L 5/13 RJ 227/04

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 5/13 RJ 227/04
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:

Der 1952 geborene Kläger absolvierte von 1968 bis 1970 eine Ausbildung als Heizungs- und Lüftungsbauer und war nach bestandener Gesellenprüfung von 1971 an als Schweißer im Omnibus-Gerippebau bei der X. wie Y. GmbH in M. versicherungspflichtig erwerbstätig. Im Rahmen seiner dortigen Tätigkeit legte er am 20. Juni 1989 vor der Industrie- und Handelskammer D. die Prüfung als Industriemeister - Fachrichtung Metall - ab. Der Kläger wurde entsprechend Lohngruppe 10 des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages für Arbeiter und Angestellte der Metallindustrie in N./N. entlohnt und war nach eigenen Angaben als stellvertretender Bandmeister tätig. Er vertrat während der Urlaubszeit oder dabei dessen sonstiger Verhinderung den ihm vorgesetzten Bandmeister, welcher im Angestelltenverhältnis stand. Während dieser Zeit waren dem Kläger etwa 50 bis 180 Mitarbeiter unterstellt. Dabei handelte es sich etwa zur Hälfte um Facharbeiter, denen der Kläger weisungsbefugt war. Mit der Lehrlingsausbildung war der Kläger selten befasst. In den Vertretungszeiten übte Erfolg umfänglich die Tätigkeit eines Bandmeisters aus, so dass für seine sonstige Tätigkeit kein Raum mehr verblieb. Der Kläger war vom 4. Januar 2001 an arbeitsunfähig erkrankt und bezog bis zum 13. April 2002 Krankengeld in gesetzlicher Höhe.

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:

Der Kläger kann zumindest leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des Positionswechsels, ohne besondere Anforderungen an die Geschicklichkeit der Hände, ohne längere Schreibtätigkeiten handschriftlich oder auf einer Tastatur, ohne Über-Kopf-Arbeiten, nur Tätigkeiten etwa in Tischhöhe, ohne stärkere Kraftanstrengungen der oberen Gliedmaßen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg Gewicht, ohne Nachtschichtbelastungen und ohne Akkordarbeiten sowie nur in geschlossenen, warmen Räumen ohne Einwirkung durch Kälte, Zugluft, oder Nässe) noch vollschichtig bzw. für die Dauer von sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag verrichten.

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben? Kann der Kläger noch als Telefonist tätig sein? Besteht für Telefonisten die Möglichkeit im Sitzen mit der Möglichkeit des Positionswechsels zu arbeiten?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1) „Berufsnahe Tätigkeiten“ in Bezug auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Schweißers/Bandmeisters, kann der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten.

An berufsfremden Tätigkeiten sind dem Kläger die Tätigkeit eines Telefonisten und eines Pförtners möglich. Wie aus dem unter Nr. 2 dargestellten Anforderungsprofil eines Telefonisten ersichtlich, arbeitet dieser oftmals überwiegend im Sitzen. Ein Positionswechsel ist jedoch möglich. Technische Hilfen wie das Tragen eines so genannten „Headsets“ oder elektrisch höhenverstellbare Tische erlauben selbst körperlich schwerstbehinderten Menschen reine Telefonistentätigkeiten zu verrichten.

zu 2) Telefonistin
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telegrammen, Telefaxen u. ä., die Entgegennahme und Niederschrift von Nachrichten für Teilnehmer, die vorübergehend abwesend sind. Je nach Art des Betriebes/ der Behörde können diese Tätigkeiten auch mit der Verrichtung von einfachen Büroarbeiten und /oder dem Empfangen und Anmelden von Besuchern gekoppelt sein. Die Anforderungen an Telefonistinnen sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeiten in der Regel auf das Bedienen einer z.T. recht umfangreichen Telefonanlage beschränken, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit einfachen Bürotätigkeiten, Schreibtätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten. Während bei Telefonisten in Großunternehmen ein bedarfsmässiger Wechsel der Körperhaltung zumindest bezweifelt werden darf, kann man bei dieser Tätigkeit in kleineren Betrieben davon ausgehen, dass eine wechselweise Körperhaltung zum einen aufgrund des breiteren Betätigungsfeldes, zum anderen aber auch im Bedarfsfalle jederzeit möglich ist.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und Datenverarbeitung, zunehmend Arbeit am Bildschirm. Gelegentlich findet die Arbeit unter Zeitdruck statt.

Pförtner
Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses.

Die Arbeit ist grundsätzlich körperlich leicht, in der Regel wird in temperierten Räumen gearbeitet, es überwiegt sitzende Körperhaltung (ein Bewegungswechsel ist möglich). Erforderlich sind ein gutes Hörvermögen, eine ausreichende sprachliche Darstellungsfähigkeit sowie ein gutes Personengedächtnis.

zu 3.) Bei den Tätigkeiten eines Telefonisten bzw. eines Pförtners handelt es sich um ungelernte Tätigkeiten für die keine besonderen Ausbildungen erforderlich sind. Im Regelfall betragen die betrieblichen Einarbeitungs- und Einweisungszeiten maximal drei Monate. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger innerhalb der vorgenannten Zeit die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben kann. Hinsichtlich der tarifvertraglichen Einstufung verweise ich auf das Tarifregister des Landes Hessen.

zu 4.) Aufgrund seines gesundheitlichen Restleistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht für in der Lage, die Tätigkeiten eines Telefonisten und eines Pförtners vollwertig verrichten zu können. Im Regelfall betragen die betrieblichen Einarbeitungs- und Einweisungszeiten maximal drei Monate. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger innerhalb der vorgenannten Zeit die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben kann.

zu 5+6.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten eines Telefonisten bzw. eines Pförtners stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang –mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze- auch Betriebsfremden zur Verfügung. Die Tätigkeit eines Telefonisten, steht in diesem Umfang sowohl in Kleinbetrieben, als auch in Großbetrieben zur Verfügung.
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