S 11 RJ 990/01

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
S 11 RJ 990/01
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 47jährige Kläger hat seit 2.11.1970 eine Tätigkeit als Kraftfahrer verrichtet. Nach Teilnahme an einem Berufskraftfahrer-Lehrgang vom 24.01.1979 bis 02.03.1979 hat er die Abschlussprüfung zum Berufskraftfahrer (Güterverkehr) nach § 34 Berufsbildungsgesetz (BBiG) abgelegt.

Dr. ^Wiegand^ beschreibt das Leistungsvermögens des Klägers in seinem neuropsychiatrischen Gutachten vom 03.02.2003 und Dr. ^Lohner^ in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 05.06.2003 wie folgt:
körperlich leichte Arbeiten
in wechselnder Körperhaltung
ohne besondere nervliche Belastung (ohne Publikumsverkehr, ohne Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit.
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Ihrer Anfrage zufolge bitten Sie um Beantwortung folgender Fragen:
1. Ist die Tätigkeit des Klägers als Facharbeitertätigkeit einzustufen?
2. Welche Tätigkeiten kann der Kläger unter Berücksichtigung des verbliebenen Leistungsvermögens nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten aus der Gruppe der
a. Facharbeitertätigkeiten
b. angelernten Tätigkeiten (allgemeine Anlernzeit zwischen drei Monaten und zwei Jahren)
c. ungelernte Tätigkeiten (allgemeine Anlernzeit unter drei Monaten)
noch vollschichtig verrichten?
3. Kann der Kläger insbesondere noch in den von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten (Telefonist, Tagespförtner und Verpacker leichter Gegenstände, Kassierer an Selbstbedienungstankstellen und Gabelstaplerfahrer - Bl. 133 ff der Gerichtsakte) vollschichtig tätig sein. Wie sind diese Tätigkeiten im Rahmen der Einteilung 1a bis 1c zuzuordnen?

zu Frage 1:
Gem. § 40 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) kann eine sog. "Externenprüfung" ablegen, wer mindestens das Zweifache der Zeit, die als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, in dem Beruf tätig ist, in dem er die Prüfung ablegen will. Es war durchaus üblich mit vorhandenem Führerschein der Klasse 2 und vierjähriger Berufspraxis auf Fahrzeugen der Führerschein-Klasse 2 den Berufsabschluss "Berufskraftfahrer" gem. § 40 Abs.2 BBiG nachzuholen. Der Kläger hat am 23.03.1979 die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Berufskraftfahrer (Güterverkehr) abgelegt. Zu diesem Zeitpunkt war der Berufskraftfahrer ein anerkannter Ausbildungsberuf von zweijähriger Dauer mit den Fachrichtungen "Güterverkehr" und "Personenverkehr", der mit der "Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer" vom 26.10.1973 (in Kraft getreten am 01.01.1974) geregelt wurde. Zwischenzeitlich handelt es sich beim Berufskraftfahrer um einen Ausbildungsberuf ohne Fachrichtungen mit dreijähriger Ausbildung (geregelt durch die Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer vom 19.04.2001 (in Kraft getreten am 01.08.2001).

Die Beklagte gibt in ihrem Schriftsatz vom 14.02.2003 an, dass der Kläger zuletzt als Kraftfahrer im Munitionsdepot Schierling tätig war und den Beruf des Berufskraftfahrers nicht in voller Bandbreite ausgeübt hat und dass er unter anderem keine Auslandfahrten mit Fracht- und Zollformalitäten zu erledigen hatte. Obwohl der Kläger damit nur Teilbereiche des gesamten Aufgabengebietes eines Berufskraftfahrers ausgeübt hat, sind aus berufskundlicher Sicht derartige Spezialisierungen aufgrund der vielfältigen Ansatzmöglichkeiten eines Berufskraftfahrers nicht unüblich.

Der Kläger wurde nach Arbeitgeberauskunft (Bl. 8 ff Gerichtsakte) in die Lohngruppe 4a MTArb eingestellt und zuletzt nach der Lohngruppe 5a MTArb entlohnt. Im MTArb sind in der Lohngruppe 4 Arbeiter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren, die in ihrem oder einem diesem verwandten Beruf beschäftigt werden, eingruppiert. Der Lohngruppe 5 sind Arbeiter der Lohngruppe 4 Fallgruppe 1 oder 2 zugeordnet, die hochwertige Arbeiten verrichten (Hochwertige Arbeiten sind Arbeiten, die an das Überlegungsvermögen und das fachliche Geschick des Arbeiters Anforderungen stellen, die über das Maß dessen hinausgehen, was von einem Arbeiter der Lohngruppe 4 Fallgruppe 1 oder 2 üblicherweise verlangt wird. Nach vierjähriger Tätigkeit in der Lohngruppe 5 kann der Arbeitnehmer in die Lohngruppe 5a eingruppiert werden. Insgesamt ist aus berufskundlicher Sicht die Tätigkeit des Klägers als Facharbeitertätigkeit einzustufen.

zu Frage 2a) und b):
Verwalter eines Ersatzteillagers in größeren Kfz-Werkstätten
Die Tätigkeit eines Ersatzteillageristen wurde häufig als Verweisungstätigkeit für einen Berufskraftfahrer genannt und daher auf Zumutbarkeit für den Kläger geprüft. Je nach Größe, Sortimentsumfang und Aufgabenstellung finden Arbeitskräfte unterschiedlicher Qualifikation – vom qualifiziert Angelernten bis zum Meister – Ansatz (z.B. Beschäftigungsgruppe II oder III des Tarifvertrages des Bayer. Kfz-Gewerbes). Die Tätigkeit ist im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen zu verrichten, erfordert aber bei der Regalarbeit sowie bei Lieferung und Auslieferung auch Bücken und Besteigen von Leitern einschließlich Hochhantierungen sowie Heben und Tragen von Lasten. Es müssen kaufmännische, verwaltungs-, büro- und inzwischen in der Regel auch EDV-Kenntnisse erworben werden, wozu ein Zeitraum von max. drei Monaten erfahrungsgemäß nicht ausreicht. Gerade in größeren Kfz-Werkstätten, in denen auf die praktische Mitarbeit verzichtet werden kann, da Hilfskräfte zur Verfügung stehen, reicht ein maximal dreimonatiger Einarbeitungszeitraum nicht aus. Obwohl der Kläger über den Berufsabschluss Berufskraftfahrer verfügt, kann für einen Ansatz auf zumutbarer Qualifikationsebene nicht von einem kürzeren Zeitraum ausgegangen werden. In Kfz-Werkstätten, in denen der Verwalter des Ersatzteillagers die eigentlichen Arbeiten selbst verrichtet oder bei der Durchführung dieser Arbeiten mithilft, entspricht das Leistungsvermögen des Klägers nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Hausmeister
Auf zumutbarer Qualifikationsebene würde noch eine Hausmeistertätigkeit liegen. Die Dauer der Einarbeitung ist abhängig von den Vorkenntnissen und der Aufgabenstellung. Grundsätzlich sollte ein Hausmeister über einen gesunden Stütz- und Bewegungsapparat verfügen. Die Belastung ist überwiegend leicht bis mittelschwer, gelegentlich u.U. auch schwer. Gehen und Stehen überwiegt bei weitem, in unterschiedlichem Umfang ist Arbeit in Zwangshaltungen, Bücken, Hocken, Besteigen von Leitern und Überkopfarbeit nicht zu vermeiden. Auch Heben und Tragen bzw. Bewegen von - allerdings nicht immer schweren - Lasten wird üblicherweise verlangt. Ebenso sind Arbeiten im Freien erforderlich. Eine ausreichende Rücksichtnahme auf die Leistungsminderungen des Klägers erscheint nicht möglich.

Weitere Verweisungstätigkeiten auf der Facharbeiter- bzw. der qualifizierten Anlernebene, die der Kläger unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen und nach einer Einarbeitungszeit von bis zu drei Monaten noch vollwertig verrichten kann, sind aus berufskundlicher Sicht nicht erkennbar.

zu Frage 2c):
In der industriellen Fertigung vorkommende ungelernte Tätigkeiten wie Montier-, Sortier- und Kontrollarbeiten können körperlich leicht sein, in der Regel dann, wenn mit kleinen Teilen umzugehen ist. Die Arbeiten sind aber weitgehend in einseitiger Körperhaltung (entweder im Sitzen oder Stehen) zu verrichten. Ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ist möglich, wenn die zu bearbeitenden Teile selbst an- und abtransportiert werden müssen, jedoch fällt u.U. auch schwerere Hebe- und Tragebelastung an. Die Tätigkeiten in diesem Bereich erfordern nicht selten Schichtarbeit und werden in der Regel im Akkord oder unter akkordähnlichen Bedingungen bzw. am Fließband verrichtet. Eine ständige Rücksichtnahme auf alle Leistungseinschränkungen des Klägers ist bei diesen Tätigkeiten nicht möglich. Außerdem werden für diese körperlich leichten Tätigkeiten bevorzugt Frauen beschäftigt, da ihnen ein größeres Feinhandgeschick unterstellt und dabei eine höhere Arbeitsgeschwindigkeit erwartet wird.
Ungelernte Tätigkeiten für Männer sind z.B. Lager-, Transport- und Verladearbeiten. Die dabei anfallenden Tätigkeiten sind jedoch mittelschwer bis schwer und ausschließlich im Gehen und Stehen zu verrichten. Häufiges Bücken sowie Heben und Tragen von Lasten sind üblich. Teilweise ist auch im Freien unter Witterungseinflüssen und unter Einwirkung von Zugluft und Temperaturschwankungen zu arbeiten. Zeitdruck oder Schichtarbeit sind keine Seltenheit. Ein dem Leistungsvermögen des Klägers entsprechende Alternative ist auch in diesem Bereich nicht erkennbar.
Wachtätigkeiten scheiden als Verweisungstätigkeiten ebenfalls aus, da Wachmänner ihre Aufgabe in nicht unerheblichem Maße im Gehen und Stehen verrichten. Sitzen ist nicht üblich. Zusätzliche Belastungen ergeben sich durch ungünstige Witterungseinflüsse und üblicherweise Schichtarbeit, häufig sogar Nachtschicht.

Da die Tätigkeiten eines Museumswärters und einer Spielhallenaufsicht im ähnlich gelagerten Fall als zumutbare Verweisungstätigkeit genannt wurde, nehme ich dazu detailliert Stellung.

Museumswärter
Die Körperhaltung der Museumsaufsicht ist in den meisten Museen annähernd ausschließlich Stehen und Gehen. Sitzen ist die Ausnahme, allein schon, weil in der Regel mehrere Räume überwacht (z.T. auch über zwei Etagen) und regelmäßig und auch unregelmäßig begangen werden müssen. Sitzen ist gestattet, wenn kein Besucher da ist. Nach Auskunft von Museumsleitern ist die Mitarbeit beim Ab- und Aufbau von Ausstellungen, beim Transport und bei der Verwahrung von Objekten erforderlich. Gefordert werden gutes Hörvermögen, ausreichendes Sehvermögen, die Fähigkeit Leitern zu besteigen und kurzfristig auf Leitern arbeiten zu können. Sonn- und Feiertagsdienst ist erforderlich. Die Arbeiten in einem Museum sind zwar nicht als Arbeiten mit Publikumsverkehr zu verstehen, jedoch ist Besuchern auf Anfrage Auskunft zu erteilen, Besucher sind zu veranlassen das Museum zum Ende der Öffnungszeiten zu verlassen und ggf. sind Besucher daraufhin zu weisen, obwohl üblicherweise Schilder vorhanden sind, keine Gegenstände oder Gemälde etc. zu berühren. Hierbei wird Freundlichkeit, Höflichkeit und Durchsetzungsfähigkeit vorausgesetzt. Selbst für diese leichten Arbeiten ist der Kläger unter den üblichen Bedingungen des Arbeitslebens nicht mehr geeignet, da die Tätigkeit eines Museumswärters nahezu ausschließlich im Stehen und Gehen und nicht in wechselnder Körperhaltung verrichtet wird.

Spielhallenaufsicht
Eine Spielhallenaufsicht ist für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebes in Spielcentern, Spielotheken und Betrieben mit Unterhaltungs- und Glückspielgeräten zuständig. Zu ihren weiteren Aufgaben gehören das Betreuen und Pflegen der Spielautomaten, das Beseitigen von technischen Störungen bzw. Veranlassen von Reparaturarbeiten, das Gewährleisten der Sauberkeit und attraktiven Gestaltung des Spielcenters, das Organisieren und Betreuen von Veranstaltungen /Turnieren, das Betreuen der Gäste/ Kunden/innen, ggf. Schlichten von Unstimmigkeiten unter den Kunden/innen, Kassieren, Erstellen von Verkaufsabrechnungen und Aufstellen von Dienstplänen, ggf. Mithilfe beim Gastronomie-Service. Die Tätigkeit einer Spielhallenaufsicht ist in der Regel körperlich leicht und wird im Stehen, Gehen und kurzfristig im Sitzen verrichtet. Wechselschicht ist üblich. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass nach Absprache mit dem Arbeitgeber vereinbart werden kann, die Tätigkeit einer Spielhallenaufsicht nur in Tagesschicht zu verrichten. Aus berufskundlicher Sicht dürfte die Möglichkeit, als Spielhallenaufsicht lediglich in Tagesschicht zu arbeiten, zwar nur in geringem, aber dennoch nennenswertem Umfang auf dem Arbeitsmarkt des Bundesgebietes vorhanden sein. Anzumerken ist, dass von Arbeitgeberseite bestimmte Mindestanforderungen an die Person wie z.B. Durchsetzungsvermögen und Zuverlässigkeit gestellt werden. Außerdem muss häufig ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt werden. Ob der Kläger diese Voraussetzungen mitbringt, kann nicht beurteilt werden. Da das Betreuen der Gäste/ Kunden/innen und ggf. das Schlichten von Unstimmigkeiten unter den Kunden/innen mit Belastungen wie Arbeiten im Publikumsverkehr übereinstimmen und der Kläger diese Arbeiten nach den Gutachten der medizinischen Sachverständigen nicht mehr verrichten kann, genügt das Restleistungsvermögen des Klägers nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Auch einfache Reinigungsarbeiten stellen für den Kläger keine seinem Leistungsvermögen entsprechende Alternative dar. Diese Arbeiten beinhalten zumindest gelegentlich auch schwerere als nur leichte Belastungen. Die Arbeiten werden im Gehen und Stehen verrichtet. Häufiges Bücken, Recken, vorgebeugte und z.T. gedrehte Haltung o.ä. oder auch Arbeiten im Freien werden verlangt. In der Regel wird außerdem unter Zeitdruck gearbeitet. Auch Spüler im Hotel- und Gaststättengewerbe müssen teilweise schwerere als nur leichte Lasten heben. Eine dem Leistungsvermögen des Klägers entsprechende Alternative wird auch hier nicht gesehen.

Boten, Mitarbeiter einer Registratur oder Poststelle müssen erfahrungsgemäß zumindest zeitweise bis mittelschwer belastbar sein. Häufiges Bücken, Recken, Heben und Tragen von schwereren Lasten ist trotz des Einsatzes von z.B. Aktenrollwagen nicht unüblich. Die Tätigkeit eines Boten scheidet insbesondere daher aus, da sie überwiegend im Gehen verrichtet wird. Auch das Besteigen von kleinen Leitern ist z.B. in einer Registratur erforderlich. Die Leistungseinschränkungen des Klägers können auch bei diesen Tätigkeiten nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Einfache Bürohilfstätigkeiten wie z.B. Karteiarbeiten, Listenführung, Schreibarbeiten sind zwar körperlich leicht, werden jedoch in der Regel überwiegend im Sitzen verrichtet. Außerdem sind sie durch den zunehmenden Einsatz von EDV und moderner Bürokommunikation rückläufig. Auch verlangt der Wechsel von bisher ausschließlich gewerblicher Arbeit auf Bürotätigkeiten erfahrungsgemäß ein erhöhtes Maß an Umstellungsfähigkeit, wobei auf Arbeitgeberseite üblicherweise keine Bereitschaft besteht, minderbelastbare, gewerbliche, männliche Arbeitnehmer für solche Arbeiten neu einzustellen.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei Betrachtung des Arbeitsmarktes des gesamten Bundesgebietes nicht doch eine nennenswerte Zahl von Arbeitsplätzen gibt, die grundsätzlich für den Kläger in Betracht kämen. Auf Arbeitgeberseite sind dabei jedoch erfahrungsgemäß besondere Zugeständnisse (z.B. der Restleistungsfähigkeit angepasster Zuschnitt der Aufgaben, Verzicht auf Flexibilität oder Vielseitigkeit, Änderungen am Arbeitsplatz, Herabsetzung des Arbeitstempos bzw. des erwarteten Produktivitätsgrades) erforderlich. Entsprechende Arbeitsplätze sind Außenstehenden daher unter den üblichen Bedingungen des Arbeitslebens in der Regel nicht bzw. nicht direkt zugänglich, vielmehr handelt es sich nicht selten um vergönnungsweise Beschäftigung aufgrund sozialer Verpflichtungen oder die Arbeitsplätze wurden im Einzelfall durch besondere Vermittlungsbemühungen und Vermittlungshilfen, z.B. nicht selten erhebliche finanzielle Leistungen erschlossen.

zu Frage 3:
Telefonist
Die Beklagte verweist den Kläger in ihrem Schriftsatz vom 14.02.2003 auf die Tätigkeit eines Telefonisten, die zwar von einem Ungelernten - wenn nicht andere Arbeiten mit erledigt werden müssen oder zur Auskunftserteilung umfangreiches Wissen erforderlich ist - in der Regel innerhalb von drei Monaten erlernbar ist, jedoch aufgrund ihrer Einstufung in verschiedenen Tarifverträgen, wie auch von der Beklagten in ihrem o.a. Schriftsatz beispielsweise angegeben, mindestens der qualifiziert Angelerntenebene zuzuordnen ist. Die Tätigkeit eines Telefonisten ist körperlich leicht, wird aber ausschließlich im Sitzen, keinesfalls in wechselnder Körperhaltung ausgeübt. In der Regel erfolgt die Vermittlung der Gespräche per Tastatur und Bildschirm. Bildschirmarbeit wird u.U. in ausgeprägt statischer Haltung verrichtet. Zumindest eine Hand muss so geschickt und belastbar sein, dass die Verbindung schnell und korrekt hergestellt, ggf. Nachrichten notiert und z.T. Gebührenaufzeichnungen geführt bzw. Abrechnungen vorgenommen werden können. Neben Voraussetzungen wie Höflichkeit, Flexibilität, Merkfähigkeit, Sprachgewandtheit mit möglichst angenehmer Stimme etc. wird außerdem ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit (u.a. für Arbeit unter Zeitdruck) erwartet. Außerdem stellt die Tätigkeit eines Telefonisten hohe Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit durch gleichzeitige Anforderungen an mehrere Sinnesfunktionen (Sprechen, Hören, Sehen, Feinmotorik). Ob der Kläger die persönlichen Mindestvoraussetzungen mitbringt, kann nicht beurteilt werden. Wenn der Kläger, wie in dem Gutachten der medizinischen Sachverständigen angegeben, nur Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten kann, ist auch die Telefonistentätigkeit nicht als uneingeschränkt zumutbare Verweisungsmöglichkeit anzusehen. Anzumerken ist, dass eine Tätigkeit als Telefonist zwar nicht mit Publikumsverkehr verbunden ist, wie sie für den Kläger von den medizinischen Sachverständigen in ihren Gutachten ausgeschlossen wird, jedoch setzt der ständige Umgang mit Kunden, wenn auch telefonisch, eine hohe Frustrationstoleranz voraus. Bei psychischen und vegetativen Störungen ist die Tätigkeit als Telefonist in der Regel nicht geeignet bzw. bestehen gesundheitliche Bedenken.

Tagespförtner
Ebenfalls im Schriftsatz vom 14.02.2003 nennt die Beklagte die Tätigkeit eines Tagespförtners (tarifliche Einstufung z.B.: BAT Vergütungsgruppe VIII) als Verweisungstätigkeit. Im BAT (Bundesangestelltentarifvertrag) werden Pförtner nach mindestens dreijähriger Beschäftigung als Bote oder Pförtner im Arbeiterverhältnis im öffentlichen Dienst in die Vergütungsgruppe (VergGr) X eingruppiert. Bei der Bundesanstalt für Arbeit erfolgt die Eingruppierung eines Pförtners ab Beginn der Beschäftigung in VergGr X. Angestellte mit Tätigkeiten der VergGr X werden nach zweijähriger Bewährung in VergGr X der VergGr IXb zugeordnet. Angestellte mit Tätigkeiten der VergGr IX b erhalten nach zweijähriger Bewährung in VergGr IX b die VergGr IX a. Pförtner bei großen kommunalen Verwaltungen und Betrieben in Verwaltungsgebäuden mit starkem Publikumsverkehr, die in größerem Umfang Auskünfte zu erteilen haben, für die die Kenntnis der Zuständigkeiten nicht nur der Dienststelle (des Betriebes), bei der sie beschäftigt sind, erforderlich ist, werden zu Beginn ihrer Beschäftigung als Pförtner in VergGr IXb eingruppiert. Im BAT sind Angestellte im Büro-, Registratur-, Buchhaltereidienst usw. mit vorwiegend mechanischer Tätigkeit in VergGr X, mit einfacheren Tätigkeiten in VergGr IXb und mit - gemessen an den vorgenannten - schwierigeren Tätigkeiten in VergGr VIII eingruppiert. Charakteristisch für Aufgaben in der VergGr VIII sind vor allem Verantwortlichkeit, große Selbständigkeit, besondere eigene Initiative, Arbeitseinsatzentscheidung, besondere eigene Überlegung und eine höhere Befähigung, z.B. Fremdsprachenkenntnisse, die Fähigkeit, Schreiben nach skizzierten Angaben selbst zu entwerfen oder ähnliches. Eine Tätigkeit als Tagespförtner, wie von der Beklagten angegeben, wird üblicherweise nicht nach VergGr VIII vergütet. Die VergGr. VIII ist oft auch Eingangsstufe für ausgebildete Verwaltungsfachangestellte. Tätigkeitsinhalte, Anforderungen und Belastungen sind sehr unterschiedlich. Hauptsächlich werden sie durch den Einsatzort bestimmt (z.B. Industriebetrieb mit großem Werksgelände, Behörde, Klinik, Büro- oder Verwaltungsgebäude). Der Trend geht weg vom einfachen Pförtner. Zunehmend werden Pförtnern neben der Zutrittsregelung weitere Aufgaben übertragen. Die Pforte stellt immer häufiger eine technische Leitzentrale dar, in der Telefonanlage, Alarm- und Brandmeldesysteme, Rufanlage, Aufzugsnotruf usw. installiert sind. Der Pförtner ist nicht selten eine Werkschutzkraft, die Öffnungs- und Schließdienste versieht, Kontrollgänge durchführt, die Einhaltung von Feuerschutz- und Arbeitssicherheitsbestimmungen überwacht und im Notfall entsprechende Maßnahmen (z.B. Erste Hilfe, Brandbekämpfung, Evakuierung) ergreift bzw. veranlasst (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst rufen etc.). Auf anderen Pförtnerarbeitsplätzen, vor allem bei Behörden, Verwaltungen usw. liegt der Schwerpunkt im Besucherempfang und in der Auskunfterteilung. Hier sind häufig Büroarbeiten (Postabfertigung, Ablage, Schreibarbeiten, Listen führen usw.) mit zu verrichten. Die Bedienung der Telefonanlage gehört dabei ebenfalls oft zu den Aufgaben.
Entsprechend unterschiedlich sind die Belastungen bei der Tätigkeitsausübung und die Anforderungen, die dadurch hinsichtlich gesundheitlichem Leistungsvermögen, Vorkenntnissen und Persönlichkeit gestellt werden. Im Extremfall muss die körperliche Belastbarkeit Voraussetzungen wie bei der Berufsfeuerwehr genügen. Es können aber auch z.B. Fremdsprachenkenntnisse verlangt werden. Stellen für "einfache" Pförtner gibt es trotzdem noch in nennenswerter Zahl. Bei Industriebetrieben ist es allerdings zutreffend, dass solche Pförtnerarbeitsplätze überwiegend als Schonarbeitsplätze gelten und der innerbetrieblichen Besetzung mit leistungsgeminderten Beschäftigten vorbehalten sind. Gleichzeitig ist aber zu beobachten, dass der Pfortendienst immer häufiger Fremdfirmen (Wachdiensten) übertragen wird. Es ist u.a. deswegen davon auszugehen, dass auch für Außenstehende die Chance besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Eine Pförtnertätigkeit beinhaltet keine ständige nervliche Belastung bzw. keinen dauernden Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit. Ganz sind Stresssituationen erfahrungsgemäß jedoch nicht zu vermeiden. Gerade wenn die Routine durchbrochen wird, z.B. bei größerem Besucherandrang, bei der Abwehr unerwünschter Personen o.ä. Vorkommnissen, ist es Aufgabe des Pförtners zu handeln. Dazu kommt, dass weitestgehend Schichtarbeit üblich ist. Arbeitsplätze in normaler Tagesschicht sind in gewissem Umfang hauptsächlich im Büro- und Verwaltungsbereich zu finden. Jedoch ist auch an Pforten, die nachts nicht besetzt sind, in der Regel Früh- und Spätschicht zu verrichten. Arbeitsplätze für Pförtner ohne Schichtdiensteinsatz sind selten auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Bei Schichtarbeit wird nicht selten Dienst rund um die Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen verlangt. Auch 12-Stundenschichten sind nicht ungewöhnlich. Der Pförtner ist für Kunden, Besucher, Lieferanten und unter Umständen Anrufer in der Regel der erste Ansprechpartner eines Unternehmens, einer Behörde oder ähnlichem. Daher werden durchaus bestimmte Mindestanforderungen an Umgangsformen und äußeres Erscheinungsbild gestellt. Auch ein bisher grob-manuell tätiger Arbeitnehmer kann für eine einfache Pförtnertätigkeit in Frage kommen, wenn er Höflichkeit, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit, ein gewisses Maß an Flexibilität und Umsicht mitbringt und in der Lage ist, sich ausreichende Kenntnisse des Betriebes anzueignen. Ob der Kläger diese persönlichen Mindestanforderungen mitbringt, kann nicht beurteilt werden. Da der Kläger nach den Gutachten von beiden medizinischen Sachverständigen nur noch Arbeiten ohne Publikumsverkehr verrichten kann, entspricht sein Leistungsvermögen nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Verpacker leichter Gegenstände
Eine Tätigkeit als Verpacker leichter Gegenstände wird ebenfalls noch im Schriftsatz der Beklagten vom 14.02.2003 als zumutbare Verweisungsmöglichkeit genannt. Weil Frauen häufig über besseres Feinhandgeschick bei höherer Arbeitsgeschwindigkeit verfügen, werden mit diesen Arbeiten jedoch, insbesondere wenn sie körperlich leicht sich, bevorzugt Frauen beschäftigt. Üblicherweise sind diese Arbeiten in einseitiger Körperhaltung - entweder Sitzen oder Stehen - zu verrichten. Der Wechsel der Körperhaltung fällt in der Regel nur an beim An- und Abtransport der zu verpackenden, zu sortierenden oder kontrollierenden Waren. Heben und Tragen von nicht nur leichten Lasten kann dann durchaus erforderlich sein. Aus berufskundlicher Sicht unterliegen Verpackungstätigkeiten auf der ungelernten bzw. kurzfristig angelernten Ebene, die der Kläger aufgrund seines beruflichen Werdeganges innerhalb von drei Monaten Einarbeitungszeit verrichten kann, in der Regel einem vorbestimmten Arbeitsrhythmus. Wenn diese Arbeiten nicht im Akkord zu erledigen sind, dann bestimmt die Maschine bzw. das Fließband die Geschwindigkeit der zu erledigenden Arbeiten oder es sind Mindeststückzahlen vorgesehen. Während sicherlich noch Arbeitsplätze existent sind, die nicht in Schichtarbeit zu verrichten sind, dürften aus berufskundlicher Sicht - bis auf geringe Ausnahmen - keine Arbeitsplätze existieren, die nicht im Akkord- oder unter akkordähnlichen Bedingungen bzw. am Fließband zu verrichten sind. Insgesamt ist auch diese Tätigkeit dem Kläger aufgrund seiner Leistungseinschränkungen nicht mehr uneingeschränkt zumutbar.

Kassierer an Selbstbedienungstankstellen
Als weitere Verweisungsmöglichkeit nennt die Beklagte im Schriftsatz vom 14.02.2003 die Tätigkeit eines Kassierers an Selbstbedienungstankstellen, als dessen Aufgaben die Entgegennahme und Herausgabe von Zahlungsmitteln, Verkauf von Zeitschriften, von Kfz-Zubehör oder von Waren zum Verzehr, sowie der Platzierung der Waren im Verkaufs- sowie Lagerraum angegeben werden. Das Kassieren ist eine in nennenswertem Umfang isoliert vorkommende Teilaufgabe des Tankwartes. Im Tarifvertrag z.B. des Bayerischen Einzelhandels werden Kassierer der Beschäftigungsgruppe II zugeordnet. Voraussetzung dafür ist eine einschlägig abgeschlossene Ausbildung (auch eine 2jährige z.B. als Verkäufer) oder eine 3jährige Berufstätigkeit. Die reine Kassenbedienung kann nach kürzerer Anlernung verrichtet werden, erlaubt aber in der Regel keine wechselnde Körperhaltung. Ist neben der Kasse der gesamte so genannte „Shop„ zu betreuen, ist zeitweise ein Wechsel vom Sitzen zum Gehen und Stehen möglich, daneben wird aber bei der Warenannahme, Lagerhaltung, Gestaltung des Verkaufsraumes, dem Auffüllen der Regale und Auszeichnen der Waren (wie auch von der Beklagten angegeben) auch Heben und Tragen von schwereren als nur leichten Lasten verlangt. Außerdem ist Bücken und Besteigen von Leitern erforderlich. Da die tägliche Öffnungszeit einer Tankstelle in der Regel die Arbeitszeit eines einzelnen Mitarbeiters übersteigt, ist Schichtarbeit üblich. Auch Zeitdruck ist zumindest zeitweise kaum zu vermeiden. Da der Kläger über keinerlei kaufmännische Vorkenntnisse verfügt, reicht eine höchstens dreimonatige Einarbeitungszeit erfahrungsgemäß nicht aus, um die Qualifikationsebene der Anlernberufe zu erreichen. Unabhängig davon entspricht das Leistungsvermögen des Klägers nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Gabelstaplerfahrer
Als letzte Verweisungsmöglichkeit gibt die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 14.02.2003 die Tätigkeit eines Gabelstaplerfahrers an. Der Kläger hat diese Tätigkeit bereits ausgeübt. Diese Tätigkeit ist körperlich leicht und wird ausschließlich im Sitzen verrichtet. Insbesondere muss der Gabelstaplerfahrer bei seinen Aufgaben längere Zeit die gleiche Sitzhaltung beibehalten, da ein Wechsel der Sitzhaltung nur sehr beschränkt möglich ist und die Sitzflächen meist hart sind. Eine besondere Belastung stellen die Erschütterungen und die mechanischen Schwingungen (Vibrationen) dar. Chronische Beschwerden treten vor allem im Bereich der unteren Wirbelsäule auf. Die mentale und emotionale Beanspruchung des Fahrers bei Gabelstaplereinsatz ergibt sich aus den Erfordernissen einer vorschriftsmäßigen Bedienung (Lenk- und Fahrverhalten), der Arbeitsverrichtungen beim Laden und Stapeln, der Standsicherheit sowie der Wartung und Pflege, der Betriebssicherheitskontrolle, der Mängelerkennung u.v.a. Ständige Konzentration ist erforderlich. Auch müssen die Arbeiten nicht selten unter Zeitdruck erledigt werden. Die tägliche Einsatzprüfung des Fahrzeugs sowie der Fahrbetrieb mit Aufnehmen und Absetzen der Last erfordert eine ausreichende Intelligenz und eine hohe Gewissenhaftigkeit. Ein gutes Reaktionsvermögen, Organisationstalent, Geduld, Ausdauer und Kontaktfähigkeit sind weitere Eignungsvoraussetzungen für eine Tätigkeit als Gaplerstaplerfahrer. Aus berufskundlicher Sicht entspricht das Leistungsvermögen nicht mehr den üblichen Anforderungen.
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