1. Die ab 1. Mai 2014 geltende KdUH-Richtlinie der Stadt Dessau-Roßlau auf der Grundlage des Methoden- und Ergebnisberichts aus März 2014 in der Fassung der Neuberechnung im Gewichtungsverfahren, Methodenbericht von Oktober 2022, beruht für einen Einpersonenhaushalt auf einem schlüssigen Konzept. 2. Um die Repräsentativität der erhobenen Daten für ein KdUH-Konzept sicherzustellen, ist der (lokale) Mietwohnungsmarkt wirklichkeitsgetreu abzubilden. Die Datenerhebung muss in ihrer Zusammensetzung und in der Struktur der relevanten Merkmale der Grundgesamtheit möglichst ähnlich sein.
3. Ein KdUH-Konzept ist nicht repräsentativ, wenn institutionelle Vermieter nicht entsprechend ihrem Marktanteil, sondern deutlich überproportional im Verhältnis zu den privaten Vermietern in der Mietwerterhebung vertreten sind. Dieser Mangel kann durch eine gewichtete Neube-rechnung - differenziert nach Nettokaltmieten und Betriebskosten - korrigiert werden, in der private Kleinvermieter einerseits und institutionelle Großvermieter andererseits sowie geförderter Wohnraum (sog Sozialwohnungen) nach ihrem tatsächlichen Anteil auf dem Mietwohnungsmarkt berücksichtigt werden.
4. Auch wenn die "Hochrechnung" der Neuvertragsmieten im Konzept mangels Angabe des Referenzwerts (bislang) nicht nachvollziehbar ist, wird das Konzept dadurch nicht unschlüssig. Um sicherzustellen, dass die aus den Bestandsmieten ermittelten Mietpreise es den Grundsicherungsempfängern erlauben, zu den angegebenen Preisen auch tatsächlich Wohnraum anmieten zu können, ist eine Ergebniskontrolle durch Gegenüberstellung der Angebotsmieten möglich.
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. September 2022 wird aufgehoben, soweit es den Monat Juli 2015 und die Monate Januar bis April 2016 betrifft. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Soweit das Urteil die Monate Mai und Juni 2016 betrifft, wird es aufgehoben, soweit der zuerkannte monatliche Leistungsbetrag 1,85 € übersteigt, und die Klage insoweit abgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin 18 % ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren und die gesamten außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu erstatten.
Die Kostenentscheidung für das Vorverfahren bleibt unberührt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) noch um die Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) für Juli 2015 und für den Zeitraum von Januar bis Juni 2016.
Die 1961 geborene Klägerin und Berufungsbeklagte (in Weiteren: Klägerin) bewohnt seit 2005 eine 71 m2 große Wohnung in der E. in Dessau-Roßlau. Die Wohnung befindet sich in einer Wohnanlage mit einer Gesamtwohnfläche von mehr als 1.000 m², die mittels Fernwärme beheizt und mit Warmwasser versorgt wird. Bis zum Juni 2010 lebte sie zusammen mit ihrer Tochter in der Wohnung. Im streitigen Zeitraum war eine Gesamtmiete von 412,60 € zu zahlen. Zur Kaltmiete von 255,60 € kamen Vorauszahlungen für die Betriebskosten von 51 € und für die Wasserversorgung von 40 € (Bruttokaltmiete [BKM]: 346,60 €). Für Heizung und Warmwasser waren monatliche Abschläge von 66 € zu zahlen.
In der Vergangenheit ging die Klägerin mehreren geringfügigen Nebenbeschäftigungen nach und bezog SGB II-Leistungen, bei denen der Beklagte und Berufungskläger (im Weiteren: Beklagter) neben den tatsächlichen Heizkosten eine BKM von 270 € im Jahr 2012 und 330 € ab Januar 2013 berücksichtigte. Im streitigen Zeitraum hatte die Klägerin nur noch einen Minijob, mit dem sie ein monatliches Einkommen (brutto = netto) von 102 € erzielte.
Die Firma F GmbH (im Weiteren: Firma F GmbH) hatte für die Stadt Dessau-Roßlau im Jahr 2014 die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels vorgenommen. Anschließend hatte sie im März 2014 einen Methoden- und Ergebnisbericht erstellt. Auf dieser Grundlage hatte der Stadtrat der Stadt Dessau-Roßlau am 29. April 2014 die mit Wirkung zum 1. Mai 2014 in Kraft getretene Unterkunftsrichtlinie des Beklagten, die "Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Stadt Dessau-Roßlau", beschlossen. Die Angemessenheitsgrenzwerte sind im September 2014 im Amtsblatt der Stadt Dessau-Roßlau veröffentlicht worden. Danach war für einen Einpersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete von 283,50 € angemessen, was auf die Leistungsbewilligung für die Klägerin zunächst keine Auswirkungen hatte.
Mit dem Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab Juli 2015 legte die Klägerin Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 2014 vor: Bei der Wasserversorgung ergab sich ein Rechnungsbetrag von 387,56 €, der nach Anrechnung der 2014 erbrachten Vorauszahlungen (438 €) sowie der Verrechnung des Abschlags für Juni 2015 (40 €) zu einem Guthaben von 30,44 € führte, das im Juni 2016 ausgezahlt wurde. Die Heizkosten beliefen sich auf insgesamt 769,35 €. Nach Anrechnung der erbrachten Vorauszahlungen ergab sich eine am 13. Juni 2015 fällige Forderung von 67,34 €. Tatsächlich waren der Klägerin im Jahr 2014 insgesamt 780 € [6 x 70 € und 6 x 60 €] für die Heizkostenabschläge bewilligt worden.
Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 bewilligte der Beklagte vorläufige Leistungen für den Zeitraum von Juli 2015 bis Juni 2016. Im Bescheid führte er aus, vorläufig werde ein Einkommen von 102 € berücksichtigt, tatsächlich rechnete er jedoch 202 € als Einkommen an. Weiter belehrte der Beklagte die Klägerin im Bescheid über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und forderte sie zur Kostensenkung auf. Die Wohnfläche von 71 m2 sei unangemessen für einen Einpersonenhaushalt. Angemessen seien 50 m2. Die BKM der Klägerin betrage 346,60 €, angemessen seien 283,60 €. Die bisher gewährten KdUH von insgesamt 396 € würden noch für sechs Monate bis Dezember 2015 berücksichtigt. Eine Reduzierung der KdUH könne u.a. durch eine Änderung des Verbrauchsverhaltens, insbesondere beim Wasserverbrauch, eine Untervermietung oder durch den Umzug in eine preislich angemessene Wohnung erfolgen. Zudem sei im Juli 2015 der Bedarf an KdUH aufgrund des Guthabens aus der Jahresabrechnung des Versorgers um 25,84 € zu mindern. Die Forderung aus der Jahresrechnung 2014 für die Fernwärme könne nicht berücksichtigt werden, da in dem Jahr bereits Vorauszahlungen von insgesamt 780 € gewährt worden seien.
Dagegen legte die anwaltlich vertretene Klägerin am 15. Juli 2015 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrug, die Anrechnung des Nebenkostenguthabens sei rechtswidrig, denn die Betriebskosten seien aus SGB II-Leistungen aufgebracht worden. Diese dürften nicht als Einkommen angerechnet werden. Die Forderung aus der Jahresrechnung für die Heizkosten sei zu übernehmen. Ihre Wohnung sei angemessen. Die Richtlinie der Stadt Dessau für das Jahr 2015 beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept. Da bei der Datenerhebung nicht zwischen Groß- und Kleinvermietern differenziert worden sei, könnten die vom Konzeptersteller überwiegend von Großvermietern ermittelten Datensätze nicht als repräsentativ für den Mietwohnungsmarkt angesehen werden. Das Konzept sei unschlüssig, die Richtlinie unwirksam und daher die Absenkung der KdUH rechtswidrig.
Mit Änderungsbescheid vom 31. August 2015 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Monate Januar bis Juni 2016 und berücksichtige nunmehr monatliche Heizkosten von 66 €. Die Leistungsbewilligung sei weiterhin vorläufig.
Nachdem die Klägerin auf telefonische Nachfrage bestätigt hatte, seit Dezember 2014 die Nebenbeschäftigung in der Gaststätte seit Dezember 2013 nicht mehr auszuüben, erließ der Beklagte den Änderungsbescheid vom 7. Oktober 2015, mit dem er – weiterhin vorläufig – ein Einkommen von nur noch 102 € monatlich berücksichtigte. Die KdUH blieben unverändert.
Im Übrigen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2015, der am 9. Oktober 2015 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin versandt wurde, den Widerspruch zurück. Er erläuterte die Anrechnung des Guthabens aus der Jahresrechnung für Wasser/Abwasser. Neben dem in der Abrechnung ausgewiesenen Guthaben von 36,44 € sei auch der verrechnete Abschlagsbetrag für Juni 2015 von 40 € von den tatsächlichen Unterkunftskosten im Juli 2015 (412,60 €) bedarfsmindernd abzusetzen gewesen, so dass ein KdUH-Betrag von 336,16 € hätte berücksichtigt werden müssen. Tatsächlich seien der Klägerin 370,16 € gewährt worden, sodass sie nicht beschwert sei. Die Forderung aus der Heizkostenabrechnung sei entstanden, weil die im Jahr 2014 bewilligten Leistungen für die Heizkosten nicht vollständig an den Versorger weitergeleitet worden seien. Die weitere Reduzierung der KdUH ab Januar 2016 sei nicht zu beanstanden, denn die sechsmonatige Übergangsfrist nach der Kostensenkungsaufforderung von Juni 2015 sei abgelaufen. Es seien nur noch eine BKM von 283,50 € sowie die angemessenen Heizkosten in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen. Schließlich sei von dem monatlichen Erwerbseinkommen von 102 € ein Betrag von 1,60 € auf den Bedarf anzurechnen.
Am 11. November 2015 hat die Klägerin beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzt, die Wohnungsgröße sei angemessen, da sie Wohnraum für ihren Sohn vorhalten müsse. Ihn nehme sie bei sich auf, wenn er sich vorübergehend nicht in der Justizvollzugsanstalt aufhalte.
Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Bescheid vom 29. November 2015 die Leistungen für die Monate von Januar bis Juni 2016 – erneut vorläufig – geändert und an die ab Januar 2016 geltenden Regelbedarfe (404 €) angepasst. Die Leistungen sind in der Folgezeit nicht endgültig festgesetzt worden.
Am 25. Mai 2016 hat der Stadtrat der Stadt Dessau-Roßlau unter Berücksichtigung einer an den Verbraucherpreisindex angelehnten Anpassung höhere Angemessenheitsgrenzen mit Wirkung zum 1. Mai 2016 beschlossen. Danach war für einen Einpersonenhaushalt eine BKM von monatlich 292,57 € angemessen.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2021 hat das SG darauf hingewiesen, es sei noch zu prüfen, ob die KdUH-Richtlinie des Beklagten den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) an ein schlüssiges Konzept – insbesondere zur Repräsentativität der verwendeten Daten – entspreche. Dazu hat er Beklagte im März 2022 ausgeführt, seiner Auffassung nach seien die der Richtlinie zugrundeliegenden Datenerhebungen repräsentativ. Die Teilerhebung bilde den Mietwohnungsmarkt realitätsgerecht ab.
Mit Urteil vom 8. September 2022 hat das SG den Beklagten unter Änderung seiner Bescheide verurteilt, der Klägerin weitere Leistungen für die KdUH zu gewähren, und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Konzept des Beklagten biete nicht die Gewähr dafür, dass es die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum realitätsgerecht wiedergebe, da es die Vermieterstruktur in der Stadt Dessau-Roßlau nicht hinreichend berücksichtige. Es bestehe ein deutliches Missverhältnis der Anzahl der bei der Stichprobe berücksichtigten Mietwerte der institutionellen und der privaten Vermieter. Auch lägen keine Angaben zu möglicherweise differierenden Miethöhen der unterschiedlichen Vermietergruppen vor. Aus dem Zensus ergebe sich, dass private Vermieter 34 % der Wohnungen auf dem Mietwohnungsmarkt zur Verfügung stellten. Tatsächlich stammten nur 12,7 % der erhobenen Daten von privaten Vermietern. Der Beklagte sei auf Bedenken wegen der Repräsentativität hingewiesen worden, habe aber das Konzept nicht nachgebessert. Die Klägerin habe daher Anspruch auf die Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft, begrenzt durch die Werte nach der Tabelle zum Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Zuschlags von 10 %. Die Bruttokaltmiete der Klägerin liege jeweils unter dem berücksichtigungsfähigen Höchstbetrag, sodass sie in voller Höhe zu übernehmen sei. Zu Recht habe der Beklagte das Guthaben aus der Jahresabrechnung 2014 für Wasser und Abwasser in Höhe von 36,44 € auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 3 erster Halbsatz SGB II angerechnet. Insoweit sei die Klage abzuweisen.
Gegen das ihm am 19. Oktober 2022 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 2. November 2022 Berufung eingelegt.
Am 3. November 2022 hat er dem Senat eine Neuberechnung der Mietobergrenzen 2014 der Stadt Dessau-Roßlau, Methodenbericht von Oktober 2022, vorgelegt. In dieser wird zwischen privaten und institutionellen Vermietern unterschieden und bei der Berechnung der Richtwerte die Mietwerte der beiden Vermietertypen im Gewichtungsverfahren nach ihrem Marktanteil berücksichtigt. Zudem wurden die Wohnungen aus dem geförderten Wohnungsbestand der institutionellen Vermieter (sog. Sozialwohnungen) ebenfalls nur noch mit ihrem tatsächlichen Anteil am Wohnungsbestand (1,4 %) berücksichtigt. Daraus ergibt sich bei Berücksichtigung des 40 %-Quantils für einen Einpersonenhaushalt eine angemessene BKM von 276,50 €.
Dazu hat der Beklagte ausgeführt, mit der Neuberechnung der Mietobergrenzen habe er zulässigerweise das als nicht ausreichend erachtete Konzept zu den KdUH nachgebessert. Dies sei auf der Basis der Daten aus der Erhebung 2014 erfolgt.
Nach einem Hinweis der Berichterstatterin vom 28. März 2023 auf den Leistungsanspruch der Klägerin während des Laufs der Kostensenkungsfrist (bis zum Jahresende 2015) in tatsächlicher Höhe hat der Beklagte die Berufung mit Schriftsatz vom 30. März 2023 in Ansehung der Monate August bis Dezember 2015 zurückgenommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. September 2022 aufzuheben, soweit es den Monat Juli 2015 und die Monate Januar bis April 2016 betrifft, und soweit für die Monate Mai und Juni 2016 die Verurteilung über einen Betrag von jeweils 1,85 € hinausgeht, und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die erst jetzt nachträglich erfolgte Neugewichtung dürfe nicht zu einer Änderung der Leistungsbewilligung aus dem Jahr 2015 zu ihren Lasten führen. Zudem verstehe sie nicht, wie eine Neuberechnung des Konzepts im Jahr 2022 Auswirkungen für das Jahr 2014 bzw. 2015 haben könne. Auf Nachfrage zu den Umständen der zeitweisen Aufnahme des Sohnes in ihrer Wohnung hat die Klägerin ausgeführt, sie könne jetzt, sechs Jahre später, keine Angaben mehr dazu machen, ob überhaupt und wann ihr Sohn vorübergehend bei ihr gewohnt habe. Er sei zeitweise in Untersuchungs- und Strafhaft gewesen. Die Möglichkeit, bei ihr unterzukommen, sei nicht auf Dauer angelegt gewesen, sondern habe als „Rettungsanker“ zur Haftvermeidung gedient. Wenn er bei ihr gewohnt habe, habe es sich um kurze Zeiträume von wenigen Tagen bis maximal zwei Wochen gehandelt.
Auf Nachfrage des Senats im Verfahren L 4 AS 179/19 hat der Beklagte am 26. Januar 2023 klargestellt, im Rahmen der Mietwerterhebung seien aus den Datensätzen 508 Neuvertragsmieten, wie im Methodenbericht auf Seite 16 ausgeführt, ermittelt worden. Diese seien dann auf den gesamten Mietwohnungsbestand hochgerechnet und mit 2597 Neuvertragsmieten ausgewiesen worden. Er könne nicht erklären, warum und auf welcher Basis das erfolgt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die Dokumentation des Senats zum schlüssigen Konzept der Stadt Dessau entsprechend der übersandten Erkenntnismittelliste ergänzend Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist überwiegend erfolgreich.
Die Berufung ist form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden und zulässig. Der Senat ist an die Zulassung der Berufung durch das SG im angegriffenen Urteil gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).
Die Berufung des Beklagten ist – nach der teilweisen Rücknahme des Rechtsmittels (für die Monate August bis Dezember 2015) – überwiegend begründet. Denn die Klägerin hat im Monat Juli 2015 (dazu unter 1.l.) und in den Monaten Januar bis April 2016 (dazu unter 1.m.) keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für die Unterkunftskosten, als diese ihr mit den Bescheiden des Beklagten vom 7. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2015 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. November 2015 gewährt worden sind. Ein Anspruch in Höhe von 1,85 € monatlich besteht aber für die Monate Mai und Juni 2016 (dazu unter 1.n.). Das insoweit noch streitgegenständliche Urteil des SG, mit dem ihr für die vorgenannten Zeiträume unter Abänderung der vorgenannten Bescheide weitere (höhere) Leistungen für die KdUH bewilligt worden sind, ist daher zu ändern und die Klage überwiegend abzuweisen.
Die Bescheide vom 22. Juni, 31. August und 7. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2015 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. November 2015, mit denen der Beklagte jeweils vorläufige Leistungen bewilligt hatte, gelten inzwischen als abschließende Festsetzungen, weil sich die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung im streitigen Zeitraum durch Zeitablauf erledigt hat.
Zwar richtet sich verfahrensrechtlich die durch Erlass eines Verwaltungsakts zu treffende abschließende Bestimmung eines SGB II-Leistungsanspruchs, wenn der Zeitraum einer zunächst vorläufigen Bewilligung – wie hier – vor dem 1. August 2016 beendet war, grundsätzlich nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des SGB II vom 13. Mai 2011, BGBl I 850) in Verbindung mit § 328 Abs. 2 und 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) und ist unabhängig davon, ob die abschließende Bestimmung des Leistungsanspruchs durch Verwaltungsakt vor oder nach dem 1. August 2016 erfolgt, als endgültige Festsetzung gemäß § 328 Abs. 2 SGB III vorzunehmen. Da der Beklagte einen solchen Verwaltungsakt nicht erlassen hat, greift nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. Urteil vom 18. Mai 2022, B 7/14 AS 1/21 R, juris Rn. 12 bis 15) für diesen Sonderfall § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II, dessen Geltung § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (jeweils idF des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016, BGBl I 1824) für Bewilligungszeiträume anordnet, die vor dem 1. August 2016 beendet waren. Danach gilt für die abschließende Entscheidung über vorläufig beschiedene Leistungsansprüche für Bewilligungszeiträume, die vor dem 1. August 2016 beendet waren, § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II mit der Maßgabe, dass die Jahresfrist am 1. August 2016 beginnt. § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II ordnet an, dass die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt gelten, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung nach § 41a Abs. 3 SGB II ergeht. Der Umstand, dass die Klage bereits gegen die vorläufige Bewilligung erhoben worden ist, hindert den Eintritt dieser Fiktionswirkung nicht (so schon: BSG, Urteile vom 30. Oktober 2019, B 14 AS 2/19 R, juris Rn. 9; und vom 3. September 2020, B 14 AS 40/19 R, juris Rn. 8).
Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum Berechtigte im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB II in der Fassung vom 20. Dezember 2011. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze von § 7a noch nicht erreicht, hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, ist erwerbsfähig und hilfebedürftig. Die Klägerin verfügt weder über bedarfsdeckendes Einkommen noch über ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes anrechenbares Vermögen.
Sie hat im Klageverfahren allein die Gewährung höherer KdUH geltend gemacht und damit die Klage in zulässiger Weise auf einen abgrenzbaren Teil der Leistungen begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011, B 4 AS 119/10 R, juris Rn. 32 m.w.N.)
Die Klägerin hat – anders als im Juli 2015 – im Zeitraum von Januar bis Juni 2016 lediglich Anspruch auf Berücksichtigung bzw. Übernahme der vom Beklagten im Rahmen eines schlüssigen Konzepts ermittelten angemessenen BKM von monatlich 276,50 € bzw. 285,35 € für die Unterkunft (dazu unter 1.) zuzüglich Heizungs- und Warmwasserkosten in tatsächlicher Höhe (dazu unter 2.).
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den angemessenen Umfang übersteigen, sind sie gleichwohl als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf sonstige Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Ob die tatsächlichen Aufwendungen der alleinstehenden Klägerin für Unterkunft und Heizung in voller Höhe als Bedarf zu berücksichtigen sind, richtet sich nach deren Angemessenheit. Dafür ist im ersten von zwei größeren Schritten zunächst die abstrakte Angemessenheit und dann in einem zweiten Schritt die konkrete Angemessenheit der Aufwendungen zu prüfen (ständige Rechtsprechung des BSG seit 2006; zuletzt zusammenfassend: Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 19).
Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen: Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept, Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten. Dabei muss das Produkt aus Wohnfläche und -standard eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ("Referenzmiete") ergeben (vgl. zur Produkttheorie zuletzt: BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 20).
In einem zweiten Schritt ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit notwendiger Einsparungen einschließlich eines Umzugs, zu prüfen. Abschließend ist zu klären, ob die Leistungsberechtigten eine abstrakt angemessene Wohnung hätten anmieten können (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris Rn. 23).
Gesondert ist die Prüfung der Bedarfe für die Heizung vorzunehmen (dazu unter 2.). Dies gilt ungeachtet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II) und der nach dem streitigen Zeitraum eingeführten Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II (dazu und zum folgenden: BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R; Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 40/19 R, juris).
Bei der Bestimmung der angemessenen KdUH hat der Beklagte zu Recht auf eine Wohnfläche von 50 m² für einen Einpersonenhaushalt abgestellt. Denn zur Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße ist nach der Rechtsprechung des Senats im Land Sachsen-Anhalt auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen (RdErl. des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (MRS) vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1281) und die dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt, RdErl. des MRS vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1285, RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr (MWV) vom 10. März 1995, MBl. LSA Nr. 31/1995, S. 1133) zurückzugreifen (vgl. Urteile des Senats vom 27. Januar 2022, u.a. L 4 AS 470/17, juris Rn. 40; ebenso Urteil des 5. Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS 2/09, juris Rn. 37 f.; BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, B 14 AS 61/12 R, juris Rn. 21). Danach waren Wohnflächen für einen Einpersonenhaushalt bis zu 50 m² und für einen Zweipersonenhaushalt bis zu 60 m² förderfähig.
Eine Erhöhung der abstrakt angemessenen Wohnfläche kommt hier nicht in Betracht. Nur objektive Umstände wie z.B. Rollstuhlpflichtigkeit oder die Notwendigkeit der angemessenen Wahrnehmung des Umgangsrechts mit Kindern können eine Abweichung von der als angemessen anzusehenden Wohnfläche rechtfertigen (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, B 4 AS 44/12 R, juris Rn. 14; Urteil vom 16. April 2013, B 14 AS 28/12 R, juris Rn. 29; vgl. § 22b Abs. 3 SGB II zum möglichen Inhalt von Satzungen). Solche besonderen Umstände sind im Fall der Klägerin nicht ersichtlich. Ihr Vortrag, sie habe Wohnraum für ihren Sohn vorgehalten, rechtfertigt keine dauerhafte Erhöhung der berücksichtigungsfähigen Wohnfläche im Einzelfall, denn selbst nach den Angaben der Klägerin war eine dauerhafte Aufnahme des Sohns in ihren Haushalt und die Wohnung nicht beabsichtigt. hat. Qualitativ wäre ein solcher tage- bzw. wochenweiser Aufenthalt des Sohns in der Wohnung wie ein längerer Besuch und nicht als Wohnen zu bewerten.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Dies gilt auch für dessen Konkretisierung durch die Verwaltung (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 17, 25). Allerdings ist die gerichtliche Überprüfung auf eine nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle beschränkt (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rn. 26). Die gerichtliche Verpflichtung zur Amtsermittlung ist begrenzt durch die Mitwirkungslast der Beteiligten. Einer eingehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen, worunter auch Einzelheiten der Repräsentativität und Validität der dem konkreten Konzept zugrunde gelegten Daten zu fassen sind, bedarf es daher erst dann, wenn fundierte Einwände erhoben werden, die insbesondere über ein Bestreiten der Stimmigkeit bestimmter Daten hinausgehen müssen, oder die auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben zur Datenerhebung, -auswertung und -überprüfung hindeuten (BSG, Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris Rn. 34; BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris Rn. 30).
Der Beklagte hat die aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept ermittelt.
Nach der Rechtsprechung des BSG setzt ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen BKM ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum voraus. Von der Schlüssigkeit (Nachvollziehbarkeit und Folgerichtigkeit) eines Konzepts ist auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09, juris Rn. 19 ff.):
Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstands der Beobachtung (z.B. welche Art von Wohnungen, ggf. Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße);
Angaben über den Beobachtungszeitraum;
Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen wie z.B. Mietspiegel);
Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;
Validität der Datenerhebung;
Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung;
Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert, Kappungsgrenze).
Der kommunale Träger ist im Rahmen seiner Methodenfreiheit verpflichtet, die gewählte Methode und die Berechnungsschritte nachvollziehbar offenzulegen, damit geprüft werden kann, ob er die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt hat und schließlich, ob er sich in den Berechnungsschritten mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb des gewählten Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren bewegt hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, 1 BvL 1/09 u.a., juris Rn. 143; BSG, Urteile vom 30. Januar 2019, B 14 AS 41/18 R u.a., juris Rn. 25; Luik in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 122 mit weiteren Erläuterungen).
Der Methoden- und Ergebnisbericht der Firma F GmbH aus März 2014 beruht – nach der Gewichtung der ermittelten Richtwerte (Neuberechnung der Mietobergrenzen 2014 der Stadt Dessau-Roßlau, Methodenbericht Oktober 2022) – für den hier streitigen Zeitraum auf einem schlüssigen Konzept. Er bildet eine geeignete Entscheidungsgrundlage und ist im gerichtlichen Verfahren nicht fundiert infrage gestellt worden. Der Beklagte hat die Beanstandung des ursprünglichen Konzepts aus dem Jahr 2014 durch die Nachberechnung im Oktober 2022 ausgeräumt. Die zur Ermittlung der angemessenen Kosten gewählten Methoden sind plausibel. Ein Verstoß gegen die vom BSG geforderten Grundsätze ist nicht erkennbar.
Zunächst hat der Beklagte den maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum seines Zuständigkeitsbereichs, der Stadt Dessau-Roßlau, in nicht zu beanstandender Weise bestimmt.
Der Vergleichsraum ist ein ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/18 R, juris Rn. 20 ff.). Während das BSG in früheren Entscheidungen als Ausgangspunkt für die Bildung des Vergleichsraums eher den Wohnort der leistungsberechtigten Person(en) gewählt hat, geht es nunmehr unter Verweis auf die gesetzgeberische Vorgabe in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II vom Zuständigkeitsgebiet des Jobcenters aus. Dieser Raum ist ggf. unter Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen (vgl. BSG, Urteile vom 30. Januar 2019, B 14 AS 41/18 R u.a., juris Rn. 23). Dass der Beklagte das gesamte Stadtgebiet der kreisfreien Stadt Dessau-Roßlau als einen Vergleichsraum ansieht, begegnet keinen Bedenken. Die Stadt Dessau-Roßlau gliedert sich in zwei Stadtteile (ehemalige Stadt Dessau und ehemalige Stadt Roßlau) und zugleich in 25 Stadtbezirke (unter Einbeziehung der eingemeindeten kleineren Ortschaften wie z.B. Mildensee, Großkühnau u.a.).
Auch wurden die Daten mittels Zufallsauswahl über das gesamte Stadtgebiet berücksichtigt. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte nur Daten aus bestimmten, günstigen Wohngegenden erhoben hätte, liegen nicht vor. Den Unterlagen lässt sich entnehmen, dass sowohl Daten aus den Innenstadtteilen (Dessau Nord, Dessau Mitte, Dessau Süd sowie Roßlau) als auch aus nahezu allen Randbezirken mit ländlicherem Charakter einbezogen wurden.
Den Gegenstand der Untersuchung hat der Konzeptersteller im Einzelnen nachvollziehbar definiert. Die Wahl der BKM als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung ist nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rn. 31). Zudem ist es zulässig, bei der Auswertung der Bestandsmieten Wohnraum, der keinen Aufschluss über das maßgebliche Wohnungsmarktsegment und/oder die örtlichen Gegebenheiten gibt, auszuschließen. Es wurden keine Wohnungen mit Substandard (ohne Bad und/oder Sammelheizung) einbezogen. Die Herausnahme der Substandardwohnungen rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass Leistungsberechtigte darauf nicht verwiesen werden dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 65/09 R, juris Rn. 31). Ebenfalls nicht in die Datenerhebung aufgenommen wurden Mietwohnungen in Einfamilienhäusern, Wohnungen in Heimen und Anstalten, möblierte oder teilmöblierte Wohnungen (Ausnahme Einbauküche oder Einbauschränke), gewerbliche oder teilgewerblich genutzte Wohnungen (mit Gewerbemietvertrag), Werks-, Dienst- oder Hausmeisterwohnungen sowie Untermietverhältnisse. Die Herausnahme von Mietwohnungen in Einfamilienhäusern begegnet keinen Bedenken, da diese lediglich einen Anteil von 2,7 % des Mietwohnungsmarkts ausmachen und somit nicht prägend für diesen sind.
Soweit in die Datenauswertung auch Wohnungen mit einer Größe von weniger als 35 m² eingeflossen sind, ist dies nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Solche Wohnungen weisen zwar im Vergleich zu größeren Wohnungen einen höheren Mietpreis pro m² auf, so dass sich hier ggf. eine Verzerrung zugunsten der Leistungsbezieher ergeben kann. Auch wenn die Leistungsbezieher grundsätzlich nicht auf solche kleinen Wohnungen verwiesen werden können, sind sie nach Auffassung des Senats jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn sie unter Beachtung der regionalen Verhältnisse im Vergleichsraum für den Wohnungsmarkt üblich bzw. prägend sind. Im Stadtgebiet Dessau-Roßlau gibt es eine Vielzahl von Wohnungen mit einer Größe von 32 m², 27 m² oder 24 m². Es handelt sich hierbei um Einraumwohnungen, die in Plattenbauweise überwiegend in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts errichtet worden sind. Da dieser Wohnungstyp in Dessau-Roßlau verbreitet ist, prägt er auch den örtlichen Wohnungsmarkt und ist in die Erhebung zur realitätsgerechten Abbildung einzubeziehen (vgl. LSG Sachsen, Urteil vom 19. Dezember 2013, L 7 AS 637/12, juris Rn. 156).Die Grundentscheidung des Konzepterstellers bzw. des Beklagten über die Einbeziehung solcher Wohnungen ist zu respektieren. Anhaltspunkte für Willkür oder die Gefahr der Verfälschung der Datengrundlage bzw. des Ergebnisses sind nicht ersichtlich und im Übrigen auch nicht substantiiert vorgetragen worden.
Die Art und Weise der Datenerhebung ist hinreichend deutlich dargestellt worden und stößt ebenfalls nicht auf Bedenken. Der Konzeptersteller hat im Rahmen einer Datenerhebung zur Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels für die Stadt Dessau-Roßlau durch Zufallsauswahl aus der Grundgesamtheit aller mietspiegelrelevanten Wohnungen einen Datenbestand von 2.387 Mieten ermittelt, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder geändert wurde. Diese Daten hat er dem Konzept zugrunde gelegt. Durch den Rückgriff auf die Daten aus dem Mietspiegel wurde erreicht, dass eine erhebliche Anzahl aktuell zu zahlender Mieten in die Datenerhebung einfließen konnte (vgl. zur Verwendung von Mietspiegeldaten BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12, juris Rn. 30). Darüber hinaus hat die Firma F GmbH weitere Daten einbezogen, die über den Zeitraum von vier Jahren hinausreichten. Dadurch wurde der Datenbestand auf insgesamt 4.940 Mietdaten erweitert.
Hinzugenommen wurden weitere 406 Daten für Sozialwohnungen, also Wohnungen, deren Miethöchstgrenze gesetzlich festgelegt wurde. Als Datengrundlage für das Konzept des Beklagten sind demnach zunächst reine Bestandsmieten erhoben worden. Nach Bereinigung der Daten um 425 Fälle, die fehlende oder unplausible Daten enthielten, nicht erhebungsrelevant waren (Eigentümer, Untermieter) oder nicht den Mindestanforderungen an eine Wohnungsausstattung (ohne Bad, WC und/oder Sammelheizung) entsprachen, sind 4.921 Mieten in die Auswertung eingeflossen.
Die Datenerhebung der Bestandsmieten ist zum Stichtag 31. Juli 2013 (Methoden- und Ergebnisbericht S. 5) im gesamten Stadtgebiet erfolgt.
Die Einbeziehung von Mieten, die älter als vier Jahre sind, ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Zwar liegen diesen Mieten häufig langjährige Mietverhältnisse zugrunde, ohne dass die Miete zwischenzeitlich an die aktuelle Marktlage angepasst worden wäre. Dies kann dazu führen, dass es teilweise nicht möglich sein wird, Wohnungen zu den Bestandsmieten neu anzumieten. In die Datenauswertung des Beklagten sind allerdings nicht nur Neuvertrags- und Bestandsmieten eingeflossen. Zusätzlich hat der Konzeptersteller auch eine Ergebniskontrolle anhand von ermittelten Angebotsmieten vorgenommen (siehe dazu unter j).
Auch war der Umfang der erhobenen Daten ausreichend repräsentativ. Insgesamt sind für die Mietwerterhebung des Beklagten bei einem Mietwohnungsbestand von 37.817 in der Stadt Dessau-Roßlau (einschließlich Leerstand von 7.337 gemäß Zensus 2011) 4.921 Mietwohnungen und damit 13 % des Gesamtbestands an Mietwohnungen erfasst worden. Der Senat erachtet diese Datengrundlage als ausreichend für eine statistische Ableitung von Angemessenheitswerten.
Allerdings waren die in das Verfahren eingeführten Daten anfänglich nicht dazu geeignet, den Mietwohnungsmarkt in der Stadt Dessau-Roßlau zuverlässig abzubilden, da ein erheblicher Teil des Mietwohnungsmarkts unzureichend und ein anderer Teil überproportional berücksichtigt worden war. Die Repräsentativität der Daten war damit nicht gegeben. Nach Auffassung des Senats ist die Datenerhebung des Beklagten nach der Gewichtung im Oktober 2022 nunmehr repräsentativ, da sie die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum zuverlässig abbildet.
Die Repräsentativität ist eine Eigenschaft von Datenerhebungen, die es ermöglicht, aus einer kleineren Stichprobe Aussagen über eine wesentlich größere Gesamtmenge zu treffen. Voraussetzung dafür ist, dass die Teilerhebung in der Verteilung aller interessierenden Merkmale der Gesamtmasse entspricht, das heißt, ein zwar verkleinertes, aber sonst wirklichkeitsgetreues Abbild darstellt (vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder, Marktforschung: Methodische Grundlagen und praktische Anwendung, 12. Auflage 2009, S. 50). Die Stichprobe/Erhebung muss in ihrer Zusammensetzung und in der Struktur der relevanten Merkmale der Grundgesamtheit möglichst ähnlich sein. Konkret bedeutet dies im Rahmen der Prüfung der Schlüssigkeit der Ermittlung der angemessenen Referenzmiete, dass ein breites Spektrum der Mietwohnungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts in die Datenerhebung Eingang gefunden haben muss. Eine Stichprobenauswertung kann nur dann als repräsentativ bezeichnet werden, wenn alle wesentlichen Teilgruppen der Grundgesamtheit entsprechend ihrem Anteil in der Stichprobe enthalten sind (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris Rn. 40; BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rn. 33) bzw. bei der Auswertung entsprechend gewichtet werden.
Hier genügte es nach Auffassung des Senats nicht, private Vermieter in nur sehr geringem Umfang zu berücksichtigen. Nach dem Zensus 2011 standen von den 52.475 Wohnungen in Wohngebäuden insgesamt 27.436 im Eigentum von Privatpersonen (20.742) und Gemeinschaften von Wohnungseigentümern (6.694) und 25.039 im Eigentum von Genossenschaften (9.185), kommunalen Wohnungsunternehmen (12.294), privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen (2.200) oder sonstigen als größeren Unternehmen anzusehenden Vermietern (1.360). Ein direkter Bezug allein zu den 30.480 vermieteten Wohnungen lässt sich nicht herstellen, da sich aus dem Zensus 2011 nicht ableiten lässt, welcher Vermietergruppe die leerstehenden Wohnungen zuzuordnen sind.
Im Rahmen der Neuberechnung der Mietobergrenzen hat der Konzeptersteller aus den Daten des Zensus 2011, den Informationen der Stadtverwaltung zum geförderten Wohnungsbestand 2014 und den Angaben der drei großen institutionellen Vermieter (Wohnungsgenossenschaft Dessau eG, Wohnungsverein Dessau eG und Dessauer Wohnungsbaugesellschaft mbH) zum verwalteten Wohnungsbestand 2014 die strukturelle Verteilung innerhalb der Stadt Dessau-Roßlau ermittelt und in Tabelle 2.1 des Methodenberichts Oktober 2022 dargestellt. Demnach seien 53,8 % des Wohnungsbestands von privaten Vermietern, 44,8 % von institutionellen Vermietern und 1,4 % von institutionellen Vermietern mit Förderung (sog. Sozialwohnungen) vermietet.
Im Rahmen der Datenauswertung zur Festlegung der Angemessenheitsgrenze wurden nach Bereinigung 4.921 Mietdaten ausgewertet. Hiervon stammten nach Angaben des Konzepterstellers lediglich 282 Daten (nach Datenbereinigung) aus der Kleinvermieterbefragung (5,7 %). Dagegen konnten 4.233 bereinigte Datensätze den institutionellen Vermietern (86 %) zugeordnet werden. Bei 406 Wohnungen handelte es sich um sog. Sozialwohnungen (8,3 %).
Es war daher im Sinne der Schlüssigkeit des Konzepts zu beanstanden, dass die institutionellen Vermieter nicht entsprechend ihrem Marktanteil, sondern deutlich überproportional gegenüber den privaten Vermietern in der Erhebung vertreten waren – wie dies auch die Klägerin und das SG um angegriffenen Urteil zu Recht beanstandet haben. Dies resultierte aus dem unterschiedlichen Rücklauf der Fragebogen. Während institutionellen Vermieter auf Daten aus Bestandsdateien zurückgreifen konnten und der Konzeptersteller so einen Rücklauf von 94,3 % der versandten Fragebögen (4.317 von 4.579) verzeichnen konnte, erfolgte bei den privaten (Klein-)Vermietern lediglich ein Rücklauf von 11,8 % (623 von 5.274). Damit war nach Auffassung des Senats die tatsächliche Situation auf dem Mietwohnungsmarkt durch die Erhebung nicht oder nur verzerrt abgebildet. Bei diesem Stand des Konzepts war Repräsentativität nicht gegeben.
Dem ist der Konzeptersteller in seiner Stellungnahme vom 3. November 2022 gefolgt und hat eine gewichtete Neuberechnung (Methodenbericht Oktober 2022) – differenziert nach Nettokaltmieten und Betriebskosten – vorgelegt, in der zwischen privaten und institutionellen Vermietern unterschieden wird. Die Firma F GmbH hat die Marktanteile der privaten und institutionellen Vermieter wie oben beschreiben berechnet und als Gewichtungsfaktor bei den gesondert berechneten Richtwerten der Nettokaltmiete der privaten und institutionellen Vermieter eingesetzt (Neuberechnung der Mietobergrenzen, Methodenbericht Oktober 2022, S. 3).
Nach Auffassung des Senats ist der methodische Fehler bei der Datenerhebung und Datenauswertung, der zur mangelnden Repräsentativität der Ergebnisse geführt hatte, durch die Anwendung des Gewichtungsverfahrens bei der Neuberechnung von Oktober 2022 korrigiert worden. Die Nachbesserung eines Konzepts durch eine Gewichtung der erhobenen Daten, die auch das BSG als Problemlösung bereits angedeutet hat (vgl. Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris Rn. 42), ist eine allgemein anerkannte Methode, um bei einer Mietspiegelerstellung Repräsentativität im Sinne einer verzerrungsfreien Stichprobe herzustellen (z.B. Börstinghaus/Clar 2. Auflage 2013, 6. Teil II. Rn. 542 und V.1. Rn. 57. 9 ff., vgl. auch Urteile des Senats vom 27. Januar 2022, u.a. L 4 AS 470/17, juris Rn. 77). Die Gewichtung gleicht die anfänglich unzureichende Datenerhebung bei privaten Vermietern in der Datenauswertung aus. Konkrete Einwendungen dagegen sind von den Beteiligten auch nicht erhoben worden.
Nach der nunmehr vorgenommenen Gewichtung bestehen keine Bedenken mehr, auch sog. Sozialwohnungen (geförderten Wohnraum) in die Abbildung des Mietwohnungsmarkts einzubeziehen. Zwar können solche Wohnungen nur mit gesonderter Berechtigung bezogen werden. Leistungsberechtigte nach dem SGB II haben jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, einen hierfür erforderlichen Wohnberechtigungsschein zu erwerben, so dass sie ihnen zur Verfügung stehen. Der Senat hatte anfangs insbesondere bzgl. des ursprünglichen Anteils solcher Wohnungen im Verhältnis zu den erhobenen Mietdaten Bedenken (406 von 4.921) und diese dem Beklagten auch mit Schreiben vom 3. Mai 2022 mitgeteilt. Im Rahmen der Neuberechnung der Mietobergrenzen hat der Beklagte bzw. Konzeptersteller diese Wohnungen nunmehr jedoch nur noch entsprechend ihrem tatsächlichen Anteil am Mietwohnungsmarkt mit 1,4 % berücksichtigt (vgl. Neuberechnung der Mietobergrenzen, Methodenbericht Oktober 2022, S. 3). Bezogen auf den Gesamtbestand der ausgewerteten Daten fallen diese Mietwerte somit nicht mehr ins Gewicht.
Den abstrakt angemessenen Wert für einfachen Wohnungsstandard hat der Beklagte nach Auffassung des Senats nachvollziehbar festgelegt. Da die Mietdaten nicht nur im unteren Wohnungsmarktsegment, sondern über alle Wohnungsbestände mit einfachem, mittlerem und gehobenem Wohnungsstandard erhoben wurden, hat der Konzeptersteller eine plausible Ableitung für das untere Wohnungsmarktsegment vorgenommen.
Er hat im Rahmen einer Bedarfsabschätzung ermittelt, dass von insgesamt 45.200 Haushalten ca. 5.200 Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II und ca. 900 Haushalte, die Sozialhilfe beziehen, im Stadtgebiet Dessau-Roßlau existierten. Weiterhin gebe es ca. 1.400 Wohngeldbezieher. Die Firma F GmbH ist davon ausgegangen, dass jeder Fall auch einen Haushalt darstelle, der eine Wohnung nachfrage. Dem wurden ein Zuschlag von 10 % aller Haushalte für die Haushalte mit niedrigem Einkommen und ein Sicherheitsaufschlag von 5 % aller Haushalte hinzugerechnet. Demnach fragten 14.280 Haushalte preiswerten Wohnraum nach (Anteil von 31,6 %).
Für die Festlegung der abstrakt angemessenen Kaltmiete hat sich der Beklagte nach dem Stadtratsbeschluss vom 29. April 2014 unter Berücksichtigung eines weiteren Sicherheitszuschlags auf den Schwellenwert des 40 %-Quantils entschieden. Das bedeutet, dass 40 % aller erhobenen Mieten unterhalb des ermittelten Grenzwerts liegen. Dies ist nicht zu beanstanden, denn die Bestimmung des Grenzwerts beruht auf einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren und auf der Grundlage repräsentativer Daten. Schlüssige Einwände hiergegen hat die Klägerin nicht vorgebracht. Im Rahmen der Neuberechnung der Mietobergrenzen im Wege der Gewichtung hat sich der Beklagte zur Festlegung der Angemessenheitswerte konsequenterweise ebenfalls am 40 %-Quantil orientiert. Diese Vorgehensweise ist von der Methodenfreiheit des Grundsicherungsträgers gedeckt und daher nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rn. 27).
Anhaltspunkte dafür, dass anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze nicht eingehalten wurden, sind nicht ersichtlich. Für die Auswertung der Bestandsmieten sind die Mietdaten auf die Nettokaltmiete pro m² umgerechnet und den Wohnungsgrößenklassen in einem Tabellenraster zugeordnet worden. Diese Vorgehensweise ist methodisch nicht zu beanstanden. Insgesamt konnten für jedes Tabellenfeld der relevanten Wohnungsgrößen für Ein- bis Fünfpersonenhaushalte im Vergleichsraum mindestens 50 Mietwerte ausgewertet werden (Tabelle 3.2, Methoden- und Ergebnisbericht, S. 12). Für einen Einpersonenhaushalt hat sich eine Nettokaltmiete von 4,42 € pro m² ergeben.
Zur Festlegung der BKM, die nach der Rechtsprechung des BSG in die Ermittlung des abstrakt angemessenen Quadratmeterpreises einzubeziehen ist (vgl. u.a. Urteil vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, juris Rn. 33, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rn. 31 m.w.N.), waren neben der Nettokaltmiete noch die Betriebskosten (inkl. Wasser- und Abwasserkosten) zu ermitteln. Hierfür hat der Konzeptersteller aus den erhobenen Mietdaten die kalten Betriebskostenvorauszahlungen nach Wohnungsgrößenklassen getrennt und jeweils den arithmetischen Mittelwert festgelegt. Diese Vorgehensweise ist methodisch nicht zu beanstanden, denn sie ist unter Einhaltung mathematisch-statistischer Grundsätze erfolgt. Auch sind die kalten Betriebskosten nicht wie die Heizkosten gesondert auf ihre Angemessenheit zu prüfen. Deshalb ist es zulässig, beim Fehlen statistischer Daten zur Bestimmung der Betriebskosten gerade im unteren Wohnsegment auf die Durchschnittswerte aus den jeweiligen Mietverhältnissen zurückzugreifen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R, juris Rn. 34; BSG, Urteil vom 22. August 2012, B 14 AS 13/12 R, juris Rn. 27).
Es wurde auch eine genügende Anzahl von Betriebskostenwerten erhoben. Nach den Angaben des Konzepterstellers im Methoden- und Ergebnisbericht 2014 wurden zu allen ermittelten Mietdaten auch die aktuellen Betriebskostenvorauszahlungen erhoben, von denen – nach Bereinigung – letztlich 2.620 Werte in die Berechnung eingegangen sind.
Die anfänglich ermittelten Werte haben sich durch die Durchführung des Gewichtungsverfahrens (Neuberechnung der Mietobergrenzen der Stadt Dessau-Roßlau, Methodenbericht Oktober 2022) nochmals geändert, weil der Konzeptersteller auch die kalten Betriebskosten nach den Vermietertypen getrennt berechnet und anschließend gewichtet hat. Dabei hat sich ergeben, dass die kalten Betriebskosten bei den Wohnungen der privaten Vermieter in der Regel geringer sind als bei den Wohnungen der institutionellen Vermieter. Dies Vorgehensweise mit Gewichtung der erhobenen Daten zu den kalten Betriebskosten ist nicht zu beanstanden (vgl. Urteile des Senats vom 27. Januar 2022, u.a. L 4 AS 470/17, juris Rn. 82). Denn auch diese Unterschiede kennzeichnen die tatsächliche Lage auf dem Mietwohnungsmarkt im Vergleichsraum. Für einen Einpersonenhaushalt haben sich durchschnittliche Betriebskosten von 1,11 €/m² ergeben.
Die so ermittelte abstrakte Referenzmiete (BKM) betrug 276,50 € ([4,42 € + 1,11 €] x 50 m²). Damit ergab sich nach der Gewichtung eine BKM, die um 7 €/Mt. unter dem bisherigen und vom Beklagten bei der Leistungsgewährung auch berücksichtigten Referenzwert lag.
In einem nächsten Schritt ist dieser Referenzmietwert sowohl den Neuvertragsmieten als auch dem tatsächlichen Angebot auf dem Mietwohnungsmarkt gegenübergestellt worden.
Die sich aus der Berechnung ergebenden Richtwerte wurden anhand der erhobenen Angebots- und Neuvertragsmieten darauf überprüft, ob ein ausreichender Anteil des Angebots auf dem Wohnungsmarkt im jeweiligen Größensegment zu dem ermittelten Richtwert angemietet werden kann. Hierfür wurden Angebotsmieten des Quartals Juli bis September 2013 aus folgenden Quellen erhoben: einschlägige Websites im Internet (z.B. ImmoScout 24), überregionale Tageszeitungen (FAZ, Welt etc.) und lokale Medien wie Mitteldeutsche Zeitung, Wochenspiegel und Supersonntag, vgl. Methoden- und Ergebnisbericht S. 18. Hieraus sind – für die gesamte Stadt Dessau-Roßlau – nach Daten- und Dublettenbereinigung 169 Mietangebote ermittelt und der ermittelten Referenzmiete zur Kontrolle gegenübergestellt worden.
Zur Bestimmung der konkreten Angemessenheit hat die Firma F GmbH zudem aus den Bestandsmieten als Neuvertragsmieten alle bis zu einem Jahr vor dem Erhebungsstichtag (also im Zeitraum August 2012 bis Juli 2013) tatsächlich realisierten Mietverträge ermittelt (Methoden- und Ergebnisbericht S. 16). Hieraus ergaben sich laut Stellungnahme des Beklagten vom 26. Januar 2023 508 Neuvertragsmietwerte. Diese sind laut Aussage des Konzepterstellers auf den gesamten Wohnungsmietbestand hochgerechnet und der ermittelten Referenzmiete gegenübergestellt worden. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, warum und auf welcher Grundlage die ermittelten 508 Neuvertragsmieten auf 2.597 „hochgerechnet“ wurden. Ein nachvollziehbarer Referenzwert hierzu findet sich weder in den Methodenberichten von 2014 oder 2022 noch in der Stellungnahme des Beklagten vom 26. Januar 2023. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte die Sitzungsvertreterin des Beklagten diesen Zwischenschritt nicht erklären. Da die Hochrechnung der Neuvertragsmieten aus diesem Grund bislang für den Senat nicht nachvollziehbar ist, kann auf diese Werte als Kontrollwerte nicht zurückgegriffen werden. Zwar wäre eine Kontrolle des ermittelten Referenzmietwerts anhand der Neuvertrags- und der Angebotsmieten wünschenswert, denn diese beiden Werte erlauben eine zuverlässige Aussage darüber, ob zu dem ermittelten Referenzmietwert tatsächlich Wohnraum zur Verfügung stand. Dabei kann der Wert der Neuvertragsmieten sogar wirklichkeitsnäher sein, denn zu diesen Preisen sind Mietverhältnisse letztlich tatsächlich abgeschlossen worden.
Gleichwohl lässt dieser Mangel das Konzept als Ganzes nicht unschlüssig erscheinen. Vielmehr verlangt die Rechtsprechung lediglich einen Abgleich mit den Angebotsmieten, um älteren Bestandsmieten einen Kontrollwert gegenüberzustellen. Durch diese Gegenüberstellung wird sichergestellt, dass die ermittelten Mietpreise es den Grundsicherungsempfängern erlauben, zu den angegebenen Preisen auch tatsächlich Wohnraum anmieten zu können (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b 18/06 R, juris Rn. 22 und Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rn. 27). Von den für einen Haushalt mit einer Person erhobenen 24 Angebotsmieten waren 13 zu dem früheren Referenzmietwert (von 283,50 €, vor der Gewichtung) anmietbar (vgl. Methoden- und Ergebnisbericht, Tab. 4.3, S. 21). Zudem hatte der Konzeptersteller zusätzlich ermittelt, dass bei einem Referenzwert für die BKM von 277 €, der um 0,50 € unter der aktuellen Mietobergrenze liegt, immer noch 12 der angebotenen 24 Wohnungen finanzierbar waren. Da hier 50 % der Angebotsmieten nach ihrem Produktwert aus Wohnfläche und Quadratmeterpreis innerhalb des (aktuellen) Referenzmietwerts gelegen haben, ist es nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden, dass der Konzeptersteller keine weitere Korrektur des bereits ermittelten Referenzmietwerts vorgenommen hat. Denn diese Daten bestätigen, dass angemessener Wohnraum auch in ausreichendem Maße anmietbar war. Dies gilt insbesondere bei den kleineren Wohnungen mit einer Wohnfläche von maximal 50 m² für Einpersonenhaushalte. Zudem ist bei den Angebotsmieten zu beachten, nur ein Teil des Wohnungsangebots über Internetportale und die Presse angeboten bzw. zu den dort angebotenen Preisen tatsächlich realisiert wird. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass tatsächlich noch eine größere Anzahl von Wohnungen auf dem Mietwohnungsmarkt verfügbar und mit der Mietobergrenze finanzierbar war.
Nachdem der Stadtrat der Stadt Dessau-Roßlau am 29. April 2014 die "Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Stadt Dessau-Roßlau" beschlossen hatte, galt diese für den Zeitraum vom 1. Mai 2014 bis zum 30. April 2016. Für einen Einpersonenhaushalt ergibt sich in diesem Zeitraum eine maximal angemessene BKM von 276,50 €.
k) Mit der Indexfortschreibung des Konzepts zum Stichtag 1. Mai 2016 hat der Beklagte den Anforderungen an eine regelmäßige Aktualisierung der Daten Rechnung getragen. Die Vorgehensweise begegnet keinen inhaltlichen Bedenken, sie erfolgte gemäß den gesetzlichen Regelungen für qualifizierte Mietspiegel (§ 558d Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch).
Soweit die Firma F GmbH die Veränderung des Verbraucherpreisindex im Zeitraum von Juli 2013 (Stichtag der ersten Datenerhebung für den Ergebnis- und Methodenbericht 2014) bis Dezember 2015 (letzter erhobener Stand des Statistischen Bundesamts bei Erstellung der Beschlussvorlage für den Stadtrat) berücksichtigt hat, ist dies von der Methodenfreiheit im Rahmen des schlüssigen Konzepts gedeckt. Es war nicht zwingend notwendig, die Indexierung an der Zweijahresfrist für die Laufzeit der Richtlinie (1. Mai 2014 bis 30. April 2016) auszurichten (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. August 2022, L 5 AS 339/21, juris Rn. 78). Kommen mehrere Schätzgrundlagen in Betracht, bleibt es dem Konzeptersteller unbenommen, die für ihn geeigneten Daten zu wählen, sofern dies nicht die Grenze der Willkür überschreitet. Im gewählten Zeitraum war ein Anstieg des Verbraucherpreisindex um 3,2 % zu ermitteln. Der Beklagte hat am 12. Januar 2023 in dem Verfahren L 4 AS 179/19 die Anwendung dieser Methode der Indexfortschreibung auch für die neuberechneten, gewichteten Werte mitgeteilt.
Die Klägerin kann nicht mit dem Argument durchdringen, die Indexfortschreibung anhand des Verbraucherpreisindex sei ungeeignet, die tatsächliche Preisentwicklung am Mietwohnungsmarkt wiederzugeben, indem sie Preissteigerungen von regelmäßig 15 % aufgrund des Rückbaus von Wohnflächen in den Jahren 2014 bis 2016 und der Verknappung von Wohnraum während der erhöhten Auslandszuwanderung seit dem Jahr 2015 behaupten. Zum einen handelt es sich hierbei um eine Behauptung ins Blaue hinein, die nicht anhand von konkreten Mietwertdaten belegt wurde. Vielmehr dokumentiert die vom Beklagten am 13. September 2017 vorgelegte Übersicht zur Wohnraumsituation, dass auf dem Mietwohnungsmarkt ausreichend angemessener Wohnraum zur Verfügung stand. Zudem ergibt sich aus den Daten des Zensus 2011, dass in der Stadt Dessau-Roßlau im Vergleich zum Landes- oder Bundesdurchschnitt eine sehr hohe Leerstandsquote herrschte (Dessau-Roßlau 14%; Sachsen-Anhalt 9,5 %; Bundesrepublik 4,5 %). Der Leerstand bestand überwiegend im Geschosswohnungsbau, welcher in den Folgejahren durch teilweisen Rückbau etwas gesenkt werden konnte. Eine Verknappung von Wohnraum mit der Folge überdurchschnittlicher Preissteigerungen ist nicht belegt und für den Senat auch nicht erkennbar.
Für einen Einpersonenhaushalt ergibt sich eine maximal angemessene BKM von 285,35 € für den Zeitraum vom 1. Mai 2016 bis zum 30. April 2018.
l) Bei den Leistungen für Juli 2015 war vorliegend nicht der geltende und rechtmäßige Angemessenheitswert für die BKM von 276,50 € anzuwenden. Denn der Beklagte war noch nicht berechtigt, in diesem Monat die Unterkunftskosten abzusenken, weil die Voraussetzungen von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II (noch) nicht vorlagen. Da der Klägerin erst mit Bescheid vom 18. Juni 2015 auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten hingewiesen und zur Kostensenkung aufgefordert worden war, lief noch die eingeräumte sechsmonatige Übergangsfrist mit der Folge, dass sie in diesem Monat grundsätzlich die tatsächlichen Unterkunftskosten beanspruchen konnte. Die Gesamtkosten von 412,60 € setzten sich zusammen aus den Heizkosten von 66 € und der BKM von 346,60 €.
Allerdings war aufgrund der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014 vom 26. Mai 2015 § 22 Abs. 3 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung zu berücksichtigen. Danach mindern Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach den Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift. Nach der Jahresrechnung über die Lieferung von Trinkwasser und die Entsorgung von Abwasser war nach Anrechnung auf die Abschlagszahlung für Juni 2015 von 40 € verbleibende Guthaben von 36,44 € zum 13. Juni 2015 fällig und per Verrechnungsscheck zu erstatten.
Wie der Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2015 zutreffend ausgeführt hat, gehört zu dem anzurechnenden Guthaben aus der Jahresabrechnung des Versorgers nicht nur der mittels Verrechnungsscheck erstattete Guthabenbetrag von 36,44 €, sondern auch der finanzierte Abschlag für Juni 2015, weil er die Klägerin in diesem Monat von einer eigenen Zahlungspflicht befreite. Insgesamt betrug das im Juni 2015 ausgekehrte Guthaben daher 76,44 € und war im Folgemonat Juli 2015 auf die tatsächlichen Unterkunftskosten der Klägerin anzurechnen. Danach verblieb für Juli 2015 ein berücksichtigungsfähiger KdUH-Bedarf von 336,16 € (412,60 € - 76,44 €). Tatsächlich hatte der Beklagte sogar 370,16 € berücksichtigt, was die Klägerin nicht beschwert. Ein weiterer Leistungsanspruch für Juli 2015 besteht daher nicht.
In den Monaten von Januar bis April 2016 hat die Klägerin aufgrund des geltenden Richtwerts für die BKM von 276,50 € keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der tatsächlichen BKM in Höhe von 346,40 €. Der Leistungsbewilligung war nur die angemessene BKM von 276,50 € zugrunde zu legen. Tatsächlich hatte der Beklagte um 7 €/Mt. höhere Leistungen bewilligt.
Der Beklagte war auch berechtigt, ab Januar 2016 die Unterkunftskosten abzusenken, denn die der Klägerin eingeräumte Übergangsfrist von sechs Monaten nach der Kostensenkungsaufforderung vom 18. Juni 2015 war abgelaufen. Mit dieser hatte der Beklagte sie darüber informiert, dass ihre BKM unangemessen sei. Die Kostensenkungsaufforderung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Notwendig ist nur die Benennung des aus Sicht des Beklagten für angemessen gehaltenen Höchstmietpreises (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, B 4 AS 78/09 R, juris Rn 15). Es ist also nicht entscheidend, ob der genannte Höchstpreis nach einem schlüssigen Konzept ermittelt wurde. Ab Januar 2016 hat der Beklagte dann die BKM auf den ab Mai 2014 geltenden Angemessenheitswert (von damals 283,50 €) abgesenkt.
Die berücksichtigte BKM ist für die Klägerin auch konkret angemessen gewesen, denn es kann nicht festgestellt werden, dass es ihr nicht möglich oder zuzumuten war, durch einen Wohnungswechsel, durch Untervermieten oder auf sonstige Weise die Aufwendungen für die KdUH zu senken. Die Darlegungslast für eine fehlende Möglichkeit und/oder die Unzumutbarkeit der geforderten Kostensenkung liegt zunächst beim Leistungsberechtigten. Nur bei schlüssiger Darlegung vergeblicher Suchaktivitäten liegt die Beweislast für eine zumutbare Kostensenkung bei der Behörde. Es müssen daher stets Einwände zur Unmöglichkeit eines Wohnungswechsels vorgebracht werden (BSG, Urteil vom 19. März 2008, B 4 AS 43/06 R, juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 13. April 2011, B 14 AS 32/09 R, juris Rn. 13). Die Klägerin hat keine durchgreifenden Gründe für eine Unzumutbarkeit der Kostensenkung oder eine Unmöglichkeit eines Umzugs geltend gemacht. Das Vorbringen der Klägerin zur zeitweisen Aufnahme des Sohns in ihrer Wohnung (zur Haftvermeidung) lässt zudem keinen Zusammenhang zur Unzumutbarkeit eines Umzugs erkennen.
n) In den Monaten Mai und Juni 2016 ist die fortgeschriebene BKM von 285,35 € zu berücksichtigen. Da der Beklagte bei seiner Leistungsbewilligung nur eine BKM von 283,50 € zugrunde gelegt hat, besteht noch ein Zahlungsanspruch von 1,85 € pro Monat.
2. Neben der BKM sind noch Heizkosten in Höhe von 66 € zu berücksichtigen. Diese sind angemessen und vom Beklagten in tatsächlicher Höhe übernommen worden. Auch Heizkosten werden nach § 22 Abs. 1 SGB II nur dann in tatsächlicher Höhe übernommen, wenn diese angemessen sind. Nach der Rechtsprechung des BSG ist regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen, wenn ein bestimmter Grenzwert des von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Bundesweiten Heizspiegel" überschritten wird (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R juris Rn. 21; Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 70/08 R, juris Rn. 19). Ein Indiz für unangemessene Heizkosten liegt dann vor, wenn die tatsächlichen Heizkosten die Obergrenze aus dem Produkt des Werts für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) überschreiten. Dabei ist auf den jeweiligen bundesweiten Heizspiegel abzustellen, der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R, juris Rn. 25).
Dies ist der Grenzwert des zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorliegenden bundesweiten Heizspiegels 2015 (Abrechnungsjahr 2014). Dieser lag bei Erlass der letzten Behördenentscheidung mit dem Änderungsbescheid vom 29. November 2015 vor. Danach errechnen sich für die mit Fernwärme beheizte Wohnung der Klägerin angemessene Heizkosten von monatlich maximal 83,75 € (20,10 € x 50 m² : 12 Monate).
Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht kein weiterer Leistungsanspruch für die Heizkosten im Hinblick auf die Nebenkostenabrechnung vom 26. Mai 2015, die mit einer Forderung des Versorgers von 67,34 € endete. Diese wäre am 13. Juni 2015 fällig gewesen und betrifft nicht den streitgegenständlichen Zeitraum nicht. Im Übrigen beruht – wie der Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt hat – die Forderung darauf, dass die im Jahr 2014 bewilligten Leistungen für die Heizkosten von insgesamt 780 € (6 x 70 € und 6 x 60 €) wohl nicht vollständig an den Versorger weitergeleitet worden sind, denn der Rechnungsbetrag belief sich auf nur 769,35 €, sodass sich sogar ein Guthaben hätte ergeben müssen.
Auf die Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II kommt es nicht an, da die tatsächlichen Unterkunftskosten auch diese erheblich übersteigen. Die BKM lag bereits 70,10 € monatlich über dem Angemessenheitswert (346,60 € - 276,50 € bzw. 285,35 €). Selbst bei Berücksichtigung höherer Heizkosten von 83,75 € (nach dem Heizspiegel 2015) übersteigen ab Mai 2016 die monatlichen Gesamtkosten den Angemessenheitswert um 43,50 €.
Nach alledem ist das Urteil des SG – soweit es noch angegriffen ist – bis auf einen zuerkannten Betrag von je 1,85 € für die Monate Mai und Juni 2016 aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt das anteilige Obsiegen der Klägerin. Die Kosten des Klageverfahrens waren dem Beklagten aufzuerlegen, da das angegriffene Urteil im Zeitpunkt der Entscheidung des SG weitgehend rechtmäßig war. Der Beklagte hat erst im Berufungsverfahren durch die Korrektur seines Konzepts eine Änderung der Sach- und Rechtslage zulasten der Klägerin herbeigeführt. Hinsichtlich der Kosten des Widerspruchsverfahrens bleibt es bei der Kostenquote im Widerspruchsbescheid.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat ist den Grundsätzen zum schlüssigen Konzept gefolgt, die das BSG in seiner Rechtsprechung zu den KdUH und zum Vergleichsraum entwickelt hat.