L 5 KR 66/17

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 11 KR 20/14
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 66/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 16/20 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein GmbH-Gesellschafter, der kein Mehrheitsgesellschafter ist (und hier über Gesellschaftsanteile von 50 % verfügt) und nicht zum Geschäftsführer bestellt wurde, besitzt allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung regelmäßig nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft nach Belieben aufzuheben oder abzuschwächen. Ein solcher Gesellschafter unterliegt grundsätzlich dem Weisungsrecht des Geschäftsführers.

2. Auch wenn gegen den Willen dieses Gesellschafters aufgrund der Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag keine seine eigene Tätigkeit betreffenden Beschlüsse im Rahmen der Gesellschafterversammlung gefasst werden können, reicht das nicht aus, um von einer Selbständigkeit des Gesellschafters bei seiner Tätigkeit für die GmbH ausgehen zu können. Dazu wäre eine „Gestaltungsrechtsmacht“ des Gesellschafters erforderlich, kraft derer der Gesellschafter selbst aufgrund eigener rechtlicher Befugnis Entscheidungen mit Blick auf die Unternehmensführung der GmbH treffen und realisieren kann. Diese „Gestaltungsrechtsmacht“ erfordert einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschafterversammlung.

3. Die DRV Bund ist auf Grundlage des § 7a Abs. 2 SGB IV nicht befugt, eine Feststellung zum Kontrahierungszwang eines privat Krankenversicherten mit einem privaten Pflegeversicherer nach § 23 Abs. 1 SGB XI zu treffen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 22. November 2016 geändert. Der Tenor wird wie folgt neu gefasst: Der Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2013, insoweit in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die durch die Beklagte ausgesprochene Feststellung seiner Versicherungspflicht im Rahmen seiner Tätigkeit als Betriebsleiter im Unternehmen der Beigeladenen zu 1) seit dem 29. Januar 2007.

Der 1957 geborene Kläger trat 1999 in die mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 7. Juli 1981 gegründete Beigeladene zu 1) als Gesellschafter ein. Die Beigeladene zu 1) betreibt eine Holzhandlung mit angegliedertem Sägewerk sowie einen Fuhrbetrieb. Mit notariell beurkundetem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 29. Januar 2007 wurden die Gesellschaftsanteile der Beigeladenen zu 1) hälftig auf den Kläger und dessen Bruder, Herrn G. K., übertragen. Beide halten seitdem einen Anteil von jeweils 84.400,00 EUR am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) und mithin jeweils 50 % des Stammkapitals. Der Bruder des Klägers ist bereits seit 1996 zum alleinigen Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellt und auf Grundlage von schriftlichen Anstellungsverträgen für die Beigeladene zu 1) tätig (zuletzt aufgrund eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages vom 31. Dezember 1997).

Der Kläger, der sich selbst als Holzkaufmann bezeichnet arbeitet bereits seit 1978 in dem vormals von seinem Vater und dessen zwei Brüdern gegründeten Unternehmen der Beigeladenen zu 1). Im hier interessierenden Zeitraum war (und ist) der Kläger im Betrieb der Beigeladenen zu 1) für die Bereiche Einkauf und Logistik zuständig und mit weitgehender Handlungsvollmacht ausgestattet, aufgrund derer er z.B. auch Abmahnungen und Kündigungen gegenüber im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern aussprechen darf. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag (oder auch ein sonstiges Vertragswerk, das die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) zum Gegenstand hätte) wurde zu keinem Zeitpunkt geschlossen. Prokura ist dem Kläger nicht eingeräumt. Er erhält für seine Tätigkeit ein monatliches Gehalt, das sich im März 2013 noch auf 4.300,00 EUR brutto belief. Bald darauf erhöhte es sich auf 5.500,00 EUR brutto monatlich. Der Kläger gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 22. November 2016 an, bereits "seit mehreren Jahren" eine Vergütung in dieser Höhe zu beziehen, während er im Formularantrag vom 6. März 2013 noch eine monatliche Vergütung von 4.300,00 EUR angegeben hatte. Zudem bezieht der Kläger eine jährliche Gewinnbeteiligung in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom "Steuerbilanzgewinn" der Beigeladenen zu 1) (vgl. dazu die schriftlichen Tantieme-Vereinbarungen für die Jahre 1997 bis 2001 auf Bl. 34 – 38 der Verwaltungsakte).

Der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu 1) vom 7. Juli 1981 trifft keine Regelung zur Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung. § 5 Abs. 4 des Vertrages bestimmt unter der Überschrift "Geschäftsführung und Vertretung", dass der Abschluss von Verträgen mit Gesellschaftern zur Mitarbeit in der Gesellschaft, deren Änderung oder Beendigung sowie die Regelung sämtlicher aus diesen Verträgen resultierenden Folgen ausschließlich der Gesellschafterversammlung obliegen, die hierüber durch Gesellschafterbeschluss zu entscheiden hat, wobei der betroffene Gesellschafter stimmberechtigt bleibt.

Am 1. Februar 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung, dass er in seiner Funktion als Gesellschafter und Betriebsleiter der Beigeladenen zu 1) seit Januar 2007 nicht abhängig beschäftigt sei und daher nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Mit Formularantrag vom 6. März 2013 machte der Kläger nähere Angaben zu seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1). Mit Schreiben vom 20. Juni 2013 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass beabsichtigt sei, das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und das Bestehen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung festzustellen. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 8. Juli 2013 nahm der Kläger Stellung und betonte, dass er seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht eingegliedert in eine fremde Organisationsstruktur erbringe und von der Gesellschaft nicht persönlich abhängig sei. Auch verfüge er aufgrund seiner 50prozentigen Beteiligung an der Beigeladenen zu 1) über die Rechtsmacht, jedwede Beschlussfassung mit dem Ziel, auf seine Tätigkeit Einfluss zu nehmen bzw. Weisungen zu erteilen, zu verhindern. Die Ausübung des Direktionsrechts der Gesellschaft obliege im Hinblick auf mitarbeitende Gesellschafter wie ihn hier nicht dem Geschäftsführer, sondern sei nach § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der Gesellschafterversammlung vorbehalten, in welcher er – auch und gerade in solchen Angelegenheiten – über die Hälfte der Stimmen verfüge.

Mit Bescheid vom 7. August 2013 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter/Betriebsleiter für die Beigeladene zu 1) seit dem 29. Januar 2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erbringe und daher der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Nach Gesamtwürdigung aller zur statusrechtlichen Beurteilung relevanten Tatsachen und des Vorbringens des Klägers im Anhörungsverfahren sei von einer fremdbestimmten Arbeitsleistung auszugehen, die sich als funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess in die von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere. Zwar sei der Kläger hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit weitgehend frei, jedoch trage er kein typisches Unternehmerrisiko eines Selbständigen, weil er feste Bezüge erhalte. Die hälftige Beteiligung an der Beigeladenen zu 1) verschaffe ihm auch keine derartige Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetze, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu beeinflussen. Dies wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn der Kläger auch gleichzeitig Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) wäre, was jedoch – unstreitig – nicht der Fall sei. In der gesetzlichen Krankenversicherung schließlich bestehe Versicherungsfreiheit, weil das regelmäßige Entgelt des Klägers die Jahresentgeltgrenze voraussichtlich übersteige.

Am 5. September 2013 erhob der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass in keiner Weise nachvollziehbar sei, weshalb die Beklagte einen maßgeblichen Einfluss auf die Beigeladene zu 1) negiere, obgleich er, der Kläger, hälftiger Anteilseigner sei und deshalb ohne seine Zustimmung eine Beschlussfassung für die Beigeladene zu 1) nicht möglich sei; er sei "die halbe Gesellschafterversammlung". Vor diesem Hintergrund bleibe auch unerfindlich, wer ihm denn die fremde Betriebsordnung, in die er sich nach Ansicht der Beklagten eingliedere, vorgeben solle. Aufgrund seiner hälftigen Beteiligung an der Beigeladenen zu 1) könne ihm auch ein unternehmerisches Risiko nicht abgesprochen werden. Auch wies der Kläger nochmals darauf hin, dass der Geschäftsführer ihm gegenüber keine Personalhoheit innehabe, da diese nach dem Gesellschaftsvertrag ausdrücklich der Gesellschafterversammlung vorbehalten sei, in welcher ihm, dem Kläger, die Hälfte der abzugebenden Stimmen zustünden. Schließlich monierte der Kläger, dass die Beklagte in ihrem Bescheid vom 7. August 2013 keine Feststellung zur Versicherungspflicht bzw. -freiheit in der Pflegeversicherung getroffen habe; daher liege eine unzulässige Elementenfeststellung vor.

Daraufhin erließ die Beklagte zunächst am 23. Oktober 2013 einen Bescheid, mit dem sie ihren Bescheid vom 7. August 2013 dahingehend "abänderte", dass für den Kläger seit dem 29. Januar 2007 im Rahmen seiner für die Beigeladene zu 1) erbrachte Tätigkeit als Betriebsleiter bzw. mitarbeitender Gesellschafter Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung bestehe. Für den Zeitraum bis zum 30. April 2009 gelte das, weil der Kläger bis zu jenem Tag freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sei. Seit dem 1. Mai 2009 sei der Kläger privat krankenversichert, weshalb er zum Abschluss eines privaten Versicherungsvertrages zur Absicherung des Pflegerisikos verpflichtet sei. Daraus folge Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2014 wies die Beklagte sodann den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Widerspruchsbegründung enthalte keine neuen, für die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status relevanten Sachverhalte. Daher führe der Widerspruch nicht zu einer vom Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens abweichenden Beurteilung und müsse im Ergebnis erfolglos bleiben.

Am 28. Januar 2014 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Schleswig erhoben.

Zur Begründung hat er angeführt, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung sein, des Klägers, rechtliches Gehör verletzt habe, indem sein im Anhörungs- und Widerspruchsverfahren geleisteter Vortrag – wenn überhaupt – nur zur Kenntnis genommen, aber jedenfalls nicht rechtlich gewürdigt worden sei. Zudem sei die mit dem Ergänzungsbescheid vom 23. Oktober 2013 getroffene Entscheidung zur Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung verfehlt. Denn die Beklagte habe allein eine Entscheidung zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung zu treffen, nicht aber zur Pflicht zum Abschluss eines privaten Pflegeversicherungsvertrages (eine solche Pflicht bestreite er im Übrigen auch gar nicht). Aber auch hinsichtlich der Feststellung zu seiner vermeintlichen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung gehe die Beklagte fehl, denn er stehe zu der Beigeladenen zu 1) nicht in einem Beschäftigungsverhältnis. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) schließe ein rechtlich maßgeblicher Einfluss eines mitarbeitenden Gesellschafters auf die Gesellschaft, der so weit reiche, dass der Gesellschafter kraft seiner Rechtsmacht Einzelanweisungen der Gesellschaft an sich jederzeit verhindern könne, die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen einem solchen Gesellschafter und der Gesellschaft aus. Er, der Kläger, verfüge über eine solche Rechtsmacht. Zwar habe das BSG auch entschieden, dass ein Gesellschafter, der nicht über eine Stimmenmehrheit verfüge und auch nicht zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt sei, nicht über die Rechtsmacht verfüge, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen, da ein solcher Gesellschafter nicht in der Lage sei, Abweichungen von der grundsätzlichen gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung herbeizuführen, durch die die Dienstaufsicht über die Angestellten mangels anderweitiger Regelung im Gesellschaftsvertrag der laufenden Geschäftsführung und mithin dem Geschäftsführer als zuständigem Organ zugewiesen sei. Diese Rechtsprechung greife indes vorliegend nicht ein, da der die Beigeladene zu 1) begründet habende Gesellschaftsvertrag die Dienstaufsicht über mitarbeitende Gesellschafter gerade der Geschäftsführung entzogen und auf die Gesellschafterversammlung übertragen habe. Daher sei eine Weisungsgebundenheit seiner, des Klägers, Person gegenüber dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) ausgeschlossen. Die Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschafterversammlung sei dadurch erheblich abgeschwächt, dass er, der Kläger, kraft seines hälftigen Stimmenanteils jede Beschlussfassung verhindern könne. Der Kläger hat weiter vorgebracht, dass die ihm gewährte Vergütung ihrer Höhe nach stets der Vergütung entspreche, die auch sein Bruder als Geschäftsführer erhalte. Für diesen sei ein schriftlicher Geschäftsführer-Anstellungsvertrag lediglich auf Anraten des Steuerberaters der Beigeladenen zu 1) geschlossen worden. Für seine, des Klägers, Tätigkeit bestünde nicht nur kein Anstellungsvertrag, sondern er bestimme die zeitliche, örtliche und inhaltliche Ausübung dieser Tätigkeit auch tatsächlich vollkommen frei nach eigenem Dafürhalten.

Der Kläger hat im Verfahren vor dem Sozialgericht ferner Nachweise über drei selbstschuldnerische Bürgschaften vorgelegt, die er zur Sicherung von gegenüber der Beigeladenen zu 1) bestehenden Darlehensrückgewähransprüchen übernommen hat. Eine Bürgschaftserklärung beläuft sich auf einen Betrag von 200.000,00 EUR, datiert vom 19. März 2008 und sichert einen Kredit, den die H.-bank der Beigeladenen zu 1) gewährt hat, die zweite Bürgschaft sichert einen an die Beigeladene zu 1) ausgereichten Kredit der V-bank im Kreis R. e.G. bis zu einem Betrag von 175.000,00 EUR (Bürgschaftserklärung vom 22. Juli 2016). Schließlich bürgt der Kläger gegenüber der H.-bank in Höhe von 125.000,00 EUR selbstschuldnerisch – neben seinem Bruder als zweitem Bürgen – für die Einräumung einer Rahmenkreditlinie von bis zu 500.000,00 EUR (Vertrag vom 29. Februar 2016). Schließlich hat der Kläger einen vom 31. Dezember 2007 datierenden Bilanzbericht der Beigeladenen zu 1) vorgelegt, aus dem ein von dem Kläger der Beigeladenen zu 1) gewährtes Darlehen in Höhe von 175.660,79 EUR ersichtlich ist.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 7. August 2013 in der Fassung des Bescheides vom 23. Oktober 2013, diese in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2014, aufzuheben; 2. festzustellen, dass er, der Kläger, in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und Betriebsleiter der Beigeladenen zu 1) seit Januar 2007 nicht abhängig beschäftigt ist und nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Das Klagvorbringen sei schon bei Erlass des Widerspruchsbescheides bekannt gewesen und berücksichtigt worden.

Die Beigeladene zu 1) hat vor dem Sozialgericht keinen Antrag gestellt und schriftlich mitgeteilt, dass sie sich "den bisherigen und künftigen Ausführungen des Klägers vollumfänglich" anschließe.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22. November 2016 hat das Sozialgericht den Kläger informatorisch befragt. Der Kläger hat ausgeführt, dass er bereits seit 1978 in dem – seinerzeit noch vom Vater des Klägers und dessen Brüdern betriebenen – Unternehmen im Bereich Einkauf und Logistik tätig sei, während sein Bruder, der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) G. K., 1980 im Sägewerk in den Betrieb eingetreten sei. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1996 habe der Vater des Klägers und des G. K. bestimmt, dass letzterer Geschäftsführer des Unternehmens, das immer nur einen Geschäftsführer gehabt habe, werden sollte, woran sie – seine Söhne – sich auch gehalten hätten. Im beruflichen Verhältnis zwischen ihm und seinem Bruder habe sich durch die Bestellung des letzteren zum Geschäftsführer nichts geändert. Sie hätten das Unternehmen gleichberechtigt mit abgegrenzten Aufgabenbereichen geführt, Weisungen habe sein Bruder ihm nie erteilt. Seine Handlungsvollmacht sei ihm auch nicht schriftlich erteilt worden, vielmehr sei man im Betrieb schlicht von alters her von einer entsprechenden Befugnis ausgegangen; diese sei niemals hinterfragt oder angezweifelt worden.

Mit Urteil vom 22. November 2016 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit Januar 2007 nicht abhängig beschäftigt sei und nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht unterliege. Von einem Weisungsrecht des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) könne ebenso wenig die Rede sein, wie davon, dass der Kläger funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der Beigeladenen zu 1) teilhabe. Der Kläger führe den Betrieb der Beigeladenen zu 1) zusammen mit seinem Bruder selbständig. Dass die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger kein Direktionsrecht innehabe, werde exemplarisch durch die Unterordnung der Beigeladenen zu 1) unter den Kläger im prozessualen Vortrag verdeutlicht. Es sei glaubhaft, dass der Kläger seine Tätigkeit von deren Beginn an autonom und eigenverantwortlich ausgeübt habe; die Bestellung des Bruders des Klägers zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) spiele in der alltäglichen Realität des Geschäftsbetriebes augenscheinlich keine Rolle. Die Tatsache, dass der Kläger nicht nur eine Kapitalbeteiligung von 50 % an der Beigeladenen zu 1) halte, sondern dieser einen umfangreichen Kredit gewährt und für diese in großem Umfang selbstschuldnerische Bürgschaften übernommen habe, belege eindrucksvoll die wirtschaftliche Verflechtung des Klägers mit der Beigeladenen zu 1). Zudem werde daraus deutlich, dass der Kläger auch ein eigenes unternehmerisches Risiko im Hinblick auf den Geschäftsbetrieb der Beigeladenen zu 1) trage. Schließlich werde das selbständige unternehmerische Handeln des Klägers und seines Bruders dadurch deutlich, dass beide seit Jahren Zahlungen aus der Gesellschaft in identischer Höhe entnehmen würden, wobei sie jedoch stets auf die wirtschaftliche Situation der Beigeladenen zu 1) achteten.

Gegen dieses ihr am 22. März 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. April 2017 zum Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhobene Berufung der Beklagten.

Zur Begründung bringt sie vor, dass die vom Sozialgericht vorgenommene rechtliche Würdigung nicht in Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG stehe. Nach dieser sei zu konstatieren, dass der Kläger aufgrund der konkret gegebenen gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen zu 1) ausüben könne. Mitarbeitende GmbH-Gesellschafter, die – wie der Kläger – nicht zum Geschäftsführer bestellt seien, verfügten nach höchstrichterlicher Judikatur nur dann über eine die Weisungsunterworfenheit ausschließende Rechtsmacht, wenn sie Mehrheitsgesellschafter seien, also mehr als 50 % des Stammkapitals der Gesellschaften hielten. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall. Er sei daher nicht in der Lage, Anweisungen der Gesellschaft an deren angestellte Arbeitnehmer, die nach der grundsätzlichen gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung in den Zuständigkeitsbereich des Geschäftsführers fielen, zu verhindern und könne das wirtschaftliche Schicksal der Gesellschaft daher nicht maßgeblich beeinflussen. Dabei komme es nicht auf die Regelung in § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages vom 7. Juli 1981 an, da dieser lediglich Weisungen an mitarbeitende Gesellschafter betreffe, nicht aber an die angestellten Nicht-Gesellschafter im Betrieb der Beigeladenen zu 1). Dass der Bruder des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) dem Kläger tatsächlich keine Weisungen erteilt habe, sei rechtlich irrelevant. Denn die Nichtausübung des Weisungsrechts sei nach der Rechtsprechung des BSG unbeachtlich, solange es nicht wirksam abbedungen sei. Tatsächliche Verhältnisse seien bei rechtlich bestehenden, aber nicht wahrgenommenen Kontrollrechten als bloße "Schönwetter-Selbständigkeit" abzulehnen. Zudem habe das BSG entschieden, dass aus einer Darlehensgewährung kein unternehmerisches Risiko hergeleitet werden könne und auch familiäre Rücksichtnahmen nicht zu einem sozialversicherungsrechtlich anzuerkennenden besonderen Status führten. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger als Betriebsleiter funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der Beigeladenen zu 1) teilnehme. Die dem Kläger offenbar aus gegenseitiger Rücksichtnahme innerhalb des Familienbetriebs eingeräumten weitreichenden Befugnisse und die faktische Weisungsfreiheit vermöchten vor diesem Hintergrund nicht, eine Selbständigkeit zu begründen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 22. November 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger weist darauf hin, dass der von der Beklagten behauptete Widerspruch zwischen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts und der Rechtsprechung des BSG tatsächlich nicht bestehe. In dem von der Beklagten maßgeblich zitierten Urteil des BSG vom 25. Januar 2006 (B 12 KR 30/40 R) habe das Gericht vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass ein Beschäftigungsverhältnis zwischen einem nicht zum Geschäftsführer bestellten Gesellschafter und der Gesellschaft ausgeschlossen sei, wenn dem Gesellschafter ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft zukomme, kraft dessen der Gesellschafter Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könne. Über eine solche Rechtsmacht verfüge auch er, der Kläger, da er aufgrund der Klausel im Gesellschaftsvertrag, wonach die Dienstaufsicht über mitarbeitende Gesellschafter der Geschäftsführung entzogen und der Gesellschafterversammlung vorbehalten worden sei, eine dienstliche Weisung an sich selbst aufgrund seines hälftigen Stimmenanteils jederzeit verhindern könne. Daher sei auch der im Urteil des BSG vom 17. Mai 2001 (B 12 KR 34/00 R) aufgestellte Rechtssatz nicht einschlägig, wonach einem mitarbeitenden Gesellschafter, der weder die Mehrheit der Anteile und Stimmen besitze, noch zum Geschäftsführer bestellt sei, nicht die Rechtsmacht zukomme, seine Weisungsgebundeheit aufzuheben oder abzuschwächen, da er nicht in der Lage sei, Abweichungen von der grundsätzlichen Zuständigkeitsverteilung herbeizuführen, die die Dienstaufsicht über die Angestellten vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag der laufenden Geschäftsführung und mithin dem Geschäftsführer als zuständigem Organ zuwiesen. Im übrigen habe das BSG in dem vorstehend zitierten Urteil die Wertung des Berufungsgerichts, wonach im Einzelfall mehr gegen als für die abhängige Beschäftigung einer 50prozentigen Mitgesellschafterin, die nicht zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt war, nicht beanstandet. Insoweit habe das BSG darauf abgestellt, dass aufgrund der maßgeblichen Beteiligung der Gesellschafterin in Höhe der Hälfte des Stammkapitals keine Gesellschaftsbeschlüsse gegen ihren Willen gefasst werden könnten, dass die Gesellschafterin zusammen mit dem anderen Gesellschafter (ihrem Ehemann) über die Verwendung des Unternehmensgewinns und die Geschäftspolitik bestimme (und sich daher der geschäftliche Erfolg oder Misserfolg unmittelbar auf die Gesellschafterin auswirke) und dass die Eheleute das Unternehmen bei aufgeteilten Aufgabenbereichen faktisch zusammen und gleichberechtigt geführt hätten, ohne Rücksicht auf die formale Geschäftsführerposition des Ehemannes der Klägerin. Zudem verkenne die Beklagte, dass sich die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts nicht allein auf den Umfang der Beteiligung des Klägers an der Beigeladenen zu 1) stütze, sondern dass das Sozialgericht seine Wertung daneben auf zahlreiche weitere tatsächliche Umstände gestützt habe, nämlich auf die freie Ausgestaltung der Tätigkeit, das Fehlen von Weisungsrechten, das immense Unternehmerrisiko, das sich auch in der Kreditgewährung und den Bürgschaftsübernahmen manifestiere, und die ihrer Höhe nach identische Vergütung des Klägers und des Geschäftsführers.

Die Beigeladene zu 1) hat wiederum keinen eigenen Antrag gestellt und auch für das Berufungsverfahren erklärt, dass sie sich "den bisherigen und zukünftigen Ausführungen des Klägers vollumfänglich" anschließe.

Der Senat hat mit Beschluss vom 26. Juni 2017 die Beigeladenen zu 2) – 4) zum Verfahren beigeladen, die sämtlich keine Ausführungen zur Sache getätigt und auch keine Anträge gestellt haben. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte, die Gegenstand der Berufungsverhandlung geworden sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach § 143 SGG statthaft, da ein Fall der Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht vorliegt. Insbesondere handelt es sich bei den hier streitgegenständlichen Statusfeststellungsbescheiden nach § 7a Abs. 2 SGB IV nicht um auf eine Geldleistung gerichtete Verwaltungsakte im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Ein die Versicherungspflicht feststellender Verwaltungsakt besitzt, auch wenn er künftig die Grundlage für die Erhebung von Beitragsforderungen bilden kann, eigenständige Bedeutung und fällt daher nicht

unter § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 10b; unter Verweis auf BSG, Beschluss vom 25.07.2002, B 10 LW 6/02 B).

II. Die Berufung ist begründet, soweit das Sozialgericht in seinem angefochtenen Urteil den Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 7. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2014 aufgehoben hat. Denn die mit diesem Bescheid getroffene Feststellungsentscheidung der Beklagten ist rechtmäßig ergangen (dazu sogleich unter Ziff. 1.). Insoweit ist das Urteil des Sozialgerichts daher abzuändern und die Klage abzuweisen. Unbegründet ist die Berufung hingegen, soweit mit ihr – unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils – die vollständige Klagabweisung begehrt worden ist. Denn das Sozialgericht hat den Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2013 (auch dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2014) im Ergebnis zu Recht aufgehoben (dazu sogleich unter Ziff. 2.). Die diesbezügliche – weitergehende – Berufung der Beklagten ist deshalb zurückzuweisen.

1. Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 7. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2014, mit dem die Beklagte eine seit dem 29. Januar 2007 bestehende Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten.

a) Zunächst ist eine formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht erkennbar. Insbesondere ist die Beklagte nach § 7a Abs. 2 SGB IV für den Erlass der Statusfeststellungsentscheidung im Anfrageverfahren zuständig, zudem hat sie mit ihrem Schreiben vom 20. Juni 2013 auch das besondere Anhörungserfordernis nach § 7a Abs. 4 SGB IV beachtet. Anders als vom Kläger in der Klageschrift vorgebracht, krankt das Anhörungsverfahren hier nicht daran, dass es an einer Würdigung des mit Schreiben vom 8. Juli 2013 im Anhörungsverfahren getätigten klägerischen Vortrags fehlt. Ein gesetzliches Anhörungserfordernis verpflichtet die Behörde lediglich dazu, die ihr im Rahmen der Anhörung übermittelten Tatsachen bei der Entscheidung über den Verwaltungsakt zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in Erwägung zu ziehen, wovon in aller Regel auszugehen ist (Franz, in jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 24 Rn. 37). Nur wenn aus der Begründung des Verwaltungsakts deutlich wird, dass die Behörde neue Tatsachen nicht berücksichtigt hat, leidet der Verwaltungsakt unter einem Anhörungsmangel und ist damit (zumindest zunächst) formell rechtswidrig (Franz, a.a.O.). Hier hat die Beklagte auf Seite 3 des Bescheides vom 7. August 2013 (unter der Überschrift "Rechtliche Würdigung") das Vorbringen des Klägers im Anhörungsverfahren ausdrücklich zusammenfassend dargestellt und ist in den folgenden Ausführungen darauf auch eingegangen – insbesondere auf die abgeschwächten Anforderungen der Rechtsprechung an das Bestehen einer Weisungsbefugnis des Arbeitgebers. Zwar mag man bemängeln, dass die Beklagte das klägerische Vorbringen zur besonderen Ausgestaltung des Direktionsrechts im Hinblick auf mitarbeitende Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag vom 7. Juli 1981 dabei konsequent außer Acht gelassen hat. Indes führt dieser Umstand letztlich nicht zur Fehlerhaftigkeit des Anhörungsverfahrens und daraus folgend zur formellen Rechtswidrigkeit des Bescheides. Denn die Behörde kann einen Anhörungsmangel nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht heilen. Jedenfalls nach Durchführung des in der mündlichen Verhandlung am 26. August 2020 durchgeführten Rechtsgesprächs, in dem der Bedeutungsgehalt der Klausel in § 5 Abs. 4 des einschlägigen Gesellschaftsvertrages mit den Beteiligten erörtert worden ist (vgl. Bl. 2 und 3 des Sitzungsprotokolls vom 26. August 2020), ist von einer Heilung des möglicherweise im Hinblick auf die vorliegende besondere Ausgestaltung des Direktionsrechts hinsichtlich mitarbeitender Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag gegebenen Mangels des Anhörungsverfahrens auszugehen.

b) Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 7. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2014 ist auch materiell rechtmäßig. Voraussetzung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ist – ebenso, wie es nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch Voraussetzung der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung ist –, dass der Versicherungspflichtige gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist. Dies ist und war im streitgegenständlichen Zeitraum bei dem Kläger der Fall; dieser war bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt.

Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Diese gesetzlichen Kautelen sind durch die Rechtsprechung weiter ausdifferenziert worden: Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001, B 12 KR 10/01 R, Breith. 2002, 474 ff.). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben und in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urteil vom 19. Juni 2001, B 12 KR 44/00 R, NZS 2002, 199 ff.). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257 ff.). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen. Das für eine selbstständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung in der Regel nicht wesentlich bestimmen (BSG, Beschluss vom 16. August 2010, B 12 KR 100/09 B, zitiert nach juris). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 11. November 2015, B 12 KR 10/14 R, Breith. 2016, 903 ff.; Urteil vom 25. April 2012, B 12 KR 24/10 R, SGb 2013, 364 ff.).

Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich zudem aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, NZS 1995, 373 ff.). Die tatsächlichen Verhältnisse geben den Ausschlag, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998, B 12 KR 5/97 R, Breith. 1999, 363 ff.; Urteil vom 10. August 2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, NZS 2007, 648 ff.).

Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbständige Arbeit nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juli 2016, L 5 R 606/14, zitiert nach juris). Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb – der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend – voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG, Urteil vom 25. April 2012, B 12 KR 24/10 R, a.a.O.). Diese Abwägung ist gerichtlich voll kontrollierbar.

Diese Maßstäbe finden nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch bei der statusrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit eines GmbH-Gesellschafters Anwendung (vgl. beispielhaft BSG, Urteil vom 14. März 2018, B 12 KR 13/17 R, NJW 2018, 2662 ff.; Urteil vom 11. November 2015, B 12 KR 13/14 R, BSGE 120, 59 ff.; Urteil vom 29. Juni 2016, B 12 R 5/14 R, zitiert nach juris).

Ein (schriftlicher) Anstellungsvertrag, auf dessen Grundlage der Kläger seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) erbracht hätte, fehlt hier als Anknüpfungspunkt für die statusrechtliche Prüfung der Sozialversicherungspflicht, denn jedenfalls ist die Tätigkeit des Klägers als Betriebsleiter, in deren Rahmen er maßgeblich für die Unternehmensbereiche Einkauf und Logistik zuständig ist, nicht Gegenstand eines schriftlichen Arbeits- oder Anstellungsvertrages geworden. Nach dem Akteninhalt und dem Vorbringen des Klägers ist vorliegend nicht einmal ein mündlicher Vertrag über die Tätigkeit geschlossen worden. Allenfalls mag man den konkludenten Abschluss eines solchen Vertrages rechtlich fingieren können, wobei das rechtlich erhebliche schlüssige Verhalten der Vertragsparteien dann darin bestehen müsste, dass der Kläger über Jahre und Jahrzehnte hinweg in einer bestimmten Art und Weise mit Wissen und Wollen des Geschäftsführers bzw. des weiteren – zweiten – Gesellschafters der Beigeladenen zu 1) tätig geworden ist. Faktisch ist der Kläger nach dem Eindruck, den der Senat von den tatsächlichen Rechtsverhältnissen gewonnen hat, in seine Rolle im Betrieb seit 1978 hineingewachsen, ohne dass diese jemals rechtlich fixiert worden wäre. Dass rechtlicher Träger des Betriebes eine mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete juristische Person in Form einer Kapitalgesellschaft war und ist (jedenfalls seit 1981; vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG), trat in der täglichen Arbeit des Klägers offenbar in seiner Bedeutung weit hinter den Umstand zurück, dass es sich um einen Familienbetrieb des Vaters des Klägers (und des Gesellschafter-Geschäftsführers) sowie dessen zwei Brüder handelt(e).

Dies fällt statusrechtlich jedoch nicht als ein für eine selbständige Tätigkeit sprechender Umstand ins Gewicht. Zwar sprach nach früherer höchstrichterlicher Rechtsprechung die Tätigkeit in einem in Form der GmbH geführten Familienunternehmen dann für eine selbständige Tätigkeit, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schuf, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommen konnte, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wurde oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelte. Hiervon wird insbesondere bei demjenigen ausgegangen, der – obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt – aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987, 7 RAr 25/86, zitiert nach juris). Diese Rechtsprechung hat das BSG allerdings inzwischen zugunsten einer streng am Vorliegen von Rechtsmacht orientierten Normanwendung aufgegeben. Zur Begründung führt das BSG insoweit an, dass eine vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten abhängige Statuszuordnung mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar sei (vgl. BSG, Urteile vom 29. Juli 2015, B 12 KR 23/13 R, Breith. 2016, 637 ff.; B 12 R 1/15 R, zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund kann die von den für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung zuständigen Senaten des BSG entwickelte sog. "Kopf und Seele"-Rechtsprechung für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht mehr herangezogen werden (BSG, Urteile vom 29. Juli 2015, a.a.O.). Soweit auch der für das Statusrecht zuständige 12. Senat des BSG in der Vergangenheit vereinzelt hierauf zurückgegriffen hatte, hat er dies inzwischen ausdrücklich aufgegeben (so ausdrücklich in den vorgenannten Urteilen vom 29. Juli 2015).

Primärer Anknüpfungspunkt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers stellen daher die gesellschaftsrechtlichen und insbesondere gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen dar. Insoweit haben sich in ständiger Rechtsprechung des BSG Grundsätze herausgebildet, nach denen gilt: Wer Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft – und sei es auch an einer Familiengesellschaft – hält, ist nur dann selbständig erwerbstätig, wenn damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist; das kann insbesondere in einem seinem Gesellschaftsanteil entsprechenden Stimmgewicht zum Ausdruck kommen oder ausnahmsweise auch in Form einer Sperrminorität, wenn der Betroffene damit rechtlich zugleich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit abzuwehren (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015, B 12 R 2/14 R, SGb 2017, 54 ff.; Urteil vom 19. August 2015, B 12 KR 9/14 R, a.a.O.; Urteil vom 29. August 2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257 ff.). Ein GmbH-Gesellschafter, der – wie der Kläger im vorliegenden Fall – nicht zum Geschäftsführer bestellt wurde und kein Mehrheitsgesellschafter ist, besitzt allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung regelmäßig nicht zugleich auch die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft nach Belieben aufzuheben oder abzuschwächen. Die Rechtsmacht eines Gesellschafters mit Sperrminorität erschöpft sich allein darin, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern zu können (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015, B 12 KR 9/14 R, a.a.O.). Ein solcher GmbH-Gesellschafter unterliegt grundsätzlich dem Weisungsrecht des Geschäftsführers. Denn vorbehaltlich abweichender Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH Sache der laufenden Geschäftsführung, nicht dagegen der Gesellschafterversammlung (BSG, Urteil vom 17. Mai 2001, B 12 KR 34/00 R, NZS 2001, 644 ff.; Urteil vom 19. August 2015, B 12 KR 9/14 R, a.a.O.; Urteil vom 23. Juni 1994, 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974 f.; Urteil vom 25. Januar 2006, B 12 KR 30/04 R, zitiert nach juris).

Vorliegend sind gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages der Abschluss, die Änderung und die Beendigung von Verträgen mit Gesellschaftern betreffend deren Mitarbeit in der Gesellschaft und dazu noch "die Regelung sämtlicher aus diesen Verträgen resultierenden Folgen" der Gesellschafterversammlung vorbehalten und damit dem Geschäftsführer gleichsam entzogen. Satz 2 der Vertragsklausel bestimmt daneben, dass der betroffene Gesellschafter bei Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung "in jedem Fall stimmberechtigt bleibt". Da der Gesellschaftsvertrag vom 7. Juli 1981 eine weitere Regelung zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung nicht enthält, gelten insoweit die gesetzlichen Regelungen des § 47 GmbHG. Nach dessen Abs. 2 gewährt jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme. Der Kläger und sein Bruder, der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1), verfügen damit über ein gleiches Stimmengewicht bzw. einen gleich großen Stimmenanteil. Nach § 47 Abs. 1 GmbHG erfolgen die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Daraus folgt, dass gegen den Willen des Klägers eine Beschlussfassung in einer einen mitarbeitenden Gesellschafter – und damit insbesondere auch ihn selbst – betreffenden Angelegenheit nicht getroffen werden kann. Somit gewährt der hälftige Geschäftsanteil an der Beigeladenen zu 1) dem Kläger – in Kombination mit der Bestimmung des § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages – eine Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit abzuwehren.

Nach Auffassung des Senats genügt diese Rechtsmacht jedoch nicht, um vor dem Hintergrund, dass der Kläger nicht die Stellung eines Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) innehat (und noch nicht einmal über Prokura im Sinne des § 49 Handelsgesetzbuch verfügt; vgl. dazu LSG Hamburg, Urteil vom 14. Februar 2017, L 3 R 103/14, zitiert nach juris) und zudem auch nicht die Mehrheit der Gesellschaftsanteile hält, von einer selbständigen Führung bzw. einem selbständigen Betreiben des Geschäfts der Beigeladenen zu 1) durch den Kläger ausgehen zu können. Erforderlich wäre dafür eine noch weitergehende Rechtsmacht gewesen, kraft derer der Kläger die Geschicke der Beigeladenen zu 1) maßgeblich bestimmen könnte, insbesondere aufgrund eines beherrschenden Einflusses auf die Gesellschafterversammlung (so auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 26. Juni 2018, L 1 KR 267/13, zitiert nach juris; Bayerisches LSG, Urteil vom 26. Juni 2015, L 16 R 1240/13). Die dem Kläger im Hinblick auf seine eigene Tätigkeit eingeräumte "Verhinderungsrechtsmacht", kraft welcher er jedweden ihm nicht genehmen Beschluss der Gesellschafterversammlung, der seine – des Klägers – Tätigkeitswahrnehmung betrifft, verhindern kann, ist für die Annahme einer selbständigen Unternehmensführung nicht hinreichend. Erforderlich wäre vielmehr eine "Gestaltungsrechtsmacht", die den Kläger in die Lage versetzte, selbst, d.h. kraft eigener rechtlicher Befugnis, Entscheidungen mit Blick auf die Unternehmensführung der Beigeladenen zu 1) zu treffen und anschließend zu realisieren (vgl. auch BSG, Urteil vom 24. November 2005, B 12 RA 1/04 R, BSGE 95, 275 ff., in dem das BSG einen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH jedenfalls dann nicht als abhängig beschäftigt angesehen hat, wenn ihm eine "unbeschränkte Gestaltungsmacht" im Hinblick auf die Führung des Unternehmens/der Gesellschaft zukommt). An der Einräumung einer solchen "Gestaltungsrechtsmacht" zugunsten des Klägers fehlt es hier, so dass der Senat den Kläger letztlich als bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt ansieht.

Daran ändern auch die weiteren Umstände, welche die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) kennzeichnen, nichts. Dies gilt namentlich für die vom Sozialgericht in seinem angefochtenen Urteil als maßgeblich für eine selbständige Tätigkeit des Klägers sprechende Merkmale bewerteten Tatbestände, dass der Kläger der Beigeladenen zu 1) ein umfangreiches Darlehen gewährt und auch weitgehende Bürgschaftsverpflichtungen für diese übernommen hat. Darlehensgewährungen und die Abgabe von selbstschuldnerischen Bürgschaftserklärungen stellen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Merkmale (mehr) dar, die für ein unternehmerisches Risiko des das Darlehen ausreichenden und die Bürgschaftserklärung abgebenden Gesellschafters sprächen und daher ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit darstellen könnten. In einer Darlehensgewährung erkennt das BSG lediglich ein Haftungs- oder Ausfallrisiko, wie es mit jeder Darlehensgewährung und Stellung einer Sicherheit verbunden sei. Im Übrigen sei es im Geschäftsleben auch nicht völlig unüblich, dass Arbeitnehmer (insbesondere in einer Fami–liengesellschaft) dem Unternehmen persönliche Darlehen gewährten oder zu dessen Gunsten sonstige finanzielle Verbindlichkeiten eingingen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Kreditinstitute bei Familienunternehmen typischerweise auch auf einer finanziellen Beteiligung bzw. Mithaftung von Ehepartnern bzw. anderen beteiligten Familienangehörigen bestünden (BSG, Urteil vom 19. August 2015, B 12 KR 9/14 R, zitiert nach juris). Übernommene Bürgschaftsverpflichtungen vermitteln nach Ansicht des BSG ebenfalls kein unternehmerisches Risiko, sondern lösen lediglich ein etwaiges Haftungsrisiko für den bürgenden Gesellschafter aus (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2015, B 12 KR 23/13 R, a.a.O.). Dem folgt der Senat.

Soweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers erstmals in der Berufungsverhandlung vorgebracht hat, dass die Finanzverwaltung den Kläger in Vergangenheit nicht als sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer angesehen habe und der Regionalträger dem in aufgrund von Lohnsteueraußenprüfungen des Finanzamts erlassenen Beitragsbescheiden gefolgt sei, vermag dies nicht, den klägerischen Rechtsstandpunkt zu stützen. Denn unabhängig davon, dass der entsprechende Vortrag im Ungefähren verharrte (insbesondere wurden weder die Erlassdaten der in Bezug genommenen Bescheide benannt, noch die Zeiträume, auf die sich die insoweit getroffenen Feststellungen beziehen sollen), vermag die – implizite – Annahme der Finanzverwaltung, dass es sich bei dem Kläger um einen selbständigen Unternehmer handele, nicht, die Statusprüfung der Beklagten im Rahmen des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV zu präjudizieren. Denn die steuerliche Bewertung einer Tätigkeit durch die Finanzverwaltung ist für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juli 2016, L 5 R 2554/15, zitiert nach juris; LSG Thüringen, Urteil vom 26. November 2013, L 6 KR 861/10, zitiert nach juris).

Nach alledem war und ist der Kläger in seiner Tätigkeit als Betriebsleiter für die Zuständigkeitsbereiche Einkauf und Logistik bei der Beigeladenen zu 1) im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV beschäftigt und unterliegt deshalb – und weil er seine Tätigkeit unstreitig gegen Arbeitsentgelt erbringt – der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung.

2. Der ergänzende Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2013 ist bereits mangels einer Rechtsgrundlage, auf den er sich stützen ließe, rechtswidrig. Rechtsgrundlage für diesen Bescheid kann nicht § 7a Abs. 2 SGB IV sein, da sich die Entscheidung im Anfrageverfahren nach ständiger Rechtsprechung des BSG allein auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sowie – über den Wortlaut der Vorschrift hinaus – auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Versicherungspflicht (als Beschäftigtenversicherung) nach den jeweiligen Regelungswerken zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bezieht (BSG, Urteil vom 11. März 2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 ff.; Urteil vom 4. Juni 2009, B 12 R 6/08 R, zitiert nach juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Dezember 2013, L 8 R 683/13, zitiert nach juris). Ob aus einem anderen Grund als aufgrund einer Beschäftigung eine Versicherungspflicht in der Sozialversicherung besteht, kann daher nicht Gegenstand einer Entscheidung nach § 7a Abs. 2 SGB IV sein. Auch eine andere Rechtsgrundlage für den Erlass des Bescheides vom 23. Oktober 2013 ist nicht zu erkennen, insbesondere die allgemeine behördliche Verwaltungsaktkompetenz der Rentenversicherungsträger kommt insoweit nicht in Betracht. Denn originär zuständig für Entscheidungen über die Versicherungspflicht (und die Beitragshöhe) in einem bestimmten Zweig der Sozialversicherung ist der jeweilige Träger des Sozialversicherungszweigs. Zudem können nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV in gesetzlicher Verfahrens- und Prozessstandschaft für die originär zuständigen jeweiligen Träger die Einzugsstellen über Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der gesetzlichen Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung entscheiden (BSG, Urteil vom 15. Juli 2009, B 12 KR 14/08 R, SGb 2010, 489 ff.). Eine entsprechende Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Entscheidung über die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung besteht (außerhalb des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV und des Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p SGB IV) jedoch nicht.

Zudem ist die von der Beklagten im Bescheid vom 23. Oktober 2013 unter Verweis auf § 23 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) getroffene Feststellung zur Versicherungspflicht des Klägers in der Pflegeversicherung zumindest für die Zeit ab dem 1. Mai 2009 – unter der Annahme, dass der Kläger seitdem tatsächlich privat krankenversichert ist – auch in der Sache falsch. Zwar sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XI privat krankenversicherte Personen verpflichtet, bei ihrem privaten Krankenversicherungsunternehmen auch einen Versicherungsvertrag zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit abzuschließen. Dieser Zwang zum Abschluss eines privaten Pflegeversicherungsvertrages begründet jedoch keine Versicherungspflicht im Sinne der nach § 7a Abs. 2 SGB IV von der Beklagten zu treffenden Entscheidung (oder auch im Sinne der Statusentscheidung der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV), weil insoweit ausschließlich über eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen ("sozialen") Pflegeversicherung zu entscheiden ist, nicht aber über das Bestehen eines Kontrahierungszwangs mit einem privaten Pflegeversicherer.

Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 23. Oktober 2013 mithin zu Recht aufgehoben. Zwar verhält sich das angefochtene Urteil vom 22. November 2016 nicht dazu, dass und weshalb der Bescheid vom 23. Oktober 2013 rechtswidrig ist. Ein eventueller Verstoß gegen § 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG wäre indes durch die vorstehenden Ausführungen zur Rechtswidrigkeit des ergänzenden Bescheides vom 23. Oktober 2013 geheilt und stellte daher keinen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 547 Nr. 6 Zivilprozessordnung mehr dar (vgl. zur Heilungsmöglichkeit eines solchen Begründungsmangels der erstinstanzlichen Entscheidung im Berufungsurteil: Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 136 Rn. 7h).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Aufgrund des geringen Umfangs des Obsiegens des Klägers im Rechtsstreit, der sich auf die Aufhebung des ergänzenden Feststellungsbescheides vom 23. Oktober 2013 beschränkt, entspricht es billigem Ermessen, die Kostenlast für seine eigenen außergerichtlichen Kosten bei dem Kläger zu belassen.

IV. Der Senat lässt die Revision gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Das allgemeine Interesse an der Wahrung der Rechtseinheit und an der Fortentwicklung des Rechts ist hier dadurch berührt, dass sich der Rechtsprechung des BSG nach Einschätzung des Senats nicht mit letzter Sicherheit entnehmen lässt, ob bereits die bloß hälftige Beteiligung eines Gesellschafters an einer über zwei Gesellschafter verfügenden GmbH bei gleichzeitig nicht gegebener Geschäftsführerstellung dieses Gesellschafters verhindert, von einer selbständigen Tätigkeit des Gesellschafters ausgehen zu können, auch wenn gegen den Willen dieses Gesellschafters aufgrund der Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag keine seine eigene Tätigkeit betreffenden Beschlüsse im Rahmen der Gesellschafterversammlung gefasst werden können. Verkürzt stellt sich die Rechtsfrage dahin, ob für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit eines solchen Gesellschafters das Vorhandensein einer Gestaltungsrechtsmacht erforderlich ist oder ob insoweit eine Verhinderungsrechtsmacht ausreicht. Dieser Frage kommt eine über den vorliegenden Rechtsstreit hinausreichende Bedeutung zu.
Rechtskraft
Aus
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