S 2 RJ 258/02

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
S 2 RJ 258/02
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 35jährige Kläger hat keinen Beruf erlernt und war ab 1990 als Glasarbeiter tätig. Der Kläger hat vom 16.09.1998 - März 2000 an einer blindentechnischen Grundausbildung, Sonderkurs für Rehabilitanden mit fremdsprachlicher Schulbildung teilgenommen. Im Anschluss daran hat er vom 22.03.2000 - 21.03.2001 eine Umschulung zum Telefonisten/Telekommunikationsoperator absolviert.

Ihrer Anfrage zufolge bitten Sie um Beantwortung folgender Fragen:
1. Wieviele Telefonistenstellen werden bayern- und bundesweit angeboten?
2. Wieviele Telefonistenstellen werden bayern- und bundesweit sowohl für Sehbehinderte/Blinde als auch für Nichtsehbehinderte/Nichtblinde angeboten?
3. Wieviele Telefonistenstellen werden bayern- und bundesweit nur für Blinde/Sehbehinderte angeboten?
4. Ist eine blinden-/sehbehindertenspezifische Ausstattung eines Telefonistenarbeitsplatzes betriebsüblich? Gibt es hierüber konkrete Zahlen?
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

zu Frage 1:
Im August 2003 waren bei den bayerischen Arbeitsämtern insgesamt 107 offene Stellen für Telefonisten gemeldet. Bundesweit betrug die Zahl der offenen Stellen zum gleichen Zeitpunkt für die Tätigkeit eines Telefonisten 1054.

zu Frage 2 und 3:
Die von Ihnen erbetenen Zahlenangaben können leider anhand der gängigen Statistiken nicht gemacht werden, da diese nicht so tief gegliedert sind bzw. nicht nach den gewünschten Merkmalen unterscheiden.

Es liegt mir jedoch Zahlenmaterial vor, ob entsprechende Stellen auch bzw. nur für Schwerbehinderte gemeldet sind.
Von den im August 2003 bei den bayerischen Arbeitsämtern gemeldeten 107 offenen Stellen für Telefonisten wurden 85 auch für Schwerbehinderte angeboten. Von den bundesweit gemeldeten 1054 offenen Stellen standen 860 auch Schwerbehinderten zur Vermittlung zur Verfügung.

Nur für Schwerbehinderte wurden im August 2003 zwei Vermittlungsaufträge für die zu besetzende Stelle eines Telefonisten erteilt. Im Bundesgebiet waren es 40 Stellenangebote, bei der die Arbeitgeber die Besetzung mit ausschließlich einem Schwerbehinderten wünschten.

zu Frage 4:
Arbeitsplätze für Sehbehinderte und Blinde sind nicht unter den üblichen Bedingungen des Arbeitslebens zu erreichen. Sie müssen regelmäßig erst im Einzelfall erschlossen und bei Einstellungsbereitschaft des Arbeitgebers behindertengerecht ausgestattet werden.

Der Kläger wurde während seiner Umschulung zum Telefonisten Ihrer Anfrage zufolge an einer behindertengerecht ausgestatteten Siemens-Nixdorf-Anlage 8818 praktisch ausgebildet. Der Träger der Umschulungsmaßnahme ist dafür verantwortlich, dass der Praktikumplatz blindentechnisch ausgestattet ist.
Eine blinden-/sehbehindertenspezifische Ausstattung eines Telefonistenarbeitsplatzes ist nicht betriebsüblich.
Nach § 33, Abs. 8, Nr. 5 SGB IX werden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wie z.B. Kosten technischer Arbeitshilfen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind, erbracht.

Allgemein möchte ich noch folgendes ausführen:
Nach einer Umfrage des IAB im Jahre 1997 haben blinde Männer und Frauen im erwerbsfähigen Alter im Vergleich zu anderen Behindertengruppen eine weit unterdurchschnittliche Erwerbsquote.
Die Erwerbstätigkeit findet in einem schmalen Segment der Arbeitswelt statt. Ein großer Teil der erwerbstätigen Blinden ist in nur drei Berufsgruppen beschäftigt (Telefonist, Stenotypist/Bürohilfskräfte, medizinischer Bademeister/Masseur). Die Verengung der Erwerbstätigkeit auf ein schmales Marktsegment birgt auf mittlere Frist ein besonderes Beschäftigungsrisiko. Eine parallel durchgeführte Befragung von Unternehmen, die Blinde beschäftigen, ergab deutliche Hinweise darauf, dass der organisatorisch-technische Wandel die Beschäftigungsmöglichkeiten für blinde Arbeitnehmer zukünftig reduzieren wird. Die Personalverantwortlichen der befragten Betriebe und Behörden haben im großen und ganzen zwar gute Erfahrungen mit blinden Arbeitnehmern gesammelt, jedoch wurde die geringe Flexibilität bei der betrieblichen Einsetzbarkeit Blinder und die unzureichende Weiterentwicklungsfähigkeit der beruflichen Qualifikation kritisch bewertet.

Nach Sichtung der im Stellen-Informations-Service der Bundesanstalt für Arbeit veröffentlichen Stellenangebote werden von den Arbeitgebern als wichtigste Grundvoraussetzung für die Tätigkeit eines Telefonisten eine angenehme Telefonstimme, sehr gute Deutschkenntnisse bzw. Deutsch als Muttersprache oder akzentfreies Deutsch, klare und deutliche Sprechweise genannt. Ebenso sollte Belastbarkeit und Stressstabilität vorhanden sein.
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Datum