L 5/13 RJ 189/02

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 5/13 RJ 189/02
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
Der 1950 geborene Kläger absolvierte von 1967 bis 1970 zunächst eine Berufsausbildung zum Großhandelskaufmann und war nach dem Bestehen der Abschlussprüfung von 1970 bis 1985 als Möbelauslieferer tätig. Von 1986 bis 1987 wurde er sodann auf Kosten der Beklagten erfolgreich zum Nachrichtengerätemechaniker umgeschult. Nach dem Bestehen der Abschlussprüfung verrichtete der Kläger von 1988 bis 1992 Elektroarbeiten bei der Fa. B. E. in X. Eine im Juni 1992 begonnene Ausbildung zum Elektromeister wurde im Oktober 1992 aus gesundheitlichen Gründen ergebnislos abgebrochen. Der Kläger war ab Oktober 1992 arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld in gesetzlichem Umfang.

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:
Der Kläger kann zumindest leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltungen, ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von schweren Lasten, ohne häufiges Bücken, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Wechselschicht, ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastung oder an die Verantwortung sowie nur in geschlossenen, warmen Räumen ohne Einwirkung durch Kälte, Zugluft oder Nässe) noch vollschichtig bzw. zumindest für die Dauer von sechs Stunden pro Arbeitstag verrichten.

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben? Kommt der Kläger insbesondere noch für eine Tätigkeit als Telefonist in Betracht?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1): Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende berufsfremde bzw. qualifizierte Verweistätigkeiten zu verrichten:

• Warenaufmacher/Versandfertigmacher
• Pförtner
• Telefonist

Berufsnahe Verweistätigkeiten können keine benannt werden.

zu 2): Warenaufmacher / Versandfertigmacher
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren o.ä., das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen o.ä., das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen o.ä.

Hierbei handelt es sich je nach Branche um eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit, die in wechselnder Körperhaltung (im Sitzen, Stehen und Umhergehen) verrichtet werden kann.

Pförtner/Tagespförtner (Eingangskontrolleur)
Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen. Die Arbeiten werden überwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Umhergehen verrichtet.

Telefonist
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telegrammen, Telefaxen u. ä., die Entgegennahme und Niederschrift von Nachrichten für Teilnehmer, die vorübergehend abwesend sind. Je nach Art des Betriebes/ der Behörde können diese Tätigkeiten auch mit der Verrichtung von einfachen Büroarbeiten und /oder dem Empfangen und Anmelden von Besuchern gekoppelt sein.

Die Anforderungen an Telefonisten sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeiten in der Regel auf das Bedienen einer z.T. recht umfangreichen Telefonanlage beschränken, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit einfachen Bürotätigkeiten, Schreibtätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten.

Während bei Telefonisten in Großunternehmen ein bedarfsmässiger Wechsel der Körperhaltung zumindest bezweifelt werden darf, kann man bei dieser Tätigkeit in kleineren Betrieben davon ausgehen, dass eine wechselweise Körperhaltung zum einen aufgrund des breiteren Betätigungsfeldes, zum anderen aber auch im Bedarfsfalle jederzeit möglich ist.

zu 3.) Bei den vorgenannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.

Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit keine Tarifsammlung führen. Entsprechende Anfragen bitte ich an die Tarifvertragsparteien oder an die Tarifregisterstelle im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung zu richten.

zu 4.): Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für ihn ausreichend sein.

zu 5): Die genannten Verweistätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

zu 6.): Die genannten Verweistätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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