S 9 RJ 332/01

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
S 9 RJ 332/01
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 56jährige Kläger ist Ihrer Anfrage zufolge gelernter Maschinenbauer und seit 1982 als Schweißer tätig.

Nach dem Gutachten von Dr. ^Lorenz^ vom 15.04.2002 stellt sich das Leistungsvermögen des Klägers wie folgt dar:
- vollschichtig bzw. mehr als 6 Stunden täglich leichte Tätigkeiten
- in wechselnder Körperhaltung von Gehen, Stehen, Sitzen
- zu ebener Erde
- ohne häufiges Bücken, Knien, Hocken, Treppensteigen
- ohne Arbeiten in Zwangshaltungen
- ohne Überkopfarbeiten
- ohne besondere Gefährdung durch Verletzungen (Blutverdünnungsmittel)
- ohne Lärmarbeiten
- ohne besondere psychische Belastungen wie erhöhter Zeitdruck
- ohne Nacht- und Wechselschicht
- ohne Gefährdung durch Nässe, Kälte, Zugluft

Dr. ^Riedinger^ beschreibt in seinem Gutachten vom 11.06.2002 die Leistungsfähigkeit des Klägers wie folgt:
- vollschichtig leichte Arbeiten
- ohne besonderen Zeitdruck,
- ohne Nachtdienst oder Schichtarbeit
- ohne Zwangshaltungen
- unterhalb der Leistungsgrenze
- ohne Heben und Tragen schwerer Lasten
- im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Nach Meinung der Beklagten ist der Kläger weiterhin in der Lage, Tätigkeiten als Kassierer einer Selbstbedienungstankstelle sowie Bürohilfskraft nach BAT VIII vollschichtig auszuüben.

Ihrer Anfrage zufolge bitten Sie um Stellungnahme dazu, ob der Kläger aufgrund seines positiven Leistungsprofils in der Lage wäre, unter Berücksichtigung seiner erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten die von der Beklagten genannten Tätigkeiten oder andere Facharbeitertätigkeiten oder Anlerntätigkeiten oder Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Kassierer in einer Selbstbedienungstankstelle

Eine in nennenswertem Umfang isoliert vorkommende Teilaufgabe des Tankwartes ist das Kassieren.

Im Tarifvertrag z.B. des Bayerischen Einzelhandels werden Kassierer der Beschäftigungsgruppe II zugeordnet. Voraussetzung dafür ist eine einschlägig abgeschlossene Ausbildung (auch eine 2jährige z.B. als Verkäufer) oder eine 3jährige Berufstätigkeit. Die reine Kassenbedienung kann nach kürzerer Anlernung verrichtet werden, erlaubt aber in der Regel keine wechselnde Körperhaltung. Der Kläger kann nach beiden ärztlichen Sachverständigengutachten nur noch Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen verrichten.

Ist neben der Kasse der gesamte sogenannte "Shop" zu betreuen, ist zeitweise ein Wechsel vom Sitzen zum Gehen und Stehen möglich, daneben wird aber bei der Warenannahme, Lagerhaltung, Gestaltung des Verkaufsraumes, dem Auffüllen der Regale und Auszeichnen der Waren auch Heben und Tragen von Lasten, Bücken und Besteigen von Leitern verlangt. Im Lagerraum von Selbstbedienungstankstellen stehen nicht wie in größeren Lagern Hubwagen zur Verfügung. Sollten sog. Sackkarren vorhanden sein, müssen z.B. Kartons auf den Sackkarren gehoben werden, die ein Gewicht von 5 kg häufig übersteigen dürften. Da die tägliche Öffnungszeit einer Tankstelle in der Regel die Arbeitszeit eines einzelnen Mitarbeiters übersteigt, ist Schichtarbeit üblich. Auch Zeitdruck ist zumindest zeitweise kaum zu vermeiden. Da der Kläger über keinerlei kaufmännische Vorkenntnisse verfügt, reicht eine höchstens dreimonatige Einarbeitungszeit erfahrungsgemäß nicht aus, um die Qualifikationsebene der Anlernberufe zu erreichen. Unabhängig davon entspricht das Leistungsvermögen des Klägers nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Allgemein ist zur Tätigkeit eines Kassierers folgendes anzumerken:

Die Tätigkeit wird üblicherweise im Sitzen, kann je nach Kassenanordnung auch im Stehen verrichtet werden. Ein Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ist bei einer reinen Kassierertätigkeit nicht üblich. Bei erhöhtem Kundenaufkommen, das gerade in größeren Warenhäuser anzutreffen ist, in denen der Kassierer nicht zusätzliche Arbeiten verrichtet, kann es auch zu besonderen Zeitdruck kommen.

Bürohilfskraft nach BAT VIII

Die Beklagte hat bei der mündlichen Verhandlung am 11.06.2002 eine Bescheinigung der Vergütungsgruppe in Kopie übergeben, die als Bl. 63 zu den Akten genommen wurde.

Im BAT sind Angestellte in Büro-, Registratur-, Buchhaltereidienst usw. mit vorwiegend mechanischer Tätigkeit in Verg. Gruppe X, mit einfacheren Tätigkeiten in Verg. Gruppe IXb und mit - gemessen an den vorgenannten - schwierigeren Tätigkeiten in Verg. Gruppe VIII eingruppiert. Die Verg. Gruppe VIII ist oft auch Eingangsstufe für ausgebildete Verwaltungsfachangestellte. Bürohilfskräfte werden üblicherweise nicht in die Verg. Gruppe VIII eingruppiert.

Charakteristisch für Aufgaben in der Verg. Gruppe VIII sind vor allem Verantwortlichkeit, große Selbstständigkeit, besonders eigene Initiative, Arbeitseinsatzentscheidung, besondere eigene Überlegung und eine höhere Befähigung, z.B. Fremdsprachenkenntnisse, die Fähigkeit Schreiben nach skizzierten Angaben selbst zu entwerfen u.ä.

Aus berufskundlicher Sicht ist der Kläger aufgrund seines beruflichen Werdeganges nicht in der Lage sich in eine Tätigkeit, die in die Verg. Gruppe VIII BAT eingruppiert ist, innerhalb von drei Monaten einzuarbeiten.

Wie ein Ungelernter, kann der Kläger sich innerhalb einer dreimonatigen Einarbeitungszeit lediglich in Arbeiten, die unterhalb der Verg. Gruppe VIII angesiedelt sind, einarbeiten.

Allgemein ist anzumerken, dass die Tätigkeit einer Bürohilfskraft üblicherweise nicht auf einer Qualifikationsstufe liegt, auf die ein Facharbeiter zumutbar verwiesen werden kann. Ferner sind Bürohilfstätigkeiten durch den zunehmenden Einsatz von EDV und moderner Bürokommunikation rückläufig. Auch verlangt der Wechsel von bisher ausschließlich gewerblicher Arbeit auf Bürotätigkeiten erfahrungsgemäß ein erhöhtes Maß an Umstellungsfähigkeit, wobei auf Arbeitgeberseite üblicherweise keine Bereitschaft besteht, minderbelastbare, gewerbliche, männliche Arbeitnehmer für solche Arbeiten neu einzustellen.

Berater in einem Baumarkt

Dr. ^Riedinger^ gibt in seinem Gutachten (Bl. 60 Klageakte) an, dass der Kläger noch eine Tätigkeit als Berater in einem Baumarkt verrichten könnte.

In Betrieben, die Waren überwiegend in Selbstbedienung anbieten (Bau-, Heimwerkermärkte) stellen Aufgaben wie Warenannahme, Lagerung, Bereitstellung und Platzierung im Verkaufsraum, Auszeichnung, Bestandsüberwachung und Mitwirkung bei der Sortimentsgestaltung und Beschaffung die Tätigkeitsschwerpunkte dar. Kundenkontakte, z.B. Orientierungshilfen, Auskünfte zu Qualität, Verarbeitungstipps, sind eine besondere, obgleich unverzichtbare Serviceleistung. Der Umgang mit Kunden setzt Höflichkeit, Kontaktfähigkeit, Flexibilität usw. und auch ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit voraus. Bei größerem Kundenandrang kann es auch zu Zeitdruck kommen. Arbeitgeberbefragungen bestätigen, dass auch Facharbeiter bei persönlicher Eignung und nach Einarbeitung als Fachverkäufer beschäftigt werden. Eine vollständige Einarbeitung ist jedoch üblicherweise nicht in einem Zeitraum von höchstens drei Monaten möglich. Der Kläger, der seit 1982 als Schweißer tätig ist; benötigt für einen Ansatz als Fachverkäufer in Bau- oder Heimwerkermärkten mindestens einen Einarbeitungszeitraum von drei Monaten. Verlangt wird nahezu ausschließlich Stehen und Gehen. Bücken ist durchaus häufig erforderlich, auch Recken, gelegentlich Überkopfarbeit und Besteigen von Leitern ist nicht auszuschließen. Heben und Tragen von Lasten ist keineswegs zu vermeiden. Die zu bewegenden Gewichte können sogar das mittelschwere Maß übersteigen. Unabhängig vom erforderlichen Einarbeitungszeitraum entspricht das Leistungsvermögen des Klägers nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Lagerverwalter

In seinem Gutachten nennt Dr. ^Riedinger^ außerdem die Lagerverwaltung als geeignete berufliche Alternative.

Der Lagerverwalter hat in der Regel sicherzustellen, dass die Warenannahme und Eingangskontrolle ordnungsgemäß erfolgt, die verschiedenen Waren fachgerecht unter Berücksichtigung der jeweiligen Eigenschaften gelagert, gepflegt und weiterbehandelt werden, eine betriebswirtschaftlich und produktionsbezogen optimale Lagerbestandsmenge vorgehalten wird, Lagervorschriften und Sicherheitsbestimmungen beachtet und alle Lagereinrichtungen ordnungsgemäß gehandhabt, gepflegt und instand gehalten werden. Je nach Lagergröße hat er die dabei anfallenden Arbeiten in erster Linie zu planen, zu organisieren, zu steuern und zu überwachen oder auch selbst praktisch mitzuarbeiten oder sie in ihrer Gesamtheit allein zu verrichten. Wenn der Schwerpunkt auf verwaltenden und leitenden Aufgaben liegt, handelt es sich üblicherweise um eine Aufstiegsposition. Die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten, insbesondere auch im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen und bürotechnischen Bereich können vom Kläger, der überwiegend als Schweißer tätig war, nicht im Rahmen einer maximal dreimonatigen Einarbeitung vermittelt werden. Die bis zur Facharbeiterebene in der Regel erforderlichen, eigentlichen Lagerarbeiten beinhalten dagegen erfahrungsgemäß mindestens mittelschwere, u.U. auch schwere Belastungen, insbesondere entsprechende Hebe- und Tragebelastungen, Bücken und andere Zwangshaltungen, Klettern auf Lkw-Ladeflächen, u.U. auch Besteigen von Leitern, teilweise im Freien bzw. unter Witterungseinflüssen. Aus berufskundlicher Sicht ist im Lagerbereich keine für den Kläger uneingeschränkt zumutbare bzw. innerhalb von drei Monaten erlernbare Verweisungtätigkeit erkennbar.

Waren- und Werkzeugausgeber

Dr. ^Lorenz^ nennt in ihrem Gutachten vom 15.04.2002 die Tätigkeit als Warenausgeber mit mechanischen Hilfsmitteln und Werkzeugausgeber mit leichteren Instandsetzungsarbeiten als gesundheitlich zumutbare Tätigkeit.

Je nach Betriebsgröße, Sortimentsumfang und Aufgabenstellung ist die Tätigkeit des Werkzeug- oder Warenausgebers der Ebene der Anlern- und Facharbeiterberufe zuzuordnen. Die Arbeiten sind leicht bis mittelschwer, teilweise u.U. sogar schwer, vor allem hinsichtlich der auftretenden Hebe- und Tragebelastungen. Hilfsmittel stehen nicht immer zur Verfügung. Ein Wechsel von Sitzen und Stehen ist möglich, wobei Stehen und Gehen in der Regel meist deutlich überwiegt. Dazu ist Bücken oft erforderlich und außerdem Recken einschl. Hantieren über Kopfhöhe sowie nicht selten sogar Besteigen von Leitern nicht auszuschließen. Gehört Werkzeugpflege und Instandsetzung mit zu den Aufgaben, können auch zeitweise Zwangshaltungen auftreten. Ebenso kann Verletzungsgefahr nicht ausgeschlossen werden. Dem Kläger dürften für einen Ansatz auf zumutbarer Qualifikationsebene eine max. dreimonatige Einarbeitungszeit genügen. Anzumerken ist, dass entsprechende Stellen allerdings nicht selten innerbetrieblich mit leistungsgeminderten Beschäftigten besetzt werden, da die Belastungen im Vergleich zum Ausgangsberuf doch geringer sind. Es handelt sich jedoch nicht ausschließlich um typische Schonarbeitsplätze. Insgesamt genügt das Leistungsvermögen des Klägers nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Weitere Tätigkeiten auf der Facharbeiter- oder Anlernebene, die der Kläger aufgrund seines positiven Leistungsprofils, unter Berücksichtigung seiner erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, noch verrichten könnte, sind aus berufskundlicher Sicht nicht erkennbar.

In der industriellen Fertigung vorkommende Tätigkeiten wie Montier-, Verpackungs-, Sortier- und Kontrollarbeiten können körperlich leicht sein, in der Regel dann, wenn mit kleinen Teilen umzugehen ist. Die Arbeiten sind aber weitgehend in einseitiger Körperhaltung (entweder im Sitzen oder Stehen) zu verrichten. Ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ist möglich, wenn die zu bearbeitenden Teile selbst an- und abtransportiert werden müssen, jedoch fällt u.U. auch schwerere Hebe- und Tragebelastung an. Die Tätigkeiten in diesem Bereich erfordern nicht selten Schichtarbeit und werden in der Regel im Akkord oder unter akkordähnlichen Bedingungen bzw. am Fließband verrichtet. Eine ständige Rücksichtnahme auf alle Leistungseinschränkungen des Klägers ist auch bei diesen Tätigkeiten nicht möglich. Außerdem werden für diese körperlich leichten Tätigkeiten bevorzugt Frauen beschäftigt, da ihnen ein größeres Feinhandgeschick unterstellt und dabei eine höhere Arbeitsgeschwindigkeit erwartet wird.

Ungelernte Tätigkeiten für Männer sind z.B. Lager-, Transport- und Verladearbeiten. Die dabei anfallenden Tätigkeiten sind jedoch mittelschwer bis schwer und ausschließlich im Gehen und Stehen zu verrichten. Häufiges Bücken sowie Heben und Tragen von Lasten sind üblich. Teilweise ist auch im Freien unter Witterungseinflüssen und unter Einwirkung von Zugluft und Temperaturschwankungen zu arbeiten. Zeitdruck oder Schichtarbeit sind keine Seltenheit. Ein dem Leistungsvermögen des Klägers entsprechende Alternative ist auch in diesem Bereich nicht erkennbar.

Wachtätigkeiten scheiden als Verweisungstätigkeiten ebenfalls aus, da Wachmänner ihre Aufgabe in nicht unerheblichem Maße im Gehen und Stehen verrichten. Sitzen ist nicht üblich. Zusätzliche Belastungen ergeben sich durch ungünstige Witterungseinflüsse und üblicherweise Schichtarbeit, häufig sogar Nachtschicht. Auch Dr. ^Riedinger^ hat in seinem Gutachten vom 11.06.2002 (Bl. 59 Klageakte) die Tätigkeit als Wachmann für nicht mehr zumutbar erachtet.

Da die Tätigkeiten eines Museumswärter und einer Spielhallenaufssicht in einem ähnlich gelagerten Fall als zumutbare Verweisungstätigkeit genannt wurde, nehme ich dazu detailliert Stellung.

Museumswärter

Die Körperhaltung der Museumsaufsicht ist in den meisten Museen annähernd ausschließlich Stehen und Gehen. Sitzen ist die Ausnahme, allein schon, weil in der Regel mehrere Räume überwacht (z.T. auch über zwei Etagen) und regelmäßig und auch unregelmäßig begangen werden müssen. Sitzen ist gestattet, wenn kein Besucher da ist. Nach Auskunft von Museumsleitern ist die Mitarbeit beim Ab- und Aufbau von Ausstellungen, beim Transport und bei der Verwahrung von Objekten erforderlich. Gefordert werden gutes Hörvermögen, ausreichendes Sehvermögen, die Fähigkeit, Leitern zu besteigen und kurzfristig auf Leitern arbeiten zu können. Sonn- und Feiertagsdienst ist erforderlich.

Selbst für diese leichten Arbeiten ist der Kläger unter den üblichen Bedingungen des Arbeitslebens nicht mehr geeignet, da die Tätigkeit eines Museumswärters nahezu ausschließlich im Stehen und Gehen verrichtet wird.

Spielhallenaufsicht

Eine Spielhallenaufsicht ist für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebes in Spielcentern, Spielotheken und Betrieben mit Unterhaltungs- und Glückspielgeräten zuständig. Zu ihren weiteren Aufgaben gehören das Betreuen und Pflegen der Spielautomaten, das Beseitigen von technischen Störungen bzw. Veranlassen von Reparaturarbeiten, das Gewährleisten der Sauberkeit und attraktiven Gestaltung des Spielcenters, das Organisieren und Betreuen von Veranstaltungen/Turnieren, das Betreuen der Gäste/Kunden, ggf. Schlichten von Unstimmigkeiten unter den Kunden, Kassieren, Erstellen von Verkaufsabrechnungen und Aufstellen von Dienstplänen, ggf. Mithilfe beim Gastronomie-Service.

Die Tätigkeit einer Spielhallenaufsicht ist in der Regel körperlich leicht und wird im Stehen, Gehen und kurzfristig im Sitzen verrichtet. Wechselschicht ist üblich. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass nach Absprache mit dem Arbeitgeber vereinbart werden kann, die Tätigkeit einer Spielhallenaufsicht nur in Tagesschicht zu verrichten. Aus berufskundlicher Sicht dürfte die Möglichkeit, als Spielhallenaufsicht lediglich in Tagesschicht zu arbeiten, zwar nur in geringem, aber dennoch nennenswertem Umfang auf dem Arbeitsmarkt des Bundesgebietes vorhanden sein.

Von Arbeitgeberseite werden jedoch bestimmte Mindestanforderungen an die Person wie z.B. Durchsetzungsvermögen und Zuverlässigkeit gestellt. Außerdem muss häufig ein polizeiliches

Führungszeugnis vorgelegt werden. Ob der Kläger diese Voraussetzungen mitbringt, kann nicht beurteilt werden. Dr. ^Riedinger^ hat aus nervenärztlicher Sicht Alkoholmissbrauch als Gesundheitsstörung genannt:

Anmerken möchte ich, dass bei dieser Gesundheitsstörung eine Beschäftigung z.B. als Spielhallenaufsicht, bei der der Umgang mit Alkohol erforderlich sein kann, üblicherweise nicht geeignet ist.

Auch einfache Reinigungsarbeiten stellen für den Kläger keine seinem Leistungsvermögen entsprechende Alternative dar. Diese Arbeiten beinhalten zumindest gelegentlich auch schwerere als nur leichte Belastungen. Die Arbeiten werden im Gehen und Stehen verrichtet. Häufiges Bücken, Recken, vorgebeugte und z.T. gedrehte Haltung, o.ä. oder auch Arbeit im Freien werden verlangt. In der Regel wird außerdem unter Zeitdruck gearbeitet.

Auch Spüler im Hotel- und Gaststättengewerbe müssen teilweise schwerere als nur leichte Lasten heben. Eine dem Leistungsvermögen des Klägers entsprechende Alternative wird auch hier nicht gesehen.

Boten, Mitarbeiter einer Registratur oder Poststelle müssen erfahrungsgemäß zumindest zeitweise bis mittelschwer belastbar sein. Häufiges Bücken, Recken, Heben und Tragen von schwereren Lasten ist trotz des Einsatz von z.B. Aktenrollwagen nicht unüblich. Die Tätigkeit eines Boten scheidet insbesondere daher aus, da sie überwiegend im Gehen verrichtet wird. Auch das Besteigen von kleinen Leitern ist z.B. in einer Registratur erforderlich. Die Leistungseinschränkungen des Klägers können auch bei diesen Tätigkeiten nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Gedacht werden könnte jedoch noch an eine Pförtnertätigkeit. Die Belastungen bei der Tätigkeitsausübung und die Anforderungen, die an das gesundheitliche Leistungsvermögen, die Vorkenntnisse und die Persönlichkeit gestellt werden, können sehr unterschiedlich sein. Stellen für einfache Pförtner gibt es in nennenswerter Zahl. Obwohl sie häufig als Schonarbeitsplätze gelten und der innerbetrieblichen Besetzung durch leistungsgeminderte Beschäftige vorbehalten sind, haben dennoch auch Außenstehende in nennenswertem Umfang Aussichten, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Auch auf diverse Leistungsminderungen kann häufig Rücksicht genommen werden. So ist teilweise leichte Belastbarkeit ausreichend und ein Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen möglich. Schweres Heben und Tragen kann meist ausgeschlossen werden. Schichtarbeit ist üblich, nicht selten sogar rd. um die Uhr und /oder mit auf 12 Stunden verlängerten Schichten. Auch Zeitdruck ist zeitweise möglich. Außerdem sind andere Stressbelastungen (z.B. Gefahrensituationen, ggf. Auseinandersetzungen mit Besuchern oder Mitarbeitern) nicht völlig zu vermeiden. Eine Pförtnertätigkeit ist zwar verschiedentlich durch lange Zeiten der relativen Monotonie geprägt, gerade aber wenn die Routine durchbrochen wird, ist es die Aufgabe des Pförtners, zu reagieren und situationsgerecht schnell zu handeln. Zudem handelt es sich überwiegend um Alleinarbeit, so dass auf die ständige Anwesenheit und Aufmerksamkeit nicht verzichtet werden kann. Ein gewisses Maß an neurovegetativer und psychischer Belastbarkeit, aber auch ausreichendes Hörvermögen sind daher erforderlich.

Da der Pförtner für Kunden, Besucher, Lieferanten, ggf. Anrufer in der Regel der erste Ansprechpartner eines Unternehmens, einer Behörde etc. ist, werden auch bestimmte Mindestanforderungen an Umgangsformen, Auftreten, äußeres Erscheinungsbild u.ä. gestellt. Wenn der Kläger die geforderten persönlichen Voraussetzungen mitbringt, ist aus berufskundlicher Sicht bei Würdigung aller Aspekte nicht davon auszugehen, daß es eine nennenswerte Zahl von auch Außenstehenden zugänglichen einfachen Pförtnerarbeitsplätzen gibt, die der Kläger trotz seiner Leistungsminderungen noch ausfüllen kann.

Telefonist

Aus dem Kreis der hervorgehobenen ungelernten, in verschiedenen Tarifverträgen mindestens wie Anlerntätigkeiten bewerteten Tätigkeiten wird oft noch die - berufsfremde - Telefonistentätigkeit als berufliche Alternative genannt. Sie ist - wenn nicht andere Arbeiten mit verrichtet werden müssen oder zur Auskunfterteilung umfangreiches oder vertieftes Wissen erforderlich ist - erfahrungsgemäß in maximal drei Monaten erlernbar. Die Tätigkeit eines Telefonisten ist körperlich leicht, wird jedoch ausschließlich im Sitzen ausgeübt. In der Regel erfolgt die Vermittlung der Gespräche per Tastatur und Bildschirm. Bildschirmarbeit wird u.U. in ausgeprägt statischer Haltung verrichtet. Zumindest eine Hand muss so geschickt und belastbar sein, daß die Verbindung schnell und korrekt hergestellt, ggf. Nachrichten notiert und z.T. Gebührenaufzeichnungen geführt bzw. Abrechnungen vorgenommen werden können. Neben Voraussetzungen wie Höflichkeit, Flexibilität, Merkfähigkeit, Sprachgewandtheit mit möglichst angenehmer Stimme etc. wird außerdem ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit (u.a. für Arbeit unter Zeitdruck) erwartet. Ob der Kläger die persönlichen Voraussetzungen mitbringt, kann nicht beurteilt werden. Unabhängig davon, ist bei dieser Tätigkeit ebenfalls eine ständige Rücksichtnahme auf die Leistungseinschränkungen des Klägers nicht möglich.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß es bei Betrachtung des Arbeitsmarktes des gesamten Bundesgebietes nicht doch eine nennenswerte Zahl von Arbeitsplätzen gibt, die grundsätzlich für den Kläger in Betracht kämen. Auf Arbeitgeberseite sind dabei jedoch erfahrungsgemäß besondere Zugeständnisse (z.B. der Restleistungsfähigkeit angepaßter Zuschnitt der Aufgaben, Verzicht auf Flexibilität oder Vielseitigkeit, Änderungen am Arbeitsplatz, Herabsetzung des Arbeitstempos bzw. des erwarteten Produktivitätsgrades) erforderlich. Entsprechende Arbeitsplätze sind Außenstehenden daher unter den üblichen Bedingungen des Arbeitslebens in der Regel nicht bzw. nicht direkt zugänglich, vielmehr handelt es sich nicht selten um vergönnungsweise Beschäftigung aufgrund sozialer Verpflichtungen oder die Arbeitsplätze wurden im Einzelfall durch besondere Vermittlungsbemühungen und Vermittlungshilfen, z.B. nicht selten erhebliche finanzielle Leistungen erschlossen.

Anmerken möchte ich, dass verbindliche Tarifauskünfte nicht zum Aufgabengebiet der Bundesanstalt für Arbeit gehören.
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