ist angesichts der ein klares Bild vermittelnden objektiven Hinweistatsachen (gemeinsamer Umzug, gemeinsamer Mietvertrag, Stundung der Miete durch Frau M, gelegentlicher gemeinsamer Sex) hier offensichtlich unbeachtlich (vgl. zur Bedeutung entsprechender Einlassungen durch die Betroffenen BayLSG Beschluss vom 27.07.2016, L 7 As 414/16 B ER). Es ist nicht so, wie viele Betroffene glauben, dass nur direkte finanzielle Unterstützungen zählen und dass es bei Unterstützungsleistungen gleich welcher Art genügt, den Unterstützungswillen zu bestreiten (vgl. BayLSG Beschluss vom 27. Juli 2016 , L 7 AS 414/16 B ER Rz 26).

Der Einstandswille ergibt sich objektiv aus der Tatsache, dass ein Hilfebedürftiger vom Partner unterstützt wird, vor allem wenn keinerlei Aussicht besteht, dass die Unterstützungsleistungen vom Hilfebedürftigen aus eigener Kraft jemals zurückerstatten kann. So liegt der Fall hier. Frau M unterstützt den Bf zu 1) fortlaufend, und zwar schon allein dadurch, dass sie ihm die Miete stundet.

Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung scheitert bezüglich des Bf zu 1) auch daran, dass kein Anordnungsgrund vorliegt. Denn es besteht keine Notlage des Bf zu 1), die ihm ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen würde. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt jedoch voraus, dass bei einem Abwarten bis zum Hauptsacheverfahren Nachteile entstehen könnten, die nicht mehr beseitigt werden könnten (BayLSG, Beschluss vom 26.07.2012, L 7 AS 404/12 B ER, Rz. 17).

Für die anteiligen Kosten des Bf zu 1) an den Kosten der KdUH ist Eilbedürftigkeit nicht erkennbar. Für die Gefährdung der Wohnung ist nichts vorgetragen und sind auch keine Anhaltspunkte gegeben (vgl. BayLSG Beschluss vom 19.12.2014, L 7 AS 757/14 B ER). Nachdem Frau M offensichtlich von ihrem Einkommen die volle Miete an den Vermieter zahlt, ist eine Gefährdung der Wohnung nicht erkennbar (BayLSG Beschluss vom 02. August 2016, L 7 AS 461/16 B ER Rz 27).

Was den Regelbedarf anbetrifft, ist angesichts des Einkommens des Bf zu 1) von 450,00 EUR aus seinem Minijob seit Juli 2017 ausreichend Einkommen vorhanden, das ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar macht. Der Bf zu 1) beansprucht auf der einen Seite einen Alleinstehenden-Regelbedarf in Höhe von 409,00 EUR. Auf der anderen Seite stehen ihm 450,00 EUR aus dem Minijob als bereite Mittel (vgl. BayLSG Beschluss vom 02.08.2016, L 7 AS 461/16 B ER Rz 30: Bruttoeinkommen ohne Absetzbeträge) zur Verfügung, was den Bedarf überschreitet.

Was mögliche höhere Aufwendungen des Bf. zu 1) für die Ausübung des Umgangsrechts mit seinem Sohn, dem Bf zu 3), anbetrifft, kann dahingestellt bleiben, ob der Bg im Rahmen seiner vorläufigen Leistungsbewilligung nach § 41a SGB II schon im Vorgriff auf die Ausübung des Umgangsrechts einen bestimmten, anhand der durchschnittlichen Fahrtkosten für die voraussichtlichen Besuche errechneten Betrag bewilligen müsste. Der Bf zu 1) hat hierzu zum einen keine Daten vorgelegt, die den Bg zu einer Prognose veranlassen könnte. Und die dem Bf nachträglich für die Ausübung seines Umgangsrechts bewilligten Beträge halten sich in einem Rahmen, der einer Regelung im Eilverfahren bedürfte. Der Bg hat ohnehin nach Vorlage entsprechender Unterlagen durch den Bf die Kosten im Wege eines Änderungsbescheides regelmäßig zeitnah schon im folgenden Monat bewilligt. Zu Recht hat der Bg dabei die angeblichen Mietkosten für das Kfz von Frau M außer Betracht gelassen; insoweit bleibt ggf zu klären, inwieweit nicht sogar der Anfangsverdacht für den Versuch eines Leistungsbetrags besteht.

b) Eine einstweilige Anordnung kommt auch im Hinblick auf den Bf zu 2) nicht in Frage.

Der Bf zu 2) ist wegen § 7 Abs. 4 SGB II grundsätzlich von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Bf zu 2) gehört nicht zur Bedarfsgemeinschaft, da Bf zu 2 wegen seiner stationären Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung nicht mehr dem Haushalt des Bf zu 1 angehört (LSG NRW Urteil vom 07.09.2015, L 19 AS 2096/13 Rz 40 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 81/12 R).

Die vom BSG im Urteil vom 05.06.2014, B 4 AS 32/13 R Rz 24ff aufgestellten Voraussetzungen für die Annahme eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II sind beim Bf zu 2) gegeben. Bei der Unterbringung in dem SOS-Kinderdorf handelt es sich um die Leistungserbringung in einer Einrichtung (vgl. BSG aaO Rz 25). Wegen der formalen Aufnahme in das Kinderdorf und der noch nicht erfolgten formalen Entlassung aus der Einrichtung ist der Bf zu 2) nach wie vor stationär untergebracht (vgl. BSG aaO Rz 26f).

Während der stationären Unterbringung übernimmt auch der Träger der Einrichtung nach Maßgabe seines Konzeptes die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Bf zu 2 (vgl. BSG aaO Rz 28). Dies gilt auch für den Aufenthalt des Bf zu 2) in der Wohnung des Bf zu 1) während seines Praktikums vom 02.06.2017 bis 02.07.2017. Das Praktikum ist Teil der Hilfeerbringung durch den Träger der stationären Einrichtung und erfolgt damit unter dessen Verantwortung.

Nachdem es sich um ein Praktikum im Rahmen einer Jugendhilfemaßnahme handelt, hat der Bf zu 2) auch nicht den Gegenbeweis, dass er wegen Erwerbstätigkeit nicht stationär untergebracht ist (vgl. BSG aaO Rz 30), erbracht. Der Gegenbeweis durch tatsächliche Erwerbsfähigkeit im Umfang von mindestens 15 Wochenstunden setzt voraus, dass die Tätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeübt wird, was bei einem von der Jugendhilfe verantworteten Praktikum gerade nicht der Fall ist.

Inwieweit während der Aufenthalte des Bf zu 2) im Juni/Juli 2017 in der Wohnung des Bf zu 1) ggf. eine temporäre Bedarfsgemeinschaft vorlag (vgl. BSG Urteil vom 16.4.2013, B 14 AS 81/12R Rz 18), kann im Rahmen des Eilverfahrens dahingestellt bleiben. Selbst bei Aufenthalt des Bf zu 2) in der Wohnung des Bf zu 1) während des Praktikums im Rahmen einer temporären Bedarfsgemeinschaft für annähernd einen vollen Monat ist kein Anordnungsgrund ersichtlich, vgl BayLSG Beschluss vom 27.04.2017, L 7 AS 277/17 B ER Rz 47. Eilbedürftigkeit ist nicht zu erkennen. Denn der Bf zu 2) konnte in dieser Zeit in der Wohnung des Bf. zu 1) wohnen. Und ihm standen bei einem Bedarf von 291,00 EUR, gekürzt um 30 % zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache also 203,70 EUR, Einkommen aus dem nicht abgeführten Kindergeld in Höhe von 192,00 EUR sowie seine Halbwaisenrente in Höhe von 138,11 EUR, also insgesamt 330,11 EUR als bereite Mittel (vgl. BayLSG Beschluss vom 02.08.2016, L 7 AS 461/16 B ER Rz 30: Bruttoeinkommen ohne Absetzbeträge) zur Verfügung.

c) Einer einstweiligen Anordnung bedarf es auch nicht im Hinblick auf den Bf zu 3).

Der Bf. zu 3) wohnt bei seiner Mutter und kann nur dann Leistungen vom Bg erhalten, wenn er temporär bei Ausübung des Umgangsrechts des Bf zu 1) der Bedarfsgemeinschaft des Bf zu 1) angehört. Im Rahmen einer Entscheidung nach § 41a SGB II können dann aufgrund einer Prognose zwar für den laufenden Bewilligungszeitraum möglicherweise vorab vorläufig Leistungen gewährt werden. Hierzu bedarf es aber genauer Angaben des Bf zu 1) für eine Prognose des Bg. An solchen Angaben fehlt es hier. Der Bg hat die vergleichsweise geringen Beträge dann auch im Nachhinein jeweils zeitnah im Folgemonat entsprechend den Angaben des Bf zu 1) bewilligt. Eilbedürftigkeit ist nicht erkennbar.

Im Ergebnis ist die Beschwerde der Bf zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Bf. mit ihren Begehren erfolglos blieben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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