L 6 RJ 470/98

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
L 6 RJ 470/98
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 44jährige Kläger hat den Beruf des Landmaschinenmechanikers erlernt und war im Laufe seines Berufslebens als Bauhelfer, Mechaniker, Baggerführer, Dachdeckerhelfer, Eisenflechter, Spengler, Maschinist, Karosseriespengler, Maschinenbediener, Pförtner, Wachmann, Hausmeistergehilfe und Bandarbeiter tätig.

Nach dem Gutachten von Frau Dr. ^Töpfner von Schütz^ vom 04.03.98 ist von folgendem Leistungsvermögen auszugehen:
- vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten
- im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen
- sowohl im Freien wie auch in geschlossenen Räumen
- unter Vermeidung von
- Heben und Tragen von schweren Lasten
- Arbeiten mit ständigem Bücken oder ständigem Knien
- Arbeiten mit allergieauslösenden Substanzen
- Arbeiten unter Lärmbelästigung

Dr. ^Gablosi^ beschreibt in seinem wissenschaftlichen fachdermatologischen Gutachten vom 15.07.1999 die Leistungsfähigkeit des Klägers wie folgt:
- mittelschwere Arbeiten
- unter Berücksichtigung des Allergenspektrums
- ohne Arbeiten mit Exposition gegenüber Feuchtigkeit
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Das Sozialgericht Landshut hat in der mündlichen Verhandlung am 04.03.1998 die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Tätigkeit als Lagerverwalter in der Metallindustrie sowie als Hausmeister in größeren Wohnanlagen verwiesen.

Ihrer Anfrage zufolge ist insbesondere die Frage zu beantworten, ob es in der Bundesrepublik Deutschland eine hinreichende Zahl von Hausmeisterstellen (mindestens 50) gibt, die dem Kläger unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustandes, seines sich hieraus ergebenden beruflichen Leistungsvermögens und seines beruflichen Werdegangs körperlich und geistig zumutbar sind und ob diese Stellen sozial deutlich höher als eine Hilfsarbeit einzustufen sind.

Bei der Erörterung der anstehenden Frage soll detailliert auf die Auffassung der Beklagten eingegangen werden, wie diese aus deren Schreiben vom 12.11.98 und 22.02.200 ersichtlich ist.

Insbesondere soll dargelegt werden, ob die im gerichtlichen Schreiben vom 16.02.2000 geäußerte Vermutung wirklich zutrifft, ein Schutz der Hände gegen allergieauslösende Substanzen mittels Stoffhandschuhen sei nicht im erforderlichen Maß - d.h. so, dass es nur selten zu Ausfällen infolge von Krankheit kommt - durchführbar.

Außerdem bitten Sie bei der Erteilung der Auskunft um hinreichende Berücksichtigung, dass realistischerweise jedem Arbeitnehmer zuzumuten ist, auch einmal kurzfristig an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit zu gehen, z.B. auch einmal eine schwere Last zu bewegen, wenn die Grenze der Belastbarkeit grundsätzlich bei mittelschweren Lasten liegt, oder auch einmal zu riskieren, mit einer allergieauslösenden Substanz in Berührung zu kommen und infolgedessen wegen Krankheit kurzfristig auszufallen, wenn dies ein seltener Vorgang bleibt.

Hausmeister

Das Sozialgericht Landshut hat in der mündlichen Verhandlung am 04.03.1998 den Kläger auf die Tätigkeit eines Hausmeisters in größeren Wohnanlagen verwiesen.

Hauswarte können in unterschiedlichen Funktionsformen zum Einsatz kommen. Entsprechend vielfältig und unterschiedlich können die Aufgaben und Tätigkeiten sein.

Aufgaben/Tätigkeiten eines Hausmeisters von größeren Wohnkomplexen sind:
- Durchführung von Sichtkontrollen (z.B. Heizung, Lüftung, Feuchtigkeit, äußere Gebäudeschäden, wie Risse u.ä.)
- Behebung erkennbarer Schäden bzw. Veranlassung der erforderlichen Reparaturen, Beaufsichtigung und Abrechnung derselben, Dokumentation der Abläufe
- Schlüsselverwaltung
- Wartung und Instandhaltung der haustechnischen Anlagen
- Organisation der Entsorgung
- Pflege der Außenanlagen, Winterdienst
- Kontaktpflege und Umgang mit den Bewohnern des Gebäudes
- Organisation und Überwachung der Gebäudereinigung: Einteilung und Beaufsichtigung der Reinigung, Einweisung der Reinigungskräfte, Bestimmung der Reinigungsverfahren und der Häufigkeit der Reinigung, Verwaltung und Lagerung der Reinigungsmittel.

Erfahrungsgemäß sind die Aufgaben eines Hausmeisters zu 70 % handwerkliche Instandhaltungs- und Reparatur - sowie gärtnerische und reinigende Außenarbeiten, zu 20 % Mieterbetreuung und zu 10% Verwaltungsarbeiten.

Die körperlichen Belastungen sind überwiegend leicht bis mittelschwer, gelegentlich unter Umständen auch schwer. Gehen und Stehen überwiegt bei weitem. Ein Wechsel der Körperhaltung entsprechend den gesundheitlichen Erfordernis ist nicht immer möglich. Dr. ^Töpfner von Schütz^ gibt in ihrem Gutachten vom 04.03.98 (Bl. 167 SG-Akte) an, dass ein Wechsel der Körperhaltung möglich sein muss. Zwangshaltungen (Bücken, Hocken, Knien, Überkopfarbeit) lassen sich in der Regel ebenso wenig ausschließen wie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Heben und Tragen von schweren Lasten ist zwar in der Regel nicht täglich oder häufig erforderlich, lässt sich meist aber nicht ganz ausschließen. Dabei ist nicht nur an das Bewegen von Möbeln (außer in Schulen z.B. in Bürohäusern, Heimen, Krankenhäusern, Tagungsstätten usw.) gedacht, sondern auch z.B. an den Umgang mit Abfallcontainern, größeren Mengen an Hilfs- und Betriebsstoffen (Streusand, Gips- oder Zementsäcke, Farbkübel u.ä.). Die Ausstattung mit Geräten wie z.B. Sack- oder Schubkarre, unterlegbare Transportrollen o.ä. lohnt sich oft nicht oder sie können, wo sie vorhanden sind, aufgrund der örtlichen Gegebenheiten oder der Art der Arbeit teilweise nicht eingesetzt werden. Anzumerken ist, dass auch bei Verwendung dieser Geräte der körperliche Einsatz erforderlich ist.

Die Tätigkeit liegt auf der Ebene der Anlern- und Facharbeiterberufe. Beim Vorliegen einer verwertbaren Ausbildung ist die Tätigkeit oft auch auf Facharbeiterebene entlohnt. Je nach Aufgabenstellung und Vorkenntnissen ist von einer Einarbeitungszeit von zwei Monaten bis zu einem Jahr auszugehen. Besonders eignen sich Berufe wie Sanitär-, Heizungs- oder Elektroinstallateur, Schlosser, ggf. auch Schreiner. Dem Kläger dürfte jedoch, insbesondere unter Berücksichtigung, dass er bereits knapp ein Jahr als Hausmeistergehilfe tätig war, ein maximal dreimonatiger Einarbeitungszeitraum genügen, um auf zumutbarer Qualifikationsebene angesetzt werden zu können.

Obwohl es sich bei einer Hausmeistertätigkeit es sich um eine weitgehend selbständige, eigenbestimmte und -verantwortliche Tätigkeit handelt und ein Hausmeister daher den Arbeitsablauf in Teilen selbst bestimmen und die Arbeiten nach Schweregrad aufgeteilt verrichten kann, können aus berufskundlicher Sicht und vermittlerischer Erfahrung die Leistungseinschränkungen des Klägers nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden. Inwieweit dadurch die Restgesundheit des Klägers gefährdet oder auf Dauer geschädigt wird, kann aus berufskundlicher Sicht nicht beurteilt werden. Dies fällt m.E. in den Bereich eines ärztlichen Sachverständigen.

Nicht unerwähnt bleiben sollte jedoch, dass die körperlichen Voraussetzungen für eine Hausmeistertätigkeit neben weitgehender Funktionstüchtigkeit bzw. Beweglichkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule, Beine, Arme und Hände und gesunde, widerstandsfähige Haut, ist. Es besteht nach dem mir vorliegenden berufskundlichen Material u.a. bei chronischen Hauterkrankungen, insbesondere der Hände voraussichtliche Nichteignung. Auch an einen Hausmeister in größeren Wohnkomplexen werden diese Anforderungen gestellt.

Anzumerken ist, dass bei meiner Auskunft vom 07.07.99 (Bl. 99 ff der Berufungsakte - L 6 RJ 250/98), die Sie im Schriftsatz vom 16.02.2000 zitierten, der Kläger unter asthmatischen Beschwerden bei Allergieneigung litt und daher von der medizinischen Sachverständigen das Einwirken von Staub, reizenden Gasen, Schmutz und allergieauslösenden Substanzen für nicht mehr zumutbar erachtet wurde. Deshalb wurde in meiner Stellungnahme u.a. darauf hingewiesen, dass das Einwirken von Staub und Schmutz sowie allergieauslösenden Substanzen bei einer Hausmeistertätigkeit nicht vermieden werden kann.

Dr. ^Gablosi^ gibt in seinem wissenschaftlichen fachdermatologischen Gutachten an, dass der Kläger noch als Hausmeister erwerbstätig sein kann. Beim theoretischen Umgang mit nachgewiesenen Kontaktallergenen können im Rahmen dieses Berufsbildes durchaus Handschuhe getragen werden. Der Kläger kam mit der Berufstätigkeit als Gehilfe des Hausmeisters sehr gut zurecht, da die "gefährlichen Tätigkeiten" vom Hausmeister erledigt wurden. Unter Tragen von entsprechenden Handschuhen sind nach Ansicht von Dr. ^Gablosi^ von dermatologischer Seite die üblichen Arbeiten eines Hausmeisters von dem Kläger zu erledigen.

Wie bereits in Ihrem Schriftsatz vom 16.02.2000 angegeben, kann bei manchen Arbeiten wie z.B. bei der Wartung und Instandhaltung haustechnischer Anlagen das Tragen von Handschuhen bei der Erledigung der Arbeiten hinderlich sein. Mit Handschuhen wie sie z.B. im medizinischen Bereich verwendet werden, erscheint die Verrichtung dieser Tätigkeiten möglich. Insgesamt können jedoch aus berufskundlicher Sicht die Tätigkeiten eines Hausmeisters überwiegend mit Handschuhen ausgeführt werden. Inwieweit die Restgesundheit des Klägers durch Tragen von Handschuhen bei der Verrichtung seiner Arbeiten gefährdet oder auf Dauer geschädigt wird und um welche Art von Handschuhen es sich aus gesundheitlichen Gründen handeln müsste, kann aus berufskundlicher Sicht nicht beurteilt werden.

Insgesamt kann das Leistungsvermögen des Klägers aus berufskundlicher Sicht nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden, da bei der Tätigkeit eines Hausmeisters der Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen nicht immer möglich und Tragen von schweren Lasten zwar in der Regel nicht täglich oder häufig erforderlich ist, sich meist aber nicht ganz ausschließen lässt. Sollte die Restgesundheit des Klägers dadurch nicht geschädigt oder auf Dauer gefährdet sein und das Tragen von Handschuhen ggf. auch täglich über einen längeren Zeitraum möglich sein, sind Arbeitsplätze als Hausmeister auf zumutbarer Qualifikationsebene in nennenswertem Umfang vorhanden, auf die der Kläger aufgrund seines beruflichen Werdeganges innerhalb einer maximal dreimonatigen Einarbeitungszeit angesetzt werden könnte.
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