L 6 RJ 707/01

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
L 6 RJ 707/01
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 44jährige Kläger hat von 01.09.1970 - 28.02.1974 den Beruf des Werkzeugmachers erlernt und anschließend bis 30.04.1980 - mit einer kurzfristigen Unterbrechung als Bestattungsgehilfe - ausgeübt. Danach war der Kläger als Betriebsschlosser tätig.

Die Aufgaben des Klägers bestanden nach der Arbeitgeberauskunft (Bl.27 der Beklagtenakte) in der Reparatur und Instandhaltung (Wartung) von Anlagen und Maschinen. Außerdem verfügte der Kläger über die Kesselwärterprüfung und war Gewässerschutzbeauftragter.

Nach dem orthopädischen Gutachten von Dr. ^Schuh^ vom 18.12.2000 stellt sich das Leistungsvermögen des Klägers wie folgt dar:
- vollschichtig leichte, zeitweise mittelschwere Arbeiten
- in überwiegend sitzender Körperhaltung
- zeitweise im Gehen und Stehen
- unter Vermeidung von Leiternsteigen, Treppensteigen
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Im Widerspruchsbescheid vom 20.06.2000 verweist die Beklagte den Kläger auf die Tätigkeit eines Qualitätskontrolleurs in der metallverarbeitenden Industrie.

Das Sozialgericht Regensburg hat in der mündlichen Verhandlung am 18.10.2001 die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Tätigkeit eines Qualitätskontrolleurs im Metallbereich verwiesen.

Qualitätskontrolleur in der Metallindustrie

In Ihrem Schriftsatz vom 13.03.2002 geben Sie an, dass der Beruf des Qualitätskontrolleurs in der Metallindustrie (wie so oft) kein für den Kläger geeigneter Verweisungsberuf sein dürfte und verweisen in diesem Zusammenhang auf Stellungnahmen, die ich in früheren Fällen abgegeben habe.

Anmerken möchte ich, dass der Kläger aufgrund seines beruflichen Werdeganges in der Lage ist, Kontrolltätigkeiten auf zumutbarer Qualifikationsebene ohne längere Einarbeitung auszuführen. Auch dürfte das Leistungsvermögen des Klägers, wenn er über die Mindestanforderungen hinsichtlich gutem Nahsehvermögen, beidhändigem Handgeschick und Fingerfertigkeit, möglichst nicht eingeschränkter Funktionstüchtigkeit eines, besser beider Arme, Aufmerksamkeit, Sorgfalt, Genauigkeit, Konzentrationsvermögen und Verantwortungsbewusstsein verfügt, weitgehend für diese Tätigkeit ausreichen.

Jedoch ist außenstehenden Bewerbern der Zugang zu einem Arbeitsplatz als Qualitätskontrolleur nur möglich, wenn diese einschlägige Qualifikationen oder Erfahrungen als Kontrolleur besitzen. Aufgrund der mir vorliegenden Unterlagen dürfte der Kläger über diese Zugangsvoraussetzungen nicht verfügen. Daher ist auch in diesem Fall keine realisierbare Verweisungstätigkeit als Qualitätskontrolleur in der Metallindustrie erkennbar.

Mechaniker oder Blechschlosser bei der Herstellung und Montage elektromechanischer oder mechanischer Kleinteile

Die Beklagte legte mit Schriftsatz vom 22.04.2002 eine Auskunft des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg vom 21.02.2002 und des vom LSG Berlin hierzu geführten Schriftverkehr vor.

Der Kläger könnte auch aus berufskundlicher Sicht aufgrund seines beruflichen Werdeganges (gelernter Werkzeugmacher, zuletzt als Betriebsschlosser tätig) die qualifiziert Angelerntenebene nach max.3-monatiger Einarbeitungszeit erreichen. Entsprechende Arbeitsplätze existieren zwar in vergleichsweise geringem, bundesweit jedoch nennenswertem Umfang. Die Montagearbeiten sind leicht bis mittelschwer. Arbeitsabläufe und Arbeitsgeschwindigkeit sind meist nicht so deutlich festgelegt bzw. fremdbestimmt wie bei einfachen Montagetätigkeiten. Dennoch ist in der Regel in überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufig leicht vorgebeugt, u.U. bis hin zu Zwangshaltungen im Rücken- oder Schulter-Nacken-Bereich mit lediglich gelegentlicher Möglichkeit zum Haltungswechsel zu arbeiten. Häufiges Heben und Tragen von Lasten kann zwar oft vermieden werden, beachtlicher Zeitdruck ist jedoch auch hier üblich und sogar Schichtarbeit keine Seltenheit. Vorausgesetzt wird erfahrungsgemäß gutes Nahsehvermögen und volle Funktionsfähigkeit beider Arme und Hände mit Eignung und Fingerfertigkeit für Fein- bzw. Feinst- und Präzisionsarbeiten. Hohe Anforderungen werden an die Genauigkeit, Sorgfalt, Geduld, Ausdauer, Daueraufmerksamkeit und an das Konzentrationsvermögen gestellt, was oft eine zusätzliche nervliche Belastungen bedeutet. Ob der Kläger diese persönlichen Mindestanforderungen mitbringt, kann nicht beurteilt werden. Die Leistungseinschränkungen des Klägers, wie im Gutachten von Dr. ^Schuh^ angegeben, können bei einer Tätigkeit als Mechaniker weitgehend berücksichtigt werden. Wie bereits angegeben, sind Arbeitsplätze in nennenswertem Umfang vorhanden. Zur Auskunft des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. vom 15.03.2000 möchte ich folgendes ausführen: Es wird angegeben, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz auch verlassen kann, wenn technische Klärungen mit dem Dienstvorgesetzten vorzunehmen sind oder Fehlteile nachzubestellen sind. Der Wechsel der Arbeitshaltung erfolgt hier, wenn es die Arbeit erfordert und nicht weil es in diesem Moment dem gesundheitlichen Erfordernis des Arbeitnehmers entspricht. Ebenso irritiert die Aussage, dass drei unbezahlte Pausen von je 15 Minuten während eines 7stündigen Arbeitstages -möglicherweise gewährt werden. Bei Zeitlohnarbeiten in normaler Arbeitszeit wird meines Wissens üblicherweise eine mindestes stündige Mittagspause und nicht selten daneben im Lauf des Vormittags eine ca. 15minütige Frühstückspause gewährt. Auch wenn insgesamt von einer Pausenzeit von 45 Minuten während eines Arbeitstages auszugehen ist, handelt es sich in der Regel nur um zwei und nicht wie vom Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. um drei Pausen. Hingegen ist bei Leistungslohn-/Akkordarbeiten nicht selten zumindest ein Teil der Verteilzeiten (Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten bzw. Aufräumen des Arbeitsplatzes, das Aufsuchen der Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw.) in Form von zusätzlichen Kurzpausen institutionalisiert.

Die Aussage der Beklagten im Schriftsatz vom 22.04.2002 vorletzter und letzter Absatz ist für mich nicht nachvollziehbar. Sicherlich ist die Beschreibung einer bestimmten Tätigkeit in den berufskundlichen Gutachten identisch. Jeder mir vorgelegte Fall wird jedoch individuell bearbeitet und die unterschiedlichsten beruflichen Werdegänge und Leistungsvermögen berücksichtigt. Änderungen auf dem Arbeitsmarkt, sollten sie eingetreten sein, werden ebenfalls, bezogen auf den Einzelfall, gewürdigt
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Datum