L 6 RJ 137/98

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
L 6 RJ 137/98
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 34jährige Kläger hat von 01.09.75 - 30.06.78 den Beruf des Zimmerers erlernt und anschließend ausschließlich ausgeübt.

Nach dem fachärztlichen-orthopädischen Gutachten von Dr. ^Engleder^ vom 11.09.97 stellt sich die Leistungsfähigkeit des Klägers wie folgt dar:
- vollschichtig mittelschwere bis schwere Arbeiten
- im Gehen, Stehen und/oder Sitzen
- ohne ständige forcierte Beugebelastung der Kniegelenke (Hocken und Knien)

Dr. ^Engleder^ gibt in seinem Gutachten außerdem an, dass Hinweise auf psychovegetative Allgemeinstörungen, einfache Intelligenzstruktur und die gegebenen Antworten auf Fragen zur psychischen Situation die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit eingeschränkt erscheinen lassen.
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Das Sozialgericht Landshut hat in der mündlichen Verhandlung am 04.11.1997 die Klage abgewiesen und seine Entscheidung damit begründet, dass der Kläger weiterhin als Zimmerer tätig sein kann.

Mit Schreiben vom 14.06.2000 haben Sie mir den Schriftsatz des Vertreters des Klägers vom 08.06.2000 zur Kenntnis mit der Bitte um Beinahme zum Aktenvorgang und Berücksichtigung übersandt.

In diesem Schriftsatz wird angegeben, dass der Kläger im Alter von zwölf Jahren an einer schweren Gehirnhautentzündung erkrankt sei und längere Zeit im Koma lag, was erhebliche Spuren hinterlassen habe.

Der Kläger habe nach dieser Erkrankung Schwierigkeiten beim Lernen z.B. wurde der Führerschein Kl. 3 nur mit größten Mühen seines Fahrlehrers erlangt. Der Kläger habe auch Probleme mit dem Sprechen. Er wisse zwar, was er sagen möchte, kann dies aber nicht in Worte fassen. Außerdem leide er nach wie vor an Orientierungslosigkeit, vergisst ihm aufgetragene Arbeiten und geht plötzlich weg. Er benötige für einfache Aufgaben teilweise lange Denkpausen. Sein Denken und Verstehen sei an machen Tagen sehr verlangsamt. Er sei oft unkonzentriert oder blicke apathisch vor sich hin. Wenn man ihm etwas erkläre oder erzähle, weiß man oftmals nicht, ob er überhaupt höre oder das Gesagte ihn gar nicht erreiche. Sein Gehirn nehme in derartigen Fällen nichts auf.

Dies sei auch der Grund gewesen, warum der Kläger seine Ausbildung zum Zimmerer fast ausschließlich im Betrieb des Vaters absolvierte. Der Kläger sollte bei der Arbeit beaufsichtigt werden, was nur im Familienbetrieb möglich gewesen sei. Nur hier wäre es gewährleistet, dass er, ohne bei der Arbeit geführt und beaufsichtigt zu werden, keinem Kunden auffällt. Dies könne aber von einem fremden Arbeitgeber nicht erwartet werden.

Durch die Orientierungslosigkeit des Klägers passiere es öfters, dass er gut bekannte Wege nicht mehr entlang finde und sich verlaufe. Es sei nicht sichergestellt, dass eine gut bekannte und auch nahegelegene Baustelle/Arbeitsstelle am nächsten Morgen wieder gefunden werde oder er sich nicht auf dem Heimweg verfahre. Es sei bereits vorgekommen, dass er vier Kilometer vom Betrieb weg mit dem Bagger den Heimweg nicht gefunden habe und fünf Stunden herumirrte, bis er eine ihm bekannte Stelle fand, von der er den Rückweg kannte. Bei einem abendlichen Spaziergang mit der Ehefrau wollte er ein WC aufsuchen, er habe nicht mehr zurückgefunden und mit Hilfe der Polizei acht Stunden gesucht werden müssen.

Der Kläger sei nicht in der Lage sich selbst um die Belange des täglichen Lebens zu kümmern. Er könne keinen Kontoauszug lesen und auch nicht mit dem Geld oder gar mit EC-Karten umgehen. Er sei auch nicht in der Lage einen Brief zu schreiben. Er könne keine Schreiben von Versicherungen usw. prüfen und beantworten.

Zimmerer

Zimmerer ist sowohl im Handwerk wie auch in der Industrie ein dreijähriger Ausbildungsberuf. Zimmerer erstellen Holzkonstruktionen und Holzbauten aller Art, vom einfachen Dachstuhl bis zur weit gespannten Halle in Holzleimweise, z.B. Fachwerk, Holzbalkendecken, Trennwände, Wand- und Deckenverkleidungen, Treppen, Geländer, Fußböden, Einfriedungen, Brücken, komplizierte Betonschalungen, Holzfertigbauten. Sie verarbeiten Holz, holzartige Bauplatten, Gipskarton- und Mineralfaserplatten, Dämm- und Kunststoffe. Es handelt sich um überwiegend mittelschwere und schwere Arbeiten, die großenteils im Freien im Gehen und Stehen, auch auf Leitern und Gerüsten verrichtet werden und häufig Zwangshaltungen, z.B. Bücken und Knien sowie Überkopfarbeit und schweres Heben und Tragen verlangen. Daneben treten Belastungen durch Witterungseinflüsse, Staub, chemische Reizstoffe und Lärm auf. Auch Akkordarbeit ist anzutreffen. Die physischen Leistungseinschränkungen des Klägers können nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Von den folgenden Fähigkeiten ist für die Berufsausübung als Zimmerer jeweils ein bestimmter Mindestausprägungsgrad notwendig. Ein darüber hinausgehender (höherer) Ausprägungsgrad ist meist vorteilhaft.

Notwendig Fähigkeiten:
- Allgemeine Auffassungsgabe und Lernfähigkeit
(z.B. für das Lesen von Arbeitsanleitungen)

Mindestausprägungsgrad: durchschnittlich (Bezugsgruppe: Personen mit Hauptschulabschluss)
- Wahrnehmungsgenauigkeit und -geschwindigkeit

Mindestausprägungsgrad: durchschnittlich (Bezugsgruppe: Personen mit Hauptschulabschluss)
- Räumliches Vorstellungsvermögen
(z.B. für die Arbeit nach Plänen und Zeichnungen)

Mindestausprägungsgrad: durchschnittlich (Bezugsgruppe: Personen mit Hauptschulabschluss)
- Mechanisch-technisches Verständnis
(z.B. bei der Arbeit mit Maschinen)

Mindestausprägungsgrad: annähernd durchschnittlich (Bezugsgruppe: Personen mit Hauptschulabschluss)
- Praktische Anstelligkeit und Handgeschicklichkeit
(z.B. beim Bedienen von Maschinen und Umgang mit Werkzeugen)

Mindestausprägungsgrad: durchschnittlich

Zusätzlich zu den in der Berufsausbildung erworbenen berufsbezogenen Kenntnissen und Fertigkeiten sind folgendes Kenntnisse und Fertigkeiten notwendig oder förderlich:
- Erweiterte bauphysikalische Kenntnisse

(Wärme-, Feuchte-, Schall- und Brandschutz)
- Kenntnisse der Baukonstruktion, insbesondere Holzbau

Notwendiges Arbeitsverhalten:
- Zupackende, dabei sorgfältige Arbeitsweise

(Sicherheit der erstellten Holzkonstruktionen)
- Gleich bleibende Aufmerksamkeit, Umsicht

(Unfallgefahr)
- Anpassungsfähigkeit

(Arbeit in der Gruppe)

Förderliches Arbeitsverhalten:
- Selbständige Arbeitsweise

Nachteilig:
- Eingeschränkte psychische Belastbarkeit

Nach dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 08.06.2000, den Sie mir mit Schreiben vom 14.06.2000 mit der Bitte um Berücksichtigung zugeleitet haben, leidet der Kläger u.a. nach wie vor unter Orientierungslosigkeit, vergisst ihm aufgetragene Arbeiten und geht plötzlich weg. Er benötigt für einfache Aufgaben teilweise lange Denkpausen. Sein Denken und Verstehen ist an manchen Tagen sehr verlangsamt. Er ist oft unkonzentriert oder blickt apathisch vor sich hin.

Aus berufskundlicher Sicht entspricht das Leistungsvermögen des Klägers insgesamt nicht mehr den üblichen Anforderungen, die für eine Tätigkeit als Zimmerer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorausgesetzt werden.

Werkzeug- und Materialausgeber

In ähnlich gelagerten Fällen wird häufig noch der Werkzeug- und Materialausgeber als zumutbare Verweisungstätigkeit benannt.

Im Handwerk ist eine Arbeitskraft mit der Werkzeugausgabe allein in der Regel nicht ausgelastet.

Im Baugewerbe gibt es auf der Ebene der qualifizierten Anlerntätigkeiten den Baustellenmagaziner. Ein Baustellenmagaziner arbeitet auf kleinen und großen Baustellen und muss dort das Baumaterial und die Arbeitsgeräte nicht nur verwalten, sondern auch ausgeben. Es handelt sich um eine selbständige, verantwortungsvolle Tätigkeit.

Es fallen leichte bis mittelschwere, u.U. auch schwere Arbeiten an, insbesondere im Hinblick auf die auftretenden Hebe- und Tragebelastungen. Auch wenn für größere und schwere Teile oft technische Geräte zur Verfügung stehen, bleibt es nicht aus, dass er Materialien und Geräte wie Bohrhämmer, Schalungsbretter, Kompressoren etc. selbst abladen und ausgeben muss. Die Tätigkeit wird im Gehen und Stehen verrichtet. Eine Möglichkeit zum Sitzen besteht selten. Bücken ist häufig erforderlich, auch Klettern und Steigen bzw. Absturzgefahr kann nicht immer vermieden werden. Zusätzliche Belastungen treten dadurch auf, dass z.T. im Freien unter Witterungseinflüssen und baustellenüblichen Umgebungsbedingungen gearbeitet werden muss.

In größeren Baumagazinen, in denen Hilfskräfte zur Verfügung stehen erledigt der Baustellenmagaziner überwiegend schriftliche und organisatorische Aufgaben.

Anzumerken ist, dass Arbeitgeber meist leistungsgewandelte Fachkräfte ihres Betriebes oder Arbeitskräfte aus dem Helferbereich mit langjähriger Betriebszugehörigkeit im Baumagazin beschäftigen. Eine Einstellung von Betriebsfremden für diese Tätigkeit kommt nur ganz selten vor.

Unabhängig vom erforderlichen Einarbeitungszeitraum für den Kläger kann insbesondere hinsichtlich der Ausführungen des Klägervertreters in seinem Schriftsatz vom 08.06.2000, der Ihrem Schreiben vom 14.06.2000 zufolge bei meiner Stellungnahme zu berücksichtigen ist, insgesamt aus berufskundlicher Sicht nicht davon auszugehen, dass dem Kläger Arbeitsplätze als Baustellenmagaziner frei zugänglich wären.

In der holzbe- und -verarbeitenden Industrie ist Werkzeugausgabe als eigenständige Aufgabe erfahrungsgemäß auch nur in größeren bzw. großen Betrieben anzutreffen. Dazu gehört neben der Lagerung, Verwaltung und Ausgabe der Werkzeuge in der Regel auch deren Pflege und Instandsetzung (z.B. verschiedenartige Sägen schärfen, schränken, stauchen, Hobelmesser zurichten und Fräsköpfe schleifen), zum Teil auch Bau, Anpassung und Reparatur von Vorrichtungen o.ä. oder sogar Mithilfe bei der Wartung und Pflege von Maschinen und Anlagen. Nicht selten werden daher auch Metallfachkräfte beschäftigt.

Vorausgesetzt wird üblicherweise bis mittelschwere Belastbarkeit. Gehen und Stehen überwiegt, Bücken und Arbeit in vorgebeugter Haltung ist durchaus häufig erforderlich, zum Teil auch Recken oder sogar kurzfristig Überkopfarbeiten oder Besteigen von Leitern. Verlangt wird auch Heben und Tragen von Lasten. Die für einen qualifizierten Ansatz notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten kann sich ein bisher handwerklich tätiger Zimmerer - unabhängig von den Ausführungen des Klägervertreters in seinem Schriftsatz vom 08.06.2000 - erfahrungsgemäß nicht im Rahmen einer maximal dreimonatigen Einarbeitungszeit aneignen.

Kontrolleur

In die Überlegungen miteinbezogen wurden qualifizierte Prüftätigkeiten, da sie häufig als zumutbare Verweisungstätigkeiten benannt werden.

Eigenständige Arbeitsplätze für qualifizierte Kontrolleure existieren erfahrungsgemäß in begrenztem Umfang in der Fertigung hochwertiger bzw. teuerer Produkte - insbesondere, wenn z.B. Garantie gegeben werden muss oder bestimmte Normen, Gütebedingungen, Vorschriften etc. eingehalten werden müssen. Ansatz finden - sofern nicht überhaupt eine höhere wie z.B. Meister- oder Techniker- oder eine anders geartete Qualifikation verlangt wird - in der Regel besonders qualifizierte und/oder bewährte Fachkräfte, bevorzugt und weitestgehend aus den Reihen der firmeneigenen Mitarbeiter, die mit den Produkten und den Produktionsverfahren vertraut sind.

Die Belastungen bei der Prüfung der Qualität der Zwischen- oder Endprodukte oder der Arbeitsausführung hängen insbesondere von der Größe des Produkts und den anzuwendenden Prüfverfahren (Maßkontrolle, optische Prüfung, Belastungstests, Laboruntersuchungen etc.) ab. Vielfach besteht keine nennenswerte Möglichkeit zum Sitzen. Auch Vorbeugen, Bücken oder sogar Hocken, Knien, Recken oder evtl. Überkopfarbeit ist oft nicht zu vermeiden

Arbeitsplätze, die ein industrieunerfahrener, ausschließlich auf dem Bau tätig gewesener, deutlich in seiner mentalen und psychischen Leistungsfähigkeit eingeschränkter Zimmerer wie der Kläger nach maximal drei Monaten Einarbeitungszeit ausfüllen könnte, gibt es unter den üblichen Arbeitslebens meines Wissens nicht oder nicht in nennenswerter Zahl.

Sofern sonst in der Fertigung von Holz- und Sportgeräten oder Holzwaren überhaupt reine Kontrollarbeitsplätze eingerichtet sind und die Arbeiten nicht von den Produktionskräften oder z.B. bei der Material- und Warenannahme oder beim Verpacken mitverrichtet werden, handelt es sich üblicherweise um Tätigkeiten unterhalb der zumutbaren Qualifikationsebene.

Für eine qualifizierte Kontrolltätigkeit in der Holzspielzeugindustrie, sofern neben der Fertigung eigenständige Kontrollarbeitsplätze existieren, genügt dem Kläger aufgrund seines beruflichen Werdeganges für einen Ansatz auf zumutbarer Qualifikationsebene ebenfalls ein maximal dreimonatiger Einarbeitungszeitraum nicht.

Mitarbeiter in der Poststelle von Behörden und Firmen In die Überlegungen miteinbezogen wurde noch die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle von Behörden und Firmen. Sofern die Post nicht zusätzlich vom Postamt geholt werden muss, sind die eingehenden Sendungen (z.B. Postsäcke, - körbe, -pakete) einschließlich der Hauspost (z.B. auch Akten) anzunehmen und zu öffnen. Der Inhalt muss entnommen, auf Vollständigkeit geprüft, großteils mit einem Eingangvermerk sowie - nach Feststellung des Empfängers - mit einem Weiterleitungsvermerk versehen und entsprechend sortiert werden. Die Verteilung im Haus wie auch das Einsammeln der Ausgangspost kann von den Mitarbeitern der Post miterledigt werden oder Boten übertragen sein. Üblicherweise ist jedoch die Ausgangspost zu sortieren, zu kuvertieren bzw. zu verpacken, korrekt zu frankieren und zur Abholung in Säcken, Körben o.ä. bereitzustellen oder ggf. auch selbst zum Postamt zu befördern. Verschiedentlich sind bei der Tätigkeit Maschinen (z.B. Brieföffnungs-, Kuvertier-, Frankiermaschinen) zu bedienen. Die Arbeiten erfordern in der Regel gelegentlich mittelschwere Belastbarkeit, vor allen Dingen im Hinblick auf die zu bewegenden Lasten. In diesem Zusammenhang wird auch Bücken verlangt. Ein Wechsel der Körperhaltung ist möglich, wobei Gehen sogar in beachtlichem Umfang, u.U. einschließlich Treppensteigen, anfällt, wenn die Post auch ausgetragen und eingesammelt wird.

Die Tätigkeit eines Mitarbeiters in einer Poststelle ist sowohl in der Wirtschaft als auch im öffentlichen Dienst keinesfalls grundsätzlich auf der Ebene der qualifizierten Anlerntätigkeiten angesiedelt, sondern nach Schwierigkeitsgrad gestaffelt ab der untersten Ebene der Angestelltenberufe zu finden, z.B.
- Bundesentgelttarifvertrag für die Chemische Industrie: Entgeltgruppe E 1 = kurze Einweisung = Verteilen von Post, E 2 = Berufspraxis von bis zu 13 Wochen = Sortieren und Verteilen von Post, E 3 = Berufspraxis von 6 bis 15 Monaten = Postabfertigen;
- Gehaltstarifvertrag für die Angestellten des Speditions- und Transportgewerbes in Bayern: Gehaltsgruppe 1 = Einweisung am Arbeitsplatz = Postabfertiger, Gehaltsgruppe 2 = Berufsausbildung = Postabfertiger
- BAT VerGr X = Hilfsleistung bei der Postabfertigung, VerGr IXb = Postabfertigen, VerGr VIII = schwierigere Tätigkeit (im Vergleich zu den vorgenannten).

Unabhängig davon verfügt der Kläger über keinerlei verwertbare Vorkenntnisse. Daher ist aus berufskundlicher Sicht davon auszugehen, dass er die Ebene der qualifizierten Anlerntätigkeiten nicht im Rahmen einer maximal dreimonatigen Einarbeitung erreichen kann.

Fachverkäufer in einem Bau- oder Hobbymarkt

Da Arbeitgeberbefragungen bestätigen, dass auch Facharbeiter bei persönlicher Eignung und nach Einarbeitung als Fachverkäufer beschäftigt werden können, wurde auch diese Tätigkeit auf Zumutbarkeit für den Kläger geprüft.

In Bau- und Hobbymärkten, die in der Regel nach dem Selbstbedienungsprinzip aufgebaut sind, ist erfahrungsgemäß Kundenberatung nicht ausschließlicher Tätigkeitsinhalt, der Schwerpunkt liegt üblicherweise auf dem Verkauf.

Aufgaben wie Warenannahme, Lagerung, Bereitstellung und Platzierung im Verkaufsraum, Auszeichnung, Bestandsüberwachung und Mitwirkung bei der Sortimentsgestaltung und Beschaffung stellen die Tätigkeitsschwerpunkte dar. Kundenkontakte, z.B. Orientierungshilfen, Auskünfte zu Qualität, Verarbeitungstipps, stellen eine besondere, obgleich unverzichtbare Serviceleistung dar. Der Umgang mit Kunden setzt Höflichkeit, Kontaktfähigkeit, Flexibilität usw. und auch ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit voraus. Bei größerem Kundenandrang kann es auch zu Zeitdruck kommen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägervertreters in seinem Schriftsatz vom 08.06.2000, der gemäß Ihrem Schreiben vom 14.06.2000 bei meiner Stellungnahme zu berücksichtigen ist, ist es eher nicht vorstellbar, dass der Kläger über die für eine Fachverkäufertätigkeit erforderlichen persönlichen Mindestanforderungen verfügt. Unabhängig davon ist eine vollständige Einarbeitung üblicherweise nicht in einem Zeitraum von höchstens drei Monaten möglich. Der Kläger, der ausschließlich als Zimmerer beschäftigt war, benötigt für eine Tätigkeit als Fachverkäufer in Bau- oder Heimwerkermärkten mindestens einen Einarbeitungszeitraum von drei Monaten. Verlangt wird nahezu ausschließlich Stehen und Gehen. Bücken ist durchaus häufig erforderlich, auch Recken, gelegentlich Überkopfarbeit und Besteigen von Leitern ist nicht auszuschließen. Heben und Tragen von Lasten ist keineswegs zu vermeiden. Die zu bewegenden Gewichte können sogar das mittelschwere Maß übersteigen.

Für Kundenberatung im besonderen Fach- (Groß)Handel trifft es vielfach zu, dass der Verkauf im Verkaufsraum oder sogar am Schreibtisch anhand von Listen, Katalogen oder über ein Computer-Terminal abgewickelt und eine strikte Trennung zum Lager eingehalten wird. Psychische Belastbarkeit und vor allem persönliche Eignung mit Kontaktfähigkeit, Höflichkeit , schneller Auffassungsgabe, Flexibilität, Sprachgewandtheit, Fähigkeit zu verkaufsorientiertem Denken und Zahlengedächtnis sind hier jedoch erst recht von besonderer Bedeutung. Hinsichtlich dem Vorliegen dieser persönlichen Mindestvoraussetzungen verweise ich auf meine Ausführungen bei der Tätigkeit eines Fachverkäufers in einem Bau- und Heimwerkermarkt. Arbeitgeberbefragungen und vermittlerische Erfahrungen zufolge wird außerdem üblicherweise den kaufmännischen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten größere Bedeutung als dem produktbezogenen und anwendungsspezifischen Wissen zugemessen und kaufmännisch ausgebildetes Personal (vor allem Groß- oder u.U. auch Einzelhandelskaufleute) beschäftigt. Aufgrund seines beruflichen Werdeganges verfügt der Kläger nur über begrenzte bzw. sehr spezielle warenkundliche Kenntnisse. Ein Einarbeitungszeitraum von drei Monaten ist für den Kläger - unabhängig des Vorliegens der persönlichen Mindestvoraussetzungen - bei weitem zu kurz.

Hausmeister

Auf zumutbarer Qualifikationsebene würde noch eine Hausmeistertätigkeit liegen. Hausmeister ist kein Ausbildungsberuf, es gibt kein einheitliches, verbindliches Berufsbild. Die Tätigkeit liegt auf der Ebene der Anlern- und Facharbeiterberufe. Beim Vorliegen einer verwertbaren Ausbildung ist die Tätigkeit oft auch auf Facharbeiterebene entlohnt. Je nach Aufgabenstellung und Vorkenntnissen ist von einer Einarbeitungszeit von zwei Monaten bis zu einem Jahr auszugehen. Die Aufgaben eines Hausmeisters variieren je nach Art des zu betreuenden Objekts (Wohnhaus oder -anlage, Büro- und Fabrikgebäude, Schule, Theater, Heime usw.). Dazu gehören: Mängel feststellen und beheben (z.B. an allen elektrischen Anlagen einschließlich Beleuchtungs-, Heizungs- und Sanitäranlagen, an Türen, Fenstern, Möbeln, Aufzügen), ggf. Fremdfirmen einschalten, deren Arbeit überwachen und abnehmen, Wartungsarbeiten und Schönheitsreparaturen durchführen, Reinigungsarbeiten im, ggf. auch außerhalb des Gebäudes vornehmen (z.B. auch Schneeräumen, Streudienst) oder Garten, Grün- und Sportanlagen pflegen, für die Einhaltung von Feuerschutz und sonstigen Sicherheitsbestimmungen sorgen, Mithilfe bei Umzügen, Aufstellen von Sitzgelegenheiten in Sälen etc., Beschilderungen anbringen, auch Botendienste, Wohnungsbesichtigungen mit Mietinteressenten durchführen usw. Abhängig von der Größe des Objekts und der Arbeitsorganisation ist vielfach eine Verschiebung möglich zwischen dem eigentlichen Durchführen der Arbeit und dem Veranlassen der Ausführung durch Fremdfirmen und deren Überwachung. Es handelt sich aber immer um eine selbständige, eigenbestimmte und -verantwortliche Tätigkeit. Unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 08.06.2000 ist es auch bei dieser Tätigkeit eher unwahrscheinlich, dass der Kläger in der Lage ist, den gestellten Anforderungen an eine Hausmeistertätigkeit gerecht zu werden. Aus berufskundlicher Sicht ist daher auch in dieser Tätigkeit keine geeignete berufliche Alternative erkennbar. Die körperlichen Belastungen sind überwiegend leicht bis mittelschwer, gelegentlich unter Umständen auch schwer. Gehen und Stehen überwiegt bei weitem, Zwangshaltungen (Bücken, Hocken, Knien, Überkopfarbeit) lassen sich in der Regel ebenso wenig ausschließen wie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Auch Heben, Tragen und Bewegen von schwereren Lasten wird üblicherweise verlangt. Ein Hausmeister sollte daher über einen gesunden Stütz- und Bewegungsapparat verfügen.

Telefonist

Aus dem Kreis der hervorgehobenen ungelernten, tariflich mindestens wie Anlerntätigkeiten bewerteten Tätigkeiten wird oft noch die - berufsfremde - Telefonistentätigkeit in Erwägung gezogen. Diese ist - wenn nicht andere Arbeiten mit erledigt werden müssen oder zur Auskunftserteilung umfangreiches Wissen erforderlich ist - in der Regel innerhalb von drei Monaten erlernbar.

Die Tätigkeit eines Telefonisten ist körperlich leicht, wird aber ausschließlich im Sitzen ausgeübt. In der Regel erfolgt die Vermittlung der Gespräche per Tastatur und Bildschirm. Bildschirmarbeit wird u.U. in ausgeprägt statischer Haltung verrichtet. Zumindest eine Hand muss so geschickt und belastbar sein, dass die Verbindung schnell und korrekt hergestellt, ggf. Nachrichten notiert und z.T. Gebührenaufzeichnungen geführt bzw. Abrechnungen vorgenommen werden können. Neben Voraussetzungen wie Höflichkeit, Flexibilität, Merkfähigkeit, Sprachgewandtheit mit möglichst angenehmer Stimme etc. wird außerdem ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit (u.a. für Arbeit unter Zeitdruck) erwartet. Nach dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 08.06.2000, dass Sie mir mit Schreiben vom 14.06.2000 mit der Bitte um Berücksichtigung zugeleitet haben, hat der Kläger u.a. auch Probleme mit dem Sprechen. Er weiß zwar, was er sagen möchte, kann dies aber nicht in Worte fassen. Daher ist aus berufskundlicher Sicht keine geeignete Verweisungsmöglichkeit als Telefonist erkennbar.

Pförtner

Pförtnerarbeitsplätze gelten vielfach als Schonarbeitsplätze, die für die innerbetriebliche Umsetzung leistungsgeminderter Beschäftigter geeignet sind. In nennenswertem Umfang sind Arbeitsplätze für einfache Pförtner allerdings auch Außenstehenden zugänglich. Sie beinhaltet teilweise tatsächlich nur leichte Arbeiten. Ein gewisser Wechsel der Körperhaltung ist gleichfalls möglich, wobei Gehen im Vergleich zu Sitzen und/oder Stehen jedoch meist nur einen geringen Anteil hat. Arbeit in Zwangshaltungen, Bücken, schweres Heben und Tragen ist in der Regel nicht zu erwarten. Belastungen durch Witterungseinflüsse, Zugluft oder Temperaturschwankungen sind aber nicht immer ganz zu vermeiden. Auch Zeitdruck ist (z.B. bei Arbeitsbeginn und -ende, Schichtwechsel, größerem Besucherandrang) nicht auszuschließen. Gleiches gilt außerdem für nervliche Belastungen, z.B. in außergewöhnlichen Situationen, in denen Handeln vom Pförtner verlangt wird. Die Aufgaben eines Pförtners stellen gewisse persönliche Mindestanforderungen wie z.B. Flexibilität, Merk- und Kontaktfähigkeit, Umgangsformen und Durchsetzungsvermögen.

Qualifiziert im Sinne einer für einen Facharbeiter zumutbaren Verweisungstätigkeit ist eine Pförtnertätigkeit jedoch in der Regel erst dann, wenn zusätzliche Aufgaben wie z.B. die Erteilung von Auskünften, die weiterreichende Kenntnisse erfordern, schriftliche Arbeiten, umfangreiche Kontroll- und Sicherheitsaufgaben, die meist körperliche Belastung beinhalten, oder die Bedienung von Telefonanlagen mit mehreren Amtsleitungen zu erfüllen sind. Derartige Arbeitsplätze existieren in sehr viel geringerer Zahl als solche für einfache Pförtner. Sie werden in der Regel innerbetrieblich besetzt. Ein höchstens dreimonatiger Einarbeitungszeitraum reicht erfahrungsgemäß, zumal für einen Betriebsfremden nicht aus. Es ist daher auch in dieser Tätigkeit keine berufliche Alternative für den Kläger zu sehen. Nach dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 08.06.2000, dass Sie mir mit Schreiben vom 14.06.2000 mit der Bitte um Berücksichtigung zugeleitet haben, leidet der Kläger u.a. nach wie vor unter Orientierungslosigkeit, vergisst ihm aufgetragene Arbeiten und geht plötzlich weg. Aus berufskundlicher Sicht ist daher für den Kläger auch in der Tätigkeit eines Pförtners keine geeignete Verweisungsmöglichkeit erkennbar.

Allgemein ist anzumerken, dass bereits Dr. ^Engleder^ in seinem Gutachten vom 11.09.97 angegeben hat, dass beim Kläger Hinweise auf psychovegetative Allgemeinstörungen, einfache Intelligenzstruktur bestehen und gegebenen Antworten auf Fragen zur psychischen Situation die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit eingeschränkt erscheinen lassen. Da der Schriftsatz des Klägervertreters vom 08.06.2000 gemäß Ihrem Schreiben vom 14.06.2000 bei meiner Stellungnahme zu berücksichtigen ist, können aus berufskundlicher Sicht keine qualitativ zumutbaren Verweisungstätigkeit aufgezeigt werden, die der Kläger unter den üblichen Bedingungen des Arbeitslebens uneingeschränkt ausüben könnte und ihm direkt zugänglich ist.
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