Sozialgericht Marburg verzeichnet in 2017 leichten Klagerückgang

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Kategorie
Statistik - Extranet
Das Kalenderjahr 2017 war das letzte Jahr am alten Standort in der Gutenbergstraße.

63 Jahre lang haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialgerichts Marburg in dem Gebäude in der Gutenbergstraße Akten bearbeitet und Recht gesprochen. Im Dezember 2017 ist das Gericht komplett umgezogen in die Liegenschaft in der Robert-Koch-Straße 17 („Behördenzentrum Am Mühlgraben“), in dessen weitläufigen Gebäudekomplexen des früheren Universitätsklinikums jetzt das Finanzamt, der Landesbetrieb Immobilien und Baumanagement Hessen, das Bodenmanagement (früheres Katasteramt), sowie das Schulamt untergebracht sind, und in einigen Wochen wird die zu dem Landgericht Marburg gehörende Bewährungshilfe ebenfalls dort einziehen.

Seit 1. Januar 2018 ist das Gericht wieder voll arbeitsfähig und nachdem auch die Computer der elektronischen Datenverarbeitung sämtlich angeschlossen sind, wurden – wie in den vergangenen Jahren – die Zahlen für das abgelaufene Kalenderjahr aufbereitet und ausgewertet. Der Direktor des Sozialgerichts, Dr. Hans Heuser, nahm dies zum Anlass, in einer Presseerklärung die Jahresstatistik 2017 vorzulegen. Nach Jahren des leichten Anstiegs der Eingangszahlen ist in 2017 erstmals eine moderate Abnahme zu verzeichnen gewesen. Im Kalenderjahr 2016 wurden bei dem Sozialgericht Marburg 2569 Klagen bzw. Anträge auf Erlass von einstweiligen Anordnungen (Eilverfahren) anhängig, im Jahr 2017 waren es 2321, ein Rückgang um 9,9 Prozent. Der Rückgang ist nach den Worten des Direktors überwiegend auf deutlich weniger Klagen im Vertragsarztrecht (Klagen von Kassenärzten gegen die Kassenärztliche Vereinigung) zurückzuführen, von 921 im Jahr 2016 auf 637 in 2017. Auch die Klagen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach dem SGB XI sind von 105 auf 75 zurückgegangen. Demgegenüber ist die Anzahl der Klagen und Eilverfahren im Bereich des Krankenversicherungsrechts nach dem SGB V von 220 im Jahr 2016 auf 439 im Jahr 2017 deutlich angestiegen. In den anderen Rechtsgebieten seien die Veränderungen eher geringfügig gewesen: im sozialen Entschädigungsrecht und im Schwerbehindertenrecht (SGB IX) gab es eine Veränderung von 277 auf 261, in der Arbeitslosenversicherung nach dem SGB III einen leichten Anstieg von 94 auf 100 Klagen, in der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem SGB VII einen Anstieg von 125 auf 137, in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI einen Anstieg von 205 auf 216; deutlich weniger wurden die Verfahren aus dem Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II (sogenannter Hartz IV) von 390 auf 327 und auch die Verfahren aus der Sozialhilfe nach dem SGB XII verringerten sich von 181 auf 112.
Nach den Worten von Dr. Heuser sind in den Jahresstatistiken der Gerichte nicht nur die Eingangszahlen zu beachten, denn sie können von dem Gericht nicht beeinflusst werden. Ein wichtiger Gradmesser für die Leistungsfähigkeit eines Gerichts und des dort beschäftigten Personals seien die Erledigungszahlen. Die gesamte Erledigungszahl des Jahres 2017 habe bei 2212 gelegen, gegenüber 2111 in 2016, einen Anstieg von 5 Prozent. Die Erledigungen hängen wesentlich ab von der Zahl der besetzten Richterstellen und des nichtrichterlichen Personals. In 2017 seien 6,6 Richterstellen besetzt gewesen, wovon 2 Richterinnen mit jeweils 0,5 Arbeitskraftanteilen gearbeitet haben. Jede/jeder Richterin/Richter hatte bei den Eingängen über das ganze Jahr betrachtet einen monatlichen Durchschnitt von 27,2 neuen Verfahren. Bei den Erledigungen habe jede/jeder Richterin/Richter im Jahr 2017 im monatlichen Durchschnitt 25,1 erreicht.
Die nach wie vor hohen Eingangszahlen an Klagen und Anträgen und die damit verbundenen enormen Aktenumläufe konnten nach den Worten von Direktor Dr. Heuser im vergangenen Kalenderjahr nur durch die hohe Arbeitsleistung und Motivation sämtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem richterlichen und nichtrichterlichen Dienst (Beamte und Angestellte) bewältigt werden. Hierfür sei allen Bediensteten ein großer Dank abzustatten! Das Sozialgericht Marburg verfügte im Jahr 2017 neben den erwähnten 6,6 Richterstellen über 3 Beamte, die in der Geschäftsleitung, im Kostenbereich und als Teamleiter tätig waren. Zudem arbeiteten 7 Angestellte in Vollzeit und 5 in Teilzeit. Zudem absolvierten im ersten Halbjahr 2 Fachoberschüler(innen) und im zweiten Halbjahr 3 Fachoberschüler(innen) ein 12-monatiges Praktikum. Hierbei handelte es sich um Fachoberschüler, die im ersten Jahr an zwei Tagen in die Schule gehen und an den restlichen 3 Wochentagen im Gericht arbeiten.
Ob die Entwicklung des letzten Jahres bei den Neuklagen und Anträge auch im jetzt begonnen Kalenderjahr 2018 anhalte, lasse sich nach den Worten des Direktors noch nicht vorhersagen. Man gehe aber davon aus, dass sich das Vertragsarztrecht auch in 2018 auf die Gesamtstatistik des Gerichts deutlich auswirken werde. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei auch die gesetzliche Pflegeversicherung nach dem SGB XI, denn nach dem 01.01.2017 sei mit der „großen Pflegereform“ (Pflegestärkungsgesetz) eine neue Rechtslage geschaffen worden, als deren wesentlichster Inhalt die seit 1995 geltenden 3 Pflegestufen durch 5 Pflegegrade ersetzt worden sind. Es bleibe abzuwarten, ob sich aus dieser Änderung mehr oder weniger Klageverfahren ergäben.

Herausgeber: Direktor des SG Dr. Heuser,
Gutenbergstraße 29, 35037 Marburg, Tel.: 06421 / 1708 - 0
Pressesprecher: Richterin am SG Bräuer,
Tel.: 06421 / 1708 - 0, Fax: 06421 / 1708 - 50,
E-Mail: verwaltung@sg-marburg.justiz.hessen.de
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