Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 23 AS 1759/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 07.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2016 verpflichtet, den Bescheid vom 10.06.2016 in Gestalt des Bescheides vom 06.09.2016 abzuändern und der Klägerin für den Monat Juli 2016 weitere Bedarfe für Heizung i. H. v. 52,98 Euro zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 13 %. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme einer Nachforderung der Stadtwerke C gegenüber der Klägerin durch den Beklagten.
Die am 00.00.1990 geborene Klägerin lebt gemeinsam mit ihrem am 00.00.2009 geborenen Sohn in einer Bedarfsgemeinschaft. Sie bezieht seit mehreren Jahren laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache teilte die Klägerin mit, dass sie zum 30.06.2016 ihre derzeitige Wohnung in C gekündigt habe und nach M verziehen wolle. Eine neue Wohnung habe sie bislang noch nicht gefunden. Der Grund für den geplanten Umzug sei, dass sie in die Nähe ihrer Eltern ziehen wolle. Ihr Sohn sei in M bereits in der Schule angemeldet.
Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 08.06.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrem Sohn mit Bescheid vom 10.06.2016 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2016 bis zum 30.11.2016. Dabei berücksichtigte er - wie bereits in den Bescheiden für den Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.05.2016 - die in der Zeit ab dem 01.02.2016 an die Stadtwerke C zu zahlenden Abschläge in vollem Umfang (für Wärme i. H. v. 89,- Euro, für Warmwasser i. H. v. 8,- Euro, für Trinkwasser i. H. v. 10,- Euro und für Schmutzwasser i. H. v. 8,- Euro monatlich).
Unter dem 29.06.2016 teilte die Klägerin mit, dass sie zum 01.07.2016 eine Wohnung in M gefunden habe. Von dem Beklagten wurde ihr erklärt, dass die Wohnung unangemessen teuer sei. Eine Übernahme der Kaution, der Umzugskosten sowie möglicher Nebenkostennachzahlungen sei daher nicht möglich. Der Umzug erfolgte zum 01.07.2016.
Mit vorläufigem Änderungsbescheid vom 06.09.2016 berücksichtigte der Beklagte für die Zeit vom 01.07.2016 bis zum 30.11.2016 die Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die neue Wohnung. Aufgrund einer Änderung der Richtlinien des Beklagten erachtete dieser die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nunmehr für angemessen und übernahm diese in vollem Umfang.
Am 08.07.2016 beantragte die Klägerin die Übernahme einer Nachforderung aus der Schlussrechnung der Stadtwerke C hinsichtlich der Strom-, Heiz- und Wasserkosten für die ehemals bewohnte Wohnung im Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2016. Die Schlussrechnung vom 05.07.2016 wies einen zu zahlenden Betrag i. H. v. 417,17 Euro aus, hinzu kam noch eine Gebührenanforderung i. H. v. 5,- Euro. Auf den Inhalt der Schlussrechnung im Übrigen wird Bezug genommen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 07.09.2016 ab. Nachforderungen zu Heiz- und Nebenkosten seien nicht als Bedarf anzuerkennen, wenn sie sich auf eine nicht mehr von der leistungsberechtigten Person bewohnte Unterkunft bezögen, da es sich insoweit nicht um einen laufenden Bedarf des Leistungsberechtigten handele. Eine Ausnahme sei lediglich dann anzunehmen, wenn der Leistungsberechtigte im Zeitpunkt der Entstehung der Kosten und im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung im Leistungsbezug gestanden habe sowie der Umzug in die aktuelle Wohnung aufgrund einer vom Jobcenter erteilten Kostensenkungsaufforderung veranlasst worden sei. Zudem dürfe der Bedarf nicht anderweitig gedeckt worden sein.
Die Klägerin erhob am 15.09.2016 hiergegen Widerspruch. Die Schlussrechnung verhalte sich zu dem Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2016, in welchem sie die Wohnung in C bewohnt habe. Der Umzug sei zum 01.07.2016 erfolgt, d.h. im Zeitpunkt der Entstehung der Kosten habe sie sich im Leistungsbezug befunden. Im Übrigen sei aus Parallelfällen bekannt, dass die Nachforderung übernommen werde.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2016 als unbegründet zurück. Soweit eine Nachforderung von Unterkunfts- und / oder Heizkosten in einer Summe fällig werde, gehöre sie im Fälligkeitsmonat zum tatsächlichen, aktuellen Bedarf. Die Leistungen für laufende wie für einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung dienten indes der Unterkunftssicherung. Durch die existenzsichernden Leistungen solle der aktuelle räumliche Lebensmittelpunkt beibehalten werden können. Der Leistungsanspruch beziehe sich deshalb grundsätzlich nur auf die Übernahme der Aufwendungen für die tatsächlich genutzte konkrete Wohnung. Im Zeitpunkt der Fälligkeit der Betriebskostennachforderung vom 05.07.2016 sei das Mietverhältnis über die frühere Wohnung in C, auf die sich die Nachforderung bezogen habe, jedoch bereits beendet gewesen. Für diese Wohnung kämen unterkunftssichernde Leistungen grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz habe das Bundessozialgericht (BSG) anerkannt, wenn der Leistungsberechtigte 1.) sowohl im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten im Leistungsbezug nach dem SGB II gestanden habe als auch 2.) im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung noch stehe sowie 3.) die Aufgabe der Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt sei und 4.) keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten sei. Diese Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen, was hier nicht der Fall sei. Der Umzug sei auf den eigenen Wunsch der Klägerin hin erfolgt. Eine Kostensenkungsaufforderung habe nicht vorgelegen. Soweit die Klägerin ausführe, dass in anderen Fällen Kosten für Nachforderungen aus einer nicht mehr bewohnten Wohnung übernommen worden seien, könne über die Gründe nur gemutmaßt werden. Jedenfalls könne es keine Gleichheit im Unrecht geben.
Mit der hiergegen am 24.11.2016 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie habe einen Anspruch auf Übernahme der Nachforderung der Stadtwerke C i. H. v. 422,17 Euro. In einem Vergleichsfall habe der Beklagte die Nachzahlung nach dem Auszug der betroffenen Person aus der Wohnung übernommen. Sie habe im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten und auch zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachzahlung im Leistungsbezug gestanden. Der Umzug sei auch durch den Beklagten genehmigt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 07.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2016 zu verpflichten, den Bescheid vom 10.06.2016 in Gestalt des Bescheides vom 06.09.2016 abzuändern und ihr für den Monat Juli 2016 weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 422,17 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Umzug sei auf den eigenen Wunsch der Klägerin hin erfolgt. Eine Kostensenkungsaufforderung habe nicht vorgelegen. Damit seien die Voraussetzungen für die Übernahme von Betriebs- und Heizkostennachforderungen aus einem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis nicht erfüllt. Den inzwischen erfolgten Entscheidungen des BSG vom 30.03.2017 und 13.07.2017 hätten andere Sachverhalte zu Grunde gelegen. In beiden Verfahren habe der jeweilige Leistungsträger eine Zusicherung zum Umzug erteilt. Der Beklagte sehe dies somit als zwingende Voraussetzung für die Übernahme einer Nebenkostennachzahlung für eine frühere Wohnung an. Eine solche Zusicherung habe die Klägerin von dem Beklagten aber nicht erhalten. Die Wohnung sei angemietet worden, ohne den Beklagten zu beteiligen oder zu informieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens kann lediglich ein Anspruch der Klägerin sein. Über Ansprüche ihres mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohnes ist hingegen nicht zu entscheiden, da dieser nicht Klage erhoben hat. Da Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II Individualansprüche sind (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7 b AS 8/06 R), können Bedarfsgemeinschaften das Ziel der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur erreichen, wenn jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft im eigenen Namen Klage erhebt. Gemäß § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist das Gericht allerdings an die Fassung des Antrags nicht gebunden. Der Antrag ist vielmehr nach dem Meistbegünstigungsprinzip unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens auszulegen (BSG, a.a.O.). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die inhaltliche Ausgestaltung eines Klageantrags einer Person; er muss vielmehr im Hinblick auf die vorliegenden rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II und die daraus resultierenden tatsächlichen Ungereimtheiten des Verwaltungs- und des prozessualen Verfahrens auch für die Auslegung herangezogen werden, welche Personen überhaupt Klage erhoben haben. Für eine Übergangszeit (bis zum 30. Juni 2007) waren dabei Klageanträge (maßgeblich: Antragszeitpunkt) wegen der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und daraus resultierenden Zweifel in Erweiterung der üblichen Auslegungskriterien danach zu beurteilen, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Klage hätten erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten höheren Leistungen zu erhalten, es sei denn, einer solchen Auslegung wurde durch die betroffenen Personen widersprochen bzw. eine Bedarfsgemeinschaft bestritten oder einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft waren offensichtlich vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen (vgl. BSG, a.a.O.). Abgesehen davon, dass die vom BSG eingeräumte Übergangszeit bei Stellung des Klageantrags seit fast zehn Jahren abgelaufen war, lässt sich der Klageschrift in keiner Weise entnehmen, dass die Klage auch für den Sohn der - anwaltlich vertretenen - Klägerin erhoben wurde.
Die Klägerin ist beschwert i. S. d. des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, da der angefochtene Bescheid vom 07.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2016 zum Teil rechtswidrig ist. Denn der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, den Bescheid vom 10.06.2016 in Gestalt des Bescheides vom 06.09.2016 abzuändern und der Klägerin für den Monat Juli 2016 höhere Bedarfe für Heizung nach §§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zu gewähren. Einen Anspruch auf Übernahme weiterer Bedarfe hat die Klägerin hingegen nicht.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u. a. dann aufgehoben werden, wenn und soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt.
Nach Erlass des Bescheides vom 10.06.2016 ist mit der Fälligkeit der streitigen Heizkostennachforderung aus der Schlussrechnung der Stadtwerke C vom 05.07.2016 im Juli 2017 insofern eine wesentliche Änderung der dem Bescheid zugrunde liegenden Verhältnisse eingetreten, als zugunsten der Klägerin ein weiterer Heizkostenbedarf entstanden ist, der gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II seitens des Beklagten zu übernehmen war.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Kommt es nach regelmäßiger Übernahme der Heizkostenvorauszahlungen bzw. -abschläge der jeweiligen Monate als tatsächliche Aufwendungen nach der Heizkostenabrechnung zu Nachforderungen bzw. Nachzahlungen, gehören solche einmalig geschuldeten Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat, ohne dass ein gesonderter Antrag erforderlich ist (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22, Rn. 67 m. w. N.). Dies gilt zunächst grundsätzlich nur für die Übernahme der Aufwendungen für die tatsächlich konkret genutzte Wohnung, da sich der Anspruch nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf die Sicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens bezieht (vgl. BSG, Urteil vom 30.03.2017, Az. B 14 AS 13/16 R m. w. N.), nicht also für Aufwendungen für eine ehemals bewohnte Wohnung.
So liegt der Fall aber hier. Im Zeitpunkt der Fälligkeit der im Streit befindlichen Heizkostennachforderung bewohnte die Klägerin die Wohnung, auf die sich jene Nachforderung bezieht, nicht mehr.
Allerdings sind nach der Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise Nachforderungen aus früheren, inzwischen beendeten Mietverhältnissen jedenfalls dann zu übernehmen, wenn der Leistungsberechtigte durchgehend seit dem Zeitraum der tatsächlichen Entstehung der Kosten bis zu dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung im Leistungsbezug nach dem SGB II stand und entweder die Wohnung aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung des Leistungsträgers aufgegeben worden ist oder eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs während des Leistungsbezuges vorlag. Zudem darf keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten sein (vgl. BSG, a. a. O. m. w. N.; BSG, Urteil vom 13.07.2017, Az. B 4 AS 12/16 R m. w. N.).
Die Klägerin stand zwar seit dem Zeitraum der tatsächlichen Entstehung der streitgegenständlichen Heizkosten im Jahr 2016 bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit der entsprechenden Nachforderung im Juli 2016 im Leistungsbezug nach dem SGB II, auch ist der Bedarf nicht bereits anderweitig gedeckt worden. Allerdings lag ihrem Umzug weder eine Kostensenkungsaufforderung des Beklagten zugrunde, noch hat jener eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs erteilt.
Allerdings ist die zitierte Rechtsprechung des BSG nach Auffassung der Kammer auf den vorliegenden Fall übertragbar. Denn zum einen hat das BSG - entgegen der Auffassung des Beklagten - bislang nicht entschieden, dass eine Übernahme der Nachforderungen aus beendeten Mietverhältnissen ausscheidet, wenn weder eine Kostensenkungsaufforderung noch eine Zusicherung erteilt wurde. Einen solchen Fall hatte das BSG bislang gerade nicht zu entscheiden. Es hat sich vielmehr ausdrücklich dahingehend geäußert, dass eine derartige Nachforderung "jedenfalls" dann zu übernehmen ist, wenn eben eine Kostensenkungsaufforderung bzw. eine Zusicherung vorliegt. Dies schließt aber nicht aus, dass eine Übernahme auch dann in Betracht kommt, wenn dies nicht der Fall ist. Zum anderen verfängt die den zitierten Entscheidungen zugrunde liegende Argumentation des BSG unabhängig vom Vorliegen einer Kostensenkungsaufforderung bzw. einer Zusicherung in jedem Fall, in dem ein durchgehender Leistungsbezug vom Zeitraum der Entstehung der Nachforderung bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit derselben besteht. Denn nach den Ausführungen des BSG, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt, besteht dann eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf, weil sowohl die Entstehung der Nachforderung als auch ihre Fälligkeit einen Zeitraum der ununterbrochenen Hilfebedürftigkeit betrifft, in dem der Leistungsträger für die unterkunftsbezogenen Bedarfe der Leistungsbezieher einschließlich der Nebenkosten aufzukommen hat. Das BSG führt weiter aus: "Zu berücksichtigen ist auch, dass es eine faktische Umzugssperre bewirken könnte, würden Nachforderungen für eine frühere Wohnung bei durchgehender Hilfebedürftigkeit nicht übernommen, weil Leistungsbezieher sich dann dem Risiko ausgesetzt sähen, nur wegen nicht auskömmlich festgesetzter Nebenkostenvorauszahlungen mit Schulden belastet zu werden, zumal sie die Höhe der Abschläge regelmäßig nicht beeinflussen können. Im Übrigen mindert eine Nebenkostenerstattung unabhängig von der Frage eines vorangegangenen Umzugs nach § 22 Abs. 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Zudem könnten Folgeprobleme für die aktuelle Wohnsituation drohen, sei es, dass die neue Wohnung beim Vermieter der früheren Wohnung gemietet ist, oder sei es, dass für die Heizenergieversorgung derselbe Energielieferant zuständig ist, und deshalb Zahlungsschwierigkeiten aus dem früheren Miet- oder Versorgungsverhältnis auf die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen durchschlagen, was wiederum Beratungspflichten auf Seiten der Jobcenter auslösen würde" (vgl. BSG, Urteil vom 30.03.2017, Az. B 14 AS 13/16 R m. w. N.). Hierfür kann es nach Auffassung der Kammer aber keinen Unterschied machen, ob dem Umzug eine Kostensenkungsaufforderung zugrunde lag bzw. eine Zusicherung zum Umzug erteilt wurde, oder nicht. Die beschriebenen Folgen drohen dem Leistungsempfänger vielmehr unabhängig vom Vorliegen einer Kostensenkungsaufforderung bzw. Zusicherung.
Der von dem Beklagten zu übernehmende Betrag berechnet sich wie folgt: Tatsächlicher Verbrauch im Zeitraum Januar 2016 bis Juni 2016 für - Wärme 535,12 Euro - Warmwasser 55,83 Euro Gesamt 590,95 Euro Von dem Beklagten übernommene Abschläge im Zeitraum Februar 2016 bis Juni 2016 (im Januar 2016 fiel kein Abschlag an) für - Wärme (5 * 89,- Euro =) 445,- Euro - Warmwasser (5 * 8,- Euro =) 40,- Euro Gesamt (5 * 97,- Euro =) 485,- Euro 590,95 Euro - 485,- Euro = 105,95 Euro, davon 50 % (Kopfteil der Klägerin): 52,98 Euro.
Ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Übernahme der sich weiterhin aus der Schlussrechnung der Stadtwerke C vom 05.07.2016 ergebenden Nachforderung für Strom folgt aus der oben dargestellten Argumentation des BSG hingegen nicht. Denn Bedarfe für Haushaltsenergie (ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile) zählen schon nicht zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung sondern sind vielmehr gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Regelbedarf umfasst und daher von dem Leistungsberechtigten aus der Regelleistung zu finanzieren. Dies gilt auch für entsprechende Nachforderungen des Energieversorgers.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Bedarfe für Nebenkosten in Form einer Nachforderung von Trink- und Schmutzwasserkosten. Denn insoweit ergibt sich aus der Schlussrechnung der Stadtwerke C vom 05.07.2016 gerade keine Nachforderung, die von dem Beklagten zu übernehmen wäre. So belief sich der entsprechende Verbrauch in den maßgeblichen Monaten Januar 2016 bis Juni 2016 auf 45,74 Euro (Trinkwasser) und 37,32 Euro, insgesamt also 83,06 Euro. Der Beklagte hat an die klägerische Bedarfsgemeinschaft in den Monaten Februar 2016 bis Juni 2016 (im Januar 2016 sind keine Abschläge angefallen) Beträge i. H. v. (5 * 10,- Euro =) 50,- Euro und (5 * 8,- Euro=) 40,- Euro geleistet, wovon die Klägerin ausweislich der Schlussrechnung allerdings nur 30,- Euro für Trinkwasser und 24,- Euro für Schmutzwasser an die Stadtwerke C weitergeleitet hat. Der Beklagte hat mithin bereits den tatsächlichen Bedarf übersteigende Beträge i. H. v. 6,94 Euro geleistet, die Nachforderung der Stadtwerke beruht allein auf der Zahlung zu geringer Abschläge durch die Klägerin. Dies kann nicht zu Lasten des Beklagten gehen.
Auch die Gebührenanforderung in der Schlussrechnung der Stadtwerke C vom 05.07.2016 stellt keinen von dem Beklagten nach dem SGB II zu übernehmenden Bedarf dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, § 144 Abs. 1 S. 2 SGG. Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt (422,17 Euro – 52,98 =) 369,19 Euro bzw. 52,98 Euro und erreicht nicht die Berufungssumme. Auch sind keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr streitig. Die Berufung war allerdings zuzulassen, da die Frage, ob die Übernahme einer Heizkostennachforderung für eine nicht mehr bewohnte Wohnung auch dann möglich ist, wenn bei durchgehendem Leistungsbezug und fehlender Bedarfsdeckung weder eine Kostensenkungsaufforderung noch eine Zusicherung des Leistungsträgers vorliegt, grundsätzliche Bedeutung hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 13 %. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme einer Nachforderung der Stadtwerke C gegenüber der Klägerin durch den Beklagten.
Die am 00.00.1990 geborene Klägerin lebt gemeinsam mit ihrem am 00.00.2009 geborenen Sohn in einer Bedarfsgemeinschaft. Sie bezieht seit mehreren Jahren laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache teilte die Klägerin mit, dass sie zum 30.06.2016 ihre derzeitige Wohnung in C gekündigt habe und nach M verziehen wolle. Eine neue Wohnung habe sie bislang noch nicht gefunden. Der Grund für den geplanten Umzug sei, dass sie in die Nähe ihrer Eltern ziehen wolle. Ihr Sohn sei in M bereits in der Schule angemeldet.
Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 08.06.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrem Sohn mit Bescheid vom 10.06.2016 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2016 bis zum 30.11.2016. Dabei berücksichtigte er - wie bereits in den Bescheiden für den Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.05.2016 - die in der Zeit ab dem 01.02.2016 an die Stadtwerke C zu zahlenden Abschläge in vollem Umfang (für Wärme i. H. v. 89,- Euro, für Warmwasser i. H. v. 8,- Euro, für Trinkwasser i. H. v. 10,- Euro und für Schmutzwasser i. H. v. 8,- Euro monatlich).
Unter dem 29.06.2016 teilte die Klägerin mit, dass sie zum 01.07.2016 eine Wohnung in M gefunden habe. Von dem Beklagten wurde ihr erklärt, dass die Wohnung unangemessen teuer sei. Eine Übernahme der Kaution, der Umzugskosten sowie möglicher Nebenkostennachzahlungen sei daher nicht möglich. Der Umzug erfolgte zum 01.07.2016.
Mit vorläufigem Änderungsbescheid vom 06.09.2016 berücksichtigte der Beklagte für die Zeit vom 01.07.2016 bis zum 30.11.2016 die Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die neue Wohnung. Aufgrund einer Änderung der Richtlinien des Beklagten erachtete dieser die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nunmehr für angemessen und übernahm diese in vollem Umfang.
Am 08.07.2016 beantragte die Klägerin die Übernahme einer Nachforderung aus der Schlussrechnung der Stadtwerke C hinsichtlich der Strom-, Heiz- und Wasserkosten für die ehemals bewohnte Wohnung im Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2016. Die Schlussrechnung vom 05.07.2016 wies einen zu zahlenden Betrag i. H. v. 417,17 Euro aus, hinzu kam noch eine Gebührenanforderung i. H. v. 5,- Euro. Auf den Inhalt der Schlussrechnung im Übrigen wird Bezug genommen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 07.09.2016 ab. Nachforderungen zu Heiz- und Nebenkosten seien nicht als Bedarf anzuerkennen, wenn sie sich auf eine nicht mehr von der leistungsberechtigten Person bewohnte Unterkunft bezögen, da es sich insoweit nicht um einen laufenden Bedarf des Leistungsberechtigten handele. Eine Ausnahme sei lediglich dann anzunehmen, wenn der Leistungsberechtigte im Zeitpunkt der Entstehung der Kosten und im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung im Leistungsbezug gestanden habe sowie der Umzug in die aktuelle Wohnung aufgrund einer vom Jobcenter erteilten Kostensenkungsaufforderung veranlasst worden sei. Zudem dürfe der Bedarf nicht anderweitig gedeckt worden sein.
Die Klägerin erhob am 15.09.2016 hiergegen Widerspruch. Die Schlussrechnung verhalte sich zu dem Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2016, in welchem sie die Wohnung in C bewohnt habe. Der Umzug sei zum 01.07.2016 erfolgt, d.h. im Zeitpunkt der Entstehung der Kosten habe sie sich im Leistungsbezug befunden. Im Übrigen sei aus Parallelfällen bekannt, dass die Nachforderung übernommen werde.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2016 als unbegründet zurück. Soweit eine Nachforderung von Unterkunfts- und / oder Heizkosten in einer Summe fällig werde, gehöre sie im Fälligkeitsmonat zum tatsächlichen, aktuellen Bedarf. Die Leistungen für laufende wie für einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung dienten indes der Unterkunftssicherung. Durch die existenzsichernden Leistungen solle der aktuelle räumliche Lebensmittelpunkt beibehalten werden können. Der Leistungsanspruch beziehe sich deshalb grundsätzlich nur auf die Übernahme der Aufwendungen für die tatsächlich genutzte konkrete Wohnung. Im Zeitpunkt der Fälligkeit der Betriebskostennachforderung vom 05.07.2016 sei das Mietverhältnis über die frühere Wohnung in C, auf die sich die Nachforderung bezogen habe, jedoch bereits beendet gewesen. Für diese Wohnung kämen unterkunftssichernde Leistungen grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz habe das Bundessozialgericht (BSG) anerkannt, wenn der Leistungsberechtigte 1.) sowohl im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten im Leistungsbezug nach dem SGB II gestanden habe als auch 2.) im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung noch stehe sowie 3.) die Aufgabe der Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt sei und 4.) keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten sei. Diese Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen, was hier nicht der Fall sei. Der Umzug sei auf den eigenen Wunsch der Klägerin hin erfolgt. Eine Kostensenkungsaufforderung habe nicht vorgelegen. Soweit die Klägerin ausführe, dass in anderen Fällen Kosten für Nachforderungen aus einer nicht mehr bewohnten Wohnung übernommen worden seien, könne über die Gründe nur gemutmaßt werden. Jedenfalls könne es keine Gleichheit im Unrecht geben.
Mit der hiergegen am 24.11.2016 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie habe einen Anspruch auf Übernahme der Nachforderung der Stadtwerke C i. H. v. 422,17 Euro. In einem Vergleichsfall habe der Beklagte die Nachzahlung nach dem Auszug der betroffenen Person aus der Wohnung übernommen. Sie habe im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten und auch zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachzahlung im Leistungsbezug gestanden. Der Umzug sei auch durch den Beklagten genehmigt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 07.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2016 zu verpflichten, den Bescheid vom 10.06.2016 in Gestalt des Bescheides vom 06.09.2016 abzuändern und ihr für den Monat Juli 2016 weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 422,17 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Umzug sei auf den eigenen Wunsch der Klägerin hin erfolgt. Eine Kostensenkungsaufforderung habe nicht vorgelegen. Damit seien die Voraussetzungen für die Übernahme von Betriebs- und Heizkostennachforderungen aus einem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis nicht erfüllt. Den inzwischen erfolgten Entscheidungen des BSG vom 30.03.2017 und 13.07.2017 hätten andere Sachverhalte zu Grunde gelegen. In beiden Verfahren habe der jeweilige Leistungsträger eine Zusicherung zum Umzug erteilt. Der Beklagte sehe dies somit als zwingende Voraussetzung für die Übernahme einer Nebenkostennachzahlung für eine frühere Wohnung an. Eine solche Zusicherung habe die Klägerin von dem Beklagten aber nicht erhalten. Die Wohnung sei angemietet worden, ohne den Beklagten zu beteiligen oder zu informieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens kann lediglich ein Anspruch der Klägerin sein. Über Ansprüche ihres mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohnes ist hingegen nicht zu entscheiden, da dieser nicht Klage erhoben hat. Da Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II Individualansprüche sind (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7 b AS 8/06 R), können Bedarfsgemeinschaften das Ziel der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur erreichen, wenn jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft im eigenen Namen Klage erhebt. Gemäß § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist das Gericht allerdings an die Fassung des Antrags nicht gebunden. Der Antrag ist vielmehr nach dem Meistbegünstigungsprinzip unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens auszulegen (BSG, a.a.O.). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die inhaltliche Ausgestaltung eines Klageantrags einer Person; er muss vielmehr im Hinblick auf die vorliegenden rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II und die daraus resultierenden tatsächlichen Ungereimtheiten des Verwaltungs- und des prozessualen Verfahrens auch für die Auslegung herangezogen werden, welche Personen überhaupt Klage erhoben haben. Für eine Übergangszeit (bis zum 30. Juni 2007) waren dabei Klageanträge (maßgeblich: Antragszeitpunkt) wegen der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und daraus resultierenden Zweifel in Erweiterung der üblichen Auslegungskriterien danach zu beurteilen, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Klage hätten erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten höheren Leistungen zu erhalten, es sei denn, einer solchen Auslegung wurde durch die betroffenen Personen widersprochen bzw. eine Bedarfsgemeinschaft bestritten oder einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft waren offensichtlich vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen (vgl. BSG, a.a.O.). Abgesehen davon, dass die vom BSG eingeräumte Übergangszeit bei Stellung des Klageantrags seit fast zehn Jahren abgelaufen war, lässt sich der Klageschrift in keiner Weise entnehmen, dass die Klage auch für den Sohn der - anwaltlich vertretenen - Klägerin erhoben wurde.
Die Klägerin ist beschwert i. S. d. des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, da der angefochtene Bescheid vom 07.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2016 zum Teil rechtswidrig ist. Denn der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, den Bescheid vom 10.06.2016 in Gestalt des Bescheides vom 06.09.2016 abzuändern und der Klägerin für den Monat Juli 2016 höhere Bedarfe für Heizung nach §§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zu gewähren. Einen Anspruch auf Übernahme weiterer Bedarfe hat die Klägerin hingegen nicht.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u. a. dann aufgehoben werden, wenn und soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt.
Nach Erlass des Bescheides vom 10.06.2016 ist mit der Fälligkeit der streitigen Heizkostennachforderung aus der Schlussrechnung der Stadtwerke C vom 05.07.2016 im Juli 2017 insofern eine wesentliche Änderung der dem Bescheid zugrunde liegenden Verhältnisse eingetreten, als zugunsten der Klägerin ein weiterer Heizkostenbedarf entstanden ist, der gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II seitens des Beklagten zu übernehmen war.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Kommt es nach regelmäßiger Übernahme der Heizkostenvorauszahlungen bzw. -abschläge der jeweiligen Monate als tatsächliche Aufwendungen nach der Heizkostenabrechnung zu Nachforderungen bzw. Nachzahlungen, gehören solche einmalig geschuldeten Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat, ohne dass ein gesonderter Antrag erforderlich ist (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22, Rn. 67 m. w. N.). Dies gilt zunächst grundsätzlich nur für die Übernahme der Aufwendungen für die tatsächlich konkret genutzte Wohnung, da sich der Anspruch nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf die Sicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens bezieht (vgl. BSG, Urteil vom 30.03.2017, Az. B 14 AS 13/16 R m. w. N.), nicht also für Aufwendungen für eine ehemals bewohnte Wohnung.
So liegt der Fall aber hier. Im Zeitpunkt der Fälligkeit der im Streit befindlichen Heizkostennachforderung bewohnte die Klägerin die Wohnung, auf die sich jene Nachforderung bezieht, nicht mehr.
Allerdings sind nach der Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise Nachforderungen aus früheren, inzwischen beendeten Mietverhältnissen jedenfalls dann zu übernehmen, wenn der Leistungsberechtigte durchgehend seit dem Zeitraum der tatsächlichen Entstehung der Kosten bis zu dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung im Leistungsbezug nach dem SGB II stand und entweder die Wohnung aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung des Leistungsträgers aufgegeben worden ist oder eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs während des Leistungsbezuges vorlag. Zudem darf keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten sein (vgl. BSG, a. a. O. m. w. N.; BSG, Urteil vom 13.07.2017, Az. B 4 AS 12/16 R m. w. N.).
Die Klägerin stand zwar seit dem Zeitraum der tatsächlichen Entstehung der streitgegenständlichen Heizkosten im Jahr 2016 bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit der entsprechenden Nachforderung im Juli 2016 im Leistungsbezug nach dem SGB II, auch ist der Bedarf nicht bereits anderweitig gedeckt worden. Allerdings lag ihrem Umzug weder eine Kostensenkungsaufforderung des Beklagten zugrunde, noch hat jener eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs erteilt.
Allerdings ist die zitierte Rechtsprechung des BSG nach Auffassung der Kammer auf den vorliegenden Fall übertragbar. Denn zum einen hat das BSG - entgegen der Auffassung des Beklagten - bislang nicht entschieden, dass eine Übernahme der Nachforderungen aus beendeten Mietverhältnissen ausscheidet, wenn weder eine Kostensenkungsaufforderung noch eine Zusicherung erteilt wurde. Einen solchen Fall hatte das BSG bislang gerade nicht zu entscheiden. Es hat sich vielmehr ausdrücklich dahingehend geäußert, dass eine derartige Nachforderung "jedenfalls" dann zu übernehmen ist, wenn eben eine Kostensenkungsaufforderung bzw. eine Zusicherung vorliegt. Dies schließt aber nicht aus, dass eine Übernahme auch dann in Betracht kommt, wenn dies nicht der Fall ist. Zum anderen verfängt die den zitierten Entscheidungen zugrunde liegende Argumentation des BSG unabhängig vom Vorliegen einer Kostensenkungsaufforderung bzw. einer Zusicherung in jedem Fall, in dem ein durchgehender Leistungsbezug vom Zeitraum der Entstehung der Nachforderung bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit derselben besteht. Denn nach den Ausführungen des BSG, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt, besteht dann eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf, weil sowohl die Entstehung der Nachforderung als auch ihre Fälligkeit einen Zeitraum der ununterbrochenen Hilfebedürftigkeit betrifft, in dem der Leistungsträger für die unterkunftsbezogenen Bedarfe der Leistungsbezieher einschließlich der Nebenkosten aufzukommen hat. Das BSG führt weiter aus: "Zu berücksichtigen ist auch, dass es eine faktische Umzugssperre bewirken könnte, würden Nachforderungen für eine frühere Wohnung bei durchgehender Hilfebedürftigkeit nicht übernommen, weil Leistungsbezieher sich dann dem Risiko ausgesetzt sähen, nur wegen nicht auskömmlich festgesetzter Nebenkostenvorauszahlungen mit Schulden belastet zu werden, zumal sie die Höhe der Abschläge regelmäßig nicht beeinflussen können. Im Übrigen mindert eine Nebenkostenerstattung unabhängig von der Frage eines vorangegangenen Umzugs nach § 22 Abs. 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Zudem könnten Folgeprobleme für die aktuelle Wohnsituation drohen, sei es, dass die neue Wohnung beim Vermieter der früheren Wohnung gemietet ist, oder sei es, dass für die Heizenergieversorgung derselbe Energielieferant zuständig ist, und deshalb Zahlungsschwierigkeiten aus dem früheren Miet- oder Versorgungsverhältnis auf die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen durchschlagen, was wiederum Beratungspflichten auf Seiten der Jobcenter auslösen würde" (vgl. BSG, Urteil vom 30.03.2017, Az. B 14 AS 13/16 R m. w. N.). Hierfür kann es nach Auffassung der Kammer aber keinen Unterschied machen, ob dem Umzug eine Kostensenkungsaufforderung zugrunde lag bzw. eine Zusicherung zum Umzug erteilt wurde, oder nicht. Die beschriebenen Folgen drohen dem Leistungsempfänger vielmehr unabhängig vom Vorliegen einer Kostensenkungsaufforderung bzw. Zusicherung.
Der von dem Beklagten zu übernehmende Betrag berechnet sich wie folgt: Tatsächlicher Verbrauch im Zeitraum Januar 2016 bis Juni 2016 für - Wärme 535,12 Euro - Warmwasser 55,83 Euro Gesamt 590,95 Euro Von dem Beklagten übernommene Abschläge im Zeitraum Februar 2016 bis Juni 2016 (im Januar 2016 fiel kein Abschlag an) für - Wärme (5 * 89,- Euro =) 445,- Euro - Warmwasser (5 * 8,- Euro =) 40,- Euro Gesamt (5 * 97,- Euro =) 485,- Euro 590,95 Euro - 485,- Euro = 105,95 Euro, davon 50 % (Kopfteil der Klägerin): 52,98 Euro.
Ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Übernahme der sich weiterhin aus der Schlussrechnung der Stadtwerke C vom 05.07.2016 ergebenden Nachforderung für Strom folgt aus der oben dargestellten Argumentation des BSG hingegen nicht. Denn Bedarfe für Haushaltsenergie (ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile) zählen schon nicht zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung sondern sind vielmehr gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Regelbedarf umfasst und daher von dem Leistungsberechtigten aus der Regelleistung zu finanzieren. Dies gilt auch für entsprechende Nachforderungen des Energieversorgers.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Bedarfe für Nebenkosten in Form einer Nachforderung von Trink- und Schmutzwasserkosten. Denn insoweit ergibt sich aus der Schlussrechnung der Stadtwerke C vom 05.07.2016 gerade keine Nachforderung, die von dem Beklagten zu übernehmen wäre. So belief sich der entsprechende Verbrauch in den maßgeblichen Monaten Januar 2016 bis Juni 2016 auf 45,74 Euro (Trinkwasser) und 37,32 Euro, insgesamt also 83,06 Euro. Der Beklagte hat an die klägerische Bedarfsgemeinschaft in den Monaten Februar 2016 bis Juni 2016 (im Januar 2016 sind keine Abschläge angefallen) Beträge i. H. v. (5 * 10,- Euro =) 50,- Euro und (5 * 8,- Euro=) 40,- Euro geleistet, wovon die Klägerin ausweislich der Schlussrechnung allerdings nur 30,- Euro für Trinkwasser und 24,- Euro für Schmutzwasser an die Stadtwerke C weitergeleitet hat. Der Beklagte hat mithin bereits den tatsächlichen Bedarf übersteigende Beträge i. H. v. 6,94 Euro geleistet, die Nachforderung der Stadtwerke beruht allein auf der Zahlung zu geringer Abschläge durch die Klägerin. Dies kann nicht zu Lasten des Beklagten gehen.
Auch die Gebührenanforderung in der Schlussrechnung der Stadtwerke C vom 05.07.2016 stellt keinen von dem Beklagten nach dem SGB II zu übernehmenden Bedarf dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, § 144 Abs. 1 S. 2 SGG. Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt (422,17 Euro – 52,98 =) 369,19 Euro bzw. 52,98 Euro und erreicht nicht die Berufungssumme. Auch sind keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr streitig. Die Berufung war allerdings zuzulassen, da die Frage, ob die Übernahme einer Heizkostennachforderung für eine nicht mehr bewohnte Wohnung auch dann möglich ist, wenn bei durchgehendem Leistungsbezug und fehlender Bedarfsdeckung weder eine Kostensenkungsaufforderung noch eine Zusicherung des Leistungsträgers vorliegt, grundsätzliche Bedeutung hat.
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