L 2 U 70/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 U 5049/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 70/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 14/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 9. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 20. November 2000 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H.

Der 1961 geborene Kläger erlitt am 20. November 2000 bei einem Autounfall ein Schädelhirntrauma Grad-I, weitere schwere Verletzungen in Brust- und Bauchraum sowie eine Reihe von Brüchen. Der Chirurg Prof. Dr. N. behandelte den Kläger stationär vom 20. November bis 18. Dezember 2000; anschließend wurde der Kläger bis zum 3. Januar 2001 im St. B.-Krankenhaus, S. von Dr. G. behandelt. Nach Durchführung eines Heilverfahrens im Klinikum L. , K. , vom 9. Januar bis 6. Februar 2001 äußerten die behandelnden Ärzte, der Kläger sei noch arbeitsunfähig.

Beigezogen wurden ärztliche Unterlagen bezüglich der Unfälle vom August 1976 mit Fraktur des 6. Halswirbels, August 1983, September 1985, März 1986, Januar 1987, September 1988, sowie ein Gutachten des Chirurgen Dr. S. für die LVA Niederbayern-Oberpfalz.

Im Gutachten vom 26. Februar 2002 erklärte der Chirurg W. , die MdE sei vom 1. Januar 2001 bis 28. Februar 2001 mit 100 v.H., vom 7. Februar 2001 bis 30. April 2001 mit 60 v.H., vom 1. Mai 2001 bis 31. August 2001 mit 40 v.H., vom 1. September 2001 bis 30. November 2001 mit 30 v.H., vom 1. Dezember 2001 bis 25. Februar 2002 mit 20 v.H. und ab 26. Februar 2002 bis auf weiteres mit 15 v.H. einzuschätzen. Folgen des Schädel-Hirntraumas seien nicht mehr festzustellen. Über Schwindel habe der Kläger schon vor dem Unfall geklagt. Die Thoraxverletzung mit Rippenfraktur sei ausgeheilt. Die Beschwerden an den Kniegelenken hätten nichts mit dem Unfall zu tun. Es bestehe keine nennenswerte Muskeldifferenz der Arme bei insgesamt kräftiger Muskulatur. Die beiderseits deutliche Hohlhandbeschwielung zeige, dass Schonung nicht erforderlich sei. Die Beschwerden, die am Schultergelenk angegeben würden, seien unfallfremder Natur.

Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 24. April 2002 als Folgen des Arbeitsunfalles an: Schädel-Hirnverletzung I. Grades, Prellung des Mittelgesichts und des linken Auges mit Platzwunde am linken Oberlid, Brustkorbverletzung mit Bruch der 4. Rippe links sowie Blut- und Luftansammlung im linken Brustfellraum (Hämatopneumothorax) und Quetschung der Lunge links, stumpfe Bauchverletzung mit Riss des Dünndarms, Bruch des linken Oberarmschaftes, Bruch des linken Oberschenkels unterhalb des Rollhügels sowie II.-gradig offener Bruch des linken Oberschenkelschaftes mit Teildurchtrennung des äußeren Oberschenkelmuskels (Muskulus Vastus lateralis), Kompartmentsyndrom am linken Oberschenkel, Bruch des 3. bis 5. Mittelfußköpfchens links. Rente wurde dem Gutachten des Dr. W. entsprechend vom 1. Januar 2001 an gewährt bis 30. November 2001 nach einer MdE von 30 v.H. bzw. mehr und bis 26. Februar 2002 nach einer MdE von 20 v.H. Ab dem 26. Februar 2002 bestehe kein Anspruch mehr, weil die Erwerbsfähigkeit durch die Folgen des Unfalles nur noch um 15 v.H. gemindert sei.

Zur Begründung des Widerspruchs vom 16. Mai 2002 wies der Kläger auf seine Beschwerden beim Gehen und im linken Arm hin. Beigezogen wurden Berichte von Dr. G. , Dr. R. (über eine stationäre Behandlung vom 23. April 2001 bis 27. April 2001) und Prof. Dr. N. vom 10. September 2001. Der beratende Arzt, der Orthopäde Dr. D. , erklärte in der Stellungnahme vom 17. Juni 2002, das Gutachten sei schlüssig und überzeugend. Im Widerspruchsschreiben werde nicht unterschieden, ob die Beschwerden unfallbedingt oder unfallfremd seien.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2002 zurück.

Der Kläger begründete die Klage mit den erheblichen Schmerzen, Schlafstörungen, Angst beim Autofahren, sowie Leberschaden.

Die Allgemeinärztin Dr. G. berichtete am 1. Juni 2005, sie behandle den Kläger seit dem 25. Oktober 1999, damals wegen Schmerzzuständen, Schlafstörung, Tinnitus und zeitweisen Paraesthesien bei Zustand nach HWS-Fraktur mit Pseudarthrose, nach Unfall 1976 mit psychischer Überlagerung. Weiter wurden Berichte von Prof. Dr. N. , dem Orthopäden Dr. B. , dem Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. K. und dem Chirurgen Dr. H. beigezogen. Im Gutachten für das Landgericht A. erklärte der Internist Prof. Dr. H. , in Zusammenschau der Befunde ergebe sich der Verdacht auf eine Leberverfettung. Die Frage der Unfallkausalität der erhöhten Leberparameter könne nicht sicher beantwortet werden, da eventuell vorhandene Änderungen der Ernährung sowie der Bewegungsgewohnheiten nach dem Unfallereignis nicht in einen sicheren Zusammenhang mit diesem gebracht werden könnten.

Im Gutachten vom 7. September 2005 führte der Chirurg Dr. K. unter Berücksichtigung eines Zusatzgutachtens des Neurologen Dr. S. vom gleichen Tag aus, als Unfallfolgen bestünden noch Narbenbildungen am linken Oberarm, Brustkorb und linken Bein mit leichtem Reizzustand eines Hautnervens, sowie leicht überschießende Knochennarbenbildung am Oberarm und am Bein. Der Bruch der 4. Rippe sei funktionell folgenlos ausgeheilt. Eine Belastungsminderung am Arm sei nicht objektivierbar. Dr. S. wies darauf hin, eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung erfolge nicht. Der Kläger gebe zwar an, dass er nicht mehr Auto fahre, weil er dadurch an den Unfall erinnert werde, andererseits berichte er aber, dass ihm das Autofahren wegen der Einnahme mehrerer Schmerzmittel untersagt worden sei. Eine Anpassungsstörung oder sonstige psychische Fehlverarbeitung sei nicht gegeben, es bestehe auch keine depressive Stimmungslage. Die Schmerzen seien nicht als psychogen entstanden zu definieren, sondern rein somatisch und würden im Rahmen der chirurgischen Unfallfolgen berücksichtigt. Zeichen einer schmerzbedingten Gebrauchsminderung der Extremitäten seien im Übrigen nicht zu finden. Unfallfolge auf neurologischem Fachgebiet sei eine Reizung des Nervus cutaneus femoris lateralis links. Dr. K. erklärte, auf unfallchirurgischem Fachgebiet werde die MdE mit unter 20 v.H. eingeschätzt; unter Berücksichtigung der von Dr. S. auf neurologischem Gebiet geschätzten MdE von unter 10 v.H. sei vom 1. Dezember 2001 bis 25. Februar 2002 eine Gesamt-MdE von 20 v.H., ab 26. Februar 2002 und weiterhin eine Gesamt-MdE in Höhe von 10 v.H. gegeben.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Januar 2006 ab. Dabei stützte es sich auf die Gutachten von Dr. K. und Dr. S ...

Im Berufungsverfahren wurde auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Chirurg Prof. Dr. B. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt. Im Gutachten vom 23. Oktober 2006 führte Prof. Dr. B. aus, im Gutachten vom 26. Februar 2002 sei die MdE völlig richtig eingeschätzt worden. Auch Dr. K. sei zu dem gleichen Ergebnis gekommen. Am Thorax, Bauch und linken Fuß seien keinerlei objektive Unfallfolgen festzustellen. Die Narben würden als subjektiv schmerzhaft bezeichnet. Der klinische Befund sei insofern unauffällig, als keine Narbe berührungssensibel sei oder gereizt oder gerötet. Das Gangbild sei völlig normal. Die Funktion des linken Armes sei bis auf eine geringe Einschränkung frei. Am linken Bein bestehe eine Einschränkung der Beweglichkeit, die glaubhaft sei. Die unfallbedingte MdE auf unfallchirurgischem Gebiet betrage 10 v.H ...

Beigezogen wurde ein neuropsychologisches Gutachten vom 21. Februar 2006, eingeholt im Berufungsverfahren L 5 R 14/05. Darin wird ausgeführt, es ließen sich deutliche kognitive Beeinträchtigungen feststellen, die nicht mit dem Schädelhirntrauma zu erklären seien. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. erklärte im Gutachten vom 8. März 2006, gleichfalls im Verfahren L 5 R 14/05, die somatoforme Schmerzstörung sei auf die Dens-Fraktur von 1976 zurückzuführen. Es bestehe eine schizoide Persönlichkeitsstörung, die in der Kindheit angelegt sei und durch die zahlreichen traumatisierenden Erlebnisse, bis zuletzt zu dem Unfall im Jahr 2000, verstärkt worden sei.

Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. K. führte im Gutachten vom 27. März 2007 aus, mit Wahrscheinlichkeit seien der Tinnitus links und die Schwindelbeschwerden auf das Unfallereignis zurückzuführen. Die MdE sei mit 5 v.H. zu bewerten.

Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Internist Dr. R. führte im Gutachten (nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 10. und 14. Mai 2007) aus, zwischen der Erhöhung der Lebertransaminasen und dem Unfallereignis bestehe zeitlich ein eindeutiger Zusammenhang. Eine medikamentös-toxische Schädigung werde auch von Dr. G. festgestellt. Ein klinisches Korrelat bestehe derzeit nicht. Die chronischen Kopfschmerzen hätten schon vor dem Unfall bestanden, ebenso die Ein- und Durchschlafstörungen. Die leichte kognitive Störung, schizoide Persönlichkeitsstörung und eine somatoforme Schmerzstörung habe Dr. K. nicht als primär unfallkausal eingestuft. Auch der Tinnitus auf dem rechten Ohr und die Paraesthesien beider Hände hätten bereits vor dem Unfall bestanden. Ab 26. Februar 2002 betrage die MdE nur noch 15 v.H ... Von internistischer Seite könne eine Steatohepatitis ohne klinische Beschwerdesymptomatik als Unfallfolge mit maximal 10 v.H. anerkannt werden.

Der Kläger beantragte, ein Gutachten gemäß § 106 SGG zur Frage der Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit einzuholen.

Der Kläger wiederholt seinen Hauptsacheantrag

auf Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. und Anerkennung weiterer Unfallfolgen

sowie seinen Hilfsantrag auf Einholung eines ergänzenden Gutachtens nach § 109 SGG zur Frage der aufgrund der Unfallfolgen verbliebenen Gesamt-MdE aus dem Schriftsatz vom 27.08.2007.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Regensburg die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 30 v.H. über den 30. November 2001 hinaus abgelehnt. Gemäß § 56 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die MdE bezeichnet den durch die körperlichen, seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalls bedingten Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.

Weitere Gesundheitsstörungen als im Bescheid vom 24. April 2002 anerkannt, sind nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 20. November 2002 zurückzuführen. Dies gilt insbesondere für die vom Kläger geltend gemachten Störungen wie Tinnitus, Schwindelbeschwerden und Hepatopathie.

Zwar hat Dr. K. im Gutachten vom 27. März 2007 ausgeführt, der Kläger gebe einen Tinnitus links an, der mit Wahrscheinlichkeit Unfallfolge sei. Gegen einen Unfallzusammenhang spricht aber, dass der Kläger bereits bei der Untersuchung am 31. August 2000, also vor dem streitgegenständlichen Unfall, angegeben hat, er leide seit Jahren an einen Tinnitus beiderseits. Daher kann die spätere Angabe, der Tinnitus links sei erst seit dem Unfall vom 20. November 2000 aufgetreten, nicht überzeugen.

Soweit der Kläger Schwindelbeschwerden als Unfallfolge geltend macht, ist ihm entgegenzuhalten, dass er sowohl bei der Untersuchung am 31. August 2000 als auch bei der Untersuchung anlässlich der Heilbehandlung vom 9. Januar bis 6. Februar 2001 erklärt hat, schon vor dem Unfall vom 20. November 2000 an Schwindel gelitten zu haben. Zu berücksichtigen ist auch, dass Dr. K. bei der Prüfung des Gleichgewichtssinns zusammenfassend keinen Anhalt für eine unfallbedingte Problematik sah.

Auch eine medikamentös-toxische Hepatopathie bzw. Steatohepatitis ist nicht mit Wahrscheinlichkeit Unfallfolge. Zwar hat Dr. R. im Rahmen der stationären Untersuchung vom 23. April bis 27. März 2001 im Hinblick auf das Ergebnis der histologischen Begutachtung einen diskreten medikamentös- toxischen Leberschaden angenommen. Im Gutachten für das Landgericht A. haben aber die Ärzte der medizinischen Klinik E., Prof. Dr. H. , Privatdozent Dr. K. , Dr. H., Dr. Z. ausgeführt, dass die Gamma-GT-Erhöhung ein unspezifischer Indikator einer Leberschädigung ist. Dieser Wert kann erhöht sein bei cholestatischen Erkrankungen, hepatischen Raumforderungen, venöser Stauung, Enzyminduktion durch Medikamente und Alkohol oder durch eine (nicht alkoholische oder alkoholische) Leberverfettung. Die Sachverständigen erklärten, es ergebe sich der Verdacht auf eine Leberverfettung, zumal ein adipöser Ernährungszustand vorliege. Die Frage der Unfallkausalität könne nicht sicher beantwortet werden. Der Internist Dr. R. , der eine nicht alkoholische Steatohapatitis als Unfallfolge bezeichnet hat, hat eine Begründung hierfür nicht gegeben, sondern lediglich auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Feststellung veränderter Leberwerte hingewiesen. Ein rein zeitlicher Zusammenhang genügt aber für die Begründung der Kausalität zwischen Unfall und Gesundheitsschaden nicht. Zudem hat Dr.R. darauf hingewiesen, dass ein klinisches Korrelat der Erkrankung derzeit nicht besteht.

Da keine weiteren Unfallfolgen anzuerkennen sind, bleibt es bei der MdE Einschätzung.

Die Bemessung des Grades der MdE, also die aufgrund § 56 SGB VII durch eine Schätzung vorzunehmende Festlegung des konkreten Umfangs der sich aus der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (vgl. BSG SozR 3-2200 § 581 RVO Nr. 8 m.w.N.). Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten eines Klägers durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichen Gebiet. Bei der Beurteilung der MdE sind aber auch die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (vgl. BSG a.a.O.). Die Feststellung der Höhe der MdE erfordert als tatsächliche Feststellung stets eine Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel. Sie ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Einschluss der Beweisaufnahme nach der Überzeugungskraft der jeweiligen Beweismittel frei vorzunehmen.

Die im vorliegenden Fall streitige Bildung der Gesamt-MdE ist grundsätzlich so vorzunehmen, dass sie in der Regel niedriger ausfällt, als die Summe der Einzelschädigungen. Eine bloße Addition der Einzel-MdE-Sätze ist danach grundsätzlich nicht statthaft. Die Bildung der Gesamt-MdE ist in diesen Fällen vielmehr so vorzunehmen, dass die höchste Einzel-MdE gegebenenfalls unter Berücksichtigung weiterer Einzel-MdE-Sätze zu erhöhen ist. Eine solche Erhöhung kommt jedoch grundsätzlich erst beim Vorliegen einer weiteren Einzel-MdE um 20 v.H. in Betracht (vgl. Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56, Rdnr.31; Schoenberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 158). Die Anwendung dieser Regel setzt voraus, dass eine durch den MdE-Satz zu berücksichtigende körperliche oder geistige Funktionseinschränkung bei der Bildung mehrerer Einzel-MdE-Grade nur einmal berücksichtigt ist. Bei einer mehrfachen Berücksichtigung im Rahmen der Bildung einer Einzel-MdE ist die betreffende Funktionsbeeinträchtigung bereits zu Unrecht über das tatsächlich vorliegende Ausmaß hinaus berücksichtigt. Der Umstand, dass die Einzel-MdE-Sätze nur jeweils klar abgrenzbare Funktionsbehinderungen, die sich nicht überschneiden, berücksichtigen, berechtigt deshalb noch nicht zu einer sonst grundsätzlich unzulässigen Addition der MdE-Sätze.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die im vorliegenden Fall von der Beklagten vorgenommene Einschätzung der Gesamt-MdE auf unter 20 v.H. richtig. Die ärztlichen Sachverständigen haben im Klageverfahren eine Gesamt-MdE um 10 v.H. ab 26. Februar 2002 vorgeschlagen. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Unfallfolgen auf chirurgischen Gebiet mit unter 20 v.H., auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet auf unter 10 v.H. geschätzt worden waren. Der auf Antrag des Klägers im Berufungsverfahren gehörte Chirurg Prof. Dr. B. hat die Einschätzung durch Dr. K. im Klageverfahren bestätigt und die MdE auf seinem Fachgebiet mit 10 v.H. eingeschätzt. Die von den Sachverständigen Dr. K. und Dr. R. als Unfallfolgen angenommenen Gesundheitsstörungen wie Tinnitus und Hepatopathie bleiben außer Betracht, wie bereits dargelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die festgestellten Unfallfolgen sich gegenseitig in besonders ungünstiger Form beeinflussten, so dass eine höhere MdE veranlasst wäre. Der Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente nach einer MdE um 30 v.H. über den 30. November 2001 hinaus ist nicht zu begründen.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 9. Januar 2006 war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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