L 2 R 349/08

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 2 R 349/08
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
gel. Bäckermeister, gel. Konditor, selbständiger Bäckermeister, von
1983 – 1992 Fachberater für Backbetriebe

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:
Ganztags leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten nicht ausschließlich im Stehen und Gehen und im Freien, nicht in Kälte, Nässe, Hitze, Zugluft, nicht mit inhalativer Belastung (Dampf, Rauch, Gas, Staub) nicht auf Leitern und Gerüsten

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben? z.B. Fachberater für Backbetriebe

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.) und 2.): Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen halte ich den Kläger nicht mehr für in der Lage, die bisher ausgeübte Tätigkeit als Bäckermeister zu verrichten.

Ich halte den Kläger jedoch noch für in der Lage, folgende Tätigkeiten zu verrichten.

Fachberater für Backbetriebe im Außendienst
Diese Tätigkeit umfasst im Außendienst die Beratung der handwerklichen Bäckereien und den der industriellen Großbäckereien zum Produkteinsatz bei der Backwarenherstellung wie z. B.: Mehlprodukte in den jeweiligen Betrieben bzw. Produktionsräumen. Ggf. werden erfolgt neben beratenden Tätigkeiten auch eine Vorführung der Produkte; im Regelfall ist es erforderlich diese mitzuführen. Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit. Es wird überwiegend in wechselnder Körperhaltung Sitzen, Stehen Gehen gearbeitet. Ein inhalative Belastung von Staub – speziell Mehlstaub kann durch das Tragen von Hilfsmitteln z.B.: Masken vermieden werden. Arbeiten im Freien, in Kälte, Nässe, Zugluft, und auf Leitern und Gerüsten fallen nicht an.

Kaufm. Angestellter in Großbäckereien
Abhängig von der Betriebsgröße nehmen Bäcker und Bäckermeister in Großbäckereien kaufmännische und verwaltende Aufgaben wahr, verhandeln z. B.: mit Kunden, kalkulieren Angebote und erledigen den anfallenden Schriftverkehr. In Kleinbetrieben (handwerklichen Bäckereien) werden diese Arbeiten i.d.R. vom Firmeninhaber/der Firmeninhaberin erledigt.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, zum Teil in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich.

Büro-/Verwaltungshilfskraft
Diese Tätigkeit umfasst einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit nach vorgegebenem Schema oder nach jeweiligen Anordnungen verrichtet werden können. Bürohilfskräfte erledigen beispielsweise Schreibarbeiten, kümmern sich um die Verteilung der Post und firmeninterner Umläufe, kopieren Unterlagen, sorgen für die Ablage und erfassen Daten.

Je nach vorhandenen Kenntnissen und Fertigkeiten können Bürohilfskräfte einfache Buchhaltungsarbeiten ausführen, bei der Erstellung von Statistiken und Auswertungen mitwirken oder im Telefondienst mitarbeiten. Bei ihren vielfältigen Aufgaben und Tätigkeiten verwenden sie oft moderne Büro- und Kommunikationsmittel und müssen daher mit Computern, Kopierern, Scannern, Telefon, Telefax und anderen Bürogeräten nach entsprechender Einweisung umgehen können. Bürohilfskräfte können in allen Branchen tätig sein. Meist sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse und vertrauter Umgang mit dem Internet.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, zum Teil in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich.

zu 3.): Die Tätigkeiten Fachberater für Backbetriebe im Außendienst und kaufm. Angestellte in Großbäckereien erfordern eine Ausbildung als Bäcker oder im kaufm. Bereich. Aufgrund der Tätigkeit als selbstständiger Bäckermeister verfügt der Kläger auch über entsprechende kaufm. Kenntnisse.

Bei der vorgenannten Verweistätigkeit Bürohilfskraft handelt es sich um ungelernte Tätigkeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt. Hinsichtlich der tarifvertraglichen Einstufung verweise ich auf das Tarifregister des Landes Hessen.

zu 4.): Für die genannte Verweistätigkeit Bürohilfskraft sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für ihn ausreichend sein. Die Tätigkeit eines Fachberaters übte der Kläger bereits aus, so dass auch hier eine Einarbeitung von max. 3 Monaten - unter Berücksichtigung des beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens - ausreichend ist. Aufgrund der selbstständigen Tätigkeit eines Bäckermeisters ist eine Einarbeitungszeit von max. 3 Monaten auch für die Tätigkeit eines kaufm. Angestellten ausreichend.

zu 5.): Die genannten Tätigkeiten Fachberater, Kaufm. Angestellter in Großbetrieben, Bürohilfskraft stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

zu 6.): Die genannte Verweistätigkeit Bürohilfskraft steht auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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