Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Juli 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und die Gewährung einer höheren Beschädigtengrundrente nach dem Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG) umstritten.
Der Kläger ist 1973 als jüngstes von drei Kindern geboren. Zu seinen Geschwistern besteht nur noch ein reduzierter Kontakt. Die 1996 geschlossene Ehe, aus der der 1998 geborene Sohn hervorging, ist zwischenzeitlich geschieden worden. Die Ex-Frau und der Sohn leben weiterhin in Norddeutschland (Anamnese C). Nach dem Abschluss der Realschule hat er eine Ausbildung zunächst zum Groß- und Außenhandelskaufmann begonnen und 1994 eine solche zum Kfz-Mechaniker abgeschlossen. Danach war er bis zu seinem Erziehungsurlaub ab September 2000 in insgesamt sieben Betrieben als Kfz-Mechaniker beschäftigt. Seit dem 1. Oktober 2005 arbeitete er auf dem Oldtimerhof B bis Ende März 2015. Ab dem 15. April 2015 war er, zunächst mit 40 Stunden/Woche, dann mit 30 Stunden/Woche als Kfz-Mechaniker in einem Autohaus beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 24. März 2015). Das Arbeitsverhältnis wurde zum Ende September 2015 beendet. Anschließend bezog er Krankengeld (vgl. Bescheinigungen der BKK Mobil vom 21. Februar 2017 und 21. Februar 2018) sowie Arbeitslosengeld. Seinen Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente lehnte die Deutsche Rentenversicherung O (DRV) mit Bescheid vom 25. Januar 2017 ab, da die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der Kläger sei seit dem 14. August 2015 befristet voll erwerbsgemindert, das Versicherungskonto weise aber im Zeitraum vom 14. August 2010 bis 13. August 2015 nur fünf Monate mit Pflichtbeiträgen auf, sodass die Mindestzahl von 36 Monaten nicht erreicht sei.
Das B1krankenhaus W (BWK), wo der Kläger seit 25. Januar 2015 in stationärer Behandlung war, beschrieb am 30. Januar 2015 eine unklare, schmerzhafte Schwellung des rechten Unterschenkels. Diese sei vor drei Tagen ohne Trauma aufgetreten, weiter bestehe Luftnot bei Belastung. Bei geklagter Belastungsdyspnoe habe die Sauerstoffsättigung 98 % betragen, die Blutgasanalyse sei regelrecht ohne Hinweis auf respiratorische Insuffizienz gewesen. Unfallchirurgisch habe bei unauffälliger Bildgebung kein pathologischer Befund bestanden, aufgrund der laborchemischen Untersuchung könne ein akut infektiöses Geschehen ausgeschlossen werden.
Am 12. August 2015 beantragte er bei dem vormals zuständigen Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (nachfolgend einheitlich Beklagter) die Gewährung von Leistungen nach dem OEG und verwies auf das Ermittlungsverfahren (Az.: NZS 1201 Js 33455/15) der Staatsanwaltschaft Oldenburg (StA). Weiter legte er eine Kopie des anwaltlichen Schriftsatzes an das Landgericht Oldenburg mit dem Antrag auf Erlass eines Sicherungsarrestes vom 16. Juni 2015 vor.
Der Beklagte zog die Ermittlungsakte der StA bei.
In seiner Zeugenvernehmung am 23. Mai 2015 gab der Kläger an, dass das Arbeitsverhältnis ruhig und entspannt gewesen sei, bis die Ehefrau seines Chefs angefangen habe, mit in der Firma zu arbeiten. Anfang November 2014 habe er festgestellt, dass sein Kaffee komisch schmecke. Er habe sich zuerst nichts dabei gedacht und es sich nicht erklären können. Er habe dann die Maschine mit nach Hause genommen und gereinigt. Er sei im November schon beim Arzt gewesen, weil sein Magen verrückt gespielt habe. Solche Probleme habe er zuvor nicht gehabt. Richtig dahintergekommen sei er vermutlich Ende November/Anfang Dezember 2014. Am 9. Dezember habe sein Chef Geburtstag gehabt und da sei er sich schon sicher gewesen. Durch Zufall habe er vor dem Einlaufen des Kaffees die Tasse in die Hand genommen und den Geruch des Rostlösers WD-40 wahrgenommen. Er benutze diesen Rostlöser fast täglich und wisse genau, wie er rieche. Im ersten Moment habe er sich gewundert, wie der Geruch in seine Tasse komme. Auf seinem Löffel sei ebenfalls ein schmieriger, öliger Film gewesen. Seitdem habe er die Tasse und den Löffel erst noch einmal ausgewaschen. Die Ehefrau seines Chefs habe irgendwann vom Rostlöser auf Hohlraumversiegelung umgestellt. Zu Beweiszwecken habe er eine kleine Kamera in seine Kaffeemaschine eingebaut, deren Aufnahmen vom 12. und 18. März 2015 die Vorgänge eindeutig zeigten. Die Vergiftungen gingen seiner Meinung nach seit Oktober/November 2014 bis in den März 2015 hinein. Dadurch sei es zu körperlichen Beeinträchtigungen gekommen. Als er im Januar 2015 wegen Problemen mit dem Knie im Krankenhaus gewesen sei, sei die Klinik zunächst von einer Thrombose und sodann von einer Autoimmunkrankheit ausgegangen. Die Beschwerden könnten von den verabreichten Substanzen herrühren, definitiv nachweisen könne man es nicht. Er glaube, dass er mindestens zehnmal Kaffee getrunken habe, bevor er sich sicher gewesen sei, dass der Löffel besprüht worden ist. Er werde jetzt bei der Firma aufhören. Er sei dabei, sich einen neuen Job zu suchen, unter diesen Umständen könne und wolle er nicht mehr arbeiten. Er habe keine Lust, dass seine Gesundheit gefährdet werde, weil irgendjemand meine, er müsse ihm schaden.
Die vom Kläger auf einem USB-Stick vorgelegten Videosequenzen zeigten nach den polizeilichen Auswertungen, dass eine weibliche Person einen Löffel mit Hohlraumschutzspray der Marke Carlofon besprühe und den Löffel anschließend wieder in die Tasse zurückstelle.
Die StA veranlasste eine ambulante Untersuchung des Klägers am 11. Juni 2015 durch H – Medizinische Hochschule H1, Institut für Rechtsmedizin – der ausführte, dass sich am linken Oberschenkel vorderseitig, am linken Unterschenkel außenseitig sowie am rechten Innenknöchel Hauteffloreszenzen in Form eines schuppigen Ausschlags gezeigt hätten. Ob dieser Hautausschlag, ebenso wie die brüchigen Nägel, tatsächlich von einer längerzeitigen Intoxikation durch orale Beibringung der im Raum stehenden Autopflegeprodukte herrühre, bedürfe einer chemisch-toxikologischen Beurteilung unter kritischer Würdigung der im Sicherheitsdatenblatt der Produkte aufgeführten Substanzen. Eine Asservierung von Blut, Urin und Kopfhaaren habe stattgefunden, im Übrigen werde auf das Ergebnis der toxikologischen Untersuchung verwiesen.
H2 gab nach Untersuchung der vom Kläger übergebenen Asservate (Keramiktrinkbecher und Kaffeelöffel) an, dass sich Ölanhaftungen gefunden hätten, die sich von den beigefügten Vergleichsmaterialen (Hohlraumschutzspray „Carlofon“ und Sprühdose Multifunktionsspray „WD 40“) unterschieden.
Der K, Medizinische Hochschule H1 – Institut für Rechtsmedizin –, legte dar, dass die in dem Hohlraumschutzspray und dem Produkt WD 40 enthaltenen Substanzen bei Aufnahme/Exposition größerer Mengen Vergiftungen hervorrufen könnten. Eine akute Vergiftung durch Aufnahme großer Mengen habe nicht vorgelegen, ein laborchemischer Nachweis sei nicht erfolgversprechend. Die Verbindungen stellten bei oraler Aufnahme keine Hochrisikosubstanzen dar. Schwerwiegende toxische Effekte seien eher beim Einatmen der Substanzen zu erwarten. Dabei könne es zu einer chemisch-induzierten Lungenentzündung kommen, aus der sich ein Lungenödem mit letalem Verlauf entwickeln könne. Kohlenwasserstoffe könnten zu einer zentralen Dämpfung führen, beim Verschlucken seien eher Magen-Darm-Beschwerden zu erwarten. Lokal könne es bei langer Einwirkung gegebenenfalls zu Reizungen von Haut- und Schleimhäuten kommen. Diese Einschätzung sei durch das Giftinformationszentrum Nord nach Rücksprache bestätigt worden. Die geschilderten Symptome seien untypisch und ein Zusammenhang nicht beweisbar.
Die StA veranlasste am 16. Juli 2015 eine weitere Zeugenvernehmung des Klägers. Nach „Schwarzgeschäften“ seines ehemaligen Chefs befragt, gab er an, nicht zu wissen, was sein Chef von dem Vorgehen seiner Ehefrau mitbekommen habe. Bei einem Treffen mit dem Chef auf einem Oldtimer-Treffen in R Ende April/Anfang Mai sei er von diesem nicht nach den Gründen für die Kündigung gefragt worden, die er ihm am letzten Arbeitstag per E-Mail geschickt habe. Er wolle nochmals mitteilen, dass er sich mittlerweile in psychiatrische Behandlung begeben habe, er habe morgen einen Termin bei einer Traumatherapeutin. Ihm sei in letzter Zeit mehr bewusst geworden, wie dicht er doch an einer schweren Vergiftung gewesen sei, die vielleicht zum Tod habe führen können. Er werde jeden Tag durch die Flecken an seinen Beinen und an seinem Körper daran erinnert. Früher sei er regelmäßig schwimmen gegangen, er mache auch sonst keinen Sport mehr. Er sei schon stark durch diese Umstände eingeschränkt.
Die Ehefrau des Chefs ließ sich im Ermittlungsverfahren dahingehend ein, dass sie zwischen Dezember 2014 und dem 30. März 2015 in mehreren Fällen den Kaffeelöffel des Klägers mit dem Korrosionsschutzmittel Carlofon besprüht habe. Ihr Ziel sei gewesen, ihm den Kaffeegenuss zu verderben, da er ihr gegenüber ein herrisches und beleidigendes Verhalten an den Tag gelegt habe. Sie habe den Kläger weder vergiften noch verletzen wollen und sich nicht vorstellen können, dass das Besprühen des Kaffeelöffels gesundheitliche Schäden verursache. Carlofon sei bei der täglichen Arbeit ohne besonderen Arbeitsschutz verwendet worden. Sie habe den Kaffeelöffel nur sehr kurz eingesprüht und diesen trocken geschüttelt, wie auf den Videoaufnahmen zu erkennen sei. Um zu vermeiden, dass der Kläger den Löffel wegen offenkundiger Sprayanhaftungen gar nicht verwende, habe sie an dem Löffel gerochen und ihn mit einem Putzlappen abgewischt um sicherzustellen, dass lediglich eine geringe Menge verblieben sei. In der Zeit von Dezember 2014 bis 30. März 2015 habe sie bei maximal fünf bis acht Gelegenheiten den Kaffeelöffel besprüht.
Die StA sah keinen hinreichenden Tatverdacht für ein versuchtes Tötungsdelikt (Aktenvermerk vom 13. September 2015). Bei der geringen Menge des Carlofon habe niemals Lebensgefahr bestanden. Zudem sei ein diesbezüglicher Vorsatz der Ehefrau nicht nachzuweisen. Diese sei, wie aus ihrer Einlassung und den Videoaufnahmen folge, bestrebt gewesen, die Menge des Carlofons gering zu halten. Die aufgebrachte Menge Carlofon sei durch anschließendes Verwischen bzw. Abwischen nochmals minimiert worden. Der Verdacht auf ein vollendetes Körperverletzungsdelikt bestehe nicht. Die gesundheitsschädlichen Stoffe im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) müssten geeignet sein, im konkreten Fall ernsthafte gesundheitliche Schäden zu verursachen. Nicht entscheidend sei daher, ob es sich bei dem Mittel Carlofon rein formal um Gift handele. Darauf deuteten die Beschreibungen auf dem Sicherheitsdatenblatt hin, wonach bei Verschlucken Todesgefahr bestehen könne. Es sei nicht widerlegbar, dass die Ehefrau nur geringe Mengen des Carlofon auf den Löffel aufgebracht habe. Nach den rechtsmedizinischen Gutachten habe keine Gefahr bestanden, dass es zu ernstlichen Schädigungen oder Beeinträchtigungen des Wohlbefindens komme. Übelkeit und Erbrechen stellten keine ernsthaften Schädigungen im Sinne des § 224 StGB dar, eine lebensgefährliche Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB liege ebenso nicht vor.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Westerstede wurde die Ehefrau des Chefs wegen versuchter Körperverletzung in drei Fällen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30,00 € verurteilt.
Im Antrag auf Erlass eines Sicherungsarrestes vom 16. Juni 2015 wurde anwaltlich für den Kläger ausgeführt, dass er zusammen mit seinem Chef vor 10 Jahren einen Betrieb gegründet habe, der auf Oldtimer spezialisiert gewesen sei. Er habe seinerzeit eine Einlage erbracht, die er jedoch nicht nachweisen könne. Er habe vom 25. vom 30. Januar 2015 stationär behandelt werden müssen und sei danach noch drei Wochen krankgeschrieben gewesen. Irgendwann im Februar 2015 habe er seinen Kaffeebecher mit nach Hause genommen, um diesen zu reinigen. Im Betrieb habe es nur eine Kaffeemaschine gegeben, die er alleine genutzt habe. Nur durch einen Zufall sei ihm ein Ölfilm im Kaffeebecher aufgefallen, den er nicht habe zuordnen können, ebenso wie den Geruch des Ölfilms. Beim Entlassungsgespräch aus dem BWK habe ein Arzt ihm gegenüber sinngemäß erklärt, dass man an eine toxische Vergiftung denken könne. Er habe einen Zusammenhang mit der Kaffeemaschine und dem Betrieb vermutet und eine Videokamera in der Kaffeemaschine installiert. Auf dem Videofilm sei zu erkennen, dass die Ehefrau des Chefs mit einer Sprühflasche zunächst Rostlösemittel, später Hohlraumschutzspray auf den Kaffeelöffel gesprüht habe und zwar dreimal die Woche. Nachdem die Täterin über die Videofilme überführt und er die Kaffeemaschine, Kaffeelöffel mit den Fingerabdrücken der Ehefrau und die Chemikalie sichergestellt habe, habe er Anzeige bei der Polizei erstattet. Es laufe ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs einer schweren Körperverletzung bzw. versuchten Mordes. Es dürfe darauf hingewiesen werden, dass die Täterin ihre Taten fortgesetzt habe, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen worden sei. Der Rückschluss liege nahe, dass er aufgrund der Einnahme des Hohlraumschutzmittels dreimal wöchentlich regelmäßig seit Ende 2014 aufgrund der Einnahme dieser hochgiftigen Chemikalie erkrankt sei. Insoweit liege der Schluss nahe, dass die Ehefrau des Chefs mit ihren Taten 2014 begonnen habe, sodass sich die ersten gesundheitlichen Reaktionen Ende 2014 gezeigt hätten. Eine genaue Zuordnung werde der Toxikologe herausarbeiten können. Dass die vereinnahmte Chemikalie hochgiftig sei, folge aus dem Sicherheitsdatenblatt des Carlofon. Er leide noch heute unter körperlichen Ausfallerscheinungen wie Luftnot und habe immer wieder Hautschwellungen. Darüber hinaus sei er schwerst traumatisiert und habe eine Angststörung entwickelt. Er werde sich in psychologische Behandlung begeben. Durch die Chemikalie könnten Folgeschäden auftreten, sie könne womöglich krebserregend sein. Die Beweise seien eindeutig, sodass sich Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche anschlössen. Es werde ein Schmerzensgeld von mindestens 100.000 € inklusive der Folgeschäden für die Zukunft angedacht.
Die K1-Klinik – Psychiatrieverbund O1 – beschrieb am 17. September 2015 vierzehntägige Sitzungen als Krisenintervention nach Akuttrauma. Diagnostisch handele es sich um eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) nach Mordversuch durch wiederholte Giftzufuhr. Vor dem erlebten Vergiftungsanschlag habe es keine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung gegeben. Eine stationäre Traumatherapie sei erst nach Abschluss des Strafverfahrens sinnvoll, da hierdurch weitere Belastungen zu erwarten stünden.
Der Beklagte holte den Befundschein der B1 ein, die über eine Behandlung seit dem 8. Oktober 2015 berichtete. Diagnostisch bestehe eine PTBS. Das traumaauslösende Ereignis sei ein „Mordversuch“ am Arbeitsplatz. Durch die Ehefrau seines Chefs sei über einen längeren Zeitraum sein Kaffee mit napthalinhaltigem Hohlraumschutz vergiftet worden. Seit der Zeit leide der Kläger unter Albträumen, wache nachts schweißgebadet auf. In den Träumen versuche man ihn umzubringen. Er vermeide alles, was ihn an seinen ehemaligen Arbeitsplatz erinnere. Er habe kein Vertrauen mehr in andere Menschen, was ihn extrem belaste. Seine Zukunft sei wegen der Vergiftung eingeschränkt, er wisse nicht, ob diese krebsauslösend sei. Seine Stimmung sei depressiv grübelnd, sehr oft müsse er weinen, sei insgesamt ängstlich geworden. Er habe Probleme, sich zu etwas aufzuraffen bei gleichzeitiger innerer Unruhe. Er leide unter suizidalen Gedanken, die kompensiert werden könnten. Da er Arbeitsdruck in keiner Weise aushalte, habe er sich eine Werkstatt angemietet, in der er ohne Druck langfristige Aufträge bearbeite. Er restauriere Oldtimer, könne aber seiner Arbeitskraft wie seinem Können nicht vertrauen. Essen oder Trinken außerhalb von zu Hause trage er jetzt immer in verschlossenen Gefäßen mit sich am Körper herum. Die posttraumatische Reaktion sei ausgelöst worden über die Realisierung, dass er über die Vergiftung hätte sterben können und dass möglicherweise lebenslang ein erhöhtes Krebs-Risiko bei ihm bestehe. Ende Januar 2015 sei er zur Behandlung im Krankenhaus gewesen, da er nichts mehr gekonnt habe. Nachdem er wieder zur Arbeit gegangen sei, habe er gemeinsam mit der Polizei herausgefunden, dass er bei der Arbeit vergiftet worden sei. Er sei noch so lange in den Betrieb gegangen, bis alle Beweise gesichert gewesen seien. Es sei belastend für ihn gewesen, in den Betrieb zu gehen, wo man ihm nach dem Leben trachtete. Der auslösende Zeitpunkt für die Erkrankung sei gewesen, als ihm die Rechtsanwältin auf den Kopf zugesagt habe, was geschehen sei.
Mit Bescheid vom 3. Februar 2016 lehnte die B2die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Die Vergiftung sei über einen längeren Zeitraum erfolgt, ein Arbeitsunfall liege deshalb nicht vor. Ein Zusammenhang zwischen der Einnahme des Carlofon und den geschilderten Beschwerden sei nicht zu beweisen, die Beschwerden untypisch.
Vom 1. bis 11. März 2016 befand sich der Kläger zur stationären Behandlung in der S-Klinik H3 – Zentrum für Neurologie und Neurorehabilitation – zur Abklärung von Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen an den Händen. Die Kernspintomographie (MRT) habe kein organisches Korrelat ergeben, die Liquoruntersuchung bis auf eine unspezifische Eiweißerhöhung einen unauffälligen Befund gezeigt. Elektrophysiologisch habe sich kein Hinweis auf eine Neuropathie ergeben, laborchemisch keiner auf eine chronische Sarkoidose. Die Genese bleibe weiter unklar. Zur Hautbiopsie teilte das Uklinikums H4 am 31. März 2016 mit, dass die intraepidermale Nervenfaserdichte im Vergleich zu den Referenzwerten für die Altersklasse signifikant reduziert sei.
Zur Akte gelangte das Attest des R1 vom 12. Mai 2016, der darlegte, dass der Kläger bis März 2015 mit napthalinhaltigem Hohlraumschutzmittel vergiftet worden sei. Nachdem er den Umfang der Tat realisiert habe, sei es im Sommer 2015 zum psychischen Zusammenbruch mit schweren Angstzuständen, Albträumen, Schlaf- und Essstörungen gekommen. Aus Angst vor einem erneuten Vergiftungsversuch habe er nur noch Nahrung, welche seine Ehefrau zubereitet habe, zu sich nehmen können. Er habe eine schwere PTBS und eine schwere depressive Episode entwickelt. Im weiteren Verlauf seien Anzeichen für eine toxische Polyneuropathie hinzugekommen. Der Kläger könne Hitze und Kälte an den Händen nicht mehr unterscheiden. Zumindest im Bauchbereich und an beiden Unterschenkeln sei die Wahrnehmung der Unterscheidung für spitz und stumpf aufgehoben. Histologisch sei eine small fibre Neuropathie gesichert worden. Da alle Beschwerden vor Januar 2015 nicht bestanden hätten, seien diese auf die Vergiftung durch das Nephtalin zurückzuführen. Durch das Merkblatt zur Berufskrankheit (BK) Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sei der eindeutige Zusammenhang mit einer Vergiftung durch Naphtalin erbracht, einschließlich der daraus folgenden Krankheitsbilder. Eine toxische Enzephalopathie sei ebenfalls wahrscheinlich, wenngleich schwer von den reaktiven psychischen Auffälligkeiten abzugrenzen. Durch die Folgen der Erkrankung sei der Kläger in seinen Aktivitäten deutlich beeinträchtigt, er könne sich sportlich nicht betätigen, was sich ansonsten positiv auf eine seelische Erkrankung auswirke. Aufgrund der Hautausschläge wolle er nicht ins Schwimmbad gehen, da er sich darüber schäme und immer wieder mit der Tat konfrontiert werde. In Anbetracht der Gelenksbeteiligung mit Schmerzen könne er nicht joggen. Seit Sommer 2015 sei er arbeitsunfähig erkrankt. Er betätige sich in seinem ehemaligen Beruf unter drei Stunden täglich. Dies sei für ihn sehr wichtig, da es ihm ermögliche, sich darüber von seiner Erkrankung, seinen Einschränkungen und Sorgen abzulenken. Die Tätigkeit sei für ihn eher eine Beschäftigungstherapie als eine berufliche Tätigkeit. Medikamentös finde eine antidepressive Behandlung statt, bislang sei es nur zu einer mäßigen Stabilisierung gekommen. Die Unsicherheit in Bezug auf Langzeitschäden und eventuell neu auftretende zivilrechtliche Verfahren und massive Einschüchterungsversuch durch den ehemaligen Chef kämen als erschwerende Faktoren hinzu und verhinderten die psychische Besserung und Stabilisierung.
Die M beschrieb im Attest vom 25. Juli 2016 rezidivierende Ekzemplaques an den Beinen. Zwischenzeitlich sei eine toxische Polyneuropathie durch eine Vergiftung mit Naphtalin-haltigen Hohlraumschutzmittel diagnostiziert worden. Solche neurologischen Erkrankungen spielten nach aktueller Erkenntnis eine wesentliche Rolle, sodass das Auftreten der prurigoformen Dermatitis an den Beinen möglicherweise im Zusammenhang mit der erworbenen toxischen Polyneuropathie stehe.
Weiter gelangte das Gutachten der E aufgrund ambulanter Untersuchung vom 11. August 2016 im Auftrag der S Krankenversicherung zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit zur Akte. Darin wurde ausgeführt, dass der Kläger angegeben habe, im März 2015 in dem Betrieb fristlos gekündigt zu haben. Mitte April habe er in Vollzeit angefangen, in einem anderen Betrieb als Mechaniker zu arbeiten. Dort habe er zwei Zusammenbrüche gehabt, weil er Speisen und Getränke nicht habe kontrollieren können. Er habe nur zuhause essen und trinken können. Im Aufenthaltsraum sei dies nicht gelungen. Zuletzt habe er sein Arbeitspensum auf 20 Stunden/Woche reduziert. Die Kündigung werde auf Ende September erfolgen. Er werde von seinem ehemaligen Arbeitgeber gestalkt. Sein Auto sei zerkratzt und zwei Reifen zerstochen worden, nachdem er über den Rechtsanwalt einen Antrag auf Schadenersatz gestellt habe. An körperlichen Folgeerscheinungen bestünden Schmerzen im rechten Knöchel nach längerer Belastung, Hautausschläge und Missempfindungen sowie eine Fettleber. Der Kläger sei alleine mit dem PKW zur Untersuchung gekommen, pünktlich und gepflegt gewesen. Er habe sich wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert gezeigt, affektiv angespannt, zum Teil in Tränen ausbrechend. Störungen des formalen oder inhaltlichen Denkens hätten nicht bestanden, Konzentration und Aufmerksamkeit seien eingeschränkt gewesen. Es bestehe eine PTBS und eine reaktive schwere depressive Episode nach Vergiftungsversuch mit bleibenden körperlichen Schäden. Von psychischer Seite bestehe das Vollbild einer PTBS mit intrusivem Erleben, Vermeidungsverhalten und Hyper-arousal, begleitend eine schwere depressive Symptomatik mit gestörtem Affekt und Konzentrationsstörungen sowie einem Antriebsdefizit. Eine Berufsunfähigkeit bestehe nicht, die Prognose sei günstig.
Der Beklagte holte das psychiatrische Gutachten des H5 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 10. September 2016 ein. Danach lasse sich die Angabe des Klägers, noch nie Magenbeschwerden gehabt zu haben, nicht mit der Dokumentation des BWK vereinbaren, dass vor 15 Jahren eine gastroenterologische Abklärung erfolgt sei. Seine Vermutung, dass ihm toxische Substanzen beigebracht worden seien, resultiere wohl aus einem Hinweis eines Arztes im BWK. Aus den Akten ergebe sich nicht, dass die Videoüberwachung in Ansprache mit der Polizei erfolgt sei. Seitdem der Kläger die Videoaufnahmen gesehen habe, müsse sicher davon ausgegangen werden, dass er den Kaffee nicht mehr getrunken habe. Es könnten nur geringe Mengen des Stoffs auf dem Geschirr gewesen sein. Das Hohlraumschutzspray enthalte einen hohen Zusatz von Naphtalin, einem stark riechenden und schwer wasserlöslichen Kohlenwasserstoff.
Die Dokumentation der polizeilichen Vernehmung enthalte keine Anhaltspunkte, dass die Reaktion auf die Gefahr einer Schädigung der körperlichen Unversehrtheit mit „intensiver Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen“ verbunden gewesen sei. Das Eingangskriterium einer PTBS sei deshalb nicht erfüllt. Auch B1 beschreibe die Auslösung der psychischen Beeinträchtigung dadurch, dass die Rechtsanwältin dem Kläger auf den Kopf zugesagt habe, was Sache sei. Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Exazerbation der Beschwerden und dem Antrag der Rechtsanwältin am 16. Juni 2015 auf einen Sicherungsarrest in Höhe von 141.000,00 € zum Ausgleich von Schmerzensgeld und Schadenersatzleistungen sei nicht zu übersehen. Aus der Bescheinigung der K1-Klinik gehe hervor, dass der Kläger die Institutsambulanz am 28. August 2015 aufgesucht habe. Dort sei erstmals eine PTBS nach „Mordversuch durch wiederholte Giftzufuhr“ bescheinigt worden. B1 nehme keine Würdigung eines sekundären Krankheitsgewinn vor. Bei der Darstellung von Kontakten zu seinem Arbeitgeber und dessen Ehefrau sei eine recht eigentümliche und ambivalente Beziehungsgestaltung aufgefallen. Der Kläger habe angegeben, bei der Firma für 450 € monatlich gearbeitet zu habe, da ihm nach 10 Jahren die Übernahme der Firma zugesagt worden sei. Dazu habe es keine schriftliche Vereinbarung gegeben, diese Hinweise fehlten in den polizeilichen Vernehmungsprotokollen, obwohl wiederholt nach möglichen Motiven gefragt worden sei.
Zwar seien eine toxische Fettleber und toxisch bedingte Haut- und Nagelveränderungen sowie eine Reduzierung der feinen Nervenfasern auf toxischer Grundlage nicht auszuschließen, vorliegend aber außerordentlich unwahrscheinlich. Das Napthalien im Merkblatt zur BK Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV aufgeführt sei, beziehe sich in erster Linie auf das Risiko des Einatmens naphtalinhaltiger Dämpfe, was der Hausarzt R1 übersehe. Bei dem angegebenen Ausmaß der Sensibilitätsstörungen müssten deutliche Störungen der elektrischen Leitfähigkeit der peripheren Nerven bestehen, was durch die umfassende neurofunktionelle Elektrodiagnostik in der N Klinik H6 ausgeschlossen worden sei. Die Einschätzung des R1, dass eine toxische Enzephalopathie wahrscheinlich sein, entbehre jeder fachlichen Grundlage. Vor allem sei diese Haltung bei der Betreuung eines ängstlichen und phobischen Patienten wenig förderlich.
Bei der jetzigen Untersuchung habe der Kläger ein distanziert-skeptisches und besorgt-ängstliches Bild geboten. Er habe eine ängstlich-depressive Symptomatik, die, vermutlich interessengeleitet so akzentuiert beschrieben worden sei, dass sie, insbesondere aufgrund der deutlichen Diskrepanz zwischen Beschwerdeschilderung und dem Eindruck in der Untersuchungssituation, nicht glaubhaft gewirkt habe. Es sei nachvollziehbar, dass der Kläger durch das schädigende Verhalten der Ehefrau seines Chefs empört und erschüttert worden sei. Ebenso, dass sein Vertrauen in seine Mitmenschen dadurch Schaden genommen habe. Die darüber hinausgehende Symptomatik sei jedoch nicht mehr plausibel und nachvollziehbar, insbesondere, was das Ausmaß von Vermeidungsverhalten betreffe. Der zeitliche Ablauf des Auftretens der Beschwerden, die sehr akzentuierte Beschwerdeschilderung und das monokausale Erklärungsbemühen für die Gesundheitsstörungen sprächen für eine interessengeleitete Haltung mit dem Wunsch nach Entschädigung und Wiedergutmachung. Die mit erheblichen Abstrichen nur in ihrem Kern glaubhaften Ängste und Einschränkungen seien am ehesten als eine Anpassungsstörung mit ängstlich-depressiver Symptomatik einzuordnen. Es handele sich dabei um ein subjektives Leiden und emotionale Beeinträchtigung während eines Anpassungsprozesses an einschneidende und belastende Lebensereignisse, die soziale Funktionen und Leistungen behinderten. Sie begründeten subjektives Leiden, leichte Einschränkungen der alltäglichen psychosozialen Funktionsfähigkeit und Einschränkungen der Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe.
Der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) sei mit 20 zu bemessen. Bei der beschriebenen small-fibre-Neuropathie handele es sich um keine typische Polyneuropathie. Der Ausprägungsgrad der angegebenen Beschwerden korreliere nicht mit den somatischen Befunden. Eine toxische Polyneuropathie sei in den Voruntersuchungen nicht diagnostiziert und äußerst unwahrscheinlich. Die Hautveränderungen hätten abgeheilt gewirkt, seien aber noch sichtbar gewesen.
R2 schloss sich versorgungsärztlich dem Gutachten an. Die Diagnose einer „small-fibre-Neuropathie“ sei unzutreffend, da die typischen Schmerzsyndrome fehlten und das angegebene Ausmaß der Sensibilitätsstörungen zu gering sei. Die diagnostischen Kriterien einer PTBS seien nicht erfüllt, ein relevanter Vor- oder Nachschaden habe sich auf psychiatrischem Fachgebiet nicht objektivieren lassen. Die Schädigungsfolgen seien als „Anpassungsstörung mit anhaltender ängstlich-depressiver Symptomatik“ zu bezeichnen, der GdS mit 20 einzuschätzen.
Mit Bescheid vom 14. November 2016 lehnte der Beklagte die Gewährung einer Beschädigtengrundrente ab. Die anerkannte Schädigungsfolge „Anpassungsstörung mit anhaltender ängstlich-depressiver Symptomatik“ begründe keinen GdS von wenigstens 25. Ein Anspruch auf Heilbehandlung bestehe ab dem 12. März 2015.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Er leide unter einer chronifizierten PTBS, wie sich aus dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G ergebe. Anlässlich der zivilrechtlichen Aufarbeitung sei es bei einer Verhandlung am 10. Februar 2017 vor dem Landgericht Oldenburg zu einer Konfrontation mit der Ehefrau des Chefs gekommen. Darauf habe er mit einer Angst- und Panikattacke reagiert und eine erhebliche Retraumatisierung erlitten.
Im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G über die stationäre Rehabilitation zu Lasten der DRV vom 11. Oktober bis 6. Dezember 2016 wurden als Diagnosen eine PTBS, eine mittelgradige depressive Episode, toxische Polyneuropathien und eine toxische Dermatitis beschrieben. Der Kläger gehe derzeit nur einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis von unter drei Stunden täglich nach, welches im Sinne einer ablenkenden Beschäftigungstherapie zu sehen sei. Subjektiv fühle er sich nicht in der Lage, eine existenzsichernde Tätigkeit auszuüben. Psychisch sei er zu allen Qualitäten orientiert und bewusstseinsklar. Im Kontaktverhalten habe er sich zunächst zurückhaltend, dann offen und zugewandt gezeigt. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei mittelschwer reduziert, die Stimmung zum depressiven Pol hin verschoben. Anamnestisch bestehe eine Antriebsverminderung, der formale Gedankengang sei geordnet, leicht verlangsamt. Zum therapierelevanten Modell der Verursachung sei davon auszugehen, dass der Kläger durch die traumatisierenden Erlebnisse im beruflichen Umfeld massive Verletzungen der persönlichen Grenzen habe hinnehmen müssen. Insbesondere die Aufdeckung der damals noch laufenden Straftat sowie die eingeleiteten Ermittlungen würden als leid- und angstvoll erlebt. Der Kläger habe berichtet, dass er das vorläufige Fortsetzen der Beschäftigung trotz stark erlebter Bedrohungslage und das Sichten von Videomaterial als besonders belastend erlebt habe. Dies habe vermutlich dazu geführt, dass er ein kontinuierliches Bedrohungsgefühl des Ausgeliefertseins sowie starke Hilflosigkeitsgefühle entwickelt habe. Die Belastungen während dieser Zeit seien mutmaßlich derart extrem gewesen, dass bewährte Bewältigungsstrategien keine Wirkung hätten zeigen können und daraus unter anderem eine misstrauische Haltung, ausgeprägte Vermeidungstendenzen und sozialer Rückzug resultiert hätten. Belastungsbedingungen im Leben des Patienten, die dessen Bewältigungsressourcen überfordert hätten und womöglich zur psychischen Dekompensation führten, seien neben der bestehenden posttraumatischen Symptomatik und der beruflichen Ungewissheit vermutlich laufende Entwicklungen, die ihn destabilisiert hätten. In Eigeninitiative habe der Kläger Expositionselemente im Klinikalltag eingestreut und auf diese Weise korrigierende Erfahrungen gesammelt, welche die Selbstwirksamkeitserwartung steigerten. Er habe das Klinikangebot für den Aufbau positiver Aktivitäten genutzt. Sehr motiviert habe sich der Kläger in seiner Freizeit dem Schwimmen gewidmet und die stabilisierende und stressregulierende Funktion regelmäßiger körperlicher Aktivität gefestigt. Der Kläger habe mehr geäußert, große Angst vor der Rückkehr in das häusliche Milieu zu haben, was er zunächst auf ein anhaltendes Stalking durch seinen Ex-Chef zurückgeführt habe. Kurz vor Entlassung habe sich herausgestellt, dass ein weiterer Faktor, welcher die Vermeidung der Rückkehr beeinflusste, die hohe Belastung durch die partnerschaftliche Situation sei. Er habe sich immer als der Starke in der Beziehung empfunden, seine Frau sehr unterstützt und realisiere nun ihr ihm gegenüber sehr abhängiges Verhalten, was ihn insbesondere vor dem Hintergrund seiner eigenen Bedürftigkeit unter Druck setze. Er fühle sich den möglichen an ihn gestellten Erwartungen kaum gewachsen. Er habe den Aufenthalt bezüglich der Zieldimension für sich genutzt und im Umgang mit anderen Patienten bei der Realisierung von Freizeit- und Erholungsaktivitäten korrigierende Erfahrungen gemacht.
B1 gab im Befundbericht vom 16. Februar 2017 an, dass es durch die Verhandlung vor dem Landgericht Oldenburg am 9. Februar 2017 zu einer Retraumatisierung gekommen sei. Der Kläger sei wieder sicher, dass die Täter seinen Tod gewollt hätten. Tagsüber traue er sich nicht mehr aus dem Haus, er könne nicht mehr einkaufen und gehe nur noch kurz im Dunkeln raus. Seit der Verhandlung habe er keine Erinnerung an seine Vergangenheit mehr. Es sei als würde sein ganzes Leben nicht mehr existieren. Es gehe ihm schlecht, er sei aber nicht mehr akut selbstmordgefährdet. Ursächlich für das Trauma sei eine Vergiftung am Arbeitsplatz über einen längeren Zeitraum. Der Kläger habe dies als lebensbedrohlichen Angriff, als „Mordversuch“, auf ihn erlebt. Er leide an einer PTBS, deren Vollbild aufgetreten sei, als die Rechtsanwältin ihn mit der Tat konfrontiert habe. Der letzte Anstoß für die Entwicklung der akuten Symptomatik sei die innere Auseinandersetzung mit der Tat gewesen, vorher habe das Vollbild einer PTBS noch nicht vorgelegen. Dies sei ungefähr im Juni 2015 gewesen. Das erste Schreiben der Rechtsanwältin datiere vom 9. Juni 2015, in dem Schreiben sei eine Kopie der Ermittlungsakte gegen die Täterin beantragt worden. Die erste Behandlung in der Traumaambulanz sei am 28. August 2015 erfolgt. Zwischen dem Ende des Tatzeitraumes und dem 28. August lägen knapp sechs Monate. Mit der vorsätzlichen Beibringung von Gift das A-Kriterium der PTBS erfüllt, ebenso die anderen Kriterien.
S2 sah versorgungsärztlich die aufgenommene Menge des toxischen Stoffes als viel zu gering an, als dass tiefgreifende Schäden zu erwarten seien. Medizinische Prozesse unterlägen naturwissenschaftlichen Regeln wie dem Dosis-Wirkung-Prinzip.
Der Beklagte holte das neurologisch-psychiatrische Gutachten nach Aktenlage der S3 vom 16. Juni 2017 ein. Danach habe sich im BWK kein Hinweis auf eine Erkrankung des zentralen oder peripheren Nervensystems gefunden. Ebenso habe sich elektrophysiologisch eine Nervenstörung nicht nachweisen lassen. Die Untersuchung des Liquors habe keinen Hinweis auf eine entzündliche Erkrankung des peripheren Nervensystems geliefert und die Werte der serologischen Rheumadiagnostik seien unauffällig gewesen. Die Verminderung der Nervenfaserdichte könne nur anteilig bestimmten Krankheitsbildern zugeordnet werden, ohne das ein Rückschluss auf die Ursache gelinge. Eine toxische Polyneuropathie bestehe nicht und sei wegen der Dosis-Wirkung-Beziehung nicht zu erwarten. H5 verneine zu Unrecht eine PTBS unter Hinweis auf das polizeiliche Vernehmungsprotokoll. Ein polizeilicher Bericht diene nicht dazu, einen psychopathologischen Befund festzuhalten. H5 führe weiter aus, dass eine zeitliche Nähe der Exazerbation zu den Erläuterungen der Rechtsanwältin nicht zu übersehen sei und bewerte dies als interessengeleitete Akzentuierung der dargestellten Beschwerden. Wieso er die Reaktion dennoch als Anpassungsstörung bewerte, sei unter dieser Annahme nicht nachzuvollziehen. Ferner sei der Begriff der zeitlichen Nähe relativ zu sehen. Das Gespräch zwischen dem Kläger und der Rechtsanwältin habe am 16. Juni 2015 stattgefunden, der K1 habe die psychische Dekompensation auf den 14. August 2015 terminiert. In DSM-V sei das Eingangskriterium für eine PTBS insoweit modifiziert worden, als das Überbringen einer Nachricht einem traumatischen Geschehen gleichzusetzen sei. Nach der DSM-V spreche die Latenz im Auftreten der Symptomatik nicht gegen das Vorliegen einer PTBS. Es komme, entgegen H5, nicht darauf an, dass tatsächlich kein Mordversuch bestanden habe. Entscheidend sei, dass der Kläger im Frühjahr und Sommer 2015 die Geschehnisse als solche wahrgenommen habe. Daneben müsse berücksichtigt werden, dass die Beibringung der Substanzen in dem Betrieb erfolgt sei, in dem er seit 10 Jahren gearbeitet habe. Der erlittene Vertrauensverlust akzentuiere die Schwere des Traumas. Die Geschehnisse lägen dabei jenseits seines Vorstellungsvermögens vor der Tat, selbst wenn es scheinbar schon im Vorfeld gewisse Spannungen mit der Ehefrau des Chefs gegeben habe. Der psychotherapeutisch behandelnden Ärztin konnte nicht vorgeworfen werden, zu sekundären Motiven keine Stellung bezogen zu haben, da die Behandlung aus therapeutischer Perspektive auf die Hilfe und Unterstützung angewiesen sei, Bei der von B1 gestellten Diagnose einer schweren depressiven Episode sei davon auszugehen, dass diese in der PTBS aufgehe. Der GdS sei auf 30 einzuschätzen.
R2 legte versorgungsärztlich dar, dass zur Diagnose einer PTBS nicht die DSM-V sondern weiterhin die Kriterien der ICD-10 bzw. der DSM-IV zu Grunde zu legen seien. Der GdS sei mit 30 zu bestimmen und als Schädigungsfolge eine „psychoreaktive Störung nach Trauma“ festzustellen. Nach den rechtsmedizinischen Gutachten könne ein kausaler Zusammenhang zwischen den geklagten Symptomen mit der Verabreichung nicht bewiesen werden. Eine toxisch induzierte Arthritis sei den vorgelegten Befundunterlagen nicht zu entnehmen. Der Rehabilitationsentlassungsbericht vom 3. Januar 2017 beschreibe eine toxische Polyneuropathie und eine toxische Dermatitis. Es habe keine Hinweise auf Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule oder Bewegungseinschränkungen der großen und kleinen Gelenke oder entzündliche Erscheinungen in diesem Bereich gegeben. Leberwerte, Blutbild und Nierenfunktionswerte hätten sich im Labor sämtlich unauffällig gezeigt, die mitgeteilten Werte ergäben keine Hinweise auf eine entzündliche rheumatische Aktivität. Eine toxische Arthritis könne daher nicht festgestellt werden, schon früher habe eine vermutete Sarkoidose nicht objektiviert werden können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2017 führte der Beklagte aus, dass die Außenstelle gebeten worden sei, einen Teil-Abhilfebescheid zu erteilen, mit dem ab dem 1. März 2015 als Schädigungsfolge eine „Psychoreaktive Störung nach Trauma“ anerkannt und mit einem GdS von 30 bewertet wird. Im Übrigen werde der Widerspruch zurückgewiesen. Die seelischen Gesundheitsstörungen seien nunmehr mit einem GdS von 30 zu bewerten. Eine toxische Polyneuropathie sei nicht nachgewiesen. Die beigebrachten Stoffe stellten keine Hochrisikosubstanzen dar. Schwerwiegende toxische Effekte seien eher beim Einatmen relevanter Mengen zu erwarten. Die Menge der zugeführten Mittel könne für eine Schädigung des Nervensystems nicht ausgereicht haben. Bezüglich einer toxischen Polyneuropathie ergebe sich eine eindeutige Dosis-Wirkung-Beziehung, die im vorliegenden Fall nicht nachzuweisen sei. Eine toxische Arthritis habe nicht objektiviert werden können. Eine solche diagnostiziere die Rehabilitationsklinik G zwar, indessen hätten sich keine Hinweise auf Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule oder Bewegungseinschränkungen der großen und kleinen Gelenke gezeigt. Blutbild und Nierenfunktionswerte seien im Labor sämtlich unauffällig gewesen
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 26. Juli 2017 wurde dem Widerspruch teilweise abgeholfen und als Schädigungsfolge eine „Psychoreaktive Störung nach Trauma“, die mit einem GdS von 30 zu bewerten ist, festgestellt. Als Anlage war dem Bescheid eine Berechnung über Beschädigtengrundente nach dem GdS von 30 beigefügt und es wurde eine Nachzahlung von 3.897,00 € errechnet.
Am 20. Juli 2017 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Oldenburg erhoben, welches diese mit Beschluss vom 15. August 2017 an das Sozialgericht Freiburg (SG) verwiesen hat. Zur weiteren Sachaufklärung hat das SG die sachverständige Zeugenauskunft des A erhoben, welcher über zweimalige Vorstellungen berichtet hat. Er habe bei der Erstvorstellung des Klägers nur dessen Sicht kennengelernt und ihn zur weiteren Diagnostik an die Uklinik Freiburg verwiesen. Die dortigen Untersuchungen hätten die Diagnose einer small-fiber Neuropathie nicht gestützt. Ein deafferenzierter Patient müsse deutlich mehr Schwierigkeiten mit Koordination und Feinmotorik aufweisen, als sie beim Kläger vorhanden seien. Der Umstand, dass die Genese der small-fiber Neuropathie nicht gesichert sei, beweise nicht, dass der Kläger nicht an den vorgebrachten Beschwerden leide, da diese somatoform bedingt sein könnten.
Die B3 hat in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft mitgeteilt, dass sie einen völligen Ausfall der Oberflächensensibilität der Hände befundet habe.
Im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G über die erneute stationäre Behandlung vom 31. August bis 26. Oktober 2017 ist ausgeführt, dass der Kläger die typischen Symptome einer PTBS berichtet habe. Er sei bis Ende 2014 gesund gewesen und habe dann zunehmend unklare Gelenkbeschwerden und Hautveränderungen, Schluckbeschwerden und eine Belastungsdyspnoe bemerkt. Nach einer zunächst vermuteten rheumatischen Erkrankung sei letztlich eine Vergiftung mit naphthalinhaltigem Hohlraumschutzmittel eruiert worden, welches ihm von der Ehefrau seines Chefs über mehrere Monate zugeführt worden sei. Neben den psychischen Symptomen sei es nach Realisierung der Tat zu einem psychischen Zusammenbruch gekommen. Seine Leidenschaft sei das Kfz-Schrauben, eigentlich habe er sein Hobby zum Beruf gemacht. Allein der Geruch einer Werkstatt triggere jedoch aufgrund der PTBS, sodass diese Ressource und die berufliche Tätigkeit im Kfz-Bereich blockiert seien. Aufgrund des PTBS-bedingten sozialen Vermeidungsverhaltens verrichte er zu wenig ausgleichende Tätigkeiten. Der Kläger sei pünktlich und adäquat gekleidet zum vereinbarten Termin erschienen. Er sei zu allen Qualitäten orientiert gewesen, bewusstseinsklar und im Gespräch den Blickkontakt haltend. Im Kontaktverhalten habe er sich offen und zugewandt gezeigt, phasenweise emotional überflutet und sich dafür schämend. Die Sprache sei unauffällig, Amnesien für die Zeit vor dem Trauma und Konzentrationsstörungen seien berichtet worden. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei nicht eingeschränkt gewesen, die Stimmung schwankend und zum depressiven Pol hin verschoben. Der formale Gedankengang sei insgesamt unauffällig bis auf ein ausgeprägtes Grübeln. Im Mittelpunkt der traumaspezifischen Behandlung habe die Stabilisierungsarbeit auf verschiedenen Ebenen im Hinblick auf die psychophysische Reagibilität gestanden. Der Kläger habe gelernt, traumaspezifische Auslöser frühzeitiger zu erkennen und die innere Dynamik besser zu verstehen. Er habe an den Bereichen Selbstwahrnehmung, Selbstfürsorglichkeit und dem Umgang mit emotionaler Anspannung gearbeitet. Besonders bereichernd sei die Kunsttherapie gewesen. In den psychotherapeutischen Einzelgesprächen habe der Schwerpunkt in der traumaspezifischen Behandlung, der Teilearbeit, in der Steigerung des Selbstwertgefühls, der Reflexion symptomauslösender und –erhaltender Faktoren im Rahmen der Biographiearbeit sowie der Auseinandersetzung mit einer Lebensperspektive für die Zukunft gelegen. Im Verlauf sei die Schwere der Symptomatik immer wieder deutlich geworden. Es sei mehrfach zu Panikattacken und Krisen gekommen. Das Erleben der eigenen körperlichen und psychischen Einschränkungen, ausgelöst durch traumabezogene Auslöser, habe tiefe Selbstzweifel und Hoffnungslosigkeit ausgelöst. Es sei deutlich geworden, dass der Klinikaufenthalt am Symptombild und Schweregrad der PTBS und komorbiden Depression wenig verändert habe. Die Symptomatik sei dabei diskontinuierlich so stark ausgeprägt, dass eine berufliche Tätigkeit im erlernten Beruf auszuschließen sei und derzeit keine Erwerbsfähigkeit bestehe. Die juristischen Auseinandersetzungen blockierten den Heilungsprozess, ein zügiger Abschluss der Verfahren käme dem Kläger sehr zugute. Kurz vor Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme habe ein Telefonat mit der Ex-Partnerin erneut zu einem krisenhaften Einbruch geführt.
Der S hat wiederum versorgungsärztlich eine toxische Polyneuropathie verneint. Im Bericht der Rehabilitationsklinik G würden vier psychiatrische Diagnosen gestellt, nämlich die einer PTBS, einer rezidivierenden depressiven Störung, rezidivierenden Panikattacken und einer somatoformen autonomen Funktionsstörung. Die diagnostische Einordnung beruhe auf der unkritischen Übernahme der Angaben des Klägers. Mit H5 sei das Eingangskriterium der PTBS zu verneinen. Eine Depression lasse sich aus den Befunden im Rehabilitationsentlassungsbericht nicht ableiten. Eine medikamentöse antidepressive Behandlung finde nach der Epikrise nicht statt. Die Diagnosen einer Panikstörung und einer somatoformen autonomen Funktionsstörung seien erstmals durch die Rehabilitationsklinik gestellt worden. Soweit die Beschwerdeschilderungen authentisch seien, liege offenbar eine Intensivierung der psychischen Beschwerden als auch eine Symptomausweitung im Krankheitsverlauf vor. Ein solcher Krankheitsverlauf sei bei einer psychischen Traumafolgestörung sehr ungewöhnlich. Offenbar hätten sämtliche therapeutische Interventionen zu keiner wirklichen Besserung des psychischen Gesundheitszustandes geführt. Deshalb müsse zwangsläufig an alternative Kausalitäten gedacht werden. Zum einen könne die Symptomatik durch das von dem Kläger berichtete Stalking durch seinen ehemaligen Chef aufrechterhalten oder gar noch verstärkt werden, zum anderen eine interessengeleitete Haltung mit dem Wunsch nach Entschädigung und Wiedergutmachung vorliegen. Für letzteres spreche insbesondere, dass sich völlig unterschiedliche Beschreibungen der Tathergänge in der polizeilichen Vernehmung und im Antrag der Rechtsanwältin auf Erlass eines Sicherungsarrestes fänden. Es bestünden berechtigte Zweifel, ob überhaupt eine psychische Schädigungsfolge vorliege. Eine Höherbewertung des GdS scheide aus.
Das SG hat das psychiatrische Sachverständigengutachten des E1 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 4. April 2018 erhoben. Diesem gegenüber hat der Kläger unter anderem angegeben, dass er angefangen habe, alles zu kontrollieren, weil er vermute, dass man ihn umbringen wolle. Er habe nicht mehr außerhalb der Wohnung Getränke zu sich nehmen können und sich nur noch zu Hause sicher gefühlt. Das Problem seien Speisen und Getränke gewesen, weil er panische Angst vor einer Vergiftung gehabt habe. Seine Frau habe vorkosten müssen. Er habe dann den Arbeitsplatz gewechselt, aber keine Energie mehr gehabt und keine Kraft. Es komme dazu, dass ihm von den Tätern aufgelauert worden sei, auch in dem Ort, wo er damals gewohnt habe. Man habe ihm gesagt, dass man weitermache, bis er die Anzeige zurückziehe. Bei der körperlichen Untersuchung hätten sich abgesehen von den in den Akten bereits evaluierten Sensibilitätsstörungen keine pathologischen Befunde gezeigt. Der Kläger sei wach und bewusstseinsklar ohne Vigilanzsstörungen gewesen. Er habe sich zu allen Qualitäten orientiert gezeigt, Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit, Merkfähigkeit und Gedächtnis seien klinisch unbeeinträchtigt, die affektive Schwingungsfähigkeit mit ängstlich-deprimiertem Affekt eingeschränkt und paroxysmale Angstzustände mit Wiedererleben einzelner Szenen und phobische Befürchtungen seien explorierbar gewesen. Der Antrieb sei mit Energielosigkeit vermindert, eine psychosomatische Hemmung habe nicht bestanden. Der formale Gedankengang sei geordnet, eingeengt auf das Erlebnis der Vergiftungen und Befürchtungen diesbezüglich. Inhaltliche Denkstörungen im Sinne eines Wahns, Störungen der Wahrnehmung oder des Ich-Erlebens seien ebenso wie Suizidgedanken nicht explorierbar gewesen. Bei der aktuellen Begutachtung habe der Kläger den Verlauf der Erkrankung mit zuerst körperlichen Beschwerden beschrieben. Er habe dann Befürchtungen bezüglich einer Vergiftung gehabt. Er habe Ängste bezüglich einer tödlichen Vergiftung und einer Krebsentstehung im Verlauf entwickelt. Nach der Aufdeckung der Tat seien angstvoll erlebte Wiedererlebnisse geblieben, wobei er die Szenen habe schildern können. Dazu seien Schlafstörungen, Deprimiertheit, Freudlosigkeit, sozialer Rückzug und Energielosigkeit angegeben worden. Diese hätten teilweise bei Konfrontation mit dem früher Erlebten bestanden, teilweise auch durchgehend. Auf Syndromebene leide der Kläger unter einem depressiv-ängstlichen Syndrom. Dieses sei gekennzeichnet durch Störungen der Affektivität mit verschiedenen Ängsten und zusätzlich mit Deprimiertheit und Freundlosigkeit. Erschöpfbarkeit, Antriebsminderung, vegetative Störungen könnten zu diesem Syndrom gezählt werden. Die psychische Symptomatik habe begonnen, nachdem der Verdacht auf eine Vergiftung geäußert worden sei und habe sich nochmals modifiziert, nachdem er mit der stattgefundenen Vergiftung konfrontiert worden sei. Nach der Internationalen Klassifikation Psychischer Störungen der WHO ICD-10 seien sowohl die Kriterien einer PTBS erfüllt, besser und umfassender berücksichtigt werde die Symptomatik allerdings bei Annahme der Diagnose einer Anpassungsstörung im Sinne einer psychoreaktiven Störung nach Trauma, wie es der Beklagte getan habe. Bei der PTBS werde ein lebensgefährliches Trauma, das plötzlich und unerwartet auftrete, in so genannten Flashbacks bei auslösenden Reizen wiedererlebt. Dies sei bei dem Kläger der Fall, wobei die plötzliche Konfrontation mit einer lebensbedrohlichen oder potentiell krebserzeugenden Vergiftung als Trauma gewertet werden könne. Das Trauma werde wiedererlebt, hier vor allem die Konfrontation mit der Vergiftung im Video. Es würden dabei die gleichen Affekte und Ängste erlebt. Schließlich solle bei der PTBS das Wiedererleben vermieden werden, indem Trigger vermieden würden. Dies sei bei dem Kläger teilweise der Fall, indem er Kaffee und Speisen meide. Dies geschehe allerdings auch aus Angst, dass erneut etwas passieren könne. Er entwickele folglich eine Angst, die zwischenzeitlich zwar unbegründet sei, die er aber nicht verdrängen oder rational bearbeiten könne. Im Begriff der Anpassungsstörung oder der psychoreaktiven Störung nach Trauma sei diese phobische Entwicklung beinhaltet, bei der Diagnose der PTBS wären die phobischen Befürchtungen nicht inkludiert, obwohl sie wesentliche funktionelle Auswirkungen habe. Schließlich passe zu beiden Erkrankungen, dass die Konfrontation mit Erinnerungen oder Wiedererleben oder Ängsten mit Deprimiertheit verbunden sei. Die Hypervigilanz und Hypererregung bei Angst vor erneuten Vergiftungen führten zu Schlafstörungen bei dauernder Anspannung sowie damit verbundener Energielosigkeit. Die Einordnung mit einem GdS von 40 sei gerechtfertigt, da als direkte Folge Einschränkungen der Leistungsfähigkeit und der Erlebnisfähigkeit gegeben seien, Privat- und Berufsleben würden durch intermittierende Ängste, Vermeidungsverhalten und häufige Erschöpfbarkeit beeinträchtigt. Darüber hinausgehende soziale Anpassungsstörungen seien nicht durch die Symptomatik der direkten Traumafolgen zu begründen. Es bestehe diagnostisch eine Übereinstimmung mit den Vorgutachten bzw. den zuletzt eingeholten Gutachten. Eine Differenz bestehe nur in der Einschätzung, ob die psychische Störung mit einem GdS von 30 oder 40 zu bewerten ist. Hier handele es sich aber um eine Bewertung, die letztendlich vom Gericht festzulegen sei.
S4 hat versorgungsärztlich das Eingangskriterium der PTBS nicht als erfüllt angesehen. Die genannte Diagnose einer Anpassungsstörung könne nicht zutreffen, da diese auf sechs Monate, maximal zwei Jahre begrenzt sei. Hinsichtlich der diagnostischen Kategorie A2 seien keine Hilflosigkeit und keine Gefühle intensiver Angst dokumentiert. Der Kläger habe sehr sachlich und überlegt reagiert, wie an der Kamerainstallation deutlich werde. Für das Vorhandensein einer intensiven Angst oder eines traumaspezifischen Meidungsverhaltens spreche diese Vorgehensweise jedenfalls nicht. Die behaupteten ständigen Vergiftungsängste seien deshalb wenig nachvollziehbar, ebenso dass seine Ehefrau habe vorkosten müssen, obwohl mit einem tödlichen Ausgang gerechnet worden sei. E1 habe die geschilderten subjektiven Beschwerden unkritisch übernommen und als objektive Symptomatik dargestellt. Das von dem Kläger an anderer Stelle beschriebene fortgesetzte belastende Stalking durch seinen ehemaligen Arbeitgeber sei gar nicht exploriert worden und habe somit nicht in die Bewertung (Frage nach einer Verschiebung der Wesensgrundlage) einfließen können. Eine mögliche Begehrenshaltung bzw. der Wunsch nach Entschädigung werde von E1 nicht näher beleuchtet, eine Beschwerdevalidierung sei nicht durchgeführt worden. Auf eine testpsychologische Untersuchung habe nicht verzichtet werden können.
E1 hat ergänzend gehört an seinen Ausführungen festgehalten, da nach der ICD-10 länger anhaltende Anpassungsstörungen verschlüsselt werden könnten. Die Belastung halte beim Kläger noch an, sodass das Zeitkriterium nicht entgegenstehe. Psychische Symptome seien immer subjektive Beschwerden, die nur in Ausnahmefällen beobachtbar seien. Trotzdem sei es eine objektive Symptomatik, da objektiv bedeute, dass sie von anderen Untersuchern genauso erkannt würde. Eine Beschwerdevalidierung sei für kognitive Ausfälle möglich, die der Kläger aber nicht habe. Nur die testpsychologisch festgestellten Symptome könnten beschwerdevalidiert werden. Es lasse sich nicht von einer auffälligen Beschwerdevalidierung auf die Gesamtheit der Beschwerden schließen, dies sei übrigens parallel zu den Feststellungen bei Lügendetektoren.
S4 hat auf die klare zeitliche Begrenzung für Anpassungsstörungen nach der ICD-10 verwiesen. Der Kläger habe seit März 2015 nicht mehr in der Werkstatt gearbeitet, sodass seitdem keine Belastung mehr bestanden habe. Der psychopathologische Befund werde nach dem System der Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Diagnostik in der Psychiatrie (AMDP-System) erstellt. Dieses gehöre zur Gruppe der Fremdbeurteilungsverfahren, basiere aber auf der Beobachtung des Verhaltens und der Schilderung des Erlebens durch den Patienten. Somit werde jedes psychopathologische Merkmal durch eine Selbstbeurteilung und eine Fremdbeurteilung bestimmt. Letztlich treffe es nicht zu, dass bei einer Beschwerdevalidierung lediglich kognitive Ausfälle erfasst werden könnten. Der Vergleich zwischen einer testpsychologischen Beschwerdevalidierung und einem Lügendetektor sei ziemlich gewagt.
E1 hat die Belastung gerade als noch nicht weggefallen angesehen, weshalb eine Anpassungsstörung weiter diagnostiziert werden könne. Das AMDP-System sei von ihm angewandt worden. Es basiere auf der Schilderung des Erlebens durch den Patienten. Es werde also nicht jedes psychopathologische Merkmal durch eine Selbstbeurteilung und eine Fremdbeurteilung bestimmt, viele würden nur durch eine Selbstbeurteilung bestimmt. Es verbleibe dabei, dass psychische Symptome subjektive Beschwerden seien, die durch Überführungen in den psychopathologischen Befund objektiviert würden. Objektiv bedeute nachvollziehbar für andere Untersucher. Die Beschwerdevalidierung könne lediglich kognitive Ausfälle erfassen. Diese Auffassung entspreche der des Bundesgerichtshofes (BGH). Es sei falsch, dass bei der Begutachtung von PTBS regelhaft Beschwerdevalidierungen durchgeführt würden.
S4 hat eine Bedrohungssituation über März 2015 verneint. Eine rein subjektiv erlebte Bedrohungslage sei dem nicht gleichzusetzen. Die Schlussfolgerung des E1, psychische Symptome seien subjektive Beschwerden, die durch Überführungen in den psychopathologischen Befund objektiviert würden, entspräche eben nicht den Grundsätzen des AMDP-Systems. Es verbleibe dabei, dass eine testpsychologische Untersuchung zur Frage der Beschwerdevalidierung deshalb anzuraten sei, da zwei gänzlich unterschiedliche Darstellungen zu den Tathergängen vorlägen, nämlich in der polizeilichen Vernehmung und dem Antrag auf Erlass eines Sicherungsarrestes.
Daraufhin hat das SG das Sachverständigengutachten des C beauftragt. Nachdem der Kläger diesem mitgeteilt habe, sich keine ambulante Untersuchung zuzutrauen, hat das SG eine stationäre Begutachtung für einen Zeitraum von maximal drei Tagen genehmigt. Nach der ambulanten Untersuchung vom 5. April 2019 hat C ausgeführt, dass der Kläger mit seinem Kleinbus angereist sei und darin übernachtet habe. Er könne sich nicht nachts mit einer unbekannten Person in einem Raum aufhalten und habe daher nicht in dem angebotenen Zwei-Bett-Zimmer schlafen können.
Der Sachverständige hat eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (ICD-10 F62.0), eine undifferenzierte Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.1), dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen (ICD-10 F44.6) und eine schwere depressive Episode (F32.2) diagnostiziert. Auf die Diagnose Panikstörung (ICD-10 F41.0) werde verzichtet, da sich die Panikzustände sowohl aus der Depression als auch aus der Traumafolgestörung eindeutig erklären ließen und es somit keiner Komorbiditätsdiagnose bedürfe. Die Diagnose PTBS gehe in der Diagnose Posttraumatische Persönlichkeitsänderung vollständig auf und dürfe nach ICD-Regeln nicht damit zusammen kodiert werden. Die Diagnose Posttraumatische Persönlichkeitsänderung sei bisher noch nicht gestellt worden, da hierfür ein Zeitfenster der Chronifizierung von zwei Jahren vorgesehen sei, das zunächst habe erreicht werden müssen. Die therapeutischen Maßnahmen seien ausgeschöpft, medikamentöse Maßnahmen bei traumatischen Depressionen kaum wirksam. Eine Pharmakotherapie der PTBS als solche existiere nicht, sodass das Absetzen der Medikation konsequent sei.
Der Kläger sei langjährig gemeinsam mit einem befreundeten Ehepaar in einer Kraftfahrzeugwerkstatt tätig gewesen. Anfang 2015 solle ihn die Ehefrau seines Chefs und Arbeitskollegen mehrfach mit naphtalinhaltigen Lösungsmitteln vergiftet haben. Die Tat sei durch polizeiliche Videodokumentation nachgewiesen. Über die sich schrittweise einstellende Erkenntnis über die mögliche menschliche, gesundheitliche und seelische Tragweite des Geschehens sei es bei dem Kläger zu seelisch bedingten Störungen gekommen. Die sich zugleich einstellenden körperlichen Funktionsstörungen seien von Fachgutachter als nicht kausal zu der offenbar recht geringen Inkorporationsmenge des Giftes angesehen worden. Es habe sich eine heftige, vielfältige und langanhaltende Störung des Seelenlebens eingestellt, die retrospektiv zutreffend als PTBS beschrieben worden sei. Die Symptomatik habe sich zwischenzeitlich chronifiziert. Das Ausbleiben einer adäquaten Verarbeitung habe zu schwerwiegenden Auswirkungen auf das soziale Leben des Klägers geführt. Er erlebe sich von vielerlei Reizen getriggert, könne keine Werkstatt mehr betreten, vermisse die Feinbeweglichkeit und das Feingefühl seiner Hände für die handwerkliche Arbeit, sei langjährig arbeitsunfähig, habe sich infolge der von ihm wahrgenommenen seelischen Empfindungslosigkeit von seiner Frau und allen Freunden getrennt. Das gemeinsame Haus habe verkauft werden müssen, der Teilerlös, von dem er im Wesentlichen lebe, gehe langsam zur Neige. Sämtliche vorliegenden Gesundheitsstörungen seien auf die Tat zurückzuführen. Allerdings sei es sehr untypisch, dass aus einem einmaligen Typ-1-Trauma ohne massive Vorbelastung durch weitere Traumen ein so schwerer, vielfältiges und anhaltendes Störungsbild resultiere. Andererseits sei die jeweilige individuelle Vulnerabilität sehr unterschiedlich und unter anderem ggf. genetisch bedingt. Konkurrierende Ursachen für die vorliegenden Störungen seien nicht erkennbar.
Auffällig sei, dass die zugrundeliegende Handlung durch die Täterin unter strafrechtlichen Gesichtspunkten als relativ geringfügig eingestuft worden sei. Hieraus lasse sich nicht ableiten, dass damit das Traumakriterium für den Kläger nicht erfüllt sei. Auch eine Bedrohung mit einer Spielzeugpistole könne ernsthafte seelische Folgen auslösen, wenn diese als solche vom Opfer nicht erkannt werde und es sich in einer lebensbedrohlichen Situation wähne. So möge es auch mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Kläger ergangen sein, der von einem ernst gemeinten Mordversuch und einer schwerwiegenden Gefahr für Leib und Leben für sich ausgegangen sei. Dass diese Annahme später von Ärzten und Juristen widerlegt oder zumindest relativiert worden sei, ändere nichts am primären Eindruck des Betroffenen, der hier störungsbildend wirksam geworden sei. Hinzu komme die tiefe menschliche Enttäuschung, dass die Tat von einer langjährigen Freundin und Arbeitskollegin verübt worden sei. Es sei bekannt, dass „man-made“ Traumata zumeist schlimmere Auswirkungen auf die Opfer hätten, also „non-man-made“ Ereignisse. Da hier eine Störung mit mindest mittelgradigen, an der Grenze zu schweren sozialen Anpassungsstörungen vorliege, komme nur ein GdS von 70 in Frage, um die vorliegenden massiven Einschränkungen adäquat abzubilden. Diagnostisch bestehe hinsichtlich der Diagnose einer Traumafolgestörung Übereinstimmung mit den meisten Vorgutachten. Diese Diagnose wegen eines unzureichenden A-Kriteriums nicht zu stellen, entspreche nicht der wissenschaftlichen Diskussion der letzten Jahre, die im neuen DSM-V-System ihren Niederschlag gefunden habe. Dabei seien die früheren A1- und A2-Kriterien deutlich erweitert worden. Eine Argumentation mit der veralteten ICD-10 sei nicht sachgerecht, zumal diese in Kürze durch die fortschrittlichere ICD-11 ersetzt werde. Der Verdacht auf ein stark aggravierendes oder gar simulierendes Verhalten des Klägers sei trotz eines überstarken Scorings im psychologischen Testverhalten nicht aufgekommen, da dieser Hinweis durch klinische Beobachtungen nicht habe gestützt werden können. In der Klinik sei der Leidensdruck vielschichtig und überdurchschnittlich hoch gewesen. Die Störungen seien nicht als Ausdruck einer Simulation, sondern als Konversionssyndrome zu deuten. Psychogene körperliche Störungen folgten der inneren psychischen Verarbeitungslogik des Patienten und seien nicht mit willkürlicher Symptomdarbietung oder -verstärkung gleichzusetzen. Gegen eine bewusste zweckgerichtete Aktion im Sinne der Vortäuschung von Symptomen spreche der Umstand, dass der Kläger durch seine Störungen so massive Verluste erlitten habe, dass diese durch das hier verfolgte Ziel einer höheren Opferentschädigung nicht nur annähernd ausgeglichen werden könnten. Soweit S4 wiederholt Beschwerdevalidierungstests einfordere, bestehe für solche bei fehlendem Simulationsverdacht keine Indikation. Sie seien für die hier in Frage stehenden Hauptdiagnosen nicht brauchbar.
S4 hat bemängelt, dass die zu Diskussion stehenden Tathergänge und die sich daraus entwickelnden Beschwerden nicht exploriert worden seien. Eine deutliche Symptomausweitung bzw. Symptomverstärkung im Krankheitsverlauf stelle sich als untypisch dar. Es werde keine psychiatrische/psychotherapeutische/psychopharmakologische Behandlung in Anspruch genommen. Dass die therapeutischen Maßnahmen ausgeschöpft sein sollten, sei nicht nachvollziehbar. Für die Diagnose einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung fehle es an einer Extrembelastung. Depressionen ließen sich psychopharmakologisch mit einer guten Response behandeln. Es ergäben sich Zweifel an der Authentizität der geschilderten Beschwerdesymptomatik, die nicht hinterfragt würden. Wie der Kläger bei den geschilderten ausgeprägten psychischen Einschränkungen einschließlich der deutlich reduzierten Konzentrationsfähigkeit überhaupt in der Lage sein konnte, zu der anberaumten Untersuchung mit einem eigenen Kleinbus anzureisen, erschließe sich nicht. Der Kläger gebe vor, er könne keinem Menschen mehr vertrauen und sein einziger Vertrauter sei sein Hund. Den Hund dann aber aus Angst vor weiteren Vergiftungen seine Nahrungsmittel vorkosten zu lassen und somit eine Vergiftung/den Tod des Hundes billigend in Kauf zu nehmen, scheine schon verwunderlich. Eine testpsychologische Beschwerdevalidierung werde weiterhin für zwingend erforderlich gehalten. Es werde empfohlen, die Akten dem M1 vorzulegen.
Dieser hat in seiner Stellungnahme nach Aktenlage vom 7. September 2019 erhebliche Mängel des Sachverständigengutachtens gesehen. Das objektive Traumakriterium der ICD-10 sei nicht erfüllt, eine objektive Lebensbedrohung habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Zu berücksichtigen sei zwingend, dass der Kläger ein offenkundiges materielles Interesse daran habe, als schwer Betroffener beurteilt zu werden. Die frühe Reaktion des Klägers sei keineswegs von einer Extremreaktion gekennzeichnet. C hebe gänzlich auf die Angaben des Klägers ab und stelle die Beschwerdeschilderung unkritisch als Symptomnachweis dar. Im psychischen Befund ließen sich Beschwerdeangaben und Befunde nicht unterscheiden. Es fehle an einer eingehenden Beschwerdevalidierung, d. h. einer eingehende Konsistenz- und Plausibilitätsanalyse sowie einer Prüfung der vielen Widersprüche, Fragwürdigkeiten und Ungereimtheiten. So werde nicht erläutert, dass initial keine so schwere Beschwerdedarstellung erfolgt sei und im Laufe der Zeit immer schwerere Folgen der Ereignisse geltend gemacht würden. Es seien zahlreiche psychologische Testverfahren durchgeführt worden, deren Ergebnisse unkritisch als Symptomnachweise ohne eine gebotene Beschwerdevalidierung bewertet worden seien. Die Extremantworten, die der Sachverständige ermittelt habe, würden, falls authentisch, eine ganz extreme Beschwerdebelastung beim Kläger bedeuten, so extrem, dass sie selbst unter klinischen Patienten selten sei. Dies sei mit einer selbstständigen Lebensführung nicht vereinbar. Insgesamt hätte man es mit einem psychisch aller-aller-schwerstkranken Menschen zu tun, der überdies noch parallel (ko-morbid) an fünf psychischen Störungen leide. Nach dem Ergebnis der Fragebögen müsse eine äußerst schwere Depression vorliegen, die zwingend stationärer Behandlung bedürfe. Eine ambulante Behandlungsfähigkeit sei nicht mehr sinnvoll denkbar, eine Psychotherapiefähigkeit nicht gegeben. Die Teilhabe am Alltag müsse gravierend eingeschränkt sein, eine mehrstündige gutachterliche Untersuchung nicht zumutbar und von einem verantwortungsvollen Sachverständigen nicht mehr durchzuführen. Nach der Literatur seien extreme Punktwerte eher nicht der depressiven Symptomatik zuzurechnen, sondern deuteten auf Aggravation hin. In der biographischen Anamnese des C fehle eine weitreichende Berufsanamnese, die sich als hoch relevant darstelle, insbesondere, da der Kläger über Jahre nicht versicherungspflichtig gearbeitet habe. Noch im August 2018 habe er selbst erklärt, als Kfz-Mechaniker/Meister nur 20 Stunden arbeiten zu können. Dies entspräche einer Halbzeitstelle und deutlich mehr, als der Zeitumfang, mit dem er anscheinend zuvor beschäftigt gewesen sei. Ferner sei zu bedenken, dass dem Kläger wohl durch den Besitzer der Autowerkstatt gekündigt worden sei, er also nicht selbst das Arbeitsverhältnis aufgelöst habe. Anschließend sei er sogar noch in der Lage gewesen, für ein Autohaus als Angestellter zu arbeiten, während er vor dem Vorfall lediglich geringfügig mitgearbeitet habe. Dies bedeute, dass er nach dem Indexvorfall besser in der Lage gewesen sei, einer geregelten Arbeitstätigkeit nachzugehen als zuvor.
C hat ergänzend gehört an seiner Einschätzung festgehalten. Die Begutachtung habe zu klären, ob die geschilderten Beschwerden plausibel seien und einer Traumafolgestörung entsprächen, die durch den Akt der Vergiftung oder zumindest durch dessen Realisierung durch den Kläger ursächlich ausgelöst worden sei. In der neuen ICD-11 sei mit der Beschreibung einer Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung zu rechnen, auf die bereits gut 30 Jahre alte ICD-10 könne nicht mehr zurückgegriffen werden. Eine Verschlimmerung der Störung auf der Zeitachse sei für posttraumatische Wesensänderungen und Komplexe PTBS keinesfalls untypisch. Durch die negativen Annahmen der Betroffenen über die feindseligen Absichten des Gegenübers komme es zu interpersonellen Verwicklungen. Seit der letzten Revision des DSM-V sei erwiesen, dass es keiner objektivierten Erstreaktion nach Traumatisierung bedürfe, um die Diagnose einer PTBS zu stellen. Es gebe Menschen, die in der traumatischen Situation scheinbar völlig unbewegt reagierten oder besser nicht reagierten, weil sie sich im Zustand der Dissoziation befänden. Diese Betroffenen neigten in höherem Maße zur späteren Ausbildung eines PTBS als diejenigen, die initial heftig reagierten. Bedingt durch den Zustand der initialen Lähmung oder Ausblendung der Gefühle sei es durchaus möglich, dass sich das Bewusstsein für das Ausmaß der durchlebten Belastung erst nach und nach einstelle und in diesem Sinne eine zunehmende Erschütterung bewirke, die als quasi paradoxe Symptomzunahme in Erscheinung trete.
Die leicht moralinsaure Einlassung, wieso denn ein Mensch mit Vergiftungsängsten seinen geliebten Hund oder gar seine Frau vorkosten lassen, bevor er sich selbst traue, sein Mahl zu genießen, führe ebenfalls nicht weiter. Psychosomatiker seien mit dem Phänomen durchaus vertraut, dass ein Mensch einen ihm unsinnig erscheinenden Gedanken habe, sich aber gleichwohl nicht davon distanzieren könne. Dies werde Zwangsphänomen genannt. Der Kläger wisse natürlich, dass sein Essen nicht ständig vergiftet sein könne, nur dieses Wissen sei für ihn emotional nicht bedeutsam und es bedürfe der Zwangshandlung, um sich zu entängstigen. Der Kläger setze sich nur ans Steuer, wenn es sein seelischer Zustand gerade zulasse, sodass eine Fahrtauglichkeit bestehe. M1 verkenne, dass es nicht darauf ankomme, was objektiv geschehen sein, sondern darauf, was der Kläger subjektiv erlebt habe. Die Erstreaktion werde nur ausnahmsweise bemerkt und dokumentiert.
Die Untersuchung habe problemlos durchgeführt werden können. Es bedürfe der Herstellung einer vertrauensvollen Arbeitsbeziehung, die um das gemeinsame Bemühen für das Verständnis der inneren Prozesse bemüht sei, ohne den Probanden zu verdächtigen, zu verfolgen oder zu demütigen. Natürlich müsse diese empathische Einstellung im Verlauf des Begutachtungsgesprächs immer wieder zu Gunsten einer kritischen Reflexion und/oder einer kritischen Konfrontation im Sinne einer Rückkehr zu einer Metaposition unterbrochen werden, aber auf dem Boden der zuvor erfolgten vertrauensschaffenden Maßnahmen. Auf diese Weise seien auch bei schwer beeinträchtigten Probanden ausreichend lange diagnostische Gespräche möglich. Das Maß der Konfrontation müsse stets dem Fassungsvermögen des Probanden Rechnung tragen. Die berufliche Vorgeschichte müsse nicht näher beleuchtet werden, da es nicht um eine Leistungsbeurteilung gehe wie bei der Erwerbsminderungsrente, sondern um die Einschätzung der Schädigungsfolgen. Beschwerdevalidierungstests könnten nur in besonders gelagerten Fällen indiziert sein, wobei solche meist in US-amerikanischen Studien thematisiert würden. Im angelsächsischen Rechtssystem würden oft exorbitante Entschädigungssummen erstritten, sodass die Frage der Beschwerdevalidität dort wesentlich umkämpfter sei als im europäischen Raum. Die Unterwerfung des Klägers unter diese Form der Glaubhaftigkeitsbegutachtung rufe alle inneren Vorbehalte des Klägers wach, dass man ihm doch nicht glaube, dass man ihn schädigen wolle, dass man ihm zutiefst misstraue und dass Menschen nicht vertrauenswürdig seien. In der Sozialgerichtsbarkeit gehe es vorrangig darum, sozialen Frieden wiederherzustellen und zu bewahren. Es müsse zwischen dem nachvollziehbaren Wunsch nach umfassender Sachaufklärung mit allen verfügbaren Mitteln und der Fürsorge für den Probanden sorgfältig abgewogen werden. Wenn begutachtende Ärzte sich einem Fall zu sehr aus klinisch-therapeutischer Perspektive näherten und der Empathie vertrauten, gingen sie leicht in die Irre, weil sie dazu neigten, den Äußerungen des Probanden unreflektiert zu vertrauen. Wenn hingegen zu sehr auf technische Verfahren vertraut werde, von denen man sich quasi objektive Informationen erwarte, bestehe die Gefahr, die Wahrheit zu verfehlen. Bei der Beurteilung von Traumafolgestörungen erliege man leicht der Gefahr, das Erleben des Opfers zu bagatellisieren. Entscheidend sei das innere Erleben des Betroffenen, das den Maßstab darstelle. Dass sich dieses Erleben nicht immer restlos erschließe, dass Gutachter in hohem Maße anfällig dafür seien, Simulation und Aggravation zu übersehen und nicht adäquat einzuschätzen, bleibe als Restrisiko jeglicher Begutachtung bestehen und lasse sich weder durch angemessene Selbstkritik und noch ausgefeilte testpsychologische Methoden eliminieren.
S4 hat versorgungsärztlich eingewandt, dass selbst wenn die Diagnose einer Komplexen PTBS zu Grunde zu legen sei, die nicht in der ICD-10 aufgeführt sei, diese beim Kläger nicht diagnostiziert werden könne. Eine solche komme nach Typ-I-Traumatisierungen auch nach der von C zitierten Literatur gerade nicht in Betracht. Die aktuelle S3-Leitlinie nehme ebenso nur auf Typ-II-Traumata Bezug. Soweit der Sachverständige die beschriebenen Handlungen des Klägers einer Zwangssymptomatik zuordnen wolle, könne in dessen Aussagen keinerlei Zwangscharakter festgestellt werden, Zwangssymptome seien keine beschrieben. Wenn der Kläger die WD-40 Beibringung subjektiv als lebensbedrohlich erlebt habe, hätte er wohl kaum seine Kaffeetasse und seinen Löffel nur abgewaschen und dann weiter benutzt. Soweit der Sachverständige meine, dass Sozialrecht diene der Wiederherstellung des sozialen Friedens, müsse darauf hingewiesen werden, dass der aus dem Strafrecht abgewandelte Satz „Im Zweifel für den Kranken“ weder im sozialen Entschädigungsrecht noch im Schwerbehindertenrecht gelte.
M1 hat dargelegt, dass die Ausführungen zur Fahreignung vernachlässigten, dass jemand, der wirklich und tatsächlich überall und ständig die Umgebung nach Bedrohung abscanne, wie der Kläger von sich behaupte, hinsichtlich seiner Aufmerksamkeitsressourcen so eingeschränkt sei, dass er kein Kraftfahrzeug führen könne. Dies gelte umso mehr für jemanden, der ausdrücklich erkläre, er könne oft keine Geräusche ertragen, sich und andere aber hochgradig gefährde, wenn er im Verkehr unterwegs sei, wo bekanntermaßen plötzlich und unvermittelt Geräusche aufträten. Es könne nicht überzeugen, wenn der Kläger einerseits hochgradig wegen seiner psychischen Störung eingeschränkt sein solle, diese Einschränkungen aber just und ausgerechnet hinter dem Lenkrad aussparen könne. Entscheidend sei an diesem Punkt, dass der Sachverständige insoweit und hinsichtlich einer Vielzahl anderer Punkte versäumt habe, eine eingehende, nachvollziehbare und überzeugende Konsistenz- und Plausibilitätsanalyse vorzunehmen, stattdessen an dieser spezifischen Stelle bemüht sei, die Einwände wegzudiskutieren. Es komme nicht darauf an, was der Kläger subjektiv erlebt habe, da die ICD-10 weiter auf das objektive Traumakriterium abstelle. Der Sachverständige verkenne die rechtliche Würdigung, wenn er seine These aufstelle, es komme nicht auf den objektiven, sondern den subjektiven Bedrohungsgrad an. Eine solche Haltung möge er als einfühlsamer Psychotherapeut in einer Therapiesitzung wirkungsvoll einnehmen können, im gutachterlichen Kontext verrate es aber eine fehlende Tiefenvertrautheit mit Standards der Kausalitätsbeurteilung. Noch im Rahmen der Finalitätsbegutachtung möge die Haltung irrelevant sein, weil ohnehin geleistet werde, doch in der Kausalitätsbegutachtung müssten Wirkbedingungen differenziert werden, selbst wenn sie conditio sine qua non seien. Die Grundhaltung des Sachverständigen führe dazu, dass Grundlage der gutachterlichen Feststellungen ein Gebäude subjektiver Aussagen werde, die weder beweisbar noch widerlegbar seien. Dass Extremantworten in den durchgeführten Tests nicht so selten in einer klinischen Population sei, erweise sich als unwahr. Es genüge ein Blick in die Normen. Die wiederholte Vorbringung freier Erfindungen, also sozusagen alternativer Wahrheiten, in einem Sachverständigengutachten gegenüber einem deutschen Gericht werde als irritierend empfunden. Das Gericht dürfe von einem Sachverständigen eine sachkundige Beratung erwarten, nicht aber die bloße Äußerung von Meinungen, die sich sehr leicht als falsch herausstellen könnten. Der Sachverständige übersehe, dass allein die Wahrheit und nicht die Herkunft der Wahrheit von Bedeutung sei. Es sei irrelevant, dass viele Studien aus den USA stammten, wenn sie korrekt seien.
Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. Juli 2020 hat das SG den Bescheid vom 14. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017 abgeändert und den Beklagten verurteilt, als Schädigungsfolgen eine andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung, eine undifferenzierte Schmerzstörung, dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen sowie eine schwere depressive Episode festzustellen und Versorgungsbezüge nach einem GdS von 70 zu gewähren. Der Kläger leide, dies sei aufgrund des Sachverständigengutachtens des C nachgewiesen, an den genannten Gesundheitsstörungen. Die Kriterien einer PTBS seien erfüllt, zwischenzeitlich sei es zu einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung gekommen, die die Kriterien der ICD-10 F62.0 erfülle. Es bestünden Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen, für die der sachverständige Zeuge A eine psychosomatische Abklärung anrate. Aufgrund der eingehenden psychosomatischen Begutachtung sowie überzeugend dargestellten und für das Gericht schlüssig ausgewerteten Befunde sei von einer undifferenzierten Somatisierungsstörung sowie von dissoziativen Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen auszugehen. Außerdem spräche die vom Sachverständigen C dargestellte Testung für das Vorliegen einer schweren depressiven Symptomatik. Es hätten sich keine Zweifel an der Richtigkeit der vom Sachverständigen erhobenen und sorgfältig sowie nachvollziehbar ausgewerteten Befunde ergeben. Wie der Sachverständige ausführlich begründet darlege, wäre die Durchführung weiterer psychologischer Beschwerdevalidierungstest kein angemessener weiterer Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes. Der Kläger leide unter schwersten Beeinträchtigungen aufgrund der psychogenen Symptomatik, die nahezu sämtliche Lebensbereiche in äußerst negativer Weise betreffe. Aufgrund der Schwere sei der GdS mit 70 zu bewerten.
Am 20. Oktober 2020 hat der Beklagte Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Im Klageverfahren sei versorgungsärztlich mehrfach auf grundsätzliche Bedenken insbesondere hinsichtlich des Sachverständigengutachtens des C hingewiesen worden. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden und Einschränkungen in der sozialen Teilhabe könnten nicht als bewiesen angesehen werden. Eine eingehende Konsistenz- und Plausibilitätsprüfung sowie eine psychologische Beschwerdevalidierung werde für dringend notwendig erachtet. Mit den ausführlichen Bedenken und Gegenargumenten setze sich das Urteil in keiner Weise auseinander. Die sehr kurzen Ausführungen im Urteil seien weder nachvollziehbar noch überzeugend.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Juli 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er verweist auf die angefochtene Entscheidung.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 SGG), auch im Übrigen zulässig, und begründet.
Das Rubrum war von Amts wegen zu ändern, da nach Art. 4 Abs. 2 OEG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und des Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetzes vom 15. April 2020 (BGBl. I S. 812) für die Entschädigung ab dem 1. Juli 2020 dasjenige Land zuständig ist, in dem die berechtigte Person ihren Wohnsitz hat. Für eine berechtigte Person, die am 19. Dezember 2019 bereits Leistungen nach § 1 erhält, war bis zum 31. Dezember 2020 das Land zur Gewährung der Versorgung verpflichtet, in dem die Schädigung eingetreten ist. Durch den somit zum 1. Januar 2021 kraft Gesetzes eingetretenen Beteiligtenwechsel war das Passivrubrum zu ändern (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. November 2015 – B 9 V 1/15 R –, juris, Rz. 14) und das Land Baden-Württemberg in das Rubrum aufzunehmen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 30. Juli 2020, mit dem dieses auf die kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 2 Nr. 3 SGG) den Bescheid vom 14. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017 (§ 95 SGG) abgeändert, weitere Schädigungsfolgen festgestellt und den Beklagten zur Gewährung von Versorgungsbezügen nach einem GdS von 70 verurteilt hat. Bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden ist der Teilabhilfebescheid vom 26. Juli 2017, mit dem der Beklagte eine weitere Schädigungsfolge festgestellt hat, die mit einem GdS von 30 bewertet worden ist. Die Einbeziehung in das Klageverfahren folgt aus § 96 SGG, da es nicht mehr auf den Zeitpunkt der Klageerhebung ankommt. Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich des § 96 SGG mit der ab 1. April 2008 geltenden Fassung bewusst auf den Zeitraum zwischen Erlass des Widerspruchsbescheides und Klageerhebung ausgedehnt, sodass die Regelungen des § 86 SGG und des § 96 SGG nahtlos aneinander anschließen (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 96 Rz. 3a). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., § 54 Rz. 34).
Die Begründetheit der Berufung des Beklagten folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 14. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017 in der Fassung des Bescheides vom 26. Juli 2017 ist zwar rechtswidrig, verletzt den Kläger aber nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Er kann weder die Feststellung weiterer bzw. anderer Schädigungsfolgen noch die Gewährung einer höheren Entschädigung beanspruchen. Der Senat konnte sich weder von einem rechtswidrigen tätlichen Angriff noch von einem Gesundheitserstschaden überzeugen, sodass weder weitere Schädigungsfolgen festzustellen sind noch eine Beschädigtengrundrente nach einem höheren GdS beansprucht werden kann. Selbst ausgehend von dem abweichenden Rechtsstandpunkt des Beklagten ergeben sich jedenfalls keine weitergehenden Ansprüche. Das Sachverständigengutachten des C geht schon von unzutreffenden Anknüpfungstatsachen aus, verkennt die Bewertungsmaßstäbe und gelangt zu unplausiblen Schlussfolgerungen, sodass diesem nicht gefolgt werden kann.
In formeller Hinsicht hätte der Beklagte mit dem Ausgangsbescheid nicht isoliert ein schädigendes Ereignis feststellen dürfen, da es sich hierbei um eine unzulässige Elementenfeststellung handelt, für die es an einer materiellen Rechtsgrundlage fehlt und die nicht einmal von der prozessualen Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGG gedeckt wird. Ebenso verkennt der Widerspruchsbescheid wesentliche prozessuale Vorschriften. § 85 Abs. 1 SGG bestimmt, dass dem Widerspruch abzuhelfen ist, wenn er für begründet erachtet wird und nach § 85 Abs. 2 SGG ist ein Widerspruchsbescheid durch die nächsthöhere Behörde zu erlassen, wenn dem Widerspruch nicht abgeholfen wird. Somit regelt das Gesetz ein gestuftes Verfahren, in dem zunächst die Ausgangsbehörde den Widerspruch zu prüfen und sodann die Widerspruchsbehörde darüber zu entscheiden hat. Zwar kann die Widerspruchsbehörde eine Abhilfe anregen, jedoch kommt eine solche nach einer Entscheidung über den Widerspruch nicht mehr in Betracht (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., § 85 Rz. 2 c f.). Der Beklagte ist daher zu Unrecht davon ausgegangen, im Widerspruchsbescheid lediglich die „Außenstelle“ zu einer weiteren Entscheidung anhalten zu dürfen, sondern er hätte selbst in der Sache zu entscheiden gehabt. Die Vorgehensweise hat letztlich dazu geführt, dass zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung tatsächlich keine abschließende Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand vorgelegen hat, sondern eine solche nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens erst noch getroffen werden sollte. Der sodann ergangene und nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens gewordene Bescheid (vgl. oben) hat den Mangel des Widerspruchsbescheides zwar behoben, erweist sich aber ebenfalls als rechtswidrig. Er stellt isoliert einen GdS fest, wofür es, im Gegensatz zur Feststellung des Grades der Behinderung (GdB – vgl. § 153 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]), materiell-rechtlich an einer Rechtsgrundlage fehlt, sodass erneut eine unzulässige Elementenfeststellung vorliegt, die prozessual von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGG ebenfalls nicht gedeckt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Januar 2017 – L 6 VH 789/15 –, juris, Rz. 55). Dass damit letztlich eine Beschädigtengrundrente nach einem GdS von 30 gewährt werden sollte, lässt sich dem Bescheid selbst nicht entnehmen, sondern ergibt sich nur durch Auslegung unter Heranziehung der Anlage. Diese berechnet die zustehende Beschädigtengrundrente und stellt den Nachzahlungsbetrag fest. Eine Beschwer des Klägers, die eine Bescheidaufhebung rechtfertigt, besteht indessen aufgrund der formalen Fehler nicht.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1, § 30, § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, unter anderem auch Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs. 1 BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Die Versorgung umfasst nach dem insoweit entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG die Beschädigtenrente (§§ 29 ff. BVG). Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der GdS – bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl I S. 2904) am 21. Dezember 2007 als Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezeichnet – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25 besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2014 – L 6 VS 413/13 –, juris, Rz. 42; Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 31 BVG, Rz. 2).
Für einen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG sind folgende rechtlichen Grundsätze maßgebend (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 V 1/12 R –, BSGE 113, 205 <208 ff.>):
Ein Versorgungsanspruch setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG gegeben sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. April 2009 – B 9 VG 1/08 R –, juris, Rz. 27 m. w. N). Danach erhält eine natürliche Person („wer“), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind. In Altfällen, also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 und dem Inkrafttreten des OEG am 16. Mai 1976 (BGBl I S. 1181), müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 Satz 2 OEG in Verbindung mit § 10a Abs. 1 Satz 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in diesem Zeitraum geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und bedürftig sind sowie im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eine Schwerbeschädigung liegt nach § 31 Abs. 2 BVG vor, wenn ein GdS von mindestens 50 festgestellt ist.
Nach der Rechtsprechung BSG ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffes „vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen, wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht, hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VG 2/10 R –, SozR 4-3800 § 1 Nr. 18, Rz. 32 m. w. N.). Dabei sind je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben worden. Leitlinie ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffes hat das BSG daher aus der Sicht von objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist es in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger oder rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (st. Rspr.; vgl. nur BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 9 VG 1/09 R –, SozR 4-3800 § 1 Nr. 17, Rz. 25 m. w. N.). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 Strafgesetzbuch (StGB) zeichnet sich der tätliche Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VG 2/10 R –, SozR 4 3800 § 1 Nr. 18, Rz. 36 m. w. N.). Ein solcher Angriff setzt eine unmittelbar auf den Körper einer anderen Person zielende, gewaltsame physische Einwirkung voraus; die bloße Drohung mit einer wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung reicht hierfür demgegenüber nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 1/13 R –, juris, Rz. 23 ff.).
Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennen das soziale Entschädigungsrecht und damit auch das OEG drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben der Antragstellenden, die sich auf die mit der Schädigung, also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, a. a. O., § 128 Rz. 3b m. w. N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R –, juris, Rz. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller, a. a. O.).
Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 14 m. w. N.). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, juris, Rz. 18 ff.) angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein „deutliches“ Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
Bei dem „Glaubhafterscheinen“ im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 3d m. w. N.), also der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3 3900 § 15 Nr. 4, S. 14 f. m. w. N.). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, also es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl. Keller, a. a. O.), weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses, aber kein deutliches Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Tatsachengericht ist allerdings mit Blick auf die Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) im Einzelfall grundsätzlich darin nicht eingeengt, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 15). Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ in ihrer am 1. Oktober 1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend – seit Juli 2004 – den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1. Januar 2009 durch die Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (Teil C, Nrn. 1 bis 3 und 12 der Anlage zu § 2 VersMedV; vgl. BR-Drucks 767/1/08 S. 3, 4) inhaltsgleich ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, juris, Rz. 17).
Nach diesen Maßstäben hat ein tätlicher Angriff nicht bestanden, da die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 1 OEG nicht vorliegen. Danach wird eine Beibringung von Gift einer Schädigung im Sinne des Abs. 1 gleichgestellt. Das Merkmal der Beibringung von Gift ist § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB nachgebildet und erfasst aufgrund der Gesetzessymptomatik und des Gesetzeszweckes nur strafrechtlich relevante Handlungen. Denn die Vorschrift will „Straftaten“ mit einem tätlichen Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG gleichstellen, die zur Tötung oder Verletzung eines Menschen führen können und nach allgemeiner Auffassung als Gewalttaten angesehen werden, weil die möglichen schweren Tatfolgen die Vergiftung so stark in die Nähe der Gewaltkriminalität rücken, dass die Einbeziehung in die Entschädigungsregel geboten erscheint (vgl. BSG, Urteil vom 24. September 2020 – B 9 V 3/18 R – juris, Rz. 41 unter Verweis auf BT-Drucks. 7/2506 S. 14). In der strafrechtlichen Literatur ist anerkannt, worauf die Abschlussverfügung der StA bereits hinweist, dass um dem Wesen des Delikts des § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB als Qualifikation und konkretem Gefährdungsdelikt Rechnung zu tragen, das beigebrachte Mittel das Opfer über die Körperverletzung hinaus in die konkrete Gefahr einer erheblichen Gesundheitsschädigung gebracht haben muss. Zur Ermittlung der konkreten Gefahr sind die Umstände des Einzelfalls, also Art der Anwendung oder Zuführung des Stoffes, seine Menge oder Konzentration ebenso wie das Alter und die Konstitution des Opfers heranzuziehen (vgl. Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 224 Rz. 2a unter Verweis auf Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 16. März 2006 – 4 StR 536/05 –, juris, Rz. 13). Darauf, dass die vorsätzliche Beibringung von Gift auch die Voraussetzungen eines tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG erfüllen kann (vgl. Rademacker in: Knickrehm, a.a.O., § 1 OEG Rz. 73), kommt es nicht entscheidend an, da dies nichts daran ändert, dass sich in der Anknüpfung an das Strafrecht (vgl. oben) zeigt, dass vom Gesetzeszweck ein gewisser Grad an Gefährlichkeit vorausgesetzt wird, der im Falle des Klägers nicht erreicht ist. Die rechtsmedizinischen Gutachten des H und des K, die der Senat im Wege des Urkundsbeweises (§ 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]) verwertet, sind eindeutig zu dem Ergebnis gelangt, dass die aufgebrachten Stoffe bei oraler Einnahme keine Hochrisikosubstanzen darstellen und die maximal aufgenommenen Stoffmengen nicht geeignet waren, eine gesundheitliche Schädigung zu bewirken. Die konkrete Gefahr einer erheblichen Gesundheitsschädigung hat somit nicht bestanden, sodass der Tatbestand nicht erfüllt ist. Der Beklagte ist daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Beibringung von Gift im Sinne der Vorschrift vorgelegen hat, diese unzutreffende rechtliche Wertung ist in den Befundberichten der behandelnden Ärzte, insbesondere von B1, übernommen worden.
Soweit R1 auf das Merkblatt zur BK Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) verweist und daraus Rückschlüsse auf die Wirkung der genannten Substanzen zieht, gehen die Ausführungen fehl. Abgesehen davon, dass für die Erfüllung eines BK-Tatbestandes die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sein und eine relevante Exposition nachgewiesen sein muss, bezieht sich die Exposition nicht auf eine orale Aufnahme der Stoffe. Vielmehr steht bei der BK das Einatmen der organischen Lösungsmittel über die Lunge sowie die Resorption über die Haut im Vordergrund (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung [BKV], M 1317, S. 2). Es ist völlig fernliegend, davon auszugehen, dass es am Arbeitsplatz regelmäßig zur oralen Aufnahme von im Arbeitsprozess eingesetzten Substanzen kommen sollte. Die Aufnahme über die Atemwege oder die Haut erweist sich als deutlich gefährlicher und lässt eher schwerwiegende toxische Effekte erwarten, wie K überzeugend herausgestellt hat.
Eine Gefährdung durch das Einatmen über die Lunge oder die Resorption über die Haut hat bei dem Kläger indessen bestanden, was R1 übersieht. Nach den eigenen Angaben des Klägers hat er den Rostlöser und das Hohlraumschutzspray bei seiner täglichen Arbeit eingesetzt, weshalb er mit deren Geruch vertraut gewesen ist. Die Ehefrau des Chefs hat hierzu darauf hingewiesen, dass die Substanzen ohne weitergehenden Arbeitsschutz verwendet worden sind, sodass eine Resorption über die Haut ebenfalls naheliegt. Vor dem Hintergrund der beruflichen Exposition ist es unplausibel, wenn R1 meint, die Beschwerden könnten nur durch die orale Aufnahme ausgelöst worden sein. Die weitaus gefährlichere Exposition hat somit durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch bestanden, wobei es naheliegend ist, dass die Exposition deutlich höher war als durch die vermeintliche orale Aufnahme.
Eine akute Vergiftung durch die Aufnahme großer Mengen hat K schlüssig verneint, nachdem der Vortrag des Klägers hierfür keine Anhaltspunkte bietet und solche auch sonst nicht ersichtlich sind. Da medizinische Prozesse dem Dosis-Wirkung-Prinzip unterliegen (vgl. die versorgungsärztliche Stellungnahme des S2) muss davon ausgegangen werden, dass die Dosis vorliegend zu gering gewesen ist, um Gesundheitsschäden auszulösen.
In tatsächlicher Hinsicht ist für den Senat nicht wenigstens glaubhaft gemacht, dass der Kläger überhaupt relevante Mengen schädlicher Substanzen aufgenommen hat. Gegenüber der Polizei hat er angeben, die Vorgänge bereits Anfang Dezember 2014 durchschaut zu haben, als ihm der Geruch von WD 40 in seiner Kaffeetasse aufgefallen ist. Seitdem hat er nach eigenem Bekunden die Tasse und den Löffel vor dem Gebrauch immer noch einmal abgespült, was gegen eine relevante Kontamination des Geschirrs und gegen eine Vergiftungsangst spricht (vgl. die Ausführungen des H5). Dass die Ehefrau des Chefs überhaupt den Rostlöser eingesetzt hätte, ist von ihr weder eingeräumt worden noch sonst ersichtlich. Weiter ist auf den Videoaufnahmen zu sehen, wie die polizeiliche Auswertung ergeben hat, dass die Ehefrau des Chefs den Löffel zunächst getrocknet und mit einem Tuch nachgewischt hat. Es können daher nur geringe Stoffmengen an dem Löffel verblieben sein, was ihren Vortrag unterstreicht, dass sie den Kläger nicht gesundheitlich schädigen wollte. Nachdem der Kläger Ende Januar 2015 in stationärer Behandlung und danach noch drei Wochen arbeitsunfähig gewesen ist, verbleibt bis Ende März nur ein überschaubarer Zeitraum, in dem er schädliche Substanzen hätte aufnehmen können. H5 hat in diesem Zusammenhang für den Senat überzeugend dargelegt, dass nicht zu erwarten steht, dass der Kläger das Geschirr noch benutzt hat, nachdem er die Vorgänge auf den Videos gesehen hat. Die erste Aufnahme datiert bereits vom 12. März 2015. Im Übrigen, so H5 weiter, weisen die fraglichen Kohlenwasserstoffe einen starken Geruch auf, der bei entsprechender Konzentration nicht unbemerkt bleiben kann. Letztlich haben die vom Kläger zur Analyse übergegeben Geschirrteile nach dem urkundsbeweislich zu verwertenden Gutachten des H2 zwar Ölanhaftungen aufgewiesen, die sich allerdings von den Vergleichsproben (Rostlöser, Hohlraumversiegelung) unterschieden.
Die Sachverhaltsdarstellungen in dem Antrag auf Sicherungsarrest stellen ersichtlich angepassten und übersteigerten Sachvortrag dar. Dieser lässt sich mit den vorangegangenen Angaben des Klägers zu den zeitlichen Abläufen nicht vereinbaren und gibt ebenfalls keine tragfähigen Anhaltspunkte für die Aufnahme relevanter Stoffmengen. Danach will der Kläger erst nachdem er von einem Arzt im BWK auf die Möglichkeit einer Vergiftung hingewiesen worden sein soll, den Ölfilm in seiner Tasse bemerkt haben und nicht bereits im Dezember 2014. Dass die Ehefrau des Chefs dreimal wöchentlich die Substanzen aufgebracht hat, ist eine reine Mutmaßung ohne tatsächliche Anhaltspunkte. Entsprechendes gilt für die Spekulationen darüber, über welchen Zeitraum die Ehefrau des Chefs den Kaffeelöffel besprüht hat. Die Schlussfolgerungen aus dem Sicherheitsdatenblatt auf die Gefährlichkeit sind durch die überzeugenden Ausführungen des K, dass eine Vergiftung die Aufnahme großer Mengen der Substanzen erfordern, widerlegt. Ebenso ist spekulativ, dass die vermeintlich oral aufgenommenen Stoffmengen krebsauslösend sein oder sonstige Spätfolgen bedingen könnten. Diese Steigerung des Vortrages mit zunehmender Dramatisierung der Vorgänge wird in der zweiten polizeilichen Vernehmung am 16. Juli 2015 deutlich, in der der Kläger auf die deutliche Zunahme seiner psychischen Belastung verweist.
Ein Gesundheitserstschaden ist ebenfalls nicht wenigstens glaubhaft gemacht. Dem Entlassungsbericht des BWK entnimmt der Senat, dass eine unklare, schmerzhafte Schwellung des rechten Unterschenkels bestanden hat, die vor drei Tagen ohne Trauma aufgetreten sein soll. Eine Ursache der Beschwerden konnte hingegen nicht objektiviert werden, sowohl die Laboruntersuchungen wie die Bildgebung waren nämlich unauffällig. Die geklagte Belastungsdyspnoe ließ sich ebenso nicht objektivieren, nachdem eine normale Sauerstoffsättigung und eine regelrechte Blutgasanalyse vorlagen. Die – über ein Jahr später – durchgeführte Untersuchung in der S-Klinik ergab einen unauffälligen Befund in der MRT, elektrophysiologisch bestand kein Hinweis auf eine Neuropathie und die Liquoruntersuchung zeigte bis auf eine unspezifische Eiweißerhöhung einen unauffälligen Befund. Soweit durch die Hautbiopsie eine verringerte Nervenfaserdichte beschrieben worden ist, lässt sich kein Rückschluss auf die Ursache ziehen, wie die S3 dargelegt hat. Die Diagnosen einer toxischen Polyneuropathie und einer toxischen Enzephalopathie durch R1 entbehren daher jedem objektivierten Befund, worauf H5 überzeugend hingewiesen hat und was durch die S3 bestätigt worden ist. Dies wird gestützt durch die Darlegungen des A in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG, wonach Zweifel an der Diagnose einer small-fibre-Neuropathie deshalb gegeben sind, weil ein deafferenzierter Patient mehr Schwierigkeiten bei Koordination und Feinmotorik haben muss, als sie beim Kläger tatsächlich bestehen. Letztlich entnimmt der Senat den Darlegungen des K, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der oralen Einnahme der Substanzen und den geklagten Symptomen deshalb nicht besteht, weil die Symptome für eine orale Vergiftung untypisch sind.
Dennoch hat der Beklagte bindend (§ 77 SGG) eine „Psychoreaktive Störung nach Trauma“ als Schädigungsfolge anerkannt und sinngemäß eine Beschädigtengrundrente nach einem GdS von 30 gewährt. Ausgehend vom Rechtsstandpunkt des Beklagten, an den der Senat wegen der bindenden Bescheide gebunden ist, kann der Kläger indessen weder die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen noch die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach einem höheren GdS beanspruchen.
In diagnostischer Hinsicht hat der Sachverständige E1 überzeugend herausgearbeitet, dass die anerkannte psychoreaktive Störung nach Trauma sowohl die von ihm angenommene PTBS wie die phobische Angst umfasst, während letztere von der PTBS alleine nicht abgebildet würde. Der Sachverständige hat sich der S3 angeschlossen und die diagnostische Einordnung bestätigt. Eine Anpassungsstörung hat E1 nicht als weitere Schädigungsfolge benannt, sodass es auf die von S4 aufgeworfene Frage, ob deren Diagnosekriterien erfüllt sind, nicht ankommt. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass letzterer wohl zu Recht ein Ende der Belastung mit Beendigung der Tätigkeit in der Oldtimerwerkstatt annimmt. Dahinstehen kann weiter, dass H5 eine traumabedingte Anpassungsstörung annimmt, obwohl er eine umfangreiche Akzentuierung der Beschwerden beschreibt und damit eigentlich zu keiner (weiteren) Schädigungsfolge hätte kommen dürfen, worauf die S3 zutreffend hingewiesen hat. Dementsprechend hat S4 eine psychische Schädigungsfolge zu Recht gänzlich in Frage gestellt.
Nachdem der Beklagte die PTBS somit letztlich als Schädigungsfolge festgestellt hat, kann dahinstehen, dass eine solche nach Überzeugung des Senats beim Kläger nicht besteht.
Die PTBS, die nach ICD-10-GM 2021 in F43.1 kodiert wird, bezeichnet eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) über.
Nach diesem Diagnosesystem orientiert sich die vertragsärztliche Behandlung. Es ist daher in erster Linie auch von den behandelnden Ärzten und den Sachverständigen anzuwenden, da es die nachvollziehbare Feststellung einer konkreten psychischen Gesundheitsstörung unter Verwendung eines üblichen Diagnosesystems sowie des dortigen Schlüssels und der Bezeichnungen ermöglicht (vgl. hierzu grundlegend BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Es überzeugt daher nicht, wenn C meint, die ICD-10 sei überholt und nicht mehr anzuwenden, weil mit ihrer Ersetzung durch die ICD-11 zu rechnen sei. Denn die ICD-11 wird erst zum 1. Januar 2022 in Kraft treten, wobei der konkrete Zeitpunkt der Einführung für Deutschland noch nicht einmal feststeht.
Die Gerichte wenden zur Feststellung der PTBS auch das diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen – Textrevision – (DSM-IV-TR) an. Nach dessen DSM-IV-TR 309.81 ist das sogenannte Traumakriterium (A-Kriterium) eingängiger gefasst. Danach ist Hauptmerkmal der PTBS die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A 1).
Auch das zwischenzeitlich seit Mai 2013 als Nachfolger des DSM-IV-TR nunmehr in deutscher Sprache vorliegende diagnostische und statistische Manual 5. Auflage (DSM-V) steht dem nicht entgegen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 27. August 2015 – L 6 VS 4569/14 –, juris). Zwar wird unter das A-Kriterium nunmehr auch die Erfahrung wiederholter oder extremer Konfrontation mit aversiven Details von einem oder mehreren derartigen traumatischen Ereignissen (z. B. Ersthelfer, die menschliche Leichenteile aufsammeln, oder Polizisten, die wiederholt mit schockierenden Details von Kindesmissbrauch konfrontiert werden) gefasst. Damit löst sich, ohne dies deutlich zu machen, die DSM-V deutlich von der historischen Entwicklung der PTBS, die auf den singulär auffälligen Krankheitserscheinungen der Kriegsveteranen aus dem Vietnam-Krieg beruht, denen ganz unzweifelhaft permanente lebensbedrohliche Erlebnisse und der Anblick von Gräueltaten zugrunde liegen. Hiervon unterscheidet sich der Fall des Klägers gravierend, nachdem dieser objektiv zu keinem Zeitpunkt einer Gesundheitsgefahr ausgesetzt gewesen ist.
An dem Diagnosesystem wird in der Fachwelt die fehlende Validität bemängelt und das vereinfacht viele Gesunde zu Kranken gemacht werden (vgl. zur grundsätzlichen Kritik insbesondere National Institute of Mental Health [ein Pendant zum Staatlichen Gesundheitsamt], DSM-V and RDoC: Shared Interests – „The diagnostic categories represented in the DSM-IV and the International Classification of Diseases-10 (ICD-10, containing virtually identical disorder codes remain the contemporary consensus standard for how mental disorders are diagnosed and treated.“ [Die diagnostischen Kategorien in DSM-IV und ICD-10 bleiben weiter der maßgebliche Code zur Einordnung psychischer Erkrankungen]), May 13, 2013, und Allen Frances, Normal, Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen, 2013, siehe hierzu auch A. Stevens, DSM-V: Bedeutung für die Begutachtung, der Medizinische Sachverständige 2015, 162, 165 ff.). Wie stark gerade der Anwendungsbereich der PTBS ausgeweitet und damit kaum mehr valide ist, wird insbesondere daran deutlich, dass die DSM-V für die eingangs geforderte Konfrontation mit lebensbedrohlichen Situationen auch die durch elektronische Medien (Fernsehen, Spielfilme oder Bilder) dann ausreichen lässt, wenn die Konfrontation berufsbedingt ist. Die fehlende Validität der DSM-V zeigt sich aus Sicht des Senats auch darin, dass eine Fülle an Befindlichkeitsstörungen oder organischen Krankheiten nunmehr psychischen Krankheitswert haben, wobei sie einfach der ICD-10 zugeordnet werden, obwohl diese dort so nicht beschrieben werden. Der Senat weist insoweit beispielhaft auf die verzögerte Ejakulation (F 52.32), die Schichtarbeit (D 47.26) oder das Schlafwandeln (F 51.3) als atmungsbezogene Störung, die frotteuristische Störung (F 65.81, die die sexuelle Erregung durch das Berühren oder sich Reiben an einer nicht einwilligenden Person bezeichnet), bereits die bloße Vernachlässigung eines Kindes z. B. aufgrund fehlender Bereitstellung der nötigen Schulbildung (T 74.02 XA), Unstimmigkeiten mit Nachbarn, Mietern oder Vermietern (Z 59.2) oder die prämenstruelle dysphorische Störung (M 94.3) hin. Diese Beispiele veranschaulichen aus Sicht des Senats hinlänglich, dass Befindlichkeitsstörungen oder Erlebnisse im Vorfeld einer möglichen Erkrankung bereits zu psychischen behandlungsbedürftigen Krankheiten erklärt werden, somit die vorgebrachte Kritik an DSM-V, dass Gesunde zu Kranken gemacht werden, für den Senat nicht nur nachvollziehbar ist, sondern auch in Frage stellt, ob das Diagnosesystem überhaupt zur Feststellung von psychischen Erkrankungen geeignet und verwertbar ist. R2 hat versorgungsärztlich daher zu Recht eingewandt, dass sich die versorgungsrechtliche Beurteilung weiterhin nach der ICD-10 bzw. dem DSM-IV zu richten hat.
Da die exakte psychische Diagnose nach der Rechtsprechung aber es nachvollziehbar machen muss, warum und in welchem Ausmaß eine Person psychisch krank ist, ist die DSM-V insbesondere bei der PTBS nicht geeignet, diese Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, zumal die Verfasser selber einräumen, dass bei über 80 Prozent der nunmehr von der PTBS erfassten Personen auch Kriterien für mindestens eine andere psychische Störung erfüllt sind, hier als sogenannte Komorbidität gefasst. Vielmehr gilt es der Besonderheit und auch dem außergewöhnlichen Zustand der davon betroffenen Personen Rechnung zu tragen, was aus Sicht des Senats entwertet wird, wenn beispielsweise bereits der einfache Betrachter eines Unfalls auf dem Weg zur Arbeit von der Fallgruppe mit der möglichen Konsequenz eines versicherten Wegeunfalls erfasst wird (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2015 – L 6 VG 4685/14 –, juris, Rz. 46 ff.).
Davon ausgehend ist das A-Kriterium deshalb nicht erfüllt, da eine objektive Gefahr für den Kläger zu keinem Zeitpunkt bestanden hat (vgl. oben). Daneben sehen weder B1 noch R1 das Einsprühen des Geschirrs als Auslöser der Symptomatik, sondern beschreiben ausführlich, dass die Dekompensation durch die Darlegungen der Rechtsanwältin ausgelöst worden ist. Der Kläger selbst hat nämlich angegeben, dass die psychischen Probleme erst aufgetreten sind, als ihm die Rechtsanwältin auf den Kopf zugesagt hat, „was Sache ist“. Dass es im Rahmen der anwaltlichen Beratung zu einer deutlichen Ausweitung des Geschehens gekommen ist, wird schon aus dem zur Begründung des Antrags auf den Sicherungsarrest hinreichend deutlich und korrespondiert damit, dass der Kläger bei der zweiten polizeilichen Vernehmung eine Zunahme der Beschwerden durch die Realisierung des Geschehens geschildert hat. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb in dem Antrag auf Sicherungsarrest die eigenen Angaben des Klägers bei der Polizei übergangen worden sind und die bereits durch die Polizei bzw. Staatsanwaltschaft angestrengten Ermittlungen nicht abgewartet wurden. H5 hat daher überzeugend herausgearbeitet, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen der Exazerbation der Beschwerden und dem Antrag auf den Sicherungsarrest deutlich erkennbar ist und ebenso für eine interessengeleitete Haltung mit dem Wunsch nach Entschädigung und Wiedergutmachung spricht, wie die sehr akzentuierte Beschwerdeschilderung sowie das monokausale Erklärungsbemühen für die Gesundheitsstörungen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die Ersatzansprüche auf über 140.000 € beziffert worden sind.
Wenn indessen das Vorgehen der Rechtsanwältin erst dazu geführt hat, dass der Kläger die Vorgänge als Mordversuch interpretiert und diese – entgegen der objektiven Sachlage – gesteigert wahrgenommen hat, wodurch es zur Dekompensation gekommen ist, ist das angeschuldigte schädigende Ereignis hierfür nicht rechtlich wesentlich ursächlich. Es führt daher nicht weiter, wenn die S3 darauf verweist, dass nach der DSM-V, die nicht anzuwenden ist (vgl. oben), das Überbringen einer Nachricht einem traumatischen Geschehen gleichzusetzen sei. Tatsache ist nämlich, dass die Nachricht, dass ein „Mordversuch“ auf den Kläger unternommen worden sei, wie in den ärztlichen Berichten in der Folge dokumentiert, dem wirklichen Geschehen nicht entsprochen hat und sich hieraus gerade kein Kausalzusammenhang ableiten lässt. Die Ausführungen der Rechtsanwältin selbst, auf die abzustellen wäre, sind kein rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne des OEG und ergeben damit keinen entschädigungspflichtigen Tatbestand.
Der diagnostischen Einordnung der B1 kann daher nicht gefolgt werden. Ebenso überzeugt es nicht, wenn sie aufgrund einer Verhandlung im Zivilprozess eine Retraumatisierung erkennen will und davon ausgeht, dass der Kläger nunmehr keine Erinnerung an seine Vergangenheit mehr habe. Dabei verkennt der Senat nicht, worauf die S3 hinweist, dass sie den Kläger unter therapeutischen Gesichtspunkten behandelt hat. Dies vermag nichts daran zu ändern, dass B1 von nicht erwiesenen Anknüpfungstatsachen ausgeht und ihre Ausführungen in sich widersprüchlich sind.
Zum einen beschreibt sie ein relevantes Vermeidungsverhalten des Klägers dahingehend, dass er nichts mehr machen könne, was mit der Werkstatt zusammenhänge. Wenig später legt sie indessen dar, dass sich der Kläger eine eigene Werkstatt angemietet hat, wo er Oldtimer repartiert. Zwar haben die Rehabilitationsklinik G und R1 hierzu beschrieben, dass dort keine Arbeit von wirtschaftlichem Wert verrichtet wird, sondern es sich mehr um eine Beschäftigungstherapie handelt, jedoch ändert dies nichts daran, dass das behauptete Vermeidungsverhalten gerade nicht besteht, was B1 diagnostisch hätte würdigen müssen. Dies vor allem deshalb, weil R1 ausgeführt hat, dass die Tätigkeit in der Werkstatt für den Kläger wichtig ist, um sich von seiner Erkrankung, seinen Einschränkungen und seinen Sorgen abzulenken. Entgegen der Auffassung der S3 hat H5 zu Recht gewürdigt, dass sich aus den polizeilichen Protokollen keine Anhaltspunkte für ein Vermeidungsverhalten oder sonstige Kriterien zur Diagnose einer PTBS ergeben haben. Er hat diese lediglich in tatsächlicher Hinsicht gewürdigt und keineswegs einen psychopathologischen Befund herauszulesen versucht. Vielmehr geht er überzeugend davon aus, dass sich der Kläger nach den Protokollen uneingeschränkt mit den Geschehnissen auseinandersetzen konnte und damit gerade kein Vermeidungsverhalten oder sonstige Beeinträchtigungen gezeigt hat. Dass sich der Kläger durch Werkstätten getriggert fühle, wird erstmals im Rehabilitationsentlassungsbericht Ende 2017 beschrieben und damit über zwei Jahre nach dem strittigen Ereignis. Dabei darf, worauf H5 zu Recht hinweist, nicht übersehen werden, dass der Kläger nach dem Ende seiner Tätigkeit in der Werkstatt eine abhängige Beschäftigung als Kfz-Mechaniker aufgenommen hat und somit im Tätigkeitsfeld verblieben ist. Darauf, dass er diese durch die Dekompensation nicht fortgeführt hat, kommt es nicht an.
Wenn R1 es als Ausdruck der Schwere der Beeinträchtigung wertet, dass der Kläger nicht mehr schwimmen gehe könne, wie er bei der zweiten polizeilichen Vernehmung auch angegeben hat, weil ihn die Hauterscheinungen an die Tat erinnerten, steht dies zum einen in Widerspruch dazu, dass H5 beschrieben hat, dass die Hauterscheinungen zwar noch sichtbar waren, aber als abgeheilt anzusehen sind. Zum anderen entnimmt der Senat dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G über die stationäre Behandlung 2016, dass der Kläger sich sehr motiviert dem Schwimmen gewidmet und über die Realisierung von Freizeit- und Erholungsaktivitäten korrigierende Erfahrungen gesammelt hat. Somit ist widerlegt, dass er durch die Unmöglichkeit, Sport auszuüben, relevant beeinträchtigt ist, wie er glauben machen möchte. Soweit B1 als Folge der angenommenen Retraumatisierung beschreibt, dass sich der Kläger nur noch im Dunkeln nach draußen traue, lassen sich dem nachfolgenden Rehabilitationsentlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G keine entsprechenden Einschränkungen der Teilnahme an der Maßnahme erkennen. Auch diese Schilderungen sind von B1 nicht erkennbar kritisch hinterfragt worden, indessen verweist sie erneut auf die innere Auseinandersetzung des Klägers mit der Tat. Dass es hierauf nicht entscheidend ankommt, ist in der Rechtsprechung des BSG zum Unfallversicherungsrecht, die zu übertragen ist, geklärt. Danach kann das allein im geistig-seelischen Bereich ablaufende Vervollständigen des Gesamtgeschehens zu einer Katastrophe kein äußeres Ereignis darstellen, dass einen Arbeitsunfall begründet. Bloße Illusionen, Einbildungen oder Halluzinationen, die allein in der subjektiven Vorstellung des Klägers existieren, stellen ebenso wie Denkvorgänge auf falscher Tatsachengrundlage keine äußeren Ereignisse dar (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 2019 – B 2 U 8/18 R –, juris, Rz. 19). Nichts Anderes hat hinsichtlich eines vermeintlich schädigenden Ereignisses zu gelten, dessen Tragweite der Kläger – ob mit Unterstützung der Anwältin oder ohne – subjektiv zu einem Mordversuch ausweitet.
Soweit E1 sich zwar der diagnostischen Einschätzung des Beklagten anschließt, indessen einen GdS von 40 empfiehlt, kann dieser rechtlichen Einschätzung nicht gefolgt werden.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 bedingen Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen in Form leichterer psychovegetativer oder psychischer Störungen einen GdS von 0 bis 20, stärkere Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen GdS von 30 bis 40, schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdS von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdS von 80 bis 100. Die funktionellen Auswirkungen einer psychischen Erkrankung, insbesondere wenn es sich um eine affektive oder neurotische Störung nach F30.- oder F40.- ICD-10 GM handelt, manifestieren sich dabei im psychisch-emotionalen, körperlich-funktionellen und sozial-kommunikativen Bereich (vgl. Philipp, Vorschlag zur diagnoseunabhängigen Ermittlung der MdE bei unfallbedingten psychischen bzw. psychosomatischen Störungen, MedSach 6/2015, S. 255 ff.). Diese drei Leidensebenen hat auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung angesprochen (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Juli 2017 – B 9 V 12/17 B –, juris, Rz. 2). Dabei ist für die GdS-Bewertung, da diese die Einbußen in der Teilhabe am Leben in der (allgemeinen) Gesellschaft abbilden soll, vor allem die sozial-kommunikative Ebene maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VH 2746/15 -, juris, Rz. 61). Bei dieser Beurteilung ist auch der Leidensdruck zu würdigen, dem sich der behinderte Mensch ausgesetzt sieht, denn eine „wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit“ meint schon begrifflich eher Einschränkungen in der inneren Gefühlswelt, während Störungen im Umgang mit anderen Menschen eher unter den Begriff der „sozialen Anpassungsschwierigkeiten“ fallen, der ebenfalls in den VG genannt ist. Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch und maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern. Hiernach kann bei fehlender ärztlicher Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (Senatsurteil vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, juris, Rz. 42; vgl. auch LSG Baden- Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2010 – L 8 SB 1549/10 –, juris, Rz. 31).
Eine Ausschöpfung des Bewertungsrahmens rechtfertigt sich aufgrund der von E1 erhobenen Befunde nicht. Dass von behandelnden Ärzten, die ein Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten aufbauen müssen vielfach nicht erwartet werden kann, deren Angaben kritisch in Frage zu stellen, gilt für die forensisch tätigen Sachverständigen nicht in gleicher Weise (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2015 – L 6 VG 4685/14 –, juris, Rz. 49). Dies verkennt E1, wenn er meint, dass psychische Symptome immer subjektive Beschwerden seien, die deshalb eine objektive Symptomatik darstellten, da sie von anderen Untersuchern ebenso erkannt werden könnten. Er übersieht, dass es zu den zentralen Aufgaben des forensischen Sachverständigen gehört, eine eingehende Konsistenz- und Plausibilitätsanalyse durchzuführen, wie M1 versorgungsärztlich zu Recht ausgeführt hat.
Dabei wäre zu würdigen gewesen, wie S4 überzeugend herausgearbeitet hat, dass keine Hilflosigkeit und keine Gefühle intensiver Angst dokumentiert sind. Der Kläger hat vielmehr sachlich und überlegt reagiert, wie an der Kamerainstallation zur Überführung der Ehefrau des Chefs deutlich wird, was gegen ein traumaspezifisches Meidungsverhalten spricht. Dass die Kamerainstallation mit Unterstützung der Polizei erfolgt wäre oder dass die Ehefrau des Chefs mit Hilfe der Polizei überführt worden ist, ergibt sich aus der Ermittlungsakte gerade nicht. Vielmehr ist im Gegenteil belegt, dass der Kläger erst mit bereits von ihm angefertigten Videoaufnahmen bei der Polizei vorgesprochen hat. Auch der Senat hält es für unplausibel, dass bei den behaupteten ständigen Vergiftungsängsten die Ehefrau Lebensmittel habe vorkosten müssen, da diese dann dem vermeintlichen Vergiftungsrisiko mit möglicherweise tödlichem Ausgang ausgesetzt würde. Gegen die Authentizität der Schilderungen spricht weiter, dass den Berichten über die stationären Rehabilitationen keine Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme zu entnehmen sind. Dass dort ein Vorkosten durch die Ehefrau stattgefunden hat, ist auszuschließen. Unabhängig von der durch S4 angestoßenen Diskussion um die Notwendigkeit von Beschwerdevalidierungsverfahren und des Einsatzes von Lügendetektoren ergibt schon die zwingend durchzuführende Konsistenzprüfung, dass das von dem Kläger behauptete Beschwerdeausmaß gerade nicht plausibel ist und sich eine Ausschöpfung des Bewertungsrahmens daher nicht rechtfertigt.
Erst recht fehlt es an tragfähigen Befunden, um einen GdS von 70 annehmen zu können, wie ihn C empfiehlt. Dieser verkennt ebenso zentrale Aufgaben des forensischen Sachverständigen, wenn er meint, bei der Begutachtung ein vertrauensvolles Verhältnis zum Probanden aufbauen zu müssen und deshalb von jeder kritischen Würdigung absehen zu können. Dass dieser therapeutische Ansatz deshalb gerechtfertigt sei, weil das Sozialrecht dazu diene, sozialen Frieden wieder herzustellen und zu bewahren, wie C meint, verfehlt das Ziel des Sachverständigengutachtens und führt zu nicht überzeugenden Ergebnissen, da diese nur auf den subjektiven Angaben des Klägers beruhen, also letztlich davon abhängen, wie überzeugend jemand etwas vortragen kann, was persönlichkeits-, manchmal aber auch krankheitsbedingt ist, also nicht Ausdruck der Tat. Seine Reaktionen auf die – berechtigten – Einwände der Versorgungsmediziner S4 und M1 belegen, dass er zu einer kritischen Auseinandersetzung mit seinen Ausführungen nicht bereit gewesen ist.
C hat weder eine hinreichende Anamnese erhoben, noch sich mit der Aktenlage auseinandergesetzt. So ist ihm die im Vorfeld bereits diskutierte (vgl. insbesondere die Ausführungen des H5) Problematik der unterschiedlichen Hergangsschilderungen entgangen, sodass er keine eigenständige Würdigung vorgenommen, sondern die Darlegungen des Klägers unkritisch übernommen hat. Seine diagnostischen Schlussfolgerungen beruhen daher größtenteils auf nicht erwiesenen Anknüpfungstatsachen und Mutmaßungen, was nicht überzeugen kann. Dies wird in erster Linie daran deutlich, dass er es als auffällig beschreibt, dass die Tat strafrechtlich gering bewertet worden sei. Hätte er sich mit den Ermittlungen der StA in gebotenem Umfang auseinandergesetzt, wäre für ihn problemlos zu erkennen gewesen, dass keine Tatsachen erwiesen sind, die eine objektive Gefahr für Leben oder Gesundheit des Klägers zu irgendeinem Zeitpunkt belegen.
In der Folge gelangt C zu der unberechtigten Grundannahme, dass der Kläger während des vermeintlichen Tatzeitraumes die Tat als Mordversuch hätte empfinden können und dass lediglich im Nachhinein eine andere Bewertung durch Juristen und Mediziner erfolgt sei. H5 und S4 haben demgegenüber unter Auswertung der Aktenlage herausgearbeitet, dass der Kläger bis zum Ende seiner Tätigkeit in der Werkstatt Ende März 2015 zu einem überlegten und planvollen Vorgehen in der Lage gewesen ist. Eine relevante Vergiftungsangst schließen sie plausibel deshalb aus, weil der Kläger nach eigenen Angaben die Tasse und den Löffel vor der Verwendung nur noch mal abgespült, aber trotzdem verwendet hat.
Mit dem deutlichen Zusammenhang zwischen der Zunahme der Beschwerden und dem Antrag auf Sicherungsarrest bzw. des dahinterstehenden Schadensersatzes setzt sich C ebenso wenig auseinander, wie mit dem Umstand, dass die behandelnden Ärzte als Auslöser der Symptomatik die Darlegungen der Rechtsanwältin benannt haben (vgl. oben). Er lässt es vielmehr mit der Feststellung bewenden, dass sich die Erkenntnis über die Tragweite der Tat erst im Laufe eingestellt habe, ohne dies kritisch unter Berücksichtigung eines sekundären Krankheitsgewinns (vgl. die Darlegungen des H5) und eingehender Kausalitätsüberlegungen zu würdigen. Die rein subjektiv und zunehmend empfundene Bedrohungslage erfüllt das Traumakriterium nicht, wie S4 überzeugend dargelegt hat.
Wenn der Sachverständige eine Verstärkung der Symptomatik deshalb diskutiert, weil eine tiefe menschliche Enttäuschung darüber bestehe, dass die Tat von einer langjährigen Freundin und Arbeitskollegin begangen worden sei, werden diese Thesen durch die Aktenlage nicht gestützt. Aus den Erstangaben des Klägers bei der Polizei entnimmt der Senat nämlich, dass er das Arbeitsverhältnis nur solange als unproblematisch beschrieben hat, bis die Ehefrau des Chefs angefangen hat mitzuarbeiten. Die Konflikte mit dieser werden vom Kläger selbst beschrieben und waren, so die Einlassung im Strafverfahren, Grund dafür, dass es überhaupt zu den Vorfällen gekommen ist. Eine tiefe menschliche Enttäuschung über das Handeln der Ehefrau des Chefs im Sinne einer falschen Freundschaft ist deshalb nicht plausibel.
Für einen nachhaltigen Vertrauensverlust zu seinem ehemaligen Chef fehlt es an Anknüpfungspunkten. Tatsache ist vielmehr, dass der Kläger selbst beschrieben hat, diesen Ende April/Anfang Mai auf einem Oldtimer-Treffen getroffen zu haben, wobei die Gründe für die Kündigung nicht thematisiert worden sind. Weiter beschreibt der Kläger, sich nicht sicher zu sein, was der Chef von dem Vorgehen seiner Frau überhaupt gewusst hat. Dass es möglicherweise nach dem Antrag auf den Sicherungsarrest zu Auseinandersetzungen mit dem ehemaligen Chef gekommen ist, steht mit dem angeschuldigten Ereignis nicht im Zusammenhang. Dabei wird auch nicht hinreichend beachtet, dass der Versuch der Ermittlungsbehörden, die Hintergründe der Tat näher zu beleuchten, zu keinen tragenden Erkenntnissen führte, nachdem der Kläger nur spärliche Angaben gemacht hat. Insbesondere bei der erneuten Vernehmung zu den „Schwarzgeschäften“ des Chefs hat er überwiegend ausweichende Antworten gegeben, wobei sich Hinweise auf fragwürdige Abrechnungsmethoden durchaus ergeben haben.
Dass C einen sekundären Krankheitsgewinn und eine Begehrenshaltung ausschließen will, weil der Kläger mehr verloren habe, als durch eine zu erwartende Entschädigung ausgeglichen werden könnte, beruht maßgeblich darauf, dass der Sachverständige Erhebungen zu den beruflichen Umständen für unerheblich erachtet, da nicht die Frage der Leistungsfähigkeit im Sinne einer Erwerbsminderung zu klären sei. Hätte er sich mit der beruflichen Situation auseinandergesetzt, hätte er erkennen können, dass der Kläger über 10 Jahre hinweg in der Oldtimerwerkstatt nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist und wohl auch sonst keine Absicherung hatte. Obwohl die DRV in medizinischer Hinsicht eine volle Erwerbsminderung angenommen hat, ist der Rentenantrag abgelehnt worden, da im maßgeblichen Zehnjahreszeitraum nur fünf Monate mit Pflichtbeiträgen im Versicherungskonto enthalten sind. Den Verlust eines solchen Arbeitsplatzes, an dem der Kläger wohl auch nur 450 € verdient hat, als einen schweren Verlust anzusehen, entbehrt jeder Nachvollziehbarkeit. Dass der Kläger mit Einlagen an der Oldtimerwerkstatt beteiligt wäre, ist ebenso wenig weder belegt noch nach eigenen Angaben des Klägers belegbar, wie die Behauptung, dass er die Werkstatt habe übernehmen sollen. Tatsache ist somit, dass der Kläger über keine finanzielle Absicherung verfügt und derzeit von den Rücklagen aus dem Verkauf des gemeinsamen Hauses lebt, die nach seinem Bekunden fast aufgebraucht sind.
Hinsichtlich der Trennung von der Ehefrau lässt sich dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G aus 2016 entnehmen, dass sich im Laufe der Behandlung ein manifester Partnerschaftskonflikt ergeben hat. Dieser hat insbesondere darin seinen Ausdruck gefunden, dass die Angst vor dem Ende der Maßnahme und der Rückkehr nach Hause nicht mit der Angst vor dem ehemaligen Chef assoziiert gewesen ist, sondern vielmehr eine Angst vor der Rückkehr ins häusliche Milieu war. Passend hierzu ist im Rehabilitationsentlassungsbericht aus 2017 beschrieben, dass es nach einem Telefonat mit der Ex-Frau zu einer schweren Dekompensation gekommen ist. Diese Umstände werden von C zu Unrecht nicht gewürdigt und ein Zusammenhang mit dem angeschuldigten Ereignis nicht diskutiert.
In medizinischer Hinsicht hat S4 für den Senat überzeugend herausgearbeitet, dass der ausbleibende Therapieerfolg Anlass für die Diskussion alternativer Ursachen bietet, bei der angenommenen Schwere der Symptomatik eine Behandlung in Anspruch genommen werden müsste und eine Intensivierung mit Symptomausweitung untypisch ist. Die von C postulierte Ausschöpfung der Behandlungsmöglichkeiten ist daher nicht plausibel. Weiter hat S4 schlüssig dargelegt, dass es mit einer schwerwiegenden Angst vor Vergiftungen nicht in Einklang zu bringen ist, dass zunächst seine Ehefrau und später der Hund Speisen hätten vorkosten müssen, da diese zwingend dadurch der möglichen Todesgefahr ausgesetzt wurden. Dieser Argumentation konnte C nichts Tragendes entgegensetzen, sondern ist auf die Erläuterung von vermeintlichen Zwangsphänomenen ausgewichen. Damit übergeht er den wesentlichen Ansatzpunkt von S4, dass es mit der behaupteten Vergiftungsangst nicht vereinbar ist, die Ehefrau oder den Hund – also enge Bezugspersonen – dieser Gefahr auszusetzen und versucht stattdessen zu erklären, weshalb der Kläger dieser Rückversicherung bedürfe. Kritisch hinterfragt worden ist das behauptete Vorkosten durch Ehefrau und Hund im Übrigen ebenfalls nicht (vgl. oben).
Aus psychologischer Sicht hat M1, ebenfalls überzeugend, beschrieben, dass das dargebotene schwere Beschwerdebild schon nicht glaubhaft ist, weil nach der einschlägigen Literatur hohe Werte in den Testverfahren auf Aggravation hindeuten. Hiermit setzt sich C ebenso wenig auseinander, wie mit den auffälligen Testergebnissen für aggravatorisches und simulatives Verhalten. Hierzu verweist er nur pauschal darauf, dass sich klinisch dafür keine Anhaltspunkte ergeben hätten. Wenn eine derart schwere Symptomausprägung beim Kläger gegeben wäre, so M1 weiter, wäre dessen Selbstversorgung ausgeschlossen und eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit gegeben, die C indessen nicht sieht. Auch wenn zum Tagesablauf nur eine spärliche Anamnese erhoben ist, ist jedenfalls festgehalten, dass der Tag durch die Regelung der üblichen Alltagsangelegenheiten und die Gänge mit seinem Hund strukturiert ist. In tatsächlicher Hinsicht weist M1 schlüssig darauf hin, dass der Kläger mit dem dargebotenen Beschwerdebild nicht fahrtauglich ist, da jemand, der überall und ständig die Umgebung nach Bedrohung abscannt hinsichtlich seiner Aufmerksamkeitsressourcen so eingeschränkt ist, dass er ein Fahrzeug nicht sicher führen kann. Entsprechendes gilt für den Vortrag, dass er oft keine Geräusche ertragen könne, da gerade im Verkehr plötzlich und unerwartet Geräusche auftreten, sodass der Kläger sich und andere durch eine Teilnahme am Straßenverkehr hochgradig gefährdet. Die Darlegungen des C, dass der Kläger mit seinen Einschränkungen so verantwortungsvoll umgehe, dass er nur Auto fahre, wenn er dazu in der Lage sei, sind lebensfremd und belegen, dass er der berechtigten Kritik des Versorgungsmediziners ausweicht. Dies wird zusätzlich an seinem Vorschlag deutlich, dass man die Verlustliste um die Fahrtauglichkeit ergänzen könne. Tatsache ist, dass der Kläger mehrfach zu Untersuchungen selbst mit dem PKW angereist ist, was seine tatsächliche Leistungsfähigkeit im Straßenverkehr unterstreicht und die geschilderten Einschränkungen als widerlegt erscheinen lässt.
Dementsprechend kann den Diagnosestellungen des C, ebenso wie seiner Einschätzung des GdS, nicht gefolgt werden. Soweit er eine Posttraumatische Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung diagnostiziert, hat S4 folgerichtig (vgl. oben) eine Extrembelastung verneint und darauf hingewiesen, dass ein Typ-I-Trauma nach der einschlägigen S3-Leitlinie für die Diagnose nicht ausreicht. Dass C darüber hinaus meint, dass er die Diagnose erstmals habe stellen können, weil ein Zeitraum von zwei Jahren abzuwarten gewesen sei, ist vor dem Hintergrund unschlüssig, dass zu seinem Untersuchungszeitpunkt im April 2019 das angeschuldigte Ereignis bereits vier Jahre zurücklag und E1 im April 2018 eine solche Diagnose nicht gesehen hat.
Letztlich ist der GdS nicht aufgrund einer besonderen beruflichen Betroffenheit (bbB) zu erhöhen. Bei der bbB bzw. der aus ihr folgenden Erhöhung des GdS oder der Grundrente handelt es sich nicht um einen eigenständigen Streitgegenstand. Die bbB ist nicht als selbstständige Anspruch ausgestaltet worden. Der GdS im allgemeinen Erwerbsleben nach § 30 Abs. 1 BVG und das berufliche Betroffensein nach § 30 Abs. 2 BVG sind als Teilfaktoren eines einheitlichen Rentenanspruchs anzusehen. Die bbB ist lediglich ein Umstand, der ebenso wie andere – medizinische – Bemessungsfaktoren für den GdS in Betracht kommen soll. Deshalb kann in einem Gerichtsverfahren nur insgesamt über die Höhe der Grundrente entschieden werden (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Januar 2017 – L 6 VH 789/15 –, juris, Rz. 64).
Nach § 30 Abs. 2 Satz 1 BVG ist der GdB höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVG), zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BVG), oder die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BVG).
Schon aus dem Begriff der bbB ergibt sich, dass eine Höherbewertung grundsätzlich nur für die Zeit beruflicher Tätigkeit, also während des Erwerbslebens in Betracht kommt (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, SozR 3-3100, § 30 Nr. 15). Der GdS ist deshalb noch nicht höher zu bewerten, solange noch kein Beruf ausgeübt wird oder auch ohne Schädigungsfolgen noch nicht hätte ausgeübt werden können; er ist nicht mehr höher zu bewerten, nachdem die Berufsausübung mit dem Ende der Erwerbstätigkeit geendet hat. Das Ende der beruflichen Tätigkeit kommt als Grund für die erstmalige Zuerkennung einer beruflichen Betroffenheit dann in Betracht, wenn es durch die Schädigungsfolgen erzwungen worden ist. Beruflich besonders betroffen ist in diesem Fall nur, wessen Berufs- und Erwerbsleben durch die Art der Schädigungsfolgen verkürzt wird. Für die erstmalige Zuerkennung einer bbB nach Ausscheiden aus dem Berufsleben ist der Beweis erschwert, denn ein schädigungsbedingtes Ende beruflicher Tätigkeit lässt sich nach Erreichen des 60. Lebensjahres regelmäßig nicht mehr nachweisen (vgl. BSG, Urteil vom 18.05.2006 – B 9a V 6/05 R –, juris; Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 – L 6 VS 5037/13 –, juris, Rz. 59).
Diese Voraussetzungen sind nach den obigen Ausführungen ebenfalls nicht erfüllt. Es bestehen schon keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger überhaupt noch einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Vielmehr ergibt sich aus den Akten, dass die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung lediglich an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gescheitert ist. Im Übrigen kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger vor dem streitigen Ereignis nur geringfügig und damit nicht versicherungspflichtig in seinem Ausbildungsberuf als Kfz-Mechaniker beschäftigt gewesen ist. Daneben hat S4 versorgungsärztlich überzeugend aufgezeigt, dass der Kläger nach den Vorkommnissen im alten Betrieb eine Vollzeitstelle in einem anderen Betrieb als Kfz-Mechaniker aufgenommen hat und damit in einem weiteren Umfang in dem Tätigkeitsfeld gearbeitet hat, als vorher. Letztlich ergibt sich aus dem Bericht der Rehabilitationsklinik G und ist durch B1 beschrieben worden, dass der Kläger eine eigene Werkstatt unterhalten hat, in der er zur Beschäftigungstherapie, wie es die Rehabilitationsklinik beschreibt, tätig geworden ist, was das nunmehr behauptete Vermeidungsverhalten gerade nicht belegt (vgl. oben). Eine bbB scheidet somit, abgesehen davon, dass der Senat weder ein schädigendes Ereignis noch eine PTBS feststellen konnte, ebenfalls aus. Hieraus rechtfertigt sich damit ebenfalls keine Erhöhung des GdS.
Bei dem vom Kläger beantragten und vom Beklagten noch nicht entschiedenen Berufsschadensausgleich (§ 34 BVG) handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Januar 2017 – L 6 VH 789/15 –, juris, Rz. 64), über den folglich eine gesonderte Verwaltungsentscheidung zu ergehen hat, die hier nicht vorliegt. Ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich ist daher nicht Gegenstand des Verfahrens und vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden.
Auf die Berufung des Beklagten waren daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.