Nach Tod des Versicherten gezahlte Unfallrente ist zurückzuerstatten

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Kategorie
Entscheidungen
Sohn des Verstorbenen kann als Leistungsempfänger nicht auf vorrangige Zahlungspflicht der Bank verweisen

Renten, die nach dem Tod eines Versicherten überwiesen werden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Der Versicherungsträger hat die Erstattung zu Unrecht erbrachter Zahlungen vorrangig gegenüber dem Geldinstitut geltend zu machen. War dem Geldinstitut der Tod des Versicherten nicht bekannt, kann dieses sich jedoch darauf berufen, dass bereits anderweitig über das Geld verfügt worden sei. In diesem Fall kann der Versicherungsträger gegenüber dem Empfänger der Leistung die Rückzahlung geltend machen. Dieser ist auch dann zur Rückzahlung verpflichtet, wenn ein vorrangiger Anspruch gegenüber dem Geldinstitut verjährt ist. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Berufsgenossenschaft fordert überzahlte Unfallrente zurück
Ein Versicherter erhielt eine Unfallrente, die antragsgemäß auf ein Konto seines Sohnes überwiesen wurde. Die Berufsgenossenschaft zahlte die Unfallrente über den Tod des Versicherten hinaus, bis sie von dessen Tod Kenntnis erlangte. Anschließend forderte sie von dem Geldinstitut die Rücküberweisung von rund 1.700 €. Das Institut verwies jedoch darauf, dass das Empfängerkonto bereits aufgelöst worden sei. Daraufhin forderte die Berufsgenossenschaft die Rückzahlung von dem im Lahn-Dill-Kreis lebenden Sohn des verstorbenen Versicherten. Dieser stellte sich auf den Standpunkt, dass vorrangig das Geldinstitut erstattungspflichtig sei.

Empfänger der Leistung ist erstattungspflichtig
Die Richter beider Instanzen gaben der Berufsgenossenschaft Recht. Der Sohn des verstorbenen Versicherten sei verpflichtet, die zu Unrecht erhaltene Unfallrente zurückzuzahlen.

Zwar müsse der Versicherungsträger die Erstattung von nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbrachten Zahlungen vorrangig gegenüber dem Geldinstitut geltend machen. Mit dieser Regelung solle allerdings lediglich eine möglichst schnelle, effektive und vollständige Rückzahlung zu Unrecht weitergezahlter Rentenleistungen erreicht werden. Die Empfänger dieser Leistungen sollten hingegen nicht vor einem Erstattungsverlangen geschützt werden.

Könne sich ein Geldinstitut daher erfolgreich berufen darauf, dass bereits vor der Rückforderung anderweitig über die Rentenleistungen verfügt worden sei, sei der Versicherungsträger berechtigt, stattdessen von dem Empfänger die zu Unrecht erbrachten Leistungen zurückzuverlangen. Zahlungspflichtig sei der Leistungsempfänger selbst dann, wenn zwar ein vorrangiger Anspruch gegen das Geldinstitut bestehe, dieses sich aber zu Recht auf die Einrede der Verjährung berufen habe.

Der Einwand der anderweitigen Verfügung setze im Übrigen voraus, dass das Geldinstitut im Zeitpunkt der Ausführung der Verfügung keine Kenntnis vom Tode des Versicherten hatte oder ihm doch zumindest im Rahmen des normalen Geschäftsgangs nicht möglich war, diesen mit den streitgegenständlichen Zahlungseingängen in Verbindung zu bringen. Bei Renteneingängen, die auf das Konto einer dritten, von dem Versicherten verschiedenen Person erfolgten, könne von der erforderlichen Kenntnis nur ausgegangen werden, wenn der Tod des Versicherten der Bank gerade bezogen auf eben dieses Konto mitgeteilt worden sei. Dies sei jedoch vorliegend zunächst nicht erfolgt.

Hinweise zur Rechtslage

§ 96 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII)
(3) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut ( …) überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

(4) Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. ( …)

(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 3 und 4 verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Träger der Unfallversicherung Kenntnis von der Überzahlung und in den Fällen des Absatzes 4 zusätzlich von dem Erstattungspflichtigen erlangt hat. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß.

§ 214 BGB
(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25.08.2020, Az.: L 3 U 73/19
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