L 5 R 178/08

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 5 R 178/08
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

1. Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Maurergesellen (August 1985 bis Juli 1987). In diesem Beruf hat er bis zum Juni 2006 gearbeitet. Seitdem ist der Kläger arbeitslos bzw. arbeitsunfähig.

2. Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:
Bei dem Kläger liegen folgende Krankheiten oder Behinderungen körperlicher, geistiger oder seelischer Art vor:

a) Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet:
- Neuropathisches Schmerzsyndrom (ICD G50.8).
- Dysthymia (ICD F34.1).

Der Kläger kann während der festgelegten Zeitdauer nur noch leichte Arbeiten ausführen.

Arbeiten können nur unter folgenden besonderen Einschränkungen oder Umweltbedingungen ausgeführt werden:
- Ohne Heben schwerer bzw. mittelschwerer Lasten bzw. Tätigkeiten mit häufigem Bücken.
- Ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten.
- Ohne Schichtarbeit, ohne Akkordarbeit.
- Ohne besondere nervliche Belastung, ohne besonderen Zeitdruck.

Zusätzliche betriebsunübliche Pausen werden nicht benötigt.

Der Kläger kann noch eine Fußwegstrecke von mehr als 500 m viermal täglich zurücklegen.

Zweifel an der Fähigkeit des Klägers, sich an die Erfordernisse im Erwerbsleben anzupassen bzw. sich umzustellen, haben sich nicht ergeben.

b) Auf augenärztlichem Fachgebiet:
- Hyperopie (Weitsichtigkeit) rechts
- Astigmatismus (Hornhautverkrümmung) beidseits
- V.a. Glaucoma chronicum simplex (grüner Star) beidseits
- Anisometropie (Zustand unterschiedlicher Brechungsverhältnisse von rechtem und linken Auge)
- Visusminderung (Sehschärfenminderung) links
- herabgesetztes räumliches Sehen
- Myopie (Kurzsichtigkeit) links
- Pseudophakie links (Vorhandensein einer künstlichen Linse)
- Verlust der Akkommodation links
- Irisverletzung links
- Zustand nach Ablatio (Netzhautablösung) linkes Auge
- Zustand nach Pars Plana Vitrektomie (glaskörperchirurgischer Eingriff) linkes Auge mit gleichzeitiger Anlage einer Cerclage
- periphere Netzhautnarben linkes Auge
- Gesichtsfeldeinschränkung linkes Auge
- Bindehautvernarbung linkes Auge

Der Sehschärfenminderung auf dem linken Auge kommt ein erwerbsmindernder Dauereinfluss zu. Die MdE beträgt nach augenärztlicher Einschätzung 20 vom Hundert.

Bei dem Kläger liegt eine deutlich reduzierte Sehschärfe und daraus resultierend ein reduziertes räumliches Sehen vor. Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie Arbeiten, die ein hochwertiges räumliches Sehen erfordern, sind nur begrenzt durchführbar.

II. Beweisfragen
- Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben?

- Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

- Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

- Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

- Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

- Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.) und 2.): Aufgrund der ärztlicherseits festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen halte ich den Kläger nicht mehr für in der Lage im erlernten bzw. zuletzt ausgeübten Beruf eines Maurers zu arbeiten. Berufsnahe Tätigkeiten kann er ebenfalls nicht mehr ausüben. Ich halte ihn jedoch noch für in der Lage, die folgenden berufsfremden Tätigkeiten auszuüben:

Pförtner/Tagespförtner
Pförtner/innen kontrollieren in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen den Zugang zu Gebäuden oder Betriebsgeländen. Sie sind erste Ansprechpartner für Besucher. Je nach Art des Betriebes oder der Behörde haben sie unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte. Sie überwachen zeitliche bzw. örtliche Zugangsberechtigungen. Sie kontrollieren Werksausweise, stellen Besucherkarten/Passierscheine für Besucher aus und melden diese bei der zuständigen Stelle an. Zu ihren Aufgaben gehören teilweise auch das Aushändigen von Formularen, sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck und das Verwalten von Schlüsseln und Schließanlagen. Auch die Kontrolle des Kfz- und Warenverkehrs gehört in manchen Betrieben zu ihrer Tätigkeit. Darüber hinaus können auch einfache Bürotätigkeiten, die Postverteilung im Betrieb sowie der Telefondienst zu ihren Aufgaben gehören. Pförtner/innen werden u. a. als Werkspförtner, Pförtner in Betrieben, Büro- und Geschäftshäusern und öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Heimen oder Museen eingesetzt.

Es handelt sich dabei meist um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu bewerten. Die Tätigkeit beinhaltet keine ständige nervliche Belastung bzw. keinen dauernden Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit. Ganz sind Stress-Situationen erfahrungsgemäß jedoch nicht zu vermeiden. Je nach Arbeitsort kann Schichtdienst vorkommen.

Mitarbeiter/Mitarbeiterin in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde
Die Tätigkeit, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist, kann wechselweise im Sitzen, Stehen und Umhergehen verrichtet werden. Sie umfasst das Öffnen der täglichen Eingangspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, das Anbringen eines Posteingangsstempels; das Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen bzw. Sachbearbeiter (üblicherweise mehrmals täglich unter Zuhilfenahme eines Postverteilerwagens) und Mitnahme der zur Weiterleitung an andere Fachabteilungen/Sachgebiete oder zum Versand bestimmten Vorgänge; das Kuvertieren, Wiegen und Frankieren der Ausgangspost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und zunehmend Arbeit am Bildschirm. Gelegentlich findet die Arbeit unter Zeitdruck statt.

zu 3.): Bei den vorgenannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt. Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit keine Tarifsammlung führen. Entsprechende Anfragen bitte ich an die Tarifvertragsparteien oder an die Tarifregisterstelle im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung zu richten.

zu 4.): Für die genannten Tätigkeiten sind im Allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für diesen ausreichend sein.

Zu 5.) Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

Zu 6.): Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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