L 4 B 103/04 KR ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 KR 7/04 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 103/04 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Würzburg vom 27. Januar 2004 werden zurückgewiesen.
III. Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird nicht bewilligt.
IV. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der 1951 geborene und bei der Antragsgegnerin pflichtversicherte Antragsteller leidet nach den Angaben der Klinik B.-Rehabilitationsklinik (Bad K.) vom 03.06.2003 an Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörung bei Thalamusinfarkt II vom 08.04.2003, Diabetes mellitus Typ IIb, arterieller Hypertonie, koronarer Herzkrankheit, Zustand nach Myokrardinfarkt 1998 und Übergewicht. Er befand sich vom 08.04. bis 16.04.2003 und 16.04. bis 13.05.2003 in stationärer neurologischer bzw. psychiatrischer Behandlung im Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie L. und vom 13.05. bis 03.06.2003 in der Klinik B ... Dort wurde u.a. eine neuropsychologische Therapie durchgeführt; es wurde eine günstige Prognose für die berufliche Wiedereingliederung in seinen erlernten Beruf als Kaufmann (Leiter eines Elektrofachmarktes) gestellt. Zur raschen beruflichen Wiedereingliederung sei die Fortführung der Behandlung im Rahmen einer ambulanten neuropsychologischen Therapie erforderlich. Der Antragsteller nahm am 18.06.2003 die neuropsychologische Therapie bei dem Dipl.-Psychologen M. (Zentrum für klinische Neuropsychologie), W. , auf.

Am 27.10.2003 beantragte er bei der Antragsgegnerin die Kostenerstattung für die ambulanten neuropsychologischen Untersuchungen im Zentrum für Klinische Neuropsychologie. Der von der Antragsgegnerin gehörte Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK, Gutachterin Dr.H.) gelangte in der Stellungnahme vom 21.10.2003 zu dem Ergebnis, dass zur Behandlung der Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen eine Ergotherapie mit Hirnleistungstraining im Rahmen der Heilmittelverordnung medizinisch indiziert, ausreichend und zweckmäßig sei. Die Antragsgegnerin lehnte mit Bescheid vom 29.10. 2003 die Kostenübernahme für die beantragte Therapie wegen der fehlenden Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ab. Der behandelnde Neurologe Dr.B. (W.) hielt im Attest vom 21.11.2003 eine neuropsychologische ambulante Therapie für dringend erforderlich. Auf den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid erließ die Antragsgegnerin nach nochmaliger Überprüfung am 19.12.2003 einen weiteren ablehnenden Bescheid. Die Mitgliedskassen des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) hätten sich geeinigt, Kosten für die neuropsychologische Therapie nicht zu übernehmen. Die Antragsgegnerin wies mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2004 den Widerspruch zurück. Die ambulante neuropsychologische Behandlung sei keine Vertragsleistung nach dem Arzt-/Ersatzkassenvertrag. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: Gemeinsamer Bundesausschuss) in Richtlinien Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Eine derartige Empfehlung liege hier nicht vor. Auch entspreche die ambulante neuropsychologische Behandlung nicht den Erfordernissen der vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen aufgestellten Psychotherapie-Richtlinien. Schließlich habe der MdK im Ergebnis die streitige Behandlung nicht befürwortet.

Der Antragsteller hat am 08.01.2004 beim Sozialgericht Würzburg (SG) beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine neuropsychologische Behandlung durch das Zentrum für Klinische Neuropsychologie (Dipl.-Psychologe G. M.) zunächst für die Dauer von 25 Behandlungsstunden zu übernehmen. Die fehlende Anerkennung der Therapie durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sei ein Systemversagen, da der Arbeitsausschuss "Psychotherapie" des Bundesausschusses im Jahre 2000 die Befassung mit der Therapieform der Neuropsychologie mit der Begründung abgelehnt habe, dass der wissenschaftliche Beirat die Anerkennung nach dem Psychotherapeutengesetz mangels Wirksamkeitsnachweises verneint habe. Die nachgewiesene Wirksamkeit der Neuropsychologie für Fälle wie dem vorliegenden werde vom wissenschaftlichen Beirat in einer Stellungnahme aus dem Jahre 2000 ausdrücklich bestätigt. Auf einen entsprechenden Antrag vom Juli 2003 habe sich der Gemeinsame Bundesausschuss erneut mit der Überprüfung der Behandlungsmethode befasst, aber noch keine Entscheidung gefällt. Die Verzögerung von mehr als drei Jahren sei eine Systemstörung. Der Antragsteller sei derzeit auf die Durchführung der Behandlung angewiesen und könne nicht warten, bis der Bundesausschuss in ferner Zukunft entscheiden werde. Der Antragsteller hat außerdem Prozesskostenhilfe beantragt.

Die Antragsgegnerin hat in der Stellungnahme vom 21.01.2004 darauf hingewiesen, dass weder in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien), noch in den Richtlinien über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinien) die neuropsychologische Behandlung als Behandlungsverfahren anerkannt werde. Ein Systemmangel sei nicht ersichtlich, es sei erstmals am 08.07. 2003 ein Antrag auf Bewertung durch den Bundesausschuss gestellt worden. Der zuständige Arbeitsausschuss "Psychotherapie-Richtlinien" habe sich im Jahre 2000 eigeninitiativ mit der Beurteilung der neuropsychologischen Therapie durch den wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie beschäftigt. Der Bundesausschuss habe hierzu festgestellt, dass der wissenschaftliche Beirat Psychotherapie im Gutachten der neuropsychologischen Therapie keine Anerkennung als Psychotherapieverfahren ausgesprochen habe. Damit entfalle die Voraussetzung zur weiteren Prüfung auf Anerkennung der Neuropsychologie als innerhalb der Psychotherapie-Richtlinien anerkanntes Verfahren durch den Bundesausschuss bzw. den von ihm eingesetzten Arbeitsausschuss.

Das SG hat mit Beschluss vom 27.01.2004 den Erlass der einstweiligen Anordnung abgelehnt. Auf Grund der hier zulässigen summarischen Prüfung sei davon auszugehen, dass keine Verpflichtung der Antragsgegnerin bestehe, beim Antragsteller die Kosten für die Durchführung einer neuropsychologischen Therapie durch das Zentrum für Klinische Neuropsychologie zu übernehmen. Dies gelte sowohl für eine Kostenerstattung für die in der Vergangenheit liegende Inanspruchnahme der Therapie, als auch für die begehrte zukünftige Kostenübernahme. Es könne offenbleiben, ob die neuropsychologische Therapie als ärztliche Behandlung, als psychotherapeutische Behandlung oder als Heilmittel zu qualifizieren sei. Wegen offensichtlicher Abgrenzungsschwierigkeiten hätten sich die Arbeitsausschüsse "Psychotherapie-Richtlinien" und "Heil- und Hilfsmittel" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen mit der Therapie befasst. In allen genannten Erscheinungsformen sei jedoch die Leistungspflicht der Antragsgegnerin ausgeschlossen, da es sich um eine neue Behandlungsform und -methode handle. Neue (ärztliche) Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bzw. ab 01.01. 2004 der Gemeinsame Bundesausschuss u.a. Empfehlungen abgegeben habe, über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. Auch wenn der wissenschaftliche Beirat Psychotherapie der Bundesärztekammer in dem Gutachten vom 08.06.2000 die neuropsychologische Therapie teilweise anerkannt habe, sei zu berücksichtigen, dass in den "Psychotherapie-Richtlinien" diese Therapie ausdrücklich nicht enthalten sei. In der Anlage I zu diesen Richtlinien sei eine entsprechende Feststellung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht enthalten. Auch als Heilmittel könne die neuropsychologische Therapie derzeit nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. In den "Heilmittel-Richtlinien" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen würden Maßnahmen der Ergotherapie im Zusammenhang mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems als Hirnleistungstraining/ neuropsychologisch orientierte Behandlung bezeichnet. Von ihren Vertretern würde die neuropsychologische Therapie jedoch nicht als Ergotherapie, sondern als eigenständiges Therapieverfahren aufgefasst. Bis zur Anerkennung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen dürften jedoch neue Heilmittel im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden. Die bisher fehlende Anerkennung der Therapieform durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sei kein Systemmangel. Weder habe der wissenschaftliche Beirat Psychotherapie der Bundesärztekammer eine umfassende Anerkennung der neuropsychologischen Therapie vorgenommen, noch könne aus der Zeitdauer von der Vorlage des Gutachtens des wissenschaftlichen Beirates Psychotherapie der Bundesärztekammer vom 08.06.2000 bis zur Einleitung eines Verfahrens des Arbeitsausschusses "Psychotherapie-Richtlinien" im Jahr 2000 bzw. der Arbeitsausschüsse "Heil- und Hilfsmittel" sowie erneut "Psychotherapie-Richtlinien" am 08.07.2003 ein Systemmangel hergeleitet werden. Es liege bisher lediglich ein partieller Wirksamkeitsnachweis der Behandlungsmethode vor, der nicht derart zwingend sei, dass er eine auch in Teilbereichen positive Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorwegnehmen könne. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die streitige Therapie nicht die einzige Behandlungsmöglichkeit darstelle. Dem Antragsteller stehe ein anerkanntes Heilmittel der Ergotherapie in Form des Hirnleistungstrainings/neuropsychologisch fundierte Behandlung zur Verfügung, das jetzt schon zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung zähle.

Das SG hat mit dem weiteren Beschluss vom 27.01.2004 Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht des zugrunde liegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Der Antragsteller hat gegen beide Beschlüsse am 16.02.2004 Beschwerde eingelegt und für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe beantragt. Andere Sozialgerichte hätten ein Systemversagen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen angenommen und vorläufigen Rechtsschutz gewährt sowie Prozesskostenhilfe bewilligt. Entgegen dem SG handle es sich nicht um ein Heilmittel, sondern um eine Behandlungsmethode, die durch Psychologen angewandt werde, die über eine entsprechende Qualifikation verfügen würden.

Das SG hat den Beschwerden nicht abgeholfen.

Der Antragsteller beantragt, die Beschlüsse des Sozialgerichts Würzburg vom 27.01.2004 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine neuropsychologische Therapie durch das Zentrum für Klinische Neuropsychologie, S.straße, W. (Dipl.-Psychologe M.) zunächst für die Dauer von 25 Behandlungsstunden zu übernehmen sowie Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde gegen die Ablehnung der einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Anhaltspunkte für eine verzögerte Antragstellung oder Verfahrensdauer durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen seien nicht zu erkennen. Dem Antragsteller stünde als Behandlungsalternative die Ergotherapie zur Verfügung.

Beigezogen wurden die Akten der Antragsgegnerin und des SG, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegten Beschwerden, denen das SG nicht abgeholfen hat (§§ 172, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), sind zulässig. Sie werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (§ 113 Abs.1 SGG).

Sie sind unbegründet; das SG hat zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung im beantragten Umfang und Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Gemäß § 86b Abs.2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Beide Arten der einstweiligen Anordnung setzen einen Anordnungsanspruch - dies ist der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht - und einen Anordnungsgrund voraus, der insbesondere in der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung besteht. Diese Voraussetzungen sind, wie das SG zutreffend entschieden und eingehend begründet hat, nicht erfüllt.

Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zulässigen summarischen und pauschalen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Antragsteller unter keinem rechtlichen Aspekt einen Anspruch auf Erstattung bzw. künftige Übernahme der Kosten für die neuropsychologische Therapie durch das Zentrum für Klinische Neuropsychologie (Dipl.-Psychologe M.). Soweit das SG in diesem Zusammenhang ein Systemversagen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (ab 01.01.2004 Gemeinsamer Bundesausschuss) verneint hat, sieht der Senat in entsprechender Anwendung des § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die ausführliche Begründung des SG im angefochtenen Beschluss Bezug.

Im Hinblick auf die mit der Beschwerde auch aufgeworfene Frage der Zulassung des Leistungserbringers ist bezüglich des geltend gemachten Leistungsanspruchs folgendes festzustellen: Gemäß § 27 Abs.1 Satz 2 Nr.1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in der Fassung des Gesetzes vom 16.06.1998 (BGBl I S. 1311) umfasst die Krankenbehandlung die ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung. Ärztliche Behandlung wird gemäß § 15 Abs.1 Satz 1 SGB V von Ärzten erbracht. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden (§ 15 Abs.1 Satz 2 SGB V). Damit scheidet der Dipl.-Psychologe M. als ärztlicher Leistungserbringer für die ärztliche Behandlung aus, da er kein Arzt ist und kommt auch für eine ärztliche angeordnete und verantwortete Hilfeleistung nicht in Frage, da seine Leistung eigenverantwortlich in eigener Praxis erbracht werden soll. Bis zur Einbeziehung der Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung waren nichtärztliche Psychotherapeuten, Psychologen und Verhaltenstherapeuten als Hilfspersonen nach § 15 Abs.1 Satz 2 SGB V im Rahmen des sogenannten Delegationsverfahrens tätig (siehe H. I. der Psychotherapie-Richtlinien vom 03.07. 1987). Das Nähere über die Durchführung der psychotherapeutischen Versorgung war in den Psychotherapievereinbarungen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Bundesverbänden der Krankenkassen geregelt. In diesem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung akzeptierten Delegationsverfahren (vgl. §§ 4, 7 Anlage 1 zum EKV-Ä) stand der Dipl.-Psychologe unter Aufsicht des Arztes, war also dessen Hilfsperson (Bundessozialgericht (BSG) vom 30.03.1993 SozR 3-2500 § 15 Nr.1; BSG vom 12.05.1993 SozR 3-2500 § 15 Nr.3; BSG vom 02.20.1996 SozR 3-5520 § 31 Nr.5).

Erst das Psychotherapeutengesetz - PsychThG - vom 16.06.1998 (BGBl I S. 1311), das zum 01.01.1999 in Kraft getreten ist, ermöglicht den Versicherten, den zugelassenen psychologischen Psychotherapeuten direkt aufzusuchen, damit dieser eigenverantwortlich - vom ärztlichen Konsiliarbericht gem. § 28 Abs. 3 Satz 2 SGB V abgesehen - die Psychotherapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchführen kann.

Der Dipl.-Psychologe M. ist nicht zur Durchführung der psychotherapeutischen Behandlung gemäß § 27 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB V zu Lasten der Antragsgegnerin berechtigt. Denn gemäß § 28 Abs.3 SGB V wird die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit durch psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 SGB V durchgeführt. Nach den Ermittlungen des Senats (Arztverzeichnis mit Verzeichnis der psychologischen Therapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns und telefonische Auskunft der Geschäftsstelle der Antragsgegnerin in W.) ist der Dipl.-Psychologe M. nicht zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen (§ 95 Abs.10 SGB V). Er ist damit gemäß § 95 Abs.3 SGB V nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt. Gleiches gilt für die Ermächtigung in seiner Person bzw. des Zentrums für Klinische Neuropsychologie (§ 95 Abs.11 in Verbindung mit Abs.4 SGB V; § 118 Abs.1 SGB V).

Das SG hat auch zu Recht eine Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt der Leistung Heilmittel verneint. Gemäß § 27 Abs.1 Nr.3 SGB V umfasst die Krankenbehandlung auch die Versorgung mit Heilmitteln (§ 32 SGB V). Der Senat weist in diesem Zusammenhang ergänzend darauf hin, dass gemäß § 124 Abs.1 SGB V Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, der Sprachtherapie oder der Ergotherapie an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden dürften. Es ist den Akten nicht zu entnehmen und auch sonst nicht glaubhaft gemacht worden (§ 294 Zivilprozessordnung), dass der Dipl.-Psychologe M. eine derartige Zulassung besitzt.

Da die neuropsychologische Therapie in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinien) vom 06.02.2001 unter Nr.20.3 Hirnleistungs-training/neuropsychologisch orientierte Behandlung als Maßnahme der Ergotherapie aufgeführt ist, kann im vorliegenden Verfahren nicht mit Recht von einer Systemstörung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gesprochen werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.03.2004 (1 BvR 131/04), da dem Antragsteller hier eine ausreichende und zweckmäßige Behandlung zur Verfügung steht.

Damit fehlt es auch an einem Anordnungsgrund, da der Antragsteller diese Therapie von einem zugelassenen Ergotherapeuten und unter Umständen auch in der Klinik B. als stationäre Leistung erhalten kann. Eventuelle Abgrenzungsprobleme zwischen der von dem Dipl.-Psychologen M. durchgeführten neuropsychologischen Therapie und der in den Heilmittel-Richtlinien enthaltenen Behandlung Hirnleistungstraining/neuropsychologisch orientierte Behandlung sind zumindest für das vorliegende Verfahren ohne rechtliche Relevanz. Denn der Behandlungsanspruch des Antragstellers beschränkt sich auf eine ausreichende, zweckmäßige Behandlung, die das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf (§ 12 Abs.1 SGB V). Welche Behandlung im Einzelnen in Frage kommt, wird allgemein durch die einschlägigen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen geregelt, die Bestandteil der Bundesmantelverträge sind (§ 92 Abs.1, 8 SGB V) und damit das Leistungsspektrum im einzelnen bestimmen, sowie durch die Leistungskonkretisierung des Vertragsarztes im jeweiligen Behandlungsfall. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG entscheidet der Vertragsarzt an Stelle der Krankenkasse konkludent mit der konkreten Behandlung, der Festlegung der künftigen Behandlungsschritte, der Verordnung bestimmter Arznei-, Heil- und Hilfsmittel über den Behandlungsanspruch (z.B. BSG vom 16.12.1993 BSGE 73, 272 f.). Im vorliegenden Fall befindet sich in den Akten des SG ein Attest des Neurologen Dr.B. vom 21.11.2003, der eine neuropsychologische ambulante Therapie für dringend erforderlich hält. Soweit er darin ausführt, eine alleinige krankengymnastische und/ oder ergotherapeutische Behandlung sei nicht ausreichend, ist dieser ohne Begründung abgegebenen Behauptung das sozialmedizinische Gutachten des MDK vom 21.10.2003 entgegenzusetzen, das ergotherapeutische Therapien im Rahmen der Heilmittelverordnung, gegebenenfalls auch verhaltenstherapeutische Maßnahmen für medizinisch indiziert hält.

Die Beschwerde ist auch insoweit unbegründet, als der Antragsteller Prozesskostenhilfe für den vorläufigen Rechtsschutz beantragt hat (§ 73a Abs.1 SGG). Denn es fehlt hier an einer hinreichenden Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO). Sie besteht nur, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist, wenn also ein Obsiegen wahrscheinlich ist. Da die hier zu beurteilenden Rechtsfragen in der Rechtsprechung bereits geklärt sind, hat keine hinreichende Erfolgsaussicht vorgelegen. Aus diesen Gründen besteht auch kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist der Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung des Gerichts (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 73a, Rn. 7, 7a, 7b m.w.N.).

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Die Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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