S 11 R 1839/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 R 1839/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB 6 ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe für die Heirat insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind.

2. Bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten müssen bei der Gesamtbewertung diejenigen besonderen Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war.

3. Lassen sich bereits mehrere Monate, bevor bei dem Versicherten eine infauste Diagnose gestellt wurde, konkrete Heiratspläne nachweisen, die sich nach einer erfolgten Vorsprache beim Standesamt lediglich wegen der Notwendigkeit, für die Heirat erforderliche Dokumente aus dem Ausland beizubringen verzögerten, so gilt die Vermutung einer Versorgungsehe als widerlegt.
Der Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 21. November 2011 eine Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Witwenrente zu Gunsten der Klägerin aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes. Aus Sicht der Beklagten ist das Vorliegen einer Versorgungsehe nicht widerlegt.

Die im Jahr 1957 geborene Klägerin ist die Witwe des am 25. Dezember 1947 geborenen und am 2. Juni 2011 verstorbenen D. P.

Ausweislich der vor dem Notar W. am 27. April 2011 von D.P. getätigten Angaben hatte er die Klägerin am 3. November 2007 in Berlin kennengelernt und seither mit ihr eine Beziehung geführt. Wegen seiner damals noch nicht geschiedenen Ehe mit Frau B. P. habe er seinerzeit keine konkreten Hochzeitspläne gehabt. Nach Scheidung seiner früheren Ehe am 17. Juli 2009 hätten er und die Klägerin Heiratspläne geschmiedet. Weil die Klägerin im August 2009 an einer Sarkoidose erkrankt sei, hätten die Heiratspläne verschoben werden müssen. Ab Herbst 2010 seien die Planungen für die Hochzeit wieder aufgenommen worden. Da für die aus der Ukraine stammende Klägerin erst die erforderlichen Papiere hätten beschafft werden müssen, sei nochmals viel Zeit verloren gegangen.

Anlässlich einer Krankenhausbehandlung des D. P. vom 17. Dezember bis 21. Dezember 2010 war bei ihm ein Pankreaskopfkarzinom festgestellt worden. Seine Heirat mit der Klägerin fand sodann am 29. März 2011 vor dem Standesamt S. von Berlin statt. Am 2. Juni 2011 verstarb D. P.

Am 22. Juni 2011 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes. Sie reichte ein ärztliches Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. M vom 22. Juni 2011 ein, wonach der Tod des D. P. unerwartet eingetreten sei. Weiterhin reichte sie eine Erklärung der Zeugin S.K. vom 26. September 2011 sowie eine Bescheinigung des Standesamtes S. von Berlin vom 26. September 2011 ein.

Mit Bescheid vom 21. November 2011 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen D. P. ab, weil die Klägerin mit ihm nicht mindestens ein Jahr verheiratet gewesen und die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe nicht widerlegt worden sei. Der verstorbene Ehemann der Klägerin habe sich vom 26. Mai 2011 bis zu seinem Tod am 2. Juni 2011 wegen eines metastasierenden Pankreaskopfkarzinoms in stationärer Behandlung in den DRK Kliniken B.W. befunden. Die Diagnose sei im Januar 2011 gestellt worden. Nach den Feststellungen ihres sozialmedizinischen Dienstes sei bei der gegebenen Diagnose von einem infausten Leiden auszugehen, so dass bei Diagnosestellung mit dem Tod zu rechnen gewesen sei. Dies gelte erst recht für den Zeitpunkt der Eheschließung am 29. März 2011. Auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten sei der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet worden sei. Allerdings müssten die besonderen Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen sei. Hierzu habe die Klägerin vorgetragen, dass sie bereits 2009 den Wunsch gehabt habe zu heiraten, dieses Vorhaben jedoch wegen ihrer eigenen Erkrankung, wegen der erst am 17. Juli 2009 erfolgten Scheidung ihres verstorbenen Ehemannes und wegen der Schwierigkeit, Dokumente für die Eheschließung aus ihrem Heimatland beizubringen, aufgeschoben habe. Nach ihren eigenen Angaben führe sie die Beziehung jedoch schon seit November 2007. Eine Beibringung der Unterlagen für die Hochzeit wäre ab diesem Zeitpunkt möglich gewesen. Tatsächlich sei dies jedoch erst erfolgt, als der lebensbedrohliche Zustand ihres Ehemannes unübersehbar geworden sei. Es werde nicht unterstellt, dass die von der Klägerin für die Heirat angeführten Motive nicht vorgelegen hätten. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung sei jedoch angesichts der festgestellten äußeren Umstände davon auszugehen, dass diese nicht ausschlaggebend für die Heiratsabsicht gewesen seien bzw. dass es sich hierbei im Verhältnis zur Versorgungsabsicht nicht um zumindest gleichwertige Beweggründe gehandelt habe.

Den gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2012 zurück. Die hiergegen eingereichte Klage vor dem Sozialgericht Berlin, Az. S 105 R 671/14, nahm die Klägerin mit Schreiben vom 13. Januar 2016 zurück. Dem vorausgegangen war ein gerichtliches Schreiben vom 9. September 2014, in dem Hinweise sowohl zur materiellen Rechtslage als auch im Hinblick auf die nach Auffassung des Vorsitzenden der 105. Kammer nicht eingehaltene Klagefrist enthalten waren. Zudem hatte die Klägerin bereits am 29. Januar 2015 bei der Beklagten einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes gestellt.

Mit dem sich auf diesen Überprüfungsantrag beziehenden Bescheid vom 11. Dezember 2015 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 21. November 2011 ab. Die Prüfung habe ergeben, dass der beanstandete Bescheid zu Recht bestehe. Unterlagen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Ehe nicht aus anderen als Versorgungsgründen geschlossen worden sei, seien nicht vorgelegt worden. Dieser Bescheid werde gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 13. Januar 2016 Widerspruch ein. Neben den bereits vorliegenden Erklärungen und Unterlagen reichte sie eine Erklärung der Zeugin Dr. M. V. vom 26. Januar 2016 ein, weiterhin Erklärungen der Zeuginnen A.B. vom 1. Februar 2016 und W.S. vom 3. Februar 2016.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ermittelte die Beklagte bei dem Standesamt S. von Berlin hinsichtlich des Zeitpunktes der erstmaligen Kontaktaufnahme zu der beabsichtigten Eheschließung. Weiterhin zog sie Befundberichte und Entlassungsberichte zu den ärztlichen Behandlungen des Verstorbenen seit der bei ihm gestellten Diagnose eines Pankreaskarzinoms bei.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2016 zurück. Trotz Ermittlungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren habe im Fall der Klägerin die gesetzliche Vermutung einer so genannten Versorgungsehe nicht widerlegt werden können, so dass der Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente habe abgelehnt werden müssen. Nachdem anlässlich der Krankenhausbehandlung vom 17. Dezember bis 21. Dezember 2010 das Pankreaskarzinom festgestellt worden sei, habe man bei der erneuten Krankenhausbehandlung mit ursprünglich beabsichtigter Operationsindikation vom 3. Januar bis 14. Januar 2011 wegen der Ausbreitung auf eine onkologische Resektion verzichtet. Stattdessen sei aufgrund des Tumorstadiums lediglich eine palliative Chemotherapie eingeleitet worden. Vorliegend sei daher von einer infausten Prognose auszugehen gewesen. Nach dem Entlassungsbericht der V.-Klinik vom 14. Januar 2011 sei der Verstorbene über das Krankheitsgeschehen vollständig aufgeklärt worden. Nach den bisher vorliegenden medizinischen Unterlagen könne daher auch im Widerspruchsverfahren nicht davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung der grundsätzlich lebensbedrohende Gesundheitszustand der Klägerin nicht bekannt gewesen sei. Es könne ferner auch nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Eheschließung das Ableben des Ehemannes der Klägerin auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen wäre. Durch die eingereichten Zeugenerklärungen, die notarielle Erklärung vom 27. April 2011 und die Reiseunterlagen seien konkrete Heiratsabsichten, die eine Widerlegung der Rechtsvermutung bezüglich des Vorliegens einer Versorgungsehe bedingen würden, nicht hinreichend nachgewiesen. Gleiches gelte für den Zeitpunkt, ab dem Unterlagen im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung beschafft worden seien oder den erstmaligen Kontakt mit dem Standesamt vor dem 21. Februar 2011. Unter Würdigung aller Gesamtumstände habe die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegt werden können.

Am 14. Juli 2016 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Vorliegend seien besondere Umstände ersichtlich, die die Annahme, die Heirat sei lediglich aufgrund eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung erfolgt, nicht rechtfertigten. Sie und D. P. hätten bereits im Jahr 2009 - nach erfolgter Scheidung von seiner damaligen Ehefrau B. P. - heiraten wollen. Dafür habe er auch sein Testament bereits im Mai 2009 zu ihren Gunsten geändert. Da sie sodann an einer Sarkoidose erkrankt sei, hätten beide mit ihrer Heirat bis zu ihrer Genesung warten wollen. Sodann hätte sie längere Zeit auf die vom Standesamt für die Heirat benötigten Unterlagen warten müssen, da diese aus der Ukraine hätten beschafft werden müssen. Die Planungen für die Hochzeit hätten jedoch bereits 2010 begonnen.

Vor seiner Ehe mit B. P. sei D. P. bereits bis zu seiner rechtskräftigen Scheidung am 11. Dezember 1973 mit Frau S. K. verheiratet gewesen. Aufgrund der beabsichtigten Eheschließung mit ihr habe D. P. Frau S. K. im Oktober 2010 gebeten, ihm eine Fotokopie der vollstreckbaren Ausfertigung des Scheidungsurteils zu überlassen. Weiterhin habe das Bezirksamt S., Standesamt, bescheinigt, dass zwischen der Anmeldung der Eheschließung am 21. Februar 2011 und der ersten Auskunft zu den Modalitäten der Eheschließung mehrere Monate vergangen seien. Zudem könnten die Zeuginnen Dr. M. V., A. B. und W. S. bestätigen, dass D. P. sie bereits im Jahr 2009 habe heiraten wollen. Schließlich könnten die Töchter des Verstorbenen, A. R. und M. S. bekunden, dass D. P. und sie direkt nach der Scheidung von Frau B. P. hätten heiraten wollen. Entsprechende schriftliche Erklärungen der Zeuginnen S. K., Dr. M. V. , A. B., W. S., A. R. und M. S. hat die Klägerin eingereicht.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 21. November 2011 eine Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Kammer hat Behandlungsunterlagen des Klägers aus den DRK Kliniken Berlin Westend erfordert. Weiterhin hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2017 die Zeuginnen S. K., Dr. M. V., W. S. und A. B. vernommen. Wegen des Inhalts der Aussagen der Zeuginnen wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Die Akten lagen in der mündlichen Verhandlung sowie bei der Entscheidung vor.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Entgegen der Annahme der Beklagten ist der Bescheid vom 11. Dezember 2015 über den Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 21. November 2011 nicht gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des unter dem Aktenzeichen S 105 R 671/14 anhängigen Klageverfahrens geworden.

Gemäß § 96 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist in den angefochtenen Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt. Eine Änderung liegt vor, wenn der Verwaltungsakt teilweise aufgehoben und durch neue Regelung ersetzt wird. Eine Ersetzung ist gegeben, wenn ein neuer Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer - Schmidt, SGG Kommentar, 12. Auflage 2017, Rn. 3a f.).

Bei dem beschiedenen Überprüfungsantrag handelt es sich indes weder um eine Änderung des ursprünglichen Bescheides vom 21. November 2011 noch um eine Ersetzung. Demzufolge hat die Beklagte den gegen den Bescheid vom 11. Dezember 2015 eingelegten Widerspruch – nunmehr jedenfalls formell zutreffend und folgerichtig – auch durch Widerspruchsbescheid 22. Juni 2016 beschieden.

Die Klage ist auch begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren Ablehnungsbescheid vom 21. November 2011 aufzuheben und ihr eine Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes zu gewähren; denn der Ablehnungsbescheid vom 21. November 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Vorliegend ist die Beklagte in Bezug auf den Ablehnungsbescheid vom 21. November 2011 von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist, so dass deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Denn die Klägerin hat Anspruch auf Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes D. P.

Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, unter anderem dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 2. Juni 2011 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet und nach dessen Tod nicht wieder geheiratet.

Gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat vom 29. März 2011 bis 2. Juni 2013 und damit weniger als ein Jahr – nur gut zwei Monate - gedauert. Entscheidend ist daher, ob "besondere Umstände" vorliegen, aufgrund derer trotz der kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

Der Begriff der "besonderen Umstände" im Sinne von § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, welcher der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt. Was unter den besonderen Umständen des Falles zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da § 46 Abs. 2 a SGB VI jedoch vom Gesetzgeber bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 Siebtes Sozialgesetzbuch) und der Kriegsopferversorgung (§ 38 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz) nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 – B 13 R 55/08 R -, Juris, unter Hinweis auf BT-Drucksache 14, 4595 S. 44). Danach sind als besondere Umstände im Sinne von § 46 Abs. 2 a SGB VI alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die (gegebenenfalls auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten an.

Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nach dem Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder - da der Wortlaut auf den "alleinigen oder überwiegenden Zweck der Heirat" abhebt - zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei beiden Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG, 5. Mai 2009, aaO). Lediglich wenn der Hinterbliebene keine - glaubhaften - Angaben über die inneren Umstände macht, darf sich die Ermittlung, welche Gründe für die Eheschließung ausschlaggebend waren, und die Prüfung, ob es sich dabei um (anspruchsbegründende) besondere Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI handelt, auf nach außen tretende objektive Tatsachen beschränken. Ansonsten sind auch die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat zu betrachten und vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist, mit einzubeziehen (BSG, 5. Mai 2009, aaO).

Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Litt der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit, ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt (BSG, 5. Mai 2009 aaO).

Auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten ist indes der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden (BSG, 5. Mai 2009, aaO).

Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung fordert nach § 202 SGG iVm § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils und damit einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falls nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG, Urteil vom 6. Februar 2003 – B 7 AL 12/02 R -, Juris). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen besonderer Umstände als ein den Anspruch begründender Umstand und damit auch die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises trägt nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast somit derjenige, der den Witwen-/Witwerrentenanspruch geltend macht.

Vorliegend litt der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat am 29. März 2011 offenkundig an einer weit fortgeschrittenen lebensbedrohlichen Erkrankung. Dies ergibt sich für die Kammer eindeutig aus den erforderten Behandlungsunterlagen der DRK Kliniken B. W. sowie dem übrigen Inhalt der Verwaltungsakten. Bereits im Januar 2011 war offenkundig, dass der Kläger an einem nicht mehr operablen und metastasierten Pankreaskarzinom litt, bei dem keine Heilungschanen mehr bestehen, die verbleibende Lebenserwartung bekanntermaßen äußerst limitiert ist und die ärztliche Versorgung ihren Schwerpunkt oftmals bereits im palliativen Bereich hat. Auch der Klägerin und dem Versicherten konnte sich nicht verschließen, dass der Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung litt, bei der eine Heilung angesichts des fortgeschrittenen Stadiums ausgeschlossen war. Auf ihre subjektive Einschätzung des Krankheitsverlaufs kommt es nicht an (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 3. Januar 2008 – 2 A 10800/07 -Juris).

Nicht überzeugend ist daher auch das von der Klägerin eingereichte ärztliches Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. M. vom 22. Juni 2011, wonach der Tod des D. P. unerwartet eingetreten sei. Sollte sich diese fehlende Erwartbarkeit auf die ärztliche Beurteilung beziehen, entbehrt sie in Anbetracht der bekannten Verlaufsprognose metastasierter Pankreaskarzinome jeder Grundlage; sollte sie auf die subjektive Einschätzung der Klägerin und/oder des Versicherten abstellen, wäre diese rein subjektive Erwartung gemäß dem oben Gesagten unerheblich.

Aufgrund der genannten Umstände ist für die Kammer nachgewiesen, dass sowohl die Klägerin als auch der Versicherte sich vollkommen im Klaren darüber waren oder jedenfalls klar sein mussten, dass mit einem sehr baldigen Ableben des Versicherten zu rechnen sein würde. Der Zustand des Versicherten war bereits so schlecht, dass alsbald, nachdem bei ihm das Pankreaskarzinom diagnostiziert worden war, seine palliative Versorgung eingeleitet wurde. Vor der Tragweite dieses Umstandes konnten weder die Klägerin noch der Versicherte die Augen verschließen.

Nach den oben dargestellten Grundsätzen müssen daher ganz besonders gewichtige innere und äußere Umstände vorliegen, die im Rahmen der Gesamtabwägung gegen eine Versorgungsehe sprechen.

Das Bestehen einer langjährigen Partnerschaft – die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann waren bereits seit dem Jahr 2007 ein Paar – stellt gerade keinen solchen Umstand dar (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 20. Februar 2013 - L 1 R 304/11 -, Juris). Die Tatsache, dass die Klägerin und der Versicherte bereits seit 2007 ein Paar waren und bis zur Diagnose des Pankreaskarzinoms im Dezember 2010 keine Heirat erfolgt war, spricht grundsätzlich dafür, dass eine Partnerschaft ohne Trauschein von der Klägerin und dem Versicherten zunächst für ausreichend und zufriedenstellend angesehen wurde. Ein langjähriges Zusammenleben ohne Trauschein beruht grundsätzlich auf der Entscheidung, eben nicht zu heiraten, um ggf. damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen. Andererseits bestand die Partnerschaft zwischen der Klägerin und dem Versicherten auch noch nicht so lange, dass im Regelfall von einer bewussten Entscheidung, ohne Trauschein und damit ohne enge rechtliche Bindung miteinander zu leben, auszugehen wäre.

Auch der Wunsch, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem eheähnlichen Zusammenleben mit dem Versicherten den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, ist zwar nicht von vornherein – losgelöst von dem Umständen des konkreten Einzelfalls – ungeeignet, einen besonderen Umstand anzunehmen (BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 – B 13 R 134/08 R -, Juris). Allein das Bestehen einer innigen Liebesbeziehung und der wiederholten Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nicht aus (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. April 1999 - L 3 U 99/97 -, Juris). Gleiches gilt für lediglich abstrakte Pläne zur Heirat ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin. Bloße Äußerungen gegenüber der Familie über eine geplante Hochzeit genügen nicht zur Widerlegung einer Versorgungsehe (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Dezember 2007 - L 4 R 2407/05 -, Juris).

Der Vortrag der Klägerin, die vorliegenden Unterlagen sowie die Aussagen der Zeuginnen in der mündlichen Verhandlung belegen jedoch, warum es nicht vor dem 29. März 2011 zu einer Heirat kam und beweisen, dass konkrete und ernsthafte Heiratsabsichten bereits längere Zeit vor der Diagnosestellung des Pankreaskarzinoms im Dezember 2010 bestanden und die geplante Heirat bereits in ein Stadium eingehender Vorbereitungen eingetreten war. In der Gesamtschau der zu beurteilenden objektiven und subjektiven Umstände des Falles gelangt die Kammer daher zu der Überzeugung, dass die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe widerlegt ist.

Zunächst bestätigte die ehemalige Ehefrau des verstorbenen Versicherten, S. K. in der mündlichen Verhandlung, dass dieser sie angesichts der beabsichtigten Eheschließung mit der Klägerin bereits in den Jahren 2008 und 2009, spätestens aber im Oktober 2010 - also rund zwei Monate, bevor die infauste Prognose gestellt worden war - um eine Fotokopie der vollstreckbaren Ausfertigung des Scheidungsurteils aus dem Jahr 1973 gebeten hatte, da er diese nicht mehr habe auffinden können. Weiter führte sie aus, dass sie ihm eine Kopie des genannten Dokuments ausgehändigt gehabt habe, damit er die für die Heirat erforderlichen Unterlagen gegenüber dem Standesamt vollständig habe einreichen können.

Das Standesamt S. von Berlin bestätigte mit Schreiben vom 26. September 2011 einen Geschehensablauf, der mit den Angaben der Zeugin K. in Einklang zu bringen ist. Danach sei die Anmeldung der Eheschließung am 21. Februar 2011 erfolgt, nachdem sich die Zusammenstellung aller erforderlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen über längere Zeit hingezogen habe. Im Allgemeinen sei bei einer Eheschließung mit einem ausländischen Staatsangehörigen davon auszugehen, dass zwischen der ersten Auskunft bis zur Zustimmung durch das Kammergericht mehrere Monate vergingen. Es spricht demnach einiges dafür, dass die Klägerin und der verstorbene D. P. bereits vor der Diagnose des Tumors im Dezember 2010 gegenüber dem Standesamt konkrete Schritte zur Durchführung der Heirat unternommen hatten.

Diese Sichtweise wird durch mehrere Zeugenaussagen bestätigt:

So teilte die Zeugin Dr. M. V. in der mündlichen Verhandlung mit, dass D. P. der Klägerin bereits im Jahr 2009 einen Heiratsantrag gemacht habe. Sie selbst will davon bei einem gemeinsamen Besuch der Klägerin mit D. P. in L. erfahren haben. Mag ein solcher Heiratsantrag gemäß den obigen Ausführungen zur Widerlegung einer Versorgungsehe nicht ausreichen, so wird er doch nach der Aussage der Zeugin Dr. M. V. um konkrete Planungen ergänzt: Da die Zeugin Dr. M. V. selbst ihren Ehemann als Ausländerin – als Staatsangehörige der ehemaligen UdSSR - im Jahr 1979 geheiratet habe, habe D. P. sie oft konsultiert, welche Formalitäten für die Eheschließung erforderlich seien und wie schnell alles zu organisieren sei. Dies hatte die Zeugin Dr. M. V. bereits in ihrer schriftlichen Erklärung vom 26. Januar 2016 mitgeteilt. Detailliert und nachvollziehbar führte Frau Dr. M. V. bei ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung aus, dass im Falle der Klägerin und des Herrn D. P. aufgrund der jeweils geschlossenen Vorehen alle Formalitäten noch viel komplizierter gewesen seien als in ihrem Fall. Die Klägerin, zu der sie als ehemalige Sozialarbeiterin ein enges Vertrauensverhältnis aufgebaut habe, habe ihr davon oft telefonisch berichtet. Zu weiteren Verzögerungen sei es wegen schwerwiegender Erkrankungen der Klägerin gekommen. Die Zeugin Dr. M. V. schilderte diese Gegebenheiten im Termin zur mündlichen Verhandlung glaubhaft und nachvollziehbar. In ihrer schriftlichen Erklärung vom 26. Januar 2016 hatte sie diese Angaben dahingehend ergänzt, dass Ende Oktober 2010 bzw. Anfang November 2010 alle Unterlagen beisammen gewesen seien und dem Standesamt hätten vorgelegt werden können. Da Termine für Eheschließungen mit Ausländern erst dann vergeben werden könnten, wenn auch die internen Überprüfungen des Standesamtes abgeschlossen gewesen seien, habe ein Termin erst für Ende März 2011 vergeben werden können. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass diese Erinnerungen der Zeugin Dr. M. V. die Realität wiedergeben.

Sie stehen auch in Einklang mit der Erklärung der Zeugin A. B. Diese hatte in der mündlichen Verhandlung angegeben, die Klägerin bereits seit dem Jahr 2005 zu kennen und mit ihr eng befreundet gewesen zu sein. Nachdem diese im Oktober 2007 D. P. kennengelernt habe, hätten sie zu dritt viel unternommen. Bereits im Jahr 2008 sei D. P. bei der Klägerin eingezogen. Bald danach hätten beide begonnen, Hochzeitspläne zu schmieden, die wegen der schwerwiegenden Erkrankung der Klägerin zunächst zurückgestellt worden seien. Ab dem Jahr 2010 seien die gemeinsamen Hochzeitsplanungen wieder aufgenommen worden. Die Klägerin habe monatelang auf ihre Dokumente aus der Ukraine warten müssen. Zum Jahreswechsel 2010/2011 hätten D. P. und die Klägerin eine gemeinsame Reise nach Kanada zu ihrem Bruder geplant gehabt, um dort die Organisation des Hochzeitsfestes zu besprechen, zu dem der Bruder anreisen sollte. Diese Reise habe jedoch wegen der plötzlichen Erkrankung von D. P. storniert werden müssen.

Insbesondere der letztgenannte Umstand der geplanten Reise nach Kanada wird auch durch die von der Klägerin diesbezüglich eingereichten Reiseunterlagen bestätigt. Im Übrigen steht die Aussage der Zeugin A. B. im Wesentlichen in Einklang mit den eigenen Angaben der Klägerin, erfolgt jedoch zugleich nicht stereotyp, sondern zeigt sich detailreich und damit glaubhaft. Auch sie bestätigt, dass bereits weit vor Dezember 2010 mit der Erledigung aller Formalitäten begonnen worden sei, die zur Durchführung der Hochzeit erforderlich gewesen seien.

Die Zeugin W. S., die eine ehemalige Nachbarin des D. P. ist, bekundete in der mündlichen Verhandlung ebenfalls detailreich und glaubhaft, bereits lange vor der Tumorerkrankung des D. P. von seinen konkreten Heiratsplänen mit der Klägerin erfahren zu haben. D. P. habe ihr gegenüber weit vor Beginn seiner schweren Erkrankung wiederholt geäußert, die Hochzeit solle stattfinden, sobald die erforderlichen Papiere zusammengestellt seien.

Die Kammer hegt keinerlei Zweifel daran, dass die Erinnerungen aller vier Zeuginnen zutreffen, und dass diese Umstände schildern, die sich so tatsächlich auch zugetragen haben. Zwar waren die Aussagen insbesondere der Zeuginnen A. B. und W. S. unverkennbar von Wohlwollen der Klägerin gegenüber gekennzeichnet. Dieser Umstand verleitete sie zur Überzeugung der Kammer jedoch nicht dazu, Geschehensabläufe zu bekunden, die sich so nicht zugetragen haben. Nicht zuletzt die stimmig geschilderten Details geben keine Veranlassung, am Wahrheitsgehalt der jeweiligen Aussagen zu zweifeln.

Der Umstand, dass die Klägerin und D. P. bereits mehrere Monate vor der Stellung der Diagnose des Pankreaskarzinom konkrete Heiratspläne hatten, die sich lediglich wegen der aus der Ukraine erforderten Papiere hinauszögerten, wurde seinem Inhalt nach auch durch die beiden Töchter des Klägers, A. R. und M. S., in einer schriftlichen Erklärung vom 15. Februar 2016 bestätigt.

Bei einer abschließenden Bewertung aller im Wesenskern übereinstimmenden und glaubhaften Zeugenaussagen ist nach alledem zur Überzeugung der Kammer der Nachweis erbracht, dass - ungeachtet der todbringenden Erkrankung des Versicherten - die Heirat mit der Klägerin überwiegend oder zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen erfolgte. Der Klage war somit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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