S 31 RA 1252/99

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
S 31 RA 1252/99
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Die bei der Rentenantragstellung 55jährige Klägerin hat von 01.04.62 - 31.03.64 den Beruf der Krankenschwester erlernt und anschließend bis 14.06.73 ausgeübt. Nach Unterbrechung durch Familienphase war sie erneut ab 01.04.82 als Krankenschwester tätig.

Nach dem orthopädischen Gutachten von Dr. ^Kipping^ vom 14.01.2001 stellt sich das Leistungsvermögen wie folgt dar:
- vollschichtig leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten
- aus wechselnden Körperlagen, gehend, stehend und sitzend
- sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen
- unter Vermeidung von stark wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten, die mit Heben und Tragen von schweren Lasten sowie Arbeiten aus ungünstigen Körperlagen heraus erbracht werden müssen; insbesondere Arbeiten aus der Vorneige und aus gebückter Position
- ohne Überkopfarbeiten
- ohne statische Belastungen der Halswirbelsäule mit dauerhafter und kontinuierlicher Bildschirmarbeit.
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Die Beklagte verweist die Klägerin im Widerspruchsbescheid vom 20.10.99 auf Tätigkeiten ihres Berufsbereichs außerhalb des Krankenhauses und benennt den Einsatz in Sanatorien und Kurheimen.

Ihrer Anfrage zufolge bitten Sie um Mitteilung, ob Arbeitsplätze vorhanden und zugänglich sind, auf die Klägerin mit der von der Beklagten genannten Tätigkeiten als Krankenschwester in Sanatorien und Kurheimen verwiesen werden kann und ob die Klägerin die Tätigkeiten mit dem in dem Gutachten von Dr. ^Kipping^ festgestellten Leistungsprofil ausüben kann.

Üblicherweise kommen in Kurheimen, Sanatorien und Rehabilitationszentren nur examinierte Krankenschwestern zum Einsatz, die eine Weiterbildungsmaßnahme zur Fachkrankenschwester für Rehabilitation absolviert haben. Die Weiterbildung erfolgt berufsbegleitend und dauert zwei Jahre bzw. in Vollzeit ein Jahr. Weiterbildungsstätten sind Krankenhäuser mit staatlicher oder verbandsinterner Anerkennung. Nach erfolgreichem Abschluss erhalten Prüfungsteilnehmer die Berechtigung zur Führung der Weiterbildungsbezeichnung.

Die Tätigkeiten einer Fachkrankenschwester für die Rehabilitation sind insbesondere Schädigungen und Behinderungen zu mindern und vorzubeugen; verbliebene funktionelle Fähigkeiten optimal zu nutzen; verlorene Fähigkeiten zu kompensieren unter Berücksichtigung der physischen, psychischen und sozialen Aspekte betroffener Personen. Im pflegerischen Bereich hat die Fachkraft neben den Maßnahmen der Grund- und Behandlungspflege das Fortführen lebenspraktischer Übungen, Aktivierung, Orientierung innerhalb der Klinik sowie Verhaltenstraining durchzuführen. Je nach Spezialisierungsrichtung der Einrichtung, kann eine mittlere bis schwere körperliche Belastung des Fachpersonals zur Unterstützung der therapeutischen Maßnahmen für den Patienten, nicht ausgeschlossen werden. ( z.B. Kureinrichtung für Orthopädie)

Neben den o.g. Tätigkeiten werden auch administrative Aufgaben wie Dokumentation und Berichterstattung, Ermitteln von Patientendaten wahrgenommen.

Grundsätzlich sagt das Krankenpflegegesetz in § 2 Abs. 1 Ziffer 3 ganz deutlich aus, dass die Voraussetzungen für den Krankenpflegeberuf auf körperlicher und geistiger Gesundheit beruhen.

Für Kurheime und Sanatorien gilt, dass aufgrund der verkürzten Liegezeiten in Akutkrankenhäusern hier zunehmend mehr pflegebedürftige und ältere Patienten behandelt werden, die auf die Hilfestellung und körperliche Unterstützung des Pflegepersonals angewiesen sind.

In Kurheimen und Sanatorien ist zwar vielfach von geringeren Belastungen als im OP-Dienst oder meist im Stationsdienst auszugehen, ganz sind Pflegeleistungen, die bis schweres Heben und Tragen und/oder Zwangshaltungen erfordern, jedoch üblicherweise nicht zu umgehen. Auch Stresseinwirkung ist nicht gänzlich auszuschließen. Unregelmäßige Arbeitszeiten in Form von Tagdienst/Wechselschicht, Wochenend- und Feiertagsdienst sowie Nachtdienst/Bereitschaft sind üblich.

Einer Bewerberin, die den möglicherweise auftretenden Belastungen, auch wenn sie tatsächlich nur gelegentlich vorkommen, nicht mehr gewachsen ist, ist der direkte Zugang zur Tätigkeiten einer Krankenschwester auch in Kurheimen und Sanatorien, unabhängig vom Arbeitsmarkt, nicht möglich.

Mit Schreiben vom 25.10.2001 haben Sie mir je eine Abschrift der Atteste vom 02.07.2001 und 14.09.2001 zur Kenntnis zugeleitet. Dr. ^Heuser-Link^ nennt in seinem Schreiben vom 02.07.01 als Diagnosen u.a. eine Anpassungsstörung. Bei seiner Beurteilung gibt Dr. ^Heuser-Link^ an, dass eine anhaltende Herabgestimmtheit mittlerer Ausprägung besteht. In seinem Schreiben vom 14.09.01 diagnostiziert Dr. ^Schmidt^ bei der Klägerin rezidivierende vor allem bei Belastung auftretende depressive Episoden.

Für die Tätigkeit einer Krankenschwester, unabhängig von ihrem Ansatz, besteht bei Nervenleiden voraussichtliche Nichteignung. Bei den von der Beklagten aufgesuchten Rehabilitationskliniken (Arbeitsplatzerkundung zur Beschäftigung von Krankenschwestern/Krankenpflegern in Rehabilitationskliniken in den Anlagen zum Schriftsatz vom 30.05.01) handelt es sich um Einrichtungen, die als Haupt- bzw. Nebenindikation psychische und psychosomatische Störungen behandeln. Gerade im Umgang mit Patienten, die gesundheitliche Einschränkungen im psychischen bzw. psychosomatischen Bereich aufweisen, ist es erforderlich, dass die tätige Pflegefachkraft über eine ausgeglichene psychische Verfassung und hohe Frustrationstoleranzgrenze verfügt. Auch in der Arbeitsplatzerkundung der Beklagten wird von der einen Klinik angegeben, dass psychisch leistungsgeminderte Krankenschwestern für Aufgaben in einer psychosomatischen Rehabilitationsklinik nicht geeignet sind bzw. von der anderen Klinik die Einsatzfähigkeit bei psychischen Einschränkungen als fraglich angegeben.
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Datum