Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Im Streit stehen Kosten für Hörgeräte.
Der Kläger ist 1978 geboren und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er leidet an dem Usher-Syndrom, dass durch eine früh einsetzende Innenohrschwerhörigkeit und einem später einsetzenden Verlust des Sichtfeldes, verursacht durch eine Retinopathia pigmentosa, geprägt ist.
Die Hochschulambulanz für Stimm- und Spracherkrankungen der C verordnete ihm im Februar 2013 eine Versorgung mit Hörgeräten aufgrund der Diagnose einer Innenohrschwerhörigkeit.
Mit Schreiben vom 7. März 2014 beantragte er die Versorgung mit zwei Hörgeräten WIDEX Dream 440 D4-FS. Er habe in den vergangenen Monaten unterschiedliche Geräte ausprobiert, auch Geräte zum Festbetrag der Krankenkasse. Da bei ihm ein Usher-Syndrom vorliege, komme es neben der Hörbehinderung auch zu einer Sehbehinderung. Deshalb sei er in besonderer Form vom Hören abhängig. Es sei nicht absehbar, inwieweit sich seine Sehleistung weiter verschlechtern werde. Alle anderen Geräte hätten zu keinem ausreichenden Sprachverstehen geführt, insbesondere nicht in großen Räumen und bei Gesprächen mit mehreren Personen oder unter ungünstigen akustischen Bedingungen. Mit den WIDEXHörgeräten erziele er befriedigende Ergebnisse.
Er übersandte eine Empfangsbestätigung/Haftungserklärung der Hörgeräte F GmbH.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18. März 2014 eine Versorgung über die Festbeträge hinaus ab.
Der Kläger erhob Widerspruch und führte zu dessen Begründung aus, er leide unter einem stark eingeschränkten Gesichtsfeld (beidseitig), einer kompletten Nachtblindheit und tagsüber an einer Lichtempfindlichkeit auch mit Sonnenbrille. Er sei deshalb ganz besonders auf sein Gehör angewiesen. Er orientiere sich unterwegs mit Hilfe der Geräusche und verwende den Langstock. Gerade wenn es regne helfe ihm das differenzierte Hören mit geeigneten Hörhilfen, zum Beispiel klinge die Umwelt bei Nässe anders. Gutes Hören sei für ihn im Straßenverkehr unverzichtbar, schlecht zu hören sei lebensgefährlich. Seine starke Sehbeeinträchtigung und die hochgradige Innenohrschwierigkeit als zwei getrennte Behinderungen zu betrachten sei nicht möglich. Er habe auch die Geräte Oticon ACTO PRO MINIEX, Phonak AUDEO Q50-312, Oticon GO PRO VC getestet. Mit den Festbetragsgeräten sei ein Sprachverständnis in ungünstigen akustischen Situationen sehr schlecht und eine Unterscheidung der Geräusche bei Benutzung des Blindenlangstockes kaum möglich gewesen. Auch beim Telefonieren mit Headphone habe er mit dem WIDEX Dream 440 Fusion die besten Hörresultate erzielt. Für ihn als die deutsche Sprache erst Lernendem sei der Einsilbentest schwieriger als für hörgeschädigte Muttersprachler.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) ein. Dessen Gutachterin Dr. S gelangte in ihrer Stellungnahme vom 25. April 2014 zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Erkrankungssituation des Klägers ein Richtungshören besonders erforderlich sei. Da der Kläger keine Einsilbentests durchgeführt habe, sei eine vergleichende Betrachtung der von ihm ausprobierten Geräte nicht möglich, so dass eine Festbetragsversorgung empfohlen werde.
Das Hörgeräte-Akustikunternehmen reichte am 14. Mai 2014 einen Kostenvoranschlag sowie ein Formblatt „Mehrkostenerklärung des Versicherten“, welches der Kläger am 6. Mai 2014 unterschrieben hatte, bei der Beklagten ein ferner eine formularmäßige „Versicherteninformation zur Hörsystemversorgung“, von ihm am 14. Mai 2014 unterzeichnet. Für den Inhalt der Erklärungen wird auf Blatt 30f des Verwaltungsvorganges verwiesen.
Der Kläger erwarb die streitgegenständlichen Hörgeräte mit Vertrag/Rechnung vom 14. Mai 2014 zu einem Gesamtpreis vom 6.117,-- € und bezahlte hiervon selbst 4.503,-- €.
Die Beklagte gewährte ihm mit Bescheid vom 27. Mai 2014 gemäß der für sie gültigen „Versorgungspauschale“ 1614,-- € abzüglich eines Eigenanteils von 20,-- €.
Sie wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2014 als unbegründet zurück: Es lägen keine Sprachaudiogramme vor, so dass die MDK-Gutachterin keine Vergleichsbetrachtung habe anstellen können. Bei allen von Kläger getesteten Geräten handele es sich um digitale Mehrkanal-Hörhilfen mit Störschall- und Rückkopplungsunterdrückung. Alle verfügten über mindestens drei Programme. Auch habe der Kläger beim Akustiker eine Mehrkostenerklärung abgegeben in welcher der Kläger bestätigt habe, ausdrücklich keine Anpassung von aufzahlungsfreien Hörsystemen zu wünschen.
Hiergegen hat der Kläger am 17. Dezember 2014 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die von ihm erstandenen Hörgeräte glichen seinen Hörverlust in Verbindung mit der Seherkrankung am ehesten aus. Die Tests mit den Hörgeräten hätten dazu gedient, sich an das Gerät zu gewöhnen. Nicht entscheidend sei dabei, dass er Worte, zum Beispiel Zahlen, verstehe, sondern wie er diese verstehe. Die Qualität des Klanges sei entscheidend, zum Beispiel in geschlossenen Räumen mit Personen. Diese Klangqualität könne nicht gemessen werden. Ein Gutachter könne nicht über sein Empfinden berichten, wie er die Geräusche bzw. Klänge höre.
Das SG hat den mittlerweile verstorbenen Facharzt für HNO-Heilkunde Prof. Dr. G mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens beauftragt, Auf dessen Gutachten vom 26. Oktober 2016 nach Untersuchung des Klägers wird ergänzend Bezug genommen.
Die Beklagte hat erneute Begutachtungen durch den MDK veranlasst. Die ausführende Gutachterin Dr. M ist in ihren sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 13. August 2015 und vom 24. November 2016 nach Aktenlage zu dem Ergebnis gelangt, auch aus den aus den aktuell übermittelten Befunden und anhand der vom Sachverständigen durchgeführten Tests könne nicht abgeleitet werden, dass der Kläger einzig mit dem von ihm gewählten Gerät zweckmäßig und damit zwingend festbetragsübersteigend versorgbar sei.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2017 Dr. M als sachverständige Zeugin befragt. Auf die Niederschrift wird ergänzend Bezug genommen.
Es hat mit Urteil vom selben Tag die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2014 verurteilt, dem Kläger die Kosten für die Hörgeräte WIDEX Dream 440 Fusion in Höhe von 4.305,-- € zu erstatten. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruches gemäß § 13 Abs. 3 S. 1, 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) seien erfüllt. Der Kläger habe sich nach rechtswidriger Leistungsablehnung im streitgegenständlichen Bescheid die für notwendig zu erachteten Hörgeräte zu einem den Festbetrag übersteigenden Kaufpreis von 4.305,-- € selbst beschafft. Es sei nicht ersichtlich geworden und werde insbesondere auch nicht durch den Vortrag der Beklagten und einer Heranziehung der Äußerungen des MDK dargelegt, dass ein vollständig gleich geeignetes Hörgerätemodell zu einem günstigeren Preis bzw. zum Festbetragspreis zur Verfügung gestanden hätte. Den Ausführungen des MDK, dass technisch gesehen die anderen getesteten Geräte gleichwertig seien, sei nicht zu folgen. Denn es sei das individuelle Sprachverstehen maßgeblich. Hören bzw. das Hörempfinden sei eine subjektive Angelegenheit und betreffe nicht nur die Möglichkeit, Sprachinformationen aufnehmen zu können (Bezugnahme auf Urteil des Senats vom 7. Juli 2017 -L 1 KR 438/15- juris-Rdnr. 24). Ein nur in deutscher Sprache verfügbarer Einsilbentest könne bei dem Kläger als italienisch Muttersprachler keine hinreichend verwertbaren Sprachverständnisergebnis erbringen. Es bliebe nämlich offen, ob der Hörverlust oder fehlende Deutschkenntnisse Ursache eines fehlerhaften Verstehens sei.
Gegen diese ihr am 8. Dezember 2017 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten vom 8. Januar 2018. Zu deren Begründung führt sie aus, der Hörgeräteakustiker sei verpflichtet gewesen, dem Kläger ein Hörgerät zum Festbetrag anzubieten, mit welchem der Hörverlust des Klägers hätte ausgeglichen werden können. Es müsse also in jedem Fall ein geeignetes Hörgerät zum Festbetrag zur Verfügung gestellt werden. Der Hörgeräteakustiker sei verpflichtet, das geeignete Hörgerät aufzahlungsfrei anzubieten. Lediglich wenn ein hochwertigeres Hörgerät gewünscht werde, dessen Kosten den von der gesetzlichen Krankenversicherung zu leistenden Betrag übersteige, sei der Versicherte zu belehren, dass er die entsprechenden Mehrkosten selbst zu tragen habe. Eine entsprechende Belehrung sei hier erfolgt. Die Wahl des hier streitgegenständlichen Gerätes sei eine subjektive Entscheidung des Klägers gewesen, bei welcher die Optik des teureren Gerätes und die Bequemlichkeit (kleineres Gerät, automatische Umschaltung) sicherlich eine Rolle bei der Entscheidung gespielt hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Dezember 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, er habe die Mehrkostenerklärung nur unterschrieben, weil er andernfalls die Hörgeräte zurückgeben hätte müssen und die Beklagte noch nicht einmal den Festbetrag gezahlt hätte. Die Selbstbeschaffung des Klägers habe ihre wesentliche Ursache in dem hier angefochtenen Ausgangsbescheid.
Die von ihm unterzeichnete Mehrkostenerklärung sei nach §§ 310, 307 Bürgerliches Gesetzbuch unwirksam. Sie benachteilige ihn unangemessen. Jedenfalls sei sie gemäß § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch nichtig.
II.
Die Berufung ist durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Der Senat hält sie einstimmig für unbegründet. Er hält auch eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen mit Schreiben vom 14. Oktober 2020 hingewiesen worden.
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Beklagte zu Recht unter Aufhebung des Bescheides vom 18. März 2014 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 4. Dezember 2014 verurteilt, dem Kläger die Kosten für die spezifischen Hörgeräte zu erstatten.
Nach § 13 Abs. 3 SGB V ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Kosten zu erstatten, die daraus erstanden sind, dass sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte.
Rechtsgrundlage des Kostenerstattungsanspruches ist hier konkret § 13 Abs. 3 S. 1, Alt. 2 SGB V. Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender primärer Sachleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Der Anspruch ist umgekehrt gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruches rechtswidrig abgelehnt hat und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn insoweit auch ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbstbeschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R- juris-Rdnr. 10). Hier hat die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruches rechtswidrig abgelehnt. Der Kläger hat sich die Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt.
Rechtsgrundlage für die Versorgung mit einem Hörgerät ist § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V. Es besteht ein Anspruch auf Hörhilfen, die erforderlich sind, um u.a. eine Behinderung auszugleichen, soweit dies im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen erforderlich ist (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - Rdnr. 29 ff). Die für Hörgeräte geltende Festbetragsregelung aufgrund § 36 SGB V ist eine Begrenzung des Anspruches auf eine Hilfsmittelversorgung aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 12 Abs. 1 SGB V. Dies rechtfertigt eine entsprechende Begrenzung des Leistungsumfangs, sofern eine ausreichende Versorgung zum Festbetrag nicht unmöglich ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - juris - Rdnr. 29 ff). Demzufolge verpflichtet § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist. In dem Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändigere Versorgung nur dann eingeschlossen, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet.
Speziell beim Ausgleich einer Schwerhörigkeit ist der Versorgungsanspruch nicht auf das möglichst störungsfreie Verstehen von Sprache beschränkt. Versicherte haben gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Hörgeräte, die ihnen im Rahmen des Möglichen auch in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen das Hören und Verstehen ermöglichen. Es reicht nicht aus, wenn die Hörgeräte nur eine Verständigung im Einzelgespräch mit direkter Ansprache ermöglichen (BSG, Urt. v. 14. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R – juris-Rdnr. 31 mit weiteren Nachweisen). Zum Hören gehören auch das räumliche Erkennen von Geräuschen und ein möglichst unverzerrtes Klangbild. Die Sicherstellung des Hörverstehens auch in Situationen, in denen es störende Nebengeräusche gibt und mehrere Personen gleichzeitig reden, ist ebenfalls Gegenstand der nach § 33 SGB V geschuldeten Versorgung (vgl. Urteil des Senats vom 13. Dezember 2018 - L 1 KR 431/16).
Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile oder dann, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, a.a.O., Rdnr. 34).
In Anwendung diese Grundsätze teilt der Senat die Auffassung des SG, dass das gewählte System zum Behinderungsausgleich für die Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits geboten und wirtschaftlich gewesen ist.
Es ist davon auszugehen, dass das vom Kläger gewählte System objektivierbar relevante Gebrauchsvorteile gegenüber den anderen von ihm getesteten Geräten aufwies, indem es ein Hörverstehen auch in schwierigeren Hörsituationen ermöglichte. Er testete mehrere Monate lang verschiedene Hörgeräte jeweils nach Einstellung durch den Hörgeräteakustiker. Nachvollziehbar ist es ihm in erster Linie darauf angekommen, dass das Hörgerät gerade in Bezug auf seine Sehbehinderung und in einem Umfeld wie an seinem Arbeitsplatz den für ihn erforderlichen Hörverlustausgleich bietet. Nicht entscheidend ist das isolierte Verständnis einzelner Worte gewesen. Maßgeblich war vielmehr das Sprachverständnis insgesamt auch in geschlossenen großen Räumen bei Anwesenheit anderer, sowie das Hörempfinden bei der Benutzung des Blindenlangstockes.
Dass möglicherweise doch auch mit andere Hörgeräten zu für den Kläger befriedigenden Ergebnissen geführt hätten, ändert nichts daran, dass die konkrete Beschaffung hier notwendig war, weil der Kläger durch die Beklagte nicht adäquat beraten worden ist.
Bietet ein Hörgeräteakustiker - wie vorliegend möglicherweise - kein ausreichendes und zweckmäßiges eigenanteilfreies Hörgerät an, etwa, weil er davon ausgeht oder vorgibt, im konkreten Fall sei eine eigenanteilsfreie Versorgung nicht ausreichend oder zweckmäßig, oder erweisen sich die angebotenen eigenanteilsfreien Geräte aus Sicht des Versicherten als nicht ausreichend, muss dieser grundsätzlich - ggf. mit dem Akustiker - den Dialog mit der Krankenkasse suchen. Dieser Obliegenheit ist der Kläger hier mit Schreiben vom 7. März 2017 nachgekommen.
Die Kasse ist dann gehalten, die Versicherte bei der Suche nach einem geeigneten eigenanteilsfreien Gerät zu unterstützen, ggf. unter Zuhilfenahme des MDK, in dem sie ihm konkrete Angebote ausreichender und zweckmäßiger eigenanteilsfreier Geräte aufzeigt und ihn bei der Testung unterstützt oder aber sich bereit erklärt, die Mehrkosten einer höherwertigen Versorgung zu übernehmen.
Die Beklagte irrt, wenn sie meint, dass sie ihren Pflichten bereits durch den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit dem Hilfsmittellieferanten Genüge getan habe. Aus der gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestehenden Verantwortung für die Sachleistungen ergibt sich die Verpflichtung der Krankenkassen, ihre Versicherten zu informieren und zu beraten. Diese Verpflichtung wird durch die Vereinbarung von Festbeträgen nicht außer Kraft gesetzt (BSG v. 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R – juris-Rdnr. 36; Urteil des Senats vom 13. Dezember 2018 –L 1 KR 431/16 juris-Rdnr. 25). Auch durch den Abschluss von Verträgen mit Hilfsmittellieferanten kann sich die Beklagte nicht von der ihr gegenüber ihren Versicherten obliegenden Verantwortung freizeichnen.
Hier hat die Beklagte den Kläger zunächst im streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid nur ganz allgemein auf ein Ausprobieren bei verschiedenen Akustikern verwiesen. Im Widerspruchsverfahren hat sie sich, die Aussagen der MDK-Stellungnahme übernehmend, auf die Feststellung beschränkt, dass theoretisch alle vom Kläger getesteten Geräte als „digitale Mehrkanaler mit Störschall- und Rückkopplungsunterdrückung“ geeignet gewesen sein müssten, obgleich der Kläger detailliert geschildert hatte, weshalb er nur mit den von ihm gewählten Modell befriedigende Ergebnisse erzielen konnte.
Dass eine Versorgung des Klägers mit einem günstigeren Hörgerät möglich gewesen wäre, folgt auch nicht aus den von ihm unterschriebenen Erklärungen:
Ein Erstattungsanspruch ist zunächst nicht von vornherein aufgrund der vom Kläger unterschriebenen Mehrkostenerklärung vom 6. Mai 2014 und der Formularerklärung „Versicherteninformation zur Hörsystemversorgung“ vom 15. Mai 2014 ausgeschlossen. Dass diesen Schreiben im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten bereits die Funktion eines Verzichts auf einen Anspruch auf zuzahlungsfreie Versorgung zukommt, kann nicht angenommen werden. Ein entsprechender Verzichtswille der Krankenkasse gegenüber, die zwar in den Formularen jeweils als solche aufgeführt, ist aber nicht ausdrücklich Adressatin der Erklärungen ist, kann ihnen nicht hinreichend deutlich entnommen werden.
Die Beklagte kann mit den Schriftstücken auch nicht mit Erfolg nachweisen, dass eine mehrkostenfreie Versorgung des Klägers „zum Ausgleich (….) der individuellen Hörminderung in allen alltagsrelevanten Hörsituationen“ möglich gewesen wäre und die Mehrkosten „insbesondere durch Merkmale des Bedienkomforts: Funkanbindung von Zubehör, Merkmale der Ästhetik: kleine Bauform und/oder Sonstiges: Binaurale Signalverarbeitung, Sprachhervorhebung“ bedingt waren.
Zum einen kann die Formulierung der Mehrkostenerklärung „Ich wurde über das qualitativ hochwertige, aufzahlungsfreie (gesetzliche Zuzahlung ausgenommen) Angebot eines Hörsystems zum Ausgleich meiner individuellen Hörminderungen in allen alltagsrelevanten Hörsituationen informiert“ nicht gleichgesetzt werden mit einer Bestätigung des Umstandes, dass es im konkreten Fall tatsächlich ein zuzahlungsfreies Hörgerät gegeben hat.
Der Zusatzkomfort, die angeblich kleinere Bauform und sowie die Signalverarbeitung und die Sprachhervorhebung sind bereits nach der Erklärung selbst nicht alleine kausal für die Wahl der Hörgeräteversorgung gewesen. Dass die Wahl aufgrund besseren Hörverständnisses in einer relevanten Situation erfolgt ist, ist nach den Erklärungen selbst also nicht ausgeschlossen.
Speziell bei der „Versicherteninformation zur Hörsystemversorgungen“ sind zudem die dort an sich vom Versicherten vorgesehenen Erklärungen gar nicht abgegeben worden. Denn es fehlt jegliches Ankreuzen. Damit hat der Kläger gerade nicht unterschrieben, dass er eingehend und ausführlich vom „Hörgeräte-Akustiker seiner Wahl“ über die Möglichkeit einer aufzahlungsfreien Versorgung mit Hörgeräten aufgeklärt worden ist und zusätzlich bestätige, dass er die Versicherteninformation gelesen und verstanden habe sowie Gelegenheit gehabt habe, offene Frage mit dem Hörgeräte-Akustiker zu besprechen und erklären.
Entscheidend ist jedoch, dass der Kläger glaubhaft und nachvollziehbar geäußert hat hat, die Schriftstücke nur unterzeichnet hat, weil er die bislang nur geliehenen von ihm präferierten Hörgeräte ansonsten hätte zurückgeben müssen, weil die Beklagte eine volle Kostenerstattung bereits abgelehnt hatte. Der Senat hat ebenso wenig wie das SG Anlass, an den Einlassungen des Klägers als unplausibel zu zweifeln.
Die Hörgeräteakustikmeisterin M oder anderer Beschäftigte des betreffenden Hörakustik-Unternehmens sind nicht mehr zu befragen gewesen. Denn der Umstand, dass der Kläger die Mehrkostenerklärung und die Versicherteninformation unterschrieben hat, steht bereits fest. Dass diese möglicherweise bekunden könnte, dass es noch andere Hörsysteme gegeben hätte, die zu einem für den Kläger befriedigenden Ergebnis geführt hätten, ist wie ausgeführt, nicht mehr von Relevanz.
Auf das angefochtene Urteil wird ergänzend nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.