Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 42 SO 368/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 101/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Anspruch auf Übernahme der Gebärdendolmetscherkosten durch den Sozialhilfeträger für eine angestrebte berufliche Zweitausbildung, wenn der erlernte Beruf weiterhin existenzsichernd ausgeübt werden kann. Das Leistungsbegehren ist darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt des Mehrkostenvorbehaltes des § 9 Abs. 2 SGB XII zu prüfen und steht nicht im Widerspruch zu Art. 19 UN - BRK.
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. November 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten hat der Beklagte der Klägerin nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern im Rahmen der beabsichtigten Ausbildung zur staatlich anerkannten Heiler-ziehungspflegerin.
Die 1978 geborene Klägerin ist gehörlos. Ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "RF" sowie "Gl" zuerkannt. Die Klägerin ist verheiratet und Mutter zweier - in den Jahren 2006 und 2010 geborener - Kinder. Nach dem Realschulabschluss absolvierte die Klägerin eine Ausbildung zur Zahntechnikerin. Diesen Beruf übte sie ab dem Jahr 2000 aus. Seit dem 4. Mai 2015 arbeitet die Klägerin als pädagogische Mitarbeiterin beim Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen B ... der Landeshauptstadt B ... Ausweislich des unbefristeten Arbeitsvertrages vom 28. Oktober 2015 ist sie in die Entgeltgruppe S 4 des TVöD eingruppiert und erhält ein monatliches Einkommen von 1.462,89 EUR netto. Als pädagogische Fachkraft würde die Klägerin in die Entgeltgruppe S 8a eingruppiert werden und dann 1.551,08 EUR netto monatlich verdienen.
Am 5. Oktober 2012 beantragte die Klägerin bei der Deutsche Rentenversicherung Bund (im Folgenden: Beigeladene zu 2) die Übernahme der Kosten für die berufliche Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Diesen Antrag leitete diese aufgrund der seinerzeit fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (180 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten) an die Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Beigeladene zu 1) weiter. Mit Bescheid vom 12. November 2012 lehnte die Beigeladene zu 1 den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) iVm. § 19 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ab. Die Klägerin sei in einem leidensgerechten Beruf ausgebildet worden und ihre Eignung für den nunmehr angestrebten Beruf sei fraglich. Für eine Förderung einer neuerlichen Bildungsmaßnahme bestünde arbeitsmarkt- und behinderungsbedingt keine Notwendigkeit. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 30. April 2013 beantragte die Klägerin beim Kommunalen Sozialverband Sachsen (nachfolgend: KSV) Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach dem SGB IX durch Übernahme von Gebärdensprachdolmetscherkosten, um ihr eine zweite Berufsausbildung als staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin am Beruflichen Schulzentrum für Gesundheit und Sozialwesen "Y ..." in B ... zu ermöglichen. Ihre finanziellen Mittel reichten nicht aus, um die Dolmetscherkosten selbst zu tragen. Die erste Ausbildung zur Zahntechnikerin habe sie nur notgedrungen absolviert, weil seinerzeit wenige Ausbildungsberufe für Gehörlose zur Auswahl gestanden hätten. Nun wolle sie einen ihren Neigungen entsprechenden Beruf erlernen. Die Agentur für Arbeit habe die Förderung der beabsichtigten weiteren Berufsausbildung als Rehabilitationsleistung bereits abgelehnt.
Auf diesen Antrag erklärte sich der KSV mit Schreiben vom 8. Mai 2013 für unzuständig und leitete ihn gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX (in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung – alte Fassung – a.F.) an den Beklagten weiter. Dieser lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15. August 2013 ab. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zu, da sie bereits einen Beruf habe und diesen seit Jahren ausübe. Insofern sei sie in die Gesellschaft integriert und nehme am gesellschaftlichen Leben teil. Es werde auch nicht eine Weiterbildung oder ein Studium angestrebt, sondern eine komplette berufliche Neuorientierung. Die Übernahme von Gebärdensprachdolmetscherkosten nach §§ 55, 57 SGB IX a.F. scheitere schon daran, dass diese Leistung nur für besondere Anlässe, z.B. für Behördengänge, gewährt werden könne; vorliegend gehe es aber nicht um einen besonderen Anlass, sondern um einen fortlaufenden Bedarf.
Gegen den Bescheid vom 15. August 2013 legte die Klägerin am 18. September 2013 Widerspruch ein. Sie verwies darauf, dass sie durch eine berufliche Neuorientierung ihren Stärken und ihrem Können zur Wirksamkeit verhelfen wolle. Ihr gehe es dabei ausschließlich um die Übernahme der Kosten für ein Dolmetscherteam, das sie während der Berufsausbildung begleiten müsse. Ein Anspruch auf die begehrte Leistung müsse auch aufgrund der Regelungen in Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention bestehen, die u.a. ein Recht auf lebenslanges Lernen mit dem Ziel, die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des behinderten Menschen zur Entfaltung zu bringen und ihn zur wirklichen Teilhabe an der Gesellschaft zu befähigen, gewährleisteten.
Am 18. November 2013 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten eines Gebärdensprachdolmetschers für die angestrebte Ausbildung. Diesem Antrag legte sie einen Kostenvoranschlag über 692.294,40 EUR bei sowie ein Schreiben des beruflichen Schulzentrums, in dem die Bereitschaft zur Ausbildung unter der Bedingung der Finanzierung notwendiger Dolmetscherleistungen mitgeteilt wurde. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 26. November 2014 abgelehnt und der Widerspruch mit Bescheid vom 15. Dezember 2014 zurückgewiesen. Dieser Antrag ist Gegenstand des vor dem Sozialgericht Dresden unter dem AZ: 42 SO 11/15 geführten Verfahrens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 18. September 2013 gegen den Bescheid vom 15. August 2013 zurück. Die Klägerin habe entsprechend der Stellungnahme der Agentur für Arbeit X ... gute Vermittlungschancen im erlernten Beruf, sodass es ihr unbenommen sei, den Arbeitsplatz zu wechseln, um wieder eine Vollzeitbeschäftigung im bisherigen Beruf aufzunehmen. Demgegenüber sei die angestrebte Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin nicht geeignet, die Eingliederung der Klägerin als behinderter Mensch nachhaltig zu fördern. Zum einen sei schon keine Prognose möglich, ob sie für den Beruf der Heilerziehungspflegerin geeignet sei, da sie keine Vorkenntnisse im angestrebten Beruf habe; als Nachweis solcher Vorkenntnisse genügten jedenfalls nicht Bestätigungen über ein Praktikum in der Sozialen Beratungsstelle des Stadtverbands der Gehörlosen B ... e.V. und über eine Beteiligung am Aufbau einer Eltern-Kind-Gruppe des Gehörlosenvereins "B. Treff" e.V. Zum anderen sei unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Agentur für Arbeit X ... ungewiss, ob die Klägerin als Heilerziehungspflegerin auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen könne. Auch dem Schreiben von Diplompsychologin W ... sei die Notwendigkeit eines Berufswechsels nicht zu entnehmen. Schließlich sei die Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten in Höhe von 692.294,40 EUR unverhältnismäßig bzw. im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII unangemessen. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Beruf des Heilerziehungspflegers auch bei Bildungsträgern mit vorhandenen Dolmetschern erlernt werden könne. Die damit verbundenen Fahrt- und Übernachtungskosten fielen im Vergleich zu den Kosten der Dolmetscher bei einer Ausbildung in B ... nicht ins Gewicht.
Am 3. Juli 2014 beantragte die Klägerin beim Sozialgericht Dresden den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Verpflichtung des Beklagten und dortigen Antragsgegners zur Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten im Rahmen der beabsichtigten schulischen Ausbildung. Entscheidend sei, ob ein Nichtbehinderter in der gleichen Lebenslage wie sie die zweite Berufsausbildung anstreben würde. Dies sei vorliegend aus den genannten Gründen der Fall, zumal am gegenwärtigen Arbeitsplatz – ihrer Meinung nach berufsbedingt – zunehmend psychosomatische Beschwerden aufträten und sie hoffe, nach der Ausbildung wieder gesund und mit voller Kraft arbeiten zu können. Ferner strebe sie eine Arbeit im Team an, in der sie sich für eine offene Begegnung zwischen behinderten, insbesondere hörgeschädigten, und nichtbehinderten Menschen einsetzen könne. Die Klägerin hat in dem Verfahren ein Schreiben von Diplompsychologin W ... vom 14. Juli 2014 vorgelegt. Dort wird ausgeführt, dass die Klägerin nach eigenen Angaben im Beruf keine Freude und Motivation mehr verspüre, sie fühle sich nicht ausgelastet, unterfordert, unglücklich sowie ständig traurig und könne nicht schlafen. Ferner habe sie angegeben, im Zusammenhang mit der Arbeitssituation seien Kopfschmerzen, Durchfall und andere psychosomatische Beschwerden aufgetreten. Zu diagnostizieren sei eine depressive Störung und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung. Der Klägerin werde eine berufliche Neuorientierung empfohlen, um ihre Ressourcen mehr zu fordern sowie soziale Kontakte und eine Sinnfindung zu ermöglichen. Die Klägerin habe geäußert, sich in der sozialen Arbeit wohlzufühlen. Es sei davon auszugehen, dass die beschriebenen Symptome im Falle einer erfolgreichen Umschulung und beruflichen Neuintegration zurückgehen würden. Für die einstweilige Anordnung bestehe auch ein Anordnungsgrund, da es nicht mehr zumutbar sei, ein weiteres Schuljahr zu verlieren. Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 4. August 2014 abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Sächsische Landessozialgericht mit Beschluss vom 22. Dezember 2014 zurückgewiesen (AZ: L 8 SO 90/14 B ER). Ein Anordnungsanspruch könne nicht angenommen werden. Ob nach Abschluss der Ausbildung eine hinreichende Aussicht auf Anstellung bestehe, sei nicht nachgewiesen. Wegen der voraussichtlichen Kosten des erforderlichen Gebärdendolmetscherteams könne es sich auch um eine Leistung handeln, welche den Kreis des materiellen Sozialhilferechts sprengen würde.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. November 2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Dresden erhoben und beantragt, unter Aufhebung der Bescheide den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die Kosten von Gebärdensprachdolmetschern für eine schulische oder berufsbegleitende Ausbildung als staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin/staatlich anerkannte Erzieherin zu bewilligen. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, sie habe damals notgedrungen den Beruf der Zahntechnikerin gewählt. Dies sei nicht der Beruf, der ihren Wünschen und Neigungen entsprochen habe. Sie fühle sich nunmehr in ihrem neuen Tätigkeitsbereich deutlich wohler und wolle sich weiter zur pädagogischen Fachkraft qualifizieren, um mehr Verantwortung übernehmen zu können. Es handele sich bei den Kosten für den Einsatz des Gebärdensprachdolmetschers um einen behinderungsbedingten Nachteil, der von dem Beklagten auszugleichen sei. Die Schulkosten trage sie selbst. Auch ein nichtbehinderter Mensch habe das Recht auf berufliche Neuorientierung.
Das Sozialgericht hat ein fachorthopädisches Gutachten des Herrn Dr. med. V ... eingeholt sowie ein psychiatrisches Fachgutachten durch die Sachverständige U ... erstellen lassen. In dem Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet vom 22. Dezember 2017 wird erläuert, dass sich aus orthopädischer Sicht keine Einschränkungen in den Berufsbildern einer Zahntechnikerin und einer Heilerziehungspflegerin ergeben würden. In dem psychiatrischem Gutachten vom 27. März 2018 wird festgestellt, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin weder für den Beruf einer Zahntechnikerin noch einer Heilerziehungspflegerin gemindert sei. Die von Frau Diplompsychologin W ... beschriebene Diagnose einer depressiven Störung und einer undifferenzierten Somatisierungsstörung sei retrospektiv zu bezweifeln. Eine dafür typische Beschwerdesymptomatik lasse sich anhand der Schilderung der Klägerin nicht eindeutig eruieren. Allerdings sei mit Aufnahme der jetzigen beruflichen Tätigkeit als Heilerziehungspflegerin eine Remission der relativ blanden Beschwerdesymptomatik eingetreten.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 21. September 2018 die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren nach § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen. Mit Urteil vom 2. November 2018 hat das Sozialgericht den Bescheid des Beklagten vom 15. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2014 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 30. April 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. In Betracht komme ein Anspruch der Klägerin auf Kostenübernahme durch den Beklagten als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß §§ 53; 54 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII. Die elementaren Teilhabegrundsätze würden verkannt, wenn die Auffassung vertreten werde, dass Eingliederungshilfe nicht erforderlich sei, wenn eine Integration in den Arbeitsmarkt gelungen sei, weil der Behinderte bereits einen Beruf gefunden habe, in dem er seinen Lebensunterhalt verdienen könne. Denn gleichberechtigte Teilhabe könne nur bedeuten, dass der Behinderte die gleichen Chancen auf Bildung und Beruf sowie berufliche Weiterentwicklung wie der Nichtbehinderte habe.
Die Klägerin könne grundsätzlich eine berufliche Neuorientierung anstreben; denn auch einem Hörenden sei es möglich sich im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit neue Herausforderungen zu suchen. Da die Klägerin die Kosten der Ausbildung selbst trage, gehe es allein um den Ausgleich des mit der Gehörlosigkeit im Zusammenhang stehenden Nachteils, hier den Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschers. Bei der Beurteilung des "Ob" der Leistungsgewährung könne im Rahmen der Ermessenserwägungen nicht allein darauf abgestellt werden, dass die Klägerin keine oder nur ungünstige Aussichten habe, in dem angestrebten Tätigkeitsfeld tatsächlich einen Beruf auszuüben. Zwischenzeitlich habe die tatsächliche Situation gezeigt, dass die Klägerin sogar ohne weitere Qualifikation in dem von ihr gewünschten Bereich einsetzbar sei. Daher strebe sie aktuell eine höhere Qualifizierung in einem bereits ausgeübten Beruf an. Der Beklagte habe daher zu prüfen, wie sich die Ansprüche aus der Eingliederungshilfe in einem solchen Fall verhielten. Maßstab sei, ob ein Nichtbehinderter in der Lage der Klägerin in gleicher Weise agieren würde. Dabei sei zu beachten, dass der Einsatz im neuen Tätigkeitsfeld für die Klägerin nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung als Heilerzieherin/staatliche anerkannte Erzieherin ausweislich der Stellenbeschreibung der Landeshauptstadt B ... auch mehr Verantwortung mit sich bringe, so dass nicht allein auf die finanziellen Aspekte abgestellt werden könne.
Darüber hinaus gehe es bei der Klägerin um eine berufliche Perspektive für einen noch sehr langen Zeitraum bis zum Erreichen des Rentenalters. Bei Bejahung der Voraussetzungen für Eingliederungshilfe sei dem Grunde nach auch das "Wie" der Eingliederungshilfe von dem Beklagten neu zu prüfen. Auch insoweit läge keine Ermessensreduzierung auf Null vor, so dass eine abschließende Entscheidung durch die Kammer derzeit nicht möglich sei. Denn der Beklagte habe sich bislang weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren mit den Möglichkeiten der Klägerin, eine solche Ausbildung zu absolvieren, näher befasst. Neben der zunächst von der Klägerin angestrebten schulischen Ausbildung am Ausbildungszentrum "Y ..." kämen alternative Ausbildungsstellen in Betracht. Darüber hinaus könne die Ausbildung berufsbegleitend erfolgen. Insoweit sei durch den Beklagten zu klären, ob tatsächlich im gesamten Ausbildungsverlauf ein Gebärdensprachdolmetschereinsatz erforderlich sei oder ob zwischenzeitlich technische Möglichkeiten bestünden, der Klägerin auf anderem Weg die Ausbildung zu ermöglichen. Darüber hinaus bestehe auch die Möglichkeit, im Fernstudium zur Heilerziehungspflegerin ausgebildet zu werden. Unter dem Gesichtspunkt des Mehrkostenvorbehaltes seien Alternativvorgaben denkbar; ggf. könne auch die Kopplung des Bedarfs mit anderen gehörlosen Interessenten an der Ausbildung erfolgen. Darüber hinaus wäre nach Ansicht des Sozialgerichts im Verwaltungsverfahren zu prüfen, ob durch Honorarvereinbarungen mit den Gebärdensprachdolmetschern eine Reduzierung der Kosten erreichbar sei.
Gegen das am 6. Dezember 2018 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit der am 12. Dezember 2012 zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung. Allein der Umstand, dass die Klägerin seit dem 4. Mai 2014 in der Kindertageseinrichtung zunächst bis zum 31. Oktober 2015 befristet und seither unbefristet beschäftigt sei, widerlege nicht die Richtigkeit der Prognoseentscheidung des Beklagten im Widerspruchsbescheid. Die Agentur für Arbeit X ... habe in ihrer Stellungnahme vom 21. August 2014 zu Recht angezweifelt, dass ein gehörloser Heilerziehungspfleger in allen Bereichen des Berufsbildes tätig werden könne. Die hohe Kommunikationsfähigkeit in dem Tätigkeitsfeld sei herausgestellt worden. Als pädagogische Fachkraft habe die Klägerin bislang nicht gearbeitet. Darüber hinaus sei der Beklagte für die begehrte Leistung nicht zuständig. Nach Auffassung des Beklagten hätte die beigeladene Agentur für Arbeit nach § 75 Abs. 5 SGG verurteilt werden müssen. Die Förderung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern sei ein nach § 33 Abs. 8 SGB IX a.F. nicht näher konkretisierter Fall einer sonstigen Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. Die Leistungen zur beruflichen Ausbildung nach § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a.F. beträfen die erstmalige Berufsausbildung. Sei die Ausbildung abgeschlossen, könnten nachfolgende Tätigkeiten zwangsläufig keinen Ausbildungscharakter mehr haben. Ein Anspruch gegen den Beklagten könne sich nur auf Eingliederungshilfe gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ergeben. Im Zusammenhang mit Hilfen zur schulischen Ausbildung könnten für einen angemessenen Beruf auch Gebärdensprachdolmetscherleistungen zu gewähren sein. Vorliegend gehe es aber nicht um eine höhere Ausbildung, sondern um eine andere gleichwertige Ausbildung. Die Klägerin sei in der Kindertagesstätte als ungelernte Hilfskraft beschäftigt. Eine medizinische Notwendigkeit für die von der Klägerin angestrebte Zweitausbildung liege nicht vor. Eine hinreichende Aussicht auf eine Anstellung als Fachkraft sei nicht gewährleistet. Die Stellenbeschreibung als staatlich anerkannte Erzieherin belege, dass zu den Aufgaben einer Fachkraft ein nicht unerheblicher Anteil auf die Kommunikation mit den Eltern und anderen Bediensteten in der Kindertageseinrichtung entfalle. Jedenfalls könne das Begehren der Klägerin wegen der exorbitant hohen Kosten eines Gebärdensprachdolmetschers in Höhe von 692.294,40 EUR keinen Erfolg haben. Das Wunsch- und Wahlrecht nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sei durch den Mehrkostenvorbehalt nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begrenzt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. November 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie werde diskriminiert, weil hörende Personen in einer vergleichbaren Situation die berufliche Zweitausbildung bereits absolviert hätten und sie allein deshalb von der Ausbildung abgehalten werde, weil die Kosten für den Gebärdensprachdolmetscher für sie nicht zu finanzieren seien. Darüber hinaus habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin im neuen Beruf erheblich gebessert. Sie arbeite seit Mai 2015 in der Kindertagesstätte und habe ihre hohe Kommunikationsfähigkeit bereits unter Beweis gestellt.
Die Beigeladene zu 1 stellte keinen Antrag. Sie meint, sie sei für das streitgegenständliche Begehren der Klägerin nicht zuständig. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei aus der Sicht der Beigeladenen zu 1 das berufliche Rehabilitationsverfahren mit der bestandskräftigen Ablehnung der Agentur für Arbeit X ... vom 12. November 2012 beendet worden. Damit sei voll umfassend ablehnend über den Antrag der Klägerin vom 30. April 2013 entschieden worden. Der Beklagte sei als zweitangeganger Rehabilitationsträger für den vom KSV am 8. Mai 2013 weitergeleiteten Neuantrag der Klägerin vom 30. April 2013 umfassend zuständig geworden und habe daher das Antragsbegehren nicht allein nach Maßgabe des SGB XII, sondern auch nach den Vorschriften des SGB IX zu prüfen. Inhaltlich schließe man sich jedoch dem Vorbringen des Beklagten an. Ergänzend weist die Beigeladene zu 1 darauf hin, dass der Ablehnungsbescheid der Agentur für Arbeit vom 2. Juli 2015 zum neuerlichen Antrag der Klägerin vom 12. Juni 2015 und der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 27. Juli 2015 (S 9 AL 275/15 ER) von der Klägerin nicht angefochten worden sei und Bestandskraft erlangt habe. Aus dem dortigen Beschluss ergäbe sich u.a., dass die Kosten für ein Gebärdensprachdolmetscherteam im Rahmen einer dualen beruflichen Ausbildung nunmehr auf ca. 1,5 Millionen Euro geschätzt würden.
Die Beigeladene zu 1 hat darüber hinaus im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. März 2020 die Beiladung der Deutschen Rentenversicherung Bund aufgrund der durch die Klägerin nunmehr erfüllten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen angeregt. Der Senat hat mit Beschluss vom selben Tag die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 2) gemäß § 75 Abs. 2 SGG zum Rechtsstreit beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und der Beigeladenen zu 1 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist der Beklagte nicht zur Neuverbescheidung des Antrages der Klägerin vom 30. April 2013 zu verpflichten, denn die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten für die angestrebte zweite berufliche Ausbildung als staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin. Der angefochtene Bescheid vom 15. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch auf Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 112 SGB III und § 33 SGB IX a.F. gegenüber dem Beklagten als nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. zweitangegangenen Rehabilitationsträger, der den erhobenen Anspruch nach allen in Betracht kommenden rehabilitationstechnischen Rechtsgrundlagen zu prüfen hat (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 - B 3 KR 10/10 R – juris Rn. 20; Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 20/14 R juris Rn.15). Aufgrund des fehlenden Anspruchs kommt auch weder eine Verurteilung der Beigeladenen zu 1 als nach §§ 5 Nr. 2, 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX zuständige Rehabilitationsträgerin, noch der Beigeladenen zu 2 als nach §§ 5 Nr. 2, 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX zuständige Rehabilitationsträgerin gemäß § 75 Abs. 5 SGG in Betracht.
Nach § 112 Abs. 1 SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung können für behinderten Menschen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, die erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilnahme am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art und Schwere der Behinderung dies erfordern. Erhaltung der Leistungsfähigkeit bedeutet, die bereits vorhandene berufliche Eingliederung zu sichern. Dies erfordert nicht, dass die Leistungsfähigkeit schon gemindert sein muss, setzt aber deren Gefährdung voraus (Brand/Karmanski SGB III 8. Aufl. 2018 § 112 Rn. 20). Besserung im Sinne der gesetzlichen Regelung meint, dass die Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zumindest teilweise und nicht nur vorrübergehend behoben und eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit beseitigt werden kann (Brand/Karmanski SGB III 8. Aufl. 2018 § 112 Rn. 21). Ob für die Erreichung dieser Ziele bestimmte Leistungen erforderlich sind, bedarf einer prognostischen Entscheidung, bei der die aktuelle Wettbewerbsfähigkeit des Antragstellers maßgebend ist. Lässt sich nicht feststellen, dass er infolge seiner Behinderung im erlernten Beruf keine Arbeitsstelle mehr finden wird, ist eine Bewilligung der begehrten Fördermaßnahme abzulehnen. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können für behinderte Menschen als allgemeine und besondere Leistungen erbracht werden (§ 113 Abs. 1 SGB III), wobei den allgemeinen Leistungen der Vorrang zukommt (§ 113 Abs. 2 SGB III). Sie umfassen sowohl Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung als auch der beruflichen Weiterbildung (§ 115 Nr. 2 und 3 SGB III) und stehen im behördlichen Ermessen. Nach § 116 Abs. 1 SGB III können die Leistungen der Aktivierung und beruflichen Eingliederung auch erbracht werden, wenn der behinderte Mensch nicht arbeitslos ist und durch die Leistung eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann. Die berufliche Weiterbildung muss behinderungsbedingt erforderlich sein. Die berufliche Neuorientierung ist behinderungsbedingt, wenn die angestrebte, auf Dauer angelegte Beschäftigung dem Leistungsvermögen des behinderten Menschen besser entspricht, sodass seine Wettbewerbssituation im Verhältnis zu nichtbehinderten Arbeitnehmern verbessert wird (LSG Berlin – Brandenburg, Urteil vom 9. November 2016 – L 18 AL 19/16 – juris Rn. 21; Brand/Karmanski SGB III 8. Aufl. 2018 § 116 Rn. 9). Auch eine erneute Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn Art und Schwere der Behinderung es erfordern und ohne die Förderung eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben nicht erreicht werden kann (§ 116 Abs. 4 SGB III). Kann der behinderte Mensch seinen erlernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, kann auch die Förderung einer erneuten Ausbildung in Betracht kommen (Brand/Karmanski SGB III 8. Aufl. 2018 § 116 Rn. 9).
Davon ausgehend hat die Klägerin keinen Anspruch auf Förderung und Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 112 Abs. 1 SGB III, da die grundlegenden Voraussetzungen der Norm schon nicht erfüllt sind. Eine Förderung der Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin zum Zwecke des Erhalts und der Verbesserung der Erwerbsfähigkeit ist nicht erforderlich, da die Klägerin bereits in ihrer Ausbildung zur Zahntechnikerin gefördert wurde und in diesem Beruf der Verlust der Erwerbsfähigkeit nicht zu befürchten war. Aus diesen Gründen war auch keine Verbesserung der ausreichend vorhandenen Erwerbsfähigkeit zu erwarten. Diese von dem Beklagten auf Zuarbeit der Beigeladenen zu 1 gestellte Prognose hat sich durch die im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten bestätigt. Bereits aufgrund des von der Klägerin eingereichten ärztlichen Attestes von Diplompsychologin W ... bestehen Zweifel an der medizinischen Notwendigkeit eines Wechsels des erlernten Berufes. Dort werden lediglich Empfindungen der Klägerin wie mangelnde Freude und fehlende Motivation dargestellt, welche in der Diagnose einer depressiven Störung münden sollen. Die auf psychiatrischem Fachgebiet gehörte Sachverständige U ... hat dagegen in ihrem Gutachten vom 27. März 2018 diese Diagnose retrospektiv angezweifelt und ab dem Zeitpunkt ihrer Untersuchung und Befunderhebung sogar ausgeschlossen. Aus dem orthopädischen Gutachten des Orthopäden V ... vom 22. Dezember 2017 ergibt sich ebenfalls keine Einschränkung für das Berufsbild der Zahntechnikerin. Die gehörten Sachverständigen stellen somit übereinstimmend fest, dass für beide Berufsbilder keine medizinischen Einschränkungen vorliegen und die Tätigkeit einer Zahntechnikern durch die Klägerin weiterhin ausgeübt werden könnte.
Trotz eines unterstellten Vorliegens der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 10,11 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) kommt für die Klägerin auch kein Anspruch nach §§ 9 Abs. 1, 16 SGB VI in Betracht. § 16 SGB VI verweist bezüglich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Regelungen in § 33 ff SGB IX a.F. (nunmehr: § 49 SGB IX).
Bereits durch den fehlenden Anspruch auf eine berufliche Zweitausbildung nach § 112 Abs. 1 SGB III – welcher als eigene leistungsrechtliche Grundlage § 33 Abs. 1 SGB IX a.F. vorgehen - mangelt es an einer rechtlichen Grundlage für die Übernahme der Kosten eines Gebärdensprachdolmetschers für die Zeit der beabsichtigten Berufsausbildung (Gagel/Nebe SGB II/SGBIII Stand April 2014 Vor §§ 112 – 129 SGB III Rn. 4; Busch in: Feldes/Kothe/Stevens-Bartol SGB IX 3. Aufl. 2015, Vor § 33 Rn. 8). Diese sind daher vorliegend nicht als besondere Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs. 3 Nr. 6 iVm. Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F. zu erbringen.
Zu den besonderen Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben zählen auch die bis zum 30. Juni 2001 in § 114 SGB III (Fassung vom 24.3.1997 - BGBl I S. 594 – alte Fassung – a.F.) geregelten "sonstigen Hilfen", die mit Inkrafttreten des SGB IX zum 1. Juli 2001 in § 33 Abs. 3 Nr. 6, Abs. 8 SGB IX a.F. übernommen worden sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn.19). Diese Hilfen umfassen die früher in § 114 SGB III a.F. näher umschriebenen Aufwendungen und Leistungen, die sich heute in § 33 Abs. 3 Nr. 6 iVm. Abs. 8 SGB IX a.F. - ergänzt um die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz - wiederfinden. Damit sind die sonstigen Hilfen als besondere Leistungen iSd. § 103 SGB III a.F. bzw. § 118 SGB III n.F. nicht entfallen, sondern als besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in § 33 Abs. 3 Nr. 6 und Abs. 8 SGB IX a.F.(ab 1. Dezember 2018: § 49 SGB IX n.F.) geregelt. Die Streichung des § 103 Nr. 4 SGB III a.F. ist deshalb auch nicht als Regelungslücke zu interpretieren, soweit Aufwendungen für sonstige Hilfen iSd. § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. keine Teilnahmekosten für eine Maßnahme (§ 103 Nr. 3 SGB III a.F.) sind (so BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn.19). Denn die Aufzählung der besonderen Leistungen in Satz 1 der Vorschrift ist nicht abschließend; subsidiär gelten die Vorschriften des SGB IX (so Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl. 2008, § 103 Rn. 4 ff). Besondere Leistungen in diesem Sinne sind auch die Kosten für einen Gebärdensprachdolmetscher im Rahmen einer als Leistung der Teilhabe am Arbeitsleben geförderten beruflichen Aus – und Weiterbildung (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 19).
Gemäß § 33 Abs. 1 SGB IX a.F. (ab 1. Januar 2018: § 49 SGB IX) werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit Behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Nach § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a.F. umfassen die Leistungen insbesondere die berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden. Die Leistungen zur beruflichen Ausbildung zielen auf das erstmalige Erlangen einer abgeschlossenen Berufsausbildung ab. Demgemäß diente die Finanzierung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern der beruflichen Rehabilitation des Betroffenen (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 21). Aus § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX ergibt sich jedoch kein Anspruch auf Kostenübernahme für einen Gebärdensprachdolmetscher. Denn diese Vorschrift betrifft nur die berufliche Ausbildung als solche. Hierzu zählen nur Leistungen, die selbst Teil der Ausbildung sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 22). Als integrierter Bestandteil der Ausbildung ist der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern aber nicht zu verstehen. Denn der Gebärdensprachdolmetscher fungiert lediglich als Sprachmittler des Ausbildenden (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn.21).
Die Förderung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern ist jedoch ein in § 33 Abs. 8 SGB IX a.F. nicht näher konkretisierter Fall einer sonstigen Hilfe zur Förderung der Teilnahme am Arbeitsleben iSd. § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F ... Denn die in § 33 Abs. 3 und Abs. 8 Satz 1 SGB IX a.F. enthaltenen Leistungskataloge sind nicht abschließend (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 24). Die sonstigen Hilfen iSd. § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. stehen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit behinderter Menschen. Diese Regelung hat die Funktion eines Auffangtatbestands; sie wiederholt und konkretisiert in ihrem zweiten Teil lediglich das in Abs. 1 der Vorschrift bereits ausgedrückte Regelungsziel (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 24 unter Verweis auf: Pahlen in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 33 Rn. 16). Ihr Ziel ist es, die berufliche Eingliederung behinderter Menschen in die Gesellschaft umfassend zu fördern. Da hierzu auch die begleitende schulische Berufsausbildung zählt, gehört auch die ausbildungsbegleitende persönliche Hilfe durch einen Gebärdensprachdolmetscher zu den Aufwendungen und Leistungen, die zur Eingliederung in das Erwerbsleben geleistet werden (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 24).
Da es vorliegend jedoch bereits an der grundlegenden Förderung der schulischen Berufsausbildung fehlt, kommt eine darüber hinaus gehende umfassende Förderung durch einen zusätzlich bestellten Gebärdensprachdolmetscher nicht in Betracht. Denn die Hilfen nach § 33 Abs. 3 SGB IX a.F. sind – wie die medizinischen, psychologischen und pädagogischen Hilfen nach Abs. 6 - regelmäßig als Annexleistungen, die in unmittelbaren Zusammenhang mit einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation stehen, zu betrachten (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 24; Busch in: Feldes/Kothe/Stevens-Bartol, SGB IX, 3. Aufl. 2015, Vor § 33 Rn. 8).
Auch ein Anspruch auf die Kostenübernahme als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß §§ 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4, 57 SGB IX a.F. besteht nicht. Solche Leistungen zur Förderung der Verständigung können nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur "aus besonderem Anlass" gewährt werden und nicht fortlaufend für die Begleitung einer mehrjährigen Berufsausbildung (so der Senat bereits im zugrunde liegenden Eilverfahren: L 8 SO 90/14 B ER). Sie ist keine dauernde Leistung und dient nicht als Verständigungshilfe zur allgemeinen Lebensführung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juli 2013 – L 7 SO 4642/12 – juris Rn. 38; Busch in: Feldes/Kothe/Stevens-Bartol, SGB IX, 3. Aufl. 2015, § 57 Rn. 6).
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII.
Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII können Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, die Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Im Einzelnen zählen hierzu gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII neben Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX unter anderem Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf. Im Zusammenhang damit können auch Gebärdensprachdolmetscherleistungen zu gewähren sein (Bieback in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 54 Rn. 37f).
Die Klägerin gehört grundsätzlich zu dem Personenkreis, der Eingliederungshilfen nach §§ 53, 54 SGB XII erhalten kann. Als Gehörlose ist sie durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt, was sich auch aus § 1 Nr. 5 EinglHV ergibt.
Der geltend gemachte Anspruch auf eine Eingliederungshilfe im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf besteht vorliegend schon dem Grunde nach nicht.
Eine Eingliederungsmaßnahme nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist nur zu gewähren, wenn sie geeignet und erforderlich zum Erreichen der in § 53 Abs. 3 Satz 1 SGB XII genannten Eingliederungsziele – d.h. hier zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf – ist, was entsprechend den Vorgaben der § 53 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 SGB XII nach einem individuellen und einzelfallbezogenen bzw. personenzentrierten Maßstab zu prüfen ist (BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 8 SO 18/12 R – juris Rn. 15).
Entscheidend sind die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Leistungsberechtigten sowie seine berechtigten Interessen und Wünsche (Bieback in: Grube/Wahrendorf SGB XII 6. Aufl. § 54 Rn. 67). Ein Anspruch auf Förderung einer Zweitausbildung besteht dabei nicht grenzenlos. Ist bereits ein angemessener Beruf erlangt, so besteht kein Anspruch auf Eingliederungshilfe für eine weitere Ausbildung (Bieback in: Grube/Wahrendorf SGB XII, 6. Aufl., § 54 Rn. 67). Nach § 13 Abs. 1 EinglHV umfasst die Hilfe gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zwar auch die Ausbildung an einer Berufsfachschule, einer Berufsaufbauschule, Hochschule o.ä. (Bieback in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. § 54 Rn. 65). Alle Hilfen stehen jedoch unter dem Vorbehalt, dass bei der Entscheidung über die Hilfe eine Erfolgsprognose abgegeben werden kann, ob das Berufsziel erreicht wird. Weiteres Kriterium ist die Erforderlichkeit des beabsichtigten Ausbildungsweges.
Die Förderung der begehrten Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin ist vorliegend weder erforderlich noch angemessen.
Davon ist schon deshalb auszugehen, weil die Klägerin auch ohne den im Arbeitsvertrag angestrebten Abschluss als staatlich geprüfte Erzieherin bereits eine Festanstellung als pädagogische Mitarbeiterin ihrem Wunschkindergarten erhalten hat.
Wie sich ausdrücklich aus § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ergibt, muss auch bei jeder Leistung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII die Aussicht bestehen, dass hierdurch die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Daher steht jede Hilfe unter dem Vorbehalt, dass bei der Entscheidung hierüber eine entsprechende Erfolgsprognose abgegeben werden kann (Bieback in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 54 Rn. 66). Dieser Grundsatz wird durch die Regelung in § 13 Abs. 2 Nr. 3 EinglHV umgesetzt, wonach Eingliederungshilfe nur gewährt wird, wenn der Beruf, der mit der Ausbildung erreicht werden soll, voraussichtlich eine ausreichende Lebensgrundlage bieten wird oder, falls dies wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht möglich ist, zur Lebensgrundlage in angemessenem Umfang beitragen wird. Für eine positive Prognose ist erforderlich, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte im Einzelfall und/oder allgemeiner Einschätzungen zum Arbeitsmarkt eine realistische Aussicht darauf besteht, dass eine einschlägige Anstellung gefunden werden kann (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.03.2014 – L 9 SO 497/11 – juris Rn. 90).
Vorliegend hat sich auch ohne die angestrebte Ausbildung eine Festanstellung im angestrebten Tätigkeitsfeld für die Klägerin realisiert. Mit einer weiteren Förderung würde das angestrebte Eingliederungsziel nicht wesentlich geändert oder verbessert werden.
Nach Auffassung der Klägerin setzt ein Anspruch auf Eingliederungshilfe für eine Zweitausbildung mit Blick auf ein aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz herzuleitendes Förderungsgebot zur Angleichung der Lebensverhältnisse behinderter und nicht behinderten Menschen lediglich voraus, dass ein Nichtbehinderter in der Situation des behinderten Menschen eine weitere Ausbildung anstreben würde. Dies gelte nicht nur, wenn eine höhere Ausbildung beabsichtigt sei (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.03.2014 – L 9 SO 497/11 – juris Rn. 74 ff.), sondern auch dann, wenn der behinderte Mensch eine andere, der bereits vorhandenen Ausbildung im Wesentlichen gleichwertige Ausbildung durchführen wolle.
Ob nach dieser Maßgabe, ein Nichtbehinderter in der Situation der Klägerin eine berufliche Neuorientierung auf sich nehmen würde, ist indes fraglich. Ein finanzieller Aufstieg ist mit der angestrebten Ausbildung nur in einem geringen Umfang (80,00 Euro netto monatlich) verbunden. Auch eine medizinische Notwendigkeit ist auszuschließen. Das Schreiben der Diplompsychologin W ... gibt im Wesentlichen nur subjektive Empfindungen und Einschätzungen der Klägerin wieder, verbunden mit den Feststellungen, dass eine depressive Störung und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung zu diagnostizieren seien und dass diese Erkrankungen bei einer beruflichen Neuorientierung voraussichtlich zurückgehen würden. Eine eigene und nachvollziehbare Einschätzung etwa zu der Frage, ob die psychischen Störungen allein darauf zurückzuführen seien, dass die Klägerin generell den Beruf der Zahntechnikerin nicht mehr ausüben könne, oder ob andere Ursachen in Betracht zu ziehen sind, enthält das Schreiben nicht – stattdessen geht daraus hervor, dass sich die Klägerin nur zweimal bei Diplompsychologin W ... vorgestellt und eine (psycho-)therapeutische Behandlung ihrer psychischen Störungen nicht stattgefunden hat. Folgerichtig hat die gehörte Sachverständige auf psychiatrischem Fachgebiet – Frau U ... – die Einschätzung retrospektiv angezweifelt und ist von einer völligen Remission des von Diplompsychologin W ... dargestellten Erkrankungsbildes ausgegangen. Sind aber gesundheitliche Gründe, die der Klägerin die Ausübung ihres bisherigen Berufs verwehren, nicht nachvollziehbar, ist weiterhin nicht auszuschließen, dass ein Nichtbehinderter in der Situation der Klägerin vor Aufnahme der Ausbildung zu einem anderen Beruf zunächst versuchen würde, eine befriedigendere berufliche Situation – z.B. ein angenehmeres kollegiales Umfeld, eine bessere Auslastung oder einen höheren Verdienst – durch einen Arbeitsplatzwechsel oder durch eine Weiterqualifizierung im erlernten Beruf zu erreichen, nicht zuletzt, um die mit einer kompletten beruflichen Neuorientierung verbundenen Risiken zu vermeiden. Auch ist nicht selbstverständlich davon auszugehen, dass ein Nichtbehinderter in der Situation der Klägerin diese Risiken in Kauf nehmen würde, um nach einer zunächst nur notgedrungen absolvierten Ausbildung einen Beruf zu erlernen, der seinen Neigungen und Wünschen nach Selbstverwirklichung besser entspricht (so der Senat bereits im zugrunde liegenden Eilverfahren zum Az.: L 8 SO 90/14 B ER).
Darüber hinaus konnte der Beklagte unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin bei pflichtgemäßer Ermessensausübung die Ausbildung der Klägerin zur Heilerziehungspflegerin am Beruflichen Schulzentrum für Gesundheit und Sozialwesen "Y ..." als einen unangemessenen bzw. mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbundenen Wunsch ansehen, dem nicht Folge geleistet werden musste.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII soll Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung im Rahmen der Ermessensausübung richten, entsprochen werden, soweit sie – wiederum unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls (§ 9 Abs. 1 SGB XII) – angemessen sind. Dieses Wunschrecht, das mit seinem Mehrkostenvorbehalt (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII) im Recht der Eingliederungshilfe gemäß § 53 Abs. 4 SGB XII eine von den allgemeinen Regelungen des SGB IX abweichende Regelung erfahren hat, ist ein spezieller Anwendungsfall des Grundsatzes der Individualisierung der Leistung. Es kommt insbesondere dann zur Geltung, wenn ein Anspruch auf eine Sozialhilfeleistung dem Grunde nach besteht und – wie typischerweise bei Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII – mehrere Handlungsalternativen in Betracht kommen (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 9 Rn. 32 f.). Eine Unverhältnismäßigkeit kann sich insbesondere dann ergeben, wenn die aufzuwendenden Mittel in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zu dem erstrebten Erfolg stehen. Nach der speziellen Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII soll ferner in der Regel einem Wunsch nicht entsprochen werden, dessen Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre, was einen Vergleich der Kosten der vom Leistungsberechtigten gewünschten Maßnahme und der vom Sozialhilfeträger ins Auge gefassten Maßnahme voraussetzt (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 9 Rn. 32 f.).
Die vorgenannten Regelungen stehen im Übrigen nicht im Widerspruch zur – im Rang des einfachen Bundesgesetzes zu beachtenden – UN-Behinderten¬rechts¬konvention (UN-BRK). Nach Art. 19 UN-BRK treffen die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern. Damit wollte das Übereinkommen jedoch keine subjektiven und unmittelbar anwendbaren Rechte schaffen (LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 7 SO 3516/14 – juris Rn. 66). Vielmehr sollte die nähere Umsetzung des in Art. 19 UN-BRK eingeräumten Rechts aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, den Vertragsstaaten vorbehalten bleiben (LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 7 SO 3516/14 – juris Rn. 66). Unabhängig davon begründet Art. 19 UN-BRK keinen Anspruch auf bestimmte Leistungen unabhängig von den Kosten (vgl. LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 7 SO 3516/14 – juris Rn. 68; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. März 2011 – L 8 SO 24/09 B ER – juris Rn. 53; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2014 – L 20 SO 436/13 B ER – juris Rn. 57). Art. 19 UN-BRK enthält – anders als die Klägerin meint - keine sozialleistungsrechtliche Regelung. Art. 19 UN-BRK zielt auf eine unabhängige Lebensführung in Gestalt einer deinstitutionalisierten Einbeziehung der behinderten Menschen in die Gemeinschaft (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2016 – 1 BvR 53/14 – juris Rn. 4). Eine Pflicht der Vertragsstaaten, damit jegliches finanzielles Hindernis für die Ausübung des Wahlrechts zu beseitigen und Sozialleistungen in jeglicher erwünschten Höhe zu gewähren ist damit nicht verbunden. Dies gilt insbesondere für den Mehrkostenvorbehalt des § 9 Abs. 2 SGB XII hinsichtlich des Wunsch- und Wahlrechts der Klägerin und dem Mehrkostenvorbehalt des § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII (vgl. LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 7 SO 3516/14 – juris Rn. 68).
Angesichts der von der Klägerin selbst behaupteten überaus hohen Kosten des erforderlichen Gebärdensprachdolmetscherteams von zuletzt ca. 1,5 Millionen Euro handelt es sich um eine Leistung, die den Kreis des materiellen Sozialhilferechts "sprengen" würde (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 9 Rn. 34). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die im Rahmen der Ausbildung einzusetzenden Gebärdendolmetscher nach den Leistungsgesetzen des SGB III und XII nicht besteht, die Klägerin auch ohne eine Zweitausbildung die angestrebte Tätigkeit im Kindergarten realisieren konnte, bereits diese Tätigkeit eine gesundheitliche Entlastung ergeben hat und die noch bestehende finanzielle Differenz zur angestrebten fachlichen Qualifizierung lediglich 80,00 EUR netto monatlich beträgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten hat der Beklagte der Klägerin nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern im Rahmen der beabsichtigten Ausbildung zur staatlich anerkannten Heiler-ziehungspflegerin.
Die 1978 geborene Klägerin ist gehörlos. Ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "RF" sowie "Gl" zuerkannt. Die Klägerin ist verheiratet und Mutter zweier - in den Jahren 2006 und 2010 geborener - Kinder. Nach dem Realschulabschluss absolvierte die Klägerin eine Ausbildung zur Zahntechnikerin. Diesen Beruf übte sie ab dem Jahr 2000 aus. Seit dem 4. Mai 2015 arbeitet die Klägerin als pädagogische Mitarbeiterin beim Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen B ... der Landeshauptstadt B ... Ausweislich des unbefristeten Arbeitsvertrages vom 28. Oktober 2015 ist sie in die Entgeltgruppe S 4 des TVöD eingruppiert und erhält ein monatliches Einkommen von 1.462,89 EUR netto. Als pädagogische Fachkraft würde die Klägerin in die Entgeltgruppe S 8a eingruppiert werden und dann 1.551,08 EUR netto monatlich verdienen.
Am 5. Oktober 2012 beantragte die Klägerin bei der Deutsche Rentenversicherung Bund (im Folgenden: Beigeladene zu 2) die Übernahme der Kosten für die berufliche Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Diesen Antrag leitete diese aufgrund der seinerzeit fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (180 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten) an die Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Beigeladene zu 1) weiter. Mit Bescheid vom 12. November 2012 lehnte die Beigeladene zu 1 den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) iVm. § 19 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ab. Die Klägerin sei in einem leidensgerechten Beruf ausgebildet worden und ihre Eignung für den nunmehr angestrebten Beruf sei fraglich. Für eine Förderung einer neuerlichen Bildungsmaßnahme bestünde arbeitsmarkt- und behinderungsbedingt keine Notwendigkeit. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 30. April 2013 beantragte die Klägerin beim Kommunalen Sozialverband Sachsen (nachfolgend: KSV) Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach dem SGB IX durch Übernahme von Gebärdensprachdolmetscherkosten, um ihr eine zweite Berufsausbildung als staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin am Beruflichen Schulzentrum für Gesundheit und Sozialwesen "Y ..." in B ... zu ermöglichen. Ihre finanziellen Mittel reichten nicht aus, um die Dolmetscherkosten selbst zu tragen. Die erste Ausbildung zur Zahntechnikerin habe sie nur notgedrungen absolviert, weil seinerzeit wenige Ausbildungsberufe für Gehörlose zur Auswahl gestanden hätten. Nun wolle sie einen ihren Neigungen entsprechenden Beruf erlernen. Die Agentur für Arbeit habe die Förderung der beabsichtigten weiteren Berufsausbildung als Rehabilitationsleistung bereits abgelehnt.
Auf diesen Antrag erklärte sich der KSV mit Schreiben vom 8. Mai 2013 für unzuständig und leitete ihn gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX (in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung – alte Fassung – a.F.) an den Beklagten weiter. Dieser lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15. August 2013 ab. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zu, da sie bereits einen Beruf habe und diesen seit Jahren ausübe. Insofern sei sie in die Gesellschaft integriert und nehme am gesellschaftlichen Leben teil. Es werde auch nicht eine Weiterbildung oder ein Studium angestrebt, sondern eine komplette berufliche Neuorientierung. Die Übernahme von Gebärdensprachdolmetscherkosten nach §§ 55, 57 SGB IX a.F. scheitere schon daran, dass diese Leistung nur für besondere Anlässe, z.B. für Behördengänge, gewährt werden könne; vorliegend gehe es aber nicht um einen besonderen Anlass, sondern um einen fortlaufenden Bedarf.
Gegen den Bescheid vom 15. August 2013 legte die Klägerin am 18. September 2013 Widerspruch ein. Sie verwies darauf, dass sie durch eine berufliche Neuorientierung ihren Stärken und ihrem Können zur Wirksamkeit verhelfen wolle. Ihr gehe es dabei ausschließlich um die Übernahme der Kosten für ein Dolmetscherteam, das sie während der Berufsausbildung begleiten müsse. Ein Anspruch auf die begehrte Leistung müsse auch aufgrund der Regelungen in Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention bestehen, die u.a. ein Recht auf lebenslanges Lernen mit dem Ziel, die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des behinderten Menschen zur Entfaltung zu bringen und ihn zur wirklichen Teilhabe an der Gesellschaft zu befähigen, gewährleisteten.
Am 18. November 2013 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten eines Gebärdensprachdolmetschers für die angestrebte Ausbildung. Diesem Antrag legte sie einen Kostenvoranschlag über 692.294,40 EUR bei sowie ein Schreiben des beruflichen Schulzentrums, in dem die Bereitschaft zur Ausbildung unter der Bedingung der Finanzierung notwendiger Dolmetscherleistungen mitgeteilt wurde. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 26. November 2014 abgelehnt und der Widerspruch mit Bescheid vom 15. Dezember 2014 zurückgewiesen. Dieser Antrag ist Gegenstand des vor dem Sozialgericht Dresden unter dem AZ: 42 SO 11/15 geführten Verfahrens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 18. September 2013 gegen den Bescheid vom 15. August 2013 zurück. Die Klägerin habe entsprechend der Stellungnahme der Agentur für Arbeit X ... gute Vermittlungschancen im erlernten Beruf, sodass es ihr unbenommen sei, den Arbeitsplatz zu wechseln, um wieder eine Vollzeitbeschäftigung im bisherigen Beruf aufzunehmen. Demgegenüber sei die angestrebte Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin nicht geeignet, die Eingliederung der Klägerin als behinderter Mensch nachhaltig zu fördern. Zum einen sei schon keine Prognose möglich, ob sie für den Beruf der Heilerziehungspflegerin geeignet sei, da sie keine Vorkenntnisse im angestrebten Beruf habe; als Nachweis solcher Vorkenntnisse genügten jedenfalls nicht Bestätigungen über ein Praktikum in der Sozialen Beratungsstelle des Stadtverbands der Gehörlosen B ... e.V. und über eine Beteiligung am Aufbau einer Eltern-Kind-Gruppe des Gehörlosenvereins "B. Treff" e.V. Zum anderen sei unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Agentur für Arbeit X ... ungewiss, ob die Klägerin als Heilerziehungspflegerin auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen könne. Auch dem Schreiben von Diplompsychologin W ... sei die Notwendigkeit eines Berufswechsels nicht zu entnehmen. Schließlich sei die Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten in Höhe von 692.294,40 EUR unverhältnismäßig bzw. im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII unangemessen. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Beruf des Heilerziehungspflegers auch bei Bildungsträgern mit vorhandenen Dolmetschern erlernt werden könne. Die damit verbundenen Fahrt- und Übernachtungskosten fielen im Vergleich zu den Kosten der Dolmetscher bei einer Ausbildung in B ... nicht ins Gewicht.
Am 3. Juli 2014 beantragte die Klägerin beim Sozialgericht Dresden den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Verpflichtung des Beklagten und dortigen Antragsgegners zur Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten im Rahmen der beabsichtigten schulischen Ausbildung. Entscheidend sei, ob ein Nichtbehinderter in der gleichen Lebenslage wie sie die zweite Berufsausbildung anstreben würde. Dies sei vorliegend aus den genannten Gründen der Fall, zumal am gegenwärtigen Arbeitsplatz – ihrer Meinung nach berufsbedingt – zunehmend psychosomatische Beschwerden aufträten und sie hoffe, nach der Ausbildung wieder gesund und mit voller Kraft arbeiten zu können. Ferner strebe sie eine Arbeit im Team an, in der sie sich für eine offene Begegnung zwischen behinderten, insbesondere hörgeschädigten, und nichtbehinderten Menschen einsetzen könne. Die Klägerin hat in dem Verfahren ein Schreiben von Diplompsychologin W ... vom 14. Juli 2014 vorgelegt. Dort wird ausgeführt, dass die Klägerin nach eigenen Angaben im Beruf keine Freude und Motivation mehr verspüre, sie fühle sich nicht ausgelastet, unterfordert, unglücklich sowie ständig traurig und könne nicht schlafen. Ferner habe sie angegeben, im Zusammenhang mit der Arbeitssituation seien Kopfschmerzen, Durchfall und andere psychosomatische Beschwerden aufgetreten. Zu diagnostizieren sei eine depressive Störung und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung. Der Klägerin werde eine berufliche Neuorientierung empfohlen, um ihre Ressourcen mehr zu fordern sowie soziale Kontakte und eine Sinnfindung zu ermöglichen. Die Klägerin habe geäußert, sich in der sozialen Arbeit wohlzufühlen. Es sei davon auszugehen, dass die beschriebenen Symptome im Falle einer erfolgreichen Umschulung und beruflichen Neuintegration zurückgehen würden. Für die einstweilige Anordnung bestehe auch ein Anordnungsgrund, da es nicht mehr zumutbar sei, ein weiteres Schuljahr zu verlieren. Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 4. August 2014 abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Sächsische Landessozialgericht mit Beschluss vom 22. Dezember 2014 zurückgewiesen (AZ: L 8 SO 90/14 B ER). Ein Anordnungsanspruch könne nicht angenommen werden. Ob nach Abschluss der Ausbildung eine hinreichende Aussicht auf Anstellung bestehe, sei nicht nachgewiesen. Wegen der voraussichtlichen Kosten des erforderlichen Gebärdendolmetscherteams könne es sich auch um eine Leistung handeln, welche den Kreis des materiellen Sozialhilferechts sprengen würde.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. November 2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Dresden erhoben und beantragt, unter Aufhebung der Bescheide den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die Kosten von Gebärdensprachdolmetschern für eine schulische oder berufsbegleitende Ausbildung als staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin/staatlich anerkannte Erzieherin zu bewilligen. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, sie habe damals notgedrungen den Beruf der Zahntechnikerin gewählt. Dies sei nicht der Beruf, der ihren Wünschen und Neigungen entsprochen habe. Sie fühle sich nunmehr in ihrem neuen Tätigkeitsbereich deutlich wohler und wolle sich weiter zur pädagogischen Fachkraft qualifizieren, um mehr Verantwortung übernehmen zu können. Es handele sich bei den Kosten für den Einsatz des Gebärdensprachdolmetschers um einen behinderungsbedingten Nachteil, der von dem Beklagten auszugleichen sei. Die Schulkosten trage sie selbst. Auch ein nichtbehinderter Mensch habe das Recht auf berufliche Neuorientierung.
Das Sozialgericht hat ein fachorthopädisches Gutachten des Herrn Dr. med. V ... eingeholt sowie ein psychiatrisches Fachgutachten durch die Sachverständige U ... erstellen lassen. In dem Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet vom 22. Dezember 2017 wird erläuert, dass sich aus orthopädischer Sicht keine Einschränkungen in den Berufsbildern einer Zahntechnikerin und einer Heilerziehungspflegerin ergeben würden. In dem psychiatrischem Gutachten vom 27. März 2018 wird festgestellt, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin weder für den Beruf einer Zahntechnikerin noch einer Heilerziehungspflegerin gemindert sei. Die von Frau Diplompsychologin W ... beschriebene Diagnose einer depressiven Störung und einer undifferenzierten Somatisierungsstörung sei retrospektiv zu bezweifeln. Eine dafür typische Beschwerdesymptomatik lasse sich anhand der Schilderung der Klägerin nicht eindeutig eruieren. Allerdings sei mit Aufnahme der jetzigen beruflichen Tätigkeit als Heilerziehungspflegerin eine Remission der relativ blanden Beschwerdesymptomatik eingetreten.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 21. September 2018 die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren nach § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen. Mit Urteil vom 2. November 2018 hat das Sozialgericht den Bescheid des Beklagten vom 15. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2014 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 30. April 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. In Betracht komme ein Anspruch der Klägerin auf Kostenübernahme durch den Beklagten als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß §§ 53; 54 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII. Die elementaren Teilhabegrundsätze würden verkannt, wenn die Auffassung vertreten werde, dass Eingliederungshilfe nicht erforderlich sei, wenn eine Integration in den Arbeitsmarkt gelungen sei, weil der Behinderte bereits einen Beruf gefunden habe, in dem er seinen Lebensunterhalt verdienen könne. Denn gleichberechtigte Teilhabe könne nur bedeuten, dass der Behinderte die gleichen Chancen auf Bildung und Beruf sowie berufliche Weiterentwicklung wie der Nichtbehinderte habe.
Die Klägerin könne grundsätzlich eine berufliche Neuorientierung anstreben; denn auch einem Hörenden sei es möglich sich im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit neue Herausforderungen zu suchen. Da die Klägerin die Kosten der Ausbildung selbst trage, gehe es allein um den Ausgleich des mit der Gehörlosigkeit im Zusammenhang stehenden Nachteils, hier den Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschers. Bei der Beurteilung des "Ob" der Leistungsgewährung könne im Rahmen der Ermessenserwägungen nicht allein darauf abgestellt werden, dass die Klägerin keine oder nur ungünstige Aussichten habe, in dem angestrebten Tätigkeitsfeld tatsächlich einen Beruf auszuüben. Zwischenzeitlich habe die tatsächliche Situation gezeigt, dass die Klägerin sogar ohne weitere Qualifikation in dem von ihr gewünschten Bereich einsetzbar sei. Daher strebe sie aktuell eine höhere Qualifizierung in einem bereits ausgeübten Beruf an. Der Beklagte habe daher zu prüfen, wie sich die Ansprüche aus der Eingliederungshilfe in einem solchen Fall verhielten. Maßstab sei, ob ein Nichtbehinderter in der Lage der Klägerin in gleicher Weise agieren würde. Dabei sei zu beachten, dass der Einsatz im neuen Tätigkeitsfeld für die Klägerin nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung als Heilerzieherin/staatliche anerkannte Erzieherin ausweislich der Stellenbeschreibung der Landeshauptstadt B ... auch mehr Verantwortung mit sich bringe, so dass nicht allein auf die finanziellen Aspekte abgestellt werden könne.
Darüber hinaus gehe es bei der Klägerin um eine berufliche Perspektive für einen noch sehr langen Zeitraum bis zum Erreichen des Rentenalters. Bei Bejahung der Voraussetzungen für Eingliederungshilfe sei dem Grunde nach auch das "Wie" der Eingliederungshilfe von dem Beklagten neu zu prüfen. Auch insoweit läge keine Ermessensreduzierung auf Null vor, so dass eine abschließende Entscheidung durch die Kammer derzeit nicht möglich sei. Denn der Beklagte habe sich bislang weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren mit den Möglichkeiten der Klägerin, eine solche Ausbildung zu absolvieren, näher befasst. Neben der zunächst von der Klägerin angestrebten schulischen Ausbildung am Ausbildungszentrum "Y ..." kämen alternative Ausbildungsstellen in Betracht. Darüber hinaus könne die Ausbildung berufsbegleitend erfolgen. Insoweit sei durch den Beklagten zu klären, ob tatsächlich im gesamten Ausbildungsverlauf ein Gebärdensprachdolmetschereinsatz erforderlich sei oder ob zwischenzeitlich technische Möglichkeiten bestünden, der Klägerin auf anderem Weg die Ausbildung zu ermöglichen. Darüber hinaus bestehe auch die Möglichkeit, im Fernstudium zur Heilerziehungspflegerin ausgebildet zu werden. Unter dem Gesichtspunkt des Mehrkostenvorbehaltes seien Alternativvorgaben denkbar; ggf. könne auch die Kopplung des Bedarfs mit anderen gehörlosen Interessenten an der Ausbildung erfolgen. Darüber hinaus wäre nach Ansicht des Sozialgerichts im Verwaltungsverfahren zu prüfen, ob durch Honorarvereinbarungen mit den Gebärdensprachdolmetschern eine Reduzierung der Kosten erreichbar sei.
Gegen das am 6. Dezember 2018 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit der am 12. Dezember 2012 zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung. Allein der Umstand, dass die Klägerin seit dem 4. Mai 2014 in der Kindertageseinrichtung zunächst bis zum 31. Oktober 2015 befristet und seither unbefristet beschäftigt sei, widerlege nicht die Richtigkeit der Prognoseentscheidung des Beklagten im Widerspruchsbescheid. Die Agentur für Arbeit X ... habe in ihrer Stellungnahme vom 21. August 2014 zu Recht angezweifelt, dass ein gehörloser Heilerziehungspfleger in allen Bereichen des Berufsbildes tätig werden könne. Die hohe Kommunikationsfähigkeit in dem Tätigkeitsfeld sei herausgestellt worden. Als pädagogische Fachkraft habe die Klägerin bislang nicht gearbeitet. Darüber hinaus sei der Beklagte für die begehrte Leistung nicht zuständig. Nach Auffassung des Beklagten hätte die beigeladene Agentur für Arbeit nach § 75 Abs. 5 SGG verurteilt werden müssen. Die Förderung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern sei ein nach § 33 Abs. 8 SGB IX a.F. nicht näher konkretisierter Fall einer sonstigen Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. Die Leistungen zur beruflichen Ausbildung nach § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a.F. beträfen die erstmalige Berufsausbildung. Sei die Ausbildung abgeschlossen, könnten nachfolgende Tätigkeiten zwangsläufig keinen Ausbildungscharakter mehr haben. Ein Anspruch gegen den Beklagten könne sich nur auf Eingliederungshilfe gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ergeben. Im Zusammenhang mit Hilfen zur schulischen Ausbildung könnten für einen angemessenen Beruf auch Gebärdensprachdolmetscherleistungen zu gewähren sein. Vorliegend gehe es aber nicht um eine höhere Ausbildung, sondern um eine andere gleichwertige Ausbildung. Die Klägerin sei in der Kindertagesstätte als ungelernte Hilfskraft beschäftigt. Eine medizinische Notwendigkeit für die von der Klägerin angestrebte Zweitausbildung liege nicht vor. Eine hinreichende Aussicht auf eine Anstellung als Fachkraft sei nicht gewährleistet. Die Stellenbeschreibung als staatlich anerkannte Erzieherin belege, dass zu den Aufgaben einer Fachkraft ein nicht unerheblicher Anteil auf die Kommunikation mit den Eltern und anderen Bediensteten in der Kindertageseinrichtung entfalle. Jedenfalls könne das Begehren der Klägerin wegen der exorbitant hohen Kosten eines Gebärdensprachdolmetschers in Höhe von 692.294,40 EUR keinen Erfolg haben. Das Wunsch- und Wahlrecht nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sei durch den Mehrkostenvorbehalt nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begrenzt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. November 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie werde diskriminiert, weil hörende Personen in einer vergleichbaren Situation die berufliche Zweitausbildung bereits absolviert hätten und sie allein deshalb von der Ausbildung abgehalten werde, weil die Kosten für den Gebärdensprachdolmetscher für sie nicht zu finanzieren seien. Darüber hinaus habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin im neuen Beruf erheblich gebessert. Sie arbeite seit Mai 2015 in der Kindertagesstätte und habe ihre hohe Kommunikationsfähigkeit bereits unter Beweis gestellt.
Die Beigeladene zu 1 stellte keinen Antrag. Sie meint, sie sei für das streitgegenständliche Begehren der Klägerin nicht zuständig. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei aus der Sicht der Beigeladenen zu 1 das berufliche Rehabilitationsverfahren mit der bestandskräftigen Ablehnung der Agentur für Arbeit X ... vom 12. November 2012 beendet worden. Damit sei voll umfassend ablehnend über den Antrag der Klägerin vom 30. April 2013 entschieden worden. Der Beklagte sei als zweitangeganger Rehabilitationsträger für den vom KSV am 8. Mai 2013 weitergeleiteten Neuantrag der Klägerin vom 30. April 2013 umfassend zuständig geworden und habe daher das Antragsbegehren nicht allein nach Maßgabe des SGB XII, sondern auch nach den Vorschriften des SGB IX zu prüfen. Inhaltlich schließe man sich jedoch dem Vorbringen des Beklagten an. Ergänzend weist die Beigeladene zu 1 darauf hin, dass der Ablehnungsbescheid der Agentur für Arbeit vom 2. Juli 2015 zum neuerlichen Antrag der Klägerin vom 12. Juni 2015 und der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 27. Juli 2015 (S 9 AL 275/15 ER) von der Klägerin nicht angefochten worden sei und Bestandskraft erlangt habe. Aus dem dortigen Beschluss ergäbe sich u.a., dass die Kosten für ein Gebärdensprachdolmetscherteam im Rahmen einer dualen beruflichen Ausbildung nunmehr auf ca. 1,5 Millionen Euro geschätzt würden.
Die Beigeladene zu 1 hat darüber hinaus im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. März 2020 die Beiladung der Deutschen Rentenversicherung Bund aufgrund der durch die Klägerin nunmehr erfüllten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen angeregt. Der Senat hat mit Beschluss vom selben Tag die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 2) gemäß § 75 Abs. 2 SGG zum Rechtsstreit beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und der Beigeladenen zu 1 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist der Beklagte nicht zur Neuverbescheidung des Antrages der Klägerin vom 30. April 2013 zu verpflichten, denn die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten für die angestrebte zweite berufliche Ausbildung als staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin. Der angefochtene Bescheid vom 15. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch auf Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 112 SGB III und § 33 SGB IX a.F. gegenüber dem Beklagten als nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. zweitangegangenen Rehabilitationsträger, der den erhobenen Anspruch nach allen in Betracht kommenden rehabilitationstechnischen Rechtsgrundlagen zu prüfen hat (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 - B 3 KR 10/10 R – juris Rn. 20; Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 20/14 R juris Rn.15). Aufgrund des fehlenden Anspruchs kommt auch weder eine Verurteilung der Beigeladenen zu 1 als nach §§ 5 Nr. 2, 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX zuständige Rehabilitationsträgerin, noch der Beigeladenen zu 2 als nach §§ 5 Nr. 2, 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX zuständige Rehabilitationsträgerin gemäß § 75 Abs. 5 SGG in Betracht.
Nach § 112 Abs. 1 SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung können für behinderten Menschen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, die erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilnahme am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art und Schwere der Behinderung dies erfordern. Erhaltung der Leistungsfähigkeit bedeutet, die bereits vorhandene berufliche Eingliederung zu sichern. Dies erfordert nicht, dass die Leistungsfähigkeit schon gemindert sein muss, setzt aber deren Gefährdung voraus (Brand/Karmanski SGB III 8. Aufl. 2018 § 112 Rn. 20). Besserung im Sinne der gesetzlichen Regelung meint, dass die Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zumindest teilweise und nicht nur vorrübergehend behoben und eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit beseitigt werden kann (Brand/Karmanski SGB III 8. Aufl. 2018 § 112 Rn. 21). Ob für die Erreichung dieser Ziele bestimmte Leistungen erforderlich sind, bedarf einer prognostischen Entscheidung, bei der die aktuelle Wettbewerbsfähigkeit des Antragstellers maßgebend ist. Lässt sich nicht feststellen, dass er infolge seiner Behinderung im erlernten Beruf keine Arbeitsstelle mehr finden wird, ist eine Bewilligung der begehrten Fördermaßnahme abzulehnen. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können für behinderte Menschen als allgemeine und besondere Leistungen erbracht werden (§ 113 Abs. 1 SGB III), wobei den allgemeinen Leistungen der Vorrang zukommt (§ 113 Abs. 2 SGB III). Sie umfassen sowohl Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung als auch der beruflichen Weiterbildung (§ 115 Nr. 2 und 3 SGB III) und stehen im behördlichen Ermessen. Nach § 116 Abs. 1 SGB III können die Leistungen der Aktivierung und beruflichen Eingliederung auch erbracht werden, wenn der behinderte Mensch nicht arbeitslos ist und durch die Leistung eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann. Die berufliche Weiterbildung muss behinderungsbedingt erforderlich sein. Die berufliche Neuorientierung ist behinderungsbedingt, wenn die angestrebte, auf Dauer angelegte Beschäftigung dem Leistungsvermögen des behinderten Menschen besser entspricht, sodass seine Wettbewerbssituation im Verhältnis zu nichtbehinderten Arbeitnehmern verbessert wird (LSG Berlin – Brandenburg, Urteil vom 9. November 2016 – L 18 AL 19/16 – juris Rn. 21; Brand/Karmanski SGB III 8. Aufl. 2018 § 116 Rn. 9). Auch eine erneute Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn Art und Schwere der Behinderung es erfordern und ohne die Förderung eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben nicht erreicht werden kann (§ 116 Abs. 4 SGB III). Kann der behinderte Mensch seinen erlernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, kann auch die Förderung einer erneuten Ausbildung in Betracht kommen (Brand/Karmanski SGB III 8. Aufl. 2018 § 116 Rn. 9).
Davon ausgehend hat die Klägerin keinen Anspruch auf Förderung und Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 112 Abs. 1 SGB III, da die grundlegenden Voraussetzungen der Norm schon nicht erfüllt sind. Eine Förderung der Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin zum Zwecke des Erhalts und der Verbesserung der Erwerbsfähigkeit ist nicht erforderlich, da die Klägerin bereits in ihrer Ausbildung zur Zahntechnikerin gefördert wurde und in diesem Beruf der Verlust der Erwerbsfähigkeit nicht zu befürchten war. Aus diesen Gründen war auch keine Verbesserung der ausreichend vorhandenen Erwerbsfähigkeit zu erwarten. Diese von dem Beklagten auf Zuarbeit der Beigeladenen zu 1 gestellte Prognose hat sich durch die im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten bestätigt. Bereits aufgrund des von der Klägerin eingereichten ärztlichen Attestes von Diplompsychologin W ... bestehen Zweifel an der medizinischen Notwendigkeit eines Wechsels des erlernten Berufes. Dort werden lediglich Empfindungen der Klägerin wie mangelnde Freude und fehlende Motivation dargestellt, welche in der Diagnose einer depressiven Störung münden sollen. Die auf psychiatrischem Fachgebiet gehörte Sachverständige U ... hat dagegen in ihrem Gutachten vom 27. März 2018 diese Diagnose retrospektiv angezweifelt und ab dem Zeitpunkt ihrer Untersuchung und Befunderhebung sogar ausgeschlossen. Aus dem orthopädischen Gutachten des Orthopäden V ... vom 22. Dezember 2017 ergibt sich ebenfalls keine Einschränkung für das Berufsbild der Zahntechnikerin. Die gehörten Sachverständigen stellen somit übereinstimmend fest, dass für beide Berufsbilder keine medizinischen Einschränkungen vorliegen und die Tätigkeit einer Zahntechnikern durch die Klägerin weiterhin ausgeübt werden könnte.
Trotz eines unterstellten Vorliegens der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 10,11 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) kommt für die Klägerin auch kein Anspruch nach §§ 9 Abs. 1, 16 SGB VI in Betracht. § 16 SGB VI verweist bezüglich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Regelungen in § 33 ff SGB IX a.F. (nunmehr: § 49 SGB IX).
Bereits durch den fehlenden Anspruch auf eine berufliche Zweitausbildung nach § 112 Abs. 1 SGB III – welcher als eigene leistungsrechtliche Grundlage § 33 Abs. 1 SGB IX a.F. vorgehen - mangelt es an einer rechtlichen Grundlage für die Übernahme der Kosten eines Gebärdensprachdolmetschers für die Zeit der beabsichtigten Berufsausbildung (Gagel/Nebe SGB II/SGBIII Stand April 2014 Vor §§ 112 – 129 SGB III Rn. 4; Busch in: Feldes/Kothe/Stevens-Bartol SGB IX 3. Aufl. 2015, Vor § 33 Rn. 8). Diese sind daher vorliegend nicht als besondere Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs. 3 Nr. 6 iVm. Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F. zu erbringen.
Zu den besonderen Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben zählen auch die bis zum 30. Juni 2001 in § 114 SGB III (Fassung vom 24.3.1997 - BGBl I S. 594 – alte Fassung – a.F.) geregelten "sonstigen Hilfen", die mit Inkrafttreten des SGB IX zum 1. Juli 2001 in § 33 Abs. 3 Nr. 6, Abs. 8 SGB IX a.F. übernommen worden sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn.19). Diese Hilfen umfassen die früher in § 114 SGB III a.F. näher umschriebenen Aufwendungen und Leistungen, die sich heute in § 33 Abs. 3 Nr. 6 iVm. Abs. 8 SGB IX a.F. - ergänzt um die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz - wiederfinden. Damit sind die sonstigen Hilfen als besondere Leistungen iSd. § 103 SGB III a.F. bzw. § 118 SGB III n.F. nicht entfallen, sondern als besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in § 33 Abs. 3 Nr. 6 und Abs. 8 SGB IX a.F.(ab 1. Dezember 2018: § 49 SGB IX n.F.) geregelt. Die Streichung des § 103 Nr. 4 SGB III a.F. ist deshalb auch nicht als Regelungslücke zu interpretieren, soweit Aufwendungen für sonstige Hilfen iSd. § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. keine Teilnahmekosten für eine Maßnahme (§ 103 Nr. 3 SGB III a.F.) sind (so BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn.19). Denn die Aufzählung der besonderen Leistungen in Satz 1 der Vorschrift ist nicht abschließend; subsidiär gelten die Vorschriften des SGB IX (so Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl. 2008, § 103 Rn. 4 ff). Besondere Leistungen in diesem Sinne sind auch die Kosten für einen Gebärdensprachdolmetscher im Rahmen einer als Leistung der Teilhabe am Arbeitsleben geförderten beruflichen Aus – und Weiterbildung (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 19).
Gemäß § 33 Abs. 1 SGB IX a.F. (ab 1. Januar 2018: § 49 SGB IX) werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit Behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Nach § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a.F. umfassen die Leistungen insbesondere die berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden. Die Leistungen zur beruflichen Ausbildung zielen auf das erstmalige Erlangen einer abgeschlossenen Berufsausbildung ab. Demgemäß diente die Finanzierung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern der beruflichen Rehabilitation des Betroffenen (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 21). Aus § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX ergibt sich jedoch kein Anspruch auf Kostenübernahme für einen Gebärdensprachdolmetscher. Denn diese Vorschrift betrifft nur die berufliche Ausbildung als solche. Hierzu zählen nur Leistungen, die selbst Teil der Ausbildung sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 22). Als integrierter Bestandteil der Ausbildung ist der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern aber nicht zu verstehen. Denn der Gebärdensprachdolmetscher fungiert lediglich als Sprachmittler des Ausbildenden (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn.21).
Die Förderung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern ist jedoch ein in § 33 Abs. 8 SGB IX a.F. nicht näher konkretisierter Fall einer sonstigen Hilfe zur Förderung der Teilnahme am Arbeitsleben iSd. § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F ... Denn die in § 33 Abs. 3 und Abs. 8 Satz 1 SGB IX a.F. enthaltenen Leistungskataloge sind nicht abschließend (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 24). Die sonstigen Hilfen iSd. § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. stehen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit behinderter Menschen. Diese Regelung hat die Funktion eines Auffangtatbestands; sie wiederholt und konkretisiert in ihrem zweiten Teil lediglich das in Abs. 1 der Vorschrift bereits ausgedrückte Regelungsziel (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 24 unter Verweis auf: Pahlen in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 33 Rn. 16). Ihr Ziel ist es, die berufliche Eingliederung behinderter Menschen in die Gesellschaft umfassend zu fördern. Da hierzu auch die begleitende schulische Berufsausbildung zählt, gehört auch die ausbildungsbegleitende persönliche Hilfe durch einen Gebärdensprachdolmetscher zu den Aufwendungen und Leistungen, die zur Eingliederung in das Erwerbsleben geleistet werden (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 24).
Da es vorliegend jedoch bereits an der grundlegenden Förderung der schulischen Berufsausbildung fehlt, kommt eine darüber hinaus gehende umfassende Förderung durch einen zusätzlich bestellten Gebärdensprachdolmetscher nicht in Betracht. Denn die Hilfen nach § 33 Abs. 3 SGB IX a.F. sind – wie die medizinischen, psychologischen und pädagogischen Hilfen nach Abs. 6 - regelmäßig als Annexleistungen, die in unmittelbaren Zusammenhang mit einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation stehen, zu betrachten (BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 – B 11 AL 8/12 R – juris Rn. 24; Busch in: Feldes/Kothe/Stevens-Bartol, SGB IX, 3. Aufl. 2015, Vor § 33 Rn. 8).
Auch ein Anspruch auf die Kostenübernahme als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß §§ 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4, 57 SGB IX a.F. besteht nicht. Solche Leistungen zur Förderung der Verständigung können nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur "aus besonderem Anlass" gewährt werden und nicht fortlaufend für die Begleitung einer mehrjährigen Berufsausbildung (so der Senat bereits im zugrunde liegenden Eilverfahren: L 8 SO 90/14 B ER). Sie ist keine dauernde Leistung und dient nicht als Verständigungshilfe zur allgemeinen Lebensführung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juli 2013 – L 7 SO 4642/12 – juris Rn. 38; Busch in: Feldes/Kothe/Stevens-Bartol, SGB IX, 3. Aufl. 2015, § 57 Rn. 6).
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII.
Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII können Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, die Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Im Einzelnen zählen hierzu gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII neben Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX unter anderem Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf. Im Zusammenhang damit können auch Gebärdensprachdolmetscherleistungen zu gewähren sein (Bieback in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 54 Rn. 37f).
Die Klägerin gehört grundsätzlich zu dem Personenkreis, der Eingliederungshilfen nach §§ 53, 54 SGB XII erhalten kann. Als Gehörlose ist sie durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt, was sich auch aus § 1 Nr. 5 EinglHV ergibt.
Der geltend gemachte Anspruch auf eine Eingliederungshilfe im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf besteht vorliegend schon dem Grunde nach nicht.
Eine Eingliederungsmaßnahme nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist nur zu gewähren, wenn sie geeignet und erforderlich zum Erreichen der in § 53 Abs. 3 Satz 1 SGB XII genannten Eingliederungsziele – d.h. hier zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf – ist, was entsprechend den Vorgaben der § 53 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 SGB XII nach einem individuellen und einzelfallbezogenen bzw. personenzentrierten Maßstab zu prüfen ist (BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 8 SO 18/12 R – juris Rn. 15).
Entscheidend sind die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Leistungsberechtigten sowie seine berechtigten Interessen und Wünsche (Bieback in: Grube/Wahrendorf SGB XII 6. Aufl. § 54 Rn. 67). Ein Anspruch auf Förderung einer Zweitausbildung besteht dabei nicht grenzenlos. Ist bereits ein angemessener Beruf erlangt, so besteht kein Anspruch auf Eingliederungshilfe für eine weitere Ausbildung (Bieback in: Grube/Wahrendorf SGB XII, 6. Aufl., § 54 Rn. 67). Nach § 13 Abs. 1 EinglHV umfasst die Hilfe gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zwar auch die Ausbildung an einer Berufsfachschule, einer Berufsaufbauschule, Hochschule o.ä. (Bieback in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. § 54 Rn. 65). Alle Hilfen stehen jedoch unter dem Vorbehalt, dass bei der Entscheidung über die Hilfe eine Erfolgsprognose abgegeben werden kann, ob das Berufsziel erreicht wird. Weiteres Kriterium ist die Erforderlichkeit des beabsichtigten Ausbildungsweges.
Die Förderung der begehrten Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin ist vorliegend weder erforderlich noch angemessen.
Davon ist schon deshalb auszugehen, weil die Klägerin auch ohne den im Arbeitsvertrag angestrebten Abschluss als staatlich geprüfte Erzieherin bereits eine Festanstellung als pädagogische Mitarbeiterin ihrem Wunschkindergarten erhalten hat.
Wie sich ausdrücklich aus § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ergibt, muss auch bei jeder Leistung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII die Aussicht bestehen, dass hierdurch die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Daher steht jede Hilfe unter dem Vorbehalt, dass bei der Entscheidung hierüber eine entsprechende Erfolgsprognose abgegeben werden kann (Bieback in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 54 Rn. 66). Dieser Grundsatz wird durch die Regelung in § 13 Abs. 2 Nr. 3 EinglHV umgesetzt, wonach Eingliederungshilfe nur gewährt wird, wenn der Beruf, der mit der Ausbildung erreicht werden soll, voraussichtlich eine ausreichende Lebensgrundlage bieten wird oder, falls dies wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht möglich ist, zur Lebensgrundlage in angemessenem Umfang beitragen wird. Für eine positive Prognose ist erforderlich, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte im Einzelfall und/oder allgemeiner Einschätzungen zum Arbeitsmarkt eine realistische Aussicht darauf besteht, dass eine einschlägige Anstellung gefunden werden kann (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.03.2014 – L 9 SO 497/11 – juris Rn. 90).
Vorliegend hat sich auch ohne die angestrebte Ausbildung eine Festanstellung im angestrebten Tätigkeitsfeld für die Klägerin realisiert. Mit einer weiteren Förderung würde das angestrebte Eingliederungsziel nicht wesentlich geändert oder verbessert werden.
Nach Auffassung der Klägerin setzt ein Anspruch auf Eingliederungshilfe für eine Zweitausbildung mit Blick auf ein aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz herzuleitendes Förderungsgebot zur Angleichung der Lebensverhältnisse behinderter und nicht behinderten Menschen lediglich voraus, dass ein Nichtbehinderter in der Situation des behinderten Menschen eine weitere Ausbildung anstreben würde. Dies gelte nicht nur, wenn eine höhere Ausbildung beabsichtigt sei (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.03.2014 – L 9 SO 497/11 – juris Rn. 74 ff.), sondern auch dann, wenn der behinderte Mensch eine andere, der bereits vorhandenen Ausbildung im Wesentlichen gleichwertige Ausbildung durchführen wolle.
Ob nach dieser Maßgabe, ein Nichtbehinderter in der Situation der Klägerin eine berufliche Neuorientierung auf sich nehmen würde, ist indes fraglich. Ein finanzieller Aufstieg ist mit der angestrebten Ausbildung nur in einem geringen Umfang (80,00 Euro netto monatlich) verbunden. Auch eine medizinische Notwendigkeit ist auszuschließen. Das Schreiben der Diplompsychologin W ... gibt im Wesentlichen nur subjektive Empfindungen und Einschätzungen der Klägerin wieder, verbunden mit den Feststellungen, dass eine depressive Störung und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung zu diagnostizieren seien und dass diese Erkrankungen bei einer beruflichen Neuorientierung voraussichtlich zurückgehen würden. Eine eigene und nachvollziehbare Einschätzung etwa zu der Frage, ob die psychischen Störungen allein darauf zurückzuführen seien, dass die Klägerin generell den Beruf der Zahntechnikerin nicht mehr ausüben könne, oder ob andere Ursachen in Betracht zu ziehen sind, enthält das Schreiben nicht – stattdessen geht daraus hervor, dass sich die Klägerin nur zweimal bei Diplompsychologin W ... vorgestellt und eine (psycho-)therapeutische Behandlung ihrer psychischen Störungen nicht stattgefunden hat. Folgerichtig hat die gehörte Sachverständige auf psychiatrischem Fachgebiet – Frau U ... – die Einschätzung retrospektiv angezweifelt und ist von einer völligen Remission des von Diplompsychologin W ... dargestellten Erkrankungsbildes ausgegangen. Sind aber gesundheitliche Gründe, die der Klägerin die Ausübung ihres bisherigen Berufs verwehren, nicht nachvollziehbar, ist weiterhin nicht auszuschließen, dass ein Nichtbehinderter in der Situation der Klägerin vor Aufnahme der Ausbildung zu einem anderen Beruf zunächst versuchen würde, eine befriedigendere berufliche Situation – z.B. ein angenehmeres kollegiales Umfeld, eine bessere Auslastung oder einen höheren Verdienst – durch einen Arbeitsplatzwechsel oder durch eine Weiterqualifizierung im erlernten Beruf zu erreichen, nicht zuletzt, um die mit einer kompletten beruflichen Neuorientierung verbundenen Risiken zu vermeiden. Auch ist nicht selbstverständlich davon auszugehen, dass ein Nichtbehinderter in der Situation der Klägerin diese Risiken in Kauf nehmen würde, um nach einer zunächst nur notgedrungen absolvierten Ausbildung einen Beruf zu erlernen, der seinen Neigungen und Wünschen nach Selbstverwirklichung besser entspricht (so der Senat bereits im zugrunde liegenden Eilverfahren zum Az.: L 8 SO 90/14 B ER).
Darüber hinaus konnte der Beklagte unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin bei pflichtgemäßer Ermessensausübung die Ausbildung der Klägerin zur Heilerziehungspflegerin am Beruflichen Schulzentrum für Gesundheit und Sozialwesen "Y ..." als einen unangemessenen bzw. mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbundenen Wunsch ansehen, dem nicht Folge geleistet werden musste.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII soll Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung im Rahmen der Ermessensausübung richten, entsprochen werden, soweit sie – wiederum unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls (§ 9 Abs. 1 SGB XII) – angemessen sind. Dieses Wunschrecht, das mit seinem Mehrkostenvorbehalt (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII) im Recht der Eingliederungshilfe gemäß § 53 Abs. 4 SGB XII eine von den allgemeinen Regelungen des SGB IX abweichende Regelung erfahren hat, ist ein spezieller Anwendungsfall des Grundsatzes der Individualisierung der Leistung. Es kommt insbesondere dann zur Geltung, wenn ein Anspruch auf eine Sozialhilfeleistung dem Grunde nach besteht und – wie typischerweise bei Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII – mehrere Handlungsalternativen in Betracht kommen (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 9 Rn. 32 f.). Eine Unverhältnismäßigkeit kann sich insbesondere dann ergeben, wenn die aufzuwendenden Mittel in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zu dem erstrebten Erfolg stehen. Nach der speziellen Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII soll ferner in der Regel einem Wunsch nicht entsprochen werden, dessen Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre, was einen Vergleich der Kosten der vom Leistungsberechtigten gewünschten Maßnahme und der vom Sozialhilfeträger ins Auge gefassten Maßnahme voraussetzt (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 9 Rn. 32 f.).
Die vorgenannten Regelungen stehen im Übrigen nicht im Widerspruch zur – im Rang des einfachen Bundesgesetzes zu beachtenden – UN-Behinderten¬rechts¬konvention (UN-BRK). Nach Art. 19 UN-BRK treffen die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern. Damit wollte das Übereinkommen jedoch keine subjektiven und unmittelbar anwendbaren Rechte schaffen (LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 7 SO 3516/14 – juris Rn. 66). Vielmehr sollte die nähere Umsetzung des in Art. 19 UN-BRK eingeräumten Rechts aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, den Vertragsstaaten vorbehalten bleiben (LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 7 SO 3516/14 – juris Rn. 66). Unabhängig davon begründet Art. 19 UN-BRK keinen Anspruch auf bestimmte Leistungen unabhängig von den Kosten (vgl. LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 7 SO 3516/14 – juris Rn. 68; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. März 2011 – L 8 SO 24/09 B ER – juris Rn. 53; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2014 – L 20 SO 436/13 B ER – juris Rn. 57). Art. 19 UN-BRK enthält – anders als die Klägerin meint - keine sozialleistungsrechtliche Regelung. Art. 19 UN-BRK zielt auf eine unabhängige Lebensführung in Gestalt einer deinstitutionalisierten Einbeziehung der behinderten Menschen in die Gemeinschaft (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2016 – 1 BvR 53/14 – juris Rn. 4). Eine Pflicht der Vertragsstaaten, damit jegliches finanzielles Hindernis für die Ausübung des Wahlrechts zu beseitigen und Sozialleistungen in jeglicher erwünschten Höhe zu gewähren ist damit nicht verbunden. Dies gilt insbesondere für den Mehrkostenvorbehalt des § 9 Abs. 2 SGB XII hinsichtlich des Wunsch- und Wahlrechts der Klägerin und dem Mehrkostenvorbehalt des § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII (vgl. LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 7 SO 3516/14 – juris Rn. 68).
Angesichts der von der Klägerin selbst behaupteten überaus hohen Kosten des erforderlichen Gebärdensprachdolmetscherteams von zuletzt ca. 1,5 Millionen Euro handelt es sich um eine Leistung, die den Kreis des materiellen Sozialhilferechts "sprengen" würde (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 9 Rn. 34). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die im Rahmen der Ausbildung einzusetzenden Gebärdendolmetscher nach den Leistungsgesetzen des SGB III und XII nicht besteht, die Klägerin auch ohne eine Zweitausbildung die angestrebte Tätigkeit im Kindergarten realisieren konnte, bereits diese Tätigkeit eine gesundheitliche Entlastung ergeben hat und die noch bestehende finanzielle Differenz zur angestrebten fachlichen Qualifizierung lediglich 80,00 EUR netto monatlich beträgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 SGG.
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